Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 2/latex

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\zwischenueberschrift{Nullstellengebilde von Polynomen}

Wir legen, ausgehend von der Situation des Satzes über implizite Abbildungen, die geometrischen Objekte und die Funktionen darauf fest, mit denen wir uns hauptsächlich in dieser Vorlesung beschäftigen wollen.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} Dann nennt man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ = }{ K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den \definitionswort {affinen Raum}{} über $K$ der Dimension $n$.

}

Der affine Raum ist also zunächst einfach eine Menge aus Punkten. Ein Punkt im affinen Raum ist einfach ein $n$-Tupel
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n)}{} mit Koordinaten aus $K$. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} spricht man von der \stichwort {affinen Geraden} {} und für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von der \stichwort {affinen Ebene} {.}

Ein Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{K[X_1 , \ldots , X_n] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} fasst man in natürlicher Weise als Funktion auf dem affinen Raum auf: Einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ { \left( a_1, \ldots , a_n \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wird der Wert
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(P) }
{ = }{ F { \left( a_1 , \ldots , a_n \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zugeordnet, indem die Variable $X_i$ durch $a_i$ ersetzt wird und alles in $K$ ausgerechnet wird. Zu einen Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} kann man insbesondere fragen, ob
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(P) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist oder nicht. Zu $F$ rückt dann insbesondere das dadurch definierte \anfuehrung{Nullstellengebilde}{} ins Interesse.




\inputdefinition
{}
{

Zu einem Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n ] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} über einem \definitionsverweis {Körper}{}{} $K$ nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ V(F) }
{ =} { { \left\{ P \in { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } = K^n \mid F(P) = 0 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die durch $F$ definierte \zusatzklammer {affin-algebraische} {} {} \definitionswort {Hyperfläche}{.}

}

Neben Nullstellengebilden, die durch eine Gleichung definiert sind, ist es auch sinnvoll, zu untersuchen, wie das gemeinsame \zusatzklammer {simultane} {} {} Nullstellengebilde zu mehreren Polynomen aussieht. Dieses beschreibt den Durchschnitt der einzelnen beteiligten Nullstellengebilde \zusatzklammer {wie beispielsweise bei Kegelschnitten, wo man einen Kegel im dreidimensionalen Raum mit verschiedenen Ebenen schneidet} {} {.}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Conic_sections_2n.png} }
\end{center}
\bildtext {Kegelschnitte sind die Nullstellengebilde, die als Durchschnitt des Doppelkegels mit einer Ebenen entstehen.} }

\bildlizenz { Conic sections 2n.png } {} {NK} {Commons} {CC-BY-SA-3.0} {}


Daher definieren wir allgemein.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathbed {F_j \in K[X_1, \ldots, X_n]} {}
{j \in J} {}
{} {} {} {,} eine Familie von \definitionsverweis {Polynomen}{}{} in $n$ Variablen. Dann nennt man
\mathdisp {{ \left\{ P \in { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } \mid F_j(P) = 0 \text { für alle } j \in J \right\} }} { }
das durch die Familie definierte \definitionswort {Nullstellengebilde}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {Nullstellenmenge}{}} {} {.} Es wird mit
\mathl{V(F_j, j \in J)}{} bezeichnet.

}

Diejenigen Teilmengen des affinen Raumes, die als Nullstellenmengen auftreten, verdienen einen eigenen Namen.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} in $n$ Variablen. Dann heißt eine Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} im affinen Raum \definitionswort {affin-algebraisch}{,} wenn sie die \definitionsverweis {Nullstellenmenge}{}{} zu einer Familie
\mathbed {F_j} {}
{j \in J} {}
{} {} {} {,} von Polynomen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_j }
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, wenn also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V }
{ = }{ V(F_j, j \in J) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt.

}

Oft spricht man auch von Varietäten, wobei dieser Begriff eigentlich für irreduzible affin-algebraische Mengen reserviert wird. Die einfachsten Beispiele sind eine endliche Punktemenge auf der affinen Geraden
\mathl{{\mathbb A}^{1}_{K}}{,} die durch ein einzelnes Polynom gegeben sind, und affin-lineare Unterräume im ${ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }$, die ja als Lösungsmenge eines \definitionsverweis {inhomogenen linearen Gleichungssystems}{}{} über $K$ gegeben sind. Wir führen ohne Beweise einige wichtige Aussagen für affin-algebraische Mengen an.




\inputfakt{Affine Varietäten/Affiner Raum/Nullstellengebilde zu Polynommenge und zu Ideal/Fakt}{Lemma}{ } {

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathbed {F_j \in K[X_1 , \ldots , X_n]} {}
{j \in J} {}
{} {} {} {,} eine Familie von Polynomen in $n$ Variablen. Es sei ${\mathfrak a}$ das von den $F_j$ \definitionsverweis {erzeugte Ideal}{}{} in
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ V(F_j, j \in J) }
{ =} { V( {\mathfrak a} ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}

Wir können also im Folgenden bei jeder Nullstellenmenge davon ausgehen, dass sie durch ein Ideal gegeben ist.

Affin-algebraische Teilmengen des affinen Raumes erfüllen einige wichtige strukturelle Eigenschaften.


\inputfakt{Affine Varietäten/Vereinigung und Durchschnitt von affin-algebraischen Mengen im affinen Raum/Fakt}{Proposition}{ } {

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} in $n$ Variablen und sei
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{} der zugehörige \definitionsverweis {affine Raum}{}{.} Dann gelten folgende Eigenschaften. \aufzaehlungvier{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V(0) }
{ = }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} d.h. der ganze affine Raum ist eine \definitionsverweis {affin-algebraische Menge}{}{.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V(1) }
{ = }{ \emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} d.h. die leere Menge ist eine affin-algebraische Menge. }{Es seien
\mathl{V_1 , \ldots , V_k}{} affin-algebraische Mengen mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V_i }
{ = }{V( {\mathfrak a}_i) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ V_1 \cup V_2 \cup \ldots \cup V_k }
{ =} { V({\mathfrak a}_1 \cdot {\mathfrak a}_2 \cdots {\mathfrak a}_k) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Insbesondere ist die Vereinigung von endlich vielen affin-algebraischen Mengen wieder eine affin-algebraische Menge. }{Es seien
\mathbed {V_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} affin-algebraische Mengen mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V_i }
{ = }{V( {\mathfrak a}_i) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \bigcap_{i \in I} V_i }
{ =} { V { \left( \sum_{i \in I} {\mathfrak a}_i \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Insbesondere ist der Durchschnitt von beliebig vielen affin-algebraischen Mengen wieder eine affin-algebraische Menge.}

}

Diese strukturellen Eigenschaften erlauben es, eine Topologie auf dem affine Raum einzuführen, die für das Studium von Polynomen angemessen ist.


\inputdefinition
{}
{

In einem \definitionsverweis {affinen Raum}{}{}
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{} versteht man unter der \definitionswort {Zariski-Topologie}{} diejenige \definitionsverweis {Topologie}{}{,} bei der die \definitionsverweis {affin-algebraischen Mengen}{}{} als abgeschlossen erklärt werden.

}

Die offenen Mengen in dieser Topologie werden mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{D( {\mathfrak a} ) }
{ =} { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } \setminus V( {\mathfrak a} ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} bezeichnet. Die Zariski-Topologie ist nicht \definitionsverweis {Hausdorffsch}{}{,} es gibt keine kleinen offenen Bälle.

Der folgende Satz heißt \stichwort {Hilbertscher Basissatz} {.} Er besagt, dass Ideale im Polynomring endlich erzeugt sind und damit auch, dass affin-algebraische Mengen stets durch eine endliche Familie von Polynomen beschrieben werden können.


\inputfakt{Kommutative Ringtheorie/Polynomring über Körper/Endliche viele Variablen/Noethersch/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} \definitionsverweis {noethersch}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}






\zwischenueberschrift{Der Hilbertsche Nullstellensatz}




\inputdefinition
{}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Teilmenge. Dann nennt man
\mathdisp {{ \left\{ F \in K[X_1 , \ldots , X_n] \mid F(P) = 0 \text { für alle } P \in T \right\} }} { }
das \definitionswort {Verschwindungsideal}{} zu $T$. Es wird mit
\mathl{\operatorname{Id} \,(T)}{} bezeichnet.

} Wenn man mit einem Ideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak a} }
{ = }{ K[X_1 , \ldots , X_n] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} startet, so erhält man die Nullstellenmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V( {\mathfrak a} ) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dazu wiederum das Verschwindungsideal, das das Ausgangsideal umfasst. Über die reellen Zahlen kann es dabei eine große Diskrepanz geben. Wenn man beispielsweise mit dem \definitionsverweis {Hauptideal}{}{}
\mathl{(X^2+Y^2)}{} startet, so ist die Nullstellenmenge allein der Nullpunkt $(0,0)$ und dessen zugehöriges Verschwindungsideal ist
\mathl{(X,Y)}{,} das deutlich größer ist. Eine solche Diskrepanz kann es über einem algebraisch abgeschlossenen Körper nicht geben. Es gibt aber auch das folgende einfache Phänomen, das über jedem Körper gilt. Wenn das definieren Ideal eine Potenz $f^n$ besitzt, so verschwindet nicht nur $f^n$ auf der Nullstellenmenge, sondern auch $f$. Diese Beobachtung führt zu dem folgenden idealtheoretischen Begriff.




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {Ideal}{}{} ${\mathfrak a}$ in einem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} $R$ heißt \definitionswort {Radikal}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {Radikalideal}{}} {} {,} wenn folgendes gilt: Falls
\mathl{f^n \in {\mathfrak a}}{} ist für ein
\mathl{n \in \N}{,} so ist bereits
\mathl{f \in {\mathfrak a}}{.}

} Der folgende Satz heißt \stichwort {Hilbertscher Nullstellensatz} {.} Man sollte ihn so verstehen, dass über einem algebraisch abgeschlossenen Körper die Nullstellenmengen von Polynomen stets so groß sind, dass man daraus wesentliche algebraische Eigenschaften erschließen kann. Der Übergang von der Algebra zur Geometrie ist also durch keinen \zusatzklammer {großen} {} {} Informationsverlust gekennzeichnet.


\inputfakt{Affiner Raum/Algebraisch abgeschlossen/Korrespondenz zwischen affin algebraischen Mengen und Radikalen/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{} mit dem Polynomring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} und dem affinen Raum
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine natürliche Korrespondenz zwischen \definitionsverweis {affin-algebraischen Mengen}{}{} in
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{} und \definitionsverweis {Radikalidealen}{}{} in
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{.}}
\faktzusatz {Dabei gehen Radikale auf ihre Nullstellengebilde und affin-algebraische Mengen auf ihre Verschwindungsideale.}
\faktzusatz {}

}

Zu einem einzelnen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{(a_1 , \ldots , a_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist das Verschwindungsideal das \definitionsverweis {maximale Ideal}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P }
{ = }{ (X_1-a_1 , \ldots , X_n-a_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es besteht aus allen Polynomen, die im gegebenen Punkt den Wert $0$ annehmen. Ein Spezialfall des Hilbertschen Nullstellensatzes ist, dass jedes maximale Ideal des Polynomringes diese Form besitzt. Über einem algebraisch abgeschlossenen Körper entsprechen sich also Punkte und maximale Ideale. Ein weiteres wichtiges Konzept für Ideale ist das Primideal.




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {Ideal}{}{} ${\mathfrak p}$ in einem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} $R$ heißt \definitionswort {Primideal}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p} }
{ \neq }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und wenn für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r,s }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r \cdot s }
{ \in }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt:
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ \in }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s }
{ \in }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {affin-algebraische Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt \definitionswort {irreduzibel}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \neq }{ \emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und es keine Zerlegung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{Y \cup Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit \definitionsverweis {affin-algebraischen Mengen}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subset }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt.

}

Aus dem Hilbertschen Nullstellensatz ergibt sich die folgende Korrespondenz.


\inputfakt{Hilbertscher Nullstellensatz/Korrespondenz/Primideal/Fakt}{Lemma}{} {

\faktsituation {In der durch den Hilbertschen Nullstellensatz gegebenen Korrespondenz}
\faktfolgerung {entsprechen sich \definitionsverweis {irreduzible Varietäten}{}{} und \definitionsverweis {Primideale}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Ant jumps log.svg} }
\end{center}
\bildtext {Die bunte Kurve besitzt drei irreduzible Komponenten, den Kreis, den Parabelbogen und die Gerade.} }

\bildlizenz { Ant jumps log.svg } {} {KSmrq~commonswiki} {Commons} {CC-by-sa 2.5} {}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $V$ eine \definitionsverweis {affin-algebraische Menge}{}{.} Eine affin-algebraische Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{W }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt eine \definitionswort {irreduzible Komponente}{} von $V$, wenn sie \definitionsverweis {irreduzibel}{}{} ist und wenn es keine irreduzible Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{W }
{ \subset }{ W' }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt.

}

Die irreduziblen Komponenten sind die maximalen irreduziblen Teilmengen des Nullstellengebildes.






\zwischenueberschrift{Der affine Koordinatenring}

Wie in der ersten Vorlesung erwähnt gehört zu einem geometrischen Objekt $X$ eine adäquate Klasse von darauf definierten Funktionen mit Werten in einem geeigneten Körper. Da man Funktionen von einer Menge in einen Körper unmittelbar addieren und multiplizieren kann, bilden solche Funktionenmengen einen \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{.} In der algebraischen Geometrie und insbesondere in der Theorie der Schemata ist die Beziehung zwischen geometrischen Objekten und kommutativen Ringen besonders eng. Andere typische Beispiele für solche \stichwort {beringten Räume} {} sind. \aufzaehlungvier{Topologische Räume und $\R$-wertige \definitionsverweis {stetige Funktionen}{}{.} }{Reelle Mannigfaltigkeiten und \definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{} $\R$-wertige Funktionen. }{Reell-analytische Mannigfaltigkeiten und reell-analytische Funktionen. }{Komplexe Mannigfaltigkeiten und holomorphe Funktionen. }

Um eine affin-algebraische Menge, die bisher einfach die Nullstellenmenge zu einer Familie von Polynomen ist, besser verstehen zu können, müssen wir festlegen, welche Funktionen wir darauf als passend zur gegebenen algebraischen Struktur auffassen wollen. Für den affinen Raum
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{} soll der Polynomring in $n$ Variablen über $K$ der Ring der relevanten Funktionen sein. Eine Polynomfamilie in $n$ Variablen legt selbst ein geometrisches Objekt fest, nämlich die zugehörige Nullstellenmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Polynome des umgebenden Raumes ergeben unmittelbar durch Einschränken Funktionen auf $V$. Allerdings liefert eine Funktion aus der Polynomfamilie, mit der man $V$ festgelegt hat, einfach die Nullfunktion auf $V$. Von daher ist es natürlich, diese Funktionen in einem algebraischen Sinn vom Polynomring ausgehend zu $0$ zu machen. Die Menge der auf $V$ verschwindenden Polynome bilden ein Ideal im Polynomring, das die definierende Polynomfamilie samt allen Linearkombinationen umfasst und das das \stichwort {Verschwindungsideal} {} zu $V$ heißt. Wenn man ein Ideal zu $0$ machen möchte, so steht eine wichtige algebraische Konstruktion zur Verfügung, der \definitionsverweis {Restklassenring}{}{.}




\inputdefinition
{}
{

Zu einer \definitionsverweis {affin-algebraischen Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit \definitionsverweis {Verschwindungsideal}{}{}
\mathl{\operatorname{Id} \, (V)}{} nennt man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R(V) }
{ = }{ K[X_1 , \ldots , X_n]/\operatorname{Id} \, (V) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den \definitionswort {Koordinatenring}{} von $V$.

}

Diese Definition ist bei einem algebraisch abgeschlossenen Körper sinnvoll, hat sonst aber auch einige Tücken. Wenn man reell das Polynom
\mathl{X^2+Y^2}{} betrachtet, so besteht $V$ allein aus dem Nullpunkt
\mathl{(0,0)}{} und somit gehört bereits
\mathl{X,Y}{} zum Verschwindungsideal, aber nicht zu dem von $X^2+Y^2$ erzeugten Ideal. Der Restklassenring ist dann einfach
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \R[X,Y] /(X,Y) }
{ = }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} was zu dem einen Punkt gut passt, aber woran das Ausgangspolynom $X^2+Y^2$ nicht mehr erkennbar ist. Eine alternative Sichtweise besteht darin, den Restklassenring
\mathl{\R[X,Y]/(X^2+Y^2)}{} als passenden Ring anzusehen.