Kurs:Reise in das romantische Dresden/Scharfenberger Kreis

Romantik in Dresden

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Die Romantik des Elbtals bei Meißen

Unsere Übersicht über die Schicksale der Burg hat gezeigt, daß ihr Mauerwerk größtenteils nicht auf echt mittelalterlichen Ursprung Anspruch machen darf. Trotzdem galt Scharfenberg mit seiner Umgebung und der benachbarten Stadt Meißen wegen der alten und großen Vergangenheit und wegen der diese Orte umschwebenden Sagen für eine bevorzugte Heimstätte der Romantik. Ja, in gewissem Sinne war die romantische Bewegung in diesen Elbgegenden großgezogen worden.

Neben Jena und Berlin ist Dresden und das Elbtal die klassische Stadt der Romantik. 2) Im Sommer 1798 hatten Friedrich und August Wilhelm Schlegel in der Dresdner Gemäldegalerie ihr

2) Karl Joel, Nietzsche und die Romantik, S. 359.


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Hauptquartier aufgeschlagen und prägten hier im Verein mit Fichte, Schelling und Novalis die künstlerischen und ästhetischen Grundsätze der neuen Lehre aus.

Friedrich Schlegel aber war der Enkel eines Meißner Stiftssyndikus und führte selbst sein lebhaftes Naturgefühl auf die Einwirkung der Meißner Gegend zurück. Seine „Erinnerungen an die Reise nach Frankreich" beginnt er mit dem Satze: „Der Augenblick stand mir noch lebhaft vor Augen, in welchem wir von dem Dome zu Meißen auf die Elbe und das romantische Tal heruntersahen, das mir so teuer ist, weil ich hier zuerst die Natur in schönerer Gestalt sähe und mehr als einmal nach einem Zwischenraum von mehreren Jahren dieselbe geliebte Gegend voll von Erinnerungen und doch mit dem frischen Reiz eines neuen Eindrucks wiedersähe."

Auch Novalis, der Jugendfreund Dietrichs von Miltitz, war oft über diese Fluren gewandelt.

1797 z. B. verlebte Novalis das Weihnachtsfest in Siebeneichen, 1798 war er längere Zeit der Gast Agners, des Pächters von Batzdorf, das zwischen Siebeneichen und Scharfenberg gelegen ist. Das zu Batzdorf gehörige einsame „Totenhäuschen" mit der interessanten Sage, die es umschwebt, zog den Apostel der Todessehnsucht mächtig an, und dort ist wohl, wie ich an anderer Stelle nachgewiesen habe, das tiefsinnige Märchen ,,Lehrlinge zu Sais" entstanden. 1)

1) Kursächs. Streifzüge, III, S. 348 f.


https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

https://archive.org/details/fouquapelmiltit00schmgoog/page/n8/mode/2up?view=theater

Ernst Haubold von Miltitz

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Ernst Haubold von Miltitz (* 13. Juli 1739 in Oberau; † 6. März 1774 in Pisa) war ein kurfürstlich-sächsischer Oberstleutnant und Amtshauptmann des Meißnischen Kreises, ferner kaiserlich-königlicher Kammerherr und Rittergutsbesitzer. Er war Freund und Gönner von Christian Fürchtegott Gellert sowie Erzieher und Förderer von Johann Gottlieb Fichte. Er stammte aus dem Geschlecht derer von Miltitz. Seine Eltern waren Heinrich Gottlob von Miltitz (* 27. Januar 1687; † 19. Mai 1759) und dessen zweite Ehefrau Frederike Christine von Heynitz (* 3. Mai 1706; † 20. Juli 1762). Der Generalmajor Dietrich Alexander von Miltitz und der Kammerherr Friedrich Sigismund von Miltitz waren seine beiden Brüder. Ernst Haubold von Miltitz erbte (1759) das väterliche Rittergut Oberau. Ferner gehörte ihm auch das Gut Siebeneichen. Er nahm Privatunterricht und schlug eine militärische und eine Verwaltungslaufbahn ein, die er als Oberstleutnant und als Amtshauptmann im Dienst des Kurfürsten von Sachsen beendete, um in kaiserliche Dienste als Kammerherr am Hof in Wien zu treten. Als solcher ließ er sich fern seiner Heimat als Baron von Miltitz bezeichnen.[1] Er starb 1774 im 35. Lebensjahr in Pisa, wohin er aufgrund seiner anhaltenden Krankheit seit September 1773 zur Kur gegangen war, und wurde in Livorno beigesetzt. Nur drei Monate später starb auch seine einzige Tochter in Oberau. Er war mit Henrietta Louisa geborene von Schönberg (1741–1809) verheiratet. Der spätere General Dietrich von Miltitz war ihr gemeinsamer Sohn. Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg wurde nach dem frühen Tod des Vaters 1775 zum Vormund von Dietrich von Miltitz bestellt und weilte zu diesem Zweck in Oberau. Ob ihn dorthin sein ältester Sohn, der 1772 geborene Novalis begleitete, ist unbekannt. Dietrich von Miltitz und Novalis wurden Freunde und Novalis bezeichnete dessen Mutter als Tante Miltitz. w:de:Ernst Haubold von Miltitz

Dietrich von Miltitz

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"Sein Gut Siebeneichen wie auch später das Schloss Scharfenberg seines Vetters Karl Borromäus von Miltitz wurden durch ihre Bestrebungen um 1812 zum Mittelpunkt der Romantik in Sachsen, der den Namen Scharfenberger Kreis erhielt. Zu der losen Vereinigung von romantischen Dichtern und Intellektuellen gehörten u. a. Heinrich von Kleist, Johann Gottlieb Fichte, Hans Georg von Carlowitz, Carl Adolf von Carlowitz, Friedrich de la Motte Fouqué, Johann August Apel, E.T.A. Hoffmann und Christian Gottfried Körner, der mit Miltitz befreundet war. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde Dietrich von Miltitz auf Steins Betreiben hin einer der Chefs der provisorischen Regierung in Sachsen. Er trat dem Banner der freiwilligen Sachsen bei und war als Gesandter beim Wiener Kongress. Am 18. Februar 1815 wurde er als Oberst in der Preußischen Armee angestellt. Nach seiner Ernennung zum Generalleutnant wurde er 1830 pensioniert und ging auf sein Schloss Siebeneichen zurück, wo er 1853 starb." Dietrich von Miltitz (General) (* 30. Januar 1769 in Oberau; † 29. Oktober 1853 in Siebeneichen)

"Ernst Haubold von Miltitz stirbt 1774, als sein Sohn Dietrich (*1769) erst fünf Jahre alt ist. Daher übernimmt Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg, Vater von Novalis, die Vormundschaft für ihn. Novalis wird später zum Freund Dietrichs und häufig in Siebeneichen zu Gast sein. Dietrich studiert zunächst Jura in Wittenberg und Leipzig. 1790 tritt er in die sächsische Armee ein, aus der er sich 1792 aber wieder beurlauben lässt. Er unternimmt Bildungsreisen in die Schweiz und nach Frankreich und begeistert sich für die Ideale der französischen Revolution. 1795 folgt eine Reise nach England, wo er seine spätere Frau kennenlernt, Sara Anna Constable (1774 – 1819). Um 1805 beginnt Sara die alte Parkanlage nach englischem Vorbild neu zu gestalten. Sie lässt u. a. 55 einheimische und 102 exotische Pflanzen setzen. Auch die noch vorhandene Platane und das Forsthaus gehen auf diese Zeit zurück. Bis 1830 entsteht auf mehr als 32 Hektar einer der ersten englischen Landschaftsparks in Sachsen. Er ist von Anfang an für jedermann geöffnet und wird für mehr als Hundert Jahre zum beliebten Ausflugsziel der umliegenden Bevölkerung, besonders aber der Meißner." Ort der Dichter und Denker. Der „englische Garten“ – ein kurzer geschichtlicher Abriss. SZ vom 6. März 2019 https://www.saechsische.de/ort-der-dichter-und-denker-5043893.html

Schloss Siebeneichen

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"Anfang des 19. Jahrhunderts ließ Sarah Anna Constable, die Frau Dietrichs von Miltitz, auf 35 ha Fläche einen Landschaftspark nach englischen Vorbildern anlegen, der heute einer der ältesten in Sachsen ist. Schloss Siebeneichen war ein bedeutender Ort der Romantik in Sachsen. Hier verkehrten u. a. Heinrich von Kleist, Novalis und Johann Gottlieb Fichte." w:de:Schloss Siebeneichen

Schloss Siebeneichen errichtete Ernst von Miltitz, herzoglicher Hofmarschall, Oberhofmeister der Herzogin und Berater des Fürsten Ernst Moritz von Sachsen. Günstige Umstände ließen ihn in den Besitz des Anwesens kommen: Mit der Reformation im albertinischen Sachsen zog der Staat die Besitzungen der Klöster ein. Ernst von Miltitz nutzte dies aus und erwarb 1543 aus dem Besitztum des Meißner Zisterzienserinnenklosters "Zum Heiligen Kreuz" das Dorf und Freigut Bockwen und das dazugehörige Vorwerk Siebeneichen. Obwohl Ernst von Miltitz gerade erst sein Schloss in Batzdorf umgebaut hatte, entschloss er sich, aus Siebeneichen einen repräsentativen Herrschaftssitz zu machen. Auf dem Felsvorsprung errichtete er 1553 einen mit zwei Türmen versehenen Schlossflügel, dem ein kleiner Schlosshof vorgelagert war. Das Schloss, ursprünglich im Stil der Renaissance errichtet, blieb bis zum Umbau von 1748 eine wuchtige Anlage mit Treppentürmen und massivem Mauerwerk, Sandsteinverzierungen an den Fenstern und Wendeltreppen im Innern, die heute noch im Hinterschloss erhalten sind. 1745-48 gestaltete der Schlossherr das Gebäude nach einem Brand dem Zeitgeschmack entsprechend barock um. Über dem älteren, durch Brand beschädigten Schlosshof errichtete Heinrich Gottlob von Miltitz eine Dreiflügelanlage, die zusammen mit dem alten Schloss einen Innenhof umfasst. Die Türme wurden teilweise abgetragen und die Fassaden des Palas verloren ihre Renaissancegiebel. Schloss Siebeneichen war bis zur Bodenreform 1945 im Besitz der Familie von Miltitz. Danach schlossen sich der Gründung eines naturkundlichen Museums verschiedene Verwendungen als Kreisverwaltungsschule, Landesvolkshochschule Sachsen, Zentrale Schule für kulturelle Aufklärung und Schule für Klub- und Kulturhausleiter an. Heute ist Schloss Siebeneichen Fortbildungs- und Tagungszentrum des Sächsisches Bildungsinstituts. Auf dem Schlosshof befinden sich zahlreiche Grabdenkmäler des 16. und 17. Jahrhunderts. ... Die Anlage wurde 1220 erstmals erwähnt. Nach Siebeneichen nannte sich im 12. Jahrhundert ein Adelsgeschlecht. Der Name kommt wahrscheinlich aus dem Slawischen. ... Schloss Siebeneichen war ein bedeutender Ort der Romantik in Sachsen. Hier verkehrten u. a. Heinrich von Kleist, Novalis und Johann Gottlieb Fichte. ... Siebeneichen wurde 1978 nach Meißen eingemeindet. ... Dieses mit staatlichen Mitteln sehr gut erhaltene Schloss mit Park ist heute ein leider für Wanderer und Touristen nicht mehr innen zugängliches Fortbildungs- und Tagungszentrum. ... Schloss Siebeneichen ist sehr eng mit Novalis verbunden. Novalis war ein Universalist, Denker und Poet. Er studierte in Jena Jura und begegnete dort Goethe, Herder und Jean Paul, auch einer, dessen Bücher sich vor einem Vierteljahrhundert in meinen Rucksack fanden. Novalis schloss Freundschaft mit Tieck, Schelling und den Brüdern Schlegel. Drei Jahre nach Abschluss des Jurastudiums begann er in Freiberg an der Bergakademie ein Studium, das Bergwerkskunde, Mathematik und Chemie umfasste. Er schloss eine sehr enge Freundschaft mit Schiller. Wiederholt nach Siebeneichen führte ihn die Freundschaft zu Dietrich von Miltitz. Dessen Vater, der Entdecker und Förderer des Philosophen Johann Gottlieb Fichte, starb, als von Miltitz fünf Jahre alt war, und Novalis' Vater wurde Mitlitz' Vormund. Ab 1810 wurden seine Schlösser zum Mittelpunkt der Romantik in Sachsen, der den Namen Scharfenberger Kreis erhielt. Zu der losen Vereinigung von romantischen Dichtern und Intellektuellen gehörten u. a. Heinrich von Kleist, Johann Gottlieb Fichte, Hans Georg von Carlowitz, Carl Adolf von Carlowitz, Friedrich de la Motte Fouqué, Johann August Apel, E.T.A. Hoffmann und Christian Gottfried Körner. Da war Novalis leider bereits, 29jährig, an "Schwindsucht" gestorben, wahrscheinlich hatte er sich bei Schiller angesteckt. Trotz seines nur schmalen OEuvres gilt der rastlose, kreative und reflektierte Novalis als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Frühromantik. https://www.komoot.de/highlight/151280

Visionen für Siebeneichen? Stürme haben dem Schlosspark zugesetzt – nicht zuletzt deshalb stellt sich die Frage: Was soll aus ihm und dem Schloss werden?

Von Udo Lemke

Musiker Götz Bergmann forscht zu Siebeneichen. Er wünscht sich die Wiedererstehung des Parks und eine Schau zur Bedeutung des Schlosses für die Romantik in Deutschland und den Widerstand gegen Napoleon.

Meißen. Was könnte man beim Dresdner Kultusministerium erfragen, wenn man wissen will, wie es mit Schloss Sieben-eichen, in dem sächsische Lehrer fortgebildet werden, und dem dazugehörigen Schlosspark weiter geht?

Man könnte fragen, ob sich das Kultusministerium noch an das Vorhaben des einstigen Finanzministers Georg Unland (CDU) gebunden fühlt, der vor Jahren erklärt hatte, dass die Lehrerfortbildung 2022 aus dem Schloss Siebeneichen in einen leerstehenden Plattenbau nach Kamenz umziehen wird. Man könnte fragen, ob die Herrichtung des Plattenbaues für die Lehrer und der Umzug nach Kamenz nicht teuer werden als der Bau eines Übernachtungshauses am Schloss Siebeneichen.

Auf beide Fragen und zwei weitere erhielt die SZ folgende Antwort von der Pressereferentin beim Kultusministerium, Susann Meerheim: „Wir brauchen eine voll funktionsfähige Lehrerfortbildungsstätte. Solange es keine vergleichbare Einrichtung gibt, halten wir an Siebeneichen fest“, antwortete Pressereferentin Susann Meerheim. Ein Bekenntnis zum Standort Siebeneichen sieht anders aus.

Zum Thema befragt, antwortete Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) im Mai in der SZ: „So weit mir bekannt ist, passiert in dieser Sache praktisch noch gar nichts.“ Auf neuerliche Anfrage hieß es aus der Stadtverwaltung. „Ein aktuellerer Stand dazu ist uns nicht bekannt. Wir bitten Sie daher, direkt bei der Staatsregierung anzufragen.“ Die Frage, ob die Stadt Meißen irgendetwas gegenüber dem Land unternehme, um die Lehrerfortbildung in Siebeneichen zu halten, blieb unbeantwortet.

Mehr Initiative zeigt da offenkundig der CDU-Landtagsabgeordnete Aloysius Mikwauschk. In der Kamenzer Ausgabe der SZ hieß am 29. Juli: „Hier ist Aloysius Mikwauschk sicher, dass es bei den Zusagen zum Kauf der Immobilie vom Landkreis und zur Unterbringung der zentralen Lehrerfortbildung im Freistaat bleibt. Es gibt nicht wenige, die vor den Landtagswahlen gesagt haben, dass vor den Landtagswahlen in Sachen Siebeneichen überhaupt nichts entschieden wird. Und danach?

Götz Bergmann hat sich längst für Siebeneichen entschieden. Der Meißner Musiker – er spielt Violine, singt, arrangiert und komponiert und führt durch Konzerte und Programme – beschäftigt sich in seiner Freizeit mit dem Schloss, dem Park und ihren Schöpfern. Im Staatsarchiv Dresden hat er Stapel von Briefen von Dietrich von Miltitz (1769 - 1853), dem Schlossbesitzer und seiner Frau, der Londoner Gastwirtstocher Sara Anna Constable (1774–1819), gelesen. „Sie wechseln vom Deutschen ins Englische, beim Französischen, das ich nicht spreche, muss ich passen.“ Freunde helfen beim Übersetzen. Und so hat Götz Bergmann viel über die Entstehungsgeschichte des Parks Siebeneichen, der als einer der ersten, wenn nicht überhaupt als erster englischer Landschaftspark in Deutschland gilt, herausgefunden.

Götz Bergmann sagt, das Schloss und einige Außenanlagen seien zwar restauriert worden, „aber es ist schade, dass es keine Bepflanzungen, keine Gärten mehr gibt.“ Auf alten Abbildungen ist oberhalb des Schlosses der reich blühende Mariengarten zu sehen und auch die Schlossterrasse zur Elbe hin sei ein Garten mit exotischen Pflanzen gewesen. Der Park selbst ist nur noch zu erahnen, an einigen Wegen und seltenen Bäumen. Die für einen englischen Landschaftspark existenziellen Blickbeziehungen sind allerdings zugewachsen. Überhaupt bildet der Park nach den letzten Stürmen teils ein chaotisches Bild.

Götz Bergmann will dazu beitragen, dass Sieben-eichen als das erkannt wird, was es wertvoll macht: Es war ein Zentrum der deutschen Romantik und des antinapoleonischen Widerstandes. „Der Park ist eine Kulturlandschaft, wir haben die Verpflichtung, sie unseren Nachfahren zu hinterlassen.“

https://www.saechsische.de/plus/visionen-fuer-siebeneichen-5125381.html

Schloss Batzdorf

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"DAS BATZDORFER TOTENHÄUSCHEN. Anders, als es der Name vermuten lässt, hat dieses Gebäude nichts mit der Aufbewahrung von Toten zu tun, sondern es war ein Garten- und Lusthaus in der Nähe eines Weinberges. Sie sind herzlich eingeladen dort zu verweilen und die einzigartige Sicht hinab ins Elbtal zu genießen. Zum Tag des offenen Denkmals ist es auch möglich einen Blick ins Innere zu werfen. Erbaut wurde es um 1628, der Bauherr aus dem Miltitzer Geschlecht blieb uns aber bislang unbekannt. Sagen und Legenden führten zum eigentümlichen Namen, der Bezug nehmen mag auf die Todesfälle zur Zeit der Erbauung. In Kriegszeiten war der Tod durch Gewalt, Epidemien und möglicherweise auch Jagd allgegenwärtig. Ein Plan aus dem 18.Jh bezeichnet es noch als Buschhaus- wohl nach dem alten Jagdgebiet an den schwer zugänglichen bewaldeten nördlichen Elbtalhängen. Der Begriff Weinbergshaus verweist auf den nahegelegenen Weinberg, Kaffee- oder Teehaus auf die Nutzung, Scheechhäusel erinnert an kuriose Geschichten, die mit dieser Stätte verbunden sind. Novalis, der häufig auf Schloss Siebeneichen sowie in Schloss Batzdorf zu Gast war, verweilte wahrscheinlich auch hier. Die Romantik dieses Ortes inspirierte Schriftsteller wie Maler. In seiner wechselvollen Geschichte war das Haus mehrfach der völligen Zerstörung nahe. Immer wieder erkannten jedoch Menschen seinen Wert und bewahrten es, zuletzt der Schloss Batzdorf e.V., der es 1997 erwarb und mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Mitteln des Landes Sachsen sanierte und das Umfeld weiterhin gestaltet. Engagiert und verantwortlich für dieses Objekt zeigt sich seither der Restaurator Manfried Eisbein aus Scharfenberg." https://www.batzdorfer-schloss.de/das-batzdorfer-totenhaeuschen/


Schloss Oberau

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Die Grundherrschaft in Oberau übte bis 1550 das Kloster Altzella bei Nossen aus, das im Ort ein 1541 erwähntes Vorwerk betrieb. Danach ging die Grundherrschaft an das Rittergut Batzdorf und damit an die Herren von Miltitz über. In den Jahren 1696, 1764 und 1875 findet dann ein Rittergut in Oberau Erwähnung, das ebenfalls unter miltitzscher Herrschaft stand. Daraus ging das heutige Schloss Oberau, ein altes Wasserschloss, hervor. w:de:Oberau (Niederau)

Im Jahr 1274 wurde an der Stelle des heutigen Schlosses ein Wehrturm erbaut, um den man einen Wassergraben anlegte. Aus dem Jahr 1286 ist der erste Umbau des Wehrturmes in einen wehrhaften Wohnturm bekannt. Die Besonderheit bei diesem Wohnturm ist die innen liegende Treppe und die außen liegenden Wohnräume. Ernst von Miltitz ließ 1550 neben dem Wohnturm einen wirkungsvollen, länglichen Neubau im Stil der Renaissance mit betonten Giebelaufsätzen erbauen. Im Jahr 1594 fand eine gründliche Umgestaltung der Gebäude zu einem Renaissanceschloss statt. Im 17. Jahrhundert wurden im Schloss bemalte Holzdecken eingebaut, deren Bretter ab 1807 jedoch in anderer Weise verwendet wurden. Die Bemalung blieb aber erhalten. 1803 wurde der Bau des Schlosses Oberau erneut. Im Rahmen dieser Bauarbeiten entstanden wertvolle Stuckarbeiten. In der Zeit von 1807 bis 1878 erhielt das Rittergut seine heute prägende Gestalt. Insbesondere am Anfang dieser Zeit erhielt das Schloss sein markantes Aussehen. Im Jahre 1817 übernahm Kanzler Ernst Friedrich Karl Amilius Freiherr von Werthern das Oberauer Rittergut. w:de:Schloss Oberau


Schwester von Dietrich von Miltitz (der Erkannte) (1620 - 1670) - weitere Geschwister 1605 bis 1625

vgl. https://www.geneagraphie.com/getperson.php?personID=I421544&tree=1

Magdalena Sybilla von Miltitz - verheiratet mit Heinrich Abraham von Luckowin (gest. 1639 in Oberau bei Meissen) - Mutter von

  • Elisabeth von Luckowin (* September 1632; gest. 2. März 1703) und
  • Nikolaus Ernst von Luckowin (* 1634; gest. 26. Jun 1710 in Miltitz), Vater von Johanna Sibylla von Luckowin (* 29. August 1670 in Miltitz; gest. 8. März 1751 in Miltitz), verheiratet am 4. November 1690 in Miltitz mit Friedrich Christian von Heynitz


Schloss Miltitz

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Die Herren von Miltitz besassen ihr Stammgut bis zum Anfange des siebzehnten Jahrhundert, nachdem solches durch den Churfürsten August gegen Erlegung einer Geldsumme in ein Weiberlehn verwandelt worden war. Ihren Besitzesnachfolgern, denen von Luckawen, gehörte das Gut ein ganzes Jahrhundert hindurch, bis Ernst Nikolaus von Luckawens von vier Kindern ihm übrig gebliebene Tochter sich 1710 mit Friedrich Christian von Heynitz auf Dröschkau und Oppitzsch vermählte, wodurch das Gut nunmehr an die Familie von Heynitz gelangte, der es noch jetzt gehört. Ganz besondere Verdienste um Miltitz hat sich der 1801 verstorbene Kammerherr und Berghauptmann von Heynitz erworben,

Magdalena Sybilla von Miltitz

Schwester von Dietrich von Miltitz (der Erkannte) (1620 - 1670) - weitere Geschwister 1605 bis 1625


- verheiratet mit Heinrich Abraham von Luckowin (gest. 1639 in Oberau bei Meissen) - Mutter von

  • Elisabeth von Luckowin (* September 1632; gest. 2. März 1703) und
  • Nikolaus Ernst von Luckowin (* 1634; gest. 26. Jun 1710 in Miltitz),
    • verheiratet mit Barbara von Kayn * 1 Jan 1645, verh. nach 1663, gest. 1675
    • Vater von Johanna Sibylla von Luckowin (* 29. August 1670 in Miltitz; gest. 8. März 1751 in Miltitz), verheiratet am 4. November 1690 in Miltitz mit Friedrich Christian von Heynitz

Friedrich Christian von Heynitz * 26 Jan 1664 in Heynitz gest. 20 Oct 1724 verh. 4 Nov 1690 in Miltitz - Kinder:

  • Georg Ernst von Heynitz * 1692 gest. 1751 verh. 1722 mit Sophia Dorothea von Hardenberg * 1705 gest. 1773 - Tochter von Freiherr Georg Anton von Hardenberg * 3 Jul 1666 in Wolfenbüttel Death 29 May 1721 in Möckritz und Anna Dorothea von Eltz gest. 22 Jul 1724 Oberwiederstedt - der Mutter von Frhr. Anton Gottlieb von Hardenberg --> Schwester desselben
    • Sohn: Karl Friedrich Anton von Heynitz * 14 May 1725 Dröschkau gest. 15 May 1802
  • Katharina Sidonie von Heynitz * 24 Jun 1710 in Dröschkau gest. 19 Apr 1771 in Gera - verh. 19 Sep 1725 in Oberwiedersted mit Frhr. Anton Gottlieb von Hardenberg 16 Jul 1697 in Oberwiederstedt gest. 14 Jul 1752 Oberwiederstedt - Mutter von Ulrich Heinrich Erasmus von Hardenberg 9 Jan 1738 in Oberwiederstedt gest. 3 Apr 1814 in Weißenfels - dem Vater von Novalis

Rittergut Dröschkau

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Rittergut Dröschkau in Dröschkau liegt 49 km von der Albrechtsburg Meißen


Sophie Margarethe von Holtzendorff

Birth Dröschkau

Death 2 May 1674

Father Stellanus von Holtzendorff (Sohn von Stellanus I. von Holtzendorff Birth 1561 Death 14 Jun 1605)

Mother Margarethe von der Sahla

  • Ehemann: Georg Rudolf von Heynitz, b. 23 Nov 1627, Heynitz 17 Nov 1715, Heynitz (Age 87 years)
    • Marriage 11 Nov 1656


    • Sohn: Friedrich Christian von Heynitz, b. 26 Jan 1664, Heynitz, 20 Oct 1724 (Age 60 years)


Friederike Christine von Heynitz * 3 May 1706 in Dröschkau Death 20 Jul 1762 - verh. 14 May 1725 - Heinrich Gottlob von Miltitz, b. 27 Jan 1687, Eschdorf gest. 19 May 1757, Hamburg

Tochter von Friedrich Christian von Heynitz * 26 Jan 1664 in Heynitz gest. 20 Oct 1724 verh. 4 Nov 1690 in Miltitz mit der von vier Kindern des Verstorbenen "übrig gebliebenen" Johanna Sibylla von Luckowin (* 29. August 1670 in Miltitz; gest. 8. März 1751 in Miltitz)


Kinder (Heinrich Gottlob von Miltitz 1723 bis 1738 Assessor in Wetzlar, Reichskammergericht)

  • Dietrich Alexander von Miltitz (* 28. April 1726 in Siebeneichen, gest. am 3. Juni 1792)
  • Karl Friedrich von Miltitz (* 1732 in Wetzlar, gest. 1782 in Wetzlar)
  • Friedrich Siegmund von Miltitz (* 19. November 1735 in Wetzlar, gest. 19. Juli 1809 in Dresden)
  • Charlotte Erdmuthe von Miltitz (* 3. März 1737 in Wetzlar, gest. 12. März 1768 in Dresden)
  • Ernst Haubold von Miltitz (* 13. Juli 1739 in Oberau, gest. am 6. März 1773 in Pisa)

Katharina Sidonie von Heynitz * 24 Jun 1710 in Dröschkau - verh. 19 Sep 1725 in Oberwiedersted mit Frhr. Anton Gottlieb von Hardenberg --> Großmutter von Novalis

  • Tochter von Friedrich Christian von Heynitz * 26 Jan 1664 in Heynitz gest. 20 Oct 1724 verh. 4 Nov 1690 in Miltitz mit der von vier Kindern des Verstorbenen "übrig gebliebenen" Johanna Sibylla von Luckowin (* 29. August 1670 in Miltitz; gest. 8. März 1751 in Miltitz)


w:de:Dröschkau

(altsorbisch für Ort, wo es kracht und knistert)

1656 ging es durch Heirat auf Georg Rudolf von Heynitz über. Ein bedeutender Besitzer war der Oberberghauptmann Friedrich Anton von Heynitz (* 1725; † 1802), Gründer der Bergakademie Freiberg. Sein Grab kann in der Belgerner Kirche besichtigt werden.

1818 wohnten in Dröschkau 42 Personen


Ortsadel, Herrengüter

  • 1378: curia
  • 1423: Hof
  • 1529: Vorwerk
  • 1617: Gut
  • 1816: Rittergut ohne Dorf


Zugehörigkeit zu Grundherrschaften

  • 1815: Rittergut Dröschkau


nach Staritz gepfarrt 1816

1617: Dreschkaw

1791: Droͤschkau


1529: Amt Torgau

1791: Amt Wurzen

1816: Kreis Torgau


Jäger, Volker ; Lotzenburger, Klaus

Dröschkau : ein Rittergut und seine Geschichte


Liebersee: Heimatverein Liebersee, 2004

Umfang: 140 S.; Ill., Kt

Bestellen zur Benutzung im Haus, kein Versand per Fernleihe, nur Kopienlieferung

https://katalog.slub-dresden.de/id/0-1406622192


Das 1130 als Burgward im Gau Belgern erwähnte Dröschkau gehörte im Spätmittelalter zum Stiftsamt Wurzen des Hochstifts Meißen. Der schon 1485 manifeste Anspruch der Wettiner auf Oberhoheit über das Hochstift wurde 1581 von Bischof Johann IX. von Meißen anerkannt. Dennoch behielt das Stiftsamt Wurzen als kursächsisches Nebenland bis 1818 eine eigene Stiftsregierung. 1815 kam Dröschkau mit Teilen des Stiftsamts an Preußen und gehörte dort 1816–1945 zur Provinz Sachsen.

1489 ist in Dröschkau ein Vorwerk des Nonnenklosters Mühlberg belegt. Damit wurde 1582 Stellan von Holtzendorf von Kurfürst August begnadigt. 1669 ging das Gut in Folge einer Heirat an die Familie von Heynitz über. Das 1815 als schriftsässig bezeichnete Rittergut hatte spätestens im 18. Jh. die Patrimonialgerichtsbarkeit über den Ort inne und unterstand darin dem Amt Torgau. Zum Besitzkomplex gehörten das Vorwerk Pietzsch und die Schäferei Neusorge. Die Familie von Heynitz saß bis zur Enteignung im Zuge der Bodenreform 1945 auf Dröschkau.

Gutsarchiv Dröschkau (Bestand)

Landesarchiv Sachsen-Anhalt, H 60 (Benutzungsort: Wernigerode)

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/VEYSVTMIH3KZ3L4RW2HFGHIZUI7PVLW4


Bestandsinformationen: Der Bestand kam am 27.06.1949 über die Landesbibliothek Halle/S. an das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt. Ein Repertorium war nicht vorhanden, eine durchgehende Archivordnung scheint nicht bestanden zu haben, so dass die Archivalien, die größtenteils ungebunden waren, neu geordnet und neu verzeichnet werden mussten. Vergleicht man die Angaben von O. Steinecke (Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 15, 1902, S. 421) über den Bestand des Heynitzschen Familienarchivs zu Dröschkau mit den in das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt gelangten Archivalien, so muss bedauerlicherweise festgestellt werden, dass bedeutende Verluste eingetreten sind. U. a. fehlen die von Steinecke erwähnten 41 von Friedrich Anton von Heynitz herrührenden Tagebücher aus den Jahren 1747 bis 1783 und 1792 bis 1802. Der Bestand wurde im Jahre 1962 geordnet, verzeichnet und mit einer Registratur- und Bestandsgeschichte versehen. Zusatzinformationen: Literatur: Adelsarchive im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt. Übersicht über die Bestände, bearb. von Jörg Brückner, Andreas Erb und Christoph Volkmar (Quellen zur Geschichte Sachsen-Anhalts; 20), Magdeburg 2012.- Schumann: Post-Lexikon von Sachsen, Bd. 2, 1815, S. 286.- Schumann-Schiffner: Post-Lexikon von Sachsen, Bd. 15, 1828, S. 428-430.- Kneschke: Deutsches Adels-Lexikon, Bd. 4, 1863, S. 364-365, 462.- O. Steinecke: Frierich Anton von Heynitz. Ein Lebensbild. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 15, 1902, S. 421-470.

https://archivfuehrer-kolonialzeit.de/index.php/gutsarchiv-droschkau-bestand?sf_culture=de

erbte gemeinsam mit seinen drei älteren Brüdern den väterlichen Besitz, darunter Oberwiederstedt und Mockritz - war seit 1784 kursächsischer Salinendirektor in Dürrenberg, Artern und Kösen. - wurde 1774 Vormund des späteren Generals Dietrich von Miltitz (1769–1853), dessen Vater gestorben war w:de:Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg (* 9. Januar 1738 in Oberwiederstedt; † April 1814 in Weißenfels) kursächsischer Salinendirektor


"Haus des Mäzens Christian Gottfried Körner, der Friedrich Schiller aus finanzieller Not rettete ++ Schiller lebte hier von 1785 bis 1787 ++ die Figur der "Gustel von Blasewitz" in "Wallensteins Lager" erinnert an die Dresdner Zeit ++ Gäste u. a. Goethe, Zelter, Herder, Kleist, Novalis, Wieland, die Brüder Humboldt, die Brüder Schlegel, Friedrich Schleiermacher, Ludwig Tieck und Wolfgang Amadeus Mozart, Heinrich von Kleist, Ernst Moritz Arndt, Freiherr von Stein ++ Schiller-Körner-Brunnen gegenüber dem Schillerhäuschen (1912/13, Bildhauer Oskar Rassau, Architekt Martin Pietzsch) ++ Schiller schrieb hier seine "Ode an die Freude" und den "Don Carlos" ++ ... Schillerstraße 19, 01326 Dresden ... Renaissanceschloss Siebeneichen (heute Meißen) ++ 1374 als Herrensitz erstmals erwähnt ++ 1553 von Ernst von Miltitz errichtet ++ barock umgestaltet 1748 ++ Park aus dem 16. Jahrhundert, einer der ältesten Landschaftsparks in Sachsen, Anfang 19. Jahrhundert auf 35 ha Fläche Landschaftspark nach englischen Vorbildern in Sachsen ++ Schloss war bedeutender Ort der Romantik ++ Gäste u. a. Novalis, Johann Gottlieb Fichte, Theodor Koerner, Heinrich von Kleist ++ Novalis 1797 bis 1799 oft in Siebeneichen, da sein Vater Vormund des Schlossherrn Dietrich von Miltitz war ++ heute Landesinstitut ++ ... Siebeneichener Straße 2, 01662 Meissen" https://www.kulturreise-ideen.de/literatur/autoren/Tour-novalis.html


"Klipphausen. Der Mann hatte an der Bergakademie Freiberg Naturwissenschaften, Chemie und Mathematik studiert, beaufsichtigte ein Salzwerk, war eine Art Landrat und er schuf die Blaue Blume – das zentrale Symbol der Romantik. Sie steht für die Sehnsucht und für die Liebe und für das Streben nach dem Unendlichen. Die Rede ist von Friedrich von Hardenberg (1772-1801), der sich als Dichter Novalis nannte. Es ist diese Einheit von wissenschaftlichem Denken und poetischer Weltaneignung, die Bettina Zimmermann an Novalis fasziniert. „Er hatte die Vision von der Verfeinerung des Menschen“, sagt die Künstlerin. Diese sollte durch ein anderes Verhältnis zur Natur erreicht werden, das sich nicht in deren technischer Unterwerfung und Ausbeutung erschöpft, sondern jeden Einzelnen veranlasst, sie mit den Sinnen und dem Herzen zu erfassen. Novalis Aufenthalt im Meißner Land hat Bettina Zimmermann schon 2014 in einem Kunstprojekt aufgegriffen. Auf Schloss Scharfenberg, Schloss Siebeneichen, der Albrechtsburg und auf Schloss Batzdorf, wo sie lebt und ihr Atelier hat, hat sie mit Sängern und Musikern gearbeitet. Diese haben sich von den Räumen anregen lassen, gesungen und gespielt, und Bettina Zimmermann hat spontan dazu gemalt. „Natürlich war das ein Experiment“, sagt sie. Das bestand auch darin, zu den entstandenen Bildern und Fotografien Texte von Novalis zu stellen. „Ich habe so treffende Aussagen gefunden, dass ich platt war.“ Ihre Idee zu einem Novalis-Wanderweg hatte sie aber schon viel früher. Schicke Hinweisschilder Auf ihrer ersten Reise in den Westen Anfang der 1990er-Jahre fand sie in Österreich einen Wanderweg, „der total fantasie- und liebevoll gestaltet war“. Nicht nur seine bildnerisch schönen Hinweistafeln faszinierten sie. Sondern auch Elemente, die eigene Aktion forderten und erlaubten. Etwa ein Findlingshaufen, dessen oberster Stein wie eine Mulde geformt war, in der man sich von andern wiegen lassen konnte, „sodass man sich wie im Mutterleib fühlte“. Was liegt also näher, Novalis, dessen Aufenthalt auf Schloss Siebeneichen belegt ist, einen Wanderweg entlang der an der Hangkante zur Elbe liegenden Schlösser zu widmen? Dieses Projekt hat Bettina Zimmermann jüngst auf Schloss Scharfenberg vorgestellt, als Klipphausener Bürger über das Tourismuskonzept diskutierten. Demnach könnte der neue Wanderweg von der Elbe am Schloss Gauernitz über die linkselbischen Schlösser führen und am Kloster Heilig Kreuz in Meißen wieder an der Elbe enden. Unterwegs sollen künstlerisch gestaltete Hinweisschilder stehen, die nicht den Anspruch haben, zu belehren, wer Novalis war, sondern durch den Rückgriff auf seine Texte zum Nachdenken und Nachfühlen Anregen sollen. An den Schlössern soll es für die Interessierten dann auch Tafeln mit vielen Informationen zum Leben und Werk des bedeutenden Dichters geben." Novalis lebt. Künstlerin Bettina Zimmermann träumt von einem Novalis-Weg – auch Klipphausen findet das gut. SZ vom 2. Mai 2016 https://www.saechsische.de/plus/novalis-lebt-3386801.html


Karl Borromäus von Miltitz

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" er [beendete] 1810 seine Militärlaufbahn um nach Heirat mit Auguste geb. von Watzdorf 1812 auf das Schloss Scharfenberg bei Meißen zu ziehen. 1813/1814 nahm er an den Befreiungskriegen teil. In den Jahren auf Schloss Scharfenberg (bis 1824) pflegte er intensive Kontakte zu künstlerischen Gesinnungsgenossen im so genannten Scharfenberger Kreis, darunter mit Friedrich de la Motte Fouqué, Johann August Apel und dem Dresdner Maler Moritz Retzsch. 1824 wurde er in Dresden Oberhofmeister des sächsischen Prinzen Johann von Sachsen (1801–1873, ab 1854 König), während seine Frau Auguste Oberhofmeisterin der Kronprinzessin Amalie (1801–1877) war." w:de:Karl Borromäus von Miltitz (* 9. November 1781 in Dresden; † 19. Januar 1845 ebenda)


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Karl Karl Borromäus von Miltitz war am 9. November 1780 1) in Dresden geboren. Sein Vater war der wegen seiner riesenhaften Erscheinung und Körperkraft, aber auch wegen mancher tollen Jugendstreiche bekannte Hofmarschall Friedrich Siegmund von Miltitz, seine Mutter war eine Gräfin Daun, eine Tochter des kurbayrischen Generalleutnants und Oberstallmeisters Grafen Daun. 2)

An Vornehmheit der Abkunft konnte sich Miltitz als Sproß eines der ältesten sächsischen Geschlechter sehr wohl mit Fouque vergleichen, im übrigen aber war das Milieu seines Jugendlebens von dem Fouques recht verschieden. Bei Fouque eine Jugend voll ländlicher Ungebundenheit, in die die Trommelwirbel des Siebenjährigen Kriegs nachhallend hineinklangen und das Adlerauge des großen Friedrich, seines Paten, hineinschaute: Miltitz schon als fünfjähriger Knabe aus der Stille des Schlosses Schenkenberg bei Delitzsch nach Dresden verpflanzt und in einem Stadthause von wechselnden Hofmeistern sittsam und artig erzogen, immer auch in Berührung mit der Luft des Hofes, dessen im Zeitalter Fried-

1) Fürstenau, dessen Biographie Miltitzens in der „Allgemeinen Deutschen Biographie*' fast ganz auf dem Anonymus des „Neuen Nekrolog der Deutschen", 1845, I (Weimar 1847) beruht, nennt fälschlich 1781 als Geburtsjahr; auch sonst sind die Daten dieses Artikels nicht genau. Es ist aber auch recht schwer, aus den Dokumenten über Miltitzens Lebensgang ins reine zu kommen, weil er, bei der Taufe und Firmelung mit zahlreichen Vornamen ausgestattet, namentlich in den früheren Epochen seines Lebens bald diese, bald jene Namen geführt hat. Er hatte folgende Vornamen: Carl Borromäus Theodor Werner Alexander Stephan. In den sächsischen Armeeranglisten von 1797 — 1810 erscheint er stets als Carl Theodor Werner von Miltitz, in den Akten des Osterreichischen k. k. Kriegsarchivs heißt er Josef Baron Miltitz, in seinen Briefen unterzeichnete er sich entweder Carl oder Carl Borromäus von Miltitz.

2) s. meinen Aufsatz: ,,Aus den Jugendjahren eines Romantikers" in der „Zeitschrift für Bücherfreunde", 11. Jahrgang 1907/1908, Heft 2, S. 53.


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rieh August des Gerechten und Marcollinis etwas steife Grandezza jeden Ausbruch jugendlicher Leidenschaft zu dämpfen schien. Auch eine Reise, die er als 9 oder 10 jähriger Knabe mit Vater und Mutter nach München zu den Großeltern und zu seinem Oheim, dem Grafen Hegnenberg, unternahm, hielt ihn, trotz vieler neuer und tiefer Eindrücke, doch wesentlich in der gewohnten Sphäre fest. Dabei war er ein leicht erregbares, reizsames Kind. Er selbst erzählt in seinen Kindheitserinnerungen 1) : „Ich war nicht glücklicher, als wenn mich die Wärterin im Abendroth auf die steinerne Brücke trug, die zum Schloß Schenkenberg führte. Ich soll dann gewaltig gesticuliert und nach der goldnen Sonne gelangt haben. Mein Entzücken war aber gränzenlos, wenn ein Knecht — er hieß May — Abends Schalmey blies" und von der späteren Knabenzeit berichtet er: „Es entwickelte sich neben einer leidenschaftlichen Vorliebe für die Natur auch eine vorherrschende Neigung zur stillen, süssen Schwermuth, und eine romantische Stimmung, die mich beym Anblick recht brennender schöner Farben wie blau, grün, und rubinrot mit einem magischen Entzücken erfüllte." Den tiefsten Eindruck auf Miltitz machte eine Aufführung der „Zauberflöte", die er 1796 in Dresden hörte: „Hier fand ich jene geheimnisvolle Romantik, die den Grundton meines ganzen Wesens machte, in himmlischen Melodieen und Harmonien ausgesprochen und schwelgte in Entzücken." —

So bildete sich in Miltitz, während Fouque durch die ganze Tradition seine Familie und seiner Umgebung, besonders auch durch seinen väterlichen Freund, den Hauptmann von Schmettau, zur Laufbahn des Offiziers gedrängt wurde, der Gedanke aus, auf einer Universität zu studieren und nebenbei seiner Lieblingsbeschäftigung, der Musik, zu leben. Aber da der Vater weder einen Gelehrten noch einen „Musikanten" aus ihm machen wollte, so ließ er ihn mit sechzehn Jahren in die sächsische Armee eintreten.

Miltitz verlebte die ersten Jahre seiner Militärzeit (1797—1800) als Sousleutnant des Chevauxlegerregimentes von Gersdorf 2), in einer der Kleinstädte, wo dieses Regiment in Garnison lag (Radeberg, Mühlberg, Ortrand, Hoyerswerda), dann wurde er in derselben Stellung zu dem vornehmsten Regimente Garde du Corps

1) a. a. O., S. 56 f.

2) Sein Patent als Sousleutnant ist vom 16. Februar 1797, vgl. die sächsische Armeerangliste von 1797.


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nach Dresden versetzt. 1) Am 18. Juni 1802 trat er zur Schweizer Leibgarde über 2) und wurde bei diesem Regimente am 20. April 1803 zum Premierleutnant befördert 3); am 29. Februar 1804 erhielt er den Charakter als Capitain. 4)

Miltitz war trotz Tapferkeit und ritterlicher Gesinnung nie mit ganzer Seele Soldat. So trieb er schon in seiner Lausitzer Garnison seine geschichtlichen und künstlerischen Studien weiter und in Dresden nahm er Unterricht in der Theorie der Musik und im Komponieren bei dem Organisten Christian Ehregott Weinlig und dem Kapellmeister Joseph Schuster. Die ältesten eignen Lieder in seinem für Luise von Watzdorf geschriebnen Liederbuche: „Des Abends", „Preghiera al Zeffiro" und „Die Sternseherin" tragen die Jahreszahl 1804. Im Jahre 1808 komponierte Miltitz einige Lieder von Theodor Körner; 1810 hatte Körner, der überhaupt, wie seine Eltern, herzliche Beziehungen zu der Familie Miltitz unterhielt, ein musikalisches Gedicht, die Hermannsschlacht, unter der Feder, als dessen Komponist er sich Weinlig oder Miltitz dachte. 5) —

Am 11. März 1808 verlobte und am 7. Mai 1810 6) verheiratete er sich mit Auguste von Watzdorf, der Tochter des Gouverneurs der Prinzen Friedrich, Clemens und Johann, späteren Gesandten in Wien, Petersburg und Berlin, und nahm seinen Abschied, wohl vor dem 22. November 1810, denn von diesem Tage ist das Patent seines Nachfolgers bei der Schweizergarde.

Auguste von Miltitz war eine fein empfindende, reine, edel gerichtete Frauenseele, zu der ihr Gemahl immer, auch nach langjähriger Ehe bewundernd aufblickte und um deren Anerkennung und Liebe zu werben er nie aufhörte. Sie war innerlich und äußerlich auf das engste verbunden mit ihrer Cousine Luise von Watzdorf aus Wiesenburg bei Belzig, die sich durch ihre aufopfernde Freundschaft und ihr Vermögen mit der Zeit immer mehr als rettender Schutzengel des jungen

1) Das Patent vom 18. März 1800 ist in den Händen seiner Tochter (Th. v. M.)

2) Das Patent darüber ist am 29. Juni 1802 ausgestellt.

3) Patent vom 20. April 1803.

4) Vgl. sächsische Armeerangliste von 1804 und das noch vorhandene Patent Tom 29. Februar 1804.

5) s. Peschel-Wildenow, Theodor Körner, I, 170; 221. Hierbei sei es gestattet, einen kleinen Fehler dieses Buches zu berichtigen. Die Band I, S. 135 und n, 197 erwähnte Gesellschaft war nicht bei Carl Borrom., sondern bei Dietrich von Miltitz auf Siebeneichen, s. Kursächs. Streifzüge, HI, 357.

6) Th. V. M.


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Paares in allen kommenden Fährnissen zeigte.

Zunächst zog Miltitz mit seiner jungen Frau auf das ihm und seinen Brüdern von seinem Vater (f 19. Juli 1810) vererbte Gut Neukirchen bei Wilsdruff. In dieser Zeit (1811) näherte sich Fouques Ruhm dem Zenit. Auch in Neukirchen wurde er gelesen, während der Wintersturm um die Giebel tobte. Fouques 1808 erschienener Roman „Alwin" regte Miltitz zu neuen Liederkompositionen an, vor allem aber weckte


Carl von Miltitz in Neukirchen auf der Birsch. Bleistiftzeichnung von Moritz Retzsch aus dem Jahre 1811.

das hier und in den folgenden Fouqueschen Dichtungen aufgestellte religiös-ritterliche Ideal ein starkes Echo in Miltitzens Brust, ja den Trieb der Nacheiferung. Noch im Spätherbst 1811 setzte sich Miltitz brieflich mit Fouque in Verbindung, und als der erste Brief verloren gegangen war, schrieb er am 18. Januar 1812 einen zweiten, der am 5. Februar abends glücklich in Nennhausen ankam und am folgenden Morgen von Fouque mit warmem Herzen erwidert wurde.

So war der Bund eingeleitet, der für beide Teile die fruchtbarsten Anregungen bieten sollte. Der Bund wurde zu einem


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brüderlichen Verhältnis verdichtet, als Miltitz im August 1812 von Berlin aus auf einige Wochen zu Fouque nach Nennhausen zu Besuch kam, und auch Auguste von Miltitz und Luise von Watzdorf wurden in die enge Freundschaft aufgenommen, als sie Miltitz bis Brandenburg entgegenreisten und dort zwei Tage mit Fouque zusammen waren. 1)

Zwar Fouque war Protestant und Miltitz Katholik — sein protestantischer Vater war bei der Eheschließung mit der Gräfin Daun von der Münchner katholischen Geistlichkeit gezwungen worden zu geloben, daß seine Kinder der katholischen Kirche angehören sollten — aber was wollte das in jenen Zeiten bedeuten, wo nicht eine christliche Konfession, sondern das Christentum in einer aller dogmatischen Ausprägung abholden mystischen Gestalt eben erst an der Arbeit war, die jeder geoffenbarten Religion feindliche Aufklärung zu überwinden.

In jenen glücklichen Zeiten, wo der katholische Graf Brühl, ein Sproß des Pförtner Zweiges, dem Protestanten Fouque als seinen (Brühls) Lieblingsstoff die dramatische Bearbeitung der Taten Gustav Adolfs von Schweden empfahl ), war es auch nicht auffällig, daß sich Fouque und Miltitz zur Schöpfung eines religiösen Werks, eines Oratoriums über Christi Auferstehung so verbanden, daß der Protestant den Text, der Katholik die den Text nachdichtende Musik schaffen sollte. Und mit wie heiliger Begeisterung haben beide ihre Arbeit begonnen!

Fouque 3) will nur „unter demütiger Anrufung des Herrn an das feierliche Werk gehen" und Miltitz schreibt am 30. Dezember 1812 4) — man glaubt Novalis reden zu hören:

„An Dein Oratorium kann und kann ich nicht kommen. Schon mehremale habe ich den ersten Satz angelegt und auch recht gut gefunden — aber am andern Tage war mir alles zu matt für diese Worte und diese Empfindung, diese Situation! Denke Dir nur, wenn eins von uns, von uns, den nächsten Frühling erlebt hätte nach Christi Kreuzigung! Und da wieder Blumen und sproßendes Grün und magischen Mondenschimmer gesehen hätte, wo das furchtbare hohe Kreuz gestanden, das heiligste purpurne Blut den grünen Boden getränkt, der Heiligste unter den schrecklichsten Qualen sein schuldloses Leben ausgehaucht! Hätte man da nicht gleich die Mönchskutte überziehen und den Rest seiner Tage in

1) s. Brief 7 und 8.

2) s. Brief 38, S. 160.

3) s. unten Brief 3, S. 65.

4) Briefe an Fouque, S. 265 f.


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Buße und Reue hinbringen mögen? Armer Nicodemus, Joseph von Arimathia, und ihr göttlich Liebende, Maria, Johannes, Magdalena, was mögt ihr bei der wiederkehrenden Frühlingspracht empfunden haben? „Erd' und Himmel dürft ihrs wagen, solche Pracht zur Schau zu tragen!" Tiefe, tiefe Worte! Du wagtest sie aus- zusprechen, mir fehlen nur die Töne dazu — hoffentlich aber nicht immer! —


Burg Scharfenberg

Fast zu derselben Zeit gewann aber auch die andere Seite der Romantik, die Erneuerung mittelalterlich-ritterlichen Lebens, für Miltitz eine früher nicht geahnte Realität. Die Güter Neukirchen und Steinbach, die Carl von Miltitz gemeinsam mit seinen Brüdern Alexander und Friedrich besaß, waren schwer zu verwalten, da Alexander in Bayern lebte, Friedrich im österreichischen Heere diente. So wurden sie 1812 verkauft. Da aber das junge Paar das Stadtleben nicht liebte, wurde nach langen Verhandlungen mit dem Vetter Dietrich von Miltiz auf Siebeneichen, einem der edelsten Männer, die das damalige Sachsen hervorgebracht hat, ein Abkommen getroffen, daß Carl in dem halbverfallnen, nur notdürftig hergerichteten Schlosse Scharfenberg sein Heim aufschlagen konnte. Mitten im Winter siedelte der junge Haushalt in die unwirtlichen Räume der alten Burg über.


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Miltitz auf Scharfenberg

Von allen diesen „romantischen** Vorzügen Scharfenbergs hatte Fouque durch Miltitzens Mitteilungen eine Vorstellung. Deshalb begrüßt er die Nachricht von der Übersiedlung seines Freundes auf das alte Schloß am 21. November 1812 mit begeisterter Freude. Ja er hofft selbst an diesem vom Flügelschlage echter Romantik umwitterten Burgleben teilzunehmen:

„dort, in aller Freudigkeit des Frühlings, soll ich nach wenigen Monden nun Dich wiedersehn und Augusten! Ja, das sollen einmal Tage werden, von welchen man sagen darf, man habe sie gelebt und deren Nachklang noch edles, reines Feuer durch Herz und Glieder strömen wird, jahrelang nachher! Wie wollen wir da mit einander singen und lesen und Speere werfen. ... Ich bilde mir jetzt ein, ich hätte von Kindheit auf die Ahnung eines solchen Burglebens bei mir gehegt und nun beginne die helle Zeit desselben erst heraufzuschreiten."

Freilich, bei Miltitz selbst bleibt eine gewisse Ernüchterung nicht aus; an der Schwelle des Weihnachtsfestes, am 21. Dezember,


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bedauert Fouque die

„Störungen, welche die Winterkälte in Eure häusliche Behaglichkeit hinein haucht, zumal da noch immer der Ostwind scharf auf meine Fenster heult und mir es ordentlich schadenfroh Kund gibt, welchen Spuk er um die hochgelegne Miltitzsche Veste zu treiben wage." 1)

Miltitz als Komponist

Trotzdem hat Miltitz damals auf Scharfenberg im ungestörten Verkehr mit den Musen und in immer innigerer Versenkung in das Wesen der Musik einen durch das erhebende Gefühl des Gelingens und durch manche äußere Anerkennung freudvollen Winter gehabt.

Hier ist der Ort, etwas über sein Verhältnis zur Kunst, über seine Begabung und insbesondere seine Bedeutung als Komponist zu sagen. Miltitz ist von Haus aus bei tiefer innerer Religiosität und warmer Liebe zu allem Schönen eine weit verstandesmäßigere Natur gewesen als Fouque. Aber auch er wurde durch den gewaltig brausenden Strom der Zeit und durch den starken Einfluß Fouques, in dem er stets seinen Meister sah, so mit fortgerissen, daß er jahrelang als dessen Geistesverwandter gelten konnte. Ein Dichter von Gottes Gnaden war er nicht, er hat sich auch nie als solchen gefühlt. Dazu fehlte ihm der geniale Schwung der Phantasie und das lebhafte Gefühl für Metrik, das sich seine Freunde Fouque und Apel namentlich durch das Studium griechischer Dichter erworben hatten.

Dagegen war ihm die Gabe verliehen, scharf zu beobachten und Beobachtetes gut zu erzählen, so daß er als Novellist später einen gewissen Erfolg hatte. Vor allem verstand er es — und das führte ihn vorzugsweise mit Fouque zusammen — die Dichtung eines andern tief in sich aufzunehmen und in Tönen wiederzugeben. Über seine größeren Tondichtungen wage ich kein Urteil auszusprechen. Gedruckt sind davon eine Messe in H-molI (Wien, Haslinger) und eine Ouvertüre dans le genre de Poesie d'Ossian (Breitkopf & Härtel), die ich besitze. Von dem 1815 — 1817 mehrmals im Berliner K. Opernhause auf-

1) Luise von Watzdorf erzählt in ihrem Tagebuche, daß sogar die Diennstboten „sich über den Gedanken entsetzten, in dem alten verfallnen Schlosse wohnen zu sollen, welches ihre Einbildung mit lauter Spukgeistem anfüllte. Sie fürchteten sich so, dass sie lieber auf die Bequemlichkeit der Betten verzichteten, um beyeinander bleiben zu können und sich alle zusammen in einer Stube auf Stroh zur Ruhe legten. Den andern Morgen sagten sie sämmtlich auf; da sie aber doch nicht gleich weggehen durften und die erwarteten Gespenster sich nicht sehen liessen, auch der Aufenthalt durch die Einrichtung annehmlicher wurde, so nahmen sie nachher ihr Gesuch wieder zurück . . . Wir richteten uns indessen ein und waren heiter und zufrieden, nur dass die Kriegsnachrichten die Ruhe störten." Th. v. M.


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geführten romantischen Singspiel „Wie man lieben muß" kenne ich keine Zeile, von der komischen Oper „Der türkische Arzt" (in Dresden 1832 aufgeführt) liegt die Partitur auf der Dresdner Bibliothek (Mus. B. 540), ebenso vom „Condottiere" (Text von Prinzessin Amalie, Mus. B. 534), von „Alboin und Rosamunde" (große tragische Oper, 2 Akte, Mus. B. 536) und von „Czerny Georg" (Mus. B. 538).

Mehrfach erwähnt wird auch seine Oper „König Saul", zu der Prinz Johann den Text gedichtet hat. Außerdem liegt unter den handschriftlichen Musikalien der Dresdner Bibliothek Miltitzens die Partitur eines Quartetto a 2 Violini, Viola e Cello (Mus. B. 972), die Partitur des im Text der Briefe so oft erwähnten Oratoriums: Die Frauen am Grabe des Heilands (Mus. B. 144) und der Klavierauszug dazu (Mus. B. 146), das Stabat Mater a 4 voci (Mus. B. 160 V) und die Sinfonie dans le style Ossianique (Mus. B. 1166), die wohl mit der oben genannten Ossian-Ouverture identisch ist. —

Bei dem jetzt so regen Interesse für alte Musik, wäre es wohl angebracht, wenn ein Musikhistoriker von Fach diese Werke einmal ansähe und beurteilte. 1)

Ich schöpfe meine Kenntnis der Miltitzschen Musik, da mir seine bei Meser (Mäser?) in Dresden und Goedsche in Meißen erschienenen Lieder nicht erreichbar waren, lediglich aus seinem und Luise von Watzdorfs handschriftlichem Liederbuche, aus den beiden musikalischen Beigaben zu Fouques „Dramatischen Dichtungen für Deutsche" 2), und aus dem im Frühjahr 1813 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erschienenen „Liedern von Friedrich Baron de la Motte Fouque in Musik gesetzt vom dem Königl. Sächs. Kammerherrn Freyherrn von Miltitz". Diese Liedersammlung, von der mir durch einen günstigen Zufall die beiden letzten in den Handel gekommnen Exemplare zugefallen sind, enthält einige wirkliche Perlen der Tonkunst

1) Ich beschränke mich darauf, einige Urteile aus dem „Neuen Nekrolog der Deutschen", XXIII, 1845 (Weimar 1847), S. 55—57 anzuführen. Der Verfasser der dort abgedruckten Biographie Miltitzens meint, der Verstorbene habe in der oben genannten Ouvertüre den glücklichen Versuch gemacht, „den Geist der Ossianschen Dichtung in Tönen wiederzugeben", und von der Oper „Czerny Georg" sagt er, sie hat das Eigentümliche, daß sie völlig rezitativisch und meist nur mit Begleitung des Pianoforte und der Bässe und Celli geschrieben ist, wodurch die Unterbrechungen des Dialogs vermieden werden." Man sieht, wie auch in diesem wichtigen Punkte die Romantiker Richard Wagner vorgearbeitet haben.

2) Berlin, Hitzig, 1813, S. 241 „Preußisches Soldatenlied" (s. S. 110) und S. 272 „Theodora", beide aus der „Familie Hallersee".


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Ich schalte dabei die in den Briefen enthaltenen Urteile Fouques als des Textdichters billigerweise aus. Aber man lese, was der feinsinnige, die Theorie der Musik weit über sein Zeitalter hinaus beherrschende Apel schreibt:

„Die Melodien scheinen mit den Gedichten zugleich und in demselben Geist entstanden, oder sie scheinen es nicht, sie sind es in der Tat, denn nur im gleichen poetischen Leben findet der Tonkünstler denselben Gesang, den der Dichter, wie eine Stimme aus der Ferne nur halb und nicht in voller Klarheit vernahm." 1)

Auch der Vergleich der Lieder Miltitzens mit den von der Weimarer Goethe-Gesellschaft herausgegebnen Liedern Goethes in Kompositionen der Zeitgenossen fällt nicht zuungunsten Miltitzens aus.

In Luises Liederbuch findet sich ein undatierter Versuch, Goethes „Über allen Wipfeln ist Ruh" zu komponieren und mit dem Datum „d. 2. Februar 1816 Scharfenberg" eine Komposition der 1. Strophe des „Wanderers" (von Schmidt von Lübeck), die, wenn auch der großartigen Auffassung Schuberts nicht vergleichbar, so doch durchaus selbständig und eigenartig ist.

Von den oben genannten Fouque-Liedern halte ich die dem Andenken der Mutter gewidmeten „Wehmut" 2) und „Mutterliebe" für die schönsten; außerdem Aleards Lied aus dem „Zauberringe":

O Flügel mir, um zu ihr hinzuschweben

Im Abendschein

Ringsher ein Netz aus Traumesgold zu weben,'

Mein Bildnis drein!

Weh, armes Herz, du darfst es nimmer wagen,

Verdämmre nur,

Und höchstens leb in leisen Liedesklagen

Auf dieser Flur!


Die Melodien dieser Lieder sind so rührend schlicht, so zart und innig, daß sie auch das Herz des modernen Menschen noch ergreifen; sie sind in der Musik etwa das, was in der Malerei die Bilder der Nazarener oder Präraffaeliten bedeuten. Um seiner Lieder willen verdient Miltitz der Vergessenheit entrissen zu werden und in der Geschichte des deutschen Liedes einen Platz zu erhalten. —


Miltitz im Freiheitskriege


Auch Miltitz sah sich durch den Freiheitskrieg aus seinem Freiheits-Schaffen herausgerissen.

„Dresden d. 11. Februar 1813** ist das


1) s. Brief 20, S. 116.

2) s. die Beilage zu S. 99.


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„Lied der Frauen Ingeborgs" 1) In Luisens Liederbuch datiert. Ende Februar 1813 siedelte er wegen der Kriegsgefahr ganz nach Dresden über. Aber auch diese Stadt verließ er mit den Seinen, als die Franzosen nach dem Siege bei Groß-Görschen (2. Mai 1813) die Verbündeten über die Elbe zurückdrängten.

Miltitz brachte seine Frau und die Cousine Louise nach Böhmen in Sicherheit und zwar nach Karlsbad. Er selbst fand ein Asyl im Schlosse Tetschen beim Grafen Thun, dessen Frau, eine Gräfin Brühl aus Pförten, mit Auguste von Watzdorf in Wien bei den Salesianerinnen erzogen worden war. Schon während des Waffenstillstands waren die beiden Damen in Karlsbad: denn von dort aus schreibt Auguste über die Zersprengung des Lützowschen Freikorps bei Kitzen (17. Juni); Miltitz war am 14. Juli noch in Tetschen 3), aber im August erschien er beim Heere, um seinen Eintritt in die österreichische Armee zu betreiben. Nach der Schlacht bei Kulm traf er mit Fouque zusammen. Dieser erzählt davon in seiner Lebensgeschichte, S. 328:

,,Ein feuriges Kriegs- und Siegeslied erklang aus Fouques jubelnder Seele in dem schönen, blutig errungnen Töplitzer Tal, anhebend:

„Der Sieg schwang seine goldnen Flügel

Durchs Kampfestal,

Und wie Altäre stehn die Hügel

In seinem Strahl."

Karl Borromäus von Miltitz, eben damals beim Heer eingetroffen, um unter den österreichischen Scharen zu kämpfen, verlieh den Worten eine begeisterte Weise, und so wird das Lied wohl noch hin und wieder gesungen." 3)

Am 26. Oktober 1813 trat Miltitz auch formell in die österreichische Armee ein und wurde auf Anordnung des Feldmarschallleutnants von Schustek dem k. k. Dragonerregiment Erzherzog Johann Nr. 1 (heute Dragonerregiment Nr. 9) zugeteilt. 4)

Miltitz selbst schreibt im Rückblick auf die Kriegsereignisse am 27. Juni 1814 aus Carlsbad über die Ursachen seines so späten Eintritts in die Armee und seine Teilnahme am Feldzug folgendes:

„In dem Grade einzutreten, in welchem ich die sächsische Armee verlassen hatte — d. h. als Hauptmann — war in der österreichischen Armee

1) Aus Fouques „Runenschrift" (Dramat. Dichtungen für Deutsche", S. 152).

2) Brief Miltitzens von diesem Tage und Orte an Luise von Watzdorf. Th. v. M.

3) Leider konnte ich diese Weise nicht auffinden.

4) Nach gütigen Mitteilungen des k. k. Kriegsarchivs in Wien.


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fast unmöglich. Ich hatte Zeit genug mit Versuchen es dennoch möglich zu machen versäumt, da ergriff mich nach der Leipziger Schlacht die Schaam, mit so festem Willen dennoch bisher bloss zugesehen zu haben.

Ein Freund des seel. Onkels, der Baron Schustek, 2ter Proprietair des l. Dragonerregiments Erzh. Johann, nahm mich auf mein Ansuchen in dieses schöne und brave, seit Töplitz berühmte Regiment.

Ich verliess mit einem Detachement Prag im Oktober v. J., traf das Regiment im Breisgau, machte mit ihm meine erste Waffenprobe vor Besannen und wurde nach zwei Monaten vom Fürsten Schwarzenberg, dem mich Paul Esterhazy in Töplitz vorgestellt hatte, ins Hauptquartier berufen, im Bureau des Feld-Marschalllieutn. Grafen Radetzky angestellt, dann dem Generalstabe zugetheilt und zum Gen. Maj. im Gen. Quart. Meister- Stabe — unserm Langenau versetzt und endlich — immer im Hauptquartier fixirt, zum 2. Husarenreg. der östr. Teutschen Legion als Ober-Lieutn. transferirt.

Die Affairen von Brienne, Nogent, Bray, Rheims, Troyes habe ich mitgemacht, bin nie blessirt worden und nie einen Augenblick krank gewesen. Meine Anstellung im grossen Hauptquartier war ebenso angenehm und lehrreich; und obschon ich das nicht bin, was die Leute einen Diplomatiker nennen, so habe ich doch vielleicht manches begriffen, was ihn eigentlich macht."


Bald nach der Kapitulation von Paris (31. März 1814) zog er sich vom Heere zurück; schon am 23. April schrieb er, und zwar in sehr niedergeschlagener Stimmung aus Basel an Luise Watzdorf. 1) Hier verweilte er längere Zeit, bessere Stimmung erwartend, gedrückt wohl auch durch die Verhältnisse seiner sächsischen Heimat. Diese Angaben werden bestätigt und ergänzt durch Mitteilungen des k. k. Kriegsarchivs in Wien.

Am 27. Mai 2) bat er „bei gleichzeitiger Einreichung seines Quittierungsgesuches um Urlaub in Familienangelegenheiten nach Sachsen, welcher ihm vom Generalquartiermeister Feldmarschalleutnant Graf Radetzky bewilligt wurde, mit einem Schreiben, worin letzterer bemerkte:

„So sehr es mich freut, Ihnen hierdurch einen angenehmen Dienst zu erweisen, so sehr bedaure ich, durch Ihren Entschluß einen Offizier zu verlieren, der sowohl durch seine Konduite und Kenntnisse, wie durch seinen Diensteifer die volle Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erlangt hat

1) s. Brief 21, S. 119f, .

2) Das genauere Datum nach der in den Händen seiner Tochter befindlichen Ausfertigung. Th. v. M.


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und dessen Verhältnisse Ihn zu meinem Bedauern aus unserer Mitte reißen."

Seine Entlassung aus der k. k. österreichischen Armee wurde ihm am 12. September 1814 „mit Beibehalt des Oberleutnantscharakters" bewilligt. Unterdes war er durch Süddeutschland und Böhmen in die Heimat zurückgekehrt. Fouques Gebet „Herr Gott, Dein Wille soll ergehn**, das dieser einst nach der Dresdner Schlacht auf dem schmerzlichen Rückzug nach Böhmen gedichtet hatte, komponierte er am „29. August 1814 in der Kirche zu Töplitz". Seine Gattin hatte er vorher aus Karlsbad abgeholt (s. den Brief daher vom 27. Juni 1814, S. 42).

So war er erst Anfang September wieder in Scharfenberg. Es stimmt dazu, daß Fouques Brief (Nr. 24), der ihn in den Mauern der Stammburg willkommen heißt, vom 4. September 1814 datiert ist. —


Miltitz nach dem Kriege

Daheim war Miltitz ein herrlich aufblühendes Familienglück beschieden.

Am 12. Mai 1815 wurde ihm seine Tochter Friederike Augusta Maria Crescentia,

am 14. Dezember 1816 sein ältester Sohn Leo Carl Friedrich Siegismund geboren.

Seine Arbeiten bewegen sich in dieser Zeit um die Vollendung der Komposition des Fouqueschen Liederzyklus: „Folko und Isula" 1), um das Fouqu6sche Oratorium (s. oben) 2) und um zwei Opern, die er bei dem ihm befreundeten Berliner Intendanten Grafen Brühl zur Aufführung einreicht. 3) Der für den Frühling 181 5 geplante Besuch Fouques in Scharfenberg kam zunächst nicht zustande, da es Fouques Zartgefühl nicht duldet nach Sachsen zu reisen, während dort eine durch die Teilung des Landes hervorgerufene begreifliche Erbitterung gegen Preußen herrsche.

August Apel.

Aber im Frühling 1816 werden die Vorbereitungen zur Reise nach Sachsen mit neuer Begeisterung aufgenommen und zugleich wird der Kreis der Freunde, die sich auf Scharfenberg treffen wollen, durch die interessante Person August Apels erweitert. Ein neues Lebenselement wird durch ihn dem Scharfenberger Kreise zugeführt. Muß uns Fouque als Abkömmling des militärischen, Miltitz als Sproß des höfischen Dienstadels gelten, so repräsentiert Apel das wohlhabende, hochgebildete Bürgertum jener Zeit, den an den Quellen alter sächsischer Gesittung und Eleganz genährten Leipziger Patrizier.


1) Folko und Isula, Lieder eines Troubadours, Stephan Schützes Taschenbuch für 1814, S. 95 — 102.

2) s. Brief 2, S. 61.

3) s. Brief 38, S. 161.


[54]

Miltitz gab in dieser Zeit das Scharfenberger Burgleben überhaupt auf 1) und trat wieder in die Sphäre des Hofes. Denn seine Gemahlin nahm eine Stellung als Oberhofmeisterin bei der Prinzessin Johann an, und er selbst wurde 1824 Oberhofmeister dieses Prinzen. Damals folgten der ersten Sammlung seiner Erzählungen, die unter dem Titel „Ausstellungen" (2 Bde., Erfurt 1817 — 1820) erschienen war, eine zweite dreibändige unter dem

1) Sein Gedicht „Abschied von Scharfenberg" in Nr. 290 der Abend-Zeitung 1822 ist datiert vom 26. Oktober 1822.


[55]

Titel „Orangeblüten" (Leipzig 1822— 1825). Zugleich wurde er ein einflußreiches und hochgeschätztes Mitglied des Kreises edler und tüchtiger Männer, die der hochgebildete und kunstsinnige Prinz Johann um sich versammelte.

Namentlich mit Friedrich Adolf Ebert (1791 — 1834), dem Begründer der Bibliothekswissenschaft und Literarhistoriker, verband ihn die treueste Freundschaft. 1)

Mit Carl Maria von Weber, dem Meister der romantischen Oper, verkehrte er häufig. 2)

In enge Verbindung trat er auch mit Reissiger, dem er das Textbuch zu der Oper „Die Felsenmühle zu Etalieres" (1831) lieferte. Ebenso dichtete er für den Komponisten Wolfram 3) die Oper „Der Bergmönch". Den Stoff dazu lieferte eine Sage der unmittelbaren Umgebung seines früheren „Rittersitzes". Denn das Textbuch ist betitelt: „Der Bergmönch. Romantische Oper in 3 Aufzügen nach einer sächsischen Bergmannssage bearbeitet von C. B. von Miltitz. Die Handlung spielt in dem Bergdorfe Gruben beim Schlosse Scharfenberg an der Elbe um das Jahr 1635."

Außerdem beschäftigte er sich mit Studien zu einem sächsichen Plutarch und „über die Geschichte der Kapell- und Kirchenmusik, sowie des Theaters in Dresden." 4) Nachdem ihm seine treugeliebte Gattin am 4. Januar 1842 im Tode vorangegangen war, starb er tief betrauert von seinen Kindern 5) und Freunden am 19. Januar 1845. —


1) Miltitzens Briefe an Ebert liegen auf der K. öffentl. Bibliothek zu Dresden, Eberts Briefe an Miltitz sind im Besitze des Freifräuleins Therese von Miltitz.

2) s. Brief 24, S, 127. Miltitzens Anzeige der hinterlassenen Schriften Webers im "Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschallen" 1829, Nr, 22 (s. unten S. 219).

3) Joseph Marie Wolfram, geb. 1789 zu Dobrzan in Böhmen, starb 1830 als Bürgermeister in Teplitz, Komponist zahlreicher Opern. Nach C. M. v. Webers Tod sollte er an dessen Stelle Kapellmeister in Dresden werden, doch wurde ihm Reissiger vorgezogen.

4) Brief Miltitzens an Albert Schiffner vom 8. Julius 1840 aus Pillnitz, Ms. Dresd. h.

5) Folgende Kinder überlebten den Vater:

  • 1. Friederike Auguste Maria Crescentia, geb. zu Dresden am 12. Mai 1815, vermählt am 16. Mai 1835 mit dem preußischen Legationsrat Grafen Arthur Bernstorff. Sie starb am 10. April 1880 in Wedendorf b. Rehna (Mecklenburg-Schwerin).
  • 2. Leo Carl Friedrich Siegismund, geb. zu Scharfenberg am 14, Dezember 1816, gest. zu Nizza am 14. März 1885 als Hofmarschall des Herzogs von Nassau und österreichischer Major a. D.
  • 3. Johanna Amalia Theresia Antonia, geb. zu Dresden am 1. März 1824, vermählt am 10. Juli 1844 mit Albert Friedrich Grafen Vitzthum von Eckstädt, verwitwet um 6. Juli 1860, wiedervermählt am 11. Dezember 1862 mit Otto Grafen Vitzthum von Eckstädt. Sie starb am 1. Februar 1875 zu Schön-Wölkau.
  • 4. Antonia Theresia Clementine Amalia, geb. zu Dresden am 16, November 1827,

[56]

    • früher Hofdame der Königin Amalia von Sachsen , lebt jetzt in Ostorf-Schwerin (Mecklenburg). Ihr ist dieses Buch gewidmet, vgl, auch S. 8.
  • 5. Friedrich Maria Boemund Haubold, geb. zu Hosterwitz b. Pillnitz am 29. August 1829, gefallen bei Magenta am 4. Juni 1859. Th. v. M.



https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

https://archive.org/details/fouquapelmiltit00schmgoog/page/n8/mode/2up?view=theater

Schloss Scharfenberg

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"Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde Scharfenberg für kurze Zeit ein blühendes Zentrum der deutschen Romantik. Um Dietrich von Miltitz und später Karl Borromäus von Miltitz versammelten sich die führenden Köpfe dieser Epoche (1800 - 1824). Novalis, Friedrich de la Motte Fouqué, Johann August Apel, E.T.A. Hoffmann, Theodor Körner, und andere Zeitgenossen fanden sich in den Schlössern Scharfenberg, Siebeneichen und Batzdorf zum sogenannten „Scharfenberger Kreis“ zusammen. Wegen seiner wildromantischen Lage, war Schloss Scharfenberg vor allem für die Maler jener Zeit ein besonderer Anziehungspunkt. Ferdinand Oehme, der Norweger Thomas Fearnley, Christian Clausen Dahl oder Caspar David Friedrich gehörten zu den gern gesehenen Gäste." https://www.schloss-scharfenberg.de/de/#geschichte


"Von 1403 bis 1941 war sie [die Burg Scharfenberg] im Besitz derer von Miltitz. ... Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde Schloss Scharfenberg durch die kunstliebende Familie von Miltitz (mit Dietrich von Miltitz und Karl Borromäus von Miltitz) zu einem Zentrum der Romantik (als sogenannter „Scharfenberger Kreis“), u. a. mit Christian Gottfried Körner, Friedrich de la Motte Fouqué, Johann August Apel und E.T.A. Hoffmann. Schloss Scharfenberg war wegen seiner wildromantischen Lage vor allem für die Maler Ernst Ferdinand Oehme, den Norweger Thomas Fearnley, Johan Christian Clausen Dahl und Caspar David Friedrich geliebtes Motiv." w:de:Schloss Scharfenberg August 1783 Palas durch Blitzschlag abgebrannt - 1823 Abbruch des Palas


"Nach einem verheerendem Brand 1783 bauten die Miltiz ihren Besitz sukzessive im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wieder auf. Zugleich wuchs Schloss Scharfenberg zu einem Zentrum der deutschen Hochromantik – die „Blaue Blume“ in den Ruinen, der wildromantischen Anlage mit ihren geheimnisvollen Gärten zu suchen? Dietrich und später K. Borromäus von Miltitz versammelten um sich führende Köpfe dieser romantischen Epoche. Zum „Scharfenberger Kreis“ gehörten Novalis, E.T.A. Hoffmann, Theodor Körner und viele andere. Wegen seiner berauschenden Lage war Scharfenberg auch für Maler jener Zeit ein Anziehungspunkt und beliebtes Motiv. F.Oehme, C.C. Dahl, Kaspar David Friedrich verewigten das Schloss auf dem Felssporn auf ihren Gemälden die in großen Galerien zu sehen sind." https://www.baeumler-agentur.de/artikel/architektur/172-schloss-scharfenberg


"Der nordöstliche, zur Elbe weisende Palas wurde durch einen Blitzschlag 1783 zerstört. 1812 bis 1824 versammelte sich ein bedeutender Romantikerkreis auf Schloss Scharfenberg, darunter Novalis, E.T.A. Hoffmann, Theodor Körner, der Dichter Friedrich de la Motte Fouqué und die Maler Moritz und August Retzsch. Bis 1935 Wohnschloss, danach leer stehend." http://mdm2.mdm-online.de/LGSuche_load.do?pk=%2523xIeJlYWgVho%253D


Scharfenberg: malerisch-romantische Ruine seit August 1783

1795 kam die Burg Scharfenberg in den Besitz von Dietrich von Miltitz

sein Stammsitz Siebeneichen wurde durch seine Bestrebungen um 1812 Mittelpunkt der deutschen Hochromantik

er stellte seinem kunstsinnigen Couisin die halbverfallenen Burg Scharfenstein zur Verfügung --> 1812 bis 1824 Kreis romantisch-patriotischer Männer


An der Bundesstraße 6 von Dresden nach Meißen befindet sich fast unentdeckt auf einem bewaldeten Felsvorsprung eine der ältesten Burganlagen Sachsens. Im 13. Jahrhundert erstmals genannt, diente die Burg Scharfenberg wahrscheinlich als befestigter Ausgangpunkt bei der Kolonisierung slawischer Siedlungsgebiete. Untersuchungen konnten jedoch durch einen Bergfried und eine Zisterne aus dem 12. Jahrhundert eine wesentlich frühere Entstehungszeit bestimmen. Fest steht, dass Scharfenberg im 13. Jahrhundert bereits vollendet war und in der Folgezeit vor allem die Handelswege sowie die reichen Silbervorkommen der Gegend schützte und deshalb häufig zum Streitobjekt zwischen den Meißner Bischöfen und dem Markgrafen von Meißen wurde.

Die Burg Scharfenberg befand sich an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert in der Hand der Markgrafen. Vom Anfang des 15. Jahrhundert bis 1941 war sie im Besitz einer der bedeutendsten Adelsfamilien Sachsens, derer von Miltitz, sofern diese die Burg nicht wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten zeitweilig verpfändeten oder veräußerten. Zwischenzeitliche Besitzer waren ein Ritter von Vitzthum (der durch seine kühnen Raubzüge bald einen gefürchteten Namen erlangte) und die Herren von Schleinitz.

Im 16. Jahrhundert wurde auf den Resten der alten Anlage ein neues Schlossgebäude errichtet. Nach der Eroberung und teilweisen Zerstörung durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg war es Haubold von Miltitz, der 1654 einen umfassenden Um- und Ausbau vornahm. Das Schloss hat seine Form bis in die heutige Zeit erhalten, wobei man beim Südost- und Nordwestflügel ältere Gebäudeteile aus dem 14. Jahrhundert einbezog. 1783 brannte der zur Elbe gerichtete Hauptteil des Schlosses einschließlich der Kapelle infolge eines Blitzeinschlags ab und musste abgetragen werden.

Die ursprüngliche Burganlage war jedoch wesentlich verteidigungsgünstiger aufgebaut, als es das heutige Schloss erwarten lässt. Die beiden tief eingeschnittenen Seitentäler nutzend, breitete sich die Burg auf dem geräumigen Bergsporn hoch über der Elbe aus. Vom Hinterland war das Areal durch einen noch heute sichtbaren Abschnittsgraben getrennt. Der Eingang lang nicht an der gegenwärtigen Stelle, sondern auf der Längsseite im Nordwesten. Dort sind auch die ältesten Gebäude zu vermuten. In der Hofmitte gruben Burgenforscher das Fundament eines mit 11 Metern Durchmesser und vier Metern Mauerstärke mächtigen Bergfrieds aus. Eine Zisterne aus dem 12. Jahrhundert diente der Wasserversorgung. Bereits im 14. Jahrhundert nutzte man sie jedoch als Abfallgrube.

Der heutige Besucher betritt die Anlage, die von einer Ringmauer umgeben ist, durch zwei innen offenen Tortürme, an deren Stelle sich einst wohl eine Zugbrücke befand, und durch eine Durchfahrt mit Sterngewölbe aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. An der Hofseite der Durchfahrt befindet sich ein Portal in romanischen Formen. Der Rundturm zwischen Eingang und dem Südostflügel nahm das Burgverlies auf. Giebel und Fenstereinfassungen des Schlosses sind von der Renaissancearchitektur geprägt. Besonders beeindruckend ist das markante Zwerchhaus am Westflügel. Dem auf der Gegenseite befindlichen Südostflügel ist ein durch Sandsteinsäulen getragener hölzerner Laufgang vorgelegt. Im Südostflügel hat sich die Schwarzküche mit einem steinernen Herd erhalten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts versammelten sich in den Schlössern Scharfenberg, Siebeneichen und Batzdorf bedeutende romantisch-patriotisch gesinnte Literaten und Künstler, wie Novalis, E.T.A. Hoffmann, Theodor Körner u.a., die durch den "Scharfenberger Kreis" Bekanntheit erlangten.

Seit 1997 befindet sich Schloss Scharfenberg in Privatbesitz. Der neue Eigentümer hat zwischenzeitlich viel persönliches Engagement investiert, um die alte Bausubstanz zu erhalten und zu restaurieren. In den Räumen des Schlosses finden regelmäßig Konzerte und Vorträge statt, mit denen die Ideen des Künstlerkreises fortgesetzt werden.

http://www.heykodehn.de/scharfenberg.htm


[35]

Burg Scharfenberg

Fast zu derselben Zeit gewann aber auch die andere Seite der Romantik, die Erneuerung mittelalterlich-ritterlichen Lebens, für Miltitz eine früher nicht geahnte Realität. Die Güter Neukirchen und Steinbach, die Carl von Miltitz gemeinsam mit seinen Brüdern Alexander und Friedrich besaß, waren schwer zu verwalten, da Alexander in Bayern lebte, Friedrich im österreichischen Heere diente. So wurden sie 1812 verkauft. Da aber das junge Paar das Stadtleben nicht liebte, wurde nach langen Verhandlungen mit dem Vetter Dietrich von Miltiz auf Siebeneichen, einem der edelsten Männer, die das damalige Sachsen hervorgebracht hat, ein Abkommen getroffen, daß Carl in dem halbverfallnen, nur notdürftig hergerichteten Schlosse Scharfenberg sein Heim aufschlagen konnte. Mitten im Winter siedelte der junge Haushalt in die unwirtlichen Räume der alten Burg über.


Burg Scharfenberg liegt etwa eine Stunde südöstlich von Meißen hoch über dem Elbststrom auf einem fast ringsum isolierten Hügel. Eine im 17. Jahrhundert am Gemäuer angebrachte Inschrift nennt das Jahr 938 als das der ersten Erbauung der Burg, und man möchte in der Tat meinen, daß der strategisch wichtige Punkt im Zeitalter der Eroberung dieses Geländes durch die Deutschen eine Rolle gespielt haben müsse. Aber der Name Scharfenberg kommt weder in den Urkunden der Markgrafen, noch in denen der Bischöfe des 10. und 11. Jahrhunderts vor. Und so liegt denn die Vermutung nahe, daß die Burg erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts, als der Freiberger Erzbergbau sich in diese Gegenden ausbreitete, erbaut worden sei zum Schutze der nahen „Gruben" — so heißt das hinter dem Schloße liegende Dorf — und daß sie von dem bergmännischen „schürfen" den Namen erhalten habe.

Die erste Urkunde, die ausdrücklich das castellum Scharphenberg nennt, ist von 1227. War es damals samt den Silbergruben noch kaiserlich, so kam es doch noch in demselben Jahrhundert in den Besitz der Meißner Bischöfe. und diese wieder verliehen es an das seit 1186 urkundlich beglaubigte Geschlecht derer von Maltitz oder


[36]

Miltitz. Zuerst im Jahre 1389 erscheint ein Miltitz zu Scharfenberg, und seitdem ist das Schloß mit geringen Unterbrechungen immer in den Händen dieses altberühmten Geschlechts geblieben. Aber freilich von dem alten Bau ist heute nicht mehr viel übrig: nur die Grundmauern und die Keller und Verließe. Denn die alte Burg wurde 1645 von den Schweden beim Zuge Königsmarcks zerstört Die jetzigen Gebäude, die mit ihrem roten Ziegeldach schon von fern aus den grünen Wipfeln des Bergs

Scharfenberg nach einer Originalphotographie. Im rechten Vordergrund die Elbe.

den Wanderer grüßen, sind erst nach dem Westfälischen Frieden von Haubold von Miltitz wieder aufgebaut und 1653 vollendet worden. 1783 schlug der Blitz in den nach der Elbe zu gelegenen Teil der Burg und zerstörte durch Feuer das die beiden Flügel verbindende Gebäude samt der Burgkapelle und Teilen der Flügel. Demnach lag die Veste noch zur Hälfte in Trümmern, als Carl von Miltitz 1812 dahin übersiedelte. Nur das Torgebäude und die anstoßenden Teile der Flügel waren einigermaßen bewohnbar. Späterhin hat dann Georg von Miltitz (f 1874) viel für die Erhaltung der Burg getan, und neuerdings der jetzige Besitzer Freiherr Alfred von Miltitz, der auch die Flügel wieder herrichten ließ.


[37]

So wird Scharfenberg voraussichtlich noch jahrhundertelang das wichtigste Kleinod der Romantik des sächsischen unteren Elbtals bleiben. Namentlich der im ersten Stock des Torbaus liegende, in den folgenden Briefen öfters erwähnte Saal und das anstoßende runde Turmzimmer sind ganz unversehrt erhalten. Nächst diesen Räumen und dem stillen Burghofe, der nur von dem plätschernden Brunnen widerhallt, ist am eindrucksvollsten der vor beiden Flügeln an der Stelle der Burgkapelle entstandene halbverwilderte Garten. Eine niedere Pforte leitet hinein, darüber steht das schöne Distichon:

Nobilis haec quondam gentis celeberrima sedes

Fracta ruat, virtus si modo prisca manet.

„Drinnen aber wuchert zwischen blühenden Rosen tausendzüngiger Epheu und stützt hilfsbereit mit seinen Wurzelfasern das bröckelnde Gestein; andere Schlingpflanzen klettern an uralten Linden empor und lugen neugierig ins Nest der Holztaube, die auf dem äußersten Wipfel girrt. Zu unseren Füßen aber breitet sich ein wunderliebliches Landschaftsbild aus. Da schlängelt sich in grüne Ufer eingebettet der Elbstrom mit seinem Schiffsverkehr, den man stundenweit verfolgen kann. Jenseits liegen stattliche Dörfer und größere Ortschaften, die sich teils der schwarzen Randlinie der Burggrafenheide und des Friedewaldes anschmiegen, teils bis in das Innere der dunkeln Waldmasse hineindringen. Nach Süden zu begrenzt den Blick das Häusermeer der Lösnitz, bei hellem Wetter sieht man auch die Türme von Dresden, nach Norden zu den zerrissenen, Wein- und Villen tragenden Fels des Spargebirges." 1)

1) s. meine Kursäcbs. Streifzüge, III, 328 f.


https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

https://archive.org/details/fouquapelmiltit00schmgoog/page/n8/mode/2up?view=theater

Novalisweg

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Frühlingsspaziergang 2019 entlang des Novalisweges

Am 27. April veranstaltet das Meißner Hahnemannzentrum gemeinsam mit dem BUND Regionalgruppe Meißen, der BI „Bürger für Meißen – Meißen kann mehr“ und dem Kulturkreis Schloss Scharfenberg seinen Frühlingsspaziergang entlang des Novalisweges vom Schloss Siebeneichen durch die Bockwener Delle über das Rehbocktal und das Batzdorfer Totenhäuschen zum Schloss Scharfenberg. Ziel ist es, einwenig tiefer in die Geschichte der Frühromantik einzusteigen, die mit Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis (1772-1801), einen ihrer glanzvollsten Vertreter fand. Novalis war ein Universalist, Denker und Poet von besonderer Bedeutung. In Dietrich von Miltitz fand er einen nur wenig älteren Freund und weilte öfter auf Schloss Siebeneichen.

https://www.buerger-meissen.de/wp-content/uploads/2019/04/Fr%C3%BChlingsspaziergang-entlang-des-Novalisweges-4-19-Kurzfassung.pdf

Scharfenberger Kreis

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Friedrich Schlegel förderte im Jahre 1809 den Heldenkampf Öster- reichs gegen Napoleon durch schwungvolle Aufrufe, August Wilhelm Schlegel war während des Freiheitskrieges als Publizist im Haupt- quartier der Nordarmee, die jüngeren vertauschten die Leier mit dem Schwert, und Fichte, der philosophische Beirat der Roman- tiker, der 1793 die französische Revolution gegen die europäischen Kabinette verteidigt hatte, stellte im Winter 1807 in seinen „Reden an die deutsche Nation" das neue Ideal des charaktervollen, zur sittlichen Freiheit aufstrebenden Deutschen auf, stand selbst als Landwehrmann in Reih und Glied und besiegelte sein „Deutschsein" mit dem Tode am Lazarettlieber, das er sich als freiwilliger Krankenpfleger zugezogen hatte (27. Januar 1814). So folgte der weichlichen Epoche der Frühromantik die heroische der Freiheits- kriege. Es war nichts Kleines, jene Wandlung „von dem Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern" zu dem entsagungsvollen, bittern Soldatenelend jener Tage. Und wahrlich, nicht nur die in süßer Sehnsucht und Selbstvergötterung dahindämmernden Genuß- menschen der Frühromantik verdienen unser Interesse, sondern auch die männlicheren, dem Reitertod fürs Vaterland entgegenbrausenden Dichter der zweiten Epoche. Diese haben die neue Geistesart aus einer gewissen sittlichen Versumpfung emporgerissen und haben in tiefernster Religiosität und straffer Zucht wirklich brauchbare Bausteine herbeigeschafft zum Wiederaufbau des Vaterlandes.


Zu dieser Gruppe von Männern gehört Friedrich de la Motte Fouque. Heute wird er höchstens noch ab Dichter der „Undine" genannt. Aber in der großen Zeit von 1812 bis 1818 gehörte er zu gelesensten Dichtern und zu den verehrtesten Männern der Nation. Nicht nur seine Dichtungen standen bei den Zeitgenossen in hohem Ansehen, sondern auch seine Briefe, die die Eigenart, die geistige Regsamkeit und die vielfaltigen Verbindungen dieses Mannes am treuesten widerspiegeln. Leider sind nur wenige von ihnen gedruckt. Max Koch, der Herausgeber einer kleinen Auswahl Fouquescher Dichtungen in der Deutschen Nationalliteratur, Bd. 146, I, S. LXXIX sagt: „Briefe von Fouque sind, obwohl Rahel, von ihrer Ruhe und so sanft ausfließenden Innig

[8] keit entzückt, 1809 erklärte, schönere Briefe als Fouque schreibe kein Mensch, die Handschrift müsse sich ordentlich nach den köstlich fallenden Worten richten, bis jetzt nur wenige veröffentlicht.

Das ist richtig, obwohl zu den bei Gödecke VI, 116, verzeichneten 28 Briefen 1898 noch 14 Briefe an den Leipziger Adolf Wagner und 7 Briefe an Goethe hinzugekommen sind. Unter diesen - Umständen gewinnen die 53 ungedruckten Briefe Fouques, die das Freifräulein Therese von Miltitz aus dem Nachlasse ihres Vaters des Freiherrn Carl Borromäus von Miltitz sorgsam bewahrt und mir zur wissenschaftlichen Bearbeitung und Herausgabe anvertraut hat, den Wert eines kleinen Schatzes, zumal diese Briefe gerade aus der besten Zeit Fouques (i8l2— 1818) stammen und sich durch gleichzeitige Briefe seiner mit ihm vorwärtsstrebenden sächsischen Freunde Carl Borromäus von Miltitz, August Apel und Moritz Retzsch und durch allerhand wertvolle Familienaufzeichnungen ergänzen lassen, die mir gleichfalls gütigst zur Benutzung überlassen worden sind. So formt sich dem Leser dieser nach der Zeitfolge geordneten Briefe und Notizen ein Gesamtbild des Wesens und Strebens dieses persönlich um Fouque, räumlich um das ehrwürdige Schloß Scharfenberg gruppierten romantischen Kreises, der für das gesamte deutsche Geistesleben eine Zeitlang von Bedeutung, für die Romantik in Sachsen überhaupt der wichtigste Kreis gewesen ist. Außerdem blickt die Geschichte der großen Zeit überall zwischen den Zeilen durch, ja oft bildet sie den eigentlichen Inhalt der Briefe, und der Herausgeber hat sich durch Anmerkungen bemüht, den Zusammenhang der Begebenheiten im Leser lebendig zu erhalten. Doch bevor wir in die kleine Welt dieser Briefe selbst eintreten, muß Fouques Werdegang und seine Bedeutung für die deutsche Literatur kurz dargelegt und dafür gesorgt werden, daß auch die anderen auftretenden Hauptpersonen Miltitz, Apel und Retzsch dem Leser nicht als Fremde entgegentreten.


[49]

Der Romantikerverein in Scharfenberg im Juni und Juli 1816.

Das also waren die Menschen, die sich im Juni und Juli 1816 in den schlichten Gemächern des ehrwürdigen Schloßes Scharfenberg begegneten und dort mit all dem Feuer, dessen solche romantische Idealisten fähig sind, ihre Persönlichkeiten wechselseitig aufeinander wirken ließen.

Freilich, Fouque traf wider den ursprünglichen Plan so spät in Scharfenberg ein, daß Apel, der am 10. Juni zu einem vorläufigen, am 16. zu einem längeren Besuche mit seiner jungen Be- gleiterin Minette von Ploetz 1) auf dem Schloße angekommen war, schon wieder (2. Juli) nach Leipzig abgereist war.

Aber da Fouque, der vom 3. bis 25. Juli in Scharfenberg blieb, noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Scharfenberger Wochen vom 26. bis 29. Juli Apels Gast in Ermlitz war, so sind auch zwischen Fouque und Apel die Ideen, die damals den gesamten Freundeskreis bewegten, genügend ausgetauscht worden (s. u. S. 52).

Apel hat bei seiner ausgesprochnen Neigung für Wunderbares und Seltsames von dem Aufenthalte in der Burg viel Anregung genossen. Er selbst notiert in seinem Tagebuche unter dem 17. bis 22. Juni 1816: Stoff zu bearbeiten habe ich gefunden und bekommen:

  • 1. die vom Blitz geänderte Grabesschrift der Gräfin Zomoiska(?): Damnata est. Ich habe die Erzählung schon skizziert.
  • 2. Ein Gemälde bei dem Grafen Thun, ein schönes Mädchen mit eisernem Halsband, wovon aus Ketten an die Hände gehn. Der Schloßherr hält das Bild geheim, will es nicht zu achten scheinen und hat doch ein Grauen dafür. 2)
  • 3. Der Totenkopf, der immer wieder kommt, in Siebeneichen oder Naustadt. 3)
  • 4. Die Geisterseherin (Mutter der Fr. v. Rauschendorf). Sie sieht im Winkel vorbedeutende Erscheinungen. Eine andere Ge- seherin ist eine Verwandte des Malers Retzsch, die Niemand kennt. Sie hat Visionen, wehrt ab und ruft: „Du hast keinen Theil an mir.*' —

Auch das Burgverließ in Scharfenberg hat Apel, um die süßen Schauer der Vorzeit zu kosten, besichtigt.

„Es ist grausig genug.

1) Apel liebte es (S. 45) junge Mädchen um sich zu haben. Minette von Ploctz hatte er nach der Notiz seines Tagebuchs vom 9. Juni 1816 als „Hündchen" mitgenommen.

2) Diesen Stoff halte Apel von Miltitz erhalten, der mit dem Grafen Thun auf Tetschen befreundet war.

3) Die bekannte Sage vom Totenhäuschen in Batzdorf, s. Meiche, Sagenbuch des Königreichs Sachsen, S. 250 f.


[50]

Durch eine sehr enge Thür am Fuße des Turms kommt man an eine schmale Treppe, die mit sehr hohen Stufen ein Stück unter die Erde führt. Nun kommt man durch einen kurzen engen und niedrigen Gang zu einer zweiten Thür, die noch niedriger ist. Hier ist man sogar von der Treppe verlassen und eine Leiter von ungefähr 8 Sprossen, die von der Feuchtigkeit des Gewölbes tropfen, führt zu dem zweiten Absatz, von welchem man auf einer Treppe zu dem dritten hinabsteigt. Hier führt eine ganz niedrige Thür zu dem eigentlichen Burgverließ."

Apel verstand es, auf solchen Gängen, die in seinem Wirt ohnehin schon vorhandene Neigung zum Wunderbaren noch zu verstärken. Unter Apels Einfluß begann Miltitz eine Reihe kleiner Novellen abzufassen, in denen das Geisterreich eine hervorragende Rolle spielt. Einheimische Sagen, wie z. B. die vom Bergmönch in der Silbergrube des benachbarten Dorfes Gruben wurden dabei bevorzugt.

Das im Frühling 1817 bei Göschen in Leipzig von Fouque und Laun herausgegebene 3. Bändchen des „Wunderbuches" enthält 3 Novellen von Miltitz 1): „Der Bergmönch" 2), „Muhme Bleich" und „Friedbert", von denen die mittelste am besten gelungen ist.

Einen tiefen Eindruck auf Apels Gemüt machte auch ein an sich unbedeutendes Ereignis. Die Schloßkapelle von Scharfenberg und die daran anstoßenden Teile der Flügel lagen seit dem Brande von 1783 in Ruinen. An der Stelle der Kapelle lag der oben S. 37 beschriebene aussichtsreiche Garten. Aber am 27. Juni stürzte ein Teil der Ruinen ein,

„der Platz, wo wir noch vor wenig Tagen gesessen hatten, war verschüttet und zerschlagen, daß die ganze Bastei zerschmettert war." 3)

Apel empfand dabei eine Ahnung seines nahen Todes. 4) Auch das schlichte Gedicht, mit dem er am 2. Juli von Scharfenberg Abschied nahm, atmet diese Stimmung. Die mittlere Strophe lautet:


Nehmt altersgraue Massen

Des Pilgers Abschiedsgruß,

Der viele Lieben lassen

Mit banger Seele muß.

1) s. Brief 51, S. 186.

2) s. S. 55.

3) Nach Apels Tagebuch in Ermlitz.

4) Apel schrieb in diesem Sinne über das Ereignis an Laun, vgl. dessen Memoiren II, S. 25 f., wo überdies Miltitzens Wohnung falsch angegeben ist, s. oben S. 38 f.


[51]

Die bange Ahnung erfüllte sich sehr bald: einen Monat später befiel den 45jährigen Mann eine tückische Halsbräune, der er am 9. August 1816 erlag. Unmittelbar nach seiner Heimkehr aus Scharfenberg hatte er noch die Vorrede zum 2. Teile seiner „Metrik" geschrieben und unterzeichnet: „Geschrieben Leipzig d. 4. des Julius 1816. Der Verfasser." Aber die Vollendung des bedeutenden Werkes im Druck war ihm nicht mehr beschieden. Sie besorgte, wie aus der der Vorrede folgenden Nachschrift hervorgeht, sein Freund A. W., das ist Adolf Wagner (Goedecke VI,

August Apel nach dem Ölgemälde von Moritz Retzsch (s. S. 48),


455—457). Dieser sagt a. a. O. von Apel:

„Welch ein Schatz von Tiefe und Klarheit, von Freiheit und Reichtum des Geistes, von anspruchsloser, liebenswürdiger Mitteilsamkeit, kurz von großartiger Bildung — nicht untergegangen, nein, in der Brust seiner Freunde als theures Erbe von ihm niedergelegt, nun als Denkmal seiner innern und äussern Gediegenheit sich aufbaut, — dies verträgt und braucht keine weitere Anzeige als diese, welche auch so der Theilnahme der Würdigsten und Besten gewiss ist" (s S. 187 f.).

Sehr bald nach Apels Abreise, am 3. Juli traf Fouque mit seiner Tochter Marie in Scharfenberg ein. Mit ihm zugleich war Retzsch Miltitzens Gast. Der Tageslauf vollzieht sich nach einem festen Plane. Früh gegen 6 oder 7 wird aufgestanden, das Früh-


[52]

Stück vereint die Herren mit den Damen im Turmzimmer oder im Garten, dann wird gelesen, gesprochen oder gearbeitet. Dazwischen werden Übungen im Speerwurf eingeschoben. Um 2 Uhr ißt man zu Mittag; danach wird wieder gearbeitet.

Fouque z. B. hat damals in Scharfenberg das Vorspiel zu seinem „Herrmann" („Die Jahresfeier der Winfeldschlacht") gedichtet. In der ganzen Szenerie dieses Dramas erkennt man die unmittelbare Umgebung des Schlosses, den dahinter aufsteigenden Bergwald mit seinen Hügeln und Klippen wieder.

Der Abend gehörte wieder dem künstlerischen Austausch, unter der lebhaftesten Teilnahme der Damen, in dem großen runden Turmzimmer des ersten Stockes. Die Dichtungen wurden vorgelesen, die dazu gehörigen Zeichnungen Retzschens gezeigt, die Lieder gesungen, wozu wohl Luise von Watzdorf die Harfe spielte. 1) Die Unterhaltung behandelte die höchsten Fragen der Religion und Poesie, von der Einheit der Künste, von der Zukunft der deutschen Oper und des deutschen Dramas.

Als Fouque das in Scharfenberg gedichtete Vorspiel zum „Herrmann" auf der Heimreise

,,dem dichterischen Freunde August Apel auf dessen Landgut Ermlitz bei Leipzig vorlas, meinte der, es müsse sich zu der Aufführung eine große Genossenschaft verbünden, unter fürstlich grandiosem Schutz, und die Bühne kein Brettergerüst sein, sondern ein freies Waldtal, etwa im Harz, keine Zuschauer erforderlich als die zufällig frei zusammenströmenden, die Darstellenden aber sich frei genügen lassend ohne Rücksicht auf jene am kindlich kühnen Spiele der Darstellung selbst, von Waffenübungen keck durchwoben. 2)

Wie modern muten uns diese Ideen der Scharfenberger Romantiker an! Sie haben wenigstens teilweise in Wagners Bayreuther Bühne ihre Erfüllung gefunden, teilweise sind sie in den immer wieder auftauchenden Plänen zu deutschen Nationalfestspielen wieder zum Leben erwacht.

Am 23. Juli nahm Fouque Abschied von der gastlichen, lindenumrauschten Burg. Wehmütig klingt auch sein Abschied von Scharfenberg im „Burglied" (Gedichte II, 87 f.):

„Wo blieb der Hain, der Bergeshain,

Durchsichtig hell im Sonnenschein? —

Die Ebne dehnt sich weit umher:

Ich seh' den Hain nicht mehr.


Wo blieb die Burg, das Heldenhaus,

Durchweht von lieblich ernstem Graus?

Das liegt so fern, so ungesehn,

Und meine Seufzer wehn.


1) Vgl. den Brief von Retzsch an Luise von Watzdorf unten Nr. 71, S. 218 f.

2) Fouque, Lebensgeschichte, S. 345.


[53]

Wo strahlt wie süßes Mondenlicht

Des holden Burgfrau Angesicht?

Es lächelt über ferne Au'n,

Im Lied nur kann ichs schaun.


Wo hebt der Burgherr Speer und Schild?

Wo preist er Gott in Liedern mild?

Ich hört ihm zu manch schönen Tag;

Nun tön ichs fernher nach . . .*^


Und in der Tat bezeichnet der Scharfenberger Aufenthalt Fouques im Sommer 1816 auch den Höhepunkt seiner Freundschaft mit Miltitz, die sich in den nächsten Jahren, zuerst fast unmerklich, zu lockern begann.

Die Auflösung des Scharfenberger Romantikerkreises

Zwar hat im März 1817 Miltitz, der zur Aufführung seines romantischen Singspiels „Wie man lieben muß" nach Berlin gefahren war, mit Retzsch zusammen Fouque in Nennhausen besucht, aber nicht lange darauf lassen die Briefe die ersten Symptome der Entfremdung zwischen beiden erkennen, die sich steigerte, als Miltitz im Herbste 1819 eine Studienreise nach Italien unternahm, die ihn auch den größten Teil des Jahres 1820 von der Heimat fernhielt.

„Wir stimmen nicht mehr zusammen. Welche unendliche Wahrheit liegt in dieser Phrase! Wer weiß, wer zuerst übertrat über die unendlich feine Grenze der reinen Harmonie, genug, sie ist überschritten. Zwischen uns steht etwas, das ich nach der genauesten Prüfung meiner selbst an Fouque für Unnatur erkenne und weder achten noch teilen kann — ich meine Frömmelei, jene Manier, die sich in sein Leben wie in seine Dichtungen eingeschlichen." )

So war also auch Miltitz der Ansicht, daß Fouque ein anderer geworden sei. Es mag wohl so gewesen sein, aber auch der Zeitgeist hatte eine Wandlung erfahren, und die war an Fouque spurlos vorübergegangen, während sich Miltitz ihr nicht grundsätzlich verschloß. Er war, wie schon oben gesagt wurde, bei aller Begeisterung für die Romantik auch verstandesmäßigen Erwägungen zugänglich, die als die große Zeit der Freiheitskriege vorüber war, in ihm die Oberhand gewannen. Überdies hat er nie aufgehört, Fouque menschlich zu verehren, und nichts war ihm widerwärtiger, als wenn Geister zweiten und dritten Ranges verächtlich von Fouque sprachen:

„Ist auch der edle Schwan flügellahm, so werden jene Enten und Gänse ihn wahrlich nicht überfliegen." 2)

Fouque selbst empfand die allmähliche Auflösung seiner Freundschaft mit dem Scharfenberger Kreise schmerzlichst. Seine Sehnsucht nach den alten Verhältnissen bezeugt ein der Schloßherrin

1) Aus einem Briefe an die Gattin aus Neapel vom 7. Februar 1820. Tb. v. M.

2) Aus einem Briefe Miltitzens an seine Gemahlin aus Neapel, am 21. Februar 1820. Th. V. M.


[54]

von Berlin aus im Jahre 1818 gesendetes Geburtstagsliedchen, das sich in der Siebeneichener Bibliothek erhalten hat, während der beigefügte 1. Band des „Altsächsischen Bildersaals: Herrmann, ein Heldenspiel" trotz der eigenhändigen Widmung des Dichters an „seine verehrte Freundin Auguste von Miltitz geborene von Watzdorf" jetzt in der Königl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden liegt. Das Liedchen lautet:

Wann der vierte Februar

Streut des Frühlings junge Rosen,

Bringt ein süß glückwünschend Kosen,

Liebumrankt vom Kindespaar,

Carl der holden Gattin dar.


Dann auch Ihr, o farb'ge Reihn

Meiner Sänger, Frau'n und Helden

Wollt der Festeskönigin melden.

Wer durch Flur und Tal und Hain

Sehnend schaut zum Burggestein.


Vieles wogt hier schön und bunt;

Doch es muß im prächtigen Reigen

Meist die tiefste Seele schweigen:

Ach, die täte gern sich kund

In des Turmgemaches Rund.


Als er mit seiner Gemahlin Caroline 1822 wieder einmal in Meißen gewesen war und an dem Wohnsitze seines ehemaligen Freundes vorüberfuhr, sprach diese auch seine Empfindung aus mit den Worten:

„Liebes Scharfenberg! Stilles, ernstes Schloß! Die Zeit hat an dir, wie an allem, gerüttelt, was die mächtige bauet und zerstört. Bewundernd sieht der Vorüberreisende zu dir auf. Ein geheimer Zug hält den Blick, hält die Seele fest. Viele ahnden, einige wissen, welch lieblich verborgenes Leben deine Zinnen schirmen. Werden Burgzimmer und Säle auch den Wechsel des fortrollenden Lebens erfahren? Werden Liebe, Kunst und sanfte Freundschaft länger ihren Altar hier nicht aufbauen und schiebt das verschlungene Dasein diesen wirklich von seiner alten Stelle? War es Ahndung oder Erinnerung, was mir im Vorüberfahren die Tränen ins Auge lockte? Vielleicht beides; denn prophetisch sagt uns Wehmut stets, daß das Alte nicht wiederkehrt."

Miltitz gab in dieser Zeit das Scharfenberger Burgleben überhaupt auf 1) und trat wieder in die Sphäre des Hofes. Denn seine Gemahlin nahm eine Stellung als Oberhofmeisterin bei der Prinzessin Johann an, und er selbst wurde 1824 Oberhofmeister dieses Prinzen. Damals folgten der ersten Sammlung seiner Erzählungen, die unter dem Titel „Ausstellungen" (2 Bde., Erfurt 1817 — 1820) erschienen war, eine zweite dreibändige unter dem

1) Sein Gedicht „Abschied von Scharfenberg" in Nr. 290 der Abend-Zeitung 1822 ist datiert vom 26. Oktober 1822.


[55]

Titel „Orangeblüten" (Leipzig 1822— 1825). Zugleich wurde er ein einflußreiches und hochgeschätztes Mitglied des Kreises edler und tüchtiger Männer, die der hochgebildete und kunstsinnige Prinz Johann um sich versammelte.

Namentlich mit Friedrich Adolf Ebert (1791 — 1834), dem Begründer der Bibliothekswissenschaft und Literarhistoriker, verband ihn die treueste Freundschaft. 1)

Mit Carl Maria von Weber, dem Meister der romantischen Oper, verkehrte er häufig. 2)

In enge Verbindung trat er auch mit Reissiger, dem er das Textbuch zu der Oper „Die Felsenmühle zu Etalieres" (1831) lieferte. Ebenso dichtete er für den Komponisten Wolfram 3) die Oper „Der Bergmönch". Den Stoff dazu lieferte eine Sage der unmittelbaren Umgebung seines früheren „Rittersitzes". Denn das Textbuch ist betitelt: „Der Bergmönch. Romantische Oper in 3 Aufzügen nach einer sächsischen Bergmannssage bearbeitet von C. B. von Miltitz. Die Handlung spielt in dem Bergdorfe Gruben beim Schlosse Scharfenberg an der Elbe um das Jahr 1635."

Außerdem beschäftigte er sich mit Studien zu einem sächsichen Plutarch und „über die Geschichte der Kapell- und Kirchenmusik, sowie des Theaters in Dresden." 4) Nachdem ihm seine treugeliebte Gattin am 4. Januar 1842 im Tode vorangegangen war, starb er tief betrauert von seinen Kindern 5) und Freunden am 19. Januar 1845. —


1) Miltitzens Briefe an Ebert liegen auf der K. öffentl. Bibliothek zu Dresden, Eberts Briefe an Miltitz sind im Besitze des Freifräuleins Therese von Miltitz.

2) s. Brief 24, S, 127. Miltitzens Anzeige der hinterlassenen Schriften Webers im "Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschallen" 1829, Nr, 22 (s. unten S. 219).

3) Joseph Marie Wolfram, geb. 1789 zu Dobrzan in Böhmen, starb 1830 als Bürgermeister in Teplitz, Komponist zahlreicher Opern. Nach C. M. v. Webers Tod sollte er an dessen Stelle Kapellmeister in Dresden werden, doch wurde ihm Reissiger vorgezogen.

4) Brief Miltitzens an Albert Schiffner vom 8. Julius 1840 aus Pillnitz, Ms. Dresd. h.

5) Folgende Kinder überlebten den Vater:

  • 1. Friederike Auguste Maria Crescentia, geb. zu Dresden am 12. Mai 1815, vermählt am 16. Mai 1835 mit dem preußischen Legationsrat Grafen Arthur Bernstorff. Sie starb am 10. April 1880 in Wedendorf b. Rehna (Mecklenburg-Schwerin).
  • 2. Leo Carl Friedrich Siegismund, geb. zu Scharfenberg am 14, Dezember 1816, gest. zu Nizza am 14. März 1885 als Hofmarschall des Herzogs von Nassau und österreichischer Major a. D.
  • 3. Johanna Amalia Theresia Antonia, geb. zu Dresden am 1. März 1824, vermählt am 10. Juli 1844 mit Albert Friedrich Grafen Vitzthum von Eckstädt, verwitwet um 6. Juli 1860, wiedervermählt am 11. Dezember 1862 mit Otto Grafen Vitzthum von Eckstädt. Sie starb am 1. Februar 1875 zu Schön-Wölkau.
  • 4. Antonia Theresia Clementine Amalia, geb. zu Dresden am 16, November 1827,

[56]

    • früher Hofdame der Königin Amalia von Sachsen , lebt jetzt in Ostorf-Schwerin (Mecklenburg). Ihr ist dieses Buch gewidmet, vgl, auch S. 8.
  • 5. Friedrich Maria Boemund Haubold, geb. zu Hosterwitz b. Pillnitz am 29. August 1829, gefallen bei Magenta am 4. Juni 1859. Th. v. M.


https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

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Friedrich de La Motte Fouqué

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Kurs:Reise in das romantische Dresden/Scharfenberger Kreis/Friedrich de La Motte Fouqué


Johann August Apel

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Johann August Apel, der Sproß einer alten Leipziger Familie, geboren am 17. September 1771 als Sohn des Bürgermeisters, hatte auf Grund einer trefflichen Schulbildung in Leipzig und Wittenberg Jura studiert, war Hofgerichts- und Konsistorial-Advokat und später (1801) Ratsherr in seiner Vaterstadt geworden. Das brachte ihm vielerlei Geschäfte, nebenher aber blieb ihm Muse genug, auf seinem über der Elsteraue bei Schkeuditz anmutig gelegnen Rittergute Ermlitz 1) den schönen Wissenschaften und Künsten zu leben. Zwar hat Schiller gerade in der Zeit, als sich Apel zu eigner Produktion anschickte, Pleiß-Athen mit dem Distichon getroffen:

Flach ist mein Ufer und seicht mein Bach, es schöpften zu durstig

Meine Poeten mich, meine Prosaiker aus.


Immerhin behauptete die Stadt Gottscheds und Gellerts, des jungen Klopstock und des jungen Lessing auch noch an der Schwelle des 19. Jahrhunderts eine beachtliche Stellung im Reiche der Musen; der sich mehr und mehr nach Leipzig ziehende Buchhandel kam hinzu. August Apel war Schüler der Thomasschule. Sonst ist über seine Entwicklung nicht viel bekannt 2); seine Werke aber zeigen, daß er die griechische Poesie, deren


1) Friedrich Laun in seinen „Memoiren", 2. Teil (Bunzlau 1837), S. 6 f. hat uns eine eingehende Schilderung der Persönlichkeit Apels hinterlassen, die zwar etwas oberflächlich und in Einzelheiten ungenau ist, aber doch brauchbaren Stoff zu einer Charakteristik enthält. Auch von dem Leben in Ermlitz entwirft Laun, S. 17 f. eine anmutige Schilderung: „Ich verlebte dort mit ihr, »Apels Mutter«, ihrem Sohne und einem vorzüglich aus älteren, jüngeren und ganz jungen Personen weiblichen Geschlechts bestehenden Kreise eine überaus angenehme Woche. Die Tage verflogen unter den mancherlei Beschäftigungen eines angenehmen Müßigganges. Aus dem schönen Schloßgarten mit seinen gerade blühenden Rosen, unter denen viele gelbgefüllte im damaligen Sommer aber eine seltene Vollkommenheit darlegten, ging es häufig in den anstoßenden, mit einem köstlichen Reichtume uralter Eichen versehenen Wald . . zuletzt gewöhnlich wieder zurück in den Gartensaal ans Pianoforte. . . Der Abend im Schloßgarten zu Ermlitz brachte besondere Schauer mit. Zufolge alter Sagen waren in vorigen Zeiten, wo das Hochgericht nicht weit davon gelegen, dort manche Unheimlichkeiten zur Zeit der Dämmerung und später vorgekommen." Aus der schriftstellerischen Verwertung solcher Eindrücke erwuchs das von Apel und Laun herausgegebene „Gespensterbuch", für dessen Fortsetzung im „Wunderbuche" Fouque und Miltitz als Mitarbeiter gewonnen wurden, s. S 50.

2) Eine umfassendere, namentlich auf den in Ermlitz vorhandenen Tagebüchern. Kopierbüchern, Briefen und Konzepten beruhende Darstellung des Lebens und Dichtens August Apels wird von seinem Urenkel, Herrn Theodor Apel auf Ermlitz, vorbereitet.


[46]

Dramen er auch nachzuahmen suchte, mit vielem Gewinn für Geist und Herz, für Sprach- und Versbildung eingehend studiert hatte.

Im übrigen war er ein so selbständiger Geist, daß er sich keiner bestimmten Dichterschule eingliedern läßt. Er erscheint uns als ein Geistesverwandter Herders, wenn er allen Regelzwang verabscheuend die Natur und die natürliche Empfindung zum Maßstabe aller Kunst und Literatur macht, wenn er neben den klassischen volkstümliche Stoffe bearbeitet, wie den Prinzenräuber Kunz von Kauffungen und die anmutigen Geschichten, die er mit Friedrich Laun zum „Gespensterbuche" und zum „Wunderbuche" vereint.

Die Freischütznovelle, aus der dann K. Maria von Weber mittelst des Kindschen Textbuches die erste romantische Oper von durchschlagendem Erfolge schuf, ist von Apel aufgeschrieben worden.

Sein bleibendes Verdienst erwarb er sich „auf dem Gebiete der Theorie der poetischen Formen, vornehmlich der Rhythmik und Metrik, deren wahres Verhältnis und Wechselwirkung auf einander er zuerst in größerem Maßstabe erkannte. . . . Apel ging von der durchaus richtigen Anschauung aus, daß die musikalische Komposition der griechischen Gedichte sich eng an die schon dem deklamierten Verse zugrunde liegenden Rhythmen anschlösse. Die neueste Zeit erst hat den Wert der Apelschen Theorien erkannt. . . ." 1)

Von Apels Gedichten findet man in den Lesebüchern mit Recht noch immer das in der Formgebung an Schillersche Balladen erinnernde ,,Simonides. Ganz unbekannt, wahrscheinlich überhaupt noch nicht gedruckt, sind die formvollendeten, eine tiefgründige Vaterlandsliebe atmenden Epigramme eines mir vorliegenden Konzeptenbuches. Eins genügt, die Gesinnung dieses Sachsen zu kennzeichnen:

Letzte Gabe.

Kleider und Gold, frostscheuchendes Holz, volknährende Feldfrucht

Wein und der Freiheit Stolz raubtet Teutonien ihr,

Franken; das letzte Geschenk mit frohhingebenden Herzen

Beut sie es euch, ein Grab, tief im geschändeten Schoß.

Von einer ganz neuen Seite werden wir Apel auch im folgenden kennen lernen, als Meister des Briefstils. Die 13 Briefe, von ihm,

1) Heinrich Schmidt, Allgemeine Deutsche Biographie, I, S. 501 f. Eine Aufzählung der gedruckten Werke Apels, unter denen besonders die formvollendeten ,,Cicaden" (III Bände, Berlin 1810/11) und die nach seinem Tode erschienenen „Zeitlosen" (Berlin 1817) hervorzuheben sind, bietet Goedeke VI, 459 f.

[47]

die ich nach der chronologischen Ordnung zwischen die Fouqueschen einschieben konnte, zeigen ihn als einen so liebenswürdigen, originellen, geistvollen Mann, daß jedes weitere Wort zu seiner Charakteristik überflüssig ist.


https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

https://archive.org/details/fouquapelmiltit00schmgoog/page/n8/mode/2up?view=theater


Friedrich August Moritz Retzsch

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Und nun noch ein kurzes Wort über Moritz Retzsch. Geboren am 9. Dezember 1779 in Dresden als Sohn eines kleinen Beamten, arbeitete er sich doch durch Fleiß und Talent so empor, daß ihn seine adligen Freunde für ebenbürtig ansahen. Der Kunst war er ein treuer und reiner Jünger. Erst (seit 1798) Schüler der Dresdner Akademie, dann Professer an ihr repräsentierte er in seiner Person besonders deutlich den Übergang, den damals die Malerei von der klassizistischen Richtung eines Raphael Mengs und Tischbein zur Romantik durchmachte.

Merkwürdig, daß die Dresdener Galerie von diesem langlebigen, spezifisch Dresdener Meister nichts besitzt als ein ihr zufällig geschenktes Miniaturbildchen. Besaß doch Miltitz von Retzsch einen Christus in Gethsemane 1), und einen andern kaufte Fouque im Jahre 1819 für seine Frau. 2) Retzschens Hauptstärke war es, sich mit dem Griffel nachdichtend in eine ihn packende Dichtung zu versenken. So hat er z. B. Fouques Zauberring und Corona erläutert. 3)

Wie hoch Fouque diese Zeichnungen stellte, zeigen seine Verse „An Moritz Retzsch*' im 2. Bd. der „Gedichte", S. 179:

Ich zog mir einen Zauberring,

Die alten Helden zu beschauen,

Und sah mit Lust und süßem Grauen,

Wie mich die ernste Schar umfing.


Auch drang's vernehmlich in mein Ohr,

Wie Spruch' aus ihrem Munde schallten,

Doch vor den leuchtenden Gestalten

Zog stets ein dunkler Nebelflor.


Bis einer seinen Griffel schwang,

Ein zaub'risch bildender Genosse;

Da strahlten Frauen, Herrn und Rosse —

Du, edler Magier, habe Dank!


Am bekanntesten sind seine zuerst 1816 bei Cotta erschienenen 26 Radierungen zu Goethes „Faust**, die meines Wissens nur in den 12 Blättern von Cornelius aus dem Jahre 1811 einen Vorgänger haben, ferner seine Umrißzeichnungen zu Shakespeares Dramen und Bürgers Balladen, zu denen Miltitz Erläuterungen geschrieben hat.

Retzsch lebte meist auf seinem Weinberg in der Lößnitz bei

1) Briefe an Fouqu6, S. 267.

2) Aus einem Briefe von Auguste von Miltitz an ihren Gatten vom 16. Dez. 18 19. Th. V. M.

3) s. Brief 3, S. 65, Brief 24, S. 126 f.


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Dresden und ist dort als hochbetagter und lebensmüder Greis am 11. Juni 1857 gestorben.

Seine Beziehungen zur Familie Miltitz waren alt und dauerhaft: sie gehen mindestens bis in die Zeit zurück, wo das Miltitzsche Ehepaar in Neukirchen wohnte (1811); denn aus dieser Zeit stammt die Bleistiftskizze Retzschens, die Miltitz auf der Birsch vorstellt (s. Seite 33), und sie dauerten bis zum Tode des Miltitzschen Paares, ja darüber hinaus (s. Brief 71). —

Retzschens Umrißzeichnungen sind aus der Mode gekommen und werden, 'obwohl sie Goethe sehr hoch stellte, kaum mehr beachtet. Für ihre Zeit waren sie von großer Bedeutung und haben Tausenden Freude bereitet.

Unverändert in ihrem Wert sind die mit bewunderungswürdiger Zartheit und Feinheit ausgeführten Blätter, die die Mappe seiner Handzeichnungen in der K. Kupferstichsammlung in Dresden füllen. Dort liegt auch sein interessantes illustriertes Tagebuch, das er gemeinsam mit seinem Bruder August geführt hat.

Endlich war Retzsch ein Meister des gemütvoll aufgefaßten Porträts. 1)

Das schönste Werk dieser Art von ihm ist das Ölbild des ihm so befreundeten Miltitzschen Ehepaares, wie es, beide in altdeutscher Tracht, von einem Söller des Scharfenberger Gartens, so daß das Schloß den Hintergrund bildet, in die reich gegliederte Landschaft hinausschaut. Das stille, sinnige Wesen der schönen Frau, die geistig erregtere, ein wenig lehrhafte, fast nervöse Art des Mannes — kurz das innerste Seelenleben der beiden Gatten ist auf diesem Bilde mit solcher Treue und Tiefe gemalt, daß es uns — der höchste Triumph des Malers — im Innersten packt und zwingt, den dargestellten Personen, ja sogar dem „Gehäuse ihres Daseins" unsere lebhafteste Teilnahme zu schenken. Das Bild ist im Besitze des Enkels Miltitzens, des Königl. Sachs. Oberstmarschalls Grafen Vitzthum, und ist vor einigen Jahren beim Brande des Lichtenwalder Schloßes mit Mühe aus den Flammen gerettet worden. Unsere Nachbildung (s. das Titelbild) beruht auf einer uns gütigst überlassenen Photographie (Th. v. M.).

Auch von Apel hat Retzsch ein sehr gutes Ölbild gemalt, das jetzt in der Bibliothek zu Ermlitz hängt und hier nach einer uns vom Besitzer geschenkten Photographie wiedergegeben wird (s. S. 51).

1) Auch das „Allgemeine Künstlerlexikon" (2. Aufl. vod A. Seubert), III, 133 rühmt seine „sinnige und gemütliche Auffassung bei sorgfältigster Durchbildung" und seine besondere Begabung für das Porträt. Eine kleine Skizze seines Lebens enthält auch die Einleitung zu seiner „Galerie zu Shakespeares dramatischen Werken".


https://archive.org/stream/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ/bub_gb_AvRbAAAAMAAJ_djvu.txt

https://archive.org/details/fouquapelmiltit00schmgoog/page/n8/mode/2up?view=theater