Kurs:Orthodoxe Kirchen in Dresden/Eritreisch-orthodox
Gottesdienste von und für Menschen aus Eritrea
Das Kirchspiel Dresden-Neustadt hat in der in der Martin-Luther-Kirche am Martin-Luther-Platz jeden Sonntag die Eritreisch-Orthodoxe Gemeinde zu Gast, die dort ab 15 Uhr Gottesdienste feiert. https://kirche-dresden.de/von-weit-her-nach-dresden/
w:de:Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche
https://eotcde.wordpress.com/ :
Eritreische Orthodox Tewahdo Kirche in Deutschland
Willkommen zur Website der Eritreische Orthodoxe Thewado Medhanie Alem Kirche in Deutschland.
GEMEINDEAKTIVITÄTEN
Unsere Gemeinde hat folgende religiöse Tätigkeiten innerhalb des koptischen Glaubens in den Jahren 1991 ausgeführt. Diese Aufgaben werden unter anderem nach dem eritreischen Orthodox-Kirchenritus durchgeführt. Diese Kirchentätigkeiten sind: Beichten, Gottesdienst, Mahletee Yard (der Hymnus StYared) Gesänge, Ehetrauungen, Taufen, Beerdigungsgebete etc.
Wir unterrichten Kinder und Erwachsene in ihrer eigenen Muttersprache und Kultur. Wir haben Beratungsstunden bei Sozialkonflikten, insbesondere bei Ehekonflikten und Familienkrisen. Unsere Pflichten sind nicht auf Frankfurt beschränkt, sondern wir geben unsere Unterstützung auch ausserhalb Frankfurts z.B. in Kassel und Stuttgart. Karlsruhe Nürnberg München Hamburg Ulm Wir beabsichtigen, in der Zukunft bundesweit tätig zu werden.
Donnerstag Freitag Samstags bieten wir muttersprachlichen und religiösen Unterricht an und der Kirchenchor trifft sich zum singen. Sonntags haben wir unseren gewöhnlichen Gottesdienst und danach ein gemeinsames Treffen mit den Gläubigen.
Unsere Vertreter treffen sich oft auch mit anderen Religionsvertretern auf überregionaler Ebene. Unsere Pläne für die Zukunft sind die oben genannten Aktivitäten zu verbessern und zu erweitern. Für Jugendliche ist ein gezieltes Programm geplant, um ihr Glaubenswissen zu vertiefen. Mit Geldspenden versuchen wir unsere Kirchengemeinde zu erhalten. Unser Wunsch ist es eine eigene Kirche zu besitzen. Trotz unserer intensiven Bemühungen, die oben genannten Leistungen zu verwirklichen, haben wir Probleme, Räume zu finden, wo wir uns versammeln und unterrichten können.
Vorsitzender Pfr. Aaron Kifle
Kirchenrecht: Wer ist Eigentümerin einer Bundeslade?
Wenn eine eritreisch-orthodoxe Kirche keinen Gottesdienst mehr abhalten kann, weil der Pfarrer die dafür stets Bundeslade nicht herausgibt, wird es kritisch: Trotzdem kann nur der die Lade herausverlangen, der auch ihr Eigentümer ist. Der Trägerverein der Kirche ist es jedenfalls nicht, so das LAG Hessen.
Der Rechtsträger einer eritreisch-orthodoxen Tewahdo-Kirche – ein Verein – und sein bei ihm angestellter Pfarrer überwarfen sich. Der Angestellte rückte daraufhin die Bundeslade, die eine Abschrift der zehn Gebote enthält, nicht mehr heraus. Das Exemplar war ihm 2016 von seinem Bezirksbischof übergeben worden. Diese Bundeslade darf, so die Feststellungen des LAG, von den Gläubigen nicht berührt werden und ohne sie kann nach den Regeln der Kirche kein Gottesdienst stattfinden. Das Gericht zitierte den "Kanon Recht der orthodox Tewahdo Kirche" weiter mit der Regelung, dass die heilige Bundeslade "das rechtliche Eigentum der Kirche (erste und höchste Eigentum)" sei.
Um Gottesdienste durchführen zu können, verlangte der Verein die Bundeslade heraus. Er hatte damit kein Glück: Sowohl das ArbG Frankfurt am Main als auch das LAG Hessen (Urteil vom 19.02.2024 – 15 Sa 670/23) wiesen die Forderung zurück.
Eigentümer der Bundeslade ist die Kirche
Da der Verein nach den Kirchenregeln nicht die Eigentümerin der Bundeslade ist, sondern die Kirche selbst, entfalle der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB, so das LAG. Das oberste Organ der Kirche sei die heilige Synode, der der Pfarrer unterstellt sei. Der Trägerverein hingegen hat laut den Frankfurter Richterinnen und Richtern lediglich die Aufgabe, der Gemeinde die Teilnahme am Rechtsverkehr in Deutschland zu ermöglichen.
Der Verein habe keinerlei Rechte im Hinblick auf die Lade erworben, auch keinen Besitz und somit keine Besitzschutzansprüche. Das LAG verneint einen unmittelbaren Besitz nach § 854 Abs. 1 BGB, weil die Vereinsmitglieder als bloße Gläubige die Lade noch nicht einmal berühren dürften. Eine tatsächliche Sachherrschaft scheide daher aus. Ein mittelbarer Besitz scheide ebenfalls aus, weil die Lade nicht in Vereinsräumen aufbewahrt werde, sondern in der griechisch-orthodoxen Kirche. Dessen Ortspfarrer hatte sie vor dem jeweiligen Gottesdienst immer dem beklagten Pfarrer ausgehändigt.
LAG Hessen, Urteil vom 19.02.2024 - 16 Sa 670/23
Redaktion beck-aktuell, rw, 11. Juni 2024.
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Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche
Situation in der Gegenwart
Die Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche hat ihre Selbstständigkeit erst am Ende des 20. Jahrhunderts erhalten und gilt daher als das jüngste Glied der Orientalisch-Orthodoxen Kirchenfamilie. Neben 2,5 Millionen Gläubige in Eritrea selbst (etwa 40% der Bevölkerung), leben mehrere hunderttausende Eritreer in der Diaspora. Es wird geschätzt, dass die Kirche ungefähr 1.500 Gemeinden, 22 Klöster und 15.000 Priester hat. Die Eritreisch-Orthodoxe Kirche verfügt über neun Diözesen in Eritrea, eine in Europa und eine in Nordamerika. Derzeit leben in Deutschland schätzungsweise 60.000 orthodoxe Eritreer.
Die gegenwärtige Situation der Kirche ist von einer Spaltung überschattet, die infolge eines staatlichen Eingriffs in die kirchlichen Angelegenheiten entstanden ist. Nachdem der dritte eritreisch-orthodoxe Patriarch Abune Antonios (1927–2022; 2004 zum Patriarchen gewählt) sich gegen die zunehmende Einmischung des eritreischen Regimes in kirchliche Angelegenheiten ausgesprochen hatte, wurde er von der Regierung 2006 seines Amtes enthoben und inhaftiert. Die unter Verletzung der kirchenrechtlichen Vorschriften stattgefundene Entthronung von Abune Antonios sowie die Wahl eines neuen Patriarchen wurde weder von anderen Orientalisch-Orthodoxen Kirchen noch von einem erheblichen Teil der eritreischen Diaspora als legitim anerkannt. Der derzeit amtierende (fünfte) Patriarch Abune Kerlos wurde 2021 in Asmara inthronisiert.
Geschichte
Eritrea bildete bis zum 19. Jahrhundert den Nordteil des in seinen Grenzen immer wieder starken Veränderungen unterworfenen äthiopischen Reiches, das im Wesentlichen die Gebiete der heutigen Staaten Äthiopien und Eritrea umfasste. Sie hat damit einen großen Teil ihrer Geschichte mit der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche gemeinsam. Obwohl die Eritreisch-Orthodoxe Kirche erst neuerdings ihre Eigenständigkeit erlangt hat, wurzelt sie daher dennoch in einer langen Tradition, die bis in die Spätantike reicht.
Den Weg zu ihrer Selbstständigkeit beschritt die Kirche nach der Beendigung des eritreischen Unabhängigkeitskriegs. Eine provisorische Nationalsynode, die sich 1991 in Gegenwart des Generalsekretärs der ebenfalls noch provisorischen eritreischen Regierung konstituiert hatte, legte den Grund zu einer nun eigenen Hierarchie. Sie wählte unter den Klosteräbten im Land fünf Diözesanbischöfe und ließ sie 1994 vom koptischen Papst Schenuda III. einsetzen, der zuvor bereits zwei Bischöfe für die Eritreer in der Diaspora geweiht hatte. Die Koptisch-Orthodoxe Kirche verabschiedete sogleich ein Protokoll, in dem der Eritreisch-Orthodoxen Kirche die Autokephalie unter dem Ehrenprimat des koptischen Papstes von Alexandrien bestätigt wurde. 1998 erhob Schenuda III. die Eritreisch-Orthodoxe Kirche in den Rang einer autokephalen Patriarchatskirche und inthronisierte ihren ersten Patriarchen Abune Philippos.
Glaubensinhalte
Die Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche teilt ihre Glaubenstradition mit der Orthodoxen Kirche Äthiopiens . Bereits mit ihrem offiziellen Namen lehnt sie sich an den der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche an. Der Begriff „Tewahedo“, den die beiden Kirchen in ihrem Namen tragen, bedeutet auf Gəʿəz „vereint als eins“ und bezieht sich auf die Lehre von der Art und Weise der Vereinigung der beiden Naturen in Christus. Somit steht die Eritreisch-Orthodoxe Kirche in der miaphysitischen Tradition ebenso wie die anderen Kirchen der Orientalisch-Orthodoxen Kirchenfamilie .
Glaubens- und Gemeindeleben
Die kirchliche Organisation und die Frömmigkeitspraxis der Eritreisch-Orthodoxen Kirche weisen deutliche Ähnlichkeiten zu denen der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche auf. Jedoch hat die Kirche aufgrund der mangelnden Religionsfreiheit in Eritrea nur bedingt die Möglichkeit, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Dies zeigt sich sowohl in den Eingriffen in die interne Autonomie der Kirche durch staatliche Akteure als auch in den immer wieder vorkommenden Repressionen wegen unzulässiger Religionsausübung.
Ein wichtiges Merkmal der Eritreisch-Orthodoxen Kirche, das ihr kirchliches Leben mitbestimmt, ist die enge Bindung an das koptisch-orthodoxe Patriarchat. Laut der bei der Verleihung der Autokephalie getroffenen Vereinbarungen soll alle drei Jahre eine ägyptisch-eritreische Gesamtsynode stattfinden. Ebenso sind theologische Dialoge mit Kirchen, die nicht der orientalisch-orthodoxen Kirchenfamilie angehören, jeweils von einer gemeinsamen Kommission zu führen. Aufgrund des umstrittenen Status der Kirchenleitung der Eritreisch-Orthodoxen Kirche nach der Entthronung des Patriarchen Abune Antonios werden diese Vorgaben derzeit größtenteils nicht realisiert.
Ein Teil der eritreisch-orthodoxen Gemeinden in der Diaspora, die die Entthronung von Abune Antonios als illegitim ansahen, hat sich unter die Jurisdiktion des koptischen Patriarchats gestellt. Die entsprechenden kirchlichen Strukturen befinden sich teilweise noch im Aufbau. So wurde nach dem Segen des koptischen Papstes Tawadros II. im Jahr 2015 die eritreisch-orthodoxe Diözese von Skandinavien und Finnland ins Leben gerufen.
Ökumene
Die Eritreisch-Orthodoxe Kirche beteiligt sich an der Arbeit der All Africa Conference of Churches und ist seit 2003 Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen. Auch in Deutschland wird die Kirche zunehmend aktiv im ökumenischen Bereich. So hat die Eritreisch-Orthodoxe Gemeinde in Hamburg den Gaststatus in der regionalen Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen erlangt.
Das Haupthindernis für die aktive Teilnahme an ökumenischen Prozessen ist die erwähnte Spaltung innerhalb der Kirche und die – auch seitens anderer Orientalisch-Orthodoxer Kirchen – umstrittene Legitimation der offiziellen eritreischen Kirchenleitung. Nichtsdestotrotz bemüht sich der Ökumenische Rat der Kirchen um Aufrechterhaltung von Kontakten. So stattete 2017 eine ÖRK-Delegation der Eritreisch-Orthodoxen Kirche einen Solidaritätsbesuch ab. Im darauffolgenden Jahr wurde der Besuch durch eine hochrangige eritreisch-orthodoxe Delegation erwidert.
Stanislau Paulau
gegengelesen von Aklilu Ghirmai
Literatur
Wolfgang Hage, Die Eritreisch-Orthodoxe Kirche, in: Ders., Das orientalische Christentum (= Die Religionen der Menschheit Bd. 29,2), Stuttgart: Kohlhammer 2007, S. 222–226.
Friedrich Heyer, Die Einwirkung des koptischen Patriarchats auf die Gründung des orthodoxen Patriarchats von Eritrea, in: Martin Tamcke (Hg.), Daheim und in der Fremde. Beiträge zur jüngeren Geschichte und Gegenwartslage der orientalischen Christen, Hamburg 2002, S. 252–259.
Kefelew Zelleke / Friedrich Heyer, Das orthodoxe Äthiopien und Eritrea in jüngster Geschichte, Aachen u.a. 2001.
Stanislau Paulau, Ecumenical Dialogue in the Eritrean Orthodox Tewahedo Church, in: Pantelis Kalaitzidis u.a. (Hg.), Orthodox Handbook on Ecumenism. Resources for Theological Education, Oxford 2014, S. 597–604
Rainer Voigt, Die Erythräisch-Orthodoxe Kirche, in: Oriens Christianus. Hefte für die Kunde des christlichen Orients 83 (1999), S. 187–192.
Herausgeber:
Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik
Vertreten durch den leitenden Direktor Prof. Dr. Christian Stoll
Leostr. 19a
33098 Paderborn
Tel: 05251 - 8729 800
E-Mail: jam@moehlerinstitut.de
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V.
Vertreten durch den Vorsitzenden Erzpriester Radu Constantin Miron
Ludolfusstraße 2-4
60487 Frankfurt
Tel: 069/2470270
E-Mail: info@ack-oec.de
Konfessionskundliches Institut des Evangelischen Bund e.V.
Arbeitswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland
Vertreten durch den Präsidenten Dr. h.c. Christian Schad
Ernst-Ludwig-Str. 7
64625 Bensheim
Tel: 06251/84330
E-Mail: info@evangelischer-bund.de
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Eritreische Gemeinde in Berlin gespalten
Heimatregime sorgt für Streit in der Diaspora
9. September 2018
Die Mehrheit der Eritreer, die nach Deutschland fliehen, sind orthodoxe Christen. Viele finden Anschluss in eritreischen Kirchengemeinden. Doch auch hier gibt es Streit über die Haltung zum dortigen Regime – in Berlin führte er zur Spaltung.
Podcast: Religionen
Schon bevor man die Philippus-Kirche am frühen Sonntagmorgen betritt, dringen Gesang und Weihrauchgeruch nach draußen. In dem 50er-Jahre-Bau der evangelischen Gemeinde in einer ruhigen Seitenstraße in Berlin Friedenau feiern eritreische orthodoxe Christen seit dreieinhalb Jahren jeden Sonntag Gottesdienst.
Seit einigen Monaten aber durchlebt die Gemeinde ein regelrechtes Drama. Es geht um Religion, vor allem aber um Politik. Mittendrin: die Gläubigen, wie Aved und Samha, die sich heute trauen lassen.
Aved: „Wir möchten zusammen leben, zur Zeit sind wir nicht zusammen.“ Die beiden können nicht standesamtlich heiraten, weil ihnen Papiere fehlen. Wegen der Auflagen für Asylbewerber müssen sie daher zunächst in verschiedenen Bundesländern wohnen bleiben.
Aved:"Aber trotzdem heiraten wir kirchlich-orthodox. Wir hoffen, später zusammen zu leben.“
Kirche als Heimat
45 Prozent der Eritreer sind orthodoxe Christen, unter den Flüchtlingen in Deutschland liegt ihr Anteil wesentlich höher. Kirche spielt für Eritreer auch und gerade in der Diaspora eine wichtige Rolle.
Freweyni Habtemariam: „Die Kirche ist aus meiner Beobachtung heraus eine Heimat, ein Halt, ein Schutz und auch eine Begegnungsstätte. Es gibt kaum Orte, an denen sie ungezwungen, regelmäßig sich treffen können, die Geflüchteten. Die Kirche ermöglicht das.“
Die Germanistin Freweyni Habtemariam ist als Kind nach Deutschland gekommen. Sie übersetzt und dolmetscht für Tigrinya und Amharisch und kennt das Leben der Eritreer in Deutschland sehr gut. Heute freut sie sich, dass das Hochzeitspaar in traditionelle weiße Umhänge gekleidet ist. Sie hatte beim deutschen Zoll vermittelt, damit diese eingeführt werden konnten.
Die alten Umhänge, und hier kommen wir zum Drama, hat der abgespaltene Teil der Gemeinde mitgenommen. Nun gibt es zwei eritreische Sankt-Georgis-Gemeinden in Berlin. Die in der evangelischen Kirche Verbliebenen beten mit Pfarrer Msgun Tamzgi, die anderen mit Pfarrer Hzkiel Berihu. Zwei Kontrahenten, um die sich einige Nebenakteure scharen.
Die deutsche Kirchengemeinde freut sich über Belebung
Pfarrer Klaß: „Wir hatten ja gar nicht damit gerechnet, dass es so politisch werden könnte.“
Paul Klaß ist evangelischer Pfarrer der Gemeinde, die den Eritreern seit 2015 ihre Kirchenräume zur Verfügung stellt.
Klaß: „Das macht uns als Kirchengemeinde ja auch Spaß, wenn man merkt: Hier ist Leben. Wenn man in der Woche schaut, wie viele Christen hier vorbei gehen und einen ganz anderen Umgang mit dem Gebäude haben, hier vor der Kirche beten, die Kirche küssen, sich freuen, wenn die Kirche offen ist. Das ist unglaublich wertvoll. Deshalb soll das weiter gehen. Und ich bin ganz froh, dass es weiter geht.“
Weiter geht es mit Pfarrer Msgun. Er war die ersten zwei Jahre Hauptpfarrer der Gemeinde, dann wählte der Trägerverein Hzkiel Berihu zum neuen Kirchenleiter. Doch es kam zu Auseinandersetzungen und schließlich zum Bruch. Pfarrer Msgun blickt zurück:
„Wir waren nicht glücklich über die Trennung und hätten uns gewünscht zusammen zu bleiben. Wenn aber die Meinungen so unterschiedlich sind, kann man das nicht ändern.“
Hinter den gegenseitigen Vorwürfen und Verwerfungen steht zunächst ein politischer Konflikt: Die Gemeinde unter Pfarrer Msgun möchte keinerlei Einfluss des eritreischen Regimes zulassen. Weil die Synode ihrer Heimatkirche diesem Regime nahe steht, will sich die Gemeinde vorerst unter den Schutz der koptischen Mutterkirche in Ägypten stellen. Pfarrer Hzkiel und seine Anhänger wiederum bestehen darauf, sich unter dem Dach der eritreisch-orthodoxen Synode zu organisieren.
Hzkiel: „Wir sollten unsere eigenen Probleme selbst lösen und Einfluss innerhalb der Synode ausüben, anstatt uns für eine andere Gemeinde zu entscheiden. Die koptische oder eine andere Kirche an diesem Konflikt zu beteiligen, ist unverantwortlich.“
Die Bundeslade aus Eritrea ist umstritten
Dabei hatte es vor dem Streit so gut ausgesehen: 2015 und 2016 herrschte in der Gemeinde regelrechte Aufbruchsstimmung. Die Zahl der Mitglieder wuchs auf über 1000, und ein Höhepunkt war die Weihe der Bundeslade Anfang Januar 2016. Doch heute ist diese Bundeslade das umstrittene Objekt im Drama der Berliner Gemeinde. Eine Bundeslade ist in der eritreisch-orthodoxen Kirche notwendig, um Menschen zu taufen und Paare zu trauen. Wie die äthiopischen gehen auch die eritreischen orthodoxen Christen davon aus, dass die israelitische Bundeslade mit den Original-Gesetzestafeln vom Berg Sinai nach Äthiopien gebracht wurde und dort bis heute aufbewahrt wird. Eine Kopie der Bundeslade befindet sich in jeder äthiopischen oder eritreischen Kirche.
In der Diaspora haben sich etliche Gemeinden für eine Bundeslade der koptischen Kirche entschieden, weil sie die Führung der eritreischen Synode nicht anerkennen. So hielt es zunächst auch die Berliner Gemeinde. Doch der abgespaltene Teil um Pfarrer Hzkiel betet seit einiger Zeit mit einer Bundeslade aus Eritrea.
Hzkiel: „Wir wollen in der eritreischen Synode bleiben und so die Regeln und Traditionen unserer Kirche beibehalten und für die nächste Generation bewahren. Dass wir die eritreische Kirche um eine Bundeslade gebeten haben, heißt nicht, dass wir für die Regierung sind oder für den Hausarrest von Abuna Antonius. Im Gegenteil, er muss freigelassen werden.“
Abuna Antonius ist das über 90-jährige Oberhaupt der eritreisch-orthodoxen Kirche. Er steht seit mehr als zwölf Jahren unter Hausarrest, nachdem er sich gegen die Einmischung der Regierung in kirchliche Angelegenheiten ausgesprochen hatte. Die eritreische Synode handelte Hand in Hand mit der Regierung und enthob den Patriarchen seines Amtes.
Gerezgiher Ghebregergish, der zur Gemeinde von Pfarrer Msgun gehört, sieht den eritreischen Staatspräsidenten Isayas Afewerki hinter der Bühne des
Kirchendramas die Fäden ziehen:
„Wenn er sieht, dass sich Menschen in den Kirchengemeinden zusammentun und etwas sinnvolles machen, dann schickt er seine Leute hin, um das zu behindern. In den Gotteshäusern der Muslime macht er es genauso. Und so ist der Berliner Konflikt nur ein Beispiel unter vielen.“
Dem stimmt Pfarrer Msgun zu:
„Es gibt keine Gemeinde, die in Frieden ihre Dienste tun kann. Die Menschen in Eritrea stehen unter Kontrolle, da können wir nicht viel bewirken. Aber wenigstens wir in der Diaspora, wir haben angefangen uns zu treffen, zu sprechen, und wir arbeiten daran, auf den richtigen Weg zurückzukehren.“
Ein Diakon der syrisch-orthodoxen Kirche will vermitteln
Auftritt des Diakons Georg König. Er gehört der syrisch orthodoxen Kirche von Antiochien an und hat 2013 die Caritas des syrischen Kreuzes in Deutschland gegründet. Für seine seelsorgerische Arbeit fährt er quer durch die Republik und kümmert sich zum Beispiel um Selbstmordfälle von Eritreern. 2017 hat er zwei Leichen in die Hauptstadt Asmara rückgeführt.
Auf dieser Reise sollte er auch den Patriarchen Abuna Antonius besuchen. Aber er durfte den Flughafen nicht einmal verlassen und reiste direkt nach Äthiopien und Ägypten weiter, um über die eritreische Schwesterkirche zu beraten. Seither widmet er sich im Auftrag des koptischen Patriarchen der eritreischen Kirche in der Diaspora.
König: „Absicht des Präsidenten war von vornherein, die Kirche für seine persönlichen Zwecke zu benutzen, auszubeuten regelrecht, und das ist ihm auch gelungen, bis heute. Wir verurteilen das aufs Schärfste. Und alles, was über die Botschaft hier in unseren Gemeinden getrieben wird – das ist unakzeptabel.“ Dass über die Botschaften Kontrolle ausgeübt und so genannte Diaspora-Steuern eingetrieben werden, ist bekannt. Kürzlich haben die Niederlande aus diesem Grund einen eritreischen Spitzendiplomaten ausgewiesen. Viele Eritreer fürchten auch im Ausland den langen Arm des Regimes – der bis in die Kirchengemeinden reicht, wie Pfarrer Msgun bestätigt:
„Aktuell ist es leider so, dass viele Leute Angst haben, weil wir offen sprechen und Position bezogen haben. Einige, die noch Angehörige in Eritrea haben, werden unter Druck gesetzt und bleiben auch aus diesem Grund fern. Solche Einschüchterungen gibt es nicht nur in Berlin, die gibt es bundesweit und weltweit, aber wir haben uns entschieden, die Wahrheit auszusprechen und unsere Position klar zu formulieren.“
Die Spaltung der Gemeinde geht durch die Familien
Kesete Tesfamicael ist extra aus Naumburg zum Gottesdienst nach Berlin gekommen. Die Spaltung der Gemeinde hat auch seine Familie getrennt. Tesfamicael: „Ich wollte mein Kind in der Kirche taufen lassen, die ich für die richtige halte. Aber sie haben meine Frau davon überzeugt, dass das hier keine rechtmäßige Kirche und Bundeslade sei, und sie haben so gegen mich gehetzt, dass wir uns trennen mussten. Wir haben sechs Kinder. Jetzt versucht sie alles zu tun, damit ich sie nicht sehe. Ich möchte die Kinder nicht in politische Auseinandersetzungen reinziehen, darum bin ich in einer Zwickmühle.“
Auf Pfarrer Hzkiel ist Tesfamicael nicht gut zu sprechen:
„Er hat versucht uns zu überzeugen, dass die Synode, die unseren Patriarchen inhaftiert hat, die rechtmäßige sei. Aber ich kenne aus eigener Erfahrung das Vorgehen des Regimes. Als dessen Gesandter kann mich Pfarrer Hzkiel nicht überzeugen.“
Den Vorwurf, mit dem Regime verbunden zu sein, weist der Pfarrer vehement zurück:
„Wir sind gegen die Regierung, wir haben bisher nichts für die eritreische Regierung gemacht und werden das auch in Zukunft nicht tun.“ Pfarrer Hzkiel und seine Anhänger wollen die eigene Kirchentradition durch den Verbleib in der eritreischen Synode bewahren. Pfarrer Msgun und seine Gemeinde entgegnen, auch sie folgten der eritreisch orthodoxen Liturgie und hätten sich lediglich institutionell und vorübergehend von der Synode abgewandt. Nur eine Minderheit fordert die Freilassung des Patriarchen Pfarrer Hzkiel argumentiert außerdem mit Mehrheiten. Er wurde von einer Mitgliederversammlung gewählt und hat mehr Diakone auf seiner Seite. Das leugnen Pfarrer Msgun und seine Mitstreiter nicht. Der aus Hessen angereiste Priester Adhanom nennt Zahlen:
„In Deutschland gibt es mehr als 200 Diener der Kirche, Priester und Diakone. Von denen stehen aber im Moment nur 60 für die Freilassung des Patriarchen.“ Die synodenkritische Fraktion hat sich im Mai in Kassel versammelt, Priester Adhanom gehört zum Vorstand der Gruppierung, die den Schutz der koptischen Kirche sucht.
Vorbild ist Nordeuropa. Dort hat sich 2015 die eritreisch orthodoxe Diözese von Skandinavien und Finnland gegründet und einem koptischen Bischof untergeordnet – bis der Patriarch in Eritrea frei ist. Diesen Prozess will in Deutschland Georg König zusammen mit der Kasseler Versammlung vorantreiben.
König: „Der Heilige Stuhl Markus, der Heilige Stuhl Petrus haben sich bis heute, 2000 Jahre, niemals, niemals, nochmal: niemals, einer irdischen Macht unterstellt, und das werden wir niemals tun. Wir sind keinen Staatskirche. Kirche und Altar sind kein Selbstbedienungsladen.“
Als „Militär-Synode“ bezeichnet Diakon König die eritreisch orthodoxe Synode. Vom koptischen Patriarchen entsandt, organisiert er von oben eine Art „Kirche von unten“. „David gegen Goliath“ kommentiert er seine Mühen, mit denen er dem Drama ein Ende setzen möchte.
Die Spaltung spiegelt nicht zuletzt einen Generationenwechsel wider: Bis in die 90er Jahre hinein flüchteten Eritreer wegen des Unabhängigkeitskriegs gegen Äthiopien. Viele von ihnen stehen dem Regime positiv gegenüber, denn es ging aus der Befreiungsbewegung hervor. Die jüngere Generation hingegen, die in den letzten Jahren gekommen ist und inzwischen die Mehrheit stellt, ist vor eben diesem Regime geflüchtet.
„Ich kann es nicht hinnehmen, dass man hier als politischer Flüchtling des Regimes Schutz bekommt und sogar Räumlichkeiten für Gottesdienste, aber gleichzeitig die Nähe des Regimes sucht.“
So kommentiert Gerezgiher Ghebregergish die Situation der Berliner Gemeinde.
Für manche bringt die Spaltung neue Redefreiheit
Als Pfarrer Msgun im so genannten Genesungsgottesdienst zu seiner Gemeinde spricht, ist ihm anzumerken, dass er sich befreit fühlt, trotz aller Unruhe. Freweyni Habtemariam dolmetscht leise:
„Lange Zeit habe ich Angst gehabt in der Kirche zu sagen, dass wir Inhaftierte haben, dass wir Angst haben. Das auszusprechen, war uns lange nicht möglich. Ich bin auch ein Flüchtling wie ihr. Ich bin in genau den Sorgen, die ihr habt. Ich hoffe, Gott möge uns die Kraft geben, einander zu respektieren und friedlich miteinander umzugehen und einander Kraft zu geben.“
Beim ökumenischen Genesungsgottesdienst Mitte August kamen auch Geistliche anderer Kirchen, sowie die Bezirksbürgermeisterin. Pfarrer Hzkiel folgte der Einladung nicht. Er stellt sich gegen eine Politisierung des Konflikts, die doch unvermeidlich scheint.
Viele Berliner Gläubige leiden darunter, dass der Ort, der ihnen Ruhe und Kraft geben soll, in Aufruhr ist. Manche bleiben seit Beginn des Spaltungsdramas dem Gottesdienst fern. Die Dolmetscherin Freweyni Habtemariam geht hingegen erst wieder regelmäßig zur Kirche, seit sie die Gemeinde von Pfarrer Msgun kennen gelernt hat. Seit offen gesprochen und seit für die Flüchtenden gebetet wird, die in großen Zahlen in libyschen Folterlagern fest stecken oder im Mittelmeer ertrinken.
Habtemariam: „Das ist dann für mich – also die Kirche macht ihre Aufgabe. Und da kann ich mich damit identifizieren. Zuvor hätte ich in keiner dieser Kirchen beten können, die nur die Flagge, die Nation und den Präsidenten gedenken oder anbeten.“
Diakon Beltsom wirft sein weißes Tuch (Netela) über die Schulter. Dies geschieht bewusst in Form eines Kreuzes. Die weiße Farbe steht für Reinheit. Die Frauen kommen in weißen Gewändern zur Martin-Luther-Kirche in der Dresdner Neustadt, denn dort finden die eritreischen Gottesdienste statt. Die Frauen beten auf der rechten Seite, die Männer links. Sie betreten die Kirche ohne Schuhe, die Frauen bedecken ihren Kopf. Diakon Beltsom gestaltet die Kirche dafür um. Er stellt Ikonen auf, legt einen Teppich im Altarraum aus, holt die Kirchentrommeln hervor und stellt den Weihrauchschwenker bereit. Der Weihrauch soll die Gebete zu Gott emportragen. Diakon Beltsoms Traum ist es, für seine Gemeinde eine eigene Kirche zu haben.
Eritreisches Christentum in Sachsen
Während der DDR-Zeit gab es mit dem afrikanischen Staat Äthiopien – Eritrea war damals eine Provinz Äthiopiens – einen intensiven Austausch. Seit den siebziger Jahren gingen Hochschullehrende aus der DDR nach Äthiopien und äthiopische Studierende kamen in die DDR. 1991 wurde das äthiopische Regime gestürzt, Eritrea errang 1993 die Unabhängigkeit und die eritreische Kirche spaltete sich von der äthiopischen Mutterkirche ab. Seit 2014 kommen eritreische Geflüchtete nach Sachsen, die meisten sind Christen. Sie fliehen vor der Diktatur des Präsident Isayas Afewerki. Ostern 2015 begannen sie als Gäste in der Martin-Luther-Kirche Dresden ihre Gottesdienste zu feiern. Dafür weihten sie eine Altartafel (Tabot). Nach dem Gottesdienst, der zwei Stunden dauert, trifft sich die Gemeinde mit über 100 Mitgliedern zum gemeinsamen Essen. Injera, gesäuertes Fladenbrot aus Teff, wird zu scharfem Gemüse und Fleischragout gereicht. Gegessen wird mit der rechten Hand. Danach gibt es für die Kinder in der Sonntagsschule Religions- und Sprachunterricht in Tigrinya. Die religiöse Musik gehört zum Alltag. Neben den Liedern werden Instrumente wie Krar (Saiteninstrument) und Trommeln erlernt, auch über die sozialen Medien (YouTube). Alle Feste richten sich nach dem alexandrinischen Kalender. Seit einigen Jahren gibt es deutschlandweit Spannungen unter eritreischen Exilanten. Der regimekritische Patriarch Abune Antonios wurde 2006 in Eritrea unter Hausarrest gestellt. An seiner Stelle wurde 2021 unter Einflussnahme der Regierung Abuna Qerlos zum Patriarchen geweiht, obwohl Abuna Antonius noch lebte. Dies führte weltweit in eritreischen Gemeinden zu Spaltungen. Obwohl beide Patriarchen inzwischen verstorben sind, werden weiter getrennte Gottesdienste abgehalten. In der Martin-Luther-Kirche findet einer am Samstag und einer am Sonntag statt. Die Entscheidung über die Gottesdiensttage fiel per Los. Diakon Beltsom muss seinen Gottesdienst am Samstag halten.
Die Eritreisch-orthodoxe Tewahedo Kirche
Alle Christen glauben an den Schöpfergott, an seinen Sohn, Jesus, und den Heiligen Geist. Maria, die Mutter von Jesus, wird in den Kirchen unterschiedlich verehrt. Die eritreischen Christen beten Maria als Gottesmutter an. Sie feiern 33 Marienfeste. Die Eritreisch-orthodoxe Tewahedo Kirche gehört zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Obwohl sie eine junge Nationalkirche ist, reichen ihre Ursprünge bis ins 4. Jahrhundert. Dies hängt mit der äthiopischen Geschichte zusammen. König Ezana erklärte das Christentum zu jener Zeit zur Hofreligion seines Reiches. Das heutige Eritrea war Teil dieses Reiches. Die Bibel wurde ins Altäthiopische (Ge’ez) übersetzt. Altäthiopisch wird neben der Alltagssprache Tigrinya noch heute in der Kirche benutzt. Das Wort Tewahedo im Namen der Kirche ist auf das Treffen von Kirchenvertretern (Konzil) in Chalkedon im Jahr 451 zurückzuführen. Die Äthiopier blieben bei ihrem Glaubenssatz, wonach Jesus, der Gottessohn, als eine göttliche und menschliche Einheit (Tewahedo) zu betrachten sei. 1993 spaltete sich die eritreische Kirche von der äthiopischen Mutterkirche ab.