Kurs:Wissen SoSe11/Wissensschutz in der Wissenschaft/Ausarbeitung

Bearbeitung

Nico Schebesta, Wirtschaftsingenieurwesen/MB

Kerstin Hübner, WWA

Christian Kerger, Wirtschaftsinformatik

Alexander Flechner, Wirtschaftsingenieurwesen/MB

Betreuung

Oliver Tacke

Wissensschutz in der Wissenschaft - oder doch nicht?

In dieser Ausarbeitung geht es darum, herauszufinden, wann und warum Wissen in der Wissenschaft geschützt werden sollte. Vor diesem Hintergrund werden ethische und rechtliche Aspekte, Gründe für das Publizieren wissenschaftlicher Arbeiten sowie das Modell des Open Access erörtert.


Einleitung

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In unserer Gesellschaft zeichnet sich der Trend zur Informations- und Wissensorientierung ab. Der Produktionsfaktor Wissen wird zunehmend zu einer wertvollen Ressource, welche Organisationen nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Der Grund hierfür liegt in der Knappheit der Ressource Wissen.[1] Sie muss von den Unternehmen unter großem Aufwand aufgebaut werden, da sie nur bedingt handelbar ist.[2] Aus diesem Grund spielt die Wissensbewahrung eine entscheidende Rolle. Sowohl durch Bindung der Mitarbeiter als auch durch rechtliche Maßnahmen (z. B. Patente) streben Unternehmen an, ihr Wissen zu schützen.[3]

Nicht nur in Unternehmen sondern auch in wissenschaftlichen Organisationen wie Universitäten und Forschungseinrichtungen spielt Wissen eine tragende Rolle. Mit dem Ziel, neue Erkenntnisse zu gewinnen, forschen Universitäten und Institute. Die Ergebnisse dieser Bemühungen werden anschließend publiziert. Das Ziel der Publikationen sollte idealerweise die Weitergabe von Informationen, das Präsentieren kreativer Ideen und der Erwerb von Reputation sein.[4] Als Wissen wird "[...] die Kombination von Daten und Information, unter Einbeziehung von Expertenmeinungen, Fähigkeiten und Erfahrung, mit dem Ergebnis einer verbesserten Entscheidungsfindung"[5] verstanden. Aus dieser Definition von Wissen geht hervor, dass mit Hilfe von Wissen am Ende eine Entscheidungsgrundlage geschaffen werden soll. Dazu muss das Wissen verbreitet werden, um in einfach oder komplex vernetzten Strukturen des menschlichen Lebens und Handelns an den Daten und Informationen partizipieren zu können. In der Wissenschaft soll das erlangte Wissen durch den Austausch auf Fachtagungen, durch Publikationen oder die Lehre vermittelt werden.[6] Wie es in der Wissenschaft mit der Veröffentlichung des erlangten Wissens und dem einhergehenden Schutz steht, wird in der folgenden Arbeit thematisiert.

Um die Frage "Wissensschutz in der Wissenschaft: ja oder nein?" beantworten zu können, wird in dem ersten Abschnitt zunächst ein Blick auf die Ethik in der Wissenschaft gerichtet. Es werden die gängigen Empfehlungen und Regeln guten wissenschaftlichen Arbeitens betrachtet. Anschließend wird das Beispiel der Enthüllungsplattform "Wikileaks" untersucht und der Frage nachgegangen, ob jedes Dokument ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte oder die Folgen veröffentlicht werden sollte. In der Wissenschaft wird häufig der Schwerpunkt darauf gelegt, Forschungsergebnisse als Erster zu veröffentlichen, um die eigene Reputation und dadurch auch die des Arbeitgebers zu steigern. Der daraus resultierende Publikationsdruck wird unter der Redewendung "Publish or Perish"[7] zusammengefasst. Auf die Ursachen, Effekte und möglichen Gegenmaßnahmen wird im entsprechenden Kapitel näher eingegangen. Open Access bietet eine Möglichkeit der kostenfreien Nutzung wissenschaftlicher Informationen und einen kürzeren Zeitraum bis zur Publikation wissenschaftlicher Artikel, durch den Wegfall des Druckens und Vertriebs dieser Artikel. In den letzten Jahren zeichnet sich ein starker Trend hin zur Publikation durch Open Access ab, um die Vorteile dieses Prinzips zu nutzen. Neben den Vorteilen gibt es aber auch Vorbehalte wie die rechtlichen Aspekte dieser Publikationsform. Diese rechtlichen Fragen werden neben der Idee hinter Open Access und den resultierenden Vorteilen sowie den Vorbehalten genauer beschrieben. Anschließend wird das Urheberrecht hinsichtlich seiner Änderungen in den letzten Jahren erläutert. Dabei wird neben der allgemeinen Erläuterung auch die Änderung, Open Access betreffend, angesprochen. Im folgenden Kapitel wird sich mit dem Thema Plagiarismus auseinandergesetzt. Es werden die Ursachen beleuchtet und Maßnahmen gegen Plagiarismus erläutert. Zudem wird die Frage beantwortet, ob freier Zugang zu wissenschaftlichen Werken die Anzahl der Plagiate in der Wissenschaft erhöht und dieses Wissen vielleicht besser geschützt werden sollte.

Ethik in der Wissenschaft

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Das Thema Ethik spielt auch in der Wissenschaft eine große Rolle. In diesem Abschnitt wird auf die Frage eingegangen, ab wann ein Thema so brisant oder wichtig ist, dass es veröffentlicht werden muss, egal um welchen Preis. Dazu werden die Grundsätze der Wissenschaftsethik erläutert und dann das Beispiel der umstrittenen Veröffentlichungsplattform Wikileaks betrachtet.

Grundsätze der Wissenschaftsethik

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In diesem Kapitel wird auf die Grundsätze der Wissenschaftsethik eingegangen. Es werden zunächst die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis[8] betrachtet und kurz zusammengefasst. Die „Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“, welche eine, von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) zusammengestellte, internationale Kommission erarbeitet und verfasst hat, wurden 1997 veröffentlicht.

Der Beweggrund für die Verfassung dieser „Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ war der Forschungsskandal der Wissenschaftler Herrmann und Brach.[9] Die beiden Krebsforscher Herrmann und Brach sollen zwischen 1994 und 1996 Labordaten und Experimente gefälscht und Arbeiten anderer Wissenschaftler kopiert haben. Dieser Fall ist bis heute einer der größten Forschungsskandale Deutschlands.[10]

Die erarbeiteten 16 Vorschläge und Empfehlungen sollten die Grundprinzipien wissenschaftlichen Arbeitens der Wissenschaftsgemeinde wieder ins Blickfeld rücken. Lauf DFG beruhen sie auf folgendem Prinzip:

„Wissenschaftliche Arbeit beruht auf Grundprinzipien, die in allen Ländern und in allen wissenschaftlichen Disziplinen gleich sind. Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen. Sie ist zugleich ethische Norm und Grundlage der von Disziplin zu Disziplin verschiedenen Regeln wissenschaftlicher Professionalität, das heisst guter wissenschaftlicher Praxis.“[11]

Die 16 Empfehlungen der DFG zur Wahrung einer guter wissenschaftlicher Praxis beinhalten unter anderem die Aspekte allgemeine Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit, die Zusammenarbeit und Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen, die Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten und wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese sind von den Hochschulen und anderen Forschungsinstituten zu beachten und zu formulieren. Sie sollen den Mitgliedern beigebracht und von diesen verpflichtend akzeptiert werden. Für die Nachwuchsförderung soll jede Forschungseinrichtung verpflichtende Leitlinien verfassen. Zudem sollen in jedem Forschungsinstitut Vertrauenspersonen eingesetzt werden, an die sich die Mitglieder in Konfliktsituationen oder aufgrund von vermutetem wissenschaftlichen Fehlverhaltens wenden können. Weiterhin sollen die Forschungseinrichtungen Verfahrensanweisungen bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten verfassen. Die Verantwortung für eine Veröffentlichung sollen stets alle Autorinnen und Autoren gemeinsam tragen. „Ehrenautorschaften“ sind nicht erlaubt. Empfänger von Fördermitteln sollen auf die Regeln zur guten wissenschaftlichen Praxis verpflichtet werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft soll ein unabhängiges Gremium berufen, das allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als Ansprechpartner in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und deren Verletzung dienen soll.[12]

Wenn jeder Wissenschaftler diese Empfehlungen befolgt, sollte das Schützen des eigenen Wissens überflüssig werden. Damit das passiert, müssen die Studierende schon im frühen Stadium ihrer Wissenschaftskarriere über diese Regeln guter wissenschaftlicher Praxis umfassend informiert und unterrichtet werden. Auf diese Weise würde auch das Problem des Plagiarismus, welches im entsprechenden Kapitel genauer betrachtet wird, eingedämmt werden.

Transparenz um jeden Preis - Beispiel Wikileaks

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In diesem Kapitel beschäftigen wir uns unter anderem mit der Frage, welches Wissen veröffentlicht und welches geschützt werden muss.

In letzter Zeit war oft der Name der Veröffentlichungsplattform „Wikileaks“ in den Medien zu hören, welche ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte oder Staatsgeheimnisse brisante Dokumente veröffentlichte.[13] Nach eigenen Angaben wurde Wikileaks von chinesischen Dissidenten, Journalisten, Mathematikern und Technikern von Start-up-Unternehmen aus den USA, Taiwan, Europa, Australien und Südafrika gegründet. Ziel war es zunächst Regierungsaktivitäten transparent zu machen. Die Initiatoren glaubten, dass damit die Korruption verringert, die Demokratie gestärkt und die Regierung verbessert werden könnte.[14]

2007 veröffentlicht Wikileaks zum ersten Mal vertrauliche Dokumente. Darunter sind Handbücher aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo, in dem die psychologischen Foltermethoden der US-Regierung dokumentiert werden. Die nächsten brisanten Veröffentlichungen im Jahr 2009 enthalten unter anderem die Mitgliederliste der „British National Party"“, interne Dokumente von Scientology und Belege über illegale Hinrichtungen in Kenia. Für die Enthüllungen in Kenia mit dem Titel „Kenya: The Cry of Blood - Extra Judicial Killings and Disappearances“ erhielt Wikileaks bei den Amnesty International Media Awards 2009 den Preis für neue Medien („New Media“). Im darauffolgenden Jahr rückt Wikileaks zum ersten Mal in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz am 5. April 2010 wird Videomaterial vom Angriff eines US-Militär-Hubschraubers im Jahr 2007 auf Zivilisten und zwei Reporter veröffentlicht. Noch im selben Jahr sorgen die Veröffentlichungen der „Afghan War Diarys“ und der „Iraq War Logs“ für Aufsehen. Bei diesen Veröffentlichungen arbeitet Wikileaks mit dem britischen "The Guardian", der US-amerikanischen "New York Times" und dem deutschen "Spiegel" zusammen. Nach diesen Publikationen stellen die Firmen Amazon, Paypal, Visa oder Mastercard auf politischen Druck die Kooperation mit Wikileaks ein. Julien Assange wird aufgrund des Vorwurfs der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung festgenommen und steht seitdem in England unter Hausarrest. Im Februar 2011 wurde Wikileaks für den Friedensnobelpreis nominiert.[15]

Die Vorgehensweise, wie Wikileaks Dokumente veröffentlicht, wurde oft kritisiert. Bei der Veröffentlichung wird im Vorfeld eine Authentizitätsprüfung durchgeführt. Die Relevanz der anonym eingesendeten Dokumente wird nicht von Wikileaks überprüft.[16] Die Gewichtung des Dokuments bezüglich Glaubwürdigkeit und Wahrheitsgehalt und damit dessen Bedeutung auf der Webseite bestimmen die Nutzer.[17]

Ohne Frage bietet diese „Enthüllungsplattform“ eine neue Recherchemöglichkeit für Journalisten und dient somit der Verbreitung von Informationen in der Öffentlichkeit. Nach eigenen Aussagen will Wikileaks diejenigen unterstützen, „die unethisches Verhalten in ihren eigenen Regierungen und Unternehmen enthüllen wollen“ [18]. Doch man muss sich die Frage stellen, ob die Veröffentlichung des Datenmaterials ohne Kontrolle auch dann gerechtfertigt ist, wenn dadurch nationale Sicherheitsinteressen verletzt werden oder Menschen sterben können[19] und ob man das Interesse der Öffentlichkeit über das des einzelnen stellen darf.

Hohe Militärs der USA sagten bereits aus, dass „Blut an den Händen des Wikileaks-Personals klebe“.[19] Jedoch darf man hierbei nicht nur auf die Wikileaks-Plattform schauen, man muss bei dieser Debatte auch die Personen, die Zugang zu sensiblen Informationen haben und diese über Wikileaks veröffentlichen wollen, betrachten. Die Einschätzung, ob aus der „Weitergabe dieser Informationen ein „gutes“ oder ein „schlechtes“ Leck resultiert, muss an dieser Stelle erfolgen. Wikileaks greift erst danach in den Prozess ein: als Schutzschild für Informanten, als Schnittstelle zur Öffentlichkeit der alten Medien und als Aufmerksamkeitsgenerator“[19]

Auch in der Wissenschaft gibt es ähnliche Enthüllungsplattformen, welche nach dem gleichen Prinzip arbeiten. Das bekannteste Portal ist vermutlich die kollaborative Plagiatsdokumentation "GuttenPlag". Auf dieser Seite wird sich mit der Dissertation von Karl-Theodor zu Guttenberg auseinandergesetzt. Die Mitarbeiter von GuttenPlag bleiben, wie bei Wikileaks, anonym. Eine verwandte Gruppierung ist die von dem österreichischen Professor Dr. Hrachovec gegründete "Initiative für Transparenz in der Wissenschaft"[20] Diese Webseite setzt sich mit der Doktorarbeit von EU-Kommissar und ehemaligem Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) auseinander. Hrachovec rief diese Initiative ins Leben, da er die Prüfung der Doktorarbeit Hahns als unzureichend empfand. Er warf der Universitätsleitung vor "mit einer ausgeklügelten Strategie die transparente Behandlung dieses Problems verhindert" zu haben. Er sehe das "als Beleg der rücksichtslosen Realpolitik, die ich immer wieder beobachten konnte".[21]

Diese und viele weitere Initiativen zeigen, dass der Bedarf nach Transparenz in der Wissenschaft groß ist. Ein Gegenargument ist, wie bei Wikileaks, die Befürchtung, dass diese Enthüllungsplattformen die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen verletzen. Solange sich diese Initiativen jedoch sachlich mit der Arbeit des verdächtigen Plagiateurs beschäftigen, ist diese Argumentation ungerechtfertigt.

Publish or Perish

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Die in der Wissenschaft gebräuchliche Redewendung "Publish or Perish" (übersetzt: "veröffentliche oder stirb") beschreibt den Publikationsdruck, dem sich viele Wissenschaftler heutzutage ausgesetzt sehen. Die Anzahl der Veröffentlichungen eines Wissenschaftlers wird als möglicher Leistungsindikator bei der Vergabe von Forschungsgeldern und Einstellungsentscheidungen verwendet.[7] Dies führt dazu, dass Wissenschaftler immer stärker darum bemüht sind, möglichst viele Veröffentlichungen in ihrem Lebenslauf nennen zu können, die gleichzeitig auch in möglichst renommierten Zeitschriften erschienen sein sollten. Wodurch dieser Druck erzeugt wird, welche Auswirkungen er mit sich bringt und welche Möglichkeiten zur Reduktion bestehen, wird im Folgenden näher erläutert.

Ursachen

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Der Publikationsdruck wird sowohl von den Forschungseinrichtungen und Universitäten als auch den Drittmittelgebern erzeugt, die Publikationen als Leistungsindikator nutzen. Hierbei kommt es wie eingangs erwähnt sowohl auf die Quantität als auch die Qualität (gemessen an Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften) an.

Forschungseinrichtungen sowie Universitäten erzeugen Publikationsdruck, indem sie - wie alle Arbeitgeber - den Mitarbeitern bestimmte Leistungsziele setzen, die erreicht werden müssen, wenn sie weiter beschäftigt werden wollen. Leistung wird in vielen Forschungseinrichtungen und Universitäten über die Anzahl der Publikationen gemessen. Somit können die Universitäten ihren Mitarbeitern vorschreiben, wie viele Publikationen zur Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages eines Wissenschaftlers notwendig sind. Auf lokaler Ebene spielt bei der Beurteilung von Akademikern zusätzlich die Qualität der Lehre eine Rolle. Soll die Leistungsbeurteilung jedoch auf nationalem oder internationalem Level vorgenommen werden, so steht die Anzahl der Publikationen im Vordergrund.[22]

Die Verwendung von Publikationen als Leistungsindikator eines Wissenschaftlers erzeugt somit einen Druck auf den Wissenschaftler, möglichst viel in möglichst renommierten Fachzeitschriften zu veröffentlichen, da sein künftiger Karriereweg davon abhängig ist. Neben der aktuellen Anstellung hängen zukünftige Karrierechancen von den Veröffentlichungen ab, da diese die Reputation des Wissenschaftlers steigern können.[23]

Ebenso stehen Universitäten und Forschungseinrichtungen unter Druck, eine gute Reputation aufzubauen und aufrechtzuerhalten. So sind sie selbst darum bemüht, in Rankings eine vordere Position einzunehmen.[24] Die Universitäten stehen in starkem Konkurrenzdruck untereinander, das Geld von Drittmittelgebern wie beispielsweise staatlicher Forschungsprogramme zu erwerben. Als Beurteilungskriterium wird auch hier die Forschungsleistung herangezogen, die unter anderem durch Publikationsanzahlen und drittmittelfinanzierte Projekte gemessen wird.[25]

Ein neues Anreizsystem für Professoren wurde durch das Professorenbesoldungsgesetz (ProfBesReformG) geschaffen, womit die sogenannte W-Besoldung für Professoren eingeführt wurde. Dieses Gesetz sieht vor, dass Professoren ein Grundgehalt erhalten, welches sie mit variablen Leistungsbezügen aufstocken können.[26] Diese Leistungsbezüge können zum Beispiel "für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung"[27] vergeben werden. Das Ziel dieser Reform lag darin, die Leistung und Motivation durch Einführung einer leistungsabhängigen Lohnkomponente zu steigern.[28] Jedoch wird dadurch ebenfalls der Druck auf die Professoren erhöht, besondere Leistungen zu zeigen, um die zusätzlichen Bezüge zu erreichen. Mit der Möglichkeit, die Leistungsbezüge durch Veröffentlichungen zu erhalten, unterstützt die Reform das Prinzip "Publish or Perish".

Auswirkungen

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Die Auswirkungen, die das "Publish or Perish"-Prinzip mit sich bringt, sind vielfältig. Sowohl die wissenschaftliche Arbeit als auch die Wissenschaftler selbst werden von dem Prinzip beeinflusst.

Effekte auf die wissenschaftliche Arbeit

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Eine Auswirkung auf die wissenschaftliche Arbeit besteht darin, dass die Themen, die Wissenschaftler zur Publikation einreichen, selten kritisch sind und kaum von bekannten Theorien abweichen. Stattdessen werden eher Aufsätze mit bekannten Theorien und erwarteten Ergebnissen eingereicht.[29] Grund dafür ist der Auswahlprozess, nach dem Zeitschriften die zur Veröffentlichung eingereichten Artikel beurteilen. Bei der Beurteilung setzen insbesondere die renommierten Fachzeitschriften angesehene Gutachter (anerkannte Wissenschaftler; sog. "Peers") ein, um die Qualität der zur Publikation eingereichten Artikel zu überprüfen.[30] Dieses sogenannte Peer-Review-Verfahren wird jedoch stark kritisiert. Ein Hauptkritikpunkt an diesem Verfahren liegt darin, dass den Gutachtern vorgeworfen wird, etablierte Wissenschaftler zu bevorzugen und damit Vetternwirtschaft zu begünstigen. Ebenso sollen es bekannte, beliebte Themen einfacher haben, ausgewählt zu werden. Dadurch würde unbekannten Wissenschaftlern, die sich mit neuen, kritischen Themen auseinander setzen, das Publizieren erschwert.[31] Dem Kritikpunkt der Vetternwirtschaft ist entgegenzustellen, dass bei der Begutachtung den Gutachtern meistens die Namen der Autoren nicht genannt werden (sog. "Doppelblind-Verfahren").[32]

Zusätzlich zu der Bevorzugung bekannter Theorien werden durch den Publikationsdruck häufiger positive Ergebnisse publiziert. Es ist leichter, Ergebnisse zu publizieren, die eine Hypothese unterstützen, als eine solche, die die Hypothese verwerfen (also "negativ" sind).[33] Fanelli (2010) führt an, dass die meisten negativen Ergebnisse entweder gar nicht veröffentlicht werden oder die Hypothesen im Nachhinein geändert werden, so dass sie den Ergebnissen entsprechen.[34] In einer Untersuchung hat Fanelli (2010) die Hypothese überprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen Publikationsdruck und der selektiven Publikation positiver Ergebnisse besteht.[35] Hierfür wurde eine Zufallsstichprobe von Veröffentlichungen zwischen 2000 und 2007 von in den USA lebenden Autoren gezogen. Insgesamt wurden 1316 Veröffentlichungen dahingehend analysiert, ob die Hypothesen positiv unterstützt oder falsifiziert wurden.[35] Publikationsdruck bemisst Fanelli an der Wettbewerbsstärke bzw. der Produktivität eines Bundesstaates. Unabhängig von der Disziplin der Wissenschaftler und den Ausgaben für Forschung in den einzelnen Bundesstaaten, stieg die Wahrscheinlichkeit für positive Ergebnisse signifikant mit der Pro-Kopf-Produktivität der Wissenschaftler. Anders formuliert, wurden in jenen US-Bundesstaaten, in denen mehr Artikel pro Wissenschaftler veröffentlicht werden, eine höhere Wahrscheinlichkeit für positive Ergebnisse gefunden. Fanelli (2010) schlussfolgert daraus, dass mit zunehmendem Publikationsdruck das Bestreben nach positiven Ergebnissen wächst.[34] Offen bleibt, was Wissenschaftler mit negativen Ergebnissen machen. Sowohl schlichtes Ignorieren als auch absichtliches Fälschen sind zwei mögliche Optionen. Zusätzlich bleibt die Anzahl der negativen Ergebnisse und möglichen Verfälschungen unbekannt.[36]

Da die Anzahl der Publikationen eine wichtige Rolle in der Leistungsevaluation spielt, scheint es eine logische Schlussfolgerung zu sein, dass die Wissenschaftler versuchen, aus ihren Forschungsergebnissen möglichst viele individuell veröffentlichbare Einheiten zu schaffen. Genau diesen Umstand beschreibt die sogenannte "Salamitaktik"[37] bzw. die im Englischen verwendete Beschreibung "Least Publishable Unit"[38]. Dabei werden die einzelnen Ergebnisse häppchenweise publiziert.[39] Im Extremfall kann es sogar zu Doppelpublikationen der selben Ergebnisse kommen.[40] Die Folge davon sind zum Einen redundante Publikationen, da der Inhalt meist auf einen bzw. weniger Artikel zusammengefasst werden könnte.[41] Zum Anderen wird durch die Publikation redundanter Ergebnisse die Publikations-Wartezeit anderer wissenschaftlicher Artikel verlängert.[42] Diese Taktik hat auch Auswirkungen auf den interessierten Leser, da dieser bei dem Vergleich der aufgeteilten Publikationen herausfinden muss, ob ihm wirklich etwas Neues mitgeteilt wird, und unter Umständen viel Zeit mit dem Vergleich der Artikel verbringt.[42]

Eine häufig diskutierte Frage beim Thema "Publish or Perish" bezieht sich darauf, ob der Publikationsdruck - und die damit einhergehende Bevorzugung des Faktors "Quantität" - die Qualität der Forschung und des Forschungsoutputs mindere. Die drei vorhergehenden Punkte (Bevorzugung bekannter & etablierter Theorien, Veröffentlichung von Ergebnissen, die bestehende Theorien bestätigen, Aufteilung der Ergebnisse auf mehrere Publikationen) liefern Argumente dafür, dass die Qualität von Veröffentlichungen beeinträchtigt wird: Das bewusste Nicht-Veröffentlichen negativer Ergebnisse bzw. Verfälschung von Daten verzerrt die wissenschaftliche Wirklichkeit. Eine Bevorzugung anerkannter Themen/Theorien führt dazu, dass die Forschung in eine Richtung verläuft und eventuell innovative Konzepte nicht untersucht werden. Die Aufteilung der Ergebnisse in möglichst viele einzeln zu publizierende Teile, während eine Gesamtveröffentlichung möglich wäre, führt zu einem unnötigen Überfluss.

Eine weitere Auswirkung besteht in der Zunahme der Autorenzahl bzw. Koautorenschaft. So zeichnet sich ein Anstieg in der Koautorenschaft pro Artikel über die Jahre ab.[43] So stieg beispielsweise die Anzahl der Autoren pro Artikel im Deutschen Ärzteblatt von 1957 bis 2007 von durchschnittlich 1 auf durchschnittlich 3,5 an.[44] Diese Entwicklung allein (oder größtenteils) auf den gestiegenen Publikationsdruck zurückzuführen, wäre falsch. Dennoch führt Binswanger (2010) an, dass Koautorenschaft vor allem von höhergestellten Personen (wie Professoren) durch ihre überlegenere Stellung erzwungen werden kann.[45] Auch Havemann (2009) schließt eine unrechtmäßige Vergabe von Koautorenschaft (z. B. durch Erzwingen) nicht aus,[46] nennt jedoch andere Gründe für die Zunahme an Autorenzahlen pro Artikel: die Erleichterung der (nationalen und internationalen) Kooperation (z. B. durch das Internet) sowie die steigende Notwendigkeit der Mittelkombination zur Lösung von Forschungsproblemen.[43] Eine Untersuchung über die Gründe der Koautorenschaft und Beiträge einzelner Autoren führte Slone (1996) durch. Mittels schriftlicher Selbstauskunft beantworteten 196 Erstautoren von Artikeln, die zwischen 1992 und 1993 im American Journal of Roentgenology veröffentlicht wurden, eine Umfrage zum Thema Koautorenschaft. 63 % der Befragten gaben an, dass sie bereits unrechtmäßigen Koautoren (Autoren, die weniger als 5 % der Arbeit zum Artikel beigetragen haben) in von ihnen publizierten Artikeln angeführt haben. Als häufigsten Grund hierfür nannten 40 % Angst oder Pflichtgefühl gegenüber dem unrechtmäßigem Autor.[47] Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Flanagin et al. (1998) in einer Analyse von 809 Artikeln in sechs biomedizinischen Zeitschriften. Über die sechs Zeitschriften hinweg wurde bei durchschnittlich 19 % der Artikel ein "Ehrenautor" aufgeführt, der keinen relevanten Beitrag zu den Ergebnissen geleistet hat.[48] Diese Studien zeigen, dass die Koautorenschaft neben der Salamitaktik eine Möglichkeit ist, auf einfachem Wege zu einer möglichst hohen Publikationszahl zu gelangen.

Effekte auf die Wissenschaftler

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Neben den genannten Effekten auf die wissenschaftliche Arbeit, werden auch die Wissenschaftler selbst durch das "Publish or Perish"-Prinzip beeinträchtigt. Zum einen wird ihre Motivation beeinflusst. Wird eine Tätigkeit, die eine Person von sich aus gerne durchführt, durch äußere Faktoren belohnt (z. B. monetäre Anreize, Anerkennung), so führt das zu einer Verdrängung der ursprünglichen intrinsischen Motivation durch extrinsische Motivation. Die Person assoziiert die vorher intrinsisch motivierte Tätigkeit mit extrinsischer Belohnung.[49] Dieser Effekt lässt sich auch auf die wissenschaftliche Arbeit übertragen. Die intrinsische Motivation eines Wissenschaftlers an seiner Arbeit liegt darin, einen sinnvollen Beitrag zur Wissenschaft zu leisten (durch Entdeckung neuer Prinzipien, Erkenntnisgewinnung, etc.). Durch das "Publish or Perish"-Prinzip wird der Wissenschaftler dafür belohnt, viele Publikationen vorweisen zu können (z. B. durch Beförderungsmöglichkeiten, Reputation oder monetäre Anreize wie bei der W-Besoldung der Professoren). Indem die wissenschaftliche Arbeit immer mehr von extrinsischer Seite belohnt (bzw. bei Unterlassung von Publikationen auch bestraft) wird, wird auch in diesem Berufsfeld die intrinsische immer stärker durch extrinsische Motivation ersetzt. Im Vordergrund steht nun vielfach nicht mehr die Erkenntnisgewinnung, sondern das Denken an Veröffentlichungen.[50] Weiterhin besteht ein enger Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation und Kreativität und Innovation. Frey und Osterloh (2002) fügen an, dass intrinsische Motivation für die Ausübung kreativer und innovativer Aufgaben wichtig sei.[51] Da die Forschungstätigkeiten eines Wissenschaftler ebendiese Aufgaben beinhalten, ist die Verdrängung der intrinsischen durch die extrinsische Motivation nachteilig.

Zum anderen führt das "Publish or Perish"-Prinzip führt zu einigen Verhaltensweisen, mit denen die Publikationszahl auf unrechtmäßigem Wege erhöht werden können. Darunter fällt der Plagiarismus, auf den hier nur kurz eingegangen werden soll, da das Thema weiter unten ausführlicher behandelt wird. Doppelpublikation eigener Ergebnisse (Selbst-Plagiarismus) bzw. fehlende Selbstzitierung sind beides Verhaltensweisen, die - genau wie Plagiarismus - unethisch sind, aber durch "Publish or Perish" erzeugt werden.[52] Ebenfalls zählt das Nicht-Veröffentlichen von negativen Ergebnissen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten, da der Öffentlichkeit dadurch unter Umständen wichtige Ergebnisse vorenthalten werden.

Zusätzlich zur Motivationsbeeinträchtigung liegt die Vermutung nahe, dass der Publikationsdruck eine Belastung für die Wissenschaftler darstellt und Stress erzeugt. Laut De Rond und Miller (2005) gibt es jedoch keine empirischen Beweise dafür, dass der Publikationsdruck zu einem erhöhten Stress bei den Wissenschaftlern führt.[53] Trotzdem nutzen Kritiker des "Publish or Perish"-Prinzip dieses Argument. So beschreibt Dries (2006) beispielsweise, dass die hohe Arbeitsbelastung von Jungwissenschaftlern im Allgemeinen zu erhöhtem Stress und Burnout-Syndrom führt.[54] Eine mögliche Erklärung für den Mangel an empirischen Nachweisen zwischen Publikationsdruck und Stress sind individuelle Unterschiede im Stressempfinden. So arbeiten einige Menschen besser und produktiver unter dem Publikationsdruck als andere, indem sie sich höhere Ziele setzen und mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen.[55] Andererseits kann auch ein zu geringes Maß an Publikationsdruck bei einigen Menschen zu Langeweile und geringerer Produktivität führen.[56]

Gegenmaßnahmen

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Um den Publikationsdruck auf die Wissenschaftler zu senken, sollten an den Ursachen angesetzt werden. Sowohl die Universitäten bzw. Forschungseinrichtungen als auch Drittmittelgeber sind wichtige Ansatzpunkte, für die in der Literatur viele verschiedene Vorschläge gefunden werden können.

Auf der Seite der Drittmittelgeber hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bereits einen großen Schritt zur praktischen Umsetzung unternommen. "Qualität statt Quantität" lautet das Motto, unter dem die DFG beschloss, dass bei der Antragstellung für Forschungsgelder maximal fünf aussagekräftige Publikationsangaben pro Wissenschaftler genannt werden dürfen. Diese Leitlinie wurde am 1. Juli 2010 umgesetzt. Dadurch obliegt es den Wissenschaftlern, sich für die fünf wichtigsten Veröffentlichungen zu entscheiden. Werden dennoch mehr Publikationen im Antrag aufgeführt, so wird der Antrag zur Überarbeitung zurückgeschickt.[57] Fraglich an der neuen Leitlinie ist, ob sie tatsächlich die Publikationsanzahl einschränkt oder lediglich die für die Gutachter zu begutachtenden Publikationen. Dies müsste in den kommenden Jahren untersucht werden. Weiterhin beurteilt die DFG lediglich die eingereichten Projektanträge; es kommt nicht auf eine Beurteilung des Wissenschaftlers selbst an. An dieser Stelle setzen die Universitäten an.

So können Universitäten bei der Leistungsbeurteilung zusätzlich - neben der Qualität der Publikationen - auch Faktoren wie Qualität der Lehre und Studentenbetreuung berücksichtigen. Die W-Besoldung für Professoren liefert entsprechende Anreize dafür, da die variablen Leistungsbezüge nicht nur für Forschungstätigkeiten, sondern unter anderem auch für die Lehre und Nachwuchsförderung ausgegeben werden können.[58] Für eine entsprechende Evaluation der Lehrtätigkeiten fehlt es jedoch noch an einem Instrument, welches die Qualität der Lehrtätigkeit valide erfasst.[59] Die Ergebnisse eines DFG-Projektes ("Governance in der Lehre") zeigen, dass lediglich 4,8 % von 1119 befragten W-besoldeten Professoren Leistungszulagen auf Grundlage ihrer Lehrtätigkeit erhalten.[60] Es besteht demnach Potential, die Qualität der Lehre als Leistungsindikator zu nutzen.

Eine weitere Alternative liefert Gad-el-Hak (2004). Zur Bewertung der Leistung bzw. Kompetenz eines Wissenschaftlers eigne sich demnach die Zitationsanzahl pro Veröffentlichung besser als die Publikationsanzahl.[61] Dies wird bereits bei der sogenannten Bibliometrie verwendet, die die Publikationen misst und vergleicht. Bibliometrische Verfahren ermitteln die Häufigkeit, mit der Fachartikel zitiert werden. Die Annahme hinter dieser Vorgehensweise lautet: Ein häufig zitiertes Werk muss auch qualitativ hochwertig sein.[62] Allerdings ist die Zitationsanzahl wie die Publikationszahl ein quantitatives Maß, von dem erhofft wird, dass es die Qualität einigermaßen adäquat widerspiegelt.

Faulstich (2010) plädiert gegen die neue Leitlinie des DFG und die Begrenzung der Publikationen auf eine bestimmte Anzahl bei der Antragsstellung. Dies ließe keinen Rückschluss auf die Qualität der Veröffentlichungen zu, da eine geringere Anzahl an Publikationen nicht notwendigerweise garantiert, dass diese gleichzeitig qualitativ hochwertiger sind. Stattdessen schlägt Faulstich (2010) vor, das Gutachtersystem zu verbessern, indem nur fachlich qualifizierte Gutachter mit Erfahrung eingesetzt werden.[63]

Einen radikalen Vorschlag unterbreiten Osterloh und Frey (2008), die sich nicht direkt an die "Publish or Perish"-Problematik wendet, sondern an die Anreizgestaltung in der Wissenschaft allgemein. Sie proklamieren die Abkehr von variablen Leistungszulagen der W-Besoldung, da hierdurch unter anderem die intrinsische Motivation beschränkt wird. Zusätzlich sollte der Peer Review einen geringeren Einfluss auf die Begutachtung wissenschaftlicher Leistung erhalten. Die Vorauswahl der Wissenschaftler könnte dabei helfen, indem von vorneherein qualifizierte Mitarbeiter eingestellt werden, die ohne umfangreiche externe Kontrolle autonom arbeiten. Ebenfalls sollte Forschung anstelle durch Drittmittel wieder vermehrt durch Grundausstattungen finanziert werden. Als letzten Punkt fügen die Autoren an, dass den Wissenschaftlern Autonomie als Anreiz in Aussicht gestellt werden sollte. Es sollten weniger Evaluationen durchgeführt werden, und anstelle des Forschungsergebnisses sollte der Arbeitsprozess evaluiert werden.[64]

Schließlich appellieren Dries und Rosa (2007) an die Ethik der Wissenschaftler. Sie schlagen eine Art Selbstkontrolle der Wissenschaftler vor, bei der sich jeder Wissenschaftler dazu verpflichten sollte, pro Jahr nicht mehr als drei Publikationen in Fachzeitschriften und alle zwei Jahre maximal ein Buch zu veröffentlichen.[65] Damit dies funktioniert, müssten sich jedoch alle Wissenschaftler daran halten und es müsste eine kontrollierende Instanz geben, welches die Einhaltung überprüft.

Zusammenfassend bietet die Literatur vielfältige Vorschläge zur Minderung des Publikationsdrucks. Umgesetzt wurde bisher nur neue Leitlinie der DFG, bei der die Publikationen weiterhin eine wichtige Rolle bei der Antragsbeurteilung spielen. Vor allem auf der Ebene der Hochschulen besteht Verbesserungsbedarf. Hier sollte vor allem nach alternativen bzw. zusätzlichen Leistungsindikatoren gesucht werden, um den Einfluss der Publikationszahlen auf die Leistungsbeurteilung zu reduzieren.

Open Access

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In den 90er Jahren begann der Siegeszug des "World Wide Web" und eröffnete neue Möglichkeiten in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Zu dieser Zeit begann ebenfalls die "Zeitschriftenkrise", welche mit einem Anstieg der Zuwachsrate wissenschaftlicher Arbeiten und der Reduzierung der Etats von Bibliotheken begründet wird. Zeitschriften werden immer teurer, welche von Bibliotheken nicht mehr abonniert werden können. Durch sinkende Stückzahlen kommt es somit zu weiteren Preisanstiegen. Das Prinzip Open Access steht seither im Fokus, um der Zeitschriftenkrise zu begegnen und die wissenschaftliche Literaturversorgung sicherzustellen.[66] In diesem Kapitel wird der Gedanke von Open Access beschrieben, Vorteile und Vorbehalte aufgezeigt sowie die Verbreitung und Akzeptanz dieses Prinzips erörtert.

Das Prinzip

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Der Begriff Open Access hat sich erst in den letzten Jahren etabliert und geht aus einer Veranstaltung des Open Society Instituts im Jahre 2001 in Budapest hervor, die sogenannte Budapest Open Access Initiative (BOAI).[67] Bereits vor der Einführung des Schlagwortes Open Access gab es eine über 40 Jahre zurückreichende Historie, die die Konzepte hinter Open Access anwandte.[68] Hierzu zählt zum Beispiel der Preprint-Server von arXiv.org, auf dem seit den 1990er Jahren eine stetig wachsende Anzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Naturwissenschaften frei zugänglich zur Verfügung stehen. Nach der Einführung des Begriffes im Jahre 2001, begannen rege Open-Access-Diskussionen und eine starke Open-Access-Bewegung setzt sich seither in der Wissenschaft fort und wächst stetig.[69] Ziel dieser Bewegung ist es, wissenschaftliche Literatur für Nutzer kostenlos im Internet zugänglich zu machen.[70] Die Public Library of Science (PLoS) gibt beispielsweise seit Oktober 2003 die kostenfrei zugängliche Online-Zeitschrift PLoS Biology heraus.[71] Weitere Projekte, wie zum Beispiel das Online-Buch-Portal Google Books oder Google Scholar, die wissenschaftliche Bücher und Artikel für die Öffentlichkeit frei zugänglich machen, sind seither entstanden.
Nach dem kurzen Abriss der Historie von Open Access wird im Folgenden der Begriff erklärt, der durch die Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichen Wissen definiert wurde. Während der gleichnamigen Konferenz wurde die Definition von Vertretern der sieben großen deutschen Wissenschaftsorganisationen[72] verfasst und unterzeichnet. Unter Open Access wird demnach "der freie, unmittelbare und uneingeschränkte Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsergebnissen in elektronischer Form"[67] verstanden. Autoren stellen demnach eine vollständige elektronische Fassung ihrer Publikation auf Servern zur Verfügung. Allen Nutzern wird dabei das freie, weltweite, dauerhafte und unwiderrufliche Zugangsrecht an dieser Publikation eingeräumt und gleichzeitig die Erlaubnis erteilt, dass diese kopiert, weitergegeben und uneingeschränkt genutzt werden kann.[73] Dabei muss jedoch bei jedweder Verwendung des Inhaltes oder der Abbildungen der Urheber korrekt genannt und zitiert werden.[67] Auf den Aspekt des Urheberrechts bei Open-Access-Publikationen wird im Verlauf dieser Arbeit noch detaillierter eingegangen.
Bevor Artikel im Markt der Printmedien, z. B. Fachzeitschriften veröffentlicht werden, durchlaufen die eingereichten Manuskripte meist einen Begutachtungsprozess, ein sogenanntes Peer-Review-Verfahren. Dabei handelt es sich um einen externen Bewertungsprozess, bei dem Wissenschaftler des selben Fachgebietes die eingereichten Manuskriptes hinsichtlich ihrer Relevanz und Qualität bewerten.[74] Print-Zeitschriften sichern sich durch dieses Bewertungsverfahren die Qualität der veröffentlichten Artikel. Um wettbewerbsfähig mit den Print-Zeitschriften zu sein, müssen bei den Open-Access-Publikationen analoge Maßnahmen zur Qualitätssicherung eingerichtet werden. Generell gibt es die Möglichkeiten Artikel zu veröffentlichen, die bereits solch ein Bewertungsverfahren durchlaufen haben (Postprints), Artikel zu veröffentlichen, die keine Evaluation durchlaufen haben (Preprints), oder eine Online-Version des gedruckten Textes zu veröffentlichen.[75]

Strategien der Publikation

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Bei der Publikation von Open-Access-Artikeln haben sich zwei Formen etabliert, der Goldene Weg und der Grüne Weg. Allen Strategien gleich, ist die kostenfreie Nutzung der Artikel. Der Goldene Weg ist dadurch gekennzeichnet, dass die Artikel zur Qualitätssicherung, ebenso wie bei Print-Artikeln, einen Peer-Review durchlaufen. Die Erstveröffentlichung der wissenschaftlichen Artikel erfolgt hier in Open-Access-Zeitschriften. Der Autor schließt dabei einen Publikationsvertrag mit dem Verlag, welcher die Nutzungsrechte des Verlages und die Nutzungsbedingungen für die frei zugänglichen Dokumente regelt. Die Publikation in einer Open-Access-Strategie kann für den Autor kostenlos sein, muss es jedoch nicht.[76] Neben der Veröffentlichung des Artikels online in der Open-Access-Zeitschrift, ist der Goldene Weg dadurch gekennzeichnet, dass die Publikation parallel auch per Print-on-Demand, sprich einer Print-Version, gegen Aufpreis erhältlich ist.[77]
Den Grünen Weg bezeichnet man auch als Self-Archiving (Selbstarchivierung), das Ablegen von digitalen Dokumenten im Internet. Hierbei werden Pre- bzw. Postprints auf Dokumentenservern an Universitäten, Forschungseinrichtungen oder privaten Homepages von Wissenschaftlern, sogenannten Repositorien, gespeichert. Ebenso werden andere Dokumentenarten wie beispielsweise Monografien, Forschungsberichte oder Konferenzpaper auf solchen Servern abgelegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf diese Weise schaffen sich Hochschulen oder andere Einrichtungen die Möglichkeit, wissenschaftliche Beiträge längerfristig zu speichern und weltweit zugänglich zu machen. Dem geht der notwendige Ausbau der entsprechenden Infrastruktur einher, welcher neben der Hard- und Software auch Menschen, Organisationen und Prozesse einschließt.[78]
An manchen Stellen wird außer den zwei beschriebenen Wegen, ein dritter Weg genannt, der Graue Weg. Hierbei handelt es sich um die Bereitstellung von Grauer Literatur, also Schriften, die nicht in Verlagen erscheinen, wie beispielsweise Projektberichte, Institutsreihen und so genannte Qualifikationsarbeiten (z. B. Seminararbeiten, Projektarbeiten, Diplomarbeiten etc.). Jedoch ist dieser Weg vielfach umstritten. Es wurde bis dato noch keine Einigung darüber erreicht, ob es eine eigene Form von Open Access oder nur eine Sonderform des Grünen oder Goldenen Weges ist.[79]

Geschäftsmodelle zur Finanzierung

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Die Kostenfreiheit bei Open Access bezieht sich lediglich auf den Zugang zu wissenschaftlicher Literatur. Damit Open Access jedoch auch wirtschaftlich ein tragfähiges Modell ist, muss die Frage geklärt werden, wer für die entstehenden Kosten aufkommt.[67] Im Folgenden werden dazu einige Modelle kurz beschrieben, wie die Kosten gedeckt werden können und in der Praxis vertreten sind.

  • Autorenfinanziertes Modell
Hierbei werden die Kosten für die Publikation im Vorfeld vom Autor übernommen. Die Bereitschaft [80] zur Übernahme der Publikationsgebühren seitens der Autoren variiert auf Grund des unterschiedlichen Publikationsverhalten der einzelnen Wissenschaftsbereiche sehr stark.[81]
  • Institutionelle Mitgliedschaft
Die Publikationsgebühren werden von Institutionen (z. B. Universitäten oder Forschungseinrichtungen) durch eine entsprechende Mitgliedschaft übernommen. Dazu schließt die Institution eine entsprechende Mitgliedschaft mit dem Open-Access-Verlag. Gehört der Autor dieser Institution an, kann er seine Artikel in einem bestimmten Zeitraum kostenlos oder gegen geringere Publikationsgebühren veröffentlichen.[81]
  • Finanzierung durch Förderorganisation
Autoren werden bei diesem Modell durch Forschungsförderorganisationen bei der Publikation unterstützt. Bei Projekten, die durch die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) gefördert werden, kann beispielsweise eine Publikationspauschale beantragt werden. Auch wenn die Publikationsform frei steht, erwartet die DFG, dass durch diese Pauschale finanzierte Publikationen möglichst digital und entgeltfrei veröffentlicht werden, sprich als Open-Access-Publikation.[81]
  • Hybrides Modell
Dieses Modell kombiniert das herkömmliche Subskriptionsmodell (der Abonnent zahlt) und ein Open-Access-Modell (der Autor zahlt) miteinander. Dem Autoren obliegt dabei die Wahl zwischen beiden Optionen. Ein Beispiel für das hybride Modell stellt der Springer Verlag mit dem "Open Choice" Modell dar.[82]
  • Weitere Finanzierungsmodelle
Neben den drei beschriebenen Modellen gibt es weitere Modelle, um die Publikationsgebühren zu finanzieren. Hierzu gehören Publikationsfonds, bei denen Hochschulen oder Forschungseinrichtungen die Kosten für die Publikation von Arbeiten ihrer Angehörigen übernehmen. Die finanziellen Mittel stammen aus speziell dafür eingerichteten Fonds. Nach dem Community-Fee-Modell erfolgt die Finanzierung gemeinschaftlich durch Autor und Leser eines Fachgebietes.[81] Beschreibungen weiterer Geschäftsmodelle lassen sich unter dem Informationsportal Open Access finden.
Eine weitere Möglichkeit der Finanzierung von Open-Access-Publikationen ist die ehrenamtliche Arbeit studentisch geführter Organisationen. Das Projekt GoJIL ist ein rechtswissenschaftliches Open-Access-Journal von Studenten der Universität Göttingen. Die redaktionelle Arbeit obliegt allein den Studenten, die Themen und mögliche Autoren suchen, eingereichte Artikel weiterverarbeiten, Fußnoten auf Form und Inhalt kontrollieren und das Journal zusammenstellen. Das Scientific Advisory Board (SAB), bestehend aus jungen Wissenschaftlern, Praktikern und Doktoranden, übernimmt die ehrenamtliche und somit entgeltfreie Begutachtung der Artikel. Sonstige Kosten wie Betriebskosten und Server werden durch Sponsoren wie die Joachim Herz Stiftung finanziert. Publikationsgebühren fallen somit für die Autoren nicht an.

Das Prinzip Open Access als kostenfreie, uneingeschränkte Bereitstellung wissenschaftlicher Literatur mittels des Internets, verfolgt die Verbreitung wissenschaftlichen Wissen. Welche Vorteile mit Open Access verbunden sind, soll der folgende Abschnitt darstellen.

Vorteile und Vorbehalte

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Im vorangegangenen Abschnitt wurde das Prinzip hinter Open Access vorgestellt. Aus der Definition gehen per se bereits Vorteile hervor, wie beispielsweise die kostenlose Nutzung wissenschaftlichen Wissens. Ein großer Vorteil von Open Access ist der schnelle und kostenlose Zugang zu wissenschaftlichen Informationen. Allen Wissenschaftlern, Studenten oder Interessierten stehen die veröffentlichen Informationen sofort und leicht auffindbar zur Verfügung. Von jedem beliebigen Arbeitsplatz mit Internetanbindung, haben die Nutzer weltweiten Zugriff auf die gewünschten Dokumente. Die durchgängige elektronische Form ermöglicht eine zügige redaktionelle Bearbeitung und Begutachtung, wodurch die Zeiten für den Druck und die Distribution hinfällig sind. Open-Access-Publikationen erscheinen daher in der Regel schneller als Publikationen im Print-Markt. Der Grundsatz von Open Access, alle Publikationen kostenfrei zu veröffentlichen, ermöglicht beispielsweise Menschen in ärmeren Ländern den gleichberichtigten Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, ohne finanzielle Barrieren.[83]
Bei der Publikation erhöht sich die Sichtbarkeit und Zitierhäufigkeit. Durch die schnelle, kostenlose und weltweite Verfügbarkeit, erreichen Open-Access-Publikationen einen höheren Verbreitungsgrad als Print-Publikationen die nur durch Kauf oder Abonnements zugänglich sind. Ebenso durch die heutzutage bestehende Erwartungshaltung, die gesuchte Literatur sofort nutzen/lesen zu können, erhöht sich die Nutzung von Open-Access-Publikationen. Die erhöhte Sichtbarkeit geht mit einer höheren Zitierhäufigkeit einher. Denn je öfter ein Artikel gelesen wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass er zitiert wird. Seitdem es Open-Access-Publikationen gibt, ist die Zitierhäufigkeit gestiegen und die Zeit bis zur Zitation stark zurückgegangen.[84]
Open-Access-Dokumente partizipieren an den Vorteilen digitaler Dokumente. Diese Dokumente können unmittelbar, rund um die Uhr abgerufen, gespeichert, kopiert, versandt und gedruckt werden. Ebenso wird die internationale Zusammenarbeit sowie die Forschungseffizienz gefördert. Open Access leistet einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten Vernetzung wissenschaftlicher Informationen und fördert die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen zwischen allen Ländern durch die Teilhabe an der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Durch den freien Zugang bietet Open Access ideale Rahmenbedingungen für eine kooperative Zusammenarbeit. Die Kommunikation und der Austausch über die Forschungsergebnisse wird beschleunigt, indem die Informationen zügig zugänglich sind. Dadurch kann die Diskussion über Ergebnisse schneller erfolgen und der Forschungszyklus verkürzt werden.[83]
Die langfristige Verfügbarkeit der Dokumente spricht ebenfalls für Open Access. Dokumente, die auf entsprechenden Archivierungsservern abgelegt werden, sind garantiert langfristig hinterlegt. Jedem Dokument wird eine persönliche Identifikation zugewiesen (Uniform Resource Name (URN), Digital Object Identifier (DOI) etc.), die unabhängig vom konkreten Ablageort ist und somit langfristig auffindbar ist. Bei privaten Homepages ist die langfristige und verlässliche Archivierung jedoch nicht gewährleistet.[85]
Zu den weiteren Vorteilen, die Open-Access-Publikationen bieten, gehört beispielsweise die gute Auffindbarkeit in Suchmaschinen, der Verbleib der Verwertungsrechte bei den Autoren, die verbesserte Informationsversorgung[86] sowie die Partizipation an den Vorteilen einer vernetzten und IT-gestützten Arbeitsumgebung. Des Weiteren wird durch das Prinzip von Open Access der Zeitschriftenkrise entgegengewirkt. Kostspielige Abonnements für immer teurere Zeitschriften können über den kostenlosen Zugang zur Literatur reduziert werden.[87]

Neben den aufgeführten Vorteilen gibt es bei den Gegnern von Open Access Vorbehalte gegen dieses Prinzip der Wissenspublikation. Es werden in verschiedenen Literaturen die gleichen Vorbehalte aufgeführt. Das Bedenken wegen mangelnder Qualität von Open-Access-Publikationen ist am vordergründigsten. Autoren befürchten, dass ihre Beiträge in Open-Access-Zeitschriften nicht angemessen anerkannt werden, da das Renommee dieser Zeitschriften zu gering ist und sich diese noch nicht ausreichend etabliert haben. In verschiedenen Disziplinen der Wissenschaft wird der Impact Faktor einer Fachzeitschrift als Maßstab für die Qualität wissenschaftlicher Publikationen betrachtet (ein ebenfalls umstrittenes Thema). Er gibt das Verhältnis an, wie oft andere Zeitschriften Artikel aus dieser Zeitschrift zur Gesamtzahl der dort veröffentlichten Artikel zitiert werden. Je höher dieser Faktor, desto angesehener ist diese Zeitschrift. Die PLoS beispielsweise hat mit einem Faktor von 12,7 (für das Jahr 2008) den mit Abstand höchsten Impact Faktor für die Disziplin Biologie. Ebenso wird Open-Access-Publikationen suggeriert, dass alle Artikel angenommen und veröffentlicht werden. Dem ist entgegenzuhalten, dass bei den meisten Open-Access-Verlagen Peer Reviews durchgeführt werden. Bei der Begutachtung können, im Gegensatz zu Print-Verlagen, auch alternative Modelle der Begutachtung umgesetzt werden. Hierzu gehören z. B. transparente Verfahren oder offene Begutachtungsprozesse. Letztendlich ist die jeweilige Redaktion, ob im Print- oder Open-Access-Verlag, aufgefordert, die Qualitätskontrollen ernst zu nehmen. Demzufolge gibt es per se keinen Zusammenhang zwischen der Erscheinungsform und der inhaltlichen Qualität.[88]
Ein weiterer Vorbehalt ist die rechtliche Frage nach dem Schutz des geistigen Eigentums. Der Schutz des Urheberrechts stellt sich für alle Publikationsformen ohne einen Unterschied gleich dar, nur dass es bei elektronischen Publikationen etwas einfacher ist Texte zu kopieren. Die Verpflichtung zum korrekten Zitieren besteht jedoch gleichermaßen. Autoren haben ebenfalls Bedenken hinsichtlich der Klarheit ihrer Rechte im Zusammenhang mit Publikationen im Internet. Es werden jedoch Verträge zwischen den Verlagen und den Autoren geschlossen, die für Klarheit sorgen. Ebenso gibt es Gesetze, die die Autorenrechte bewahren.[89] Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen wird an späterer Stelle dieser Arbeit nochmals detailliert eingegangen.
Autoren haben Bedenken, dass eine langfristige Sicherung ihrer Publikation nicht möglich ist. Dem geht die Unsicherheit über die Authentizität (Echtheit des Dokuments) und die Sicherstellung der dauerhaften Adressierung im Internet einher. Wie bereits beschrieben, partizipieren Open-Access-Publikationen an den Vorteilen digitaler Dokumente und können somit durch immer neuere Hardwaretechnologien langfristig gespeichert und mit bestimmten Verfahren dauerhaft adressiert werden.[90]
Die Kostenverteilung zu Author-pay-Modellen (Autor bezahlt Publikationsgebühren) von Open-Access-Publikation wird bei Kritikern stark diskutiert. Autoren sträuben sich vor der Veröffentlichung auf Grund der Publikationsgebühren. Eine Studie [91] der DFG zeigt, dass über 38 % der Befragten bereits Zuschüsse zur Veröffentlichung ihrer Artikel in konventionellen, sprich Print-Fachzeitschriften, gezahlt haben. Hierbei gibt es jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftsbereichen. Laut einer weiteren Studie [92] werden nur 47 % der Open-Access-Zeitschriften über Autorengebühren finanziert. Bei diesen beiden Studien wird deutlich, dass die Bereitschaft zur Übernahme von Publikationsgebühren vorhanden ist und weniger als die Hälfte der Open-Access-Verlage durch diese finanziert werden. Meist werden die Gebühren von den Arbeitgebern bezahlt. Durch die steigende Anzahl von Förderungsprogrammen (z. B. Fraunhofer Förderungsfonds, DFG) und die verschiedenen Geschäftsmodelle [93] wie die ehrenamtliche Führung von Open-Access-Verlagen oder die hybriden Modelle, die dem Autor die Entscheidungswahl lassen (z. B. Springer Open Choice), wird der finanzielle Aufwand der Autoren drastisch reduziert. Des Weiteren fallen keine Druck- und Vertriebskosten an und die Zweitveröffentlichung auf dem Grünen Weg ist an sich kostenfrei.[94] Wie zu sehen ist, gibt es bereits Lösungen oder Lösungsversuche diese Vorbehalte auszuräumen.

Verbreitung

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Seit der Begründung von Open Access gibt es entschiedene Befürworter wie auch Gegner für dieses Prinzip der Publikation. Die Verbreitung und somit die Relevanz von Open-Access-Journalen hängt stark vom wissenschaftlichen Bereich ab. Diese Variation der Anzahl der Open-Access-Journale zeigt eine Statistik [95] der "Directory of Open Access Journals" (DOAJ) auf. Demzufolge sind die bei DOAJ gelisteten Journale hauptsächlich in den Sozialwissenschaften sowie der Medizin und den Ingenieurwissenschaften zu finden. Ähnliche Ausprägungen lassen sich in einer weiteren Statistik[96] finden. Aus diesen Statistiken lässt sich jedoch nicht auf die Akzeptanz und die Umsetzung im jeweiligen Wissenschaftsbereich schließen. Beide aufgeführten Statistiken beinhalten nur Journale, die den Goldenen Weg verfolgen. Im Bereich der Naturwissenschaften, in denen die ersten Open-Access-Publikationsmedien entstanden, ist der Publikationsweg mittels Open Access bereits Standard. Dieser Weg wird jedoch weniger über Zeitschriften realisiert, sondern vielmehr über Preprints oder andere digitale Versionen auf Repositorien. Bestes Beispiel dafür ist der arXiv-Server für Physik, den es seit 1991 gibt.[97] Die oben aufgeführten Statistiken widersprechen jedoch vor allem bei den Sozialwissenschaften dem Akzeptanzbild in dieser Wissenschaft. So sind viele Wissenschaftler der Sozialwissenschaften kritisch eingestellt gegenüber Open Access. Über die Gründe lässt sich vielschichtig spekulieren. So können unter anderem geringere Förderungsgelder für die Implementierung von Open Access Grund für die Vorbehalte sein, oder die disziplinspezifische Publikationskultur. Ein weiterer Grund kann auch in der fehlenden Kenntnis der verschiedenen Möglichkeiten der Publikation liegen, beispielsweise über das Vorhandensein elektronischer Preprint-Archive [98] für das eigene Fach.[99] Trotz der Unterschiede in den einzelnen Fachbereichen, nimmt die Anzahl der Open-Access-Journale zu. Bei der DOAJ hat sich die Zahl der Open-Access-Journale von 2005 zu 2011 fast vervierfacht.[100] Die Anzahl an Open Access Repositorien in Deutschland ist in dieser Zeit ebenfalls um das Vierfache gestiegen. [101]


Die Trend zu Open Access in der Wissenschaft hält an und bietet eine Menge Vorteile in der Wissenschaft. Nichtsdestotrotz müssen zum Abbau der Vorbehalte gegen Open Access weitere Lösungen gefunden werden, um die positive Entwicklung von Open Access in der Wissenschaft beizubehalten und auszubauen.

Aspekte des Urheberrechts

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Hintergrund

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Die, in den EU-Richtlinien von 2001[102], gesetzte Reform sollte das Urheberrecht in der heutigen Informationsgesellschaft (InfoSoc-Richtlinie)[103] für die verschiedenen EU Länder umsetzen. Dies soll zu einer Vereinheitlichung des Urheberrechts und verwandten Schutzrechten dienen. Im September 2003 trat die Urheberrechtsreform fristgerecht in Kraft.[104] Inhalt dieses erstens Teils (erster Korb) betraf die Änderungen der ursprünglichen Regelung zum Thema Einschränkungen bei der Privatkopie sowie das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen bei digitalen Medien.[105] Die Ausarbeitung des zweiten Teils (zweiter Korb) wurde unmittelbar nach dem in Kraft treten des ersten Korbes begonnen. Grund für die Erarbeitung des zweiten Korbes war die kurze Umsetzungsfrist beim ersten Korb. Strittige Aspekte, die auf Grund eines zeitlichen Defizits nicht eingebracht werden konnten, sollten im zweiten Korb behandelt werden. Unter der Leitung des Bundesjustizministeriums (BMJ) wurden bis Juni 2004 in elf Arbeitsgruppen die noch offenen Fragen diskutiert.[106] Dies geschah mit Beteiligung der Verbände, Wissenschaftler und Praktiker.[107]

Der unter dem Titel „Urheberrecht in der Wissenschaft – ein gerechter Ausgleich zwischen Kreativen, Wirtschaft und Verbrauchern“ erschienene Referentenentwurf wurde am 09. September veröffentlicht.[108] Vor allem Medien, darunter die Verlage an vorderster Front[109], kämpfen für ein modernes Urheberrecht. Schaut man aber auf den Zusammenschluss zum „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“[110], wird deutlich, dass auch große wissenschaftliche Organisationen ebenfalls im Vorfeld zu den Kämpfern zählten. Forschungsinstitutionen wie die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung, Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und der Wissenschaftsrat sind große Befürworter eines modernen Urheberrechts“, das mit der „Göttinger Erklärung“ nach außen kommuniziert wurde.

Dazu fordert der Aktionsbund:

"In einer digitalisierten und vernetzten Informationsgesellschaft muss der Zugang zur weltweiten Information für jedermann zu jeder Zeit von jedem Ort für Zwecke der Bildung und Wissenschaft sichergestellt werden!"[110]

In einer Stellungnahme zum zweiten Korb forderte der Bundesrat eine explizite Aufnahme von Open Access in das Urheberrecht. Diese und weitere Änderungen sollten im Mai 2006 ein bildungs- und wissenschaftsfreundlicheres Urheberrecht schaffen.[111] Dazu sollte der § 38 Abs. 1 UrhG (Zweitveröffentlichungsrecht für Beiträge in Sammlungen (also für Zeitschriftenartikel)) um folgende Sätze erweitert werden.

"An wissenschaftlichen Beiträgen, die im Rahmen einer überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind und in Periodika erscheinen, hat der Urheber auch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts das Recht, den Inhalt längstens nach Ablauf von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung anderweitig öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist und nicht in der Formatierung der Erstveröffentlichung erfolgt. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden."[112]

In einer Gegenäußerung der Bundesregierung wurde der Änderungsvorschlag abgelehnt, da Bedenken gegen eine Verankerung von Open Access im Urheberrecht bestünden und außerdem nicht sichergestellt sei, ob eine Ergänzung nicht eine europarechtlich unzulässige Schranke sei.[113] Als Folge blieb § 38 UrhG unverändert. Sollte im Verlagsvertrag nichts Gegenteiliges vereinbart werden, haben die Autoren das Recht, ihr Werk nach Ablauf von zwölf Monaten nach Erscheinen anderweitig zu vervielfältigen und zu verbreiten. Somit wandelt sich das Nutzungsrecht in ein einfaches Nutzungsrecht des Verlegers um. Vor allem trifft das auf geistes- und sozialwissenschaftliche Fachzeitschriften zu, wogegen im STM-Bereich das Recht auf Zweitpublikation meistens vertraglich ausgeschlossen ist.[114]

Informationen über Verlage, die eine Verbreitung von freizugänglichen wissenschaftlichen Beiträgen ermöglichen, bietet die internationale SHERPA/RoMEO-Liste.[115]

Obwohl fast keine der vom Bundesrat vorgestellten Änderungen übernommen wurde, ist am 5. Juli 2007 der Zweite Korb im Bundestag verabschiedet worden. Mit der Zustimmung des Bundesrats am 21. September und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt[116] am 26. Oktober trat das Gesetz am 1. Januar 2008 in Kraft.[117]

Relevante Änderungen in Bezug auf Open Access

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Wenn es um das Thema Open Access geht, sind vor allem die Änderungen hinsichtlich unbekannter Nutzungsarten interessant. So wurde der § 31 Abs. 4 UrhG[118] (Einräumung von Nutzungsrechten für nicht bekannte Nutzungsarten sind unwirksam) gestrichen und der § 31 a UrhG (Verträge über unbekannte Nutzungsarten) in Verbindung mit § 137 1 UrhG (Übergangsregelung) eingeführt.[119] Nutzungsrechte für die Online-Verbreitung, deren Rechte bis 31.12.2007 bei den Urhebern lagen, fielen von selbst an die Inhaber der Nutzungsrechte, sofern die Urheber bis Ende 2008 keinen Widerspruch (§ 137 l Abs. 1) eingelegt hatten. Grundsätzlich sind alle Verträge vom 01.01.1966 (Inkrafttreten des Urheberrechts) bis zum 31.12.1994 betroffen. Erst ab dem 01.01.2005 wurde die Online-Nutzung (bis Ende 1994 unbekannte Nutzungsart) in Lizenzverträge als eine Nutzungsart einbezogen.[120]

§ 137l UrhG greift nur dann, wenn fünf Bedingungen erfüllt sind:[120]

(1) die Veröffentlichung musste im Zeitraum 01.01.1966 bis 31.12.1994 erfolgt sein.

(2) der Urheber räumt dem Verlag sowohl die ausschließlichen als auch die (3) räumlichen, (4) zeitlichen und (5) unbegrenzten Nutzungsrechte ein.

Ob die Nutzungsrechte ausschließlich oder einfach sind, ist rechtlich nicht geklärt.[120] Experten gehen überraschenderweise von ausschließlichen aus. Zusätzlich konnten die Verlage bereits im Vorfeld (vor dem Fristende 31.12.2008) Gebrauch von Online-Nutzungen machen, sofern Sie eine Anfrage an die letzte bekannte Adresse der Urheber sendeten und die Urheber innerhalb von 3 Monaten nicht widersprachen. Dabei ist festzuhalten, dass es nicht wichtig ist, ob der Autor das Schreiben je bekommen hat oder nicht – nach Ablauf der Frist liegen die Nutzungsrechte beim Verlag.[121] Somit werden die wissenschaftlichen Autoren durch die Änderungen hinsichtlich des Urhebervertrags und der gesetzlichen Vergütungsansprüche in entscheidenden Bereichen schlechter gestellt. Die Balance zwischen den Urhebern und den Verwertern wird zu Gunsten der stärkeren Verwerter aus dem Gleichgewicht gebracht.[122]

Möglichkeiten, um sich als Urheber die Online-Nutzung zu sichern, sind bzw. waren die Einlegung eines Widerspruchs beim Verlag oder die Abgabe der einfachen Nutzungsrechte für Online-Dokumente an Dritte.[123] Um den Urhebern den Widerspruch zu erleichtern, stellte das Urheberrechtsbündnis einen Musterbrief zum Download bereit. Wer einen Widerspruch einlegte, sollte auf Empfehlung des Urheberbündnisses auch ein einfaches Online-Nutzungsrecht einräumen, damit der wissenschaftliche Beitrag auch weiterhin über die Verlagsangebote sichtbar ist. Der Stichtag für einen Widerspruch war der 31.12.2008.[124]
Um einer automatischen Übertragung der Nutzungsrechte entgegenzuwirken, konnte man außerdem durch eine Vergabe der einfachen Nutzungsrechte für Online-Dokumente, z. B. an Universitätsbibliotheken, die Übertragung der Rechte an die Verlage verhindern.[125] Dabei muss der Dritte die Nutzungsrechte nicht einmal nutzen und eine Frist für die Bereitstellung der Dokumente vom Urheber existiert ebenfalls nicht.[126]

Will man in der heutigen Zeit als Autor eines wissenschaftlichen Werkes einen Nutzungsvertrag mit einem Verlag abschließen, so hat man mehrere Möglichkeiten die ausschließlichen Nutzungsrechte nicht an den Verlag zu übertragen. So kann man beispielsweise die Selbstarchivierung (Grüner Weg) durchsetzen, indem man einen Vertragszusatz aufnimmt, der es dem Autor ermöglicht, den Artikel auf einem Dokumentenserver zu publizieren.[127]

Die bekanntesten Vertragszusätze sind:[127]

  • Beim Access-Reuse behält der/die Autor/in alle relevanten Rechte. Dabei hat der Autor die Möglichkeit den Artikel neben der Veröffentlichung in einem Verlag zusätzlich auch nichtkommerziell zu publizieren.
  • Das Delayed-Access-Modell ermöglicht dem Autor das sofortige online stellen der Autorenversion. Die Verlagsversion darf aber erst nach einer Frist von sechs Monaten online gestellt werden.
  • Das Immediate Access ist der radikalste Vertragszusatz. Dieser erlaubt dem Autor das sofortige online stellen sowohl der Autoren- als auch der Verlagsversion.


Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes und dessen Bezug zur Wissenschaft

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„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ [128]

Ein Dienstverhältnis ist grundsätzlich durch einen Arbeitsvertrag geregelt. In diesem werden alle relevanten Pflichten eines Arbeitnehmers festgehalten. Somit müsste ein Urheber eines Buchbeitrags oder Aufsatzes, sofern die Anfertigung in seinem Arbeitsvertag als Pflichtaufgabe vermerkt ist, die Nutzungsrechte an seinen Arbeitgeber abtreten. So ist ein Journalist, der bei einer Zeitung angestellt ist, vertragsrechtlich verpflichtet, seine während dir Arbeitszeit verfassten Artikel mit allen Nutzungsrechten an seinen Arbeitgeber (die Zeitung) abzutreten. § 43 UrhG regelt den Umfang des von dem Arbeitnehmer an den Arbeitgeber abzugebenden Nutzungsrechts. So muss der Arbeitnehmer nur die Nutzungsrechte abtreten, die der Arbeitgeber für den Betrieb oder die Dienststelle benötigt. Frei übersetzt heißt dies, dass der Arbeitgeber die Nutzungsrechte haben darf, die er für sich persönlich für wichtig hält. Alle nicht für den Arbeitgeber relevanten Nutzungsrechte verbleiben beim Arbeitnehmer.[129]

Wenn man nun meint, dass § 43 UrhG auch im Bereich der Hochschule anwendbar ist und dass ein Professor oder Juniorprofessor aufgrund seines Dienstverhältnisses verpflichtet ist die Nutzungsrechte an seinen Publikationen oder Lehrmittel an das jeweilige Bundesland zu übertragen, der irrt. Professoren, die im Bereich Forschung und Lehre tätig sind, haben nicht die Pficht ihre Ergebnisse oder andere relevanten Publikationen zu veröffentlichen. Der Art.5 Abs. 3 GG besagt, dass Forschung und Lehre frei sind, und dass Hochschulprofessoren keine Vorschriften hinsichtlich der Art und Weise ihrer Tätigkeiten gemacht werden können. Dies bedeutet, dass Professoren zwar verpflichtet sind zu Forschen und zu Lehren, aber nicht verpflichtet sind die von ihnen geschaffenen Werke zu veröffentlichen. Somit hat ein an einer Hochschule angestellter Professor die Möglichkeit, die während seiner Arbeitszeit erstellten Werke an einen Verlag seiner Wahl zu verkaufen. Anschließend kann der Arbeitgeber, sofern er Interesse an den Werken seines Angestellten hat, diese beim Verlag erwerben. Dies bedeutet nichts anderes, als dass das Land für eine Veröffentlichung mehrmals zahlen muss.[130]

Dabei gibt es aber auch Ausnahmen:

„Professoren sind nur dann verpflichtet, der Hochschule Nutzungsrechte an einer Publikation einzuräumen, wenn diese im Zusammenhang mit einem übergreifenden Forschungsprojekt erfolgt, er als Angestellter einer Fernuniversität dieser Lehr- und Lernmaterialien zur Verfügung stellt oder es sich um die Erstellung einer Prüfungsaufgabe handelt. Im Übrigen hat die Hochschule keinen Anspruch darauf, dass der Professor, Assistent oder wissenschaftlicher Mitarbeiter sein Werk veröffentlicht und kann dies daher in der Regel nicht für sich nutzbar machen.“[131]

Bewertung der Änderungen aus Sicht der betroffenen Parteien

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Liest man Medienberichte zur Änderungen des Urheberrechts, dann wird einem eine negative Tendenz zu diesem Thema, aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auffallen.

Die Behauptung, dass der Staat nicht in den Publikationsmarkt eingreifen darf, kann bei wissenschaftlichen Arbeiten bzw. Publikationen nicht von den Verlagsvertretern in Anspruch genommen werden. Auf Grund der Tatsache, dass bei der Wissenschaft oder bei einer Informationensuche nicht auf eine andere Quelle ausgewichen werden kann, handelt es sich auch nicht um einen echten Wettbewerb.[132] Grundsätzlich gehen Reto Hilty und Benjamin Bajon in ihrem Artikel davon aus, dass der derzeit existierende Konflikt zwischen den Wissenschaftler/-innen und den Verlagen nicht durch einen Interessenausgleich zustande kommen kann. So kann der Vergleich von Wissen als öffentliches Gut mit anderen urheberdominierten Bereichen wie der Unterhaltungsbranche gefährlich sein. Deshalb machen Sie den Vorschlag eines sektorspezifischen Wettbewerbsrechts.[133]

Negativ sehen es auch die Mitglieder des Urheberrechtsbündnisses. Sie sehen das Urheberrecht als Regulierungsinstrument für Bildung und Wissenschaft als zunehmend ungeeignet. So werden aus Sicht des Aktionsbündnisses vor allem die Kassen der Verlage gefüllt. Informationsversorgung und Informationsbeschaffung werden zunehmend umständlicher und deutlich teurer.[134] Zusammenfassend kann man behaupten, dass die Bundesregierung das Ziel, ein bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht zu schaffen, nicht erreicht hat. Studierende, Diplomanden, externe Doktoranden, Privatgelehrte und alle ohne eine Lobby haben das Nachsehen. Im Gegensatz dazu wurden die Belange und Rechtsposition der Verlage und anderen Verwertern gestärkt.[135]

Bibliotheken, die durch den zweiten Korb eine Erhöhung der Privilegien für die Öffentlichkeit erhofften, wurden enttäuscht. Zum Leidwesen der Dokumentenlieferdienste ist es den Vertretern der Rechteinhaber sogar gelungen, eine Beschränkung von Privilegien für die Öffentlichkeit zu erreichen.[136]

Ruf nach dem dritten Korb

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Schon bevor der zweite Korb verabschiedet wurde, mehrten sich kritische Stimmen gegen dessen Einführung. Insbesondere das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ fordert nun, nachdem es ursprünglich gegen die Einführung des zweiten Korbes war, eine Ausarbeitung eines dritten Korbes.[137] Auch der Bundesrat mahnte kurz nach dem Verabschieden des zweiten Korbes zu einer raschen Anpassung der Kopierregeln an die Belange von Wissenschaft, Bildung und Forschung.[138]

Dabei ist festzuhalten, dass das Bundesjustizministerium bei der Erstellung eines dritten Korbes vier Prämissen in den Vordergrund stellt. Dazu lieferte es die folgende Erklärung: „Die Selbstbestimmung des Künstlers muss unangetastet bleiben, seine Persönlichkeit und Individualität ist zu bewahren und die Leistungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt zu rücken, um den Kreativen weiterhin ein Auskommen zu garantieren. Schließlich muss die kulturelle Vielfalt auch in Zukunft gesichert sein.[139]

Wie viele andere Meldungen in der Politik, ist auch diese Erklärung sehr schwammig und allgemein gehalten. Des Weiteren ist auch nicht garantiert, dass Regelungen zu Open Access im dritten Korb gesetzlich verankert werden, obwohl es von vielen Seiten gewünscht wird.[140] Wie und schlussendlich wann Open Access einen gesetzlichen Anschluss findet, ist leider nicht vorhersehbar. Vermutet wird, dass der dritte Korb erst nach der Sommerpause 2011 erscheinen soll. Laut Auskunft von Dr. Arne Upmeier (Vorsitzender der dbv-Rechtskommission) könnte die Bildung und Wissenschaft auch im dritten Korb leer ausgehen. Diese Vermutung gründet auf einem Telefonat von Dr. Upmeier mit dem Bundesministerium der Justiz.[141]

Plagiarismus

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Ein großes Thema in der Wissenschaft ist der Plagiarismus. Es werden in diesem insbesondere die Gründe für das Plagiieren untersucht und der Frage nachgegangen, ob der Hauptgrund dafür vielleicht Faulheit oder Fahrlässigkeit sein kann. Zudem werden verschiedene Möglichkeiten betrachtet, mit denen versucht wird den Plagiarismus einzudämmen und sein Wissen zu schützen.

Ursachen

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Ein Plagiat wird laut Duden als „Diebstahl geistigen Eigentums“ bezeichnet. In diesem Kapitel wird versucht herauszufinden, warum angesehene Wissenschaftler zu „Dieben geistigen Eigentums“ werden. Es wird untersucht, ob vielleicht Fahrlässigkeit, Faulheit oder ein falsches Unrechtsbewusstsein Gründe für Plagiarismus sein können.

“...Plagiat ist also die aus freier Entschließung eines Autors oder Künstlers betätigte Entnahme eines nicht unbeträchtlichen Gedankeninhalts eines anderen für sein Werk in der Absicht, solche Zwangsanleihe nach ihrer Herkunft durch entsprechende Umgestaltung zu verwischen und den Anschein eigenen Schaffens damit beim Leser oder Beschauer zu erwecken.”

Dr. Paul Englisch, in Meister des Plagiats, oder die Kunst der Abschriftstellerei

Es gibt verschiedene Formen von Plagiaten:[142]

  • Ghostwriter: Ein Ghostwriter verfasst ein Werk in Auftrag von jemanden, der dieses dann als seine eigene Arbeit einreicht.
  • Vollplagiat: Ein Vollplagiat ist ein Werk, welches komplett von der Arbeit eines anderen kopiert und als sein eigenes deklariert wird.
  • Selbstplagiat: Ein Selbstplagiat liegt vor, wenn die eigene Arbeit zu mehreren Anlässen eingereicht wird.
  • Übersetzungsplagiat: Bei Übersetzungsplagiaten wird ein Text aus einem anderssprachigen Werk übersetzt und als eigene Arbeit erklärt.
  • Teilplagiat: Von einem Teilplagiat spricht man, wenn Textteile aus anderen Arbeiten ohne die Angabe der Quelle übernommen werden.
  • Phrasenplagiat: Ein Phrasenplagiat liegt vor, wenn Textteile aus anderen Arbeiten paraphrasiert und ohne die Angabe der Quelle in die eigene Arbeit eingebunden werden.
  • Verstecktes Plagiat: Ein verstecktes Plagiat besteht zunächst aus einem Teil- oder Phrasenplagiat. Dabei wird die Quelle jedoch nicht im Kontext genannt, sondern am Ende der Arbeit in einer Fußnote oder im Quellenverzeichnis versteckt.

Zusätzlich zu diesen Plagiatstypen können noch weitere Arten unterschieden werden, wie zum Beispiel Struktur- oder Kartenplagiate.

Nach einer im Jahr 2002 erschienenen Studie von Alan Dordoy[143], wobei er 140 Studierende befragte, gaben 59 Prozent an „sie wollen bessere Noten bekommen“, 54 Prozent sagten „sie sind faul, oder sie haben Zeitmanagementprobleme“, 40 Prozent meinten „das Material ist im Netz einfach zu bekommen“, 29 Prozent „haben die Zitierregeln nicht verstanden“ und ebenfalls bei 29 Prozent passierte es unbewusst. Diana Tribe, Catherine Rendell und Prof. Dr. Deborah Weber-Wulff, Medieninformatikerin und Expertin für Plagiatsfinder, haben zudem die folgenden Gründe ermittelt: [144]

Diana Tribe und Catherine Rendell fanden heraus, dass die Studenten weniger am Lernen, sondern vielmehr am Erreichen des Abschlusses interessiert seien. Sie wollten nur den kürzesten Weg gehen. Zudem würde das Studentenleben, die Familie, Wohnungsprobleme, kulturelle Schwierigkeiten oder der Job die Studenten vom Studieren ablenken und daher würden sie nur noch nach dem Minimalprinzip handeln. Andere Studenten gaben die niedrigen Zugangsvoraussetzungen für Hochschulen und die damit verbundene geringe Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten und im Zeitmanagement als Argument an. Weiterhin wurde das häufige Verwenden des Internets in der Schule ohne Informationen über Plagiate als Grund angegeben. Als weiterer Punkt wurde angeführt, dass es doch relativ legitim sei zu plagiieren, wenn der Kurs unwichtig ist oder dieser schlecht unterrichtet wird. Zudem wird das Internet als Bibliothek angesehen, wo frei "Copy and Paste" betrieben werden dürfe. [145] Mit diesen Punkten geht auch die Einschätzung von Prof. Dr. Deborah Weber-Wulff einher, dass bei den Studenten Konfusion darüber herrsche, was wissenschaftliches Arbeiten eigentlich sei. Bei der Befragung ihrer Studenten zum Thema Plagiate bekam sie folgende Antworten:

  • Wieso, das ist doch aus dem Internet, man darf ja alles im Internet frei verwenden?!
  • Das waren nur ein paar Sätze, die man einfach nicht anders / besser formulieren kann.
  • Richtig zitieren? Das haben wir in der Schule aber nie gelernt (obwohl in Berlin immerhin im 9. Schuljahr in allen Schultypen der Umgang mit fremden Texten vorgeschrieben ist).
  • Es war gerade Wiedervereinigung, als ich in die 9. Klasse gegangen bin, da ging einiges drunter und drüber.
  • Ich habe das in der Schule immer so gemacht und habe gute Noten bekommen. Es ist nie aufgeflogen, weil die Lehrkräfte zu doof sind, im Internet zu schauen.
  • Ich kann es mir nicht erklären, vielleicht hat ein Mitbewohner sich nachts an meinen Rechner gesetzt und etwas abgetippt und ich dachte, ich hätte es geschrieben?

Weiterhin sieht Prof. Dr. Weber-Wulff Gründe in der mangelnden Recherchefähigkeit der Studierenden (kein aktives Lesen mit genauen Notizen und Quellenangaben), Unsicherheit in der Zitierweise (zum Beispiel Internetquellen werden aus Unsicherheit einfach weggelassen), Notendruck oder schlechtes Zeitmanagement. [144]

Nicht nur zuletzt durch die medienwirksamen Fälle von Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der ehemaligen FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin oder Veronica Saß, der Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), wurde das Thema Plagiarismus in der Wissenschaft wieder ins Blickfeld gerückt. Karl-Theodor zu Guttenberg rechtfertigte sich mit „massiver Überforderung“ und seiner „hohen beruflichen und politischen Arbeitsbelastung“. Die Verfassung seiner Doktorarbeit sei ihm „teilweise über den Kopf gewachsen".[146]

Diese Aussage von Herrn Guttenberg, dass Zeit- und Erfolgsdruck Grund für das Kopieren seien, wird auch des Öfteren von anderen Plagiateuren erwähnt. Ob der Druck auf einzelne Personen heutzutage allerdings größer ist als früher, lässt sich nicht genau bestimmen. Jedenfalls darf Zeit- oder Erfolgsdruck keine Entschuldigung für das Plagiieren sein.[147]

Anderen Personen fehlt das Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf Plagiate. Dieses Fehlen wird oft auf das Konsumieren und Verbreiten kostenloser Inhalte, wie zum Beispiel Musik, Filme oder Texte, im Internet zurückgeführt. Das Internet soll dazu beigetragen haben den Respekt vor geistigem Eigentum weiter zu schmälern. Der Schritt vom sorglosen Umgang mit Online-Inhalten zum Plagiat ist dann nicht mehr allzu groß und wird von enttarnten Plagiatoren oft als Rechtfertigungsgrund angegeben. Ein weiterer interessanter Punkt, den Plagiateure als Rechtfertigungsgrund angeben, ist, dass alle Ideen und Gedanken, sowieso schon einmal bedacht wurden und daher ein Zitieren überflüssig sei. Diese sehr weit hergeholte Argumentation scheint aber eher eine Ausrede zu sein, als dass sie auf Tatsachen beruhe.[147]

Jedoch nicht jedes Plagiat entsteht durch bewusste Täuschung. Oft zeigt es auch nur, dass der Verfasser das Schreiben einer wissenschaftliche Arbeit noch nicht beherrscht oder ihm das Verständis bezüglich Plagiaten fehlt.[148]

Maßnahmen gegen Plagiarismus

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Es gibt verschiedene Präventionen und Maßnahmen gegen Plagiate. Zum einen können vorbeugende Anweisungen verfasst werden, wie zum Beispiel das Merkblatt „Plagiate“[149] der Universität Luzern. In diesem Merkblatt werden Studierende und Doktoranden über Plagiate und Maßnahmen gegen Plagiate informiert.

Andere Universitäten erweitern ihre Prüfungsordnungen, indem sie zum Beispiel festschreiben, dass Promotionen auch in elektronischer Form abgegeben werden müssen, um sie leichter auf Plagiate prüfen zu können.[150] Die Technische Universität Berlin schult seit einigen Jahren ihre Professoren im Umgang mit Softwareprogrammen zur Erkennung von Plagiaten.

Aber um Plagiate zu entlarven, muss der Prüfer erst einmal Verdacht schöpfen. Anzeichen für Plagiate könnten „extrem gut geschriebene“ Werke sein. Dabei muss aber bedacht werden, dass es durchaus begabte Autoren gibt und nicht jede gute Arbeit unter Generalverdacht gestellt werden sollte. Weiterhin ist ein Stilwechsel innerhalb des Aufsatzes ein Indiz für ein Plagiat. Hierbei sollte die Lehrkraft auch auf Formatierungswechsel achten. Besonders seltene Fremdwörter könnten ebenso wie orthografische und grammatikalische Fehler, die aus Faulheit vom Original übernommen werden, oder Verschreiber in Eigennamen Anzeichen für eine Kopie sein. Sobald Verdacht geschöpft wurde, sollten Stichproben genommen werden und im Internet und in Büchern nach den Originalen gesucht werden. Zumindest für die Suche im Internet gibt es zusätzlich zu den gängigen Suchmaschinen Tools, die das Auffinden von Plagiaten erleichtern sollen.[144]

Ein Projekt zur Erkennung von Plagiaten ist das „Open Access Plagirism Search“ (OAPS) [151] des Instituts für Betriebssysteme und Rechnerverbund der Technischen Universität Braunschweig und dem Fachbereich Informationstechnologie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Mit diesem Projekt soll „die Integrität des Open-Access-Datenbestandes mittels Verfahren der Plagiaterkennung verbessert und ein Werkzeug zur automatischen Plagiaterkennung im OA-Umfeld im World Wide Web bereitgestellt werden“.[152]

Zurzeit gibt es jedoch noch kein Wundermittel zur Plagiatserkennung. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat 2010 aktuelle Plagiatserkennungsoftware getestet. Es wurde unter anderem auf Effektivität, Benutzerfreundlichkeit und Professionalität des dahinterstehenden Unternehmens geprüft. Von 26 getesteten Programmen wurden nur 5 mit „teilweise nützlich“ bewertet, die restlichen Systeme lagen noch darunter. Am besten schnitten die Anwendungen PlagAware und Copyscape ab. Jedoch können die Autoren der Testläufe, Katrin Köhler und Professorin Weber-Wulff, keine dieser Systeme für die generelle Nutzung empfehlen.[153] Die Softwaresysteme können zum Beispiel Phrasenplagiate oder aus Büchern abgeschriebene Textstellen nicht erkennen. Zudem werden die Arbeiten bei den getesteten Anwendungen nie ganz überprüft, sondern nur zufällige Teile des Werkes. Die besten Programme erkennen maximal 60-70 Prozent der Plagiate. Im Einzelfall können einige Systeme aber durchaus nützlich sein.

Mit dem Fall Veronica Saß entstand ebenfalls die kollaborative Plagiatdokumentation „VroniPlag“. In diesem Wiki werden Plagiate in Dissertationen dokumentiert.[154] Jeder Internetuser kann an dieser Plattform anonym mitarbeiten. Die Anonymität wird laut, den Teilnehmern damit erklärt, dass „es in der Wissenschaft egal sein müsse, wer etwas sagt. Es komme nur auf das Gesagte an sich an.“ [155] Weiterhin befürchten die Mitarbeiter auch Nachteile in der Karriere, wenn man die Arbeiten von Kollegen als Plagiate enttarnt.[155]

Die Folgen für das Anfertigen eines Plagiats sind von Hochschule zu Hochschule verschieden. Die Strafen variieren von der einfachen Verwarnung bis zur Exmatrikulation.

Wie bereits im vorherigen Kapitel angedeutet ist die effektivste Maßnahme gegen Plagiarismus jedoch die Aufklärung im Vorfeld. Es hat sich gezeigt, dass eine der am häufigsten genannten Gründe für das Plagiieren die Unwissenheit ist. Die Aufklärung der Studierenden über die im ersten Abschnitt beschriebenen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, sowie über Plagiate, Plagiatsformen und deren Folgen ist die wirkungsvollste Maßnahme.[144] Zudem hat sich gezeigt, dass die Anzahl der Plagiate auch mit dem Engagement des Studierenden zusammenhängt. Wenn der Stoff uninteressant ist oder schlecht unterrichtet wird, nimmt das Interesse an der Veranstaltung ab und der Studierend neigt leichter dazu etwas in seine Arbeit zu kopieren. Daher ist auch die Vorbildfunktion des Lehrenden und die Beziehung zu seinen Schülern ein wichtiger Aspekt getreu dem Motto "Miteinander statt gegeneinander".[156]

Zusammenfassung und Fazit

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Ob und wie das Wissen in der Wissenschaft geschützt werden kann und soll, ist das zentrale Thema dieser Ausarbeitung. Um ein Fazit für die Fragestellung ziehen zu können, wurden verschiedene Aspekte genauer betrachtet. Zunächst wurden die ethischen Grundsätze in der Wissenschaft betrachtet und dabei die Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine gute wissenschaftliche Praxis genauer erläutert. Welches Wissen veröffentlicht und welches geschützt werden muss, wurde am Beispiel Wikileaks erörtert. In der Wissenschaft wird auf die wissenschaftlichen Mitarbeiter und deren Forschungseinrichtung ein Publikationsdruck aufgebaut. Dies lässt sich durch die Redewendung "Publish or Perish" beschreiben. Durch diesen Druck entstehen Auswirkungen auf die wissenschaftliche Arbeit und auf die Wissenschaftler, die sich individuell und vielfältig äußern. Open Access als Prinzip des kostenfreien Zugangs zu wissenschaftlicher Literatur spielt in den letzten Jahren eine wesentliche Rolle im Wissensmanagement der Wissenschaft. Das Prinzip sowie die Geschäftsmodelle, Vorteile und Vorbehalte wurden genauer beschrieben. Es wurde deutlich, dass Open Access in der Wissenschaft signifikante Vorteile bietet. Dabei gibt es jedoch auch Vorbehalte, die nach und nach aus der Welt geräumt werden. Dazu zählt die Verankerung von rechtlichen Leitlinien im Gesetz. Aus diesem Grund wurde auf die rechtlichen Aspekte hinsichtlich Open Access und des Urheberrechts eingegangen. Seit der Guttenberg-Affäre steht der Plagiarismus im Fokus der Öffentlichkeit. Welche Ursachen dahinter stecken und wie darauf reagiert werden kann, wurde in der Ausarbeitung genauer beschrieben. Aus den vorliegenden, beschriebenen Themen wird nun ein Fazit zur Frage gezogen, ob Wissen in der Wissenschaft geschützt werden soll oder nicht und in welcher Art und Weise.

Der durch das "Publish or Perish"-Prinzip aufgebaute Publikationsdruck setzt die Autoren einem großen Zeitdruck aus. Eingereichte Artikel benötigen eine gewisse Zeit bis sie begutachtet, zu einer veröffentlichbaren Publikation bearbeitet, gedruckt und vertrieben sind. Open Access bietet hierbei einen zeitreduzierenden Aspekt. Durch den Wegfall des Druckes und des Vertriebs der Zeitschrift, wird ein zeitwerter Vorteil erreicht und die Publikation wird schneller veröffentlicht. Autoren wird somit die Möglichkeit geboten die Zeit vom Einreichen des Artikels bis zur Veröffentlichung zu reduzieren.
Das Peer-Review zur Begutachtung von eingereichten Artikeln soll bei den meisten konventionellen Print-Verlagen zur Sicherung der Qualität führen. Gegenüber Open Access existieren Bedenken hinsichtlich der Qualität der dort veröffentlichten Publikationen. Jedoch gibt es auch bei vielen Open-Access-Verlagen dieses Verfahren, um die Publikationen zu beurteilen. Das Peer-Review-Verfahren an sich steht in der Kritik, beispielsweise die Vetternwirtschaft zu fördern. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sowohl bei den Printmedien als auch bei Open-Access-Publikationen zu gleichen qualitativen Resultaten führt, wenn der Peer-Review als Qualitätssicherungsmaßnahme angewandt wird. Bei Open Access besteht die Möglichkeit seine Publikationen ohne vorheriges Begutachtungsverfahren öffentlich zu machen ("Grüner Weg"). Die Qualität dieser Publikationen muss nicht minderwertiger sein als Begutachtete. Durch die Möglichkeiten von Open Access kann das Publizieren jedweder Forschungsergebnisse jedoch beschleunigt werden. Das Wissen kann somit schneller zugänglich gemacht werden und Reaktionen darauf können schneller erfolgen.
Eine Frage, die sich durch den schnellen und unbeschränkten Zugang zu wissenschaftlicher Literatur durch Open Access aufwirft, ist die, ob dadurch der Plagiarismus gefördert wird. In der bereits aufgeführten Studie von Dordoy [157] gab keiner der befragten Studenten Open Access als Grund zum Plagiieren an. Sicherlich ist es durch das größere, frei zugängliche Angebot an wissenschaftlichen Werken leichter diese zu kopieren, aber auch die Erkennung von Plagiaten ist durch den freien Zugang einfacher zu gestalten. Es gibt bereits diverse Hilfsprogramme, die wissenschaftliche Arbeiten auf Plagiate testen können. Das breite Online-Angebot von Open Access hilft dabei die Datenbanken dieser Tools zu erweitern und damit dem Plagiateur schneller auf die Schliche zu kommen. Am Beispiel der Guttenberg-Affäre zeigte das eigens eingerichtete GuttenPlag Wiki, wo und inwieweit kopierte Passagen in der Arbeit zu finden sind.
Will man erfahren warum eine solche derzeitige und zukünftige Schlüssel-Publikationsart noch nicht rechtlich verankert ist, muss man sich die aktuelle Situation vor Augen führen. Das Prozedere eines Gesetzentwurfs der Deutschen Regierung dauert eine ganze Weile. So gibt es im Vorfeld viele Beratungen und Abstimmungen, die durchlaufen werden. Dies hat zur Folge, dass Gesetze, die starke gegensätzliche Lobbyisten haben, eine längere Dauer benötigen. Im Fall von Open Access existiert die Verlags-Lobby und die Lobby der "Bildung und Wissenschaft". Zurzeit hat es den Anschein, dass die Verlags-Lobby den größeren Einfluss hat.[158] Es bleibt zu hoffen, dass zukünftig auch die Lobby "Bildung und Wissenschaft" einen Einluss auf die Gesetzgebung ausüben kann und sich die derzeitige verlagsstarke Gesetzgebung in Richtung "Bildung und Wissenschaft" verlagert.
Schon unser gesunder Menschenverstand sagt uns, dass Personen, die eine Leistung erbracht haben, auch eine Gegenleistung verdienen. Dieser Verdienst wird bis dato vom Urheberrecht geschützt. Betrachtet man aber die staatlich geförderte Wissenschaft, so fällt einem ein Fehler im System auf. Die staatlich finanzierten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse sind am Ende gesehen mehrmals bezahlt worden. So werden nicht nur das Gehalt der Wissenschaftler gezahlt und die Forschungseinrichtung zur Verfügung gestellt, sondern es besteht im Anschluss daran noch die Pflicht diese Ergebnisse den Verlagen abzukaufen. Zusätzlich dazu, dass die Bundesländer immer weniger Geld in die Hand nehmen können, um ihre Bibliotheken mit den aktuellsten Werken zu bestücken, verlangen die Verlage immer höhere Preise für ein einzelnes Werk.[159] Dieser Teufelskreis scheint derzeit nicht aufhaltbar zu sein.
Bei der Bearbeitung der Ausgangsfrage, ob Wissen in der Wissenschaft geschützt werden muss, hat sich herausgestellt, dass bei Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis ein Schutz des Wissens nicht notwendig ist. Um dies jedoch zu gewährleisten, muss mehr Aufklärungsarbeit im Vorfeld geleistet werden. Studienanfänger sollten über die Regeln der wissenschaftlichen Arbeit informiert und für Plagiarismus sensibilisiert werden. Diese vorbeugende Maßnahme hat sich als die wirkungsvollste Methode gegen Plagiate herauskristallisiert. Zudem sollte die Transparenz in der Wissenschaft weiter gefördert werden. Je höher die Transparenz ist, desto geringer ist der Anreiz etwas zu plagiieren. Das Risiko entdeckt zu werden nimmt mit der Transparenz zu. Die behandelten Enthüllungsplattformen sind zudem eine wirkungsvolle Abschreckung dafür, was Plagiateure erwarten könnte.
Ein möglicher Grund, weshalb Wissenschaftler ihr Wissen möglichst lange schützen möchten und sich somit gegen Open Access aussprechen könnten, liegt in der Angst begründet, negative oder fehlerhafte Ergebnisse vor Beendigung des Forschungsauftrages zu publizieren. Wie bereits in dem Kapitel über die Ursachen von "Publish or Perish" erwähnt, werden die Karrierechancen von Wissenschaftlern durch ihre Publikationen beeinflusst.[160] Durch die Veröffentlichung fehlerhafter Ergebnisse würde sich die Reputation der Wissenschaftler verringern. Eine Veröffentlichung negativer Ergebnisse, welches sich ohnehin schon als schwierig darstellt,[33] könnte zudem dazu führen, dass Folgeaufträge ausbleiben.
Weiterhin könnten wirtschaftliche Bedenken der Wissenschaftler eine Rolle spielen. Indem ihre Ausarbeitungen (Bücher oder Artikel) online zur Verfügung gestellt werden, können - je nach Finanzierungsmodell - die Leser kostenfrei auf die Inhalte zugreifen. Die Autoren erleiden dadurch im Vergleich zur herkömmlichen Printpublikation eine finanzielle Einbuße, vor allem, wenn sie selbst Publikationsgebühren zahlen sollen. Dennoch besteht die Bereitschaft bei den Autoren, diese Gebühren zu übernehmen.[161]
Durch den Zugang zu Wissen in der Wissenschaft sind Einsparungen möglich. Zugängliche Informationen über Forschungsprojekte können von anderen Wissenschaftlern schneller aufgegriffen und genutzt werden. Der doppelten Forschung am gleichen Thema kann somit entgegen gewirkt werden. Ein schnellerer Wissenszugang kann außerdem den Forschungsprozess effizienter gestalten und Wissenschaftler an neuen Erkenntnissen partizipieren lassen. Der Schutz des Wissens sollte jedoch durch Gesetze wie das Urheberrecht und durch Maßnahmen gegen Plagiarismus gewährleistet sein.

Nachweise und Anmerkungen

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  1. Vgl. North (2005), S. 7, 15.
  2. Vgl. Oelsnitz & Hahmann (2003), S. 23.
  3. Vgl. North (2005), S. 245-248; Vgl. Oelsnitz & Hahmann (2003), S. 157-163.
  4. Vgl. Tuckman (1976), S. 79.
  5. CEN (2004), online.
  6. Vgl. o.A. (2011), online.
  7. a b Vgl. Rond & Miller (2005), S. 322.
  8. Vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft (1998).
  9. Siehe Finetti & Himmelrath (1999).
  10. Vgl. Liang (2007), S. 1-12.
  11. Vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft (1998), S. 5.
  12. Vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft (1998), S. 7-24.
  13. Vgl. Weiss (2011), online.
  14. Siehe http://web.archive.org/web/20080314204422/http://www.wikileaks.org/wiki/Wikileaks:About
  15. Vgl. Zapp das Medienmagazin, online.
  16. Vgl. Jansen & Schröter & Stehr (2010), S. 392.
  17. Vgl. Krebs & Pfändler & Pieper & Gholipour (2009), S.222.
  18. Siehe http://wikileaks.enet.gr/About.html
  19. a b c Vgl. Bieber (2010), online.
  20. Siehe http://de.antiplagaustria.wikia.com/wiki/Initiative_Transparente_Wissenschaft_Wiki
  21. Siehe http://www.studium.at/38550-oesterreichische-quotinitiative-fuer-transparenz-der-wissenschaftquot-gegruendet
  22. Vgl. Bedeian (1996), S. 6.
  23. Vgl. Rond & Miller (2005), S. 322; Vgl. Tuckman (1976), S. 79-80.
  24. Vgl. Binswanger (2010), S. 142.
  25. Vgl. Binswanger (2010), S. 146.
  26. Vgl. Bundesministerium der Justiz (2002), S. 687; Vgl. § 33, Absatz 1 ProfBesReformG.
  27. Vgl. Bundesministerium der Justiz (2002), S. 687; Vgl. § 33, Absatz 1, Satz 2 ProfBesReformG.
  28. Vgl. Süß (2007), S. 70.
  29. Vgl. Binswanger (2010), S. 155; Vgl. Prichard & Wilmott (1997), S. 301.
  30. Vgl. Binswanger (2010), S. 150; Vgl. Langeder & Mader (2011), S. 173.
  31. Vgl. Langeder & Mader (2011), S. 173.
  32. Vgl. Binswanger (2010), S. 151.
  33. a b Vgl. Osterloh & Frey (2008), S. 15.
  34. a b Vgl. Fanelli (2010), S. 1.
  35. a b Vgl. Fanelli (2010), S. 2.
  36. Vgl. Fanelli (2010), S. 5.
  37. Vgl. Binswanger (2010), S. 165.
  38. Vgl. Weingart (2005), S. 125.
  39. Vgl. Havemann (2009), S. 47.
  40. Vgl. Binswanger (2010), S. 166; Vgl. Lifset (2010), S. 183.
  41. Vgl. Binswanger (2010), S. 165; Vgl. Lifset (2010), S. 183.
  42. a b Vgl. Lifset (2010), S. 183.
  43. a b Vgl. Havemann (2009), S. 51.
  44. Vgl. Baethge (2008), S. 380.
  45. Vgl. Binswanger (2010), S. 167.
  46. Vgl. Havemann (2009), S. 37.
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  60. Vgl. Wilkesmann & Schmid (2010), S. 506.
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Literaturverzeichnis

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