Kurs:Zwischen Grundgesetz und Scharia/Maqāsid asch-Scharīʿa

Zwecke der Scharia ( Arabisch مقاصد الشريعة, DMG Maqasid aš-šarīʿa) bezeichnen eine islamische Rechtstheorie, die in der islamischen Tradition für das Prinzip steht, dass die Normen der Scharia einen Nutzen für den Menschen bringen(121). Das geht davon aus, dass es eine bestimmte Anzahl von universalen Zwecken der Scharia gibt, auf die sich alle Einzelbestimmungen der islamischen Normenlehre zurückführen lassen(W-A). Daher ist der Konzept der Zwecke der Scharia eng mit der Idee von Maslaḥa „GEmeinwohl“ verbunden, was mit der islamischen Rechtsmaxime „die Verwirklichung des Nützlichen und die Abwendung des Schädlichen“ wiedergegeben wurde (121- Al-Gazali). Üblicherweise werden die Grundsätze der Zwecke der Scharia Bewahrung von Leben, Religion, Nachkommenschaft, Vernunft und Eigentum genannt.(Gazali - Schatibi-143). Nach vielen islamischen Gelehrten gilt die Beherrschung der Zwecke der Scharia als Voraussetzung für Idschtihad


Begriff Bearbeiten

Das Wort maqasid wurde vom Verbstamm „q-s-d“ abgeleitet. Das Verb qasada bedeutet im Arabischen „beabsichtigen, bezwecken.“ Die Pluralform dieses Wortes ist Maqasid „Ziele, Absichten“. In Verbindung mit dem Wort „Scharia“ kriegt diese Genetivverbindung die Bedeutung, Ziele, Absichten der Religionsgesetze. Für den Begriff „Maqasid Asch-scharia“ werden noch weitere Synonyme wie Maqasid Aschari3 (Absichten des Gesetzgebers), Maqasid at-tasri3 (Absichten der Gesetzgebung), al-maqasid Aschar3ia (schariarechtlichen Absichten), ruh as-saria (Geist des Religionsgesetzes), hikmat at-tasri (Weisheit der Gesetzgebers) und falsafat at-tasri (Philosophie der Gesetzgebung) genutzt. Zu unterscheiden sind die Absichten der Scharia von Begriffen illa (der rationale Grund) und dem Begriff Hikma (Weisheit), die in usul al-fiqh herrschen, denn die letzteren zielen auf die detailspezifischen Regelungen ab. (93,2) Ar-Raysuni ist der Meinung, dass der Begriff „Absichten der Scharia“ heute zum allgemein anerkannten Terminus für die teleologische Idee geworden. (137, 1)


Geschichte Bearbeiten

Der Begriff Maqasid Ascharia wird auf den schafitischen Gelehrten Al-gwaini gest. 1081 zurückgeführt. Er gilt als einer der wichtigen Methodologen in der islamischen Normlehre. In seinem Werk Giyat al-umam beschäftigt er sich mit der teleologischen Perspektive, was sich durch die Verwendung der Synonyme dieses Terminus wie maqasid, qasd, garad etc. erklärt. Schon vor ihm kam der Begriff maqasid durch den Mystiker al-Hakim at-Tirmidi gest. 932 in seinem Werk „Das Gebet und seine Absichten“ as-Salatu wa maqasiduha zum ersten Mal zur Verwendung, allerdings war er kein Spezialist in der islamischen Normlehre, deshalb gilt Al-Guwayni als erster Systematiker dieser Theorie und derjenige, der die späteren Generationen am meisten beeinflusste. In seinem Werk al-burhan führte al-Gwaini seinen wichtigen Beitrag zur Maqasid Theorie ein, indem er die Normen zum ersten Mal kategorisiert. (138,1) Weiter ist die Maqasid-Theorie von seinem Schüler Al-Gazali entwickelt worden. In seinem Werk Schifa Al-galil behandelt al-gazali die Theorie der Absichten der Scharia unter dem Begriff „angemessene Bedeutung“ Al-ma3na al-Mansub im Analogieschluss. Später untersucht er ausführlich die Maqsid-Theorie in seinem Hauptwerk „Al-mustasfa“ unter dem Gemeinwohlprimzip „al-maslaha al-mursala“. Durch die kausale Verbindung zwischen maslah und Absichten der Scharia definierte er diese als Bewahrung des menschlichen Lebens. Darauf beschränkt sich nicht nur Al-gazali, sondern vielmehr stellte er die notwendigen Grundsätze für die menschliche Existenz fest. In Schifa al-galil werden die Grundsätze der Absichten der Scharia zuerst die Bewahrung des Lebens (Nafs), der Vernunft (aql), des Geschlechts (bud) und des Vermögens (mal) genannt. Später fügte al-Gazali die Religion (din) hinzu und ersetzt das Wort bud durch nasl (Nachkommenschaft). (1,143) Al-Gazali zweiten größten Beitrag zur Maqasid-Theorie bestehet in der Überarbeitung die Klassifikation seines Lehrers al-Guwayni und reduzierte sie auf die drei folgenden Kategorien:

  1. Die Kategorie der notwendigen Dinge (ad-Daruriyyat): Diese bilden die höchste Stufe in der Hierarchie der Kategorien und beinhaltet die fünf Grundsätze und die Normen, wodurch die menschliche Existenz.
  2. Die Kategorie der erforderlichen Dinge (al-hagiyyat): Die Normen dieser Kategorie kommen an der zweiten Stelle und werden nicht als lebensnotwendig betrachtet.
  3. Die Kategorie der moralisch-verfeinerten Dinge (at-tahsiniyyat): Die Normen dieser Kategorie sind weder notwendig noch erforderlich. Sie beinhalten Normen, die zur Verbesserung des Lebensstils aufrufen.

In der Tat wurde Al-gazalis Konzept von vielen späteren Gelehrten unverändert übernommen, bis zu dem schafitischen Gelehrten Al-Izz ibn Abd as-Salam gest. 1262. In seinem Werk „Qawaid al-ahkam fi maslaih al-anam“, das er später unter dem Titel „Fawaid fi ihtisar al-maqasid“ zusammenfasste, stellte er die Maqasiq-Theorie ausführlich dar. Besonders bei ihm ist, dass er die islamische Mystik zuneige. (1,153) Ibn Abd as-Salams berühmter Schüler al-Qarafi gest. 1285 kommentierte Fahraddin ar-Razis Werk al-Mahsul, wodurch er seinen größten Beitrag in diesem Bereich leistete. Er erarbeitete die Kategorien der Absichten der Scharia sowie auch die fünf Grundsätze. Dazu fügte er zum ersten Mal den sechsten Grundsatz, die Ehre, ohne aber dazu Stellung zu nehmen. (1,155-156)