Kurs:Statistik für Anwender/Stetige Zufallsvariablen allgemein

Stetige Zufallsvariablen allgemein Bearbeiten

Zufallsvariablen  , bei denen alle reelle Zahlen (oder zumindest alle aus einem bestimmten Intervall) als Werte auftreten können, nennt man stetig, wenn sie wie folgt mit einer Dichtefunktion beschrieben werden können:

Dichtefunktion einer stetigen ZV I Bearbeiten

Eine (Wahrscheinlichkeits-)Dichtefunktion ist eine (stückweise stetige bzw. integrierbare) Funktion:

  mit  

Dichtefunktion einer stetigen ZV II Bearbeiten

Eine Zufallsvariable  , hat die Dichtefunktion  , falls:

 

für alle   mit  

Dichtefunktion einer stetigen ZV III Bearbeiten

Die Wahrscheinlichkeit, dass   einen Wert in   annimmt, entspricht also der Fläche unter dem Graphen von   auf dem Intervall  . Die Bedingung   ist somit zwingend notwendig, denn sie besagt, dass   ist.

Anmerkung: Bearbeiten

Bei einer stetigen Zufallsvariablen muss der zugrundeliegende W-Raum eine Ergebnismenge mit   haben. Im Rahmen dieser Vorlesung wollen wir uns allerdings nicht mit solchen unendlichen W-Räumen beschäftigen. Wir haben aber bereits gesehen, dass man ZV untersuchen kann, ohne den W-Raum, auf dem sie definiert sind, exakt zu beschreiben. Für stetige ZV   genügt es, die Dichtefunktion anzugeben, um viele relevante Aussagen über   folgern. (Bei diskreten ZV arbeitet man entsprechend mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung.)

Beispiel 1 - Definition polynomiale Dichtefunktion Bearbeiten

Die Funktion

 

ist eine Dichtefunktion, denn es gilt:
 
Beispiel 1.1 - Berechnung von Wahrscheinlichkeiten Bearbeiten

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine ZV   mit dieser Dichtefunktion in einen bestimmten Bereich   fällt, kann durch ein Integral ausgerechnet werden, beispielsweise:

 
Beispiel 1.2 - Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten Bearbeiten
 
Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten

Beispiel 2 - Definition Dichtefunktion Bearbeiten

 

ist eine Dichtefunktion, denn es ist

 
Beispiel 2.1 - Berechnung von Wahrscheinlichkeiten Bearbeiten

Für eine ZV   mit dieser Dichtefunktion gilt beispielsweise:

 
Beispiel 2.2 - Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten Bearbeiten
 
Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten

Beispiel 3 - Definition Dichtefunktion aus Rechteckverteilungen Bearbeiten

 

ist eine Dichtefunktion.
Beispiel 3.1 - Zusammensetzung aus Verteilung Bearbeiten

Normalerweise sind Recheckverteilung (wie alle Wahrscheinlichkeitsverteilungen) normiert ( ). Bei zusammengesetzten Verteilungen verwendet man eine Zerlegeung der 1 (d.h.   mit  ). Im obigen Beispiel hat die Dichtefunktion auf der Rechteckverteilung auf   den Funktionwert  , damit die Rechteckverteilung als Wahrscheinlichkeitsverteilung normiert ist. Die zusammengesetzte Verteilung ergibt sich dann aus:

 
Beispiel 3.2 - Normiertheit zusammengesetzter Verteilungen Bearbeiten

 


Beispiel 3.3 - Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten Bearbeiten
 
Visualisierung von Wahrscheinlichkeiten
Beispiel 3.4 - Bestimmung der Teilung der 1 Bearbeiten

Im obigen Beispiel wäre bei der Zerlegung der 1  . Berechnen Sie die anderen   für die verbleibenden Rechteckverteilungen

 
Bemerkung 3.5 - Verwendung der Teilung der 1 Bearbeiten

Aus unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsdichten kann man so eine zusammengesetzte Verteilung konstruieren, wobei die   die Gewichtungsfaktoren bei der Teilung der 1 festlegen, mit welchen Anteil die Dichtefunktion   in die Gesamtverteilung   eingeht.

Beispiel 4: Bearbeiten

Hier ein weiteres Beispiel für eine Dichtefunktion  :

 

Achtung: Bearbeiten

Bei einer stetigen ZV   ist   für alle  
Daraus folgt, dass:
 
 
(Dies ist bei diskreten ZV nicht so.)

Verteilungsfunktion einer stetigen ZV Bearbeiten

Definition Verteilungsfunktion Bearbeiten

Ist   eine stetige ZV, so heißt die Funktion

 
Verteilungsfunktion von  .

Eigenschaften Verteilungsfunktion Bearbeiten

Sie hat folgende Eigenschaften:

  •   ist monoton steigend.
  •   ist stetig.
  • Es gilt   und  .
  • Für alle   mit   gilt:
        Kennt man die Verteilungsfunktion einer ZV  , so kann man die Wahrscheinlichkeit dafür, dass   in einen bestimmten Bereich fällt, also leicht ausrechnen.
  • Falls   stetig ist, ist   eine Stammfunktion zu  , also   für alle  . (Genauer gesagt ist   die Stammfunktion von   mit  .)

Beispiel 1.1: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so ist die Verteilungsfunktion von   gegeben durch
 

Beispiel 1.2: Bearbeiten

 

Beispiel 1.3 Bearbeiten

Daraus ergibt sich (vergleiche Beispiel 1)

 

Beispiel 2.1: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so ist die Verteilungsfunktion von   gegeben durch
 

Beispiel 2.2: Bearbeiten

 

Beispiel 2.3 Bearbeiten

Daraus ergibt sich

 

Beispiel 3.1: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so ist die Verteilungsfunktion von   gegeben durch
 

Beispiel 3.2 Bearbeiten

 

Beispiel 3.3 Bearbeiten

 

Aufgabe 1 Bearbeiten

Gegeben sei die Dichtefunktion

 
Bestimmen Sie die Verteilungsfunktion und die Wahrscheinlichkeiten für
 

Erwartungswert und Standardabweichung einer stetigen ZV Bearbeiten

Ist   eine stetige ZV mit Dichtefunktion  , so nennt man

 

Erwartungswert von  ,
 

Varianz von   und
  Standardabweichung von  .
(Theoretisch ist es möglich, dass diese Integrale den Wert   annehmen oder sogar nicht existieren. Für die in der Praxis relevanten Dichtefunktionen kommt dies jedoch nicht vor.)

Beispiel 1: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so berechnet man:
 

Beispiel 2: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so berechnet man:
 

Beispiel 3: Bearbeiten

Hat   die Dichte

 

so berechnet man:
 

Aufgabe 2.1: Bearbeiten

  • Begründen Sie, dass die Funktion
     

    eine Dichtefunktion ist. Bestimmen Sie für eine ZV
     

    mit dieser Dichtefunktion die Verteilungsfunktion   und die Wahrscheinlichkeiten
     

    Berechnen Sie auch den Erwartungswert und die Standardabweichung von  .

Aufgabe 2.2: Bearbeiten

  • Begründen Sie, dass die Funktion
     

    eine Dichtefunktion ist. Bestimmen Sie für eine ZV   mit dieser Dichtefunktion die Verteilungsfunktion   und die Wahrscheinlichkeiten
     

Verschiebungssatz für stetige ZV Bearbeiten

Für eine stetige ZV mit W-Dichte   gilt stets:

 


Beispiel: Bearbeiten

Für eine ZV mit der Dichte

 

kann man die Varianz auch wie folgt berechnen:
 

Aufgabe 3 Bearbeiten

Bestimmen Sie den Erwartungswert sowie die Varianz für die Dichtefunktion

 

Rechenregeln für EW und Varianz für stetige ZV Bearbeiten

Dieselben Rechenregeln, die für EW und Varianz von diskreten ZV gelten, gelten auch für stetige ZV, also:


  • Sind   stetige ZV und sind  , so gilt:
     


  • Sind   stetige ZV, so gilt:
     


Modellierung von ZV mittels Dichtefunktion I Bearbeiten

Stetige ZV dienen (ebenso wie diskrete ZV) zur Beschreibung von Wahrscheinlichkeiten bei einem ZE. (Diese Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf zukünftige Durchführungen des ZE.)

Verwendet man bei einem ZE zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten eine ganz bestimmte W-Dichte, so handelt es sich dabei lediglich um ein Modell für die vorliegende (vom Zufall beeinflusste) Situation. Man kann dann aber innerhalb des Modells (also mit gegebener Dichtefunktion) weiterarbeiten und z.B. bestimmte Wahrscheinlichkeiten oder Erwartungswert und Varianz berechnen.

Modellierung von ZV mittels Dichtefunktion II Bearbeiten

Die wahre Dichtefunktion einer ZV ist im Allgemeinen nicht bekannt.

Ein zentrales Ziel in der schließenden Statistik ist es, Methoden zu entwickeln, mit denen man anhand von vorliegenden Daten (d.h. einer Stichprobe für die ZV) das vorliegende Modell (also eine für dieses ZE geeignete W-Dichte) entwickeln, ergänzen (z.B durch Parameterschätzungen) oder überprüfen (z.B. mit einem Hypothesentest) kann.

Beispiel 1.1 Bearbeiten

Ein Linienbus fährt alle   Minuten. Ein Student, der seine Uhr verloren hat, kommt zur Bushaltestelle. Die ZV  , die seine Wartezeit (in Minuten) beschreibt, kann mit der folgenden Dichtefunktion gut modelliert werden:

 

Beispiel 1.2 Bearbeiten

Beispiel 1.3 Bearbeiten

Demnach ergibt sich beispielsweise:

 

 

Außerdem berechnet man: 

Beispiele für Dichtefunktionen bei ZV I Bearbeiten

Folgende ZV könnten mit einer geeigneten Dichtefunktion modelliert werden:

  • Die Größe einer zufällig ausgewählten erwachsenen Frau in Mitteleuropa.

  • Die Größe eines zufällig ausgewählten 10-jährigen Jungens in Mitteleuropa.

  • Das Gewicht eines Hühnereis auf einem Bauernhof.

  • Die Dauer eines Telefonats zwischen zwei bestimmten Personen   und   (die Dichtefunktion hängt stark von den beiden Personen ab).

  • Beispiele für Dichtefunktionen bei ZV II Bearbeiten

  • Das Gewicht eines ausgewachsenen afrikanischen Elefanten.

  • Die Brenndauer einer Glühbirne.

  • Der Messfehler bei einer Zeitnahme beim 100-Meter Lauf.

  • Die Temperatur morgen früh um 8:00 Uhr in Landau.

  • Die Temperatur am Tag in vier Wochen um 8:00 Uhr in Landau.

  • usw.

Aufgabe 4 Bearbeiten

Überlegen Sie sich zu obigen Beispielen, wie eine Dichtefunktion in etwa aussehen könnte. Erstellen Sie jeweils eine Skizze. (Eine Funktionsgleichung kann nicht ohne weiteres angegeben werden.)

Anmerkung I: Bearbeiten

Zusammenhang zwischen Histogrammen und der W-Dichte von  :
Da sich die relativen Klassenhäufigkeiten zu   summieren, beträgt die Summe der Flächeninhalte aller Rechtecke eines Histogramms stets  . Ebenso ist auch die Fläche zwischen der  -Achse und dem Graphen der W-Dichte von   stets  .

Beobachtung: Bei einer sehr hohen Versuchszahl n und sehr kleinen Klassenbreiten nähert sich das Histogramm mit hoher Wahrscheinlichkeit der W-Dichte an.

Anmerkung II: Bearbeiten

Für praktische Anwendungen werden häufig bestimmte Typen stetiger ZV als Modell verwendet. Dazu gehören (unter anderem) gleich-, exponential- und normalverteilte ZV. Diese Verteilungsarten (und ihre Eigenschaften) sollen hier kurz vorgestellt werden. Außerdem soll die besondere Bedeutung der Normalverteilung (im Zusammenhang mit dem Zentralen Grenzverteilungssatz) erklärt werden.

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