Einfürhung

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Als Faltung bezeichnet man in der Stochastik eine Operation, die zwei Wahrscheinlichkeitsmaße zu einem neuen Wahrscheinlichkeitsmaß kombiniert. Sie ermöglicht es, bei Werten, die dem Zufall unterliegen, der Summe dieser Werte eine sinnvolle Wahrscheinlichkeit zuzuordnen. So ist die Verteilung der Summe zweier unabhängiger Zufallsvariablen genau die Faltung der Verteilung der einzelnen Zufallsvariablen.

Faltung und Wahrscheinlichkeitsfunktionen

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Besitzen die betrachteten Wahrscheinlichkeitsmaße eine Wahrscheinlichkeitsfunktion oder eine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion, so kann die Faltung der Wahrscheinlichkeitsmaße auf die Faltung (von Funktionen) der Wahrscheinlichkeitsfunktionen oder Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen zurückgeführt werden.

Wahrscheinlichkeitsmaße auf den ganzen Zahlen

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Zunächst werden diskrete Wahrscheinlichkeitsmaße betrachtet, wobei der Träger von Wahrscheinlichkeitsmasse die ganzen Zahlen sind.

Definition

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Gegeben seien zwei diskrete Wahrscheinlichkeitsmaße   auf den ganzen Zahlen   mit Wahrscheinlichkeitsfunktionen   und  . Die Faltung   der Wahrscheinlichkeitsmaße   und   ist dann dasjenige Wahrscheinlichkeitsmaß auf  , das die Wahrscheinlichkeitsfunktion

 

besitzt.

Faltung von W-Maßen

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Die Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Faltung von W-Maßen   erhält man also durch die Faltung der Wahrscheinlichkeitsfunktionen   und  

 

Dabei ist   die oben definierte Faltung der Funktionen   und  .

Bemerkung 1

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Sind die Wahrscheinlichkeitsfunktionen nur auf einer Teilmenge der ganzen Zahlen wie zum Beispiel   oder   definiert, so setzt man sie außerhalb dieser Mengen durch den Wert null fort, also mit  . Für den Spezialfall, dass beide Wahrscheinlichkeitsmaße auf den natürlichen Zahlen definiert sind, gilt dann für die Faltung

 .

Bemerkung 2

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Des Weiteren ist die Faltung durch die Angabe der Wahrscheinlichkeitsfunktionen eindeutig bestimmt, da ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf einem diskreten Wahrscheinlichkeitsraum durch die Angabe der Wahrscheinlichkeitsfunktion eindeutig bestimmt ist.

Beispiel - Faltung

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Betrachtet werden nun zwei Wahrscheinlichkeitsfunktion für W-Maße auf  :

Im Folgenden wird die Faltung der Wahrscheinlichkeitsfunktionen berechnet.

Bernoulli-Verteilung

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Es sei   die Bernoulli-Verteilung zum Parameter  , also mit Wahrscheinlichkeitsfunktion

 

Binomialverteilung

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Es sei   die Binomialverteilung zu den Parametern 2 und  , also mit Wahrscheinlichkeitsfunktion

 

für  .

Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Faltung 1

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Um die Wahrscheinlichkeitsfunktion der Faltung an der Stelle   zu bestimmen, erstellt man nun alle Paare  , für die   gilt und für die sowohl   als auch   ungleich null sind. Im angegebenen Fall sind dies:

 

Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Faltung 2

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Nun bildet man für jedes   das Produkt   der entsprechenden   und summiert dieses auf: Für   ist somit

 .

Für die anderen Werte folgt dann

 
 
 

Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Faltung 3

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Dies ist die Wahrscheinlichkeitsfunktion einer Binomialverteilung zu den Parametern 3 und  , somit gilt

 .

Ebenso lässt sich eine geschlossene Darstellung der Wahrscheinlichkeitsfunktion auch durch die direkte Faltung der Wahrscheinlichkeitsfunktionen herleiten.

Stetige Wahrscheinlichkeitsmaße auf den reellen Zahlen

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Definition

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Gegeben seien zwei Wahrscheinlichkeitsmaße   auf den reellen Zahlen, versehen mit der Borelschen σ-Algebra.   und   besitzen außerdem Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen   und  .

Dann heißt dasjenige Wahrscheinlichkeitsmaß auf   mit der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion

 

die Faltung der Wahrscheinlichkeitsmaße   und   und wird mit   bezeichnet.

Bemerkung - Lebesgue-Integral - Riemann-Integral

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Häufig kann das Lebesgue-Integral durch ein Riemann-Integral ersetzt werden, man schreibt dann   anstelle von  .

Es gilt dann also

 ,

wobei   die Faltung der Funktionen   und   bezeichnet.

Bemerkung - Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf reellen Zahlen

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Auch für Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf den reellen Zahlen, die keine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion besitzen (wie zum Beispiel die Cantor-Verteilung), ist die Faltung definiert. Sie ist dann durch den unten angegebenen allgemeinen Fall gegeben.

Bemerkung - Dirac-Verteilung

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Wichtige Ausnahme hiervon ist die Faltung mit der Dirac-Verteilung  : Besitzt   die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion  , so besitzt   die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion  .

Beispiel - Faltung von Exponentialverteilungen

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Seien   Exponentialverteilungen zum identischen Parameter  , also mit Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion

 

Bemerkung zur Definition der Dichtefunktion

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Dabei ist   die Indikatorfunktion auf der Menge  .

Faltungsdichte 1 - Erlang-Verteilung bzw. Gamma-Verteilung

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Die Faltung liefert als Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion einer Erlang-Verteilung beziehungsweise eine Gammaverteilung zu den Parametern 2 und  . Somit ergibt die Faltung zweier Exponentialverteilungen eine Erlang- beziehungsweise eine Gammaverteilung.


Faltungsdichte 2 - Erlang-Verteilung bzw. Gamma-Verteilung

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Die Faltungsdichte der Erlang-Verteilung ist dann für   wie folgt definiert:

 

Allgemeiner Fall

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Im allgemeinen Fall sei   eine Menge (Ergebnisraum), auf der mindestens die Addition erklärt ist. Diese Operation ist notwendig, damit die Faltung in den Argumenten der Dichtefunktionen definiert werden kann.

Produkt-σ-Algebra

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Dabei   eine σ-Algebra und   die Produkt-σ-Algebra auf  . Die Addition   wird dabei als folgende Abbildung:

 

Definition - Faltung als induzierte Verteilung einer Zufallsgröße

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Des Weiteren seien zwei Wahrscheinlichkeitsmaße   auf   gegeben und   das entsprechende Produktmaß.

Ist dann die Addition   als Abbildung von   nach   eine  - -messbare Funktion (und damit eine Zufallsvariable), so heißt das Bildmaß von   unter   (bzw. die Verteilung der Zufallsvariable  ) die Faltung der Wahrscheinlichkeitsmaße   und  .[1] Somit ist

 

Bemerkung - analoge Formulierung der Faltung

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Analog kann man die Faltung wie folgt definieren:

 .

Die obigen Messbarkeitsbedingungen sind beispielsweise immer erfüllt, wenn   ein topologischer Vektorraum ist und   die borelsche σ-Algebra. Dies ist insbesondere der Fall, wenn   und  .

Herleitung der obigen Spezialfälle - diskreter Fall

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Für Wahrscheinlichkeitsmaße auf   genügt es, die Aussage für die Mengen   zu zeigen, da diese ein Erzeuger der σ-Algebra (hier der Potenzmenge) bilden. Es ist

 .

Bemerkung 1 zur Herleitung - diskreter Fall

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Dabei sind die ersten beiden Schritte Umformulierungen der Bildmaße der Verteilungen, der dritte folgt aus der σ-Additivität und der Disjunktheit der  , der vierte aus der Definition des Produktmaßes und der letzte schließlich aufgrund der eindeutigen Charakterisierung der Wahrscheinlichkeitsmaße durch ihre Wahrscheinlichkeitsfunktionen.

Bemerkung 2 zur Herleitung - diskreter Fall

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Somit ist die in obigem Abschnitt angegebene Wahrscheinlichkeitsfunktion   die Wahrscheinlichkeitsfunktion der gefalteten Wahrscheinlichkeitsmaße  , die Definitionen stimmen also überein.

Herleitung der obigen Spezialfälle - stetiger Fall

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Analog folgt für Wahrscheinlichkeitsmaße auf  

 

durch Substitution und den Satz von Fubini.

Eigenschaften

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Summe unabhängiger Zufallsvariablen

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Eine wichtige Eigenschaft der Faltung von Wahrscheinlichkeitsmaßen ist, dass sich mit ihr die Verteilung der Summe von stochastisch unabhängigen Zufallsvariablen bestimmen lässt. Sind   und   stochastisch unabhängige Zufallsvariablen mit Verteilungen   und  , so ist die Verteilung der Summe der Zufallsvariablen die Faltung der Verteilungen der Zufallsvariablen, also

 .

Diese zentrale Eigenschaft folgt direkt aus der Definition der Faltung als Bildmaß der Addition. Dabei folgt die stochastische Unabhängigkeit der Konstruktion aus dem Produktmaß.

Wahrscheinlichkeitserzeugende, Momenterzeugende und Charakteristische Funktionen

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Für Wahrscheinlichkeitsmaße   auf   lässt sich die Faltung mit den wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktionen   in Beziehung setzen. Es gilt dann

 .

Die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion der Faltung zweier Wahrscheinlichkeitsmaße ist also das Produkt der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktionen der Maße.

Analoges gilt für die momenterzeugende Funktion   und die charakteristische Funktion  :

    und    

Daraus folgen die Additionsidentitäten für unabhängige Zufallsvariablen:

 
 
 

Aufbauende Begriffe

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Faltungshalbgruppen

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Eine Faltungshalbgruppe ist eine Menge von Wahrscheinlichkeitsmaßen, die abgeschlossen bezüglich der Faltung ist. Das bedeutet, dass die Faltung zweier Wahrscheinlichkeitsmaße aus der Faltungshalbgruppe wieder in der Faltungshalbgruppe enthalten ist. Faltungshalbgruppen treten beispielsweise bei der Untersuchung von charakteristischen Funktionen oder als Hilfsmittel zur Konstruktion von stochastischen Prozessen mit bestimmten Eigenschaften, wie dem Wiener-Prozess, auf. Beispiele für Faltungshalbgruppen sind die Binomialverteilungen zu einem festen Parameter   oder die Cauchy-Verteilung.

Unendliche Teilbarkeit

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Ein Wahrscheinlichkeitsmaß   heißt unendlich teilbar, wenn zu jedem   ein weiteres Wahrscheinlichkeitsmaß   existiert, für das

 

gilt. Hierbei bezeichnet

 

die n-fache Hintereinanderausführung der Faltung.   lässt sich also immer als n-te Faltungspotenz eines weiteren Wahrscheinlichkeitsmaßes darstellen. Die äquivalente Formulierung für Verteilungen lautet, dass   immer die Verteilung der Summe von   unabhängigen, identische verteilten Zufallsvariablen ist.

Faltungsidentitäten

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Die folgende Liste enthält wichtige Faltungsidentitäten, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Faltungsidenditäten finden sich in den entsprechenden Hauptartikeln zu den Wahrscheinlichkeitsmaßen.

Verteilung Faltung Faltungshalbgruppe Unendlich Teilbar
Diskrete Verteilungen
Bernoulli-Verteilung     Nein Nein
Binomialverteilung     Ja, auf   Nein
Poisson-Verteilung     Ja, auf   Ja, durch  
Geometrische Verteilung     Nein Ja, durch  
Negative Binomialverteilung     Ja, je nach Definition auf   oder auf   ja, durch  
Dirac-Verteilung     Auf   Ja, durch  
Absolutstetige Verteilungen
Standardnormalverteilung     Nein Ja, durch  
Normalverteilung     Auf   Ja, durch  
Cauchy-Verteilung     Ja
Exponentialverteilung     Nein ja, durch  
Erlang-Verteilung     Ja, auf   Ja, durch  
Gammaverteilung     Ja, auf   Ja, durch  
Chi-Quadrat-Verteilung     Ja, auf  

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Georgii: Stochastik. 2009, S. 75.

Bemerkung

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Dieser Artikel behandelt Faltung in der Stochastik. Für andere Bedeutungen siehe Faltung (Mathematik) und Faltung.


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