Philosophie und Quantenphysik - Von der Entschlüsselung emergenter Phänomene zur Weltformel

Phenomenology as a study of phenomena which appear in acts of consciousness is seen as a descriptive philosophy to provide a basis for all human knowledge. Modern Philosophy characterizes cartesian cogito as fundamental phenomenon from which everything in consciousness can be explained. The article describes a theory of pre-reflexive self-consciousness by analyzing its transcendental structures and exemplifies answers to the relationship between the phenomenal world of appearances and the preset world of transphenomenality.

Die Phänomenologie ist eine auf Edmund Husserl zurückgehende philosophische Strömung, die den Ursprung der Erkenntnisgewinnung in den unmittelbar gegebenen Erscheinungen sieht. Die Phänomenologie stellt sich als apriorische Wissenschaft dar, die vor der Erfahrung vorausgesetztes Wissen als Ausgangspunkt zu weiteren Erkenntnissen untersucht.

Der Begriff des Phänomens geht auf das griechische φαινόμε¢νο fainόmeno ‚ ein sich Zeigendes, ein Erscheinendes zurück. Die Phänomenologie geht davon aus, dass durch Wesensschau eine allgemeine Form erfasst wird, die als Idee hinter den Phänomenen bezeichnet werden kann.

Platon charakterisiert die Materie für sich allein als nicht existent. Zur Wirklichkeit wird sie erst durch die Ideen erweckt, die in ihr anwesend sind. Die Idee (gr. idea, eidos) ist ein immer Seiendes und in sich stets Gleiche, was als ewiger Bestand über allem Werden steht. Platon bezeichnet die Idee als "das X selbst" oder als "an sich".

Aristoteles nimmt zwischen dem Sein und dem Nichts ein Mittleres an, das aus der Gegensätzlichkeit von Seiendem und Nichtseiendem ein Werden vollziehen kann. Dieses Mittlere, was er als Materie bezeichnet sei das, woraus etwas wird. Dieses das Werden ermöglichende und ihm damit zugrundeliegende muss für Aristoteles etwas sein, was nur der Möglichkeit nach besteht. Aristoteles untersuchte die Substanz X gemäß zweier Annahmen, die in seiner Theorie der Kategorien auf die erste und die zweite Substanz verteilt sind:

  • X muss selbständige Existenz oder Subjekt für alles andere sein, aber nicht selbst Prädikat (individuelles Wesen = erste Substanz)
  • X muss Definitionsgegenstand sein, um Erkennbarkeit zu garantieren, das heißt auf die Frage ‚Was ist X? Wo ist X? Wie ist X beschaffen?‘ antworten (allgemeines Wesen = zweite Substanz)

Die höchste Idee sei nach Platon die des Guten, aus ihr gehen alle gewöhnlichen Ideen hervor. Das überseiende Gute stifte als absoluter Urgrund das Reich der Ideen und sei selbst unbedingt. Platon bezeichnet das Wesen dieses Urprinzips als das "Eine". Die Ideen bilden untereinander ein einiges, in sich selbst gegliedertes Ganzes und dienen als Musterbilder (Paradigmen) der vergänglichen Dinge.

Die Philosophie ist durch die platonische Lehre geprägt, die von zwei Dimensionen der Wirklichkeit ausgeht. Der raum-zeitlichen Welt des Werdens steht die Welt des Seins jenseits von Zeit und Raum gegenüber. Die durch die ewigen Wesenheiten gebildete Welt des Seins ist dem Denken zugänglich, sie repräsentiert das Unwandelbare. Die Welt des Werdens kann mit den Wahrnehmungen erkannt werden. Durch die Annahme von Ideen kann ein intuitiver Zusammenhang zwischen der Welt des Seins und der Sprache einerseits und der dinglichen Wirklichkeit andererseits gefunden werden.

Der Artikel erläutert die Annahme eines erkenntnistheoretischen Dualismus zwischen der phänomenalen Welt der Erscheinungen und der vorausgesetzten Welt des Transphänomenalen.

Das Cogito und die Transphänomenalität

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Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist die Wesensbeschreibung der Transphänomenalität und verleiht den Phänomenen ihre Phänomenalität. Das Phänomen kann als Ende der Begründungskette angesehen werden, die Transphänomenalität als Eigenschaft als Ur-Sache, die Transphänomenalität als dialektische Vereinigung des Gegensatzes in [sich]. Die Transphänomenalität entspricht dem „Einen“, dem „Unteilbaren“.

Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist das zugrundeliegende Prinzip des Cogito. Das Cogito wirkt präreflexiv (Wirkung durch Ur-Sache). Das Cogito manifestiert sich als Phänomen durch seine Wirkbeziehung, der Wirkbeziehung zwischen Ich und Es, dem An sich und dem Für sich. Die Wirkbeziehung ist ein transzendenter Pol synthetisierender Einheit, welche sich der Dualität von Sein und Nichts bedient. Die Funktion von Sein und Nichts besteht in ihrer Dualität, ihrer Wechselwirkung, dem Werden. Das Werden ist Mittel der Creatio ex nihilo.

Betrachtungen können immer nur auf Erlebtes oder Mögliches in Form von Betrachtetem angewendet werden. Gegenstand der Betrachtung sind diejenigen Informationen, die durch die fünf Sinne aufgenommen werden können und dem Bewusstsein zur Verfügung stehen. Bewusstsein ist die Fähigkeit des Cogito, mittels Intentionalität auf Informationen zuzugreifen. Die Transphänomenalität ist einer zeitlichen Betrachtung nicht zugänglich.

Die Spiegelung des Spiegelnden-Gespiegelten leistet den Ausgang aus der Spiegelmetapher, „Keiner“ wird gestellt, die Gesetze der Transphänomenalität können abgelesen werden.

Es gibt ein transzendentales Ich, aber kein transphänomenales Sein. Die Transphänomenalität ist unteilbar, Phänomenalität wird verliehen, nicht gegeben. Phänomenalität ist die Selbstheit des Phänomens, das heisst die Eigenschaft ohne äußeres Zutun zu emergieren, d. h. sich zu zeigen.

Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist die Regel der Reihe, die das Wesen in der Erscheinung manifestiert. Der Dualismus ist das Wesen der Regel. Die manifestierte Erscheinung ist der Gegenstand der Reduktion.

Klammert man bei der Reduktion den Dualismus als Wesen der Regel der Reihe aus, somit dasjenige grundlegende nicht mehr zu reduzierende Merkmal [Dualität von Sein und Nichts], was das Wesen durch die Regel zur Erscheinung macht, bleibt nichts „anderes“ übrig als das Wesen selbst. Insofern liegt eine Identität von manifestierter Erscheinung und seinem Wesen vor.

Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist eine emergente, nicht auf tieferliegende Einheiten reduzierbare Eigenschaft.

Die Spiegelmetapher

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das Für-sich: das wahrnehmende Bewusstsein

das An-sich: die transzendentalen Strukturen, die dem Bewusstsein zu Grunde liegen

das Für-andere: die Wahrnehmung anderer

Die Spiegelmetapher wird in der Geschichte der Philosophie als Abstraktion für das Gegenspiegelungsproblem des reflexiven Bewusstseins verwendet. Das Gegenspiegelungsproblem des reflexiven Bewussteins besteht darin, dass das Für-sich in der Reflexion auf sich selbst einer Endlosrekursion unterworfen wird, indem das Spiegelnde-Gespiegelte auf das Sich-selbst zurückverweist, was dann gleichermaßen zum Spiegelnden wird und eine unendliche Reihe von Abbildern seiner selbst erzeugt. Ein wahrnehmendes Bewusstsein, das nur auf das Sich-selbst bezogen ist, wird zwischen relativen Standpunkten hin- und herverwiesen und ist nicht in der Lage, die Endlosrekursion zu umgehen. Die Reflexion des Für-sich auf sich selbst entspricht in der Sprache der Spiegelmetapher einer parallelen Anordnung zweier Spiegel.

Die Frage ist, wie die Spiegelung des Spiegelnden-Gepiegelten zu konzipieren ist, damit kein Zirkelbezug zwischen dem Für-sich und dem Sich-selbst besteht. Das Für-sich und das Für-andere bestehen in getrennten Perspektiven. Ein Sich-selbst wird nicht in einer unendlichen Reihe gespiegelt, wenn aus der Perspektive des Für-sich in die dazu getrennte Perspektive des Für-andere gewechselt werden kann. In der Sprache der Spiegelmetapher bedeutet dies einer Anordnung zweier Spiegel senkrecht zu einander.

Die einheitsstiftende Funktion der Negation

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Analyse = Trennung

Synthese = Zusammenfügung

„Ich“ (das Trennbare/ das Zusammenfügbare)

„Es“ (das Nicht-Trennbare/ das Nicht-Zusammenfügbare)


                Strategie zur Lösung des Verhandlungsproblems:

Das „Ich“ behandelt „Andere“ so, wie es „selbst“ behandelt werden möchte.

Das „Ich“ behandelt [sich] nicht schlechter, als es „Andere“ behandeln würde.

Wenn das „Ich“ von „Anderen“ nicht so behandelt wird, wie es [sich] bzw. „Andere“ behandeln würde, behandelt das „Ich“ „Andere“ schlechter.

                                Ergebnis:
              Die Kommunikation an sich ist widerspruchsfrei
                          Eidetische Reduktion
                            Freie Variation
                                Sprache
                                 These
                               Antithese
                                Synthese

Das „Ich“ scheitert an dem Versuch, das Nicht-Trennbare zu trennen oder das Nicht-Zusammenfügbare zusammenzufügen. „Man“ kann sich das Nicht-Trennbare und das Nicht-Zusammenfügbare durch die Rückwendung des Bewusstseins auf sich selbst (=Reflexionsakt) vorstellen, aber nicht zugleich.

Versucht das „Ich“ das Nicht-Trennbare zu trennen, transformiert „Es“ zum Nicht-Zusammenfügbaren. Versucht das „Ich“ das Nicht-Zusammenfügbare zusammenzufügen, transformiert „Es“ zum Nicht-Trennbaren. Das „Ich“ kontrahiert, aber das „Es“ ist dem „Ich“ immer einen Schritt voraus. Das Cogito wirkt präreflexiv.

Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist diejenige emergente Eigenschaft, die es dem „Ich“ und dem „Es“ ermöglichen, mittels der Dualität von Sein und Nichts, derart in Wechselwirkung zu treten.

                      Integral        Differential
                              \      /
                               \    /
                                \  /
                                 \/
                                 []
                                 []
                                 []
                             Emergential

Das „Es“ transformiert durch die Antithese zur Entgegensetzung hin. Solange das Verhandlungsproblem nicht gelöst ist, die zwischen „Ich“ und „Es“ gegebenen Regeln der Kommunikation nicht beherzigt werden, wird immer ein Mangel in der Kommunikation von „Anderen“ und zu „Anderen“ bestehen. „Man“ bleibt solange dem Regress der Antithese verhaftet, wie der Mangel in der Kommunikation nicht behoben ist, „man“ wird weiterhin versuchen das Nicht-Trennbare zu trennen bzw. das Nicht-Zusammenfügbare zusammenzufügen. Die Antithese ist für sich betrachtet ein infiniter Vorgang. Obwohl die Antithese an sich zu keiner Lösung führt, der Kreis sich nicht quadrieren lässt, ist sie unverzichtbarer Bestandteil der Synthese. Dem infiniten Regress bedarf es nicht.

 „Alles“ weiß „Keiner“                      „Im Zweifel“ hilft „Keiner“ 
                        Was ist „Keiner“?
     „Keiner“ = das unmittelbar Gegebene, das [sich] an sich zeigt
     „Alles“ ist weder absolut noch relativ, „Alles“ ist unendlich
  die Zahl Null           lateinisch: nullus          deutsch: Keiner


Wenn „man“ die Grundsätze der Kommunikation verstanden hat, somit nicht mehr versucht wird das Nicht-Trennbare zu trennen bzw. das Nicht-Zusammenfügbare zusammenzufügen, wird „Es“ einer Negation unterzogen und [sich] in ein Gleichgewicht eingefügt (=Integration), in dem „Es“ nicht mehr transformiert und „Ich“ nicht mehr kontrahiert (=strategisches Patt).

„Es“ entspricht dabei dem Nicht-Trennbaren und dem Nicht-Zusammenfügbaren (=dialektische Vereinigung des Gegensatzes in [sich]), „Keiner“ trägt die Dualität aus.

         [„Keiner verliert“, „Keiner gewinnt“, „Allen ist geholfen“]

Der Zweifel um des Zweifelns Willen (=kategorischer Zweifel) bedient sich zwar der Unendlichkeit der Antithese, wird aber durch die Synthese ad absurdum geführt.

                      win                  lose
                       |                     |
                       |                     |
                      lose                 lose
                          \               /
                           \             /
                            \           /
                             \         /
                              \       /
                               \     /
                                 win
        den „Anderen“ anständig zu behandeln, ist eine Sache
                     der Selbstverständlichkeit

Es handelt sich hier um die Lösung des Paradoxons, der Paradoxie an sich, durch ein scheinbares Paradoxon, was aber bei genauer Betrachtung keines mehr ist.

Schein-Paradoxon: das „Ich“ und das „Es“ sind zwei getrennte Dinge, das „Ich“ kann ohne das „Es“ nicht sein

Struktur des Transzendentalen

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  • Das Denken selbst ist rekursiv, weil man die Strukturen des Denkens nicht darstellen kann, ohne sich des Denkens zu bedienen. Das Denken muss daher auf Reflexionsgesetze zurückgeführt werden, die dem empirischen Bewusstsein an sich zu Grunde liegen. Das wechselseitige Zusammenwirken von „Ich“ und „Es“ auf reflexiver Ebene (Antithese) beschreibt die transzendentalen Strukturen, die dem empirischen Bewusstsein a priori zu Grunde liegen. Die Mannigfaltigkeit empirischer Bewusstseinsinhalte impliziert die Existenz einer transzendentalen Verknüpfung, der Allheit der Vielfalt in Einem, durch welches die empirische Wahrnehmung eines erkannten Objekts durch ein erkennendes Subjekt als nicht weiter reduzierbare Bedingung für Erkenntnis erst möglich wird. Die transzendentalen Strukturen sind gegenüber der Vielfältigkeit empirischer Bewusstseinsinhalte abstrahiert, d.h. es handelt sich um ein System von logischen Begriffen, die dem Denken zugänglich sind, aber nicht auf sinnliche Anschauung rekurrieren müssen. Das empirische Bewusstsein setzt nach dem Grundsatz "Keine Wirkung ohne Ursache" transzendentale Bedingungen voraus, welche die Wahrnehmung in Zeit und Raum erklären, ohne selbst in Zeit und Raum wahrgenommen werden zu müssen.
  • „Ich“ und „Es“ sind die dualen Relate der transzendentalen Reflexion. Das Funktionsprinzip ihres Zusammenwirkens ist der Widerspruch zwischen An-sich und Für-sich, wobei der Widerspruch an sich gegeben ist.
  • „Es“ hat Funktion, aber kein Sein. Das „Es“ (Für-sich) ist die Negation (Gegensetzung) zum Sein und als solches ist „Es“ Nichts bzw. Nicht-Sein, aber das „Ich“ kann ohne die Abgrenzung zum „Es“ nicht gegeben sein. Der Seinsgrund des „Ich“ ist an-sich, weil der Formwechsel (die Transformation) vom Trennbaren zum Zusammenfügbaren nicht durch sich, sondern durch die Negation des „Es“ bedingt ist. Das „Ich“ ist ohne das „Es“ bezugsloses An-sich. Die Kontraktion des „Ich“ resultiert aus der Erhaltung der Seinsgrundlage gegenüber der Konfrontation mit dem Nichts in der Negation durch das „Es“. Das „Es“ hat keinen Seinsgrund in sich, das „Es“ ist reine Funktion für-sich. Der Gegensatz zwischen An-sich und Für-sich ist der reflexiven Ebene inhärent. Eine Aufhebung des Gegensatzes zwischen An-sich und Für-sich zum [An-sich-Für-sich] ist der reflexiven Ebene nicht möglich.
  • Der Gegensatz erzeugt einen Reflexivitätsbezug, d. h. eine in einander invertierbare Relation zweier Bezugssysteme: Das „Eine“ bedingt das „Andere" und umgekehrt, wobei vom jeweils „Einen“ in das jeweils „Andere" übergegangen werden kann. Zwischen den Bezugssystemen besteht eine doppelte Relativität, weil das, was aus der Perspektive des „Einen“ das „Eine“ ist, aus der Perspektive des „Anderen" das „Andere" ist und umgekehrt. Jedes der beiden Bezugssysteme verharrt in Relativität und ist nicht in der Lage, die eigene Perspektive gegenüber der Perspektive des „Anderen" als absolute Gegebenheit zu setzen.
  • Es handelt sich auf reflexiver Ebene um einen scheinbaren Widerspruch, d.h. der Widerspruch ist an-sich gegeben. Das bedeutet, dass der Widerspruch nicht in einer aktiv täuschenden Paradoxie im Zusammenwirken von „Ich“ und „Es“ besteht, sondern bewirkt, dass das „Eine“ und das „Andere" mittels reversibler Perspektiven eine zirkulär unendliche Wechselwirkung erzeugen, die gegenüber der Relation des (Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1) auf präreflexiver Ebene (Synthese) abgegrenzt ist.
  • Die präreflexive Einheit des (Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1) ist invariant gegenüber Symmetrietransformationen. Die Invarianz erzeugt die Symmetrieerhaltung auf reflexiver Ebene und gewährleistet die Totalität der präreflexiven Ebene, indem es ihre reflexive Erfassung als Objekt und den damit verbundenen Regress des Beweisgrundes ad infinitum ausschliesst. Der Spiegelmetaphorik wird das Spiegelnde entzogen und somit der infinite Regress verwehrt, weil Spiegelndes und Gespiegeltes auf reflexiver Ebene (Antithese) gegen null konvergiert werden, aber mit Übergang auf die präreflexive Ebene (Synthese) aus einer einander zugewandten in eine einander entgehende Polarisierung übergehen, sodass sich keine Spiegelung ausbilden kann.
  • Aus der Transformationsinvarianz folgt einerseits, dass die reflexive Ebene für sich betrachtet einen unendlichen, nicht aus der Entgegensetzung von Subjekt und Objekt hinausgelangenden Versuch der Selbstobjektivierung darstellt, d.h. die X-Matrix bleibt erhalten, ohne dass die reflexive Ebene auf ihren präreflexiven Letzthintergrund hin überschritten wird und andererseits, dass die Aporie im Letztbegründungsverfahren durch genau diese Apriorität der präreflexiven Ebene gelöst wird, indem der Beweisgrund nicht zum bedingenden Spiegelnden der Kausalkette wird.
  • Die Dualität der Bezugssysteme in der Antithese kann nicht sui generis, d.h. ohne die Existenz einer zu Grunde liegenderen Symmetrie gedacht werden. Der Reflexivitätsbezug in der Antithese durch das Zusammenwirken von „Ich“ und „Es“ entsteht im Wege der Symmetriebrechung durch die Einführung des Spiegelnden in die Symmetrie der präreflexiven Einheit [(Ich1/Ich2); (Ich2/Ich1)]. Die Symmetrietransformation der reflexiven Ebene ist eine gebrochene Form der Symmetrie.
  • Das „Es“ ist die Negation zum „Ich“. Auf präreflexiver Ebene wird das „Es“ selbst einer Negation unterzogen, sodass die Transformation (der Formwechsel) aufgehoben ist und der Wechsel der Bezugssysteme nicht mehr gegeben ist. „Ich“ und „Es“ werden auf präreflexiver Ebene auf eine absolute Struktur vereinigt. Die Kontraktion des „Ich“ geht in die Struktur des [(Ich1/Ich2); (Ich2/Ich1)] über, die ihrerseits, mangels Subjekt-Objekt Trennbarkeit, nicht zu einer Reflexion führen kann. In der präreflexiven Einheit handelt es sich um das in die Subjekt-Objekt-Identität zurückentwickelte Für-sich der Reflexion.
  • Auf der reflexiven Ebene erzeugt eine bedingende Ursache (Spiegelndes) eine bedingte Wirkung (Gespiegeltes), welches wiederum Ursache der nächsten bedingten Wirkung (Spiegelung des Gespiegelten) wird und so weiter bis ins Unendliche. Insoweit auf präreflexiver Ebene die unendliche Reihe der Reflexion, die Tätigkeit des Trennen und Zusammenfügen, in nicht-reflexive Vertauschungen überführt wird und es somit nicht mehr der endlosen Hinzufügung eines weiteren Spiegelnden für bereits Gespiegeltes bedarf, ist in der präreflexiven Einheit das Gegenspiegelungsproblem beendet und die Kausalität an ihrem nicht bedingten Ursprung angelangt.
  • Die Präreflexivität besteht darin, dass die Relate in der Struktur des [(Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1)] dieselbe Form haben, eine Symmetrie bilden, aber nicht dasselbe sind und daher in der Weise austauschbar sind, dass die resultierende Kraft gleich null beträgt und somit eine Kräftesymmetrie besteht. Das Trennen und Zusammenfügen des „Ich“ wird beim Übergang von der reflexiven Ebene zur präreflexiven Einheit nicht ins Nichts aufgelöst, Wirkung kann weder erzeugt noch vernichtet werden, sondern geht in eine Pattsituation über, in der sich weder das Trennen (Analyse) noch das Zusammenfügen (Synthese) durchsetzen kann, ohne auf die Konfrontation [in sich] (die reflexive Ebene) zurückzufallen. Die Struktur des [(Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1)] behält [sich] im Gleichklang, die Dualität wird nicht mehr [in sich] ausgetragen. Ein Bezugssystem im Kräftegleichgewicht ändert seinen Bewegungszustand nicht. Die präreflexive Einheit ist der unbewegte Letzthintergrund der Reflexion.
  • Die Nicht-Reflexivität im Ursprung kann nur durch etwas Gleiches gesetzt werden, deren Unterschied keiner ist, aber nicht dasselbe sein darf, weil ansonsten ein Zirkelbezug entsteht.
  • Auf präreflexiver Ebene gilt die in der klassischen Logik herrschende Beschränkung des tertium non datur nicht mehr. Subjekt und Objekt stehen nicht mehr in der kontrahierenden entweder/oder-Beziehung der reflexiven Ebene, weil Subjekt und Objekt vom antithetischen Wechsel in eine Vertauschungsrelation ununterscheidbarer Relate übergegangen sind.
  • Die Ununterscheidbarkeit in der Vertauschungsrelation führt dazu, dass der Regress den Ansatzpunkt verliert, weil in den Bestandteilen des [(Ich1/Ich2); (Ich2/Ich1)] Grund und Bedingung nicht mehr trennbar sind. Die Relate sind einem gemeinsamen Zweck unterworfen, weil sie das Gegenüber nicht schlechter stellen können, ohne sich selbst zu schaden. Das scheinbar paradoxe Gegenspiel von „Ich“ und „Es“ auf reflexiver Ebene weicht einer Verhandlungslösung auf präreflexiver Ebene. Die Einheit besteht in einer Kooperation ohne opportunistische Benachteiligung des Gegenüber, weil die eigene Position davon abhängt, wie der „Andere" behandelt wird. Die opportunistische Benachteiligung des „Anderen" ist dann gegeben, wenn das Kommunikationsergebnis nach einem Tausch der Verhandlungspositionen von mindestens einem der Beteiligten nicht mehr akzeptiert wird. Das Verhältnis von (Ich1/Ich2) und (Ich2/Ich1) ist ein Abbild der Kommunikation, in der keiner den „Anderen" dominiert.
  • Eine den Reflexionsregress ausschließende Ganzheit ist entstanden, die Synthese von Subjekt und Objekt ist vollzogen, die Aporie ist gelöst.
  • Das Wissen von den Vertauschungsrelationen des (Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1) und das Verständnis, dass in die präreflexive Einheit die Dualität von erkennend/erkannt nicht eingeführt werden darf, beendet den Regress von der Wirkung auf die Ursache und ermöglicht dem empirischen Bewusstsein den Rückgang in das ruhende Selbst, eine die Reflexionstendenz vermindernde Annäherung an die Totalität des Transzendentalen.
  • Die reflexive Methode versucht, die transzendentale Letztbegründung durch einen objektiven Standpunkt nicht bedingter Selbstsetzung in der Anschauung zu erreichen und verkennt, dass sie nicht in der Lage ist, ein [An-sich-Für-sich] zu erreichen, weil die Reflexionsversuche des empirischen Bewusstseins auf seine transzendentalen Grundlagen durch die immanenten Regeln der Totalität entweder in den infiniten Regress oder in den Zirkelschluss geführt werden (Münchhausen-Trilemma), mit der Folge, dass die erste Ursache nicht zum Bedingten eines erkennenden Subjekts wird und somit nicht Gegenstand des Relativismus bzw. des Skeptizismus wird. Der Zweifel um des Zweifelns Willen bestreitet alles und erklärt nichts.
  • Die Methode des empirischen Erkennens lässt die Frage nach der dem Wechsel zu Grunde liegenden Symmetrie, den unendlichen Gegensatz der Bezugssysteme generierend, unbeantwortet und stellt das Anschauen der Totalität als Widerspruch in sich heraus. Die Letztbegründung ist nur transzendental deduziert und damit der Empirie entzogen möglich.
  • Das Transzendentale besteht aus der reflexiven Ebene und der präreflexiven Einheit. Die Systematik des Transzendentalen ist transphänomenal, d.h. den physikalischen Phänomenen a priori vorgeschaltet. Die Struktur der präreflexiven Einheit erklärt den Ursprung von Materie, Zeit und Raum. Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist diejenige Eigenschaft, die es dem „Ich“ und „Es“ ermöglichen, mittels der Dualität von Sein und Nichts, in Wechselwirkung zu treten. Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist durch Symmetriebrechung aus der präreflexiven Einheit des (Ich1/Ich2);(Ich2/Ich1) entstanden. Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist die in Zeit und Raum manifestierte Regel der Reihe, die vereinheitlichte Wechselwirkung der Materie.
  • Die reflexive Ebene besteht in einander ausschliessenden, aber komplementären Betrachtungsperspektiven, die X-Matrix ermöglicht den Wechsel der Betrachtungsperspektiven. Auf präreflexiver Ebene findet durch die Subjekt-Objekt-Identität eine Symmetrisierung des Spiegelnden statt, mit der Folge, dass keine Entgegensetzung mehr möglich ist. Mit dem Verlust der Möglichkeit zur Entgegensetzung verliert der Widerspruch seinen Ansatzpunkt und degeneriert zum neutralen Element, welches den Dualismus zwischen Sein und Nichts und in der Folge die Wechselwirkung zwischen "Ich" und "Es" aufhebt. Die Neutralisation des Widerspruchs „vereint“ Kontraktion und Transformation zur regressfreien Letztbegründung.
                           Wirkung durch Ur-Sache
             persönliche Integrität ist Maß und Ziel aller Dinge

Bei phänomenologischen Betrachtungen kann es sein, dass Widersprüche, Zweifel und Missverständnisse entstehen und „man“ [sich] in Dualismen verfängt, das liegt in der Natur der Sache.

Ziel der Phänomenologie muss sein, philosophische Probleme eindeutig zu formulieren und durch sprachlogische Analyse einer Lösung zuzuführen.

                     „man“ kann „Es“ [sich] dienstbar machen

Subjekt-Objekt-Dualismus in der Philosophie des 18. und 19. Jahrhunderts

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Übersicht über die Hauptwirkungsstätten einiger bedeutender Philosophen in Europa.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel:[1] [2] [3] [4] "Die theoretische Philosophie ist die Wissenschaft der obersten und unbedingtesten Ursachen alles Bedingten, von dessen Wirklichkeit wir sonst Gewissheit haben. Durch Hilfe abstrakter Grundsätze und Begriffe soll das Dasein ausfindig gemacht, es soll ausgekundschaftet werden, was die Dinge, in ihrer wahren und verborgenen Wirklichkeit genommen, sein sollen; das Werkzeug, dessen sich die Philosophie zu ihrer Auskundschaftung der Dinge bediene, seien Begriffe, abstrakte Grundsätze, Folgerungen aus Begriffen und die Brücke zu jenen verborgenen Dingen sei wieder aus nichts als aus Begriffen erbaut. Der oberste Grundsatz ist unmittelbar, nicht abgeleitet; er soll für sich gewiss sein, das ist nur Ich. Es existiert überall nichts weiter als das Ich; und Ich ist da, weil es da ist: was da ist, ist nur im Ich und für Ich. Ich ist der Quell der Kategorien und Ideen, es ist das Verknüpfende. Dieses Ich muß das absolute Prinzip sein. Es ist Bedingung des reinen Selbstbewußtseins und dies reine Selbstbewußtsein, Ich, ist das wahre Wesen und das Absolute, dessenungeachtet aber ist es bedingt und seine Bedingung ist, daß es zu einem reellen Bewußtsein fortgeht, welche in diesem Verhältnis des Bedingtseins gegeneinander sich schlechthin entgegengesetzt bleiben. Dies Geheimnis hat in sich selbst seine Offenbarung; denn das Dasein hat in diesem Begriffe seine Notwendigkeit, weil er der sich wissende Geist ist, also in seinem Wesen das Moment hat, Bewußtsein zu sein und sich gegenständlich vorzustellen. Es ist das reine Ich, das in seiner Entäußerung, in sich als allgemeinem Gegenstande die Gewißheit seiner selbst hat, oder dieser Gegenstand ist für es die Durchdringung alles Denkens und aller Wirklichkeit. Wie soll solches Prinzip nun zum Bewußtsein hervorgerufen und verstanden werden, was notwendig ist, wenn es Bedingung des Verstehens der ganzen Philosophie ist? Das Absolute soll für das Bewußtsein konstruiert werden, das ist die Aufgabe der Philosophie, da aber das Produzieren sowie die Produkte der Reflexion nur Beschränkungen sind, so ist dies ein Widerspruch. Die Vermittlung dieses Widerspruchs ist die philosophische Reflexion. Unsere Anschauung hat das Ganze des Gegenstandes vor sich, unsere Reflexion unterscheidet, fasst verschiedene Seiten auf, erkennt eine Mannigfaltigkeit in ihnen und entzweit sie. Die Reflexion ist dies, über das konkrete Unmittelbare hinaus zu gehen und dasselbe zu bestimmen und zu trennen. Das Trennen ist die Reflexion überhaupt, das Scheinen des Einen im Anderen.

Die Trennung, von welcher der arbeitende Geist ausgeht, des An-sich-seins, das zum Stoffe wird, den er verarbeitet und des Für-sich-seins, welche die Seite des arbeitenden Selbstbewußtseins ist, ist ihm in seinem Werke gegenständlich geworden. Die Reflexion aber vermag nicht die absolute Synthese in einem Satz auszudrücken, wenn nämlich dieser Satz als ein eigentlicher Satz für den Verstand gelten soll; sie muß, was in der absoluten Identität eins ist, trennen und die Synthese und die Antithese getrennt, in zwei Sätzen, in einem die Identität, im andern die Entzweiung ausdrücken. Seine fernere Bemühung muß dahin gehen, diese Trennung der Seele und des Leibs aufzuheben, jene an ihr selbst zu bekleiden und zu gestalten, diesen aber zu beseelen. Aber sie muß ebenso sehr über diese ihre trennenden Bestimmungen hinausgehen und sie zunächst beziehen. Auf dem Standpunkt des Beziehens tritt der Widerstreit (die Antinomie) derselben hervor. Die Reflexion hat als Vernunft Beziehung auf das Absolute und sie ist nur Vernunft durch diese Beziehung; die Reflexion vernichtet insofern sich selbst und alles Sein und Beschränkte, indem sie es auf das Absolute bezieht. Das natürliche Bewußtsein hat das Konkrete zum Gegenstand, aber der Verstand entzweit, unterscheidet, hält an den endlichen Gedankenbestimmungen fest; und die Schwierigkeit ist, die Einheit zu fassen und festzuhalten. Wenn die Empirie mit der Theorie in den Kampf zu treten scheint, so zeigt sich gewöhnlich, daß die eine wie die andere eine durch Reflektieren schon vorher verunreinigte und aufgehobene Anschauung und verkehrte Vernunft und was sich für Empirie ausgibt, nur das Schwächere in der Abstraktion und dasjenige ist, was mit weniger Selbsttätigkeit seine Beschränktheiten nicht selbst herausgenommen, unterschieden und fixiert hat, sondern in solchen, welche in der allgemeinen Bildung festgeworden, als gesunder Menschenverstand vorhanden sind und darum unmittelbar aus der Erfahrung aufgenommen zu sein scheinen, befangen ist. Zwischen solcher festgewordenen Verkehrtheit der Anschauung und den jetzt erst fixierten Abstraktionen ist das Bild des Streits notwendig ebenso buntscheckig, als sie selbst sind; jede gebraucht gegen die andere bald eine Abstraktion, bald eine sogenannte Erfahrung und es ist auf beiden Seiten Empirie, die sich an Empirie und Beschränktheit, welche sich an Beschränktheit zerschlägt, – bald ein Großtun mit Grundsätzen und Gesetzen gegen die Philosophie und Ausschließung derselben als einer inkompetenten Richterin über solche absolute Wahrheiten, in die sich der Verstand festgerannt hat, bald ein Mißbrauch derselben für das Räsonnement und eine Berufung auf dieselbe.

Hierüber ist zunächst zu bemerken, daß das Mystische allerdings ein Geheimnisvolles ist, jedoch nur für den Verstand, und zwar einfach um deswillen, weil die abstrakte Identität das Prinzip des Verstandes, das Mystische aber die konkrete Einheit derjenigen Bestimmungen ist, welche dem Verstand nur in ihrer Trennung und Entgegensetzung für wahr gelten. So ist Fichtes absolutester, unbedingter Grundsatz: A = A Setzen; der zweite ist Entgegensetzen; dieser soll zum Teil bedingt, zum Teil unbedingt, somit der Widerspruch in sich sein. Es ist dies ein Fortgehen der äußeren Reflexion, welches ebensowohl das, womit es als einem Absoluten anfängt, wieder verneint, das Entgegensetzen ist die Negation der ersten Identität, als es sein zweites Unbedingtes sogleich ausdrücklich zugleich zu einem Bedingten macht. Nun ist, wie wir gesehen haben, das abstrakt verständige Denken so wenig ein Festes und Letztes, daß dasselbe sich vielmehr als das beständige Aufheben seiner selbst und als das Umschlagen in sein Entgegengesetztes erweist, wohingegen das Vernünftige als solches gerade darin besteht, die Entgegengesetzten als ideelle Momente in sich zu enthalten. Alles Vernünftige ist somit zugleich als mystisch zu bezeichnen, womit jedoch nur so viel gesagt ist, daß dasselbe über den Verstand hinausgeht und keineswegs, daß dasselbe überhaupt als dem Denken unzugänglich und unbegreiflich zu betrachten sei. Es ist genau zu wissen, was dieser Ausdruck sagen will, der sonst vielfach als Schlagwort gebraucht wird; es ist überhaupt darunter der abstrahierende und damit trennende Verstand zu verstehen, der in seinen Trennungen beharrt. Die Logik kann keine dieser Formen der Reflexion oder Regeln und Gesetze des Denkens voraussetzen, denn sie machen einen Teil ihres Inhalts selbst aus und haben erst innerhalb ihrer begründet zu werden. Insofern also das subjektive Denken unser eigenstes, innerlichstes Tun ist und der objektive Begriff der Dinge die Sache selbst ausmacht, so können wir aus jenem Tun nicht heraus, nicht über demselben stehen und ebenso wenig können wir über die Natur der Dinge hinaus. In welchen Ausdrücken oder Wendungen der Verstand sich fasse, wenn er sich gegen die Einheit des Seins und Nichts sträubt und sich auf das, was unmittelbar vorhanden sei, beruft, wird er eben in dieser Erfahrung selbst nichts als bestimmtes Sein, Sein mit einer Schranke oder Negation, jene Einheit finden, die er verwirft. Die Reflexion als Verstand ist an und für sich unfähig, die transzendentale Anschauung zu fassen und wenn die Vernunft auch zur Selbsterkennung durchgedrungen ist, so verkehrt die Reflexion das Vernünftige, wo ihr Raum gegeben wird, wieder in ein Entgegengesetztes. Jedes Sein ist, weil es gesetzt ist, ein entgegengesetztes, bedingtes und bedingendes; der Verstand vervollständigt diese seine Beschränkungen durch das Setzen der entgegengesetzten Beschränkungen als der Bedingungen; diese bedürfen derselben Vervollständigung und seine Aufgabe erweitert sich zur unendlichen. Der Grund jener allgemein gewordenen Vorstellung ist in der Einsicht von dem notwendigen Widerstreit der Bestimmungen des Verstandes mit sich selbst zu suchen.

Der Geist muß den Gegensatz haben, das Prinzip des Dualismus gehört daher zum Begriff des Geistes, der, als konkret, den Unterschied zu seinem Wesen hat. Jene einfache gewöhnliche Dialektik beruht auf dem Festhalten des Gegensatzes von Sein und Nichts. Aber die Befreiung von dem Gegensatze des Bewußtseins, welche die Wissenschaft muß voraussetzen können, erhebt die Denkbestimmungen über diesen ängstlichen, unvollendeten Standpunkt und fordert die Betrachtung derselben, wie sie an und für sich, ohne eine solche Beschränkung und Rücksicht, das Logische, das Rein-vernünftige sind. Transzendent würde das Denken sein, wenn diese Bestimmungen von Allgemeinheit, Ursache und Wirkung vom Objekt ausgesagt würden; man würde vom Subjektiven in ein Anderes transzendieren. Das Vernünftige muß seinem bestimmten Inhalte nach, nämlich aus dem Widerspruch bestimmter Entgegengesetzter, deren Synthese das Vernünftige ist, deduziert werden; nur die dies Antinomische ausfüllende und haltende Anschauung ist das Postulable. Der Begriff der reinen Wissenschaft und seine Deduktion wird in gegenwärtiger Abhandlung also insofern vorausgesetzt, als die Phänomenologie des Geistes nichts anderes als die Deduktion desselben ist. Seine Aufgabe ist nunmehr die, die Entgegensetzung des transzendentalen Bewußtseins und des empirischen aufzuheben. Im allgemeinen geschieht dies dadurch, daß das letztere aus dem ersteren deduziert wird. Die Form beider ist gerade darin verschieden, daß dasjenige, was im empirischen Bewußtsein als Objekt, entgegengesetzt dem Subjekt erscheint, in der Anschauung dieses empirischen Anschauens als identisch gesetzt und hierdurch das empirische Bewußtsein durch dasjenige vervollständigt wird, was sein Wesen ausmacht, worüber es aber kein Bewußtsein hat. Die Thesis und Antithesis und die Beweise derselben stellen daher nichts dar, als die entgegengesetzten Behauptungen, daß eine Grenze ist und daß die Grenze eben so sehr nur eine aufgehobene ist; daß die Grenze ein Jenseits hat, mit dem sie aber in Beziehung steht, wohin über sie hinauszugehen ist, worin aber wieder eine solche Grenze entsteht, die keine ist. Wo die höchste Synthese erwartet wird, bleibt immer dieselbe Antithese der beschränkten Gegenwart und einer außer ihr liegenden Unendlichkeit. Den absoluten Zusammenhang dieses Gegensatzes zu erfassen, ist die tiefe Aufgabe der Metaphysik. Die Metaphysik ist die Tendenz zur Substanz; ein Denken, eine Einheit wird festgehalten gegen den Dualismus, wie bei den Alten das Sein. Die wahre und positive Bedeutung der Antinomien besteht nun überhaupt darin, dass alles Wirkliche entgegengesetzte Bestimmungen in sich enthält und dass somit das Erkennen und näher das Begreifen eines Gegenstandes eben nur soviel heißt, sich dessen als einer konkreten Einheit entgegengesetzter Bestimmungen bewusst zu sein.

Die mehreren Sätze, die als absolute Denkgesetze aufgestellt werden, sind daher, näher betrachtet, einander entgegengesetzt, sie widersprechen einander und heben sich gegenseitig auf. Aber es soll sich nicht aufheben; so gibt es für Ich nur eine mit Beschränkungen, Quantitäten erfüllte, unbestimmbar verlängerte Zeit und der bekannte Progress soll aushelfen. Die ursprüngliche Identität, welche ihre bewußtlose Kontraktion – subjektiv des Fühlens, objektiv der Materie – in das endlos organisierte Neben- und Nacheinander des Raums und der Zeit, in objektive Totalität ausbreitete und dieser Expansion die durch Vernichtung derselben sich konstituierende Kontraktion in den sich erkennenden Punkt subjektiver Vernunft, die subjektive Totalität entgegensetzte, muß beides vereinigen in die Anschauung des sich selbst in vollendeter Totalität objektiv werdenden Absoluten. Der Formalismus, den die Philosophie neuerer Zeit verklagt und geschmäht und der sich in ihr selbst wieder erzeugte, wird, wenn auch seine Ungenügsamkeit bekannt und gefühlt ist, aus der Wissenschaft nicht verschwinden, bis das Erkennen der absoluten Wirklichkeit sich über seine Natur vollkommen klar geworden ist. Eine und dieselbe Ursache bringt an dem bloß erkennbaren Teil der Welt das Erkennbarsein, an dem erkennenden Teil das Erkennen hervor. Alles, was ein Erkennbares ist, muß selbst schon das Gepräge des Erkennenden, d.h. des Verstandes, der Intelligenz an sich tragen, wenn es auch nicht das Erkennende selbst ist. Erkennen ist in der Tat ihre Einheit; aber bei der Erkenntnis hat Kant immer das erkennende Subjekt als einzelnes im Sinne. Das Erkennen ist zunächst analytisch; das Objekt hat für dasselbe die Gestalt der Vereinzelung und die Tätigkeit des analytischen Erkennens ist darauf gerichtet, das demselben vorliegende Einzelne auf ein Allgemeines zurückzuführen. Viele sagen, weiter könne das Erkennen überhaupt nichts tun, als die gegebenen konkreten Gegenstände in ihre abstrakten Elemente zu zerlegen und diese dann in ihrer Isolierung zu betrachten. Das Bewußtsein beobachtet; d.h. die Vernunft will sich als seienden Gegenstand, als wirkliche, sinnlich-gegenwärtige Weise finden und haben. In dem suchenden Erkennen ist die Methode gleichfalls als Werkzeug gestellt, als ein auf der subjektiven Seite stehendes Mittel, wodurch sie sich auf das Objekt bezieht. Das Subjekt ist in diesem Schlusse das eine und das Objekt das andere Extrem und jenes schließt sich durch seine Methode mit diesem aber darin für sich nicht mit sich selbst zusammen. Die Extreme bleiben verschiedene, weil Subjekt, Methode und Objekt nicht als der eine identische Begriff gesetzt sind, der Schluß ist daher immer der formelle; die Prämisse, in welcher das Subjekt die Form als seine Methode auf seine Seite setzt, ist eine unmittelbare Bestimmung und enthält deswegen die Bestimmungen der Form, wie wir gesehen, der Definition, Einteilung usw. als im Subjekt vorgefundene Tatsachen. 

Die anthropologische und psychologische Seite des Erkennens aber betrifft dessen Erscheinung, in welcher der Begriff für sich selbst noch nicht dieses ist, eine ihm gleiche Objektivität, d. h. sich selbst zum Objekte zu haben. Es erhellt indes sogleich, daß dies ein Verkehren der Dinge ist und daß das Erkennen, welches die Dinge nehmen will, wie sie sind, hierbei mit sich selbst in Widerspruch gerät. Ebenso sind vom Erkennen, dem sich selbst Erfassen des Begriffs, nicht die anderen Gestalten seiner Voraussetzung, sondern nur diejenige, welche selbst Idee ist, in der Logik abzuhandeln; aber diese ist notwendig in ihr zu betrachten. Wenn aber die absolute Wahrheit der Gegenstand der Logik und die Wahrheit als solche wesentlich im Erkennen ist, so müßte das Erkennen wenigstens abgehandelt werden. Nach dem kantischen Resultate ist es der eigentümliche Stoff der Metaphysik, der sie in Widersprüche führt und das Unzureichende des Erkennens besteht in seiner Subjektivität, nach dem jacobischen ist es die Methode und ganze Natur des Erkennens selbst, das nur einen Zusammenhang der Bedingtheit und Abhängigkeit erfasst und daher dem, was an und für sich und das absolut-Wahre ist, sich unangemessen zeigt. Denn dasjenige, durch welches hierbei etwas erwiesen werden soll, ist selbst ein Vorausgesetztes, folglich des Erweises Bedürftiges, so daß man auf diesem Felde von Voraussetzungen zu Voraussetzungen gelangt und in den Progress ins Unendliche hineingerät. Der äußerliche Ausgangspunkt ist bei Jacobi mehr die französische Philosophie und deutsche Metaphysik, Kant fing mehr von der englischen Seite, dem Humeschen Skeptizismus, an. Jacobi, in seinem negativen Verhalten wie Kant, hat mehr das Objektive der Erkenntnisweise vor sich gehabt und betrachtet, er erklärte die Erkenntnis ihrem Inhalt nach für unfähig, das Absolute zu erkennen. Indem nun das Interesse der kantischen Philosophie auf das sogenannte Transzendentale der Denkbestimmungen gerichtet war, ist die Abhandlung derselben selbst leer ausgegangen; was sie an ihnen selbst sind, ohne die abstrakte, allen gleiche Relation auf Ich, ihre Bestimmtheit gegen und ihr Verhältnis zu einander ist nicht zu einem Gegenstande der Betrachtung gemacht worden.

Die Auflösung der Antinomien ist, transzendental, das heißt, sie besteht in der Behauptung der Idealität des Raums und der Zeit, als Formen der Anschauung, in dem Sinne, daß die Welt an ihr selbst nicht im Widerspruch mit sich, nicht ein sich Aufhebendes, sondern nur das Bewußtsein in seinem Anschauen und in der Beziehung der Anschauung auf Verstand und Vernunft, ein sich selbst widersprechendes Wesen sei. Die sogenannte Welt aber, sie heiße objektive, reale Welt oder nach dem transzendentalen Idealismus subjektives Anschauen und durch die Verstandes-Kategorie bestimmte Sinnlichkeit, entbehrt darum des Widerspruchs nicht und nirgends, vermag ihn aber nicht zu ertragen und ist darum dem Entstehen und Vergehen preisgegeben. Entgegengesetzt verhalten sich zwei Relate X und Y genau dann, wenn X identisch ist mit nicht -Y und Y identisch ist mit nicht -X. Beide Bestimmungen sind dann identisch damit, nicht die andere zu sein. Die Verschiedenheit "X ist nicht Y" geht also in Entgegensetzung über, wenn gilt:"X ist identisch mit nicht -Y" und "Y ist identisch mit nicht -X". Die Vereinigung der entgegengesetzten Bestimmungen als im seienden Substrat macht den unendlichen Regress von Ursachen zu Ursachen aus. Mit der Wirkung ist es unmittelbar der nämliche Fall, oder vielmehr der unendliche Progress von Wirkung zu Wirkung ist ganz und dasselbe, was der Regress von Ursache zu Ursache ist. Jene erste Ursache, welche zuerst wirkt und ihre Wirkung als Gegenwirkung in sich zurück erhält, tritt damit wieder als Ursache auf, wodurch das in der endlichen Kausalität in den schlecht-unendlichen Progress auslaufende Wirken umgebogen und zu einem in sich zurückkehrenden, einem unendlichen Wechselwirken wird. Der Progress ist ein Wiederholen von einem und eben demselben, Setzen, Aufheben und Wiedersetzen und Wiederaufheben, eine Ohnmacht des Negativen, dem das, was es aufhebt, durch sein Aufheben selbst als ein Kontinuierliches wiederkehrt. Die moralische Weltanschauung ist daher in der Tat nichts anderes als die Ausbildung dieses zum Grunde liegenden Widerspruchs nach seinen verschiedenen Seiten; sie ist, um einen Kantischen Ausdruck hier, wo er am passendsten ist, zu gebrauchen, ein ganzes Nest gedankenloser Widersprüche. Anschauung oder Sein sind wohl der Natur nach das Erste oder die Bedingung für den Begriff, aber sie sind darum nicht das an und für sich Unbedingte, im Begriffe hebt sich vielmehr ihre Realität und damit zugleich der Schein auf, den sie als das bedingende Reelle hatten. Bekanntlich hat sich aus dieser kantischen Unterscheidung von Anschauung und von Begriff viel Unfug mit dem Anschauen entwickelt und um das Begreifen zu ersparen, ist der Wert und das Gebiet derselben auf alles Erkennen ausgedehnt worden. Für diesen Fortgang würde nur ein immanentes Prinzip, d. h. ein Anfang aus dem Allgemeinen und dem Begriffe erfordert; das hier betrachtete Erkennen ermangelt aber eines solchen, weil es nur der Formbestimmung des Begriffes ohne ihre Reflexion-in-sich nachgeht, daher die Inhaltsbestimmtheit aus dem Gegebenen nimmt.

Für das Besondere, das in der Einteilung eintritt, ist kein eigener Grund vorhanden, weder in Ansehung dessen, was den Einteilungsgrund ausmacht, noch in Ansehung des bestimmten Verhältnisses, das die Bestandteile der Disjunktion zu einander haben sollen. Es ist schon oft gezeigt worden, daß der unendliche Progress überhaupt der begrifflosen Reflexion angehört; die absolute Methode, die den Begriff zu ihrer Seele und Inhalt hat, kann nicht in denselben führen. Kant hat die Materie aus der Repulsiv- und Attraktivkraft konstruiert oder wenigstens, wie er sich ausdrückt, die metaphysischen Elemente dieser Konstruktion aufgestellt. Es wird nicht ohne Interesse sein, diese Konstruktion näher zu beleuchten. Diese metaphysische Darstellung eines Gegenstandes, der nicht nur selbst, sondern in seinen Bestimmungen, nur der Erfahrung anzugehören schien, ist eines Teils dadurch merkwürdig, daß sie als ein Versuch des Begriffs wenigstens den Anstoß zur neueren Naturphilosophie gegeben hat, der Philosophie, welche die Natur nicht als ein der Wahrnehmung sinnlich Gegebenes zum Grunde der Wissenschaft macht, sondern ihre Bestimmungen aus dem absoluten Begriffe erkennt; anderenteils auch, weil bei jener Kantischen Konstruktion noch häufig stehen geblieben und sie für einen philosophischen Anfang und Grundlage der Physik gehalten wird. Und so hat denn Kant den versöhnten Widerspruch wohl in die Vorstellung gebracht, doch dessen wahrhaftes Wesen weder wissenschaftlich entwickeln noch als das wahrhaft und allein Wirkliche dartun können. Weiter drang freilich Kant noch vorwärts, insoweit er die geforderte Einheit in dem wiederfand, was er den intuitiven Verstand nannte; aber auch hier bleibt er wieder beim Gegensatz des Subjektiven und der Objektivität stehen, so daß er wohl die abstrakte Auflösung des Gegensatzes von Begriff und Realität, Allgemeinheit und Besonderheit, Verstand und Sinnlichkeit und somit die Idee angibt, aber diese Auflösung und Versöhnung selbst wiederum zu einer nur subjektiven macht, nicht zu einer an und für sich wahren und wirklichen. Diese Philosophie hat der Verstandesmetaphysik, als einem objektiven Dogmatismus, ein Ende gemacht, in der Tat aber dieselbe nur in einen subjektiven Dogmatismus, d. h. in ein Bewußtsein, in welchem dieselben endlichen Verstandesbestimmungen bestehen, übersetzt und die Frage nach dem, was an und für sich wahr ist, aufgegeben. Kants Verfahren ist nämlich im Grunde analytisch, nicht konstruierend

Wenn nun solche sogenannte Konstruktion der Materie höchstens ein analytisches Verdienst hätte, das noch durch die unreine Darstellung geschmälert würde, so ist der Grundgedanke immer sehr zu schätzen, die Materie aus zwei entgegengesetzten Bestimmungen als ihren Grundkräften zu erkennen. Die Entgegengesetzten heben sich zwar in ihrer Beziehung auf, so dass das Resultat gleich Null ist, aber es ist in ihnen auch ihre identische Beziehung vorhanden, die gegen den Gegensatz gleichgültig ist, so machen sie Eines aus. Das Bewusstsein weiß etwas, dieser Gegenstand ist das Wesen oder das An-sich, er ist aber auch für das Bewusstsein das An-sich, damit tritt die Zweideutigkeit dieses Wahren ein. Die Beziehung der reinen Einsicht auf das unbefangene Bewußtsein des absoluten Wesens hat nun die gedoppelte Seite, daß sie einesteils an sich dasselbe mit ihm ist, andernteils aber, daß dieses in dem einfachen Elemente seines Gedankens das absolute Wesen sowie seine Teile gewähren und sich Bestehen geben und sie nur als sein An-sich und darum in gegenständlicher Weise gelten läßt, sein Für-sich-sein aber in diesem An-sich verleugnet. Das Tun ist also nicht nur insofern doppelsinnig, als es ein Tun ebensowohl gegen sich als gegen das Andere, sondern auch insofern, als es ungetrennt ebensowohl das Tun des Einen als des Anderen ist. Diese zwei Kräfte existieren als für sich seiende Wesen; aber ihre Existenz ist eine solche Bewegung gegeneinander, daß ihr Sein vielmehr ein reines Gesetztsein durch ein Anderes ist, das heißt, daß ihr Sein vielmehr die reine Bedeutung des Verschwindens hat. Diese leeren Abstraktionen der Einzelnheit und der ihr entgegengesetzten Allgemeinheit, sowie des Wesens, das mit einem Unwesentlichen verknüpft, eines Unwesentlichen, das doch zugleich notwendig ist, sind die Mächte, deren Spiel der wahrnehmende, oft so genannte gesunde Menschenverstand ist; er, der sich für das gediegene reale Bewußtsein nimmt, ist im Wahrnehmen nur das Spiel dieser Abstraktionen; er ist überhaupt immer da am ärmsten, wo er am reichsten zu sein meint. Indem er von diesen nichtigen Wesen herumgetrieben, von dem einen dem anderen in die Arme geworfen wird und durch seine Sophisterei abwechslungsweise jetzt das eine, dann das gerade Entgegengesetzte festzuhalten und zu behaupten bemüht, sich der Wahrheit widersetzt, meint er von der Philosophie, sie habe es nur mit Gedankendingen zu tun. Sie hat in der Tat auch damit zu tun und erkennt sie für die reinen Wesen, für die absoluten Elemente und Mächte; aber damit erkennt sie dieselben zugleich in ihrer Bestimmtheit und ist darum Meister über sie, während jener wahrnehmende Verstand sie für das Wahre nimmt und von ihnen aus einer Irrung in die andere geschickt wird. Der Schein von Einheit, der noch in dem Zunehmen der einen mit ebenso vielem Abnehmen der andern liegt, verschwindet hier vollends; es ist ein bloß äußerliches Erfolgen angegeben, das nur der Konsequenz jenes Zusammenhangs, nach der insofern die eine überwiegend geworden, die andere verschwinden muß, widerspricht.

Das Bewußtsein ist sich daher durch seine Erfahrung, worin ihm seine Wahrheit werden sollte, vielmehr ein Rätsel geworden, die Folgen seiner Taten sind ihm nicht seine Taten selbst; was ihm widerfährt, ist für es nicht die Erfahrung dessen, was es an sich ist; der Übergang nicht eine bloße Formänderung desselben Inhalts und Wesens, einmal vorgestellt als Inhalt und Wesen des Bewußtseins, das anderemal als Gegenstand oder angeschautes Wesen seiner selbst. Die reinen Begriffe der Wissenschaft in dieser Form von Gestalten des Bewußtseins zu erkennen, macht die Seite ihrer Realität aus, nach welcher ihr Wesen, der Begriff, der in ihr in seiner einfachen Vermittlung als Denken gesetzt ist, die Momente dieser Vermittlung auseinanderschlägt und nach dem inneren Gegensatze sich darstellt. Was den Gedanken erliegen macht und das Fallen desselben und den Schwindel hervorbringt, ist nichts anderes, als die Langeweile der Wiederholung, welche eine Grenze verschwinden und wieder auftreten und wieder verschwinden, so immer das eine um das andere und eines im anderen, in dem Jenseits das Diesseits, in dem Diesseits das Jenseits entstehen und vergehen läßt und nur das Gefühl der Ohnmacht dieses Unendlichen oder dieses Sollens gibt, das über das Endliche Meister werden will und nicht kann. Jede der beiden Qualitäten einzeln für sich genommen, bleibt gleichfalls dieselbe Summe, welche die Indifferenz ist; sie kontinuiert sich aus der einen Seite in die andere und wird durch die quantitative Grenze, die dabei in ihr gesetzt wird, nicht beschränkt. Hieran gelangen die Bestimmungen in unmittelbaren Gegensatz, welcher sich zum Widerspruch entwickelt. Jeder von diesen beiden Teilen scheint für den anderen das Verkehrte der Wahrheit zu sein. Das Für-sich-sein hat sein Für-sich-sein zum Gegenstande, als ein schlechthin Anderes und zugleich ebenso unmittelbar als sich selbst – sich als ein Anderes, nicht daß dieses einen anderen Inhalt hätte, sondern der Inhalt ist dasselbe Selbst in der Form absoluter Entgegensetzung und vollkommen eigenen gleichgültigen Daseins. Die Wechselwirkung ist die Kausalität selbst, die Ursache hat nicht nur eine Wirkung, sondern in der Wirkung steht sie als Ursache mit sich selbst in Verbindung.

Wenn die Objekte nur als in sich abgeschlossene Totalitäten betrachtet werden, so können sie nicht auf einander wirken. Die Wechselwirkung der Substanzen in eine vorherbestimmte Harmonie hinauszuschieben, heißt weiter nichts, als sie zu einer Voraussetzung machen, d. h. zu Etwas, das dem Begriffe entzogen wird. Man soll das Erkenntnisvermögen erkennen, ehe man erkennt; es ist dasselbe wie mit dem Schwimmenwollen, ehe man ins Wasser geht. Die Schwierigkeit für solchen begreifen wollenden Verstand liegt in dem qualitativen Übergang von Etwas in sein Anderes überhaupt und in sein Entgegengesetztes; dagegen spiegelt er sich die Identität und die Veränderung als die gleichgültige, äußerliche des Quantitativen vor. In dieser Bewegung sehen wir sich den Prozeß wiederholen, der sich als Spiel der Kräfte darstellte, aber im Bewußtsein. Was in jenem für uns war, ist hier für die Extreme selbst. Die Mitte ist das Selbstbewusstsein, welches sich in die Extreme zersetzt und jedes Extrem ist diese Austauschung seiner Bestimmtheit und absoluter Übergang in das Entgegengesetzte. An der Sache selbst entsteht durch diese Bewegung nichts Neues. In ihr aber erkennen wir nun eben dasjenige, was an dem Gesetze vermisst wurde, nämlich den absoluten Wechsel selbst, denn diese Bewegung, wenn wir sie näher betrachten, ist unmittelbar das Gegenteil ihrer selbst. Sie setzt nämlich einen Unterschied, welcher nicht nur für uns kein Unterschied ist, sondern welchen sie selbst als Unterschied aufhebt. Es ist nicht nur die bloße Einheit vorhanden, so daß kein Unterschied gesetzt wäre, sondern es ist diese Bewegung, daß allerdings ein Unterschied gemacht, aber, weil er keiner ist, wieder aufgehoben wird. Mit dem Erklären also ist der Wandel und Wechsel, der vorhin außer dem Inneren nur an der Erscheinung war, in das Übersinnliche selbst eingedrungen; unser Bewußtsein ist aber aus dem Inneren als Gegenstande auf die andere Seite in den Verstand herübergegangen und hat in ihm den Wechsel. Dieser Wechsel ist so noch nicht ein Wechsel der Sache selbst, sondern stellt sich vielmehr eben dadurch als reiner Wechsel dar, daß der Inhalt der Momente des Wechsels derselbe bleibt. Indem aber der Begriff als Begriff des Verstandes dasselbe ist, was das Innere der Dinge, so wird dieser Wechsel als Gesetz des Inneren für ihn. Er erfährt also, daß es Gesetz der Erscheinung selbst ist, daß Unterschiede werden, die keine Unterschiede sind; oder daß das Gleichnamige sich von sich selbst abstößt; und ebenso, daß die Unterschiede nur solche sind, die in Wahrheit keine sind, und sich aufheben; oder daß das Ungleichnamige sich anzieht.

Denn die erste übersinnliche Welt war nur die unmittelbare Erhebung der wahrgenommenen Welt in das allgemeine Element; sie hatte ihr notwendiges Gegenbild an dieser, welche noch für sich das Prinzip des Wechsels und der Veränderung behielt; das erste Reich der Gesetze entbehrte dessen, erhält es aber als verkehrte Welt. Nach dem Gesetze dieser verkehrten Welt ist also das Gleichnamige der ersten das Ungleiche seiner selbst und das Ungleiche derselben ist ebenso ihm selbst ungleich, oder es wird sich gleich. Jene absolute Allgemeinheit, die ebenso unmittelbar absolute Vereinzelung ist und ein An- und Fürsichsein, welches schlechthin Gesetztsein und nur dies An- und Fürsichsein durch die Einheit mit dem Gesetztsein ist, macht ebenso die Natur des Ich, als des Begriffes aus; von dem Einen und dem Andern ist nichts zu begreifen, wenn nicht die angegebenen beiden Momente zugleich in ihrer Abstraktion und zugleich in ihrer vollkommenen Einheit aufgefaßt werden. Indem dieses ganz abstrakte Prinzip für sich in Extremen fixiert ist, wird die Losgebundenheit aller Momente fixiert, ihr Zusammenhang ist nur ein steter Wechsel, ein nie beruhigtes Schweifen, ein wilder Taumel von einem Extrem zum Anderen. Ein Zirkel von Gegenseitigkeit, wodurch man nicht erfährt, was die Sache selbst, weder was die eine noch die andere ist. Die Persönlichkeit ist absolut entzweit, und Subjekt und Prädikat schlechthin gleichgültig Seiende, die einander nichts angehen, ohne notwendige Einheit. Statt daß der Gegensatz durchaus wesentlich nur Moment bliebe, scheint er sich durch die Entzweiung in ganz selbstständige Kräfte der Herrschaft der Einheit entzogen zu haben. Es ist also in dieser Verbindung des Seins und Denkens der Mangel vorhanden, daß das geistige Wesen noch mit einer unversöhnten Entzweiung in ein Diesseits und Jenseits behaftet ist. Der Anfang der Philosophie muß entweder ein Vermitteltes oder Unmittelbares sein und es ist leicht zu zeigen, daß es weder das Eine noch das Andere sein könne; somit findet die eine oder die andere Weise des Anfangens ihre Widerlegung.

Insofern daher das eine Objekt in der Form der subjektiven Einheit als wirkende Ursache gesetzt ist, so gilt dies nicht mehr für eine ursprüngliche Bestimmung, sondern als etwas Vermitteltes; das wirkende Objekt hat diese seine Bestimmung nur vermittelst eines anderen Objekts. Die Subjektivität, Ich, reiner Wille, entgegengesetzt der Objektivität, ist in absolutem Gegensatz und die Aufgabe der Identität und Integration schlechthin nicht zu lösen. Es kann gesagt werden, daß die Integralrechnung bloß das umgekehrte, überhaupt jedoch schwierigere Problem der Differentialrechnung sei; das reelle Interesse der Integralrechnung geht vielmehr ausschließlich auf das Verhältnis der ursprünglichen und der abgeleiteten Funktion in den konkreten Gegenständen, zu einander. Es ist der reine Wechsel, oder die Entgegensetzung in sich selbst, der Widerspruch zu denken. In dieser tautologischen Bewegung beharrt, wie sich ergibt, der Verstand bei der ruhigen Einheit seines Gegenstandes und die Bewegung fällt nur in ihn selbst, nicht in den Gegenstand; sie ist ein Erklären, das nicht nur nichts erklärt, sondern so klar ist, daß es, indem es Anstalten macht, etwas Unterschiedenes von dem schon Gesagten zu sagen, vielmehr nichts sagt, sondern nur dasselbe wiederholt. Wird ihm (dem Bewusstsein) die Gleichheit aufgezeigt, so zeigt es die Ungleichheit auf und indem ihm diese, die es eben ausgesprochen hat, jetzt vorgehalten wird, so geht es zum Aufzeigen der Gleichheit über, sein Gerede ist in der Tat ein Gezänk eigensinniger Jungen, deren einer A sagt, wenn der andere B, und wieder B, wenn der andere A und die sich durch den Widerspruch mit sich selbst die Freude erkaufen, miteinander im Widerspruch zu bleiben. Gerade, was den Widerspruch und die Auflösung von ihnen abhalten soll, daß nämlich etwas einem anderen in einer Rücksicht gleich, in einer anderen aber ungleich sei; – dies Auseinanderhalten der Gleichheit und Ungleichheit ist ihre Zerstörung. Denn beide sind Bestimmungen des Unterschiedes; sie sind Beziehungen auf einander, das eine, zu sein, was das andere nicht ist; gleich ist nicht ungleich und ungleich ist nicht gleich; und beide haben wesentlich diese Beziehung und außer ihr keine Bedeutung; als Bestimmungen des Unterschiedes ist jedes das, was es ist, als unterschieden von seinem anderen.

Es sind zwei so zusammengeknüpft, dass sie sich schlechthin fliehen und indem sie sich fliehen, können sie sich nicht trennen, sondern sind in ihrer gegenseitigen Flucht verknüpft. Beide müssen in diesen Kampf gehen, denn sie müssen die Gewißheit ihrer selbst, für sich zu sein, zur Wahrheit an dem Anderen und an ihnen selbst erheben. Solche festgewordenen Gegensätze aufzuheben, ist das einzige Interesse der Vernunft. Nicht die allgemeine Idee ist es, welche sich in Gegensatz und in Kampf, welche sich in Gefahr begibt, sie hält sich unangegriffen und unbeschädigt im Hintergrund. Diese Tätigkeit ist die Mitte des Schlusses, dessen eine Extrem das Allgemeine, die Idee ist, die im inneren Schacht des Geistes ruht, das andere Extrem ist die Äußerlichkeit, die gegenständliche Materie. Diese Unmöglichkeit, dass das Ich aus der Entgegensetzung der Subjektivität und des X, dass ihm im bewusstlosen Produzieren entsteht, rekonstruiert und Eins wird mit seiner Entscheidung, drückt sich so aus, dass die höchste Synthese, die ein System aufzeigt, ein Sollen ist. Ich = Ich verwandelt sich in: Ich soll gleich Ich sein, das Resultat des Systems kehrt nicht in seinen Anfang zurück. Das natürliche Bewusstsein hält sich am Vorhandensein fest und weicht dem Neuen aus, weil es unfähig ist, seine eigene Wahrheit zu erkennen. Anderer Idealismus, wie zum Beispiel der kantische und fichte'sche gelangt nicht über das Sollen oder den unendlichen Progreß hinaus und bleibt im Dualismus des Daseins und des Fürsichseins. Das formelle Denken macht sich die Identität zum Gesetze, läßt den widersprechenden Inhalt, den es vor sich hat, in die Sphäre der Vorstellung, in Raum und Zeit herabfallen, worin das Widersprechende im Neben- und Nacheinander außer einander gehalten wird und so ohne die gegenseitige Berührung vor das Bewußtsein tritt.

Als Grundcharakter des Fichteschen Prinzips ist aufgezeigt worden, daß Subjekt = Objekt aus der Identität heraustritt und sich zu derselben nicht wiederherzustellen vermag, weil das Differente ins Kausalitätsverhältnis gesetzt wurde. Das Prinzip der Identität wird nicht Prinzip des Systems; sowie das System sich zu bilden anfängt, wird die Identität aufgegeben. Das System selbst ist eine konsequente verständige Menge von Endlichkeiten, welche die ursprüngliche Identität nicht in den Fokus der Totalität, zur absoluten Selbstanschauung zusammenzugreifen vermag. Den Widerspruch sucht Fichte zu vereinigen, aber dessenungeachtet läßt er den Grundschaden des Dualismus bestehen; so ist er nicht aufgelöst, und das Letzte ist nur ein Sollen, Bestreben, Sehnen. Der Progress ins Unendliche ist überhaupt der Ausdruck des Widerspruchs, hier desjenigen, den das quantitativ-Endliche oder das Quantum überhaupt enthält. Die Dürftigkeit dieser subjektiv bleibenden Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen hinaufsteigt, tut sich selbst damit kund, daß sie in vergeblicher Arbeit dem unendlichen Ziel nicht näher zu kommen eingesteht, welches zu erreichen freilich ganz anders anzugreifen ist. So als Moment ist es in wesentlicher Einheit mit seinem Anderen, nur als bestimmt durch dieses sein Anderes, d. h. es hat nur Bedeutung in Beziehung auf ein im Verhältnis mit ihm Stehendes. Außer diesem Verhältnis ist es Null, – da gerade das Quantum als solches gegen das Verhältnis gleichgültig, in ihm doch eine unmittelbare ruhende Bestimmung sein soll. Es wird auf folgende Art bewiesen, daß kein Anfang der Welt oder von Etwas möglich sei: Es kann nichts anfangen, weder insofern etwas ist, noch insofern es nicht ist; denn insofern es ist, fängt es nicht erst an; insofern es aber nicht ist, fängt es auch nicht an. Es erhellt, dass hierin gegen das Werden oder Anfangen und Aufhören, diese Einheit des Seins und Nichts, nichts vorgebracht wird, als sie assertorisch zu leugnen und dem Sein und Nichts, jedem getrennt von dem anderen, Wahrheit zuzuschreiben.

Diese Dialektik ist wenigstens konsequenter als das reflektierende Vorstellen. Bei der Voraussetzung der absoluten Geschiedenheit des Seins vom Nichts, ist – was man so oft hört der Anfang oder das Werden allerdings etwas Unbegreifliches; denn man macht eine Voraussetzung, welche den Anfang oder das Werden aufhebt, das man doch wieder zugibt und dieser Widerspruch, den man selbst setzt und dessen Auflösung unmöglich macht, heißt das Unbegreifliche. Das angeführte Raisonnement, das die falsche Voraussetzung der absoluten Getrenntheit des Seins und Nichtseins macht und bei derselben stehen bleibt, ist nicht Dialektik, sondern Sophisterei zu nennen. Es kann hierüber erinnert werden, daß die dialektische Bewegung gleichfalls Sätze zu ihren Teilen oder Elementen habe; die aufgezeigte Schwierigkeit scheint daher immer zurückzukehren, und eine Schwierigkeit der Sache selbst zu sein. Es muß das Bedürfnis entstehen, eine Totalität des Wissens, ein System der Wissenschaft zu produzieren. Eine der Hauptschwierigkeiten, sich in die Wissenschaften einzustudieren, worin dies Verfahren herrschend ist, beruht deswegen auf dieser Verkehrtheit der Stellung, das als Grund vorauszuschicken, was in der Tat abgeleitet ist und indem zu den Folgen fortgegangen wird, in ihnen in der Tat erst den Grund jener sein sollenden Gründe anzugeben. Es ist dies dem ähnlich, was beim gewöhnlichen Beweise so vorkommt, daß die Gründe, die er gebraucht, selbst wieder einer Begründung bedürfen, und so weiter ins Unendliche. Der Grund zeigt sich nur, als ein Schein, der unmittelbar verschwindet; dies Hervortreten ist somit die tautologische Bewegung der Sache zu sich und ihre Vermittlung durch die Bedingungen und durch den Grund ist das Verschwinden beider. Die Kausalität setzt also sich selbst voraus oder bedingt sich.

Wer daher in dergleichen Wissenschaften eindringen will, muß damit anfangen, sich jene Gründe zu inkulkieren; ein Geschäft, das der Vernunft sauer ankommt, weil sie Grundloses als Grundlage gelten lassen soll. Am besten kommt derjenige fort, der sich ohne vieles Nachdenken die Prinzipien als gegebene gefallen lässt und sie von nun an als Grundregeln seines Verstandes gebraucht. Ohne diese Methode kann man den Anfang nicht gewinnen; ebenso wenig lässt sich ohne sie ein Fortgang machen. Dieser aber hindert sich nun dadurch, daß in ihnen der Gegenstoß der Methode zum Vorschein kommt, die im Folgenden das Abgeleitete aufzeigen will, das aber in der Tat erst die Gründe zu jenen Voraussetzungen enthält. Ferner weil das Folgende sich als das Dasein zeigt, aus welchem der Grund abgeleitet wurde, so gibt dies Verhältnis, in dem das Phänomen aufgeführt wird, ein Mißtrauen gegen die Darstellung desselben; denn es zeigt sich nicht in seiner Unmittelbarkeit ausgedrückt, sondern als Beleg des Grundes. Weil aber dieser hinwieder aus jenem hergeleitet ist, verlangt man es vielmehr in seiner Unmittelbarkeit zu sehen, um den Grund aus ihm beurteilen zu können. Man weiß daher in solcher Darstellung, worin das eigentlich Begründende als Abgeleitetes vorkommt, nicht, weder wie man mit dem Grunde, noch wie man mit dem Phänomen dran ist. Aber der reale Inhalt, Stoff sind die Empfindungen, das andere Bestandstück der Erkenntnis; weder das eine noch das andere ist etwas an sich, und beide zusammen, das Erkennen, auch nicht, sondern es erkennt nur Erscheinungen, – ein sonderbarer Widerspruch. Die Gründlichkeit scheint zu erfordern, den Anfang, als den Grund, worauf Alles gebaut sei, vor Allem aus zu untersuchen, ja nicht weiter zu gehen, als bis er sich fest erwiesen hat, im Gegenteil vielmehr, wenn dies nicht der Fall ist, alles noch Folgende zu verwerfen.

Die Hauptschwierigkeit liegt nun in folgendem. Die Vernunft hat das Unbedingte, Unendliche zu erkennen. Was heißt dies? Es heißt, das Unbedingte bestimmen, die Bestimmungen desselben ableiten; dies heißt Erkennen oder soll so genannt werden. Es ist viel über Wissen, Erkennen usw. geschrieben und gesprochen worden; aber es ist nicht definiert. Aber in der Philosophie ist es darum zu tun, daß das, was als bekannt vorausgesetzt wird, erkannt wird; es handelt sich also hier darum, daß das Unbedingte erkannt werde. In der Vernunft, der höchsten Stufe des Denkens, sollte man erwarten, der Begriff werde die Bedingtheit, in welcher er auf der Stufe des Verstandes noch erscheint, verlieren und zur vollendeten Wahrheit gelangen. Diese Erwartung wird aber getäuscht. Es ist die gewöhnlichste Selbsttäuschung wie Täuschung anderer, beim Erkennen etwas als bekannt vorauszusetzen und es sich ebenso gefallen zu lassen; mit allem Hin- und Herreden gelangt solches Wissen, ohne zu wissen, wie ihm geschieht, nicht von der Stelle. Das Subjekt und Objekt u.s.w., Gott, Natur, der Verstand, die Sinnlichkeit u.s.w. werden unbesehen als bekannt und als etwas Gültiges zugrunde gelegt und machen feste Punkte sowohl des Ausgangs als der Rückkehr aus. Die Bewegung geht zwischen ihnen, die unbewegt bleiben, hin und her und somit nur auf ihrer Oberfläche vor. So besteht auch das Auffassen und Prüfen darin, zu sehen, ob jeder das von ihnen Gesagte auch in seiner Vorstellung findet, ob es ihm so scheint und bekannt ist oder nicht. Eine okkulte Qualität könnte sie nur in dem Sinne genannt werden, als der Grund einen anderen Inhalt haben soll, als das zu Erklärende; ein solcher ist nicht angegeben; insofern ist jene zum Erklären gebrauchte Kraft allerdings ein verborgener Grund, als ein Grund, wie er gefordert wird, der nicht angegeben ist.

Dadurch, daß Kant das Verhalten der Vernunft zu den Kategorien als nur dialektisch bestimmt und zwar das Resultat dieser Dialektik schlechthin nur als das unendliche Nichts auffaßt, so verliert die unendliche Einheit der Vernunft auch noch die Synthesis und damit jenen Anfang eines spekulativen, wahrhaft unendlichen Begriffs, sie wird zu der bekannten ganz formellen, bloß regulativen Einheit des systematischen Verstandesgebrauchs. Diese Form des Begründens und Bedingens gehört aber jenem Beweisen, von dem die dialektische Bewegung verschieden ist und somit dem äußerlichen Erkennen an. Hier ist es erst, wo der Inhalt des Erkennens als solcher in den Kreis der Betrachtung eintritt, weil er nun als abgeleiteter der Methode angehört. Gegen diesen Gang im Wissenschaftlichen kann etwa gemeint werden, weil das Anschauen leichter sei als das Erkennen, so sei auch das Anschaubare, also die konkrete Wirklichkeit zum Anfang der Wissenschaft zu machen und dieser Gang sei naturgemäßer als der, welcher vom Gegenstand in seiner Abstraktion beginnt und von da umgekehrt zu dessen Besonderung und konkreten Vereinzelung fortgeht. – Indem aber erkannt werden soll, so ist die Vergleichung mit der Anschauung bereits entschieden und aufgegeben; und es kann nur die Frage sein, was innerhalb des Erkennens das Erste und wie die Folge beschaffen sein soll; es wird nicht mehr ein naturgemäßer, sondern ein erkenntnißgemäßer Weg verlangt. Die Methode (des Erkennens), die sich hiermit in einen Kreis schlingt, kann aber in einer zeitlichen Entwicklung es nicht antizipieren, daß der Anfang schon als solcher ein Abgeleitetes sei.

Die Wissenschaften, vornehmlich die physikalischen, sind mit den Tautologien dieser Art angefüllt, welche gleichsam ein Vorrecht der Wissenschaften ausmachen. Es wird in der Darstellung mit den Gründen angefangen, sie werden als Prinzipien und erste Begriffe in die Luft hingestellt; sie sind einfache Bestimmungen, ohne alle Nothwendigkeit an und für sich selbst; das Folgende soll auf sie gegründet werden. Aber hier, wo die Wissenschaft erst auftritt, hat weder sie selbst, noch was es sei, sich als das Wesen oder als das An-sich gerechtfertigt; und ohne ein solches scheint keine Prüfung stattfinden zu können. Es ist das Bewusstsein selbst, das sich prüft und uns - dem Philosophen, der diesen Gang der Bewusstseinsentwicklung verfolgt - bleibt nur das reine Zuschauen. Wir finden die Natur als ein Rätsel und Problem vor uns, das wir ebenso aufzulösen uns getrieben fühlen, als wir davon abgestoßen werden. Indem wir ihre Prozesse und Verwandlungen sehen, so wollen wir ihr einfaches Wesen erfassen, diesen Proteus nötigen, seine Verwandlungen einzustellen und sich uns zu zeigen und auszusprechen, so daß er uns nicht bloß vielfache, immer neue Formen vorhalte, sondern auf einfachere Weise in der Sprache zum Bewußtsein bringe, was er ist. Nicht nur muß die Philosophie mit der Naturerfahrung übereinstimmend sein, sondern die Entstehung und Bildung der philosophischen Wissenschaft hat die empirische Physik zur Voraussetzung und Bedingung.

Die Naturphilosophie ist aber in so ungünstigen Verhältnissen, daß sie ihr Dasein beweisen muß; um sie zu rechtfertigen, müssen wir sie auf Bekanntes zurückführen. Wenn es dem Bewußtsein nicht saurer gemacht würde, die Wahrheit zu erkennen, sondern man sich nur auf den Dreifuß zu setzen und Orakel zu sprechen brauchte, so wäre freilich die Arbeit des Denkens gespart. Die Naturphilosophie nimmt den Stoff, den die Physik ihr aus der Erfahrung bereitet, an dem Punkte auf, bis wohin ihn die Physik gebracht hat, und bildet ihn wieder um, ohne die Erfahrung als die letzte Bewährung zugrunde zu legen; die Physik muß so der Philosophie in die Hände arbeiten, damit diese das ihr überlieferte verständige Allgemeine in den Begriff übersetze, indem sie zeigt, wie es als ein in sich selbst notwendiges Ganzes aus dem Begriff hervorgeht. Die Auflösung des Zwiespalts muß die Gestalt haben, daß ihre Form die wissende Idee sei, und die Momente der Auflösung müssen im Bewußtsein selbst nachgesucht werden. Denken? Abstrakt? – Sauve qui peut! (Rette sich, wer kann!) Denn Metaphysik ist das Wort, wie abstrakt und beinahe auch Denken, vor dem jeder mehr oder minder wie vor einem mit der Pest Behafteten davonläuft. Es kommt nicht darauf an, der Abstraktion und Leerheit zuzugehen, sich ins Nichts des Wissens zu flüchten; sondern das Bewußtsein muß sich erhalten, indem wir die Annahmen, durch welche der Widerspruch entstand, durch das gewöhnliche Bewußtsein selbst widerlegen wollen.

Dieses  Erfülltsein, von dem man weiter keine Quelle angeben kann, ist überhaupt als die Vollendung des wissenschaftlichen Vermögens angesehen worden; und man fügt etwa hinzu, daß solcher Zustand vollkommener Wissenschaft der jetzigen Geschichte der Welt vorhergegangen sei und daß uns, nach dem Abfall aus dieser Einheit, in Mythen, in der Tradition oder in anderen Spuren noch einige Trümmer und ferne Dämmerungen jenes geistigen Lichtzustandes übriggeblieben seien, an die sich die weitere Bildung des Menschen in der Religion angeknüpft habe und von denen aus alle wissenschaftliche Erkenntnis ausgegangen sei. Das Allgemeine in der Natur sind die Arten, die Gattungen, die Kraft, die Schwere, reduziert auf ihre Erscheinungen. Leibniz warf der newtonschen anziehenden Kraft (Gravitation) vor, dass sie eine solche verborgene Kraft sei, als die Scholastiker zum Zweck des Erklärens gebrauchen. Man müsste ihr eher das Gegenteil zum Vorwurf machen, dass sie eine zu bekannte Qualität sei, denn sie hat keinen anderen Inhalt, als die Erscheinung selbst. Bei dem formellen Geschäfte dieser Erklärungsweise aus Gründen, hört man zugleich auch wieder, alles Erklärens aus den wohlbekannten Kräften und Materien ungeachtet, sagen, daß wir das innere Wesen dieser Kräfte und Materien selbst nicht kennen. Die Ungewissheit wird dadurch vermehrt, besonders wenn der Vortrag nicht streng konsequent, sondern mehr ehrlich ist, daß sich allenthalben Spuren und Umstände des Phänomens verraten, die auf Mehreres und oft ganz Anderes hindeuten, als bloß in den Prinzipien enthalten ist. Die Verwirrung wird endlich noch größer, indem reflektierte und bloß hypothetische Bestimmungen mit unmittelbaren Bestimmungen des Phänomens selbst vermischt werden, wenn jene auf eine Art ausgesprochen sind, als ob sie der unmittelbaren Erfahrung angehörten. In der Tat befindet man sich in einer Art von Hexenkreis, worin Bestimmungen des Daseins und Bestimmungen der Reflexion, Grund und Begründetes, Phänomene und Phantome in unausgeschiedener Gesellschaft durch einander laufen und gleichen Rang mit einander geniessen.

Die Gründe sind nur von wesentlichen Inhaltsbestimmungen, Verhältnissen und Rücksichten genommen, deren jede Sache, gerade wie auch ihr Gegenteil, mehrere hat; in ihrer Form der Wesentlichkeit gilt die eine so gut als die andere; weil sie nicht den ganzen Umfang der Sache enthält, ist sie einseitiger Grund, deren die anderen besonderen Seiten wieder besondere haben, und wovon keiner die Sache, welche ihre Verknüpfung ausmacht und sie alle enthält, erschöpft. Es könnte eben so gut dieser Gegensatz auch in Rücksicht auf Zeit und Raum selbst betrachtet werden, denn ob Zeit und Raum Verhältnisse der Dinge selbst oder aber nur Formen der Anschauung sind, ändert nichts für das Antinomische der Begrenztheit oder Unbegrenztheit in ihnen.Hätte man es je denken sollen, daß die Philosophie den intelligiblen Wesen darum die Wahrheit absprechen würde, weil sie des räumlichen und zeitlichen Stoffes der Sinnlichkeit entbehren? Es findet daher vielmehr Grund zu Klagen über solchen Zustand der Unangemessenheit seiner und des Daseins und der Ungerechtigkeit, die es darauf einschränkt, seinen Gegenstand nur als reine Pflicht zu haben, aber ihm denselben und sich verwirklicht zu sehen versagt. Es ist hierin nur das Geständnis zu sehen, daß dieses Begründen sich selbst völlig ungenügend ist; daß es selbst etwas ganz Anderes fordere, als solche Gründe. Es muß nicht als die Schuld eines Gegenstands oder des Erkennens genommen werden, daß sie durch die Beschaffenheit und eine äußerliche Verknüpfung sich dialektisch zeigen.

Bisher hat die Philosophie ihre Methode noch nicht gefunden; sie betrachtete mit Neid das systematische Gebäude der Mathematik und borgte sie, wie gesagt, von ihr, oder behalf sich mit der Methode von Wissenschaften, die nur Vermischungen von gegebenem Stoffe, Erfahrungssätzen und Gedanken sind, oder half sich auch mit dem rohen Wegwerfen aller Methode. Die Unbekanntschaft mit der Natur derselben ist der Meinung, diese Verwirrung sei etwas Unrechtes, das nicht geschehen soll und schreibt sie einem subjektiven Fehler zu. Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe, daß sie durch sukzessive Synthesis niemals vollendet seyn kann. Also ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang der Welt eine nothwendige Bedingung ihres Daseins; welches zu erweisen war. Das ins Unendliche fortgehende Beweisen der Prämissen löst jenen Widerspruch nicht, sondern erneuert ihn nur immer wieder und ist die Wiederholung eines und desselben ursprünglichen Mangels. Welche Form somit genommen werde, um einen anderen Anfang zu haben, als das leere Sein, so leidet er an den angeführten Mängeln. Diejenigen, welche mit diesem Anfang unzufrieden bleiben, mögen sich zu der Aufgabe auffordern, um diese Mängel zu vermeiden. Die Wissenschaft vom subjektiven Subjekt-Objekt hat bisher Transzendentalphilosophie geheißen, die vom objektiven Subjekt-Objekt Naturphilosophie. Beide Wissenschaften scheinen sich zu widersprechen, weil in jeder das Absolute in einer entgegengesetzten Form gesetzt ist.

Um die Entzweiung aufzuheben, müssen beide Entgegengesetzte, Subjekt und Objekt aufgehoben werden; sie werden als Subjekt und Objekt aufgehoben, indem sie identisch gesetzt sind. Dass absolute Identität das Prinzip eines ganzen Systems sei, dazu ist notwendig, dass das Subjekt und Objekt beide als Subjekt-Objekt gesetzt werden. In der absoluten Identität dürfen Subjekt und Objekt nicht derart als Eins gedacht werden, dass schließlich für die Reflexion und das Wissen nichts vorhanden ist. Die Philosophie muß dem Trennen in Subjekt und Objekt sein Recht widerfahren lassen; aber indem sie es gleich absolut setzt mit der der Trennung entgegengesetzten Identität, hat sie es nur bedingt gesetzt, so wie eine solche Identität — die durch Vernichten der Entgegengesetzten bedingt ist — auch nur relativ ist. Indem die Philosophie trennt, kann sie die Getrennten nicht setzen, ohne sie im Absoluten zu setzen; denn sonst sind es rein Entgegengesetzte, die keinen anderen Charakter haben, als daß das eine nicht ist, insofern das andere ist. Das Absolute selbst aber ist darum die Identität der Identität und der Nichtidentität; Entgegensetzen und Einssein ist zugleich in ihm. Die Totalität als Grundlage und Inhalt ist diese in sich reflektierte Unmittelbarkeit nur durch die voraussetzende Reflexion der Form, die ihren Unterschied aufhebt und sich als gleichgültige Identität, als reflektierte Einheit gegen ihn setzt. Beide Pole des Erkennens und des Seins sind in jedem, beide haben also auch den Indifferenzpunkt in sich.

Jener gelangt in der Natur nicht bis zum Punkt der absoluten Abstraktion, die sich gegen die unendliche Expansion als Punkt in sich selbst setzt, wie das Ideelle sich in der Vernunft konstruiert, dieser gelangt nicht bis zur Entwicklung des Unendlichen, das in dieser Kontraktion sich unendlich ausser sich setzt, wie das Reelle sich in der Materie konstruiert. Dies Ganze als Ganzes oder Allgemeines ist es, was das Innere ausmacht, das Spiel der Kräfte, als Reflexion desselben in sich selbst. Das Leben oder die organische Natur ist diese Stufe der Natur, auf welcher der Begriff hervortritt; aber als blinder, sich selbst nicht fassender, d. h. nicht denkender Begriff. Der Gegensatz von causa efficiens und causa finalis, bloß wirkenden und Endursachen, bezieht sich auf jenen Unterschied, auf den, in konkreter Form genommen, auch die Untersuchung zurückgeht, ob das absolute Wesen der Welt als blinder Natur-Mechanismus oder als ein nach Zwecken sich bestimmender Verstand zu fassen sei. Es ist dies die Ohnmacht der Natur, die Strenge des Begriffs nicht festhalten und darstellen zu können und in diese begrifflose blinde Mannigfaltigkeit sich zu verlaufen. Jene Ohnmacht der Natur setzt der Philosophie Grenzen und das Ungehörigste ist, von dem Begriffe zu verlangen, er solle dergleichen Zufälligkeiten begreifen – und wie es genannt worden, konstruieren, deduzieren. Der Raum sei Eines, die Zeit sei Eines, das Bewusstsein sei Eines, sagt nun an, wie eines der drei Einen in ihm selbst vermannigfaltigt werden, jedes ist nur Eines und kein Anderes, eine Einerleiheit, eine Der- Die- Das- Selbigkeit ohne Derheit, Dieheit, Dasheit, denn diese schlummern mit dem Der, Die, Das im Unendlichen = Null des Unbestimmten, woraus alles und jedes Bestimmtes erst hervorgehen soll. In der sich selbst ausschließenden Reflexion, die betrachtet wurde, hebt das Positive und das Negative in seiner Selbständigkeit sich auf, jedes ist schlechthin das Übergehen oder das sich Übersetzen in sein Gegenteil.

Das Positive und Negative ist dasselbe. Dies rastlose Verschwinden der Entgegengesetzten in ihnen selbst ist die nächste Einheit, welche durch den Widerspruch zustande kommt, sie ist Null. Die Vereinigung, das echte Gesetz der Vernunft, soll darin bestehen, daß diese den Verstand zwar anweise, Ursache von Ursachen, Teile von Teilen ohne Ende aufzusuchen, in der Absicht, die Vollständigkeit des Systems der Dinge zu erreichen, ihn doch aber zugleich auch warne, keine Ursache, keinen Teil, den er je durch Erfahrung findet, für den letzten und ersten anzunehmen. Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen antreffen und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert, die Zwecke, die es nur bedingt sind, einem unbedingten obersten, d. h. einem Endzwecke, unterordnen: so sieht man erstlich leicht, daß alsdann nicht von einem Zwecke der Natur, sofern sie existiert, sondern dem Zwecke ihrer Existenz mit allen ihren Einrichtungen, mithin von dem letzten Zwecke der Schöpfung die Rede ist, und in diesem auch eigentlich von der obersten Bedingung, unter der allein ein Endzweck stattfinden kann. Das Philosophieren, das sich nicht zum System konstruiert ist eine beständige Flucht vor den Beschränkungen - mehr ein Ringen der Vernunft nach Freiheit, als reines Selbsterkennen derselben, das seiner sicher und über sich klar geworden ist. Der dem ersten Blick sich als Chaos darbietende Reichtum der Erscheinungen des Geistes ist in eine wissenschaftliche Ordnung gebracht, welche sich nach ihrer Notwendigkeit darstellt, in der die unvollkommenen sich auflösen und in höhere übergehen, welche ihre nächste Wahrheit sind. Die letzte Wahrheit finden sie zunächst in der Religion und dann in der Wissenschaft, also dem Resultate des Ganzen. Diesen Prozess des Gegensatzes, Widerspruches und der Lösung des Widerspruches durchzumachen ist das höhere Vorrecht lebendiger Naturen.

Die Entwicklung neuer Qualitäten und neuer Seinssphären ist nach meinem Dafürhalten das wirklich Wichtige an der Entwicklung, das Entwicklung überhaupt erst einen Wert verleiht. Und zwar sowohl in der materiellen Welt, wie – wenn es entstanden ist – im individuellen Bewusstsein. Wobei die Frage, ob die materielle Welt nicht bereits Bewusstsein einer spezifischen Art ist, ausgeklammert bleibt. Es ist übrigens nicht schwer, zu sehen, daß unsere Zeit eine Zeit der Geburt und des Übergangs zu einer neuen Periode ist. Der Geist hat mit der bisherigen Welt seines Daseins und Vorstellens gebrochen und steht im Begriffe, es in die Vergangenheit hinab zu versenken, und in der Arbeit seiner Umgestaltung. Alle Revolutionen, in den Wissenschaften nicht weniger als in der Weltgeschichte, kommen nur daher, daß der Geist jetzt zum Verstehen und Vernehmen seiner, um sich zu besitzen, seine Kategorien geändert hat, sich wahrhafter, tiefer, sich inniger und einiger mit sich erfassend. Der Anfang des neuen Geistes ist das Produkt einer weitläufigen Umwälzung von mannigfaltigen Bildungsformen, der Preis eines vielfach verschlungenen Weges und ebenso vielfacher Anstrengung und Bemühung. Dies allmähliche Zerbröckeln, das die Physiognomie des Ganzen nicht veränderte, wird durch den Aufgang unterbrochen, der, ein Blitz, in einem Male das Gebilde der neuen Welt hinstellt. Diese logische Natur, die den Geist beseelt, in ihm wirkt, zum Bewusstsein zu bringen, dies ist die Aufgabe.“

Immanuel Kant: [5] [6] [7] [8] "Man muss das transzendentale und empirische Bewusstsein wohl unterscheiden; jenes ist das Bewusstsein: "Ich denke" und geht aller Erfahrung vorher, indem es sie erst möglich macht. Dies transzendentale Bewusstsein liefert uns aber keine Erkenntnis unserer selbst, denn Erkenntnis unserer selbst ist die Bestimmung unseres Daseins in der Zeit und soll dies geschehen, so muss ich meinen inneren Sinn affizieren. Geschehen Eindrücke auf meinen inneren Sinn, so setzt dies voraus, dass ich mich selbst affiziere, gleich ob es uns erklärbar ist, wie dies zugeht und so setzt also das empirische Bewusstsein das transzendentale voraus. Das Bewusstsein seiner selbst insofern es affiziert (Einwirkung) wird, ist die Vorstellung des Gegenstandes in der Erscheinung, insofern es aber das Subjekt ist, was sich selbst affiziert, so ist es auch zugleich als das Objekt =X anzusehen. Hier ist nun der Ort, das Paradoxe, was jedermann bei der Exposition der Form des inneren Sinnes auffallen mußte, verständlich zu machen: nämlich wie dieser auch sogar uns selbst, nur wie wir uns erscheinen, nicht wie wir an uns selbst sind, dem Bewußtsein darstelle, weil wir nämlich uns nur anschauen wie wir innerlich affiziert werden, welches widersprechend zu sein scheint, indem wir uns gegen um selbst als leidend verhalten müßten; daher man auch lieber den inneren Sinn mit dem Vermögen der Apperzeption (welche wir sorgfältig unterscheiden) in den Systemen der Psychologie für einerlei auszugeben pflegt. Für beliebige Vorstellungen X gilt:

  • X ist Objekt möglicher Erkenntnis
  • X ist mögliches Objekt eines erkennenden Subjekts
  • X ist möglicher Inhalt eines Selbstbewusstseins, d. h. mögliches Objekt eines erkennenden Subjekts, das sich seiner selbst als X erkennend bewusst ist
  • X ist möglicher Inhalt eines Bewusstseins der Selbstidentität, d. h. mögliches Objekt eines erkennenden Subjekts, das sich seiner selbst als X und mindestens ein weiteres Objekt Y erkennend bewusst ist und das Bewusstsein hat, dass es sich jeweils um dasselbe erkennende Subjekt handelt
  • X ist mögliches Element einer Verbindung zwischen verschiedenen Bewusstseinsinhalten

Der Satz:"Ich bin mir selbst bewusst." ist ein Gedanke, der ein zweifaches Ich enthält, das Ich als Subjekt und das Ich als Objekt. Als Erkennendes kann das Subjekt nur sich selbst zum Objekt werden, weil es eben im Akte des Erkennens immer die Stelle des Subjekts einnehmen muss, also Erkennendes bleibt, nie Erkanntes ist, und, da zu jeder Vorstellung außer dem Subjekt noch ein Objekt gehört, etwas ausser sich sich gegenüber haben muss. Wie aber das Ich, der ich denke, von dem Ich, das sich selbst anschaut, unterschieden und doch mit diesem letzteren als dasselbe Subjekt einerlei sei, hat nicht mehr und nicht weniger Schwierigkeit bei sich, als wie ich mir selbst überhaupt ein Objekt und zwar der Anschauung und innerer Wahrnehmungen sein könnte. Diese ist aber unmöglich, wenn die Anschauung nicht durch eine solche Funktion der Synthesis nach einer Regel hat hervorgebracht werden können, welche die Reproduktion des Mannigfaltigen a priori notwendig und einen Begriff, in welchem dieses sich vereinigt, möglich macht. Der Verstand mag ein Vermögen der Einheit der Erscheinungen vermittelst der Regeln sein, so ist die Vernunft das Vermögen der Einheit der Verstandesregeln unter Prinzipien. Das Bewußtsein des sich selbst Beobachtenden ist eine ganz einfache Vorstellung des Subjekts im Urteile überhaupt wovon man alles weiß, wenn man es bloß denkt; aber das von sich selbst beobachtende Ich ist ein Inbegriff von so viel Gegenständen der inneren Wahrnehmung, dass die Psychologie vollauf zu tun hat, um alles darin im Verborgenen liegende aufzuspüren und nicht hoffen darf, damit jemals zu Ende zu gelangen und die Frage hinreichend zu beantworten: Was ist der Mensch.

Läge unserer reinen Vernunftserkenntnis von denkenden Wesen überhaupt mehr, als das Cogito zum Grunde; würden wir die Beobachtungen, über das Spiel unserer Gedanken und die daraus zu schöpfenden Naturgesetze des denkenden Selbst, auch zu Hilfe nehmen: so würde eine empirische Psychologie entspringen, welche eine Art der Physiologie des inneren Sinnes sein würde und vielleicht die Erscheinungen desselben zu erklären, niemals aber dazu dienen könnte, solche Eigenschaften, die gar nicht zur möglichen Erfahrung gehören, zu eröffnen, noch von denkenden Wesen überhaupt etwas, das ihre Natur betrifft, apodiktisch zu lehren. Da ich aber, wenn ich das bloße "Ich" bei dem Wechsel aller Vorstellungen beobachten will, kein anderes Korrelat meiner Vergleichungen habe, als wiederum mich selbst mit den allgemeinen Bedingungen meines Bewußtseins, so kann ich keine andere als tautologische Beantwortungen auf alle Fragen geben: indem ich nämlich meinen Begriff und dessen Einheit den Eigenschaften, die mir selbst als Objekt zukommen, unterschiebe und das voraussetze, was man zu wissen verlangte. Daraus entspringt ein fehlerhafter Zirkel im Beweisen, weil man das voraussetzt, was eigentlich hat bewiesen werden sollen. Wie es möglich ist, daß Ich, der ich denke, mir selbst ein Gegenstand (der Anschauung) sei und so mich von mir selbst unterscheiden könne, ist schlechterdings unmöglich zu erklären. Freilich ist diese Identität des Erkennenden mit dem wollenden Erkannten, also des Subjekts mit dem Objekt gegeben, aber nicht erklärbar, sie ist unbegreiflich und kann das Wunder genannt werden.

Die Materie der Erscheinungen, wodurch uns Dinge im Raume und der Zeit gegeben werden, kann nur in der Wahrnehmung, mithin a posteriori vorgestellt werden. Denn die Welt ist eine Summe von Erscheinungen, es muß also irgendein transzendentaler, d.h. bloß dem reinen Verstande denkbarer Grund derselben sein. Nun sind aber diese Erscheinungen nicht Dinge an sich selbst, sondern selbst nur Vorstellungen, die wiederum ihren Gegenstand haben, der also von uns nicht mehr angeschaut werden kann und daher der nicht-empirische, das heisst transzendentale Gegenstand =X genannt werden mag. Durch dieses Ich, oder Er, oder Es, welches denkt, wird nun nichts weiter, als ein transzendentales Subjekt der Gedanken vorgestellt =X, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädikate sind, erkannt wird, um welches wir uns daher in einem beständigen Zirkel (Kreis) herumdrehen, indem wir uns seiner Vorstellung immer schon bedienen müssen, um irgend etwas von ihm zu urteilen; eine Unbequemlichkeit, die davon nicht zu trennen ist, weil das Bewusstsein an sich nicht sowohl eine Vorstellung ist, die ein besonderes Objekt unterscheidet, sondern eine Form derselben überhaupt, sofern sie Erkenntnis genannt werden soll; denn von der allein kann ich sagen, dass ich dadurch irgend etwas denke. In der Tat ist nicht abzusehen, wie ein logisches Prinzip der Einheit der Regeln stattfinden könnte, wenn nicht ein Transzendentales vorausgesetzt würde, durch welche eine solche systematische Einheit, als dem Objekt selbst anhängend, a priori als notwendig angenommen wird. Denn mit welcher Befugnis kann die Vernunft im logischen Gebrauch verlangen, die Mannigfaltigkeit der Kräfte, welche uns die Natur zu erkennen gibt, als eine bloß versteckte Einheit zu behandeln und sie aus irgendeiner Grundkraft, soviel an ihr ist, abzuleiten, wenn es ihr freistände zuzugeben, daß es ebensowohl möglich sei, alle Kräfte wären ungleichartig und die systematische Einheit ihrer Ableitung der Natur nicht gemäß?

Die komparativen Grundkräfte müssen untereinander verglichen werden, um sie dadurch, dass man ihre Einhelligkeit entdeckt, einer einzigen absoluten Grundkraft nahe zu bringen. Man kann sich eines Begriffs a priori mit keiner Sicherheit bedienen, ohne seine transzendentale Deduktion erreicht zu haben. Das logische Vernunftprinzip erfordert diese Einheit soweit als möglich zu erreichen und je mehr die Erscheinungen der einen und anderen Kraft unter sich identisch gefunden werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie nichts als verschiedene Äußerungen ein und derselben Kraft sind. Die Möglichkeit einer solchen Vereinigung zweier ganz verschiedener Arten von Kausalität, der Natur in ihrer allgemeinen Gesetzmäßigkeit, mit einer Idee, welche jene auf eine besondere Form einschränkt, wozu sie für sich gar keinen Grund enthält, begreift unsere Vernunft nicht; sie liegt im übersinnlichen Substrat der Natur, wovon wir nichts bejahend bestimmen können, als daß es das Wesen an sich sei, von welchem wir bloß die Erscheinung kennen. Aber das Prinzip: alles, was wir als zu dieser Natur (phaenomenon) gehörig und als Produkt derselben annehmen, auch nach mechanischen Gesetzen mit ihr verknüpft denken zu müssen, bleibt nichtsdestoweniger in seiner Kraft; weil, ohne diese Art von Kausalität, organisierte Wesen, als Zwecke der Natur, doch keine Naturprodukte sein würden. So ist denn also aller Streit über die Natur unseres denkenden Wesens und der Verknüpfung desselben mit der Körperwelt lediglich eine Folge davon, daß man in Ansehung dessen, wovon man nichts weiß, die Lücke durch Paralogismen der Vernunft ausfüllt, indem ein jeder entweder von Gegenständen etwas zu wissen meint, davon kein Mensch einen Begriff hat und sich so in einem ewigen Zirkel von Zweideutigkeiten und Widersprüchen herumdreht. Denn wie können zwei Personen einen Streit über eine Sache führen, deren Realität keiner von beiden in einer wirklichen oder auch nur möglichen Erfahrung darstellen kann, über deren Idee er allein brütet, um aus ihr etwas mehr als Idee, nämlich die Wirklichkeit des Gegenstandes selbst, herauszubringen?

Durch welches Mittel wollen sie aus dem Streite heraus, da keiner von beiden seine Sache geradezu begreiflich und gewiß machen, sondern nur die seines Gegners angreifen und widerlegen kann? Der Kampfplatz dieser endlosen Streitigkeiten heißt nun Metaphysik. Der reale Widerstreit findet allerwärts statt, wo A - B = 0 ist, wo eine Realität mit der anderen, in einem Subjekt verbunden, eine die Wirkung der anderen aufhebt, welches alle Hindernisse und Gegenwirkungen in der Natur unaufhörlich vor Augen legen, die gleichwohl, da sie auf Kräften beruhen, realitates phaenomena genannt werden müssen. Unter den Ursachen in der Erscheinung kann sicherlich nichts sein, welches eine Reihe schlechthin und von selbst anfangen könnte. Jede Handlung, als Erscheinung, sofern sie eine Begebenheit hervorbringt, ist selbst Begebenheit, oder Ereignis, welche einen anderen Zustand voraussetzt, darin die Ursache angetroffen werde, und so ist alles, was geschieht, nur eine Fortsetzung der Reihe, und kein Anfang, der sich von selbst zutrüge, in derselben möglich. Also sind alle Handlungen der Naturursachen in der Zeitfolge selbst wiederum Wirkungen, die ihre Ursachen ebensowohl in der Zeitreihe voraussetzen. Es muß aber eine jede wirkende Ursache einen Charakter haben, d. h. ein Gesetz ihrer Kausalität, ohne welches sie gar nicht Ursache sein würde. Eine ursprüngliche Handlung, wodurch etwas geschieht, was vorher nicht war, ist von der Kausalverknüpfung der Erscheinungen nicht zu erwarten. Soll also die absolute Notwendigkeit in der theoretischen Erkenntnis erkannt werden, so könnte dieses allein aus Begriffen a priori geschehen, niemals aber als einer Ursache, in Beziehung auf ein Dasein, das durch Erfahrung gegeben ist. Sollte ein empirisch gültiges Gesetz der Kausalität zu dem Urwesen führen, so müsste dieses in die Kette des Gegenstands der Erfahrung mitgehören; alsdann wäre es aber, wie alle Erscheinungen, selbst wiederum bedingt. Diese würden aber alsdann auch zu keiner Erfahrung gehören, folglich ohne Objekt und nichts als ein blindes Spiel der Vorstellungen, d. h. weniger, als ein Traum sein.

Erlaubte man aber auch den Sprung über die Grenze der Erfahrung hinaus, vermittelst des dynamischen Gesetzes der Beziehung der Wirkungen auf ihre Ursachen; welchen Begriff kann uns dieses Verfahren verschaffen? Bei weitem keinen Begriff von einem höchsten Wesen, weil unsere Erfahrungen niemals die größte aller Wirkungen darreicht, welche das Zeugnis von ihrer Ursache ablegen soll. Denn alle diese Fragen betreffen einem Gegenstand, der nirgends anders als in unseren Gedanken gegeben werden kann, nämlich die schlechthin unbedingte Totalität der Synthesis der Erscheinungen. Was dieser Urgrund der Welteinheit an sich selbst sei, hat dadurch nicht gedacht werden sollen, sondern wie wir ihn, oder vielmehr seine Idee, relativ auf den systematischen Gebrauch der Vernunft in Ansehung der Dinge der Welt, brauchen sollen. Es muß also dieses Gesetz auf reinen transzendentalen und nicht empirischen Gründen beruhen. Gesetzt nun, man könnte sagen: die Vernunft habe Kausalität in Ansehung der Erscheinung; könnte da wohl die Handlung derselben frei heißen, da sie im empirischen Charakter derselben ganz genau bestimmt und notwendig ist? Woran liegt es nun, daß hier noch kein sicherer Weg der Wissenschaft hat gefunden werden können? Ist er etwa unmöglich? Wir sind also wenigstens auf den gegründeten Verdacht gebracht, daß die kosmologischen Ideen und mit ihnen alle untereinander in Streit gesetzten vernünftelnden Behauptungen, vielleicht einen leeren und bloß eingebildeten Begriff, von der Art, wie uns der Gegenstand dieser Ideen gegeben wird, zum Grunde liegen haben und dieser Verdacht kann uns schon auf die rechte Spur führen, das Blendwerk zu entdecken, was uns so lange irregeführt hat. Es ist aber eben nicht so was Unerhörtes, daß nach langer Bearbeitung einer Wissenschaft, wenn man Wunder denkt, wie weit man schon darin gekommen sei, endlich sich jemand die Frage einfallen läßt: ob und wie überhaupt eine solche Wissenschaft möglich sei. Denn die menschliche Vernunft ist so baulustig, daß sie mehrmalen schon den Turm aufgeführt, hernach aber wieder abgetragen hat, um zu sehen, wie das Fundament desselben wohl beschaffen sein möchte. So muß denn der Leser von der unumgänglichen Notwendigkeit einer solchen transzendentalen Deduktion, ehe er einen einzigen Schritt im Felde der reinen Vernunft getan hat, überzeugt werden; weil er sonst blind verfährt, und, nachdem er mannigfaltig umhergeirrt hat, doch wieder zu der Unwissenheit zurückkehren muß, von der er ausgegangen war.

Er muß aber auch die unvermeidliche Schwierigkeit zum voraus deutlich einsehen, damit er nicht über Dunkelheit klage, wo die Sache selbst tief eingehüllt ist, oder über die Wegräumung der Hindernisse zu früh verdrossen werden, weil es darauf ankommt, entweder alle Ansprüche zu Einsichten der reinen Vernunft, als das beliebteste Feld, nämlich dasjenige über die Grenzen aller möglichen Erfahrung hinaus, völlig aufzugeben, oder diese kritische Untersuchung zur Vollkommenheit zu bringen. In dem letzteren, wenn die gemeine Vernunft es wagt, von den Erfahrungsgesetzen und den Wahrnehmungen der Sinne abzugehen, gerät sie in lauter Unbegreiflichkeiten und Widersprüche mit sich selbst, wenigstens in ein Chaos von Ungewissheit, Dunkelheit und Unbestand. Daher zeigt sich hier eine Schwierigkeit, die wir im Felde der Sinnlichkeit nicht antrafen, wie nämlich subjektive Bedingungen des Denkens sollten objektive Gültigkeit haben, d. h. Bedingungen der Möglichkeit aller Erkenntnis der Gegenstände abgeben: denn ohne Funktionen des Verstandes können allerdings Erscheinungen in der Anschauung gegeben werden. Denn es könnten wohl allenfalls Erscheinungen so beschaffen sein, daß der Verstand sie den Bedingungen seiner Einheit gar nicht gemäß fände, und alles so in Verwirrung läge, daß z. B. in der Reihenfolge der Erscheinungen sich nichts darböte, was eine Regel der Synthesis gäbe, und also dem Begriffe der Ursache und Wirkung entspräche, so daß dieser Begriff also ganz leer, nichtig und ohne Bedeutung wäre. Die letztere kennen wir aber nicht, sondern bezeichnen sie durch Erscheinungen, welche eigentlich nur die Sinnesart unmittelbar zu erkennen geben.

Die Handlung nun, sofern sie der Denkungsart, als ihrer Ursache, beizumessen ist, erfolgt dennoch daraus gar nicht nach empirischen Gesetzen, d. h. so, daß die Bedingungen der reinen Vernunft, sondern nur so, daß deren Wirkungen in der Erscheinung des inneren Sinnes vorhergehen. Die reine Vernunft, als ein bloß intelligibles Vermögen, ist der Zeitform und mithin auch den Bedingungen der Zeitfolge, nicht unterworfen. Die Kausalität der Vernunft im intelligiblen Charakter entsteht nicht, oder hebt nicht etwa zu einer gewissen Zeit an, um eine Wirkung hervorzubringen. Denn sonst würde sie selbst dem Naturgesetz der Erscheinungen, sofern es Kausalreihen der Zeit nach bestimmt, unterworfen sein und die Kausalität wäre alsdann Natur und nicht Freiheit. Also werden wir sagen können: wenn Vernunft Kausalität in Ansehung der Erscheinungen haben kann; so ist sie ein Vermögen, durch welches die sinnliche Bedingung einer empirischen Reihe von Wirkungen zuerst anfängt. Denn die Bedingung, die in der Vernunft liegt, ist nicht sinnlich und fängt also selbst nicht an. Demnach findet alsdann dasjenige statt, was wir in allen empirischen Reihen vermissten: daß die Bedingung einer sukzessiven Reihe von Begebenheiten selbst empirischunbedingt sein konnte. Denn hier ist die Bedingung außer der Reihe der Erscheinungen und mithin keiner sinnlichen Bedingung und keiner Zeitbestimmung durch vorbeigehende Ursache unterworfen.

Wo aber, wie in der reinen Vernunft, ein ganzes System von Täuschungen und Blendwerken angetroffen wird, die unter sich wohl verbunden und unter gemeinschaftlichen Prinzipien vereinigt sind, da scheint eine ganz eigene und zwar negative Gesetzgebung erforderlich zu sein, welche unter dem Namen einer Disziplin aus der Natur der Vernunft und der Gegenstände ihres reinen Gebrauchs gleichsam ein System der Vorsicht und Selbstprüfung errichte, vor welchem kein falscher vernünftelnder Schein bestehen kann. Es ist das Land der Wahrheit, umgeben von einem weiten und stürmischen Ozean, dem eigentlichen Sitz des Scheins, wo manche Nebelbank und manches bald wegschmelzende Eis neue Länder verspricht und indem es den auf Entdeckungen herumschwärmenden Seefahrer unaufhörlich mit leeren Hoffnungen täuscht, ihn in Abenteuer verflechtet, von denen er niemals ablassen und sie doch auch niemals zu Ende bringen kann. Ehe wir uns aber auf dieses Meer wagen, um es nach allen Breiten zu durchsuchen und gewiß zu werden, ob etwas in ihnen zu hoffen sei, so wird es nützlich sein, zuvor noch einen Blick auf die Karte des Landes zu werfen, das wir eben verlassen wollen, und erstlich zu fragen, ob wir mit dem, was es in sich enthält, nicht allenfalls zufrieden sein könnten, oder auch aus Not zufrieden sein müssen, wenn es sonst überall keinen Boden gibt, auf dem wir uns anbauen könnten; zweitens, unter welchem Titel wir denn selbst dieses Land besitzen, und uns wider alle feindseligen Ansprüche gesichert halten können.

Das Denken wird in beiden Prämissen in ganz verschiedener Bedeutung genommen: Im Obersatze, wie es auf das Objekt überhaupt geht; im Untersatz aber nur, wie es in der Beziehung auf das Selbstbewusstsein besteht, wobei also an gar kein Objekt gedacht wird, sondern nur die Beziehung auf sich als Subjekt vorgestellt wird. Im ersteren wird von Dingen geredet, die nicht anders als Subjekte gedacht werden können; im zweiten aber nicht von Dingen, sondern vom Denken, in welchem das Ich immer dem Subjekt des Bewusstsein dient. Hieraus erhellt, daß der Obersatz des kosmologischen Vernunftschlusses das Bedingte in transzendentaler Bedeutung einer reinen Kategorie, der Untersatz aber in empirischer Bedeutung eines auf bloße Erscheinungen angewandten Verstandesbegriffs nehmen, folglich derjenige dialektische Betrug darin angetroffen werde, den man Sophisma figurae dictionis nennt. Dieser Betrug ist aber nicht erkünstelt, sondern eine ganz natürliche Täuschung der gemeinen Vernunft. Von dem natürlichen Scheine der Antinomien wird die Vernunft, wenn sie seinen Grund einsieht, zwar nicht mehr hintergegangen, aber immer noch getäuscht. Hierdurch wird aber die Vernunft genötigt, diesem Scheine nachzuspüren, woraus er entspringe, und wie er gehoben werden könne, welches nicht anders, als durch eine vollständige Kritik des ganzen reinen Vernunftvermögens, geschehen kann; so daß die Antinomie der reinen Vernunft, die in ihrer Dialektik offenbar wird, in der Tat die wohltätigste Verirrung ist, in die die menschliche Vernunft je hat geraten können, indem sie uns zuletzt antreibt, den Schlüssel zu suchen, aus diesem Labyrinthe herauszugelangen, der, wenn er gefunden worden, noch das entdeckt, was man nicht suchte und doch bedarf, nämlich eine Aussicht in eine höhere, unveränderliche Ordnung der Dinge, in der wir schon jetzt sind, und in der unser Dasein der höchsten Vernunftbestimmung gemäß fortzusetzen, wir durch bestimmte Vorschriften nunmehr angewiesen werden können.

Woher hat denn die Natur unsere Vernunft mit der rastlosen Bestrebung heimgesucht, ihm als einer ihrer wichtigsten Angelegenheiten nachzuspüren? Noch mehr, wie wenig haben wir Ursache, Vertrauen in unsere Vernunft zu setzen, wenn sie uns in einem der wichtigsten Stücke unserer Wißbegierde nicht bloß verläßt, sondern durch Vorspiegelungen hinhält und am Ende betrügt! Oder ist er bisher nur verfehlt; welche Anzeige können wir benutzen, um bei erneuertem Nachsuchen zu hoffen, daß wir glücklicher sein werden, als andere vor uns gewesen sind? Was ist hier das Unbekannte = X, worauf sich der Verstand stützt, wenn er außer dem Begriff von A ein demselben fremdes Prädikat B aufzufinden glaubt, welches er gleichwohl damit verknüpft zu sein erachtet? Auf diese Frage ist es keinem Menschen möglich, eine Antwort zu finden und man kann diese Lücke unseres Wissens niemals ausfüllen, sondern nur dadurch bezeichnen, dass man die äußeren Erscheinungen einem transzendentalen Gegenstande zuschreibt, welcher die Ursache dieser Art Vorstellungen ist, den wir aber gar nicht kennen, noch jemals einen Begriff von ihm erhalten werden. Als Erweiterung unserer Selbsterkenntnis durch reine Vernunft, welche uns eine ununterbrochene Fortdauer des Subjekts aus dem bloßen Begriff des identischen Selbst vorspiegelt, können wir nimmermehr Staat machen, da dieser Begriff sich immer um sich selbst herumdreht und uns in Ansehung keiner einzigen Frage, welche auf synthetische Erkenntnis angelegt ist, weiterbringt. Die nichtsinnliche Ursache der Vorstellungen können wir daher nicht als Objekt anschauen, denn dergleichen Gegenstand würde weder im Raum, noch in der Zeit vorgestellt werden müssen, ohne welche Bedingungen wir uns gar keine Anschauung denken können. Also ist die Supposition der Vernunft von einem höchsten Wesen, als oberster Ursache, bloß relativ, zum Zweck der systematischen Einheit der Sinnenwelt gedacht, und ein bloßes Etwas in der Idee, wovon wir, was es an sich sei, keinen Begriff haben.

Alle Versuche, jene reinen Verstandesbegriffe von der Erfahrung abzuleiten und ihnen einen bloß empirischen Ursprung zuzuschreiben, sind also ganz eitel und vergeblich. Die Erkenntnis besteht nicht einfach in der Spiegelung eines Objektes, sondern ist ein Prozess, in dem Daten eines Objekts mehrfach durch Formen, die dem Subjekt entstammen, strukturiert werden. Es ist offenbar: daß, wenn man sich ein denkendes Wesen vorstellen will, man sich selbst an seine Stelle setzen und also dem Objekte, welches man erwägen wollte, sein eigenes Subjekt unterschieben müsse und daß wir nur darum absolute Einheit des Subjekts zu einem Gedanken erfordern, weil sonst nicht gesagt werden könnte: Ich denke. Das "Ich denke" muss alle meine Vorstellungen begleiten können, denn sonst würde etwas in mir vorgestellt werden, was nicht gedacht werden könnte. Wenn wir erfahren, daß etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit voraus, daß irgend etwas vorausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Der Versuch, über das jenseits der Erfahrung Liegende Aussagen zu treffen, führt in Selbstwidersprüche (Antinomien). So kann man etwa sowohl die Behauptung (Thesis) "beweisen", daß die Welt in Raum und Zeit einen Anfang hat, wie auch ihre Gegenbehauptung (Antithesis), daß die Welt in Raum und Zeit keinen Anfang hat. Die Sätze der Antithesis sind aber von der Art, dass sie die Vollendung des Gebäudes von Erkenntnissen gänzlich unmöglich machen. Es gibt also eine natürliche und unvermeidliche Dialektik der reinen Vernunft, nicht eine durch Mangel an Kenntnissen, selbst verwickelt, oder die irgendein Sophist, um vernünftige Leute zu verwirren, künstlich ersonnen hat, sondern die der menschlichen Vernunft unhintertreiblich anhängt, und selbst, nachdem wir ihr Blendwerk aufgedeckt haben, dennoch nicht aufhören wird, ihr vorzugaukeln und sie unablässig in augenblickliche Verirrungen zu stoßen, die jederzeit gehoben zu werden bedürfen.

Denn die menschliche Vernunft besitzt eine natürliche Neigung, sich darin zu verwickeln, weil sie nach der Erkenntnis unbedingter (absoluter) Einheit als Grundlage aller ihrer Erfahrungen strebt. Derselbe Verstand also, und zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelst der analytischen Einheit, die logische Form eines Urteils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Anschauung überhaupt, in seine Vorstellungen einen transzendentalen Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die a priori auf Objekte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kann. Es ist also kein Zweifel, daß ihr Verfahren (der Metaphysik) bisher ein bloßes Herumtappen und, was das Schlimmste ist, unter bloßen Begriffen, gewesen sei. Nun können wir uns aber auch einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom Synthetisch-Allgemeinen zum Besonderen geht, d.h. vom Ganzen zu den Teilen, der also und dessen Vorstellung des Ganzen die Zufälligkeit der Verbindung der Teile nicht in sich erhält um eine bestimmte Form des Ganzen möglich zu machen, die unser Verstand bedarf, welcher von den Teilen als allgemeingedachten Gründen zu verschiedenen darunter zu subsumierenden möglichen Formen als Folgen fortgehen muss. Denn das regulative Gesetz der systematischen Einheit will, dass wir die Natur so studieren sollen, als ob allenthalben ins Unendliche systematische und zweckmäßige Einheit, bei der größtmöglichen Mannigfaltigkeit, angetroffen würde.

Demnach sage ich, wenn das Ganze in der empirischen Anschauung gegeben worden sei, so ginge der Regress in der Reihe seiner inneren Bedingungen ins Unendliche. Wenn ich ein Ganzes, das in der Anschauung gegeben ist, teile, so gehe ich von einem Bedingten zu den Bedingungen seiner Möglichkeit. Die Teilung der Teile (subdivisio oder decompositio) ist ein Regress in der Reihe dieser Bedingungen. Die absolute Totalität dieser Reihe würde nur alsdann gegeben sein, wenn der Regress bis zu einfachen Teilen gelangen könnte. Sind aber alle Teile in einer kontinuierlich fortgehenden Dekomposition immer wiederum teilbar, so geht die Teilung, d. h. der Regress, von dem Bedingten zu seinen Bedingungen in infinitum; weil die Bedingungen (die Teile) in dem Bedingten selbst enthalten sind, und, da dieses in einer zwischen seinen Grenzen eingeschlossenen Anschauung ganz gegeben ist, insgesamt auch mit gegeben sind. Also, da in der absoluten Totalität der regressiven Synthesis des Mannigfaltigen in der Erscheinung das Unbedingte notwendig enthalten ist, man mag auch unausgemacht lassen, ob und wie diese Totalität zustande zu bringen sei: so nimmt die Vernunft hier den Weg, von der Idee der Totalität auszugehen, ob sie gleich eigentlich das Unbedingte, es sei der ganzen Reihe, oder eines Teils derselben, zur Endabsicht hat. Zweitens ist es eigentlich nur das Unbedingte, was die Vernunft, in dieser, reihenweise, und zwar regressiv, fortgesetzten Synthesis der Bedingungen, sucht, gleichsam die Vollständigkeit in der Reihe der Prämissen, die zusammen weiter keine andere voraussetzen.

Was aber die absolute Totalität des Erklärungsgrundes in der Reihe derselben betrifft, so kann das kein Hindernis in Ansehung der Weltobjekte machen, weil, da diese nichts als Erscheinungen sind, an ihnen niemals etwas Vollendetes in der Synthesis der Reihen von Bedingungen gehofft werden kann. Es mag nun sein, daß auf der Seite der Bedingungen die Reihe der Prämissen ein Erstes habe, als oberste Bedingung, oder nicht und also a parte priori ohne Grenzen; so muß sie doch die Totalität der Bedingung enthalten, gesetzt, daß wir niemals dahin gelangen könnten, sie zu fassen und die ganze Reihe muß unbedingt wahr sein, wenn das Bedingte, welches als eine daraus entspringende Folgerung angesehen wird, als wahr gelten soll. Dieses ist eine Forderung der Vernunft, die ihre Erkenntnis als a priori bestimmt und als notwendig ankündigt, entweder an sich selbst und dann bedarf es keiner Gründe, oder, wenn es abgeleitet ist, als ein Teil einer Reihe von Gründen, die selbst unbedingterweise wahr ist. Dieses Unbedingte ist nun jederzeit in der absoluten Totalität der Reihe, wenn man sie sich in der Einbildung vorstellt, enthalten. Allein diese schlechthin vollendete Synthesis ist wiederum nur eine Idee; denn man kann, wenigstens zum voraus, nicht wissen, ob eine solche bei Erscheinungen auch möglich sei. Da diese Synthese nun eine nie zu vollendende (infinite) Reihe ausmachen möchte, so kann man sich nicht von ihr und mithin auch nicht durch sie, eine Totalität denken.

Man kann also damit keineswegs die Absicht haben, zu sagen, die Reihe der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten sei an sich endlich, oder unendlich; denn dadurch würde eine bloße Idee der absoluten Totalität, die lediglich in ihr selbst geschaffen ist, einen Gegenstand denken, der in keiner Erfahrung gegeben werden kann, indem einer Reihe von Erscheinungen eine von der empirischen Synthesis unabhängige objektive Realität erteilt würde. So fängt denn alle menschliche Erkenntnis mit Anschauungen an, geht von da zu Begriffen, und endigt mit Ideen. Da, wenn bloß von dem, was da ist, nicht, was sein soll, die Rede ist, das Bedingte, welches uns in der Erfahrung gegeben wird, jederzeit auch als zufällig gedacht wird, so kann die zu ihm gehörige Bedingung daraus nicht als schlechthin notwendig erkannt werden, sondern dient nur als eine respektiv notwendige, oder vielmehr nötige, an sich selbst aber und a priori willkürliche Voraussetzung zur Vernunfterkenntnis des Bedingten. Die Vernunftidee wird also nur der regressiven Synthesis in der Reihe der Bedingungen eine Regel vorschreiben, nach welcher sie vom Bedingten, vermittelst aller einander untergeordneten Bedingungen, zum Unbedingten fortgeht, obgleich dieses niemals erreicht wird. Denn der Begriff der Totalität selbst ist in diesem Falle die Vorstellung einer vollendeten Synthese der Teile und diese Vorstellung, mithin auch der Begriff derselben, ist unmöglich. 

Die Metaphysik weiß die glänzenden Resultate des Gebrauchs des mathematischen Unendlichen bei ihrem Widerspruche gegen dasselbe nicht zu leugnen oder umzustoßen und die Mathematik weiß mit der Metaphysik ihres eigenen Begriffs und daher auch mit der Ableitung der Verfahrensweisen, die der Gebrauch des Unendlichen nötig macht, nicht ins Reine zu kommen. Der wahre Begriff der Unendlichkeit ist, dass die sukzessive Synthese der Einheit in Durchmessung eines Quantums niemals vollendet sein kann. Bei allem Wechsel der Erscheinungen beharrt die Substanz, und das Quantum derselben wird in der Natur weder vermehrt noch vermindert. Folglich ist das Beharrliche, womit in Verhältnis alle Zeitverhältnisse der Erscheinungen allein bestimmt werden können, die Substanz in der Erscheinung, d. h. das Reale derselben, was als Substrat alles Wechsels immer dasselbe bleibt. Da diese also im Dasein nicht wechseln kann, so kann ihr Quantum in der Natur auch weder vermehrt noch vermindert werden. Unsere Apprehension des Mannigfaltigen der Erscheinung ist jederzeit sukzessiv, und ist also immer wechselnd. Durch das Beharrliche allein bekommt das Dasein in verschiedenen Teilen der Zeitreihe nacheinander eine Größe, die man Dauer nennt. Also ist in allen Erscheinungen das Beharrliche der Gegenstand selbst, d. h. die Substanz (phaenomenon), alles aber, was wechselt, oder wechseln kann, gehört nur zu der Art, wie diese Substanz oder Substanzen existieren, mithin zu ihren Bestimmungen.

Indessen ist es doch, vermöge der Bedingungen des logischen Gebrauchs unseres Verstandes, unvermeidlich, dasjenige, was im Dasein einer Substanz wechseln kann, indessen, daß die Substanz bleibt, gleichsam abzusondern, und in Verhältnis auf das eigentliche Beharrliche und Radikale zu betrachten; daher denn auch diese Kategorie unter dem Titel der Verhältnisse steht, mehr als die Bedingung derselben, als daß sie selbst ein Verhältnis enthielte. Daher ist alles, was sich verändert, bleibend, und nur sein Zustand wechselt. Da dieser Wechsel also nur die Bestimmungen trifft, die aufhören oder auch anheben können, so können wir, in einem etwas paradox scheinenden Ausdruck, sagen: nur das Beharrliche (die Substanz) wird verändert, das Wandelbare erleidet keine Veränderung, sondern einen Wechsel, da einige Bestimmungen aufhören, und andere anheben. Die Vernunft ist gedrungen, irgendwo ihren Ruhestand im Regress vom Bedingten, das gegeben ist, zum Unbedingten zu suchen, das zwar an sich nicht als wirklich gegeben ist, welches aber allein die Reihe der zu ihren Gründen hinausgeführten Bedingungen vollenden kann. Dies ist das Argument, worauf die Vernunft ihren Fortschritt zum Urwesen ergründet. Natur also und transzendentale Freiheit unterscheiden sich wie Gesetzmäßigkeit und Gesetzlosigkeit, davon jene zwar den Verstand mit der Schwierigkeit belästigt, die Abstammung der Begebenheiten in der Reihe der Ursachen immer höher hinauf zu suchen, weil die Kausalität an ihnen jederzeit bedingt ist, aber zur Schadloshaltung durchgängige und gesetzmäßige Einheit der Erfahrung verspricht, dahingegen das Blendwerk von Freiheit zwar dem forschenden Verstande in der Kette der Ursachen Ruhe verheißt, indem sie ihn zu einer unbedingten Kausalität führt, die von selbst zu handeln anhebt, die aber, da sie selbst blind ist, den Leitfaden der Regeln abreißt, an welchem allein eine durchgängig zusammenhängende Erfahrung möglich ist.

Man darf sich also auch nicht wundern, da eine ganze und zwar aller Beihilfe aus anderen beraubte, mithin an sich ganz neue Wissenschaft nötig ist, um nur eine einzige Frage hinreichend zu beantworten, wenn die Auflösung derselben mit Mühe und Schwierigkeit, ja sogar mit einiger Dunkelheit verbunden ist. Man gewinnt dadurch schon sehr viel, wenn man eine Menge von Untersuchungen unter die Formel einer einzigen Aufgabe bringen kann. Denn dadurch erleichtert man sich nicht allein selbst sein eigenes Geschäft, indem man es sich genau bestimmt, sondern auch jedem anderen, der es prüfen will, das Urteil, ob wir unserem Vorhaben ein Genüge getan haben oder nicht. Es liegt der Vernunft unendlich viel daran, den Mechanismus der Natur in ihren Erzeugungen nicht fallen zu lassen und in der Erklärung derselben nicht vorbei zu gehen, weil ohne diese keine Einsicht in die Natur der Dinge erlangt werden kann. Denn, wenn man nicht die höchste Zweckmäßigkeit in der Natur a priori, d. h. als zum Wesen derselben gehörig, voraussetzen kann, wie will man denn angewiesen sein, sie zu suchen und auf der Stufenleiter derselben sich der höchsten Vollkommenheit eines Urhebers, als einer schlechterdings notwendigen, mithin a priori erkennbaren Vollkommenheit, zu nähern? Denn nunmehr lautet die Frage:wie ist es möglich, etwas a priori anzuschauen? Wenn wir darüber aus unseren eigenen Begriffen nichts Gewisses sagen und ausmachen können, so dürfen wir nicht die Schuld auf die Sache schieben, die sich uns verbirgt; denn es kann uns dergleichen Sache gar nicht gegeben werden, sondern wir müssen die Ursache in unserer Idee selbst suchen, welche ein Problem ist, das keine Auflösung verstattet, und wovon wir doch hartnäckig annehmen, als entspreche ihr ein wirklicher Gegenstand. Das erste Objekt einer solchen Idee bin ich selbst, bloß als denkende Natur betrachtet.

Hierbei aber hat sie nichts anderes vor Augen, als Prinzipien der systematischen Einheit in Erklärung der Erscheinungen der Seele, nämlich: alle Bestimmungen, als in einem einigen Subjekte, alle Kräfte, so viel möglich, als abgeleitet von einer einigen Grundkraft, allen Wechsel, als gehörig zu den Zuständen eines und desselben beharrlichen Wesens zu betrachten und alle Erscheinungen im Raume, als von den Handlungen des Denkens ganz unterschieden vorzustellen. Aber das Realwesen der Materie, den ersten inneren hinreichenden Grund alles dessen was notwendig der Materie gehört, zu erkennen, übersteigt bei weitem alles menschliche Vermögen und, ohne einmal auf das Wesen des Wassers, der Erde und jedes anderen empirischen Obiekts zu sehen, so ist selbst das Realwesen von Raum und Zeit und der erste Grund, uns unerforschlich; eben darum, weil das logische Wesen analytisch, das Realwesen synthetisch und a priori erkannt werden soll, da dann ein Grund der Synthesis der erste sein muß, wobei wir wenigstens stehen bleiben müssen. Man verkennt sogleich die Bedeutung dieser Idee, wenn man sie für die Behauptung, oder auch nur die Voraussetzung einer wirklichen Sache hält, welcher man den Grund der systematischen Weltverfassung zuzuschreiben gedächte; vielmehr läßt man es gänzlich unausgemacht, was der unseren Begriffen sich entziehende Grund derselben an sich für Beschaffenheit habe und setzt sich nur eine Idee zum Gesichtspunkte, aus welchem einzig und allein man jene, der Vernunft so wesentliche und dem Verstande so heilsame, Einheit verbreiten kann.

Die Bestätigung von dem Bedürfnis der Vernunft, in der Reihe der Naturursachen sich auf einen ersten Anfang aus Freiheit zu berufen, leuchtet daran sehr klar in die Augen, daß alle Philosophen des Altertums sich gedrungen sahen, zur Erklärung der Weltbewegungen einen ersten Beweger anzunehmen, d. h. eine freihandelnde Ursache, welche diese Reihe von Zuständen zuerst und von selbst anfing. Denn aus bloßer Natur unterfangen sie sich nicht, einen ersten Anfang begreiflich zu machen. Weil aber die Data, mithin die Prinzipien, jenen Begriff einer intelligenten Weltursache zu bestimmen, bloß empirisch sind: so lassen sie auf keine Eigenschaften weiter schließen, als uns die Erfahrung an den Wirkungen derselben offenbart: welche, da sie nie die gesamte Natur als System befassen kann, oft auf jenem Begriffe und unter einander widerstreitende Beweisgründe stoßen muß, niemals aber, wenn wir gleich vermögend wären auch das ganze System, sofern es bloße Natur betrifft, empirisch zu überschauen, uns, über die Natur, zu dem Zwecke ihrer Existenz selber und dadurch zum bestimmten Begriffe jener oberen Intelligenz, erheben kann. Die Voraussetzung einer obersten Intelligenz, als der alleinigen Ursache des Weltganzen, aber freilich bloß in der Idee, kann also jederzeit der Vernunft nutzen und dabei doch niemals schaden.

Die Fragen, ob die Welt einen Anfang und irgendeine Grenze ihrer Ausdehnung im Raume habe, ob es irgendwo und vielleicht in meinem denkenden Selbst eine unteilbare und unzerstörbare Einheit gebe, ob es endlich eine oberste Weltursache gebe, oder die Naturdinge und deren Ordnung den letzten Gegenstand ausmachen, bei dem wir in allen unseren Betrachtungen stehenbleiben müssen, das sind Fragen, um deren Auflösung der Mathematiker gerne seine Wissenschaft dahin gebe. Der Idealismus mag in Ansehung der wesentlichen Zwecke der Metaphysik für noch so unschuldig gehalten werden, das er in der Tat nicht ist, so bleibt es immer ein Skandal der Philosophie und allgemeinen Menschenvernunft, das Dasein der Dinge außer uns, von denen wir doch den ganzen Stoff zu Erkenntnissen selbst für unseren inneren Sinn her haben, bloß auf Glauben annehmen zu müssen und, wenn es jemand einfällt es zu bezweifeln, ihm keinen genugtuenden Beweis entgegenstellen zu können. Dafür aber hat auch die Metaphysik das seltene Glück, welches keiner anderen Vernunftwissenschaft, die es mit Objekten zu tun hat, zuteil werden kann, daß, wenn sie durch diese Kritik in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden, sie das ganze Feld der für sie gehörigen Erkenntnisse völlig befassen und also ihr Werk vollenden und für die Nachwelt, als einen nie zu vermehrenden Hauptstuhl, zum Gebrauche niederlegen kann, weil sie es bloß mit Prinzipien und den Einschränkungen ihres Gebrauchs zu tun hat, welche durch jene selbst bestimmt werden. Zu dieser Vollständigkeit ist sie daher, als Grundwissenschaft, auch verbunden, und von ihr muß gesagt werden können: nil actum reputans, si quid superesset agendum (Solange noch etwas zu tun bleibt, ist nichts getan.).

In ihr muß man unzählige Male den Weg zurück tun, weil man findet, daß er dahin nicht führt, wo man hin will, und was die Einhelligkeit ihrer Anhänger in Behauptungen betrifft, so ist sie noch so weit davon entfernt, daß sie vielmehr ein Kampfplatz ist, der ganz eigentlich dazu bestimmt zu sein scheint, seine Kräfte im Spielgefechte zu üben, auf dem noch niemals irgend ein Fechter sich auch den kleinsten Platz hat erkämpfen und auf seinen Sieg einen dauerhaften Besitz gründen können. Da man unter dem Begriffe von Gott nicht etwa bloß eine blindwirkende ewige Natur, als die Wurzel der Dinge, sondern ein höchstes Wesen, das durch Verstand und Freiheit der Urheber der Dinge sein soll, zu verstehen gewohnt ist, und auch dieser Begriff allein uns interessiert, so könnte man, nach der Strenge, dem Deisten allen Glauben an Gott absprechen, und ihm lediglich die Behauptung eines Urwesens, oder obersten Ursache, übrig lassen. Es liegt also hier ein gewisses Geheimnis verborgen, dessen Aufschluß allein den Fortschritt in dem grenzenlosen Felde der reinen Verstandeserkenntnis sicher und zuverlässig machen kann: nämlich mit gehöriger Allgemeinheit den Grund der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori aufzudecken, die Bedingungen, die eine jede Art derselben möglich machen, einzusehen, und diese ganze Erkenntnis in einem System nach ihren ursprünglichen Quellen, Ableitungen, Umfang und Grenzen, nicht durch einen flüchtigen Umkreis zu bezeichnen, sondern vollständig und zu jedem Gebrauch hinreichend zu bestimmen.

Ein System solcher Begriffe würde Transzendentalphilosophie heißen. Es würde schön sein, wenn eine dergleichen systematische Verfassung der Geisterwelt, als wir sie vorstellten, nicht lediglich aus dem Begriff der geistigen Natur überhaupt, der gar zu sehr hypothetisch ist, sondern aus einer wirklichen und allgemein zugestandenen Beobachtung könnte geschlossen oder auch nur vermutet werden. Es ist ein alter Wunsch, der, wie weiß wie spät, vielleicht einmal in Erfüllung gehen wird, dass man doch einmal, statt der endlosen Mannigfaltigkeit ihre Prinzipien aufsuchen möge, denn darin kann allein das Geheimnis bestehen, die Gesetzgebung, wie man sagt, zu simplifizieren. Denn, wiewohl wir nur wenig von dieser Weltvollkommenheit ausspähen, oder erreichen werden, so gehört es doch zur Gesetzgebung unserer Vernunft, sie allerwärts zu suchen und zu vermuten und es muß uns jederzeit vorteilhaft sein, niemals aber kann es nachteilig werden, nach diesem Prinzip die Naturbetrachtung anzustellen. Nun laßt uns hierbei stehenbleiben und es wenigstens als möglich annehmen: die Vernunft habe wirklich Kausalität in Ansehung der Erscheinungen: so muß sie, so sehr sie auch Vernunft ist, dennoch einen empirischen Charakter von sich zeigen, weil jede Ursache eine Regel voraussetzt, danach gewisse Erscheinungen als Wirkungen folgen und jede Regel eine Gleichförmigkeit der Wirkungen erfordert, die den Begriff der Ursache als eines Vermögens gründet, welchen wir, sofern er aus bloßen Erscheinungen erhellen muß, seinen empirischen Charakter heißen können, der beständig ist, indessen die Wirkungen, nach Verschiedenheit der begleitenden und zum Teil einschränkenden Bedingungen, in veränderlichen Gestalten erscheinen.

Da nun diese Regel wiederum eben demselben Versuche der Vernunft ausgesetzt ist und dadurch die Bedingung der Bedingung vermittelst eines Prosyllogismus (Schluss einer Schlusskette, dessen Schlusssatz die Prämisse des darauffolgenden Schlusses ist) gesucht werden muß, so lange es angeht, so sieht man wohl, der eigentümliche Grundsatz der Vernunft überhaupt im logischen Gebrauche sei: zu der bedingten Erkenntnis des Verstandes das Unbedingte zu finden, womit die Einheit desselben vollendet wird. Ein solcher Grundsatz der reinen Vernunft ist aber offenbar synthetisch; denn das Bedingte bezieht sich analytisch zwar auf irgendeine Bedingung, aber nicht auf das Unbedingte. Aber jene empirische Regel der Assoziation, die man doch durchgängig annehmen muß, wenn man sagt: daß alles in der Reihenfolge der Begebenheiten dermaßen unter Regeln stehe, daß niemals etwas geschieht, vor welchem nicht etwas vorhergehe, darauf es jederzeit folge: dieses, als ein Gesetz der Natur, worauf beruht es, frage ich? Denn in demselben liegt das Geheimnis des Ursprungs unserer Sinnlichkeit. Ihre Beziehung auf ein Objekt und was der transzendentale Grund dieser Einheit sei, liegt ohne Zweifel zu tief verborgen, als daß wir, die wir sogar uns selbst nur durch inneren Sinn, mithin als Erscheinung, kennen, ein so unschickliches Werkzeug unserer Nachforschung dazu brauchen könnten, etwas anderes, als immer wiederum Erscheinungen, aufzufinden, deren nichtsinnliche Ursache wir doch gern erforschen wollten.

Wem es also mit einer nach Maßgabe der Kritik der reinen Vernunft abgefassten systematischen Metaphysik eben nicht schwer sein kann, ein Vermächtnis zu hinterlassen, so ist dies kein für gering zu achtendes Geschenk; man mag nun bloß auf die Kultur der Vernunft durch den sicheren Gang einer Wissenschaft überhaupt, in Vergleichung mit dem grundlosen Tappen und leichtsinnigen Herumstreifen derselben ohne Kritik sehen, oder auch auf bessere Zeitanwendung einer wissbegierigen Jugend, die beim gewöhnlichen Dogmatismus so frühe und so viele Aufmunterung bekommt, über Dinge, davon sie nichts versteht und darin sie, so wie niemand in der Welt, auch nie etwas einsehen wird, bequem zu vernünfteln, oder gar auf Erfindung neuer Gedanken und Meinungen auszugehen und so die Erlernung gründlicher Wissenschaften zu verabsäumen; am meisten aber, wenn man den unschätzbaren Vorteil in Anschlag bringt, allen Einwürfen wider Sittlichkeit und Religion auf sokratische Art, nämlich durch den klarsten Beweis der Unwissenheit der Gegner, auf alle künftige Zeit ein Ende zu machen. Denn irgend eine Metaphysik ist immer in der Welt gewesen, und wird auch wohl ferner, mit ihr aber auch eine Dialektik der reinen Vernunft, weil sie ihr natürlich ist, darin anzutreffen sein. Es ist also die erste und wichtigste Angelegenheit der Philosophie, einmal für allemal ihr dadurch, daß man die Quelle der Irrtümer verstopft, allen nachteiligen Einfluß zu benehmen.

Allein, weil doch des Redens kein Ende wird, wenn man nicht hinter die wahre Ursache des Scheins gelangt, wodurch selbst der Vernünftigste hintergangen werden kann und die Auflösung aller unserer transzendenten Erkenntnis in ihre Elemente als ein Studium unserer inneren Natur an sich selbst keinen geringen Wert hat, dem Philosophen aber sogar Pflicht ist, so war es nicht allein nötig, diese ganze, obzwar eitle Bearbeitung der spekulativen Vernunft bis zu ihren ersten Quellen ausführlich nachzusuchen, sondern, da der dialektische Schein hier nicht allein dem Urteile nach täuschend, sondern auch dem Interesse nach, das man hier am Urteile nimmt, anlockend und jederzeit natürlich ist und so in alle Zukunft bleiben wird, so war es ratsam, gleichsam die Akten dieses Prozesses ausführlich abzufassen und sie im Archiv der menschlichen Vernunft, zur Verhütung künftiger Irrungen ähnlicher Art, niederzulegen. Ihr bleibt mit allen möglichen Wahrnehmungen immer unter Bedingungen, es sei im Raume, oder in der Zeit, befangen und gelangt an nichts Unbedingtes, um auszumachen, ob dieses Unbedingte in einem absoluten Anfange der Synthesis, oder einer absoluten Totalität der Reihe, ohne allen Anfang, zu setzen sei. Denn ihr habt entweder keine Wahrnehmung, die euren empirischen Regress schlechthin begrenzt und dann müßt ihr euren Regress nicht für vollendet halten, oder ihr habt eine solche eure Reihe begrenzende Wahrnehmung, so kann diese nicht ein Teil eurer zurückgelegten Reihe sein, weil das, was begrenzt, von dem, was dadurch begrenzt wird, unterschieden sein muß und ihr müßt also euren Regress auch zu dieser Bedingung weiter fortsetzen und so fortan. So würde man sagen können: das absolute Ganze aller Erscheinungen ist nur eine Idee, denn, da wir dergleichen niemals im Bilde entwerfen können, so bleibt es ein Problem ohne alle Auflösung. Denn, wenn ein solches System unter dem allgemeinen Namen der Metaphysik einmal erreicht werden soll, so muss die Kritik den Boden zu diesem Gebäude vorher so tief erforscht haben, als die erste Grundlage des Vermögens von der Erfahrung unabhängigen Prinzipien liegt, damit es nicht an irgendeinem Teil sinke, welches den Einsturz des Ganzen unvermeidlich nach sich ziehen würde. Wir haben in allen Fällen gesagt, daß die Weltidee für den empirischen Regress, mithin jeden möglichen Verstandesbegriff, entweder zu groß, oder auch für denselben zu klein sei. Warum haben wir uns nicht umgekehrt ausgedrückt, und gesagt: daß im ersteren Falle der empirische Begriff für die Idee jederzeit zu klein, im zweiten aber zu groß sei, und mithin gleichsam die Schuld auf dem empirischen Regress hafte; anstatt, daß wir die kosmologische Idee anklagten, daß sie im Zuviel oder Zuwenig von ihrem Zwecke, nämlich der möglichen Erfahrung, abwich?"

Carl Leonhard Reinhold "Durch keinen Vernunftschluss, sondern durch blosse Reflexion über die Tatsache des Bewusstseins wissen wir, dass im Bewusstsein die Vorstellung durch das Subjekt vom Subjekt und Objekt unterschieden und auf beide bezogen werde. Wohl weiss ich, dass das Ich als vorgestellt selbst ein Objekt für sein Wissen ist; aber dieses Objekt ist Subjekt selbt und davon ununterscheidbar. Aber da die bloße Vorstellung nur als etwas vom Subjekt und Objekt unterschiedenes gedacht werden kann, so sind Subjekt und Objekt nur äußere Merkmale jenes Begriffes. Die inneren müssen aus demjenigem bestehen, was in der bloßen Vorstellung selbst enthalten ist und was sich in ihr und wodurch sie sich auf das von ihr unterschiedene Subjekt und Objekt beziehen lässt. Auch dieses lässt sich nicht ohne Subjekt und Objekt, aber auch nur als etwas von beiden Verschiedenes denken. Subjekt und Objekt gehören nicht an sich, nicht unmittelbar, sondern nur vermittelst desjenigen, was sich in der bloßen Vorstellung auf sie beziehen lässt, in den Begriff der bloßen Vorstellung. Das Bewußtsein des Vorstellenden als eines solchen, das Selbstbewußtsein, hat das Vorstellende selbst zum Gegenstande, das also dabei vorgestellt, das heißt Objekt einer von ihm als Subjekt und als Objekt verschiedenen bloßen Vorstellung werden muß, die durch ihr Bezogenwerden das Selbstbewußtsein, dessen Gegenstand durch das Wort Ich bezeichnet wird, ausmacht.

Die logischen Sätze, dass sich kein Subjekt ohne Prädikat und ungekehrt denken lasse und dass unter Subjekt das für sich bestehende, unter Prädikat das im Subjekt bestehende, gedacht werde, dass sich kein Grund ohne Folge und umgekehrt denken lasse und dass unter Grund dasjenige gedacht werde, wodurch ein Anderes bestimmt gesetzt wird, dass sich ein Ganzes nicht ohne Teile denken lasse und dass unter Teilen ein Vieles gedacht werde, dass sich wechselseitig ausschließt und durch eine wechselseitige Verknüpfung das Ganze ausmacht; diese Sätze drängen sich durch ihre Evidenz so sehr auf, dass sie gar bald alle wesentliche Verschiedenheit der Ausdrücke unmöglich machten. Die Synthesen und Antithesen - Vereinigungen und Unterscheidungen - Zusammenhänge und Unterschiede in der allgemein geltenden Logik, sind, weil und in wie ferne sie nichts von der Vereinigung und Unterscheidung - des thetischen Unwandelbaren, nicht ausschließenden - und des hypothetischen, wandelbaren und ausschliessenden Synthetisieren, Vereinigen, Zusammenhängen und Antithesieren - Unterscheiden und Unterschiedensein wissen und angeben, somit samt und sonders mit dem Widerspruch, in seinem Grund und Wesen, behaftet. Denn die Mischung und Trennung der hypothetischen Antithese mit der These ist die Mischung und Trennung der Anwendung der Nichtidentität mit der Anwendung der Identität - folglich der Widerspruch an sich selbst. Die Sätze, mit den mathematischen zusammengenommen, hätten schon allein die Unterscheidung des Unveränderlichen in das absolut und hypothetisch Notwendige und dadurch die Unterscheidung der Philosophie in Wissenschaft des schlechthin Unveränderlichen und des Veränderlichen in wie ferne es durch das schlechthin Unveränderliche bestimmt ist und der Idee einer reinen und angewandten Philosophie veranlassen müssen.

Die Logik, Metaphysik und die allgemeine praktische Philosophie in allen ihren bisherigen Zuständen und Schicksalen zeugen von dem rastlosen Bestreben, die Idee einer reinen Philosophie zu realisieren; einem Bestreben, das so lange misslingen muss, als man nicht über ein festes, allen absolut notwendigen gemeinschaftliches und dasselbe von dem Hypothetischen unterscheidenden Merkmal einig wird, welches sowohl die Grenze als auch den Inhalt aller reinen Philosophie bestimmt. Wer das Lehrgebäude der neuesten Philosophie, ohne den vollendeten Plan des Ganzen zu kennen, nun nach einigen der bisherigen Vorarbeiten und zumal nur nach der Außenseite, unter welcher sich ihm das Fundament der Elementarphilosophie zeigt, beurteilen wil, der hat freilich Stoff genug über die Trockenheit dieser Philosophie zu spotten. Aber er gleicht auch einem - wie soll ich ihn nennen? - den vorübergehenden Zuschauer bei den soeben angefangenen Grundfesten zu einem künftigen Palast, den das nackte Gemäuer empört, der die Wohnungen der höheren Stockwerke dort vermißt, wo noch vom untersten Geschoß keine Spur zu sehen ist und über den Baumeister unwillig wird, daß er nicht mit dem Dach begonnen hat. Solange wir nicht ein vollendetes System der letzten Prinzipien haben, die nichts als der bestimmteste Ausdruck der ursprünglichen Gesetze der vorstellenden Kraft sind; solange wir mit der Anwendung philosophischer Grundsätze vor ihrer durchgängigen Entwickung beschäftigt sind; solange wir angewendete Philosophie bearbeiten, ohne eine reine zu besitzen: solange wird auch sowohl der Philosoph von Profession auf dem Gebiet der Erfahrung, als der Geschäftsmann auf dem Gebiet der Philosophie, eine gleich mißliche Rolle spielen. Die Formel der letzten Prinzipien erfolgt aus der Natur der letzten Prinzipien selbst. Bevor diese noch nicht entdeckt sind, ist jene Unveränderlichkeit und Einheit ebenso unmöglich als sie, wenn sie ohne dieselbe möglich wäre, den Fortschritten des menschlichen Geistes verderblich sein würde. Das wirkliche Vorhandensein der letzten Prinzipien muss sich anfangs durch einen heftigen Kampf der Anhänger aller der Verschiedenen, welche bisher dafür gegolten haben, gegen diese einzigen, in der Folge aber durch das Allgemeingelten derjenigen Formel äußern, welcher in jeder Sprache den Sinn der einzig richtigen Prinzipien am bestimmtesten auszudrücken vermögen. Aber wie? Wechselt nicht die Natur unaufhörlich ihre Gestalten? Und müssen unsere Begriffe nicht eben darum, wenn sie wahr sein sollen, einem unaufhörlichem Wechsel unterworfen sein?

Alles Philosophieren war von jeher ein allgemeines, fortwährendes, unaufhaltsames Bestreben der Selbstdenker, das Unveränderliche (Invariante) im Gebiet des Vorstellbaren von dem Veränderlichen zu unterscheiden und durch bleibende unveränderliche festzuhalten. Das Letztere muss freilich solange misslingen, als nicht der letzte vorstellbare Unterscheidungsgrund des Notwendigen vom Zufälligen entdeckt und auf ein allgemein evidentes, gegen alle Missverständnisse gesichertes, letztes Prinzip zurückgeführt ist. Der kritische Zweifel, der durch die nähere Betrachtung des bisherigen Zustands der Philosophie gewiss in jedem parteilosen Gemüt entsteht, kann sowohl nach seinem Wesen, als auch nach dem wohltätigen Einfluss, den er auf eine bevorstehende Reformation der Philosophie haben muss nicht bestimmter erkannt werden, als wenn man ihn von zwei anderen Arten von Zweifeln, dem dogmatischen und dem urphilosophischen, genau unterscheidet und mit beiden kontrahieren lässt. Die Verteidiger des gesunden Menschenverstandes unserer Zeitgenossen werden immer tiefer in Streitigkeiten hineingezogen, bei denen sie ihren eigenen einzubüßen Gefahr laufen; und während sich die Freunde und Gegner der Kantischen Philosophie weder einander gegenseitig, noch unter sich selbst verstehen, während aus jeder älteren Streitfrage eine Menge neuer hervorgehen, die polemisierenden Parteien sich mit jeder Buchhändlermesse vervielfältigen und die Staubwolken, die den Kampfplatz verhüllen, für die wenigen Zuschauer, die ihre Zeit daran wagen, immer undurchsichtiger werden: tönt aus dem verwirrten unverständlichen Lärmen eine einzelne Stimme hervor, welche das Ende aller metaphysischen Zänkereien, neuentdeckte allgemeingeltende Grundsätze, eine einzig mögliche Philosophie und ein Einverständnis im hohen Rat der künftigen Selbstdenker ankündigt, wodurch selbst die Glaubenseinheit der unfehlbaren und alleinseligmachenden Kirche beschämt werden sollte.

Alle bisherigen philosophischen Systeme sind Versuche, das große Rätsel des Absoluten, das die Vernunft zum Zwecke der Erfahrung fordert und das in der Erfahrung vergebens aufgesucht wird, zu lösen. Sie sind aber misslungene Versuche, in wie ferne sie alle samt und sonders die wahre Bedeutung und den Grund des Absoluten verfehlt haben, obwohl sie zur Entdeckung desselben als Vorübungen unentbehrlich waren. Das Wichtigste und Verderblichste aller dialektischen Blendwerke ist die unbestimmte, doppelsinnige und täuschende Bedeutung der Wörter: Wahrheit und Gewißheit, welche durch die herkömmlichen Unterscheidungen und Prädikate der logischen und metaphysischen, formalen und materialen, idealen und realen, subjektiven und objektiven, empirischen und reinen, relativen und absoluten Wahrheit und Gewißheit, keineswegs aufgehoben, wohl aber stillschweigend vorausgesetzt und im Verborgenen wohlbehalten aufbewahrt wird und vor deren Entdeckung und Berichtigung die ausdrückliche Unterscheidung und wörtliche Darstellung der gewissen Wahrheit und wahren Gewißheit, in ihrem Unterschied von der Wahrscheinlichkeit, sowohl als auch vom täuschenden Schein, welche allein die erste Aufgabe der Philosophie als Wissenschaft sein muß, unmöglich ist und bleibt."

Johann Gottlieb Fichte: [9][10]"Die Philosophie lehrt uns, alles im Ich aufsuchen. Durch das Ich steht die ungeheure Stufenfolge da, von der Flechte bis zum Seraph; in ihm ist das System der ganzen Geisterwelt und der Mensch erwartet mit Recht, daß das Gesetz, das er sich und ihr gibt, für sie gelten müsse; erwartet mit Recht die einstige allgemeine Anerkennung desselben. Die Natur erhebt sich allmählich in der bestimmten Stufenfolge ihrer Erzeugungen. In der rohen Materie ist sie ein einfaches Sein; in der organisierten geht sie in sich selbst zurück, um auf sich innerlich zu wirken, in der Pflanze sich zu gestalten, im Tiere, sich zu bewegen; im Menschen, als ihrem höchsten Meisterstücke, kehrt sie in sich zurück, um sich selbst anzuschauen, und zu betrachten: sie verdoppelt sich gleichsam in ihm und wird aus einem bloßen Sein, Sein und Bewußtsein in Vereinigung. Im Ich liegt das sichere Unterpfand, das von ihm aus ins Unendliche Ordnung und Harmonie sich verbreiten werde, wo jetzt noch keine ist. Das "Ich" ist ohne alle Bedingungen und Einschränkung, seine Urform ist die des reinen, ewigen Seins. Es ist schlechthin, also außer aller Zeit gesetzt. Das sich schlechthin und ohne alle Vermittlung selbst setzende "Ich" definiert sich von dem Resultat seiner Selbstsetzung her, nämlich der absoluten Identität des Setzenden und Gesetzten, worin das "Ich" zugleich Subjekt und Objekt ist. Sollte das Ich bloss Subjekt sein, fällt man in die Unbegreiflichkeit des Bewusstseins, sollte es bloss Objekt sein, wird man getrieben ein Subjekt zu suchen, dass man nie finden wird. Welches soll nun diesem meinem Wunsche zufolge der eigentliche Sitz und Mittelpunkt jener eigentümlichen Kraft des Ich sein? Das Ich als Subjekt der Anschauung soll dem Objekt desselben entgegengesetzt und dadurch zu allererst vom Nicht-Ich unterschieden werden. Das Ich soll ferner sein Produkt, das entgegengesezte, begrenzende Nicht-Ich setzen, als sein Produkt. Es ist klar, dass wir in dieser Unterscheidung keinen festen Punkt haben, sondern uns in einem ewigen Zirkel (Kreis) herumdrehen, wenn nicht erst die Anschauung an sich und als solche fixiert ist. Der Sinngehalt der Subjekt-Objekt-Identität ist die Identität der Idealität und der Realität, woraus die ganze Philosophie hervorgeht. Gegenstand der Wissenschaftslehre ist somit immer das "Ich" als Subjekt-Objekt-Identität.

Weil aber in der Erfahrung ich mir Subjekt und Objekt getrennt habe, welches doch ursprünglich als eins gedacht werden soll, bin ich selbst mir unbegreiflich. Für die Reflexion und die Selbstreflexion des Ich ist die Trennung von Subjekt und Objekt konstitutiv, denn die Reflexion ist an das Gesetz der Bestimmung desjenigen, worüber reflektiert wird, gebunden. Aufgrund dieser Trennung ist aber nicht zu begreifen, was als Faktum unbezweifelbar ist: Bewusstsein und Selbstbewusstsein. Im Selbstbewusstsein meiner bin ich mir selbst Objekt und es gilt von dem Subjekt zu diesem Objekt abermals, was vor dem vorigen galt: es wird Objekt und bedarf eines neuen Subjekts und so fort ins Unendliche. Dem Subjekt, dem Ich, gegenüber ist die Natur nur Nicht-Ich, Objekt seiner erkennenden und zwecksetzenden Rationalität, gerade darin erweist sich die Freiheit des erkennenden und handelnden absoluten Ich gegenüber der Natur. Jedes Entgegengesetzte ist seinem Entgegengesetzten in einem Merkmal = X gleich und jedes Gleiche ist seinem Gleichen in einem Merkmal = X entgegengesetzt. Keine Antithese ist möglich ohne Synthese, denn die Antithese besteht darin, dass in Gleichen das entgegengesetzte aufgesucht wird, aber die Gleichen wären nicht gleich, wenn sie nicht erst durch eine synthetische Handlung gleichgesetzt wären. In der blossen Antithese wird davon abstrahiert, dass sie erst durch eine solche Handlung gleichgesetzt werden, sie werden schlechthin als gleich, ununtersucht woher, angenommen; bloss auf das Entgegengesetzte in ihnen wird die Reflexion gerichtet und dieses dadurch zum klaren und deutlichen Bewusstsein erhoben.

Da tadelt Einer den Anderen, daß er mit stürmischer Ungeduld Alles übereile, und nicht erwarten könne, bis der gute Erfolg gehörig vorbereitet sei; während der Andere diesen beschuldigt, daß er aus Zaghaftigkeit und Feigheit nichts ausführen, gegen seine bessere Überzeugung alles lassen wolle, wie es ist, und daß für ihn die Stunde des Handelns wohl nie anbrechen werde: und nur der Allwissende könnte sagen, ob Einer, und welcher von beiden in diesem Streite Recht habe. Keines dieser beiden Systeme kann das entgegengesetzte direkt widerlegen: denn ihr Streit ist ein Streit über das erste, nicht weiter abzuleitende Prinzip; jedes von beiden widerlegt, wenn ihm nur das seinige zugestanden wird, das des anderen; jedes leugnet dem entgegengesetzten alles ab, und sie haben gar keinen Punkt gemein, von welchem aus sie sich einander gegenseitig verständigen und sich vereinigen könnten. Die Gegensätze, welche vereinigt werden sollen, sind im Ich, als Bewusstsein. Demnach muss auch X im Bewusstsein sein. Es soll nämlich ein X gefunden werden, vermittelst dessen alle jene Folgerungen richtig sein können, ohne dass die Identität des Bewusstseins aufgehoben werde. Dieser Begriff X, der nur auf die Aufgabe eines Denkens zu beschreiben, deutet eine leere Stelle in unserer Untersuchung an, die wir mit X bezeichnen wollen. Dieser Wechsel des Ich in und mit sich selbst, da es sich endlich und unendlich zugleich setzt - ein Wechsel, der gleichsam in einem Widerstreite mit sich selbst besteht und dadurch sich selbst reproduziert, indem das ich Unvereinbares vereinigen will, jetzt das Unendliche in die Form des Endlichen aufzunehmen versucht, jetzt zurückgetrieben, es wieder ausser derselben setzt und in dem nämlichen Momente abermals es in die Form der Endlichkeit aufzunehmen versucht - ist das Vermögen der Vorstellungskraft.

Das Eine, welches getrennt wird, das sonach allem Bewusstsein zu Grunde liegt und zufolge dessen das Subjektive und Objektive im Bewusstsein unmittelbar als Eins gesetzt wird, ist absolut = X, kann, als einfaches, auf keine Weise zum Bewusstsein gelangen. Dieses X nun zu durchdringen, um es zu abstrahieren, war die Aufgabe. Kant verfuhr da selbst nur beobachtend und probierend. Er sagte vom a priori, er wurde aber nicht selbst das a priori. Das Ich soll sich selbst gleich und dennoch sich selbst entgegengesezt sein. Das Ich kann sich selbst, aus dem aufgezeigten Grunde, nicht begreifen: es ist schlechthin = X. Das Vorhandensein dessen, was subjektiv sein soll, liesse sich zwar aus dem Setzen des Ich schlechthin durch sich selbst erklären, nicht aber das Vorhandensein dessen, was objektiv sein soll; denn ein solches ist durch das Setzen des Ich schlechthin nicht gesetzt. Es lässt sich nur durch einen Zirkel erklären; es lässt sich sonach überhaupt nicht erklären und erscheint als unmöglich. Der Grund der Unmöglichkeit, das Selbstbewusstsein zu erklären, ohne es immer als schon vorhanden vorauszusetzen liegt darin, dass um seine Wirklichkeit setzen zu können, das Subjekt des Selbstbewusstseins schon vorher ein Objekte bloß als solches gesetzt haben musste und wir sonach immer aus dem Moment, in welchem wir den Faden anknüpfen wollten, zu einem vorherigen getrieben werden, wo er schon angeknüpft sein musste. Dieser Grund muss gehoben werden. Er ist aber nur so zu heben, dass angenommen werde die Wirksamkeit des Subjekts sei mit dem Objekt in ein und demselben Moment synthetisch vereinigt, die Wirksamkeit des Subjekts sei selbst das wahrgenomme und begriffene Subjekt, das Objekt sei kein anderes, als diese Wirksamkeit des Subjekts und so seien beide dasselbe. Beide - nicht das Subjekt und Objekt an sich - aber das durch These und Antithese gesetzte subjektive und objektive, sind gegenseitig durch einander bestimmbar und bloss insofern sie das sind, können sie zusammengefasst und durch das in der Synthese tätige Vermögen des Ich fixiert und festgehalten werden.

Beides, die innere Bestimmung der Kraft durch sich selbst und ihre äußere, durch die Umstände, muss sich vereinigen, um eine Veränderung hervorzubringen. Nur von einer solchen Synthesis würden wir nicht weiter zu einer vorhergehenden getrieben, sie allein enthielte alles, was das Selbstbewusstsein bedingt in sich und gäbe einen Punkt, an welchem der Faden desselben sich anknüpfen liesse. Alle innere geistige Energie erscheint im unmittelbaren Bewusstsein derselben als ein sich Zusammennehmen, Erfassen und Kontrahieren seines außerdem zerstreuten Geistes in einem Punkt und als ein sich Festhalten in diesem Einheitspunkt gegen das stets fortdauernde natürliche Bestreben, diese Kontraktion aufzugeben und sich wieder auszudehnen. Hier soll beides vereinigt sein, beide Charaktere sollen erhalten werden und keiner verloren gehen. Ein Gedankenspiel von Johann Gottlieb Fichte zur Entstehung einer Endlosrekursion (infiniter Regress): "Denke dich und bemerke, wie du das machst: war meine erste Forderung. Jetzt aber sage ich dir: bemerke dein Bemerken deines Selbst-Setzens; bemerke, was du in der soeben geführten Untersuchung selbst tatest und wie du es machtest, um dich selbst zu bemerken. Mache das, was bisher das Subjektive war, selbst zum Objekt einer neuen Untersuchung, die wir gegenwärtig anheben. Du bist deiner dir bewusst, sagst du; du unterscheidest sonach notwendig dein denkendes Ich von dem im Denken desselben gedachten Ich. Aber damit du dies könntest, muss abermals das Denkende in jenem Denken Objekt eines höheren Denkens sein, um Objekt des Bewusstseins sein zu können; und du erhälst zugleich ein neues Subjekt, welches dessen, dass vorhin das Selbstbewusstsein war, sich wieder bewusst sei.

Hier argumentiere ich nun abermals, wie vorher; und nachdem wir einmal nach diesem Gesetz fortzuschliessen angefangen haben, kannst du mir nirgends eine Stelle nachweisen, wo wir aufhören sollten; wir werden sonach ins Unendliche fort für jedes Bewusstsein ein neues Bewusstsein bedürfen, dessen Objekt das erstere sei und sonach nie dazu kommen, ein wirkliches Bewusstsein annnehmen zu können. Du bist dir deiner, als des Bewussten bewusst, lediglich inwiefern du dir deiner als des Bewusstseienden bewusst bist, aber dann ist das Bewusstseiende wieder das Bewusste und du musst wieder des Bewusstseienden dieses Bewussten dir bewusst werden und so ins unendliche fort. Das Subjektive ist gerade nicht das, was das Objektive ist, und umgekehrt. Was aber das Subjektive und Objektive für sich genommen sind, bleibt unbestimmt. Man wird immer vergeblich nach einem Band zwischen dem Subjekt und Objekt suchen, wenn man sie nicht gleich ursprünglich in ihrer Vereinigung aufgefaßt hat. Darum ist alle Philosophie, die nicht von dem Punkt, in welchem sie vereinigt sind, ausgeht, notwendig seicht und unvollständig, und vermag nicht zu erkären, was sie erklären soll und ist deshalb keine Philosophie. Bewusstsein ist ein sich selbst idealisiertes Setzen: ein Sehen und zwar ein Sich sehen. In dieser Bemerkung liegt der Grund aller Irrtümer anderer philosophischer Systeme, selbst des Kantischen. Sie betrachten das Ich als einen Spiegel, in welchem ein Bild sich abspiegelt; nun aber sieht bei ihnen der Spiegel nicht selbst, es wird daher ein zweiter Spiegel für jenen Spiegel erfordert und so weiter. Dadurch wird aber das Anschauen nicht erklärt, sondern nur ein Abspiegeln. Das Ich in der Wissenschaftslehre hingegen ist kein Spiegel, sondern ein Auge; es ist ein sich abspiegelnder Spiegel, ist Bild von sich; durch sein eigenes Sehen wird das Auge sich selbst zum Bilde.

Der Zugang zum ersten Grundsatz ist ein Hinaufsteigen durch Reflexion, d. h. eine Folge von abstrahierenden Reflexionen bzw. reflektierenden Abstraktionen. Die Abstraktion vom Sehen des Bewußtseins behält daher den in sich stehenden reinen Vollzug übrig, das Absolute als "von sich, in sich, durch sich", eine Einheit, die nicht ausser sich sein kann, nicht herausgehen kann aus sich selbst. Dies populär ausgedrückt: wir begreifen zu allernächst und selbst nicht, wie wir an sich sind: und dass wir das Absolute nicht begreifen, davon liegt der Grund nicht im Absoluten, sondern er liegt in dem Begriff selbst, der sogar sich nicht begreift. Ob denn die Absolutheit sich selbst vernichtet, um zur Relation zu werden? Dann müsste sie ja eben absolut Nichts werden, wie sie es denn in dieser Gestalt allerdings wäre, wie sie in der Tat der Widerspruch ist, den wir oben, nur in einem anderen Zusammenhange, aufstellten; so dass vielmehr dieses System, statt absolutes Identitätssystem, absolutes Nullitätssystem heissen sollte. Es gibt überall kein Dauerndes, weder ausser mir, noch in mir, sondern nur einen unaufhörlichen Wechsel. Man gehe zurück in der Reihe, so weit man will, so muss man doch auf ein im Ich schon vorhandenes gelangen, in welchem einiges als subjektiv bestimmt, ein anderes als objektiv demselben entgegengesetzt wird. Und so magst du sehen, wie du zu einem ersten Bewusstseins gelangst. Kurz, auf diese Weise lässt das Bewusstsein sich schlechthin nicht erklären oder es gibt dem zu Folge gar kein Bewusstsein, indem man es als Objekt annimmt und daher immer ein Subjekt voraussetzt, dieses aber niemals findet.

Dieser Einwurf ist aber nur dadurch zu beheben, dass man etwas findet, bei dem das Bewusstsein Objekt und Subjekt zugleich wäre, dass man also ein unmittelbares Bewusstsein aufstellte. Dieser Einheitspunkt kann nun allerdings unmittelbar und in demselben verschwebend und aufgehend realisiert werden und was wir als Wissenschaftslehre innerlich sind, ich sage innerlich und uns selbst verborgen, ist diese Realisation; aber er kann in seiner Unmittelbarkeit nicht ausgesprochen oder nachkonstruiert werden; denn alles Aussprechen oder Nachkonstruieren = Begreifen, ist in sich mittelbar. Reflexion durchsetzen will die Wissenschaftslehre; Besinnung der Besinnbarkeit vollständig vollziehen: reflektierte Reflexivität in ihrer Ganzheit sein. Das System ist für Selbstdenker, durch blosses Lernen kann es nicht gefasst werden. Die Wissenschaftslehre hat absolute Totalität. In ihr führt Eins zu Allem und Alles zu Einem. Es fehlt der Wissenschaftslehre durchaus nicht an Prinzipien, wohl aber fehlt es ihr an Vollendung; die höchste Synthese ist nämlich noch nicht gemacht, die Synthese der Geisterwelt. So soll uns die Natur immer durchschaubarer, und durchsichtiger werden bis in ihr geheimstes Innere, und die erleuchtete und durch ihre Erfindungen bewaffnete menschliche Kraft soll ohne Mühe dieselbe beherrschen, und die einmal gemachte Eroberung friedlich behaupten. Dieser höhere Weltplan ist es, was wir Natur nennen, wenn wir sagen: die Natur führet den Menschen durch Mangel zum Fleiße, durch die Übel der allgemeinen Unordnung zu einer rechtlichen Verfassung, durch die Drangsale ihrer unaufhörlichen Kriege zum endlichen ewigen Frieden. Diese letzte Aufgabe an das synthetische Vermögen, nach dessen Vollendung die Menschheit wieder zur Analyse zurückkehrt, die von nun an eine ganz andere Bedeutung bekommt, müsste über kurz oder lang gelöst werden. Sollte es kein solches System geben, so lassen sich nur zwei Fälle denken. Entweder es gibt überhaupt nichts unmittelbar Gewisses, unser Wissen bildet also mehrere oder eine unendliche Reihe, in der jeder Satz durch einen höheren usw. begründet wird. Wir bauen unsere Wohnhäuser auf dem Erdboden, dieser ruht auf einem Elefanten, dieser auf einer Schildkröte, diese - wer weiss auf was? - und so ins Unendliche fort. Oder - der zweite Fall - unser Wissen besteht aus endlichen Reihen, aber aus mehreren, jede Reihe schließt sich in einem Grundsatz, der durch keinen anderen, sondern bloss durch sich selbst begründet wird, aber es gibt solcher Grundsätze mehrere, welche, da sie sich alle durch sich selbst und schlechthin unabhängig voneinander begründen, keinen Zusammenhang unter sich haben, sondern völlig isoliert sind."

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling:" Cartesius sagte als Physiker: gebt mir Materie und Bewegung und ich werde euch das Universum daraus zimmern. Der Transzendental-Philosoph sagt: gebt mir eine Natur von entgegengesetzten Tätigkeiten, deren eine ins Unendliche geht , die andere in dieser Unendlichkeit sich anzuschauen strebt und ich lasse euch daraus die Intelligenz mit dem ganzen System ihrer Vorstellungen entstehen. Während Leibniz auf die prästabilierte Harmonie das System der Geisterwelt gründete, fand Newton im Gleichgewicht der Weltkräfte das System einer materiellen Welt. Diese vorherbestimmte Harmonie aber ist selbst nicht denkbar, wenn nicht die Tätigkeit, durch welche die objektive Welt produziert ist, ursprünglich identisch ist mit der, welche im Wollen sich äußert, und umgekehrt. Newton, der sich der Naturwissenschaft nie ganz überließ und selbst noch nach der wirkenden Ursache der Anziehung fragte, sah nur allzu gut, daß er an der Grenze der Natur stand und daß hier zwei Welten sich scheiden. Aber wenn anders im System unseres Wissens Einheit ist und wenn es je gelingt, auch die letzten Extreme desselben zu vereinigen, so müssen wir hoffen, dass eben hier, wo Leibniz und Newton sich trennten, einst ein umfassender Geist den Mittelpunkt finden wird, um den sich das Universum unseres Wissens - die beiden Welten bewegen, zwischen welchen jetzt noch unser Wissen geteilt ist - und Leibnizens prästabilierte Harmonie und Newtons Gravitationssystem als ein und dasselbe oder nur als verschiedene Ansichten von einem und demselben erscheinen werden. Wenn alles Wissen gleichsam zwei Pole hat, die sich wechselseitig voraussetzen und fordern, so müssen sie in allen Wissenschaften sich suchen; es muss daher notwendig zwei Grundwissenschaften geben und es muss möglich sein, von dem einen Pol auszugehen, ohne auf den anderen getrieben zu werden. Der Transzendental-Philosoph fragt nicht: welcher letzte Grund unseres Wissens mag außer demselben liegen, sondern; was ist das Letzte in unserem Wissen selbst, über das wir nicht hinauskönnen. Er sucht das Prinzip des Wissens innerhalb des Wissens. Wir sprechen von einer Deduktion des höchsten Prinzips. Dieses erste Wissen ist für uns ohne Zweifel das Wissen von uns selbst, oder das Selbstbewusstsein.

Geist und Natur sind Eines. Es gibt ein X und dies X ist einerseits A (Geist) und andererseits B (Natur). B als B ist nicht einerlei mit A; und A als A ist nicht einerlei mit B. Beide haben denselben Umfang: X, aber nicht denselben Inhalt. Nur X ist im strengen Sinne mit sich selbst nicht nur generisch identisch, sondern streng als Individuum einerlei. Fragen wir nun, was das noch sein könnte, das nicht im Raum, nicht in der Zeit, das nicht Substanz, nicht Akzidenz, nicht Ursache, nicht Wirkung ist, so werden wir gestehen müssen, dass jenes Unbekannte nicht mehr = X, wie Kant es bezeichnete, sondern dass es = Null ist, dass es uns zum völligen Nichts geworden ist. Dieses Unbekannte ist aber gerade das in letzter Instanz Erklärende, um das es uns also vorzugsweise zu tun sein muss. Es muss einen letzten Punkt geben, an dem alles hängt, von dem aller Bestand und alle Form unseres Wissens ausgeht, der die Elemente scheidet und jedem den Kreis seiner fortgehenden Wirkung im Universum des Wissens beschreibt. Es muß etwas geben, in dem und durch welches alles, was da ist, zum Dasein, alles, was gedacht wird, zur Realität und das Denken selbst zur Form der Einheit und Unwandelbarkeit gelangt. Dieses Etwas müßte das Vollendende im ganzen System des menschlichen Wissens sein, es müßte überall, wo unser letztes Denken und Erkennen noch hinreicht – im ganzen Kosmos unseres Wissens – zugleich als Urgrund aller Realität herrschen. Aber was im Mechanismus begriffen ist, kann nicht aus demselben hinaustreten und fragen: wie ist das Ganze möglich geworden; hier, mitten in der Reihe der Erscheinungen. Hat ihm absolute Notwendigkeit seine Stelle angewiesen, verlässt es diese Stelle, so ist es nicht mehr dieses Wesen, man begreift nicht, wie noch irgendeine äußere Ursache auf dieses selbständige, in sich selbst ganze und evollendete Wesen einwirken kann. Findendes und das, worin gefunden wird, sind sich also selbst entgegengesetzt.

Der Begriff, von dem wir ausgehen, ist der des Ichs, d.h. des Subjekt-Objekts, zu dem wir uns durch absolute Freiheit erheben. Durch jenen Akt nun ist für uns, die wir philosophieren, etwas in das Ich als Objekt, deswegen aber noch nicht in das Ich als Subjekt gesetzt (für das Ich selbst ist in einem und demselben Akt, was reell gesetzt ist, auch ideell gesetzt), unsere Untersuchung wird also so lange fortgehen müssen, bis dasselbe, was für uns in das Ich als Objekt gesetzt ist, auch in das Ich als Subjekt für uns gesetzt ist, d.h. so lange, bis für uns das Bewußtsein unseres Objekts mit dem unsrigen zusammentrifft, also bis das Ich selbst für uns bis zu dem Punkt gelangt ist, von dem wir ausgegangen sind. Dieses Verfähren ist notwendig gemacht durch unser Objekt und durch unsere Aufgabe, weil wir, was im absoluten Akt des Selbstbewußtseins absolut vereinigt ist – Subjekt und Objekt – zum Behuf (Zweck) des Philosophierens, d.h. um jene Vereinigung vor unsern Augen entstehen zu lassen, beständig auseinanderhalten müssen. Das Bestreben, das menschliche Wissen im System, im Zusammenbestehen zu erblicken, setzt natürlich voraus, daß es ursprünglich und von sich selbst nicht im System – daß es also ein asystaton, ein nicht Zusammenbestehendes, sondern vielmehr sich Widerstreitendes ist. Sollte der Widerstreit zwischen Subjekt und Objekt aufhören, so muss das Subjekt nicht mehr nötig haben, aus sich selbst hinauszutreten, beide müssen absolut identisch werden, d.h. das Subjekt muss entweder im Objekt oder das Objekt muss sich im Subjekt verlieren. In allen Widersprüchen der Systeme untereinander ist doch zuletzt nur ein großer Widerspruch, ein Urzwist. Sobald der Mensch sich selbst mit der äußeren Welt in Widerspruch setzt, ist der erste Schritt zur Philosophie geschehen. Mit jener Trennung zuerst beginnt Reflexion; von nun an trennt er, was die Natur auf immer vereinigt hatte, trennt den Gegenstand von der Anschauung, den Begriff vom Bilde, endlich (indem er sein eigenes Objekt wird) sich selbst von sich selbst. Aber diese Trennung ist nur Mittel, nicht Zweck. Je weniger er aber über sich selbst reflektiert, desto tätiger ist er.

Derjenige Philosoph, der seine Lebenszeit oder einen Teil derselben dazu angewendet hätte, der Reflexionsphilosophie in ihre endlose Entzweiung zu folgen, um sie in ihren letzten Verzweigungen aufzuheben, erwürbe sich durch dieses Verdienst, das, wenn es auch negativ bliebe, den höchsten andern gleich geachtet werden dürfte, die würdigste Stelle, gesetzt, daß er auch nicht selbst den Genuß haben sollte die Philosophie in ihrer absoluten Gestalt aus den Zerreißungen der Reflexion für sich selbst aufleben zu sehen. Wie aber das Ich selbst auf den Standpunkt der Reflexion gelange, dies ist weder bis jetzt erklärt, noch kann es vielleicht überhaupt in der theoretischen Philosophie erklärt werden. Dadurch, daß wir jene Handlung, vermöge welcher die Reflexion in das Ich gesetzt wird, auffinden, wird sich der synthetische Faden wieder anknüpfen und von jenem Punkt aus ohne Zweifel ins Unendliche reichen. Daß die ursprünglich unendliche Tätigkeit des Ichs sich selbst begrenze, d.h. in eine endliche verwandle (in Selbstbewußtsein), ist nur dann begreiflich, wenn sich beweisen läßt, daß das Ich als Ich unbegrenzt sein kann, nur insofern es begrenzt ist, und umgekehrt, daß es als Ich begrenzt, nur insofern es unbegrenzt ist. Die Natur oder aber die ganze äußere Welt leidet unter einem inneren Widerstreit, der auf der beständigen Gegenwirkung des Guten und Bösen beruht. Die Natur ist nicht entschieden, in ihr ist Mischung des Guten und Bösen und genau dieser Punkt unterscheidet sie vom Geist, welcher notwendig ein Entschiedenes ist. Dass aber der Gegensatz fortdauere, ist nur dadurch denkbar, dass er unendlich ist - dass die äußersten Grenzen ins unendliche auseinandergehalten werden, nie die letzte und absolute Synthese selbst produziert werden kann, wobei es nie zum absoluten, sondern immer nur zu relativen Indifferenzpunkten kommt. Das Selbstbewusstsein (das Ich) ist ein Streit absolut entgegengesetzter Tätigkeiten. Die eine, ursprünglich ins Unendliche gehende, werden wir die reelle, objektive, begrenzbare nennen, die andere, die Tendenz sich in jener Unendlichkeit anzuschauen, heißt die ideelle, subjektive, unbegrenzbare.

Oft genug ist der Philosophie diese Asystasie, dieser innere Widerstreit vorndeine äußere Ursache auf dieses selbständige, in sich selbst ganze und vollendete Wesen einwirken kann. Die beste Propädeutik ist eben, diesen notwendigen Widerspruch, in den das erwachende Bewusstsein, die erwachende Reflexion gerät, von den ersten Wurzeln an durch alle seine Verzweigungen bis zur Verzweiflung zu verfolgen, wo dann der Mensch gleichsam gezwungen ist, die Idee jenes höheren Ganzen zu fassen, in welchem die wiederstreitenden Systeme durch ihr Zusammenbestehen jenes höhere Bewusstsein erzeugen, in dem er wieder frei ist von allem System, über allem System. Man muß die Hoffnung aufgeben, diesen Widerstreit, dieses bellum omniun contra omnes jemals dadurch zu beendigen, daß ein System Meister werde über das andere. Wenn es aber unmöglich ist, einseitig eins durch das andere zu unterjochen, so muß man sich – und dies ist eine neue Bestimmung – man muß sich auch nicht vorstellen, eine Einheit zu finden, in welcher sie sich alle gegenseitig vertilgen, denn auch damit ginge ja der Begriff des Systems unter, sondern die Aufgabe ist eben, daß sie wirklich zusammenbestehen. Also allerdings scheinbar und für eine Zeit kann ein System des anderen Meister werden, wirklich und in die Länge nicht und dass dies unmöglich sei - dass an sich jedes System gleiches Recht habe, gleichen Anspruch zu gelten - dies ist die Einsicht, welche der Idee des Systems par excellence - vorausgehen muss. Um in die tiefsten Geheimnisse der Natur einzudringen, muss man nicht müssig werden, den entgegengesetzten und widerstreitenden äußeren Enden nachzuforschen. Das vollendete System der Wissenschaft geht vom absoluten, alles Entgegengesetzte ausschließenden Ich aus. Dieses als das Eine Unbedingbare bedingt die ganze Kette des Wissens, beschreibt die Sphäre alles Denkbaren und herrscht durch das ganze System unsers Wissens als die absolute alles begreifende Realität. Nämlich das Wünschenswerte eines solchen alles Widerstreitende in Einklang bringenden Ganzen sehen wir wohl ein, aber wie ist es möglich, und unter welchen Voraussetzungen ist es allein denkbar? Was ist nun das Prinzip seiner Möglichkeit? Was ist dieses Subjekt, das in allem ist und in nichts bleibt.

Oder ist der Widerspruch nur da, um uns über uns selbst aufzuklären? Wie sollen wir es nennen, was von ihm aussagen? Ist die Anschauung etwa nur ein Traum, der allen vernünftigen Wesen Realität vorspiegelt und ist ihnen der Verstand nur dazu gegeben, sie von Zeit zu Zeit zu wecken – zu erinnern, was sie sind, damit so ihre Existenz (denn offenbar genug sind wir ja Mittelwesen) zwischen Schlaf und Wachen geteilt sei? Aber einen solchen ursprünglichen Traum begreife ich nicht. Das Subjekt der Philosophie ist schlechthin indifinibel. Es ist in einer unaufhaltsamen Bewegung, in keine Gestalt einzuschließen, das Inkoerzible, dass Unfassliche, das wahrhaft Unendliche. Hier heisst es: Wer es erhalten will, der wird es verlieren und wer es aufgibt, der wird es finden. Aber wie können wir jene ewige Freiheit innewerden, wie jene Bewegung wissen? Es ist eine uralte Lehre, dass Gleiches nur von Gleichem erkannt werde. Es ist ein Axiom, das sich schon aus den ältesten Zeiten der griechischen Philosophie herschreibt, wie das Erkannte, so das Erkennende und umgekehrt. Hieraus folgt also, dass in uns selbst etwas jener ewigen Freiheit Ähnliches und Gleiches sein muss - oder noch bestimmter: Jene ewige Freiheit muss selbst in uns sein, selbst in uns das Erkennende von sich sein. Nämlich dann, wenn es aus dem Objekt wiederhergestellt würde zum Subjekt. Denn dann ist es nicht mehr bloß Subjekt und doch auch nicht so Objekt, dass es darüber als Subjekt verloren wäre, sondern es ist als Objekt Subjekt und als Subjekt Objekt, ohne darum zwei zu sein, als das Erkannte das Erkennende und als das Erkennende das Erkannte. Der Geist, wenn er sich in sich selbst reflektiert ist Erkennendes, Erkanntes und das was als Erkennendes zugleich Erkanntes und als Erkanntes Erkennendes ist. Das Erkennende ist dasselbe mit unserm an-sich-Seienden; ist der Geist als der für sich seiende, und ist der Geist, der im an- sich-Sein für sich ist, und dieser Dreiheit unerachtet ist der Geist doch kein materielles Außereinander, sondern nur ein Geist. Also begegnen wir hier abermals jener absoluten Vereinigung von Natur und Freiheit in einem und demselben Wesen, die belebte Organisation soll Produkt der Natur sein; aber in diesem Naturprodukt soll herrschen ein ordnender, zusammenfassender Geist; diese beiden Prinzipien sollen in ihm gar nicht getrennt, sondern innigst vereinigt sein; in der Anschauung sollen sich beide gar nicht unterscheiden lassen, zwischen beiden soll kein Vor und kein Nach, sondern absolute Gleichzeitigkeit und Wechselwirkung stattfinden.

Jenes absolute Subjekt ist nur da, sofern ich es nicht zum Gegenstand mache, d.h. nicht weiss, mich des Wissens begebe; sowie aber dieses Nichtwissen sich wieder aurichten will zum Wissen, verschwindet es wieder, denn es kann nicht Objekt sein. Wie das Auge, indem es sich selbst im Widerschein, z.B. im Spiegel erblickt, sich selbst setzt, sich selbst anschaut, nur inwiefern es das Reflektierende - den Spiegel - als nichts für sich selbst und wie es gleichsam ein Akt des Auges ist, wodurch es sich selbst setzt, sich selbst sieht und das Reflektierende nicht sieht, es nicht setzt: so setzt oder schaut das All sich selbst, indem es das Besondere nicht setzt, nicht schaut, beides ist ein Akt in ihm, das nicht Setzen des Besonderen ist ein Schauen, ein Setzen seiner selbst und dies ist die Erklärung des höchsten Geheimnisses der Philosophie, wie nämlich die ewige Substanz oder Gott durch das Besondere oder die Erscheinung nicht modifiziert ist, sondern nur sich selbst schaut und selbst ist als die eine unendliche Substanz. Also indem der Mensch jene ursprüngliche Freiheit sich zum Objekt macht, es mit ihr zum Wissen bringen will, entsteht notwendig folgender Widerspruch: Er will die ewige Freiheit als Freiheit wissen und empfinden, aber indem er sie zum Gegenstand macht, wird sie ihm zur Nichtfreiheit und doch sucht und will er sie als Freiheit. Aus diesem Widerspruch entsteht jene innere umtreibende Bewegung, indem das Suchende das, was es sucht, gleichsam in einer beständigen Flucht vor sich her treibt. Es entsteht daher im Innern des Menschen ein Umtrieb, eine rotatorische Bewegung, indem der Mensch beständig nach der Freiheit sucht, diese aber ihn flieht. Wo jener innere Streit ursprünglich ist, ohne durch jene Krisis in besonnenes Wissen sich aufzulösen, da erzeugt er notwendig das, was wir Irrtümer nennen und alle Irrtümer sind nur Erzeugnisse jener inneren, in wildem Kampf sich untereinander bekämpfenden geistigen Kräfte.

Allein dieser Versuch, das Unbedingte zu realisieren, schließt einen Widerspruch in sich, der auf den ersten Blick einleuchtet. Eben deswegen, weil das Subjekt nur in bezug auf ein Objekt, das Objekt nur in bezug auf ein Subjekt denkbar ist, kann keines von beiden das Unbedingte enthalten; denn beide sind wechselseitig durcheinander bedingt, beide einander gleichgesetzt. Auch muß, um das Verhältnis beider zu bestimmen, notwendig wieder ein höherer Bestimmungsgrund vorausgesetzt werden, durch den sie beide bedingt sind. Denn man kann nicht sagen, daß das Subjekt das Objekt allein bedinge; denn Subjekt ist ebenso gut nur in bezug auf ein Objekt, als Objekt nur in bezug auf ein Subjekt denkbar, und es wäre gleichviel, ob ich das durch ein Objekt bedingte Subjekt, oder das durch ein Subjekt bedingte Objekt zum Unbedingten machen wollte, ja das Subjekt ist selbst zugleich als Objekt bestimmbar, und insofern fiele auch dieser Versuch, das Subjekt zum Unbedingten zu machen, ebenso unglücklich aus, als der andere mit dem absoluten Objekt angestellte. Doch könnte das Rätsel sich lösen, würden wir die Odyssee des Geistes darin erkennen, der wunderbar getäuscht, sich selbst suchend, sich ewig flieht. Das System des transzendentalen Idealismus ist die anschaulich gewordene Synthese aller Gegensätze und dem Philosophen deswegen das Höchste, weil sie ihm das Allerheiligste gleichsam öffnet, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte gesondert ist und was im Leben und Handeln, ebenso wie im Denken ewig sich fliehen muss. Es ist ein weiter Weg bis zum höchsten Gegensatz und jeder, der von diesem Weg sprechen will, sollte sich zweimal überlegen, ob er diesen Weg zurücklegen will. Aber noch ist dieses System nicht da; viele verzagte Geister verzweifeln zum voraus, denn sie reden von einem System unserer Natur nicht anders, als ob von einem Lehrgebäude unserer Begriffe die Rede wäre. Es scheint also, dass die ewige Freiheit überall und auf keine Weise zu erkennen sei. Als absolutes Subjekt ist sie über aller Erkenntnis, als Objekt ist sie nicht in ihrem An-sich. Vor dieser grundlosen, durch sich notwendigen Freiheit scheuen sich die meisten, wie sie sich vor der Magie, vor allem Unbegreiflichen und besonders der Geisterwelt scheuen. Allein die Wissenschaft hat dazu keinen anderen Weg, kann es nicht leisten, als indem sie von der ewigen Freiheit ausgeht, von dieser kann sie aber nicht ausgehen, ohne von ihr zu wissen. Hier ist also ein offenbarer Zirkel."

Friedrich Hölderlin: "Im Begriffe der Teilung liegt schon der Begriff der gegenseitigen Beziehung des Objekts und Subjekts aufeinander, und die notwendige Voraussetzung eines Ganzen, wovon Objekt und Subjekt die Teile sind. »Ich bin Ich« ist das passendste Beispiel zu diesem Begriffe der Ur-Teilung, als theoretischer Ur-Teilung, denn in der praktischen Ur-Teilung setzt es sich dem Nichtich, nicht sich selbst entgegen. Wo Subjekt und Objekt nicht nur zum Teil vereinigt sind, mithin so vereinigt, dass gar keine Teilung mehr vorgenommen werden kann, ohne das Wesen zu verletzen, da und sonst nirgends kann von einem Sein schlechthin die Rede sein, wie es bei der intellektuellen Anschauung der Fall ist. Anfangs hatte ich Fichte sehr im Verdacht des Dogmatismus; er scheint, wenn ich mutmaßen darf auch wirklich auf dem Scheidewege gestanden zu sein, oder noch zu stehn – er möchte über das Faktum des Bewußtseins in der Theorie hinaus, das zeigen sehr viele seiner Äußerungen und das ist eben so gewiß und noch auffallender transzendent, als wenn die bisherigen Metaphysiker über das Dasein der Welt hinaus wollten – sein absolutes Ich enthält alle Realität; es ist alles und außer ihm ist nichts; es gibt also für dieses absolute Ich kein Objekt, denn sonst wäre nicht alle Realität in ihm; ein Bewußtsein ohne Objekt ist aber nicht denkbar und wenn ich selbst dieses Objekt bin, so bin ich als solches notwendig beschränkt, sollte es auch nur in der Zeit sein, also nicht absolut; also ist in dem absoluten Ich kein Bewußtsein denkbar, als absolutes Ich habe ich kein Bewußtsein und insofern ich kein Bewußtsein habe, insofern bin ich (für mich) nichts, also das abolute Ich ist (für mich) nichts. Wie ist aber Selbstbewußtsein möglich? Dadurch daß ich mich mir selbst entgegensetze, mich von mir selbst trenne, aber ungeachtet dieser Trennung mich im entgegengesetzten als dasselbe erkenne.

Aber inwiefern als dasselbe? Wenn nun das dem Geiste direkt entgegengesetzte, das Organ, worin er enthalten und wodurch alle Entgegensetzung möglich ist, könnte betrachtet und begriffen werden, nicht nur als das, wodurch das Harmonischverbundene formal entgegengesetzt, sondern, wodurch es auch formal verbunden ist, wenn es könnte betrachtet und begriffen werden, nicht nur als das, wodurch die verschiedenen unharmonischen Stimmungen materiell entgegengesetzt und formal verbunden, sondern wodurch sie auch materiell verbunden und formal entgegengesetzt sind, wenn es könnte betrachtet und begriffen werden nicht nur als das, was als verbindendes bloß formales Leben überhaupt und als besonderes und materielles nicht verbindend, nur entgegensetzend und trennend, ist, wenn es als materielles als verbindend, wenn das Organ des Geistes könnte betrachtet werden als dasjenige, welches, um das Harmonischentgegengesetzte möglich zu machen, rezeptiv sein muß sowohl für das eine, wie für das andere Harmonischentgegengesetzte, daß es zwar bei harmonisch Verbundenem abgesondert betrachtet dem einen wie dem andern entgegengesetzt ist, aber beide zusammengedacht die Vereinigung von beiden ist, dann wird derjenige Akt des Geistes, welcher in Rücksicht auf die Bedeutung nur einen durchgängigen Widerstreit zur Folge hatte, ein ebenso vereinigender sein, als er entgegensetzend war. Wie wird der Geist aber in dieser Qualität begriffen? Innerhalb der subjektiven Natur kann das Ich nur als Entgegensetzendes, oder als Beziehendes, innerhalb der subjektiven Natur kann es sich aber nicht als poetisches Ich in dreifacher Eigenschaft erkennen, denn so wie es innerhalb der subjektiven Natur erscheint und von sich selber unterschieden wird und an und durch sich selber unterschieden, so muß das Erkannte immer nur mit dem Erkennenden und der Erkenntnis beider zusammengenommen jene dreifache Natur des poetischen Ich ausmachen und weder als Erkanntes aufgefasst vom Erkennenden, noch als Erkennendes aufgefasst vom Erkennenden, noch als Erkanntes und Erkennendes aufgefasst, von der Erkenntnis, noch als Erkenntnis aufgefasst vom Erkennenden, in keiner dieser drei abgesondert gedachten Qualitäten wird es als reines Ich in seiner dreifachen Natur, als entgegensetzend das Harmonischentgegengesetzte, als (formal) vereinigend das Harmonischentgegengesetzte, als in Einem begreifend das Harmonischentgegengesetzte, die Entgegensetzung und Vereinigung, erfunden, im Gegenteil bleibt es mit und für sich selbst im realen Widerspruch.

Also nur, insofern es nicht von sich selber und an und durch sich selber unterschieden wird, wenn es durch ein drittes bestimmt unterscheidbar gemacht wird und wenn dieses dritte, insoferne es mit Freiheit erwählt war, insofern auch in seinen Einflüssen und Bestimmungen die reine Individualität nicht aufhebt, sondern von dieser betrachtet werden kann, wo sie dann zugleich sich selbst als ein durch eine Wahl Bestimmtes, empirisch Individualisiertes und Charakterisiertes betrachtet, nur dann ist es möglich, daß das Ich im harmonischentgegengesetzten Leben als Einheit und umgekehrt das Harmonisch-Entgegengesetzte, als Einheit im Ich erscheine und in schöner Individualität zum Objekte werde. Alles hängt davon ab, daß das Ich nicht bloß mit seiner subjektiven Natur, von der es nicht abstrahieren kann, ohne sich aufzuheben, in Wechselwirkung bleibe, sondern daß es sich mit Freiheit ein Objekt wähle, von dem es, wenn es will, abstrahieren kann, um von diesem durchaus angemessen bestimmt zu werden und es zu bestimmen. Hierin liegt die Möglichkeit, daß das Ich im harmonischentgegengesetzten Leben als Einheit, und das Harmonisch-Entgegengesetzte, als Einheit erkennbar werde im Ich in reiner Individualität. Die philosophische Vereinigung des Subjekts und Objekts kommt ästhetisch in der intellektuellen Anschauung zustande: Ich suche mir die Idee eines unendlichen Progresses der Philosophie zu entwickeln, ich suche zu zeigen, daß die unnachlässliche Forderung, die an jedes System gemacht werden muß, die Vereinigung des Subjekts und Objekts in einem absoluten "Ich" oder wie man es nennen will, zwar ästhetisch in der intellektuellen Anschauung, theoretisch aber nur durch eine unendliche Annäherung möglich ist, wie die Annäherung des Quadrats an den Zirkel (gemeint ist die Quadratur des Kreises) und dann ein System des Denkens zu realisieren, eine Unsterblichkeit ebenso notwendig ist, als sie es ist für ein System des Handelns.

Hierbei beruht alle Schwierigkeit nur darauf, wie ein Subjekt sich selbst innerlich anschauen könne; allein diese Schwierigkeit ist jeder Theorie gemein. Das Ziel der Philosophie als Produkt der Harmonie von Subjekt und Objekt bleibt jedoch unerreichbare Wissenschaft und unendliche Tätigkeit. Wir sind zerfallen mit der Natur und was einst, wie man glauben kann, Eins war, widerstreitet sich jetzt, Herrschaft und Knechtschaft wechselt auf beiden Seiten. Auch Hyperion teilte sich unter diese beiden Extreme. Jenen ewigen Widerstreit zwischen unserem Selbst und der Welt zu endigen, den Frieden allen Friedens, der höher ist, denn alle Vernunft, den wiederzubringen, uns mit der Natur zu vereinigen, zu einem unendlichen Ganzen, das ist das Ziel all unseren Strebens, wir mögen uns darüber verstehen oder nicht. Aber weder unser Wissen noch unser Handeln gelangt in irgend einer Periode des Daseins dahin, wo aller Widerstreit aufhört, wo alles Eins ist. Ich will ein Prinzip finden, das mir die Trennungen, in denen wir denken und existieren, erklärt, das aber auch vermögend ist, den Widerstreit verschwinden zu lassen, den Widerstreit zwischen dem Subjekt und dem Objekt. Andernfalls herrscht eine unterschiedslose, nicht differenzierbare und unmittelbare Einheit, die in der unfruchtbaren Formel "Ich bin Ich" oder "X ist X" endet. Wir hätten keine Ahnung von jenem unendlichen Frieden, von jenem Sein, im einzigen Sinne des Wortes, wir strebten gar nicht, die Natur mit uns zu vereinigen, wenn nicht dennoch jene unendliche Vereinigung vorhanden wäre. Sie ist vorhanden - als Schönheit. Es wartet, um mit Hyperion zu reden, ein neues Reich auf uns, wo die Schönheit Königin ist."

Subjekt-Objekt-Dualismus in Physik und Philosophie des 20. Jahrhunderts

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Erwin Schrödinger: [11]"Der Geist ist in eminentem Maße Subjekt und entzieht sich damit der objektiven Untersuchung. Er ist das Subjekt des Erkennens und kann darum im eigentlichen Sinne nie dessen Objekt sein. Der Grund dafür, dass unser fühlendes, wahrnehmendes und denkendes Ich in unserem naturwissenschaftlichen Weltbild nirgends auftritt, kann leicht in fünf Worten ausgedrückt werden: Es ist selbst dieses Weltbild. Es ist mit dem Ganzen identisch und kann deshalb nicht als ein Teil darin enthalten sein. Worauf es mir ankommt ist dieses: Die moderne Entwicklung, die wirklich zu verstehen ihre Urheber noch weit entfernt sind, war ein Einbruch in die verhältnismässig einfache Theorie der Physik, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts recht gut umrissen schien. Dieser Einbruch hat in gewissem Sinne alles umgeworfen, was auf den Grundmauern errichtet war, die im 17. Jahrhundert gelegt worden waren. Ja, die Grundmauern selbst beben. Es ist der Einbruch des Diskontinuums, der Quantensprünge, der Identitätsproblematik für Teilchen in die bisherige vollständige Erfassung des raum-zeitlichen Geschehens. Ich will die zwei schreiendsten Widersprüche hervorheben, die sich aus dem Umstand ergeben, dass wir uns nicht bewusst sind, dass ein einigermaßen zufriedenstellendes Weltbild bloß erreicht worden ist, um einen hohen Preis, nämlich so, dass jeder sich selbst aus dem Bild ausgeschlossen hat, indem er in die Rolle eines unbeteiligten Beobachters zurückgetreten ist. Die erste dieser Antinomien ist unser Erstaunen, unser Weltbild farblos, kalt, stumm zu finden. Die zweite Antinomie ist unser völlig erfolgloses Suchen nach der Stelle, wo der Geist auf die Materie wirkt - und umgekehrt. Der Geist kann mit dieser wahrhaft gigantischen Aufgabe nicht anders fertig werden, als mittels des vereinfachenden Kunstgriffs, dass er sich selbst ausschliesst, sich aus seiner begrifflichen Schöpfung zurückzieht.

Ich betrachte die Wissenschaft als einen integrierenden Teil unserer Bemühungen, die eine große philosophische Frage zu beantworten, die alle anderen einschließt: Wer sind wir? Ich zweifle, ob das Geschehen im Atom sich überhaupt der räumlich-zeitlichen Form des Denkens werde eingliedern lassen. All dies wurde gesagt von dem Standpunkt aus, daß wir die altehrwürdige Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt akzeptieren. Zwar müssen wir das im täglichen Leben aus praktischen Gründen tun, aber mir scheint, wir sollten sie im philosophischen Denken aufgeben. Es sind die gleichen Gegebenheiten, aus denen die Welt und mein Geist gebildet sind. Die Welt gibt es für mich nur einmal, nicht eine existierende und eine wahrgenommene Welt. Subjekt und Objekt sind nur eines. Man kann nicht sagen, die Schranke zwischen ihnen sei unter dem Ansturm neuester physikalischer Erfahrungen ausgefallen; denn diese Schranke gibt es überhaupt nicht. Das Wachstum in die Weite und Tiefe, dass die mannigfaltigen Wissenszweige seit etwa einem Jahrhundert zeigen, stellt uns vor ein seltsames Dilemma. Es wird uns klar, dass wir erst jetzt beginnen, verlässliches Material zu sammeln, um unser gesamtes Wissensgut zu einer Ganzheit zu verbinden. Andererseits ist es einem einzelnen Verstande beinahe unmöglich geworden, mehr als nur einen kleinen spezialisierten Teil zu beherrschen. Die Quantentheorie erweiterte den Atomismus fast ins Grenzenlose, brachte ihn aber gleichzeitig in eine Krise, die ernster ist, als die meisten von uns zugeben wollen.

Vom philosophischen Standpunkt aus würde ich eine endgültige Entscheidung in diesem Sinne einer vollständigen Waffenstreckung gleich erachten. Denn wir können die Denkformen nicht wirklich ändern und was wir innerhalb derselben nicht verstehen können, das können wir überhaupt nicht verstehen. Ich würde dies nicht als einen, sondern vielmehr als den charakteristischen Zug der Quantenmechanik bezeichnen, denjenigen, der ihre völlige Abweichung von der klassischen Denkweise erzwingt. Man hat wirklich den Eindruck, dass die Naturwissenschaft durch tief eingewurzelte Denkgewohnheiten gehemmt ist, deren einige sehr schwer herauszufinden sind. Das beruht darauf, dass unsere - die griechische - Wissenschaft sich auf Objektivierung gründet und sich damit den Weg zu einem angemessenen Verständnis für das erkennende Subjekt, den Geist, versperrt hat. Im Ganzen genommen deutet die gegenwärtige Krise in den Grundwissenschaften auf die Notwendigkeit, ihre Grundfragen bis auf sehr tiefe Schichten zu revidieren."

Wolfgang Pauli [12] [13]: "Entgegen der strengen Einteilung der Aktivitäten des menschlichen Geistes in getrennte Departemente seit dem 17. Jahrhundert halte ich die Zielvorstellung einer Überwindung der Gegensätze, zu der auch eine sowohl das rationale Vorgehen wie das mystische Einheitserlebnis umfassende Synthese gehört, für den ausgesprochenen oder unausgesprochenen Mythos unserer heutigen Zeit. Ich glaube, daß es das Schicksal des Abendlandes ist, diese beiden Grundhaltungen, die kritisch rationale, verstehen wollende auf der einen Seite und die mystisch irrationale, das erlösende Einheitserlebnis suchende auf der anderen Seite, immer wieder in Verbindung miteinander zu bringen. Von einem inneren Zentrum aus scheint sich die Psyche im Sinne einer Extraversion nach außen zu bewegen in die Körperwelt, in der nach Voraussetzung alles Geschehen ein automatisches ist, so daß der Geist diese Körperwelt mit seinen Ideen gleichsam ruhend umspannt. Bei der Entwicklung wissenschaftlicher Ideen ist jedes Verstehen ein langwieriger Prozess, der schon lange vor der rationalen Formulierbarkeit des Bewußtseinsinhalts durch Prozesse im Unterbewußtsein eingeleitet wird. Theorien entstehen durch ein vom empirischen Material inspiriertes Verstehen, welches am besten im Anschluss an Plato als zur Deckung bringen von inneren Bildern mit äußeren Objekten und ihrem Verhalten zu deuten ist. Wenn man die vorbewusste Stufe der Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus symbolischen Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe des Denkens ist ein malendes Schauen dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht allgemein und nicht in erster Linie auf Sinneswahrnehmungen zurückgeführt werden kann. Psyche wie Materie sind beide als Matrix an und für sich ein X, d.h. eine transzendentale Unbekannte, daher begrifflich nicht zu unterscheiden, also praktisch identisch und nur sekundär verschieden als verschiedene Aspekte des Sein. Der Laie meint gewöhnlich, wenn er ‚Wirklichkeit‘ sagt, spreche er von etwas Selbstverständlich-Bekanntem; während es mir gerade die wichtigste und überaus schwierige Aufgabe unserer Zeit zu sein scheint, daran zu arbeiten, eine neue Idee der Wirklichkeit auszubauen. Das Ziel muß sein, alle physikalisch realen, beobachtbaren Eigenschaften der stationären Zustände aus den Quantenzahlen und quantentheoretischen Gesetzen zu deduzieren. Wir dürfen aber nicht die Atome in die Fesseln unserer Vorurteile schlagen wollen, sondern wir müssen umgekehrt unsere Begriffe der Erfahrung anpassen. Dies ist, glaube ich, meine zur Zeit beste Formulierung der Beziehung der Produkte meines Unbewussten zur objektiven Ganzheit der Natur einerseits, zur subjektiven Ganzheit meiner selbst als dem Anschauenden andererseits. Die berühmten Widersprüche des Welle-Teilchen-Dualismus kommen nur daher, dass wir zwar die Gesetze der klassischen Theorie aufgeben, aber doch noch immer mit den Begriffen dieser Theorie operieren. Ich bedaure, dass Einstein über die Sachlage in der Quantenmechanik anderer Meinung ist, umso mehr, als dieser neue Aspekt der Naturbeschreibung im Gegensatz zu den der klassischen Physik zugrundeliegenden Ideen die Hoffnung auf eine zukünftige Entwicklung verschiedener wissenschaftlicher Teildisziplinen in Richtung auf eine größere Einheit des Ganzen erweckt. Bohrs Argumente waren überzeugend und ich war sogleich auf seiner Seite, da ich Einsteins Widerstreben als eine regressive Tendenz erkannte, wieder zum alten Ideal des losgelösten Beobachters zurückzukehren. Die Phänomene haben eine neue Eigenschaft der Ganzheit, indem sie sich nicht in Teilphänomene zerlegen lassen, ohne das ganze Phänomen dabei wesentlich zu ändern. Die erkenntnistheoretische Situation, vor die die moderne Physik gestellt ist, ist verfahren und wurde von keinem philosophischen System vorhergesehen. Es ist hier etwas offengeblieben, was früher geschlossen schien und meine Hoffnung ist, dass durch diese Lücke neue Begriffe an Stelle des Parallelismus eindringen werden, die einheitlich zugleich physikalisch und psychologisch sein sollten. Eine Wissenschaft, die sich auf diese Art des Denkens eingestellt hat, wird nicht nur toleranter sein, sie wird vielleicht, da sie das Ganze besser überschaut, zu der Welt der Werte mit beitragen können."

Heinz von Förster: "Die Kybernetik erster Ordnung trennt das Subjekt vom Objekt, sie verweist auf eine vermeintlich unabhängige Welt 'da draußen'. Die Kybernetik zweiter Ordnung beschäftigt sich dagegen mit Systemen, die ihrerseits Beobachtungen durchführen. Dadurch wird die Beobachterabhängigkeit des Erkennens thematisiert. Man lernt sich als einen Teil der Welt zu verstehen, die man beobachten will. Die Systeme erster Ordnung basieren auf einer scheinbar objektiven Betrachtung der Welt, die zu einem Äußeren wird. Die Systeme zweiter Ordnung lassen sich auf sich selbst anwenden; sie gestatten die strikte Trennung von Subjekt und Objekt, dem Beobachter und Beobachteten nicht mehr. Erst durch die Beobachtung zweiter Ordnung entsteht die Möglichkeit zur Selbstreflexion. Man gesteht sich ein, daß jemand, der über Fragen des Bewußtseins oder des Erkennens spricht, ein Bewußtsein und einen Erkennenden benötigt, um dies zu tun. Eine Beobachtung braucht, so wird einem klar, einen Beobachter. Die Wahrnehmung der Welt verlangt nach einem Menschen, der diese wahrnimmt. Der Begriff der Selbstorganisation wurde in den 50er-Jahren von W. A. Clark und B. G. Farley geprägt. Sie erkannten, daß sich Operatoren, die in einer geschlossenen Beziehung stehen, irgendwie stabilisieren und beobachteten – noch ohne eine Theorie der rekursiven Funktionen oder des Eigenwertes zu kennen – das Phänomen, daß bestimmte geschlossene Systeme nach einer gewissen Zeit stabile Formen des Verhaltens entwickeln. Das fundamentale Prinzip des kybernetischen Denkens ist die Idee der Zirkularität. Eine neue (kreiskausale) Dimensionalität des Argumentierens, welche die lineare Kausalität ablöst. Da beginnt alles, von dort aus muss man weiterdenken, das ist die Basis. Das Prinzip der Zirkularität zeigt enorme Folgen, wenn man es zu Ende und in die Tiefe denkt. Man betritt verbotenes Terrain, befasst sich mit der unter den Logikern verpönten Selbstbezüglichkeit, auf einmal sprechen die Kybernetiker über sich selbst. Die verschiedensten Autoren haben immer wieder darauf hingewiesen, daß das Paradoxon nicht diese fürchterliche Todespille der Logik darstellen muss, sondern daß es durchaus eine Bereicherung sein kann, um über selbstreferentielle Begriffe - Zweck, Bewußtsein, Erkenntnis - zu sprechen."

Carl Friedrich von Weizsäcker: [14]"Die neue Physik hat ein Weltbild zerstört, gründlicher, als man hätte erwarten können. Gegen diese Erkenntnisse haben sich, ebenso wie früher gegen die verwandte, aber weniger radikalen Ergebnisse der Relativitätstheorie, viele Physiker instinktiv zur Wehr gesetzt. Es sei als erstes gesagt, dass diese Gegenwehr sehr begreiflich ist. Wer sie zu leicht nimmt, zeigt dadurch nur, dass er vermutlich selbst noch nicht erkannt hat, wie tief der Bruch mit dem bisherigen Programm der Physik ist, der von ihm verlangt wird. Die physikalischen Gründe dafür, dass der Bruch heute als endgültig angesehen werden muss, können nicht vorgelegt werden. Auch das alte physikalische Weltbild versuchte, das Ganze darzustellen, aber mit unzureichenden Mitteln und darum musste es scheitern. Der Name Einstein steht inzwischen für den Kampf ewig Gestriger gegen jede neue Einsicht in der Physik, sei es das Ergebnis des Michelson-Experiments, dass es den Äther nicht gibt, sei es die Unbestimmtheit in der Quantenmechanik, sei es das Tunneln mit Überlichtgeschwindigkeit, sei es eine Weltraumfahrt, die diesen Namen verdient, auch gegen Einsteins eigene Skepsis am Ende seines Lebens - vor allem aber für die Negierung der Rolle des Beobachters, ja bereits gegen die Rolle seiner experimentellen Anordnung für das Ergebnis, gegen die er sich aufs entschiedenste wehrte. Aber was ist die Philosophie hinter Einsteins Urteil, die quantentheoretische Lösung sei inakzeptabel? An Einsteins Determinismus in der Physik glaubt heute kaum noch jemand, doch die meisten Naturforscher trauern der alten Physik im Herzen nach. Objekte, Gegenstände, gibt es nur für Subjekte, denen sie entgegenstehen. In diesem Sinne ist in der Quantentheorie das Objekt vom Subjekt nicht prinzipiell trennbar. In der Quantenmechanik sind die Naturgesetze Strukturen abstrakterer Dinge und Zustände, deren Verknüpfung mit der Wahrnehmung über den Begriff der Wahrscheinlichkeit führt. Es ist ein empirisches Faktum, dass fast alle theoretischen Physiker unserer Zeit philosophieren. Es ist ein zweites empirisches Faktum, dass ihre Philosophie im allgemeinen weitgehend ihre eigene Erfindung ist und sich mit den überlieferten Meinungen der Philosophen manchmal schlecht zusammenreimt. Beide empirischen Tatsachen scheinen mir aus einer sachlichen Notwendigkeit hervorgegangen zu sein, nämlich daraus, dass die moderne Physik ohne Philosophie nicht adäquat verstanden werden kann und dass es eine Philosophie, die dieses adäquate Verständnis liefern könnte, bis heute noch nicht gibt. Ich hätte mich nicht dem Studium der antiken Philosophie zugewandt, wenn ich nicht in den begrifflichen Traditionen der neuzeitlichen Physik und Geisteswissenschaft und der neuzeitlichen Philosophie auf Unbegreiflichkeiten gestoßen wäre, die ich nur im Rückgang auf ihre historischen Quellen zu verstehen hoffen konnte. Die Debatte um die Konsequenzen für die Wahrnehmungsmöglichkeiten von Wirklichkeit, Wissen und Bewusstsein sind noch lange nicht beendet.

Einige Erkenntnisse hat man aber bereits heute aus der Kopenhagener Deutung des Dualismusproblems gewonnen. So ist die sinnliche Erfahrung zwar objektivierbar, sie gibt jedoch nie ein vollständiges anschauliches Bild der Realität, da die Erfahrung abhängig ist von der Position des Beobachters. Die Kopenhagener Deutung wird oft, sowohl von einigen ihrer Anhänger wie von einigen ihrer Gegner, dahingehend missdeutet, als behaupte sie, was nicht beobachtet werden kann, das existiere nicht. Diese Darstellung ist logisch ungenau. Die Kopenhagener Auffassung verwendet nur die schwächere Aussage: ‚Was beobachtet worden ist, existiert gewiss; bezüglich dessen, was nicht beobachtet worden ist, haben wir jedoch die Freiheit, Annahmen über dessen Existenz oder Nichtexistenz einzuführen.‘ Von dieser Freiheit macht sie dann denjenigen Gebrauch, der nötig ist, um Paradoxien zu vermeiden. Die scheinbaren Paradoxien und Alternativen, die man danach noch diskutiert hat, waren durchgehend Verluste, die Opfer im Vorverständnis, die man dabei bringen musste, wenigstens teilweise wieder rückgängig zu machen. Die Versuche waren erfolglos. In seinem berühmten Gedankenexperiment mit Podolsky und Rosen (EPR) arbeitete Einstein präzise den zentralen Punkt des Opfers heraus: den Verzicht auf den Glauben an die objektive Realität der physikalischen Objekte. Keine angebotene Rückkehr zu klassischen Prinzipien hat sich durchgesetzt. Niemals wird jemand leben, der die Quantenmechanik versteht. Weil sie mit ihren Begriffen zugleich eine Grenze aufrichtet und das Verstehen an der Grenze des Begriffs sein Ende findet. Mathematisch zeigt sich an der Unschärferelation, dass nichtkommutative (d.h. nicht vertauschbar) Größen der Quantenmechanik nicht beide gleichzeitig definierbar und beobachtbar sind. Beispielsweise sind Ort und Impuls prinzipiell beobachtbar, aber sie sind prinzipiell nicht zugleich beobachtbar. Die objektivierende Erkenntnis ist selbstvergessen. Im Erkenntnisakt wird mir das Objekt bekannt, aber nicht zugleich das erkennende Subjekt, nämlich ich selbst. Geschichtsphilosophisch haben wir es mit der Doppelentdeckung der europäischen Neuzeit, dem Objekt und dem Subjekt zu tun. Erkenntnis besteht darin, dass die objektive Form der Welt von einem verstehenden Subjekt aufgenommen wird und in einem kommunikativen, sich mit der Welt austauschenden Prozess aufgenommen und gedeutet wird. Dialektisch ist dieser Prozess, weil darin einerseits tatsächlich Objekte Subjekte informieren, dass heisst, sie mehren deren Wissen, sie können erkennen. Andererseits formen aber auch Subjekte ihre Objekte. Es ist ein aktiver Vorgang, so versteht es dieses Denken, im Chaos an Kontingenzen Form zu entdecken.

Es ist daher auch gesagt, dass der mathematische Wert der Information bei Wiederholung desselben Austauschprozesses gegen Null läuft. Es eröffnet sich die Aussicht auf die Möglichkeit, dass alle Gesetze der Physik Konsequenzen eines logisch-ontologischen Grundansatzes wären, den wir selbst vorerst nur auf Grund empirischer Hinweise erraten haben. Die Antwort auf die Frage: Warum genügt die Materie der Physik? wäre dann: Weil sie der Logik genügt. Die Naturwissenschaft beruht auf der scharfen Trennung des erkennenden Subjekts vom erkannten Objekt. Der Geisteswissenschaft ist die schwierige Aufgabe gestellt, auch das Subjekt in seiner Subjektivität zum Objekt ihrer Erkenntnis zu machen. Die Trennung ist weniger eine Trennung der Gebiete - diese überschneiden sich zum Teil - als eine Trennung der Denkweisen und Methoden. Viele Versuche des Gesprächs zeigen, dass die beiden Denkweisen nur sehr selten einander verstehen. Es scheint mir aber, dass hinter dem gegenseitigen Missverständnis ein objektiver Zusammenhang beider Wissenschaftsgruppen als Möglichkeit bereitliegt, der darauf wartet, gesehen und verwirklicht zu werden. Natur- und Geisteswissenschaft erscheinen mir als zwei Halbkreise. Man müsste sie so aneinanderfügen, dass sie einen Vollkreis ergeben und müsste diesen Kreis dann mehrmals ganz durchlaufen. Aristoteles betrachtet die Mathematik als Resultat einer Abstraktion von der Bewegung. Nur ist die Bewegung im Bereich der obersten Ideen nicht eine entstehende und vergehende, sondern wird im geometrischen Gleichnis durch ewiges Kreisen in sich selbst symbolisiert. Die philosophische Aufgabe formuliert sich im naturwissenschaftlichen Ansatz als ein Kreisgang zwischen dem Objektsein der Subjekte und der Subjektbezogenheit der Objekte. Wir fügen im Kreisgang zwei Denktraditionen zusammen, die einander in der Geschichte der Philosophie meist feindlich gegenübergestanden haben. All unser Wissen von der Natur steht unter den Bedingungen menschlichen Wissen; das ist die erkenntnistheoretische Fragestellung. Auch unser evolutionistisches Wissen steht, als menschliches Wissen, unter den von der Erkenntnistheorie studierten Bedingungen solchen Wissens; auch die Rückseite des Spiegels sehen wir nur im Spiegel. Aber auch der Spiegel, in dem wir die Rückseite des Spiegels sehen, ist eben der Spiegel, der diese Rückseite hat; auch die Erkenntnistheorie, wie die von ihr studierte Erkenntnis, ist ein Geschehen in der Natur. Die heutige Physik zwingt den Physiker zur Besinnung auf sich selbst als Subjekt. Das neuzeitliche Subjekt ist herausgelöst aus den Ordnungen, die wir in der Neuzeit objektive Ordnungen nennen. Das neuzeitliche Objekt ist herausgelöst aus dem Sinn, den wir in der Neuzeit als eine subjektive Sinngebung ansehen. Diese Herauslösung des Einzelnen aus seinen Zusammenhängen bedeutet wachsende Freiheit, wachsende Komplexität, geschichtliche Veränderung. Die Einheit dieser Subjekt-Objekt-Polarität kann in einer an Platons Lehre der "Idee des Guten" orientierten Denkbewegung erschlossen werden, die den Hintergrund und die Einheit aller unserer Erkenntnis einsichtig machen kann. Das Verständnis der Einheit der Physik ist andererseits wohl Vorbedingung der Einsicht in ihren philosophischen Sinn, also in ihre Rolle bei unserem Bestreben, uns der Einheit der Wirklichkeit zu öffnen. Für den, der die Einheit dieser Vielfalt noch zu denken vermöge, würde sie eine neue Art von Einheit bedeuten."

Hans-Peter Dürr: "Statt der strikten Trennung der vermeintlich gegenständlichen Welt als objektivierbare Realität und subjektiver Wirklichkeit von Denken und Fühlen, weist die moderne Quantenphysik auf die Wechselwirkung beider Ebenen hin. Unter dem starken Einfluss der Naturwissenschaft haben wir uns daran gewöhnt, unsere Wahrnehmung von der Wirklichkeit mit der Wirklichkeit gleichzusetzen und diese Wirklichkeit sogar im Sinne einer materiell fundierten, in Teile zerlegbaren Realität zu interpretieren. Die moderne Physik hat uns da jedoch eine interessante Lektion erteilt, die zu einer tief greifenden Korrektur dieser Vorstellung führte. Sie hat uns bedeutet, dass die Vorstellung einer objektiven Realität, einer materiell ausgeprägten Wirklichkeit wohl in einer gewissen Näherung angemessen, aber als absolutes Naturprinzip unzulässig und falsch ist, ja, dass diese Vorstellung uns sogar einen tieferen Einblick in das Wesen der eigentlichen Wirklichkeit versperrt. [15]Wir verkennen, dass wir ein Teil eines gemeinsamen, größeren komplexen Systems sind und auf hochsensible Weise in dieses eingebunden sind. Nicht nur die Religionen, sondern auch die Wissenschaft müssen bescheiden zur Kenntnis nehmen, dass sie die eigentliche Wirklichkeit im Urgrund nicht ausreichend und angemessen beschreiben, sondern nur mithilfe von Gleichnissen deuten können. Denn die neue Physik, die Quantenphysik, bedeutet nicht nur eine kleine Korrektur an den bisherigen Vorstellungen der klassischen Physik oder einen Paradigmenwechsel nach Thomas Kuhn, sondern erfordert einen tiefgreifenden Umbruch. Es ist dabei kein Zufall, dass die Physik - und dort ausgerechnet an einer Stelle, nämlich der Mechanik, wo ihre bisherigen Erfolge am überzeugensten ausgefallen waren - auf die neue Fährte geführt hat. Denn dieser Teil der Naturwissenschaften ist so durchsichtig, dass hier keine Möglichkeiten bestanden, die sich hartnäckig haltenden inneren Widersprüche einfach einer noch unverstandenen Kompliziertheit anzulasten. War die Analyse eines Systems immer schon einfacher als die nachfolgende Synthese der an den Teilen gewonnenen Einsichten, so wird die vollständige Synthese des Gesamtsystems unter den Bedingungen der neuen Physik zu einem noch weit schwierigeren und streng genommen unmöglichen Unterfangen. So steht das Getrennte nach neuer Sicht nicht am Anfang der Wirklichkeit, sondern Trennung ist mögliches Ergebnis einer Strukturbildung, nämlich Erzeugung von Unverbundenheit durch Auslöschung im Zwischenbereich.

Jede Objektivierung bedeutet Trennung, das heisst Zerstörung der nicht objekthaften Einheit, in der Beobachter und beobachtetes System miteinander verschmolzen sind. [16]Wir trennen, machen Unterscheidungen, analysieren und fragen dann, wie das System zusammenhängt. Dafür führen wir dann Wechselwirkungen ein. So haben wir die Vorstellung, dass die Wirklichkeit zerlegbar ist, dass wir Komplexes auf Einfaches reduzieren können. Das ist ein gewaltsamer Prozess, der den Gegenstand isoliert. Diese Anschauung ist der vernetzten Ganzheit nicht angepasst. Die Beziehungen zwischen Teilen eines Ganzen ergeben sich also nicht nur sekundär als Wechselwirkung von ursprünglich Isoliertem, sondern sind Ausdruck einer primären Identität von Allem. Doch genau betrachtet haben nur wenige die Kopenhagener Interpretation zum Anlass genommen, ihre Wirklichkeitsvorstellung letztlich zu revidieren. Und dies nicht in einem Akt bewusster Verweigerung, sondern mehr im Sinne einer unbewussten Verdrängung, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Offensichtlich erscheint mir: Wenn wir Wissen auf seine bisher in der Wissenschaft übliche Bedeutung eingeengt lassen - also dabei ausschließlich auf Objektivierbarkeit als wesentlichem Wahrheitskriterium bestehen und nicht auch nicht mehr objektivierbare Erfahrungen und Einsichten vermöge einer Stimmigkeit und inneren Überzeugungskraft, Wahrheit in einem geeignet offeneren, nicht mehr eindeutig festlegbaren Sinne zuordnen, dann werden uns existentiell wesentliche Erkenntnisse verschlossen bleiben. Unser heutiges Welt- und Menschenbild entspricht dem Denken des 19. Jahrhunderts. Von diesem Standpunkt aus befinden wir uns heute in einer schizophrenen Situation, wenn wir glauben, mit der alten Denkweise des 19. Jahrhunderts und der Technologie des 20. Jahrhunderts, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen zu können. [17]Entsprechend dem Paradigma des Lebendigen sollte eine kooperative Integration auf höherer Ebene angestrebt werden, welche die Unterschiedlichkeit achtet und sie positiv zusammenführt, sodass die Ganzheit mehr wird als die Summe seiner Teile."

Niklas Luhmann: "Die Quantentheorie hat mit ihrer These der Indeterminiertheit der Materie und der nur probalistischen Grundlagen aller Alltagssicherheiten Aufsehen erregt. Aber Physiker argumentieren nicht selten so, als ob mit Indeterminiertheit oder Unbestimmtheit eine Eigenschaft der Materie bezeichnet sei und geben sich damit zufrieden. Da es aber Beobachtung nur als Zustände eines Beobachters gibt, muss die Quantenphysik als Theorie des Beobachtens interpretiert werden; und in der Tat ermöglichen ihre Gleichungen es nur, auf Grund von Beobachtungen andere Beobachtungen vorauszusagen. Nichts anderes ist der Inhalt ihrer physikalischen Gesetze. Sie beschreiben den Beobachter als physikalisches Phänomen. Die Grenzen der Determiniertheit sind Bestandteile der physikalischen Gesetze selbst; es bedarf zu ihrer Ermittlung keiner zusätzlicher Annahmen. Jede Referenz, sei es auf das System selbst, sei es auf dessen Umwelt, ist ein Konstrukt des Beobachtens. Die Unterscheidung objektiv/subjektiv kollabiert also und wird durch die Unterscheidung Selbstreferenz/Fremdreferenz ersetzt, die in jedem Falle und in beiden Richtungen ein Strukturmoment des Beobachtens selbst ist. Ein laufendes Beobachten anhand der Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz kondensiert die entsprechenden Referenzen und verdichtet sie zur Unterscheidung von System und Umwelt. Das ermöglicht eine Selbstbeobachtung neuen Stils, nämlich die Zurechnung von Themen auf das System selbst im Unterschied zu seiner Umwelt. Das System reflektiert seine eigene Einheit als Bezugspunkt für Beobachtungen, als Orientierungsgesichtspunkte für ein laufendes Referieren.

Die Selbstbeschreibung endet für den Beobachter erster Ordnung mit Angaben über invariante Grundlagen, über die Natur und über Notwendiges. Für den Beobachter zweiter Ordnung erscheint die Welt dagegen als Konstruktion über je verschiedenen Unterscheidungen. Alles Beobachten (Erkennen und Handeln) ist paradox fundiert, da es auf Unterscheidungen angewiesen ist, die es operativ einsetzen, aber nicht als Einheit reflektieren kann. Wenn eine solche Reflexion versucht wird, wird sie mit einem Paradoxon bestraft: Das Unterschiedene ist Dasselbe. Und dies gilt, um es nochmal zu wiederholen, für Erkennen und für Handeln und für Beobachten erster wie für Beobachten zweiter Ordnung. Jede Analyse der Selbstbeschreibung oder, in klassischer Terminologie, von „Reflexion“ wird davon ausgehen müssen, dass das System für sich selbst operativ unerreichbar und damit auch für die eigenen Operationen intransparent bleibt. Die Einrichtung geschlossen-selbstreferentieller Systeme ist Ergebnis und Voraussetzung von Evolution. Das Entstehen gerichteter Linearität, die dann als historischer Prozess aufgefasst und beschrieben werden kann, setzt sekundäre Strukturen voraus und ermöglicht sie wiederum auf höheren Ebenen des evolutionären Aufbaus der Realität. Für Techniker und Planungstheoretiker war das Problem der Komplexität das entscheidende Problem. Planung läuft auf Komplexität auf, die planende Instanz steht außerhalb dessen, was sie plant und hat nicht die Möglichkeit, ebenso viele Zustände anzunehmen, wie das, was sie plant. Sie muss versuchen, elegante Lösungen für viel schwierigere Probleme zu finden, sie muss vereinfachen, technisieren, abstrahieren, Modelle bilden und dann versuchen, die Systeme über solche Modelle zu steuern."

Lee Smolin:" Es gibt ein einfaches Argument für die Aussage, dass kein Beobachter vollständige und objektive Erkenntnis von sich selbst erreichen kann. Sobald ein Beobachter versucht, von sich selbst ein vollständiges Bild zu erlangen, enthält sein Gedächtnis eine vollständige Beschreibung von ihm im Augenblick davor. Seine Erinnerung besteht daher nicht aus einer Repräsentation seines gegenwärtigen Zustands. Auch wenn er es immer wieder versucht, gibt es offensichtlich das Problem eines unendlichen Regresses. Wenn wir uns selbst nicht vollständig beobachten können, kann unsere Sichtweise auch keine vollständige Beschreibung des gesamten Universums liefern, es sei denn, diese Sichtweise entspricht einem Etwas ausserhalb des Universums. Um es ganz offen zu sagen, wir sind gescheitert. Wir haben eine naturwissenschaftliche Disziplin, die Physik, geerbt, die so lange rasante Fortschritte erzielt hat, dass sie häufig als Vorbild für die Methoden in anderen wissenschaftlichen Disziplinen galt. Zweihundert Jahre lang, bis in die Gegenwart, hat unser Verständnis der Naturgesetze rapide zugenommen. Doch heute sind wir, trotz grösster Anstrengungen, in Hinblick auf das, was wir über diese Gesetze mit Sicherheit wissen, keinen Schritt weiter als in den Siebzigerjahren. Wie ungewöhnlich ist es, dass in drei Jahrzehnten kein grösserer Fortschritt in der physikalischen Grundlagenforschung erzielt wurde. Selbst wenn wir mehr als zweihundert Jahre zurückblicken, in eine Zeit, als die naturwissenschaftliche Forschung überwiegend von wohlhabenden Amateuren betrieben wurde, hat es so etwas nicht gegeben. Was haben wir entdeckt, worauf unsere Generation stolz sein könnte? Im Hinblick auf neue grundlegende Entdeckungen, durch Experimente bestätigt und durch Theorien erklärt, muss unsere Antwort lauten:"Nichts." Wenn wir weiterhin innerhalb des Newton'schen Paradigmas denken, scheint die Struktur der Welt auf enormen Unwahrscheinlichkeiten zu beruhen - der extremen Besonderheit der Auswahl von Gesetzen und Anfangsbedingungen. Die traurige Schlussfolgerung ist, dass die einzige Art von Universum, die aus der zeitlosen Perspektive des Newton'schen Paradigmas natürlich erscheinen würde, ein thermodynamischer Gleichgewichtszustand und somit ein totes Universum ist, was offensichtlich nicht die Art von Universum sein kann, in der wir leben. Die Mathematik ist reversibel, die Thermodynamik nicht. Aber aus der Perspektive der Wirklichkeit der Zeit ist es völlig natürlich, dass das Universum und seine fundamentalen Gesetze zeitasymmetrisch sind und einen starken Zeitpfeil aufweisen, der eine Entropiezunahme bei isolierten Systemen sowie ein kontinuierliches Wachstum von Struktur und Komplexität umfasst. Die grundlegendere Physik sollte diskret sein und das Universum mit Hilfe von Algebra und Kombinatorik erklären."

Rüdiger Bubner: " Die explosionsartige Vermehrung und Anreicherung der Einzelwissenschaften in den letzten hundert Jahren hat dem Ziel einer philosophischen Durchdringung des gesamten Stoffes unüberwindliche Barrieren in den Weg gestellt. Davon bleiben aber Schwerpunkte des systematischen Philosophierens unberührt, die sich aus der Idee der vernunftbestimmten Einheit von Subjekt und Objekt im einzelnen ergeben. Reflexion bedeutet Entzweiung, die Trennung von Subjekt und Objekt, die uns von einer unmittelbar gegebenen Einheit der Anschauung losreisst. Diese Sonderstellung muss das philosophische Fragen gegenüber dem Alltagsverstand zwar einnehmen, es muss aber auch die Relativität der Stellung der Reflexion begreifen. Diese vorgängigen oder apriorischen Leistungen der Subjektivität hinsichtlich der ihr entgegenstehenden Objekte untersucht die transzendentale Reflexion. Sie hat es also mit den Konstituionsbedingungen des die Erkenntnis tragenden Subjekt-Objekt-Verhältnis als eines solchen zu tun. Sie fasst Objekte als Erscheinungen für ein Subjekt auf und traut sich daher keine Aussage über die Dinge an sich zu, so wie sie etwa unabhänig von aller Beziehung auf ein sie erkennendes Subjekt wären. Der Sache nach meint das die berühmte Frage: Wie sind synthetische Urteile a priori möglich. Die Entzweiung soll überwunden oder die ursprüngliche Einheit wiederhergestellt werden. Dies gelingt nicht, indem man den ersten Schritt philosophischer Reflexion einfach aufgibt. Man muss ihm einen konsequenten, zweiten Schritt folgen lassen. Die Reflexion missversteht sich selbst, wenn sie Endgültigkeit behauptet. Die wahre Philosophie erkennt Reflexion bloß als Mittel, bei dem nicht stehen zu bleiben ist. Die Überwindung der bloßen Reflexion ist also eine eigene philosophische Aufgabe, die zugleich den durch Reflexion bestimmten Anblick der Welt verändert. Eine neue Sicht der Wirklichkeit, wo Geist und Materie nicht länger künstlich geschieden sind, tut sich auf.

Gleichermassen wird ein neues, von Natur nicht streng geschiedenes Verständnis des Geistes möglich. Die Natur soll der sichtbare Geist, der Geist die unsichtbare Natur sein. Diesen Punkt innerer Vereinigung vor der Trennung muss Philosophie auf dem Wege rückwärts durch die Reflexionstrennung hindurch wieder zu erreichen suchen. Die zu entwerfende Naturphilosophie entfaltet den Grundgedanken einer nicht dem Intellekt entgegenstehenden, sondern mit ihm verschwisterten Materie durch die Einzelbestimmung des Mechanischen, Chemischen, Organischen usw. Die Forderung der systematischen Einheit entsteht allein aufgrund eines unauflöslichen Widerstreits im menschlichen Wissen, der vorausgesetzt ist. Gäbe es diese Uneinigkeit nicht, so drängte nichts auf ein System hin. Dies sind die Bedingungen des Systems. Wie muss nun sein Prinzip aussehen? Da es Prinzip aller einzelnen, von ihm getragenen und im System umfassten Bestimmungen sein soll, darf es nicht in derselben Weise wie diese bestimmt sein. Die heikle Bestimmung des Prinzips, selbst unbestimmbar zu sein und zwar so, dass dadurch das Bestimmen erst möglich wird, findet mannigfaltige Umschreibungen. Ein solches Unbestimmtes, das paradoxerweise doch wieder bestimmt ist, wie Spinozas unendliche Substanz oder Fichtes absolutes Ich, hat zu entfallen. Die zwischen Tasten und Kühnheit schwankende Redeweise darf nicht ablenken von dem zentralen Problem. Ohne irreführende Vergegenständlichung und Einschränkung ist dasjenige Prinzip zu nennen, das für das konkrete Etwas, für das Bestimmte und Seiende, verantwortlich ist. Im ständigen Blick auf das Problem werden sodann die überlieferten idealistischen Vorschläge wie absolutes Subjekt, Selbsterkenntnis, Ichheit, transzendentale Anschauung usw. durchgeprüft. In diesen ersten Grund soll die Spannung zwischen Einheit und Trennung zurückgetrieben werden, die im idealistischen Subjektbegriff, sofern er die Identität von Subjekt und Objekt bedeutet, bereits zur Erscheinung gelangt. Philosophische Reflexion richtet sich auf jene Struktur, in der sich eine implizite und vergessene Deutungsleistung niederschlägt. Es geht um die Rückführung des entwickelten philosophischen Begriffs in ein Unvordenkliches, aus dem er stammt, das im Zuge einer rationalen Thematisierung verschüttet wurde."

Gotthard Günther: " Der Heisenberg'sche Satz setzt zwei verschiedene Subjektbegriffe voraus: einmal das detachierte epistemologische Subjekt des theoretischen Physikers, der die Aussage von der Unmöglichkeit der radikalen Trennung von Subjekt und Objekt macht und zweitens das dem Objekt verbunden bleibende Subjekt, über das die betreffende Aussage gemacht wird. Es ist von jetzt ab unmöglich, beide Subjekte als logisch gleichwertig zu behandeln. Folglich reicht die einfache klassische Negation, die den generellen Unterschied zwischen Subjekt und Objekt nicht weiter differenziert, logisch nicht mehr aus. Das detachierte Subjekt ist praktisch mit dem theoretischen Physiker zu identifizieren, der weiß, dass zur erschöpfenden Beschreibung des Sachverhaltes Ort und Impuls systematisch zusammengehören. Das dem Objekt verhaftete Subjekt aber ist das des experimentellen Physikers, dessen Experimentalsituation in das physikalische Resultat hineindefiniert werden muss und der von seinem Standpunkt aus immer nur das eine oder das andere der beiden komplementären Erfahrungsdaten zu Gesicht bekommt. Dem menschlichen Verstand fällt die Entscheidung schwer, wenn er folgende Frage beantworten soll: Was bestimmt die Wirklichkeit und hat ontologischen Primat? Ist es das Objekt in Verbindung mit der theoretischen Vernunft oder das Subjekt als Verkörperung des Willens und Aktivator schöpferischer Entscheidungen? Was ist der Mechanismus, der den Schein produziert, der unser Denken immer wieder irritiert? und zwar in einer Art des Betrugs, der "unhintertreiblich" ist, wie Kant wörtlich sagt. Der Schein entsteht, wenn ich über das Subjekt rede, denn ich kann nicht anders über das Subjekt reden, als daß ich es als Gegenstand nehme, daß heißt indem es Objekt für mich wird, und damit nicht mehr das ist, was es ist. Das Reden, Urteilen über ein Subjekt verkehrt es in sein Gegenteil. Selbst wenn ich diesen Schein für mich aufgedeckt habe, unterliege ich ihm weiter, kann nicht heraus aus ihm. Daß die Kontroverse nie zu Gunsten der einen oder anderen Seite entschieden wurde - weil jede Partei gleichermaßen triftige wie widerlegbare Argumente vorbrachte - wird drastisch durch die Tatsache demonstriert, daß dieser Streitfall ein drittesmal auf höchster philosophischer Ebene in der Differenz zwischen den metaphysischen Standpunkten Kants und Hegels auftrat. Für Kant bestand kein Zweifel, daß die Philosophie auf dem Primat des Willens und der absoluten Souveränität der freien Entscheidung beharren muß.

Vernunft - so Kant - kann nicht den Willen beherrschen, weii sie durch eine innerliche Anfälligkeit für in ihr eingebaute Täuschungen - die er 'transzendentalen Schein' nennt - beschränkt wird. Diese Trugschlüsse sind nicht Ausdruck menschlicher Unfähigkeit und Stümperhaftigkeit, sondern gehören zum ursprünglichen Wesen des theoretischen Denkens. Wir wollen den weiteren Launen dieses Meinungsstreites nicht folgen, der bis heute ein ungelöstes Problem geblieben ist und der innerhalb des klassischen Weltbildes ungelöst bleiben muß. Solange die Wirklichkeit in einen natürlichen und einen übernatürlichen Bereich aufgeteilt wird, kann dieses Problem nicht verschwinden, denn es ist das Produkt eben dieses Spaltungsprozesses. Dadurch wird 'Subjektivität an sich' in eine natürliche und eine übernatürliche Komponente getrennt. Wenn ein Problem wieder und wieder auftaucht und keine Lösung gefunden werden kann, dann sollte man nicht danach fragen, was die Vertreter gegensätzlicher Standpunkte voneinander unterscheidet, sondern was sie gemeinsam haben. Das ist der Punkt, wo die Quelle des Mißverständnisses liegen muß. Wir wissen, daß jedes System der Subjektivität durch die zwei interagierenden Programme von Erkennen und Wollen in Bewegung gesetzt wird. Aber weil wir in unserem Denken ausschließlich die aristotelische Logik anwenden, können wir uns selbst nicht von dem Vorurteil befreien, daß entweder die Vernunft der letztendliche Führer für die Blindheit eines im übrigen hilflosen Willens sein muß, oder daß die Willenskraft die Bilder-Produktion des Erkennens uneingeschränkt beherrschen muß. Ich führte ja, als ich das Subjekt in das Objekt hineinnahm, schon an, dass in diesem Denkprozess ein letzter unbewältigter Reflexionsrest der für immer unerreichbaren Introszendenz der Subjektivität übrig bleibt. Darf ich mich bitte einmal anders ausdrücken: Die Annahme, dass jenseits unseres Denkens ein völlig subjektfreies An-Sich liegt, wäre dann akzeptierbar, wenn ich mich in einer trans-klassischen Logik damit begnügen könnte, eine finite Anzahl von Werten oder ontologischen Orten einzuführen. Nun ist aber bereits von anderer Seite gezeigt worden, dass, wenn man die Problematik der Mehrwertigkeit überhaupt einmal aufnimmt, man gezwungen ist, ein abzählbar Infinites an Werten einzuführen. Damit aber steigt die Menge der logischen Konstanten, die dieses An-Sich bezeichnen würden ins Transfinite. Aber im Transfiniten ist es unmöglich noch zu objektivieren. Könnten wir uns auf die abzählbare Menge von Werten oder ontologischen Orten beschränken, dann könnte man vielleicht sagen, dass man sich dem transsubjektiven An-Sich beliebig weit nähern kann, wie man es in der Differentialrechnung mit dem Limes-Begriff tut. Man könnte dann sagen, dieser Limes ist der Index des Objektiven. Aber daran hindert uns eben die Tatsache, dass die Zahl der logischen Konstanten, die sich aus einer abzählbar infiniten Anzahl von Werten ergibt, ins Transfinite wächst. Das heißt, es besteht keine Möglichkeit der Objektivierung, die uns erlauben würde zu sagen: Hinter unserem Denken besteht ein absolutes An-Sich.

Zwar denken wir in seinsthematischen Kategorien, aber reflexionsthematisch werden wir von einem "Dritten", das jenseits der Antithese von Subjekt und Objekt liegt, gedacht. Wir sind also nur partiell die hinter unseren Erlebnisprozessen agierende Subjektivität. Die absolute Grenze des personalen Denkens, die Hegel entdeckt hat, liegt nun darin, dass hier der Reflexion zugemutet wird, etwas zu begreifen, was a priori und objektiv gar nicht gedacht werden kann. Paradox ist, dass es die Reflexion selbst ist, die diese Zumutung an sich selber stellt. Es ist schlechterdings nicht möglich, den inhärenten Widerspruch, der für unser individuell-personales Denken in der Idee der reflexiven Reflexionsidentität liegt, theoretisch zu überbrücken. Es ist die Ohnmacht der Reflexion, dass sie "ihren wahren Inhalt nicht als einen wirklichen besitzen kann" lesen wir in der "Anderen Deduktion der Prinzipien der positiven Philosophie", weshalb die sich konsequent durchführende Reflexion der vorangehenden Philosophie schließlich an einem Punkt gelangt, wo sie sich selbst aufgeben muss. Eine Relation zwischen Bewusstsein und Bewusstseinsinhalt könnte nur dann als legitimes logisches Thema auftreten, wenn unsere Logik einen zweiten designierenden Wert besäße, der nicht wie der klassisch-positive designierende Wert Bewusstseinsinhalte designierte, sondern eben jenes unbekannte X, das über Erkenntnisinhalte verfügt. Aber da die klassische Logik nur noch einen zweiten Wert besitzt und derselbe notwendig nicht-designierend sein muss, ist somit das Subjekt dieser Logik aus ihr selbst als welthaft Erkennbares prinzipiell und für immer ausgeschlossen. Für den Wissenschaftler schwebt die Welt im Bodenlosen. Es geht mir heute nur noch um die arithmetische Darstellung der Vermittlungsbegriffe des Idealismus. Was dazu in begrifflich-anschaulicher Form gesagt werden konnte, ist gesagt worden in Texten wie Hegels "Phänomenologie", Fichtes “Tatsachen des Bewußtseins" oder Schellings "Abhandlung über das Wesen der menschlichen Freiheit". Wenn Sie aber aus der idealistischen Philosophie eine Technik entwickeln wollen, dann müssen Sie die Vermittlungstheorie arithmetisieren. Sie brauchen dialektisch organisierte, arithmetische Systeme, die klarmachen, wie die Spiegelungen und Vermittlungen zwischen Ich, Du und Es nun wirklich "funktionieren"."

Ulrich Röseberg: [18] [19][20][21] "Das Subjekt vermag nur zu erkennen, indem es sich mit dem Objekt auseinandersetzt. Die Subjekt-Objekt-Dialektik aber hebt die Frage nach der Quelle der Erkenntnis nicht auf und ist deshalb nicht identisch mit der Beziehung von Materie und Bewusstsein. Der Mensch kann als Erkenntnissubjekt nur in der gegenständlichen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem Erkenntnisobjekt erkennen; gleichzeitig ist seine Erkenntnistätigkeit auf Erkenntnis objektiver, von dieser Tätigkeit unabhängiger gesetzmäßiger Beziehungen gerichtet. Die Beobachtung des einen Aspektes schränkt gleichzeitig die Definitionsmöglichkeit für den anderen ein. Bei aller Kompliziertheit realer Subjekt-Objekt-Beziehungen bleibt die objektive Realität außerhalb und unabhängig von unserem Bewusstsein die Quelle unserer Erkenntnis, ist das Primat der Materie gegenüber dem Bewusstsein erkenntnistheoretisch absolut. Gelangt man aber ausgehend vom Prinzip der Unerschöpflichkeit der Materie bei der Analyse des wissenschaftshistorischen Materials zu der Überzeugung, dass eine Reihe von Widersprüchen auf der Ebene der subjektiven Dialektik Problemantinomien darstellen, deren Lösung in der dialektischen Synthese von These und Antithese besteht, dann scheint dies die Annahme nahezulegen, dass derartigen dialektischen Widersprüchen auf der Ebene der subjektiven Dialektik objektive dialektische Widersprüche der Natur zugrunde liegen. Berücksichtigt man weiterhin, dass eine Reihe dieser Problemantinomien in dem mehr zwei Jahrtausende währenden Ringen der Menschheit um rationale wissenschaftliche Erkenntnisse über die Natur zugleich mit der Lösung der konkreten physikalischen Probleme auf höherer Ebene der physikalischen Forschung immer wieder neu gesetzt wurden und bis heute als fundamentale Problemantinomien der Physik anzusehen sind, dann gibt es unseres Erachtens zu der Annahme objektiver dialektischer Widersprüche in der physikalischen Bewegungsform der Materie keine vernünftige Alternative mehr.

Einerseits setzt jede Definition des Zustands eines physikalischen Systems voraus, daß dieses von anderen Systemen genügend isoliert ist. Das Quantenpostulat aber verbietet jegliche Beobachtung für absolut isolierte Systeme. Die Alternative ist nicht der Verzicht auf Weltbilder überhaupt, sondern die radikale (kompromisslose) Erneuerung eines solchen Weltbildes durch ein dialektische Widersprüche einschließendes, in Übereinstimmung mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt ständig zu präzisierendem Weltbild. Alle bislang existierenden philosophischen Strömungen haben sich als unfähig erwiesen, die mit der Quantenmechanik auftretenden Fragen zu lösen. Keine der philosophischen Realismusvarianten hat bisher zu echten Lösungen geführt. Carl Friedrich von Weizsäcker vertrat wie andere Theoretiker die Behauptung, man müsse die Logik ändern, wenn man die Quantenmechanik adäquat verstehen wollte. Es spricht manches dafür, die Kompliziertheit der mikromechanischen Bewegung auf Eigenschaften eines tieferliegenden materiellen Strukturniveaus zurückzuführen, das bislang nicht explizit berücksichtigt wurde. So sah Bohr den entscheidenden Fortschritt der Quantenmechanik in erkenntnistheoretischer Hinsicht darin, dass die in der einsteinschen Relativitätstheorie noch in Strenge aufrechterhaltene Vorstellung der objektiven Realität der zur Beobachtung gelangenden Phänomene nun nicht mehr beizubehalten sei. Während Einstein dazu neigte, innerhalb einer physikalischen Theorie jegliche Information über die für die Entwicklung dieser Theorie bedeutsamen Subjekt-Objekt-Dialektik auszuschliessen, vertrat Bohr die Auffassung, dass dieser Ausschluss spätestens in der Quantenmechanik nicht mehr möglich sei. Die Physik dringt immer tiefer in die Dialektik der Natur ein; die Widerspiegelung der Naturdialektik in den physikalischen Theorien ist aber ein Problem, dass sich erst der philosophischen Analyse erschliest. Es besteht aber kein Zweifel, dass die Klärung der philosophischen Fragen der Theorie des Atoms zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Bearbeitung der noch komplizierteren philosophischen Probleme beim weiteren Eindringen in die Gesetze der Mikrophysik gehört. Die Lösung dieser physikalischen Probleme wird vermutlich dann auch philosophische Verallgemeinerungen ermöglichen, die unsere bisherigen Erkenntnisse über die Beziehungen der Subjekt-Objekt-Dialektik und damit der materiellen Beantwortung der Grundfrage der Philosophie präzisieren.“

Hermann von Helmholtz: " Die so fest scheinende Grundlage der klassischen Mechanik, die Geltung des Kausalitätsbegriffs und der euklidischen Geometrie für unsere Naturerkenntnis, ist erschüttert. Die prästabilierte Harmonie zwischen unserem reinen, apriorischen Denken und der wirklichen Welt, wie sie in Kants Kritik der reinen Vernunft dem Stande der Wissenschaft seiner Zeit entsprechend ihre klarste Prägung fand, muß jetzt nach mehr als hundertjähriger Geltung in einer höheren Schicht des Erkennens gesucht werden. Der Punkt, an dem sich Philosophie und Naturwissenschaften am nächsten berühren, ist die Lehre von den sinnlichen Wahrnehmungen des Menschen. Das Licht, welches auf einen Spiegel fällt, wird von diesem so zurückgeworfen, als käme es von Gegenständen her, die ebenso weit hinter der Spiegelebene liegen, wie die wirklich vorhandenen Gegenstände vor ihr. Fällt das gespiegelte Bild in das Auge, so wird es in diesem natürlich ebenso gebrochen, und trifft eben dieselben Netzhautpunkte, wie es Licht tun würde, welches von wirklichen Körpern ausgegangen wäre, die sich am scheinbaren Ort der optischen Bilder des Spiegels befänden. Unsere sinnliche Vorstellung konstruiert sich also auch sogleich die den Spiegelbildern entsprechenden wirklichen Körper und legt ihnen denselben Grad von Bestimmtheit und Evidenz bei, wie den direkt gesehenen Körpern. Das Grundproblem, welches jene Zeit an den Anfang aller Wissenschaft stellte, war das der Erkenntnistheorie: »Was ist Wahrheit in unserem Anschauen und Denken? in welchem Sinne entsprechen unsere Vorstellungen der Wirklichkeit?« Auf dieses Problem stoßen Philosophie und Naturwissenschaft von zwei entgegengesetzten Seiten; es ist eine gemeinsame Aufgabe beider. Weiß man nicht allgemein, daß Naturforscher und Philosophen gegenwärtig nicht gerade gute Freunde sind, wenigstens in ihren wissenschaftlichen Arbeiten? Weiß man nicht, daß zwischen beiden lange Zeit hindurch ein erbitterter Streit geführt worden ist, der neuerdings zwar aufgehört zu haben scheint, aber jedenfalls nicht deshalb, weil eine Partei die andere überzeugt hätte, sondern, weil jede daran verzweifelte, die andere zu überzeugen?

Die Naturforscher wurden von den Philosophen der Borniertheit geziehen, die letzteren von den ersteren der Sinnlosigkeit. Setzen wir voraus, dass das Begreifen zu vollenden sein wird, dass wir ein letztes Unveränderliches als Ursache der beobachteten Veränderungen werden hinstellen können, so nennen wir das regulative Prinzip unseres Denkens das Kausalgesetz. Wir können sagen, es spricht das Vertrauen auf die vollkommene Begreifbarkeit der Welt aus. Denn eine Naturerscheinung ist physikalisch erst dann vollständig erklärt, wenn man sie bis auf die letzten ihr zugrundeliegenden und in ihr wirksamen Naturkräfte zurückgeführt (reduziert) hat. Zu einer unbedingten Behauptung dieser Art sind wir nie berechtigt; das erlaubt weder die Lückenhaftigkeit unseres Wissens, noch die Natur der Induktionsschlüsse, auf denen all unsere Wahrnehmung des Wirklichen vom ersten Schritte an beruht. Goethe erklärt es für seine feste Überzeugung, daß man in jedem Zweige der Physik ein »Urphänomen« zu suchen habe, um darauf alle übrige Mannigfaltigkeit der Erscheinung zurückzuleiten. Goethe sagt in seinen Sprüchen in Prosa: "Wenn ich mich beim Urphänomen zuletzt beruhige, so ist es doch auch nur Resignation; aber es ist ein großer Unterschied, ob ich an den Grenzen der Menschheit resigniere oder innerhalb einer hypothetischen Beschränktheit meines bornierten Individuums. Das unmittelbare Gewahrwerden von Urphänomenen versetzt uns in eine Art von Angst. Wir fühlen unsere Unzulänglichkeit; nur durch das ewige Spiel der Empirie belebt, erfreuen sie uns." Aufgabe der physikalischen Naturwissenschaften ist es einmal; die Gesetze zu suchen, durch welche die einzelnen Vorgänge in der Natur auf allgemeine Regeln zurückgeleitet, und aus den letzteren wieder bestimmt werden können.

Die Aufsuchung dieser Regeln ist das Geschäft des experimentellen Teils unserer Wissenschaften. Der theoretische Teil derselben sucht dagegen die unbekannten Ursachen der Vorgänge aus ihren sichtbaren Wirkungen zu finden; er sucht diese zu begreifen nach dem Gesetz der Kausalität. Darauf beruht meines Erachtens auch die Bezeichnung der Kraft als Ursache der Veränderungen, die unter ihrem Einfluß vorgehen; sie ist das hinter dem Wechsel der Erscheinungen verborgene Bleibende. Da wir nun die Kräfte nie an sich, sondern nur durch ihre Wirkungen wahrnehmen können, so müssen wir in jeder Erklärung von Naturerscheinungen das Gebiet der Sinnlichkeit verlassen und zu unwahrnehmbaren, nur durch Begriffe bestimmten Dingen übergehen. Man hat zwar in neueren Lehrbüchern die Axiome des Euklids noch zu ergänzen versucht, es fehlte aber ein Prinzip, mittels dessen man erkennen konnte, ob die Ergänzung vollständig sei. Da wir nämlich nur solche Raumverhältnisse uns anschaulich vorstellen können, welche im wirklichen Raum möglicherweise darstellbar sind, so verführt uns diese Anschaulichkeit leicht dazu, etwas als selbstverständlich vorauszusetzen, was in Wahrheit eine besondere und nicht selbstverständliche Eigentümlichkeit der uns vorliegenden Aussenwelt ist. Dieser Schwierigkeit überhebt uns die analytische Geometrie, welche mit reinen Grössenbegriffen rechnet und zu ihren Beweisen keine Anschauung braucht. Die Geometrie als fester Bau streng exakter Wahrheiten ist also nicht eigentlich Wissenschaft vom Raume, sondern die räumlichen Gebilde spielen nur die Rolle von anschaulichen Beispielen, in welchem die in den geometrischen Sätzen in abstracto aufgestellten Beziehungen verwirklicht sind. Die implizite Definition dagegen steht nirgends in Gemeinschaft oder Verbindung mit der Wirklichkeit, sie lehnt sie absichtlich und prinzipiell ab, sie verharrt im Reich der Begriffe. Ein mit Hilfe impliziter Definition geschaffenes Gefüge von Wahrheiten ruht nirgends auf dem Grunde der Wirklichkeit, sondern schwebt gleichsam frei, wie das Sonnensystem die Gewähr seiner Stabilität in sich selber tragend hat."

Jean-Paul Sarte: "Das Sein und das Nichts" und "Die Transzendenz des Ego"

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Jean-Paul Sartre: [22] [23] [24]

"Hinter dem Phänomen suche ich das Sein des Phänomens zu besitzen. Das Phänomen ist das, was sich manifestiert und das Sein manifestiert sich allen in irgendeiner Weise, da wir darüber sprechen können und ein gewisses Verständnis davon haben. Somit muß es ein Seinsphänomen geben, eine Seinserscheinung, die als solche beschreibbar ist. Das Phänomen kann als solches untersucht und beschrieben werden, denn es ist absolut sich selbst anzeigend. Das Sein ist. Das Sein ist an sich. Das Sein ist das, was es ist. Das sind die drei Merkmale, die die vorläufige Untersuchung des Seinsphänomens uns dem Sein der Phänomene zuzuschreiben erlaubt. Es ist das, was es ist, das bedeutet, dass es durch sich selbst nicht einmal nicht das sein könnte, was es nicht ist; wir haben ja gesehen, dass es keinerlei Negation enthält. Es (das Sein) kennt also keine Alterität (Verschiedenheit): es setzt sich nie als anderes als ein anderes Sein; es kann keinerlei Bezug zu dem anderem unterhalten. Daraus ergibt sich evidentermaßen, dass das Sein in seinem Sein isoliert ist und dass es keinen Bezug zu dem unterhält, was nicht es ist. Laporte sagt, dass man abstrahiert, wenn man das isoliert denkt, was niemals isoliert existieren kann. An-sich ist das Sein weder konkret noch abstrakt, weder gegenwärtig noch zukünftig [...]. Von diesem Gesichtspunkt aus werden wir später sehen, dass es der Zeitlichkeit entgeht. Die Konsistenz des Seins in sich ist jenseits von aktiv und passiv. Es (das Sein) ist unbestimmt es selbst, und es erschöpft sich darin, es zu sein. Aber man darf daraus nicht schließen, dass das Sein sich selbst schafft, denn das würde voraussetzen, dass es sich selbst vorgängig ist. Das Sein kann nicht causa sui sein wie das Bewusstsein. Die permanente Möglichkeit des Nicht-seins außer uns und in uns bedingt unsere Fragen über das Sein.

[...] Wir haben schon darauf hingewiesen, dass das Sein sich nicht zum Phänomen verhält, wie das Abstrakte zum Konkreten. Das Sein ist nicht eine Struktur unter anderen, ein Moment des Gegenstands, es ist eben die Bedingung aller Strukturen und aller Momente, es ist die Grundlage, auf der sich die Merkmale des Phänomens zeigen. Was ist die ursprüngliche Beziehung der menschlichen Realität zum Sein der Phänomene oder An-sich-sein. Das erste Sein, dem wir in unseren ontologischen Untersuchungen begegnen, ist das Sein der Erscheinung. Ist es selber eine Erscheinung? Das sieht zunächst so aus. Das Seinsphänomen ist wie jedes primäre Phänomen dem Bewusstsein unmittelbar enthüllt. Wenn sich das Sein der Phänomene nicht in ein Seinsphänomen auflöst und wenn wir trotzdem nichts über das Sein sagen können, außer wenn wir dieses Seinsphänomen befragen, dann muß vor allem genau geklärt werden, welches Verhältnis zwischen dem Seinsphänomen und dem Sein des Phänomens besteht. Das Seinsphänomen verlangt die Transphänomenalität des Seins. Wir müssen jedoch festhalten, dass diese Aufklärung des Sinns des Seins nur für das Sein des Phänomens gilt. Da das Sein des Bewusstseins radikal anders ist, erfordert sein Sinn eine besondere Aufklärung, die von der erschlossenen Erschließung eines anderen Seinstypus, des Für-sich-Seins, ausgehen muss, [...] und das dem An-sich-Sein des Phänomens entgegengesetzt ist. Das Bewusstsein ist ein Seiendes, dem es in seinem Sein um dieses selbst geht, sofern dieses Sein ein Sein in sich einbezieht, das ein anderes als es selbst ist.

Für die Ontologie sind die einzigen aufklärbaren Seinsregionen die des An-sich, des Für-sich und die ideale Region der causa sui. Für sie bleibt es einerlei, ob sie das mit dem An-sich verknüpfte Für-sich als eine deutliche Dualität oder als ein desintegrierstes Sein betrachtet. Die Beziehung der Seinsregionen ist ein ursprüngliches Hervorbrechen, das der Struktur dieser Seinsweisen [ êtres ] selbst zugehört. Wir entdecken sie gleich zu Beginn unserer Untersuchung. Man braucht nur die Augen aufzumachen und in aller Naivität jene Totalität zu befragen, die der Mensch-in-der-Welt ist. Was die Totalität des Für-sich und des An-sich betrifft, so ist es ihr Kennzeichen, dass sich das Für-sich in Bezug auf das An-sich zum Anderen macht, dass aber das An-sich in seinem Sein keineswegs anderes als das Für-sich ist: es ist schlicht und einfach. Das Phänomen An-sich ist ohne das Bewusstsein ein Abstraktum, nicht aber sein Sein. Sein ist für das Für-sich das An-sich, das es ist, nichten. Aber obwohl der Seinsbegriff jene Besonderheit hat, in zwei unkommunizierbare Bereiche gespalten zu sein, muss man doch erklären, dass diese beiden Bereiche (das An-sich und das Für-sich) unter dieselbe Rubrik gestellt werden können. Das macht die Untersuchung dieser beiden Seinstypen notwendig und es ist evident, dass wir den Sinn des einen oder des anderen nur tatsächlich erfassen können, wenn wir ihre tatsächlichen Bezüge zum Begriff des Seins im allgemeinen ausmachen können und die Beziehungen, die sie vereinen.

Diese Formel (das Sein ist das, was es ist) ist scheinbar streng analytisch. In Wirklichkeit lässt sie sich keineswegs auf das Identitätsprinzip zurückführen, insofern dieses das unbedingte Prinzip aller analytischen Urteile ist. Zunächst bezeichnet sie eine besondere Region des Seins: die des Seins an sich. Wir werden sehen, dass sich das Sein des Für-sich im Gegensatz dazu definieren lässt als das seiend, was es nicht ist und als nicht das seiend, was es ist. Die Reflexion ist das Für-sich, das von sich selbst Bewusstsein hat. Es muss ein An-sich geben, auf das sich unser Bewusstsein intentional richtet, das aber nicht von unserem Bewusstsein erzeugt wird. Das An-sich verfügt über keine Zeitlichkeit, eben weil es an-sich ist und weil die Zeitlichkeit der vereinigende Seinsmodus eines Sein ist, das fortwährend auf Distanz zu sich ist. Das Für-sich dagegen ist Zeitlichkeit, aber es ist nicht Bewusstsein von Zeitlichkeit, außer wenn es sich selbst im Bezug reflexiv-reflektiert hervorbringt. Das Für-sich als Grund seiner selbst ist das Auftauchen der Negation. Das Für-sich als Nichtung des An-sich verzeitlicht sich als Flucht nach. Die Gegenwart des Für-sich ist Anwesenheit beim Sein und als solches ist sie nicht. Es entgeht dem Sein auf zweifache Weise, durch innere Auflösung und ausdrückliche Negation. Vom Für-sich als solchem lässt sich nie sagen: es ist, so wie man zum Beispiel sagt: es ist neun Uhr, das heißt im Sinn der totalen Übereinstimmung des Seins mit sich selbst, die das Sich setzt und aufhebt und die den Anschein der Passivität erweckt.

Wir wissen, dass das Für-sich das Sein ist, das in Form eines Zeugen seines Seins existiert. Denn das Für-sich hat die Existenz einer Erscheinung, die mit dem Zeugen einer Spiegelung gekoppelt ist, die auf ein Spiegelndes An-sich verweist, ohne dass es irgendeinen Gegenstand gäbe, dessen Spiegelung Spiegelung wäre. Das Für-sich geht, wie wir schon festgestellt haben, durch seine Vergangenheit im An-sich auf. Im An-sich ist keine Seinsparzelle, die nicht ohne Distanz zu sich selbst wäre. In dem so verstandenen Sein gibt es nicht die kleinste Andeutung einer Dualität; wir können das ausdrücken, indem wir sagen, dass die Seinsdichte des An-sich unendlich ist. Als Sein, das das ist, was es nicht ist und nicht das ist, was es ist, entwirft das Für-sich, das zu sein, was es ist; als Bewusstsein will es die Undurchdringlichkeit und die unendliche Dichte des An-sich haben; als Nichtung des An-sich und fortwährender Ausbruch aus der Kontingenz und der Faktizität will es sein eigener Grund sein. Das Für-sich kann die Nichtung nicht aufrechterhalten, ohne sich selbst als Seinsmangel zu bestimmen. Konkret mangelt es jedem besonderen Für-sich an einer gewissen besonderen konkreten Realität, von deren synthetischer Assimilation es in Sich verwandeln würde. Deshalb wird das Mögliche überhaupt als das entworfen, was dem Für-sich mangelt, um An-sich-für-sich zu werden; und der grundlegende Wert, der diesen Entwurf leitet, ist eben gerade das An-sich-für-sich, das heißt das Ideal eines Bewusstseins, das Grund seines eigenen An-sich-seins wäre durch das bloße Bewusstsein, das es von sich selbst gewönne.

Das Ideal des Erkennens ist ja das, was-man-erkennt-zu-sein und seine ursprüngliche Struktur, was erkannt-ist-nicht-zu-sein. Das Erkennende ist nicht, es ist nicht erfassbar. Es ist nichts anderes als das, was macht, dass es ein Da-sein des Erkannten gibt, eine Anwesenheit - denn von sich selbst ist das Erkannte weder anwesend noch abwesend, es ist einfach. Aber diese Anwesenheit des Erkannten ist Anwesenheit bei nichts, da das Erkennende reine Spiegelung eines Nicht-seins ist, sie erscheint daher, durch die vollständige Transluzidität des erkannten Erkennenden hindurch, als absolute Anwesenheit. Und eben weil die Erkenntnis nicht Abwesenheit, sondern Anwesenheit ist, gibt es nichts, was das Erkennende vom Erkannten trennt. Sich als erblickt erfassen heißt sich als verräumlicht-verräumlichend erfassen. Aber der Blick des Anderen wird nicht nur verräumlichend erfasst, er ist auch verzeitlichend. Platon scheint sogar den dynamischen Charakter gesehen zu haben, den die Alterität (Verschiedenheit) des anderen auf Bezug zu sich selbst aufweist, weil er in einigen Texten den Ursprung der Bewegung darin sieht. Und was kann die Alterität denn sein, wenn nicht das Hin und Her von Gespiegeltem und Spiegelnden innerhalb des Für-sich [...], denn die einzige Art, in der das Andere als anderes existieren kann, ist Bewusstsein davon zu sein, anderes zu sein. Wenn es (das Andere) Fragen stellen kann, so deshalb, weil es selbst immer in Frage steht; sein Sein ist nie gegeben, sondern erfragt, weil es immer durch das Nichts der Alterität von sich selbst getrennt ist; das Für-sich steht immer aus, weil sein Sein ein ständiger Aufschub ist.

Auf dieser Ebene der Untersuchung, wo die Wesensstrukturen des Für-andere-seins geklärt sind, sind wir natürlich versucht, die metaphysische Frage zu stellen: Warum gibt es andere. Die Existenz der anderen ist ja, wie wir gesehen haben, keine Konsequenz, die sich aus der ontologischen Struktur des Für-sich ergeben könnte. Es ist zwar ein primäres Ereignis, aber metaphysischer Art, das heißt, es gehört zur Kontingenz des Seins. Anläßlich dieser metaphysischen Existenz stellt sich wesensgemäß die Frage nach dem Warum. Ist es möglich, die Frage nach der Existenz der anderen zu stellen? Ist diese Existenz ein unreduzierbares Faktum, oder muss sie von einer fundamentalen Kontingenz hergeleitet werden? Es muss ein Sein Anderer-Ich geben, das die wechselseitige Spaltung des Für-andere zu sein hat, gerade so wie die Totalität reflexiv-reflektiert ein Sein ist, das sein eigenes Nichts zu sein hat, das heißt, daß meine Selbstheit und die des Anderen Strukturen ein und derselben Seinstotalität sind. Hegel scheint also recht zu haben: der Gesichtspunkt der Totalität ist der Gesichtspunkt des Seins, der wahre Gesichtspunkt. Der andere verleiht mit seinem Auftauchen dem Für-sich ein Innerweltlich-an-sich-sein [...]. [...] Wenn der Objekt-Andere in Verbindung mit der Welt als der Gegenstand definiert ist, der das sieht, was ich sehe, muß meine fundamentale Verbindung mit dem Subjekt-Anderen auf eine permanente Möglichkeit zurückgeführt werden können, durch Andere gesehen zu werden. Das heißt in der Enthüllung meines Objekt-seins für den Anderen und durch sie muß ich die Anwesenheit seines Subjekt-seins erfassen können. Kurz, das, was worauf sich mein Erfassen des Anderen in der Welt als wahrscheinlich ein Mensch seiend bezieht, ist meine permanente Möglichkeit von-ihm-gesehen-zu-werden, das heißt die permanente Möglichkeit für ein Subjekt, das mich sieht, sich an die Stelle des von mir gesehenen Objekts zu setzen.

Wir sind nur wir in den Augen der anderen und vom Blick der anderen her übernehmen wir uns als Wir. Doch das impliziert, dass ein abstrakter und unrealisierbarer Entwurf des Für-sich auf eine absolute Totalisierung seiner selbst und aller anderen hin existieren kann. Dieses Bemühen um eine Wiedergewinnung der menschlichen Totalität kann nicht stattfinden, ohne die Existenz eines Dritten zu setzen [...]. Das Vom-Anderen-gesehen-werden ist die Wahrheit des Den-Anderen-sehens. Dieser Bezug, den ich Vom-Anderen-gesehen-werden nenne, ist also keineswegs eine der durch das Wort Mensch bezeichneten Beziehungen unter anderen, sondern stellt ein unreduzierbares Faktum dar, das man weder vom Wesen des Objekt-Anderen noch von meinem Subjekt-sein ableiten kann. Demnach kann der Begriff des Anderen in keinem Fall ein isoliertes und weltjenseitiges Bewusstsein meinen, das ich nicht einmal denken kann; der Mensch wird durch Bezug zur Welt und durch Bezug zu mir selbst definiert; er ist jener Gegenstand der Welt, der ein inneres Abfließen des Universums bestimmt, eine innere Hämorrhagie; er ist das Subjekt, das sich mir in dieser Flucht vor mir selbst zur Objektivation entdeckt. Wenn es auch unmöglich ist, in jedem Menschen ein allgemeines Wesen zu finden, das die menschliche Natur wäre, gibt es dennoch eine menschliche Allgemeinheit der conditio (d.h. Bedingung). Es ist nicht zufällig, dass die heutigen Denker lieber von der conditio des Menschen als von seiner Natur sprechen. Unter Bedingung – conditio – verstehen sie mehr oder weniger klar die Gesamtheit der Grenzen a priori, die seine grundlegende Situation im Universum umreißen. [...] Wenn man eine Disziplin, die das Wesen des Menschen und die conditio humana zu definieren suchte, Anthropologie nennt, ist die Psychologie - selbst die Psychologie des Menschen - keine Anthropologie und wird es nie sein. Sie will den Gegenstand ihrer Untersuchung nicht a priori definieren und begrenzen.

Existieren, das heißt einfach: da sein. Das bloße Faktum da zu sein, an diesem Tisch, in diesem Zimmer, ist bereits der reine Gegenstand eines Grenzbegriffs und kann als solcher nicht erreicht werden. Und doch ist es in meinem Bewusstsein, da zu sein, als dessen volle Kontingenz enthalten, als das genichtete An-sich, auf dessen Grund das Für-sich sich selbst hervorbringt, als Bewusstsein, da zu sein. Das Bewusstsein ist ein Sein, dem es in seinem Sein um sein Sein geht, insofern dieses Sein ein Anderes-sein als es selbst impliziert. Das Bewusstsein ist ein Sein, dessen Dasein das Sosein ersetzt; umgekehrt ist das Bewusstsein ein Sein, dessen Sosein das Dasein in sich schließt, das heißt dessen Erscheinung Sein erfordert. Die notwendige und zureichende Bedingung dafür, daß ein erkennendes Bewußtsein Erkenntnis von seinem Gegenstand ist, besteht darin, daß es als Bewußtsein von sich selbst als diese Erkenntnis seiend ist. Das "Sich" stellt eine ideale Distanz in der Immanenz des Subjekts zu sich selbst dar, eine Weise, nicht seine eigene Koinzidenz zu sein, der Identität zu entgehen, gerade indem er sie als Einheit setzt, kurz, in einem dauernden instabilen Gleichgewicht zu sein zwischen der Identität als absoluter Kohäsion ohne die geringste Verschiedenheit und der Einheit als Synthese einer Vielfalt. Das nennen wir Anwesenheit bei sich. Die Anwesenheit ist eine unmittelbare Verminderung der Koinzidenz, denn sie setzt Trennung voraus. Was üblicherweise trennt, ist ein Abstand im Raum, eine Zeitspanne, ein psychologischer Gegensatz oder einfach die Individualität von zwei Mitanwesenden, kurz, eine qualifizierte Realität. Die Anwesenheit des Seins bei sich impliziert eine Ablösung des Seins von sich.

Wir haben [...] gezeigt, dass das Sich grundsätzlich das Bewusstsein nicht bewohnen kann. Es ist wenn man so will der Grund der unendlichen Bewegung, durch die die Spiegelung auf das Spiegelnde verweist und dieses auf die Spiegelung; es ist per definitionem ein Ideal, eine Grenze, und erst durch die nichtende Realität der Anwesenheit des Seins bei dem Sein in der Einheit des Seins als Seinstypus taucht es als Grenze auf. Die ekstatische Ganzheit des Geistes ist nicht bloß eine unganze Ganzheit, sondern erscheint uns als zerbrochenes Sein, von dem man nicht sagen kann, dass es existiert oder nicht existiert. Soll das heissen, dass der antinomische (widersprüchliche) Charakter der Ganzheit selbst irreduzibel ist? Oder können wir ihn von einem höheren Standpunkt aus zum Verschwinden bringen? Aber die Frage nach der synthetischen Einheit der Bewusstseine schien uns keinen Sinn zu haben, denn sie setzte voraus, dass wir die Möglichkeit hätten, der Totalität gegenüber einen Gesichtspunkt einzunehmen; doch wir existieren auf der Grundlage dieser Totalität und als in sie engagiert. Aber wenn wir der Totalität gegenüber keinen Gesichtspunkt einnehmen können, so deshalb, weil der andere sich grundsätzlich um mich negiert, so wie ich mich um ihn negiere. Diese Reziprozität der Beziehung versagt es mir für immer, ihn in seiner Integrität zu erfassen. Kein Bewusstsein kann die Rückseite sehen, das heißt die Ganzheit als solche erfassen.

Das Bewusstsein von sich ist nicht paarig. Es selbst kennt sich nur als absolute Interiorität. Was einen schließlich radikal daran hindert, reale Erkenntnisse über das Ego (das Ich) zu erlangen, ist die ganz spezielle Weise, in der es sich dem reflexiven Bewusstsein darbietet. Das Ego erscheint ja immer nur dann, wenn man es nicht betrachtet. Daher jener Eindruck ärgerlicher Ungewissheit, den die meisten Philosophen wiedergeben, indem sie das Ich diesseits des Bewusstseinszustandes ansetzen und behaupten, das Bewusstsein müsse sich auf sich selbst zurückwenden, um das Ich zu apperzipieren, das hinter ihm ist. So ist es nicht: das Ego ist vielmehr von Natur aus fliehend. Das Ego ist für sich und nicht für das Bewusstsein innerlich. Das Ich als solches bleibt unbekannt. Alles geschieht so, als wenn das Ego durch seine phantomhafte Spontaneität vor jedem direkten Kontakt geschützt würde. Es ist zu gegenwärtig, als dass man ihm gegenüber einen wirklich äußeren Standpunkt einnehmen könnte. Wenn man zurückweicht, um Abstand zu gewinnen, begleitet es uns bei diesem Zurückweichen. Es ist unendlich nahe und ich kann nicht darum herumgehen. [...] Es wird also immer nur aus dem Augenwinkel gesehen. Sowie ich meinen Blick auf es richte und es erfassen will, ohne über das Erlebnis und den Zustand zu gehen, verschwindet es. Indem ich nämlich das Ego für sich selbst und als direktes Objekt meines Bewusstseins zu erfassen versuche, falle ich auf die unreflektierte Ebene zurück und das Ego verschwindet mit dem reflexiven Akt. Das unreflektierte Bewusstsein muss als autonom betrachtet werden. Es lebt nicht auf derselben Ebene. Aber vielleicht ist es die wesentliche Rolle des Ego, dem Bewusstsein seine eigene Spontaneität zu verbergen. Das Merkmal der Selbstheit ist ja, dass der Mensch von dem, was er ist, immer getrennt ist durch die ganze Weite des Seins, das er nicht ist. Die Bedingung dafür, dass die menschliche Realität die Welt ganz oder teilweise negieren kann, ist also, dass sie das Nichts [néant] in sich trägt als das Nichts [rien], durch das ihre Gegenwart von ihrer ganzen Vergangenheit getrennt ist. Der Mensch trägt ständig ein präjudikatives Verständnis seines Wesens mit sich, aber gerade deshalb ist er von ihm durch ein Nichts getrennt. Das transphänomenale Sein dessen, was für das Bewusstsein ist, ist selbst an sich.

Führt man in das unmittelbare Bewusstsein die Subjekt-Objekt-Dualität bzw. das Erkenntnisverhältnis erkennend-erkannt ein, so geraten wir in den infiniten Regress und würden vor folgendem Dilemma stehen: entweder haltmachen bei irgendeinem Ausdruck der Reihe: Erkannter - erkennender Erkannter - erkennender Erkannter des Erkennenden usw. Dann fällt die Ganzheit des Phänomens ins Unbekannte, oder aber wir behaupten die Notwendigkeit eines infiniten Regresses, was absurd wäre. Wenn wir den infiniten Regress vermeiden wollen, muss es unmittelbarer und nicht kognitiver Bezug von sich zu sich sein. Die Regel einer Erscheinung ist ihrem Wesen nach endlich. Die Möglichkeit des Transzendierens auf die Regel einer Erscheinung hin, fordert als eine Notwendigkeit, dass ein Objekt die Reihe seiner Erscheinungen als unendlich setzt. Erst dann kann das Subjekt eine Erscheinung auf die Regel hinter der totalen Reihe transzendieren. Aus Sicht des Subjekts ist die transphänomenale Seinsdimension des Objekts gefordert. Ein solches Bewusstsein nennen wir unreflektiertes oder Bewusstsein ersten Grades. Sobald man dieses Sein erfassen will, entgleitet es und wir finden uns einer Andeutung von Dualität gegenüber, einem Spiel von Spiegelungen, denn das Bewusstsein ist Spiegelung. Aber gerade als Spiegelung ist es das Reflektierende und wenn wir es als reflektierend zu erfassen versuchen, entschwindet es wieder und wir fallen auf die Spiegelung zurück. Außerdem finden wir hier ein Doppelspiel einseitiger Entgegensetzungen: dem Für-sich mangelt einerseits das An-sich, dem es selbst nicht mangelt; aber andererseits mangelt ihm sein Mögliches, dem es wiederum selbst nicht mangelt.

Das Reflektierte ist sogar nur insofern Erscheinung für das Reflexive, als es sich in sich spiegelt, und das Reflexive kann nur insofern Zeuge sein, als es Bewusstsein davon ist, es zu sein, das heisst genau in dem Maß, wie dieser Zeuge, der es ist, Spiegelung für ein Spiegelndes ist, das es auch ist. Reflektiertes und Reflexives tendieren also beide zur Unabhängigkeit, und das nichts (franz. rien), tendiert dazu, sie tiefer zu trennen, als das Nichts (franz. néant), das das Für-sich zu sein hat, die Spiegelung vom Spiegelnden trennt. Dennoch können weder das Reflexive noch das Reflektierte dieses trennende Nichts absondern, sonst wäre die Reflexion ein autonomes Für-sich, das sich auf das Reflektierte richtete, was eine Exterioritätsnegation als Vorbedingung einer Interioritätsnegation voraussetzte. Allerdings ist festzuhalten: 1. dass die Reflexion als Zeuge nur in der Erscheinung und durch sie ihr Zeugesein haben kann, das heisst, dass es durch seine Reflexivität zutiefst in seinem Sein betroffen ist und als solches nie die erstrebte Selbständigkeit erreichen kann, da es sein Sein aus seiner Funktion gewinnt und seine Funktion aus dem reflektierten Für-sich; 2. dass das Reflektierte zutiefst durch die Reflexion beeinträchtigt wird, in dem Sinn, dass es Bewusstsein von sich ist als reflektiertes Bewusstsein von diesem oder jenem transzendenten Phänomen. Und der Akt, durch den sich die Reflexion dazu bestimmt, das Reflektierte als Gegenstand zu nehmen ist in sich selbst: 1. Setzung des Reflexiven als das Reflektierte nicht seiend, 2. Einnehmen eines Gesichtspunktes gegenüber dem Reflektierten. Die Reflexion ist ein Sein, ganz wie das unreflektierte Für-sich, nicht ein Seinszusatz, das sein eigenes Nichts zu sein hat; dies ist nicht das Erscheinen eines neuen Bewusstseins, das auf das Für-sich gerichtet ist, es ist eine intrastrukturelle Modifikation, die vom Für-sich in ihm selbst realisiert wird, mit einem Wort, es ist das Für-sich selbst, das sich existieren macht nach dem Modus reflexiv-reflektiert, statt einfach nach dem Modus Spiegelung-Spiegelndes zu sein, wobei dieser neue Seinsmodus übrigens den Modus Spiegelung-Spiegelndes als primäre interne Struktur bestehen lässt. Das Ziel der reflexiven Spaltung ist es, wie wir gesehen haben, das Reflektierte derart wiederzugewinnen, dass sie jene unrealisierbare Totalität An-sich-Für-sich konstituiert, die der grundlegende Wert ist, der durch das Für-sich eben mit dem Auftauchen seines Seins gesetzt wird.

Im übrigen kann das Für-sich als Negation des An-sich nicht die bloße Rückkehr zum An-sich wünschen. Hier wie bei Hegel kann uns die Negation der Negation nicht zu unserem Ausgangspunkt zurückführen. Sondern ganz im Gegenteil, das, weswegen das Für-sich nach dem An-sich verlangt, ist gerade die detotalisierte Totalität <Zu Für-sich genichtetes An-sich>; anders gesagt, das Für-sich entwirft, als Für-sich zu sein, ein Sein, das das sei, was es ist. Wenn man das Reflektiert-sein des Für-sich in ein An-sich hypostasiert hat, fixiert und zerstört man die Bewegung der Reflexion auf sich: das Bewusstsein wäre reiner Verweis auf das Ego als auf ein Sich, aber das Ego verweist auf nichts mehr, man hat den Reflexivitätsbezug in einen bloßen zentripetalen Bezug verwandelt, wobei das Zentrum übrigens ein Opazitätskern ist. Die Reflexion bleibt eine permanente Möglichkeit des Für-sich als Versuch einer Übernahme von Sein. Was das Für-sich verfehlt, ist das Sich - oder Sich-selbst als An-sich. Es ist außerhalb seiner selbst, und in seinem Innersten ist dieses Für-sich-sein ekstatisch, da es sein Sein woanders suchen muß, im Spiegelnden, wenn es sich zur Spiegelung macht, in der Spiegelung, wenn es sich als Spiegelndes setzt. Aber die Reflexion, die uns das Reflektierte nicht als ein Gegebenes darbietet, sondern als das Sein, das wir zu sein haben, in einer Ununterschiedenheit ohne Gesichtspunkt, ist eine durch sich selbst überflutete Erkenntnis ohne Erklärung. Das Für-sich allein ist der Welt transzendent, es ist das Nichts [rien], durch das es Dinge gibt. Was ich der Welt gegenüber suche ist die Koinzidenz mit einem Für-sich, das ich bin und das Bewusstsein von der Welt ist.

Wir wissen, dass das Für-sich Grund seines eigenen Nichts ist in Gestalt der phantomhaften Dyade (=Dualität): Spiegelung-Spiegelndes. Die Spiegelung kann nur dann gleichzeitig etwas zu Spiegelndes und Nichts sein, wenn sie sich durch eine andere Sache als die Spiegelung qualifizieren lässt oder, wenn man lieber will, wenn sie sich als Beziehung zu einem Draussen, dass sie nicht ist, spiegelt. Das Spiegelnde muss irgendeine Sache spiegeln, damit sich die Gesamtheit nicht im nichts auflöst. Aber wenn die Spiegelung andererseits irgendeine Sache wäre, unabhängig von ihrem Sein-um-sich-zu-spiegeln, müsste sie nicht als Spiegelung, sondern als An-sich qualifiziert werden. Das hieße, die Opazität in das System Spiegelung-Spiegelndes einführen und vor allem die sich abzeichnende Aufspaltung vollenden. Denn im Für-sich ist die Spiegelung auch das Spiegelnde. Aber wenn die Spiegelung qualifiziert ist, trennt sie sich vom Spiegelnden, und ihre Erscheinung trennt sich von ihrer Realität; das Cogito wird unmöglich. Die Spiegelung macht sich nicht das Spiegelnde sein; es handelt sich dabei um ein Sein, das sich in seinem Sein nichtet und das vergeblich versucht, sich mit sich selbst als Sich zu verschmelzen. Das Cogito ist unlösbar an das An-sich-sein gebunden, nicht wie ein Denken an seinen Gegenstand - wodurch das An-sich relativiert würde-, sondern wie ein Mangel an das, was seinen Mangel definiert. Aber dieser Mangel kann durch das unreflektierte Bewusstsein nicht thetisch erfasst und erkannt werden. Die Einheit des Bewusstseins, wie sie sich dem Cogito enthüllt, ist zu tief, als das wir die Spaltung in zwei Ebenen annehmen könnten, ohne dass sie von einer noch tieferen synthetischen Intention übernommen wird, die die eine Ebene auf die andere zurückführt und beide vereinigt.

Die Motivation der Reflexion besteht in einem doppelten gleichzeitigen Bemühen um Objektivierung und Verinnerung. Für sich selbst als das Objekt-an-sich sein in der absoluten Einheit der Verinnerung, das ist das, was das Reflexion-Sein zu sein hat. Die Erkenntnis beginnt mit der Reflexion, aber das Spiel des Spiegelung-Spiegelnden ist nicht ein Subjekt-Objekt-Paar, auch nicht implizit, es hängt in seinem Sein von keinem transzendenten Bewusstsein ab, sondern sein Seinsmodus ist eben gerade, für sich selbst in Frage zu sein. Wie man sieht, liegt der objektivierende Akt in der strikten Fortsetzung der reflexiven Aufspaltung, da diese Aufspaltung durch Vertiefung des Nichts entsteht, das die Spiegelung vom Spiegelnden trennt. Ein Reflektiertes werden heisst für ein Bewusstsein in seinem Sein eine tiefe Modifikation zu erfahren und gerade die Selbständigkeit verlieren, die es als gespiegelt-spiegelnde Totalität besaß. Fassen wir die Reflexion zunächst als ein autonomes Bewusstsein auf, werden wir sie hinterher nie mit dem reflektierten Bewusstsein wieder vereinigen können. Sie werden immer zwei sein und wenn das reflexive Bewusstsein unmöglicherweise Bewusstsein von dem reflektierten Bewusstsein sein könnte, könnte das nur eine externe Verbindung zwischen den beiden Bewusstseinen sein, höchstens könnten wir uns vorstellen, dass die in sich isolierte Reflexion eine Art Bild des reflektierten Bewusstseins besitzt und wir würden in den Idealismus zurückfallen; die reflexive Erkenntnis und besonders das Cogito würden ihre Gewissheit verlieren und dafür nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit erhalten, die im übrigen schlecht definierbar wäre. Die Reflexion kann zwar, wie wir gesehen haben, als eine Quasi-Erkenntnis aufgefasst werden. Aber was sie in jedem Augenblick erfasst, ist nicht der reine Entwurf des Für-sich, wie er sich symbolisch – und oft in verschiedenen Weisen gleichzeitig – durch das von ihr wahrgenommene konkrete Verhalten ausdrückt: es ist das konkrete Verhalten selbst […]. Aber wir haben gesehen, dass die Reflexion das Drama des Seins ist, das für es selbst nicht Gegenstand sein kann. In die Einheit eines präreflexiven Cogito ein diesem Cogito äußeres qualifiziertes Element einführen hieße seine Einheit sprengen, seine Transluzidität zerstören; im Bewusstsein wäre dann etwas, von dem es nicht Bewusstsein wäre und was nicht an sich selbst als Bewusstsein existierte. Es gäbe mehrere andere infolge eines dem reflexiven Scheitern entgegengesetzten Scheiterns. Wenn es mir nämlich in der Reflexion nicht gelingt, mich als Objekt zu erfassen, sondern nur als Quasi-Objekt, so deshalb, weil ich das Objekt bin, das ich erfassen will; ich habe das Nichts zu sein, das mich von mir trennt: ich kann weder meiner Selbstheit entgehen, noch mir selbst gegenüber einen Gesichtspunkt einnehmen; so gelingt es mir weder, mich als Sein zu realisieren, noch, mich in der Form "Es gibt" zu erfassen, die Zurückgewinnung scheitert, weil der Zurückgewinnende sich selbst das Zurückgewonnene ist.

Dagegen ist im Fall des Für-Andere-seins die Spaltung weiter getrieben, das gespiegelte (Spiegelung-Spiegelndes) unterscheidet sich radikal vom dem spiegelnden (Spiegelung-Spiegelnden) und kann gerade dadurch Objekt für dieses sein. Aber diesmal scheitert die Zurückgewinnung, weil das Zurückgewonnene das Zurückgewinnende nicht ist. Alles geschieht so, als ob meine Selbstheit gegenüber der des Anderen durch eine Totalität hervorgebracht und aufrechterhalten würde, die ihre eigene Nichtung zum Äußersten triebe; das Sein für Andere scheint die Verlängerung der reinen reflexiven Spaltung zu sein. In diesem Sinn geschieht alles so, als ob die anderen und ich selbst die vergebliche Anstrengung einer Für-sich-Totalität markierten, sich wiederzuerfassen und das zu umschließen, was sie ganz einfach nach dem Modus des An-sich zu sein hat; diese Anstrengung, sich als Objekt wiederzuerfassen, würde hier, bis zur Grenze getrieben, das heißt weit über die reflexive Spaltung hinaus, das umgekehrte Ergebnis als der Zweck haben, auf den hin sich diese Totalität entwerfen würde: durch ihre Anstrengung Bewusstsein von sich zu sein, würde sich die Für-sich-Totalität gegenüber dem Sich als Sich-Bewusstsein konstituieren, das nicht das Sich zu sein hat, von dem es Bewusstsein ist; und umgekehrt müßte das Objekt-Sich, um sein zu können, sich als durch und für ein Bewusstsein geseint erfahren, das nicht zu sein es die Aufgabe hat, wenn es sein will. So entstände das Schisma (d.h. Spaltung) des Für-Andere, und diese dichotomische Teilung würde sich bis ins Unendliche wiederholen, um die Bewustseine als Splitter einer radikalen Explosion zu zu konstituieren. Die konstitutive Negation des Für-andere-seins ist also eine interne Negation, eine Nichtung, die das Für-sich zu sein hat, ganz so wie die reflexive Nichtung. Aber hier greift die Spaltung die Negation selbst an: es ist nicht mehr nur die Negation, die das Sein in gespiegeltes und spiegelndes verdoppelt und dann wiederum das Paar Gespiegeltes-Spiegelndes in gespiegeltes und spiegelndes. Sondern die Negation verdoppelt sich in zwei interne und umgekehrte Negationen, deren jede Interioritätsnegation ist, die jedoch durch ein unfassbares Exterioritäts-Nichts voneinander getrennt sind. Indem jede von ihnen sich darin erschöpft, an einem Für-sich zu negieren, dass es die andere sei und ganz engagiert ist in dieses Sein, das sie zu sein hat, verfügt sie nicht mehr über sich selbst, um an sich zu negieren, dass sie die umgekehrte Negation ist.

Hier erscheint pötzlich das Gegebene und zwar nicht als Ergebnis einer Identität von An-sich-sein, sondern als eine Art Exterioritätsphantom, das beide Negationen nicht zu sein haben und das sie dennoch trennt. So würde die Totalität, die nicht das ist, was sie ist, indem sie das ist, was sie nicht ist, durch eine radikale Anstrengung, sich von sich loszureißen, überall ihr Sein als ein Woanders hervorbringen: das Flackern des An-sich-seins einer zerbrochenen Totalität, immer woanders, immer auf Distanz, nie in sich selbst, immer jedoch am Sein gehalten, durch das fortwährende Zerspringen dieser Totalität, das wäre das Sein der anderen und meiner selbst als anderen. Aber gleichzeitig mit meiner Negation meiner selbst negiert der Andere andererseits an sich, daß er Ich sei. Diese beiden Negationen sind für das Für-Andere-sein gleich unentbehrlich und können durch keine Synthese vereinigt werden. Nicht etwa, weil ein Exterioriäts-Nichts sie ursprünglich getrennt hätte, sondern vielmehr, weil das An-sich jede durch Bezug auf die andere wiedererfassen würde, einfach weil jede die andere nicht ist, ohne sie nicht zu sein zu haben. Aber es ist evident, dass die reflexive Spaltung schlechthin ihre Grundlage in einem Entwurf hat, der tiefer ist als sie selbst [...]. Es wäre abwegig, sich vorzustellen, das Bewusstsein könnte ohne Gegebenes existieren: es wäre dann Bewusstsein von sich selbst als Bewusstsein von nichts, das heißt das absolute Nichts. Aber wenn das Bewusstsein vom Gegebenen her existiert, bedeutet das keineswegs, dass das Gegebene es bedingt: es ist schlicht und einfach Negation des Gegebenen, es existiert als Degagement von einem bestimmten existierenden Gegebenen und als Engagement auf einen bestimmten, noch nicht existierenden Zweck hin. Diese Notwendigkeit für das Gegebene, nur im Rahmen einer es enthüllenden Nichtung zu erscheinen, ist eins mit der internen Negation [...]. Außerdem aber kann diese interne Negation nur für ein Sein Tatsache sein, das in ständigem Abstand gegenüber sich selbst ist. [...]

Damit das reflektierte Bewusstsein von außen gesehen würde und damit die Reflexion sich ihm gegenüber orientieren könnte, dürfte das Reflexive nicht das Reflektierte sein nach dem Modus von nicht das sein, was es nicht ist: diese Spaltung wird nur in der Existenz für Andere realisiert. Erkennen heißt zu anderem sich machen. Nun kann sich aber gerade das Reflexive nicht völlig zu anderem als das Reflektierte machen, da es ist, um das Reflektierte zu sein. Es löst sich also nicht vollständig vom Reflektierten ab und kann es nicht von einem Gesichtspunkt aus umfassen. Seine Erkenntnis ist totalitär, es ist eine blitzartige Intuition und ohne Relief, ohne Ausgangs- und Ankunftspunkt. Die reflexive Einstellung wird korrekt durch jenen bekannten Ausspruch von Rimbaud (im Lettre du voyant) wiedergegeben: Ich ist ein anderer (Je est un autre). Der Zusammenhang beweist, dass er einfach hat sagen wollen, die Bewusstseinsspontanietät könne nicht aus dem Ich hervorgehen; sie geht auf das Ich zu, sie trifft es, sie lässt es unter seiner klaren Dichte ahnen, aber sie erweist sich vor allem als inviduierte und unpersönliche Spontaneität. Die reflexive Spaltung entspricht einer vergeblichen Anstrengung, einen Gesichtspunkt gegenüber der Nichtung einzunehmen, die das Für-sich zu sein hat, damit diese Nichtung als einfach gegebenes Phänomen Nichtung sei, die ist. Gleichzeitig will aber die Reflexion dieses Losreißen, das sie als bloße Gegebenheit zu betrachten versucht, wiedergewinnen, indem sie von sich behauptet, dass sie diese Nichtung ist, die ist. Der Widerspruch ist flagrant (offenkundig): um meine Transzendenz erfassen zu können, müsste ich sie transzendieren. Aber meine eigene Transzendenz kann ja nur transzendieren, ich bin sie, ich kann mich ihrer nicht bedienen, um sie als transzendierte Transzendenz zu konstituieren: ich bin verurteilt, fortwährend meine eigene Nichtung zu sein. Ziel und Zweck der Nichtung, die ich bin, ist also das An-sich. Das Für-Andere-sein kann nur sein, wenn es geseint wird von einer Totalität, die untergeht, damit es auftaucht, was uns dazu führen würde, die Existenz und die Passion des Geistes zu postulieren. Andererseits kann aber dieses Für-Andere-sein nur existieren, wenn es ein unerfassbares Exterioritäts-Nicht-sein enthält, das von keiner Totalität, auch nicht vom Geist hervorgebracht oder begründet werden kann. Der tiefe Sinn des Determinismus besteht darin, in uns eine lückenlose Kontinuität von Existenz an sich herzustellen. Einerseits kann die Existenz einer Bewusstseinepluralität kein primäres Faktum sein und sie verweist uns auf ein ursprüngliches Sich-Losreißen von sich, das das Faktum des Geistes sein würde; so erhielte die metaphysische Frage: "Warum gibt es mehrere Bewusstseine?" eine Antwort. Aber andererseits scheint die Faktizität dieser Pluralität unreduzierbar zu sein und wenn man den Geist vom Faktum der Pluralität aus betrachtet, schwindet er; die metaphysische Frage hat keinen Sinn mehr: wir sind auf die fundamentale Kontingenz gestoßen und können nur mit "es ist so" antworten. Wir haben uns also gefragt, ob der antinomische Charakter der Totalität an ihm selbst ein Unreduzierbares sei und ob wir den Geist als das Sein setzen müssten, das ist und das nicht ist.

Insofern die menschliche Realität in ihrem ursprünglichen Bezug zu sich nicht das ist, was sie ist, ist ihr Bezug zu sich nicht ursprünglich und kann seinen Sinn nur von einem ersten Bezug erhalten, der Null-Bezug oder Identität ist. Jede Theorie, die den Menschen außerhalb dieses Momentes nimmt, wo er sich selbst erreicht, ist erstens eine Theorie, die die Wahrheit ausstreicht, denn außerhalb dieses cartesianischen Cogito sind alle Objekte nur wahrscheinlich, und eine Lehre der Wahrscheinlichkeit, die nicht an einer Wahrheit festgemacht ist, stürzt ins Nichts ab; um das Wahrscheinliche zu definieren, muss man im Besitz des Wahren sein. Damit es also irgendeine Wahrheit gibt, braucht es eine absolute Wahrheit; sie besteht darin, sich selbst zu begreifen, ohne Vermittlung. Nicht durch Unauthentizität also verliert sich die menschliche Realität in der Welt; sondern In-der-Welt-sein heißt für sie sich radikal in der Welt verlieren durch eben die Enthüllung, die macht, dass es eine Welt gibt, heißt unaufhörliches Verwiesensein von Utensil zu Utensil, ohne auch nur die Möglichkeit eines Wozu, ohne anderen Rückgriff als die reflexive Enthüllung. Aber diese Organisation in Verweisungskomplexen erstarrt selbstverständlich und versteinert zu An-sich, da es sich um An-sich handelt, alle diese stummen und versteinerten Anzeigen, die bei ihrem Auftauchen in die Indifferenz der Isolierung zurückfallen, ähneln einem steinernen Lächeln, den leeren Augen einer Statue. So erscheinen die Abwesenheiten, die hinter den Dingen erscheinen, nicht als durch die Dinge gegenwärtig zu machende Abwesenheiten.

Die Gesamtheit dieser Verweisungen ist bar jeder Bedeutung, aber in dem Sinn, dass es nicht einmal die Möglichkeit gibt, auf dieser Ebene das Problem der Bedeutung zu stellen. Vergeblich würde man uns entgegnen, dass die Kette der Für-was am Für-wen festgemacht ist. Und das Für-wen erscheint ständig hinter den Instrumenten. Aber dieses Für-wen, dessen Konstitution vom Für-was verschieden ist, unterbricht die Kette nicht. Der Strom unseres Bewusstseins konstituiert diese Natur nach und nach, aber sie bleibt immer hinter uns und sucht uns heim als der permanente Gegenstand unseres retrospektiven Verstehens. Insofern diese Natur eine Forderung ist, ohne eine Zuflucht zu sein, wird sie als beängstigend erfasst. Das Objekt des Bewusstseins, was es auch sein mag, ist prinzipiell außerhalb des Bewusstseins: es ist transzendent. Wir haben gesehen, dass die menschliche Realität ein Mangel ist und dass es ihr als Für-sich an einer bestimmten Koinzidenz mit sich selbst mangelt. Und das Sein, dessen das Für-sich ermangelt, ist das An-sich. Was das Für-sich verfehlt, ist das Sich – oder Sich-selbst als An-sich. Die menschliche Realität leidet in ihrem Sein, weil sie zum Sein auftaucht als dauernd heimgesucht von einer Totalität, die sie ist, ohne sie sein zu können, da sie gerade das An-sich nicht erreichen könnte, ohne sich als Für-sich zu verlieren. Wir können also unsere These formulieren: das transzendentale Bewusstsein ist eine unpersönliche Spontaneität. Es bestimmt sich jeden Augenblick zur Existenz, ohne dass man sich etwas vor ihm denken könnte. Es kann keine Reflexion geben, wenn sie nicht ganz und gar ein Sein ist, ein Sein, das sein eigenes Nichts zu sein hat. Wenn das Nichts weder außerhalb des Seins noch vom Sein her erfasst werden kann und wenn andererseits, da es Nicht-sein ist, die notwendige Kraft, ‚sich zu nichten‘, nicht aus sich gewinnen kann, woher kommt dann das Nichts? Aber abgesehen von der Schwierigkeit, das Auftauchen des reflexiven Bewusstseins ex nihilo zu erklären, ist es völlig unmöglich, über seine absolute Einheit mit dem reflektierten Bewusstsein Aufschluss zu geben, eine Einheit, die als einzige die Geltungen und die Gewissheit der reflexiven Intuition denkbar macht. Das reflexive Bewusstsein setzt ja das reflektierte Erlebnis in seiner Mangelnatur und lässt zugleich den Wert hervortreten als den unerreichbaren Sinn dessen, was verfehlt wird. Wenn wir [...] von der Dualität als solcher ausgehen und Bewusstsein und Glaube als ein Paar setzen wollen, gelangen wir zu Spinozas idea-ideae und verfehlen das präreflexive Phänomen, das wir untersuchen wollten.

Wir glauben indessen gezeigt zu haben, dass die erste Bedingung jeder Reflexivität ein präreflexives Cogito ist. Das Cogito bietet immer nur das, was man von ihm verlangt. Descartes hatte es auf seinen funktionalen Aspekt hin befragt: "Ich zweifle, ich denke", und da er ohne Leitfaden von diesem funktionalen Aspekt zur existentiellen Dialektik übergehen wollte, verfiel er dem Irrtum des Substantialismus. Durch diesen Fehler belehrt ist Husserl ängstlich auf der Ebene der funktionalen Beschreibung geblieben. Daher ist er niemals über die bloße Beschreibung der Erscheinung als solcher hinausgegangen, hat sich im Cogito eingeschlossen und verdient trotz seinem Abstreiten eher ein Phänomenist als ein Phänomenologe genannt zu werden. [...] Die Reflexion ist mehr Wiedererkennen als Erkennen. Sie impliziert ein vor-reflexives Verständnis dessen, was sie zurückgewinnen will, als ursprüngliche Motivation der Zurückgewinnung. Diese Struktur des Spiegelung-Spiegelnden hat die Philosophen verwirrt, die sie durch einen infiniten Regress erklären wollten, entweder indem sie wie Spinoza eine idea-ideae setzten, die eine idea-ideae-ideae usw. erfordert, oder indem sie wie Hegel die Rűckkehr zu sich als das wahrhaft Unendliche definieren. Aber die Einführung des Unendlichen in das Bewusstsein ist, außer dass es das Phänomen erstarren lässt und verdunkelt, nur eine erklärende Theorie, die ausdrücklich dazu bestimmt ist, das Sein des Bewusstseins auf das des An-sich zu reduzieren. Was wir verlangen - und man versucht nie, es uns zu geben - ist also ein wirklich Unreduzierbares, dessen Unreduzierbarkeit für uns evident wäre und nicht als das Postulat des Psychologen und das Ergebnis seiner Weigerung oder seiner Unfähigkeit, weiterzugehen, dargeboten würde [...]. Und dieses Verlangen entsteht bei uns nicht aus der unaufhörlichen Jagd nach der Ursache, aus diesem infiniten Regress, den man so oft als konstitutiv für die rationale Untersuchung beschrieben hat und der folglich keineswegs für die psychologische Forschung spezifisch wäre, sondern sich in allen Disziplinen und bei allen Problemen wiederfände. Dieses Cogito muss man aufdecken, seine Strukturen müssen erklärt, seine Tragweite und Geltungen bestimmt werden. Das präreflexive Bewusstsein ist Bewusstsein von sich. Und eben diesen Begriff "Sich" muss man untersuchen, denn er definiert das Sein des Bewusstseins selbst.

So sind wir von den Erscheinungen ausgegangen und schrittweise dahingelangt, zwei Seinstypen festzustellen: das An-sich und das Für-sich [...]. Und die Frage nach dem Sein des mit dem An-sich verknüpften Für-sich können wir deshalb stellen, weil wir uns a priori durch ein vorontologisches Verständnis des ens causa sui (d. h. ein Wesen, das die Ursache für sich selbst ist) definieren. Aber nach der Beschreibung des An-sich und des Für-sich erschien es uns schwierig, zwischen beiden eine Verbindung herzustellen, und wir fürchteten, in einen unüberwindlichen Dualismus zu geraten. Zwar konnten wir das Für-sich ein nichts (rien) nennen und erklären, dass es außerhalb des An-sich nichts gibt außer einer Spiegelung dieses nichts, die selbst durch das An-sich polarisiert und definiert ist, insofern sie eben gerade das Nichts (néant) dieses An-sich ist. Trotzdem verfällt Heidegger, auch wenn er die Möglichkeiten eines konkreten Erfassens des Nichts feststellt, nicht dem Irrtum Hegels, er bewahrt dem Nicht-sein nicht ein Sein, auch nicht ein abstraktes Sein: das Nichts ist nicht, es nichtet sich. Es (das Nichts) wird von der Transzendenz getragen und bedingt. Aber hier wie in der griechischen Philosophie stellt sich die Frage: Was nennen wir real, wem schreiben wir Sein zu? Dieses Scheitern erklärt den Hiatus (die Lücke), dem wir im Begriff des Seins und zugleich im Existierenden begegnen. Dennoch müssen wir, da wir uns die Frage nach dem Sein des idealen Sein vom Standpunkt des ens causa sui aus stellen, gerade diesen Gesichtspunkt einnehmen, um die Akkreditierung dieses idealen Sein prüfen zu können. Wenn es unmöglich ist, vom Begriff des An-sich-seins zu dem des Für-sich-seins überzugehen und sie in einer gemeinsamen Gattung zu vereinigen, so deshalb, weil der faktische Übergang vom einen zum anderen und ihre Vereinigung nicht vollzogen werden kann. Hier gibt es einen Übergang, der nicht zustande kommt, einen Kurzschluss. Alles geschieht also so, als wenn sich das An-sich und das Für-sich in bezug auf eine ideale Synthese im Zustand der Desintegration darböten. Nicht dass die Integration jemals stattgefunden hat, sondern gerade im Gegenteil, weil sie immer angezeigt wird und immer unmöglich ist. Wir sagen also, dass sich das betrachtete ideale Sein wie ein geköpfter Begriff ständig in Desintegration befindet. Wenn es sowohl dem Idealismus als auch dem Realismus mißlingt, die Bezüge zu erkären, die diese beiden de jure nicht kommunizierbaren Regionen de facto vereinigen, welche andere Lösung kann man diesem Problem geben? Was ist der Sinn des Seins, insofern es diese beiden radikal getrennten Seinsregionen in sich enthält? Und wieso kann das Sein des Phänomens transphänomenal sein? Es gibt hier also keinerlei substanzielle Form, keinerlei Einheitsprinzip, die hinter den Erscheinungsweisen des Phänomens stünden [...]. Es sieht so aus, als hätten wir uns alle Türen zugeschlagen und uns dazu verurteilt, das transzendente Sein und das Bewußtsein als zwei geschlossene Totalitäten ohne mögliche Kommunikation zu betrachten."

Der Bezug des empirischen Anschauungsvermögens zur Metaphysik des Wesens nach der Erkenntnislehre von Moritz Schlick

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Moritz Schlick [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] " Philosophieren besteht darin, sich durch eine Aufbietung der Intuition in das Objekt selbst zu versetzen.

Die Wissenschaft ist fortwährend bestrebt, alle Erscheinungen durch möglichst wenige allgemeine Gesetze darzustellen; denn eine Erklärung wird natürlich um so vollkommener heissen müssen, je kleiner die Zahl der Elemente ist, auf die sie das zu Erklärende reduziert. Wir brauchen nur darauf zu achten, dass alles Begreifen dadurch von Stufe zu Stufe weiterschreitet, dass zuerst das eine im anderen wiedergefunden wird, dann in jenem wieder ein anderes und so fort. Es gibt dort Fälle, in denen der Weg der Reduktion vorgezeichnet ist, die Aufgabe besteht dann darin, die erklärenden Momente zu finden [...]. Zunächst sei bemerkt, dass zum Erkennen nur die Zurückführung zweier vorher getrennter Erscheinungen aufeinander gefordert wird; es ist also nicht nötig, dass das Erklärende länger bekannt sein müsste als das Erklärte, dass also der Mensch nur dort Erkenntnis errungen habe, wo gleichsam das Gewohnte im Ungewohnten wiedergefunden worden sei. Soviel ist klar: Auf die geschilderte Weise wird die Zahl der Erscheinungen, die durch ein und dasselbe Prinzip erklärt werden immer größer und demnach die Zahl der zur Erklärung der Gesamtheit der Erscheinungen nötigen Prinzipien immer kleiner. So nimmt die Menge des noch nicht Reduzierten, d.h. des erklärenden noch nicht Erklärten, ständig ab. Dies Minimum möglichst klein zu halten, ist also die letzte Aufgabe des Erkennens. Aber bis wohin geht das so weiter und was ist der Erfolg des ganzen Prozesses?

Das Makroverhalten der Natur ist natürlich durch die Mikrovorgänge eindeutig bestimmt; kennt man die Mikrogesetze, so kann man daraus die für endliche Entfernungen geltenden Abhängigkeiten rein rechnerisch ermitteln, es geschieht durch die mathematische Operation der Integration. Da der direkten Beobachtung nur das Makroverhalten zugänglich ist, so können die zugrunde liegenden Mikrogesetze immer nur aus jenen erschlossen werden, und daß Schlussverfahren ist dabei streng genommen niemals zwingend und eindeutig, da man den beobachteten Makroprozessen stets durch verschiedene Annahmen über die dahinter steckenden Mikrogesetze gerecht werden kann. Die in der Natur herrschenden Differentialgesetze (Mikrogesetze) können daher nur aus den Integralgesetzen (Makrogesetzen) gemutmaßt und erschlossen werden [...]. Bei den Makrogesetzen macht sich nun aber der Umstand bemerkbar, dass alles von allem abhängt; man kann daher keine Abhängigkeit rein beobachten, sondern hat überall störende Einflüsse zu berücksichtigen, d.h. Abhängigkeiten von Variablen, welche die zu untersuchende Gesetzmäßigkeit durchkreuzen. Hier muss man zu sogenannten Extrapolationen greifen; d.h. die störenden Einflüsse möglichst klein machen und daraus schließen, wie sich die Abhängigkeit gestalten würde, wenn jene Einflüsse gar nicht da wären.

Während früher die Gebiete der Mechanik, der Optik, der Wärme und der Elektrizität getrennt nebeneinander standen, jedes mit seiner eigenen Gesetzmäßigkeit, kennt der moderne Physiker im Prinzip nur noch die Mechanik und die Elektrodynamik als besondere Teile seiner Disziplinen, auf die alle übrigen bereits reduziert sind; und auch diese beiden lassen ihrerseits schon an manchen Punkten die Möglichkeit einer gegenseitigen Reduktion und Vereinigung nicht ausgeschlossen erscheinen. Es ist das Endziel der exakten Naturwissenschaft, alles Geschehen auf möglichst wenige und möglichst einfache Differentialgesetze zurückzuführen.

Der Entropiesatz ist ein Makrogesetz. Und der Entropiesatz lautet exakt: In einem geschlossenen System kann die Entropie nur zunehmen (im Grenzfall unverändert bleiben)[...]. Aus diesem Satze, dass der Übergang von Wärme sich immer nur in Richtung von der höheren auf die niedere Temperatur vollzieht (und irreversibel ist) kann man weitgehende Schlüsse ziehen. Seine Erklärung, d.h. die Erklärung des "Strebens" der Natur nach Energiezerstreuung oder ihrer "Vorliebe" für Zustände größeren Wärmeausgleichs, hätte die dazu gehörenden Mikrogesetze aufzusuchen. Die Mikrogesetze aber, die sonst in der ganzen Physik bewährt waren, sind lauter Gesetze für reversible Vorgänge: Sie sind von der Art, dass mit ihnen die Umkehrung jedes Naturvorgangs verträglich ist, in ihnen selbst ist kein Grund gegeben, warum irgendein Geschehen sich eher in der einen als in der anderen Richtung abspielen sollte, in ihnen ist also die Irreversibilität nicht enthalten. Wie also kommt sie in das Makroverhalten der Natur hinein? Hier bestehen zwei Möglichkeiten. Die erste ist natürlich die, dass die bis jetzt bekannten Mikrogesetze eben nicht die endgültig wahren sind, sondern nur angenähert gelten und auf andere von gänzlich verschiedener Struktur zurückgeführt werden müssen. Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Grund der Nichtumkehrbarkeit der Naturvorgänge überhaupt nicht in einem Naturgesetz zu suchen, sondern in den Anfangsbedingungen [...]. Der letztere Weg besitzt neben dem rein empirischen Vorzug, dass er die wohl bewährten Mikrogesetze nicht antastet, auch noch allgemeine erkenntnistheoretische und naturphilosophische Vorzüge und ist, wie bereits von L. Boltzmann durch Einführung des Gedankens der "Wahrscheinlichkeit" beschritten worden.

Nach den Ergebnissen der sogleich zu erwähnenden "Quantentheorie" gehorchen die Vorgänge, durch welche die einzelnen Atome elektromagnetische Strahlung aussenden und empfangen, gewissen Wahrscheinlichkeitsregeln, und je besser es gelungen ist, diese Vorgänge in das Innere des Atoms hinein zu verfolgen, um so mehr, scheint es, muss damit gerechnet werden, dass sich das Verhalten nicht weiter, etwa auf dem ontologischen Wege, verständlich machen lässt. Nun wird bekanntlich in der Quantentheorie eine gewisse Formel abgeleitet - es ist die sogenannte Ungenauigkeitsrelation von Heisenberg -, welche lehrt, dass es unmöglich ist, für einen Partikel beide Bestimmungsstücke, Ort und Geschwindigkeit, mit beliebig grosser Genauigkeit anzugeben, sondern je schärfer der Wert der einen Koordinate festgelegt ist, eine desto grössere Ungenauigkeit muss man bei der Angabe der anderen in Kauf nehmen. Prinzipiell könnte also die eine Koordinate mit beliebig grosser Schärfe bestimmt werden, ihre absolut genaue Beobachtung würde aber zur Folge haben, dass wir über die andere Koordinate schlechthin gar nichts mehr sagen können. Die Kausalität als solche, das Bestehen von Gesetzen, aber wird nicht geleugnet; es gibt noch gültige Voraussagen, nur bestehen sie nicht in der Angabe exakter Größenwerte, sondern sie sind von der Form: die Größe X wird in einem Intervall a bis a + Δ a liegen.

Die im Atom im Kern umkreisenden Elektronen gehorchen durchaus nicht den bekannten (Maxwellschen) Differentialgesetzen der Elektrodynamik, sondern vollführen unter der Herrschaft der Quanten die merkwürdigsten instantanen Sprünge: So steht die neue Theorie an bestimmten Stellen mit den alten Gesetzen im Widerspruch. Und dieser Widerspruch ist nicht nur ein Gegensatz von Stetigkeit und Unstetigkeit, sondern er scheint viel tiefer zu liegen. Die bündigste Beschreibung der geschilderten Verhältnisse ist wohl die, dass man sagt, der Gültigkeitsbereich der üblichen Raum-Zeitbegriffe sei auf das makroskopisch Beobachtbare beschränkt, auf atomare Dimensionen seien sie nicht anwendbar. Die Quantenphysik lehrt unerbittlich: die exakte Vorausberechnung künftiger Ereignisse in allen Einzelheiten ist prinzipiell unmöglich. Sie setzt also der Erkennbarkeit der Natur eine unübersteigbare Grenze. Auch sie (die Unbestimmtheitsrelationen der Quantentheorie) sagen etwas über das objektive Verhalten der Natur, sie sind nicht der Ausdruck einer subjektiven Beschränktheit des Beobachters, einer Begrenztheit der Erkenntnisfähigkeit des Menschen, die für andere Wesen, etwa dem maxwellschen Dämon nicht zu existieren braucht.

Schreibt man dergestalt den elementaren, nicht mehr weiter reduzierbaren Mikrogesetzen (der Quantentheorie) statistisches Wesen zu, so wäre damit die theoretische Grundlage des klassischen Weltbildes gänzlich aufgehoben, es wäre auf restlose Erkennbarkeit der Natur grundsätzlich verzichtet, weil eine eindeutige Zuordnung unserer Begriffe zum Geschehen bei den Elementarvorgängen nicht mehr möglich wäre. Es ließe sich für das Geschehen prinzipiell niemals ein zureichender Grund angeben. Und dies würde auch für das Makrogeschehen gelten, denn es setzt sich ja aus Mikrovorgängen zusammen [...]. Nach allem diesen ist klar, dass der Naturforscher oder der Philosoph sich nur im äußersten Notfall zur Annahme rein statistischer Mikrogesetze entschließen kann, denn die Tragweite einer solchen Annahme wäre ungeheuer: Das Kausalprinzip wäre aufgehoben, es würde nur eine angenäherte Geltung für Makrovorgänge noch behalten, das feinste Geschehen aber wäre dem Zufall unterworfen [...]. Mit anderen Worten: Nicht bloß das Ontologische, sondern auch das Nomothetische, nicht nur das Sein, sondern auch das Geschehen wäre nicht mehr streng determiniert [...].

In dem Vortrage "Die Stellung der neueren Physik zur mechanischen Naturanschauung" (von Max Planck) wird mit den Grundgedanken der Relativitätstheorie, als deren unausweichliche Konsequenz die Unmöglichkeit geschildert, alle Naturerscheinungen rein mechanisch zu erklären, und damit von neuem gezeigt, dass das einheitliche Weltbild der künftigen Physik notwendig viel abstrakter sein muss, als die am Anschaulichen haftenden früheren und naiveren Versuche der Welterklärung sich träumen liessen. Die Natur offenbart sich zwar, aber nur, wo sie will, ansonsten stehen wir ihr machtlos gegenüber. Es ist klar, dass die alte newtonsche Dynamik nur eine erste Näherung an die neue Mechanik bedeuten kann, denn die letztere fordert ja im Gegensatz zur ersteren, dass zum Beispiel an einem Körper Zentrifugalbeschleunigungen auftreten müssen, wenn grosse Massen um ihn herum rotieren, und der Widerspruch der neuen gegen die klassische Mechanik tritt in diesen besonderen Fällen nur deshalb nicht zutage, weil jene Kräfte auch für die größten bei einem Experiment verwendbaren Massen noch so klein sind, dass sie sich der Beobachtung entziehen.

Ungeheure Fruchtbarkeit hat die Quantentheorie in Verbindung mit der Elektronentheorie gezeigt, auf welche sie durch Niels Bohr übertragen wurde. Für sie (die Elektronentheorie) ist das Universum ein grenzenloses Vektorfeld von gänzlich unanschaulichen Größen, die widerspruchslos gedacht werden können, aber nicht vorstellbar sind, denn eine elektrische oder magnetische Intensität kann nicht wahrgenommen werden. Dem Physiker ist das Wesen der Elektrizität allein beschlossen in den Gleichungen Maxwells, das Wesen der Gravitation in den Gleichungen Einsteins; er denkt nicht daran, es schauen zu wollen. So läßt, um dies an einem Beispiele zu erläutern, die frühere Einteilung der Physik in Mechanik, Akustik, Optik, Wärmelehre usw. mit aller Deutlichkeit die Beziehung zu den menschlichen Sinnen erkennen, in der sie ihren Grund hat; die Mechanik behandelt hauptsächtich das Tastbare, die Wärmelehre entspricht dem Temperatursinn, die Akustik dem Gehör, die Optik dem Gesicht. In der modernen theoretischen Physik dagegen ist die Akustik gänzlich in der Mechanik, die Optik gänzlich in der Elektrodynamik aufgegangen und die beiden Disziplinen haben damit jede wesentliche Beziehung zu Ohr und Auge verloren, die Erkenntnis scheint dadurch tiefer in die betreffenden Wirklichkeitsgebiete eingedrungen zu sein und sie von der sinnlichen Anschauung mit ihren Zufälligkeiten gelöst, die Welt der Objekte in größerer Unabhängigkeit von einem erfassenden Bewußtsein dargestellt zu haben.

Die Quantentheorie einerseits und die "klassische" Theorie andererseits stellen offenbar zwei verschiedene Seiten des Naturgeschehens dar und beide bis zu einer bestimmten Grenze mit großer Vollkommenheit und Exaktheit. Diese beiden Seiten zu vereinen, ist wohl die vornehmste Aufgabe der gegenwärtigen Physik, und nur auf dem Wege empirischer Forschung kann sie gelöst werden; ohne deren Hilfe vermag auch der Naturphilosoph hier nicht weiter zu schauen. Zurzeit hat es den Anschein, dass es ganz neuer Denkmittel bedürfe, um die Schwierigkeit zu überwinden; so könnte möglicherweise eine noch tiefer gehende Modifikation der Begriffe von Raum und Zeit die Lösung bringen.

Die Physik hatte sich genötigt gesehen, als letzte Elemente der Wirklichkeit gänzlich unanschauliche Größen einzuführen, der erkenntnistheoretisch orientierte Naturphilosoph muss noch den weiteren Schritt machen, dass er das physikalische Naturbild nicht nur hinsichtlich seines Inhaltes oder Materials, sondern auch hinsichtlich seiner räumlichen und zeitlichen Form als ein durchaus unanschauliches Gebilde anerkennt, das aus abstrakten Begriffen aufgebaut ist, und vom dem irgendwelche anschaulichen Eigenschaften nicht sinnvoll ausgesagt werden können. Da es aber nicht geglückt ist, solche angeblich notwendigen, von jeder Erfahrung unabhängigen Axiome einwandfrei anzugeben, so kann dieser Versuch als gescheitert betrachtet werden. Deshalb habe ich schon vor einigen Jahren die Frage aufgeworfen, welche Natururteile denn ein moderner Apriorismus angesichts der gegenwärtigen Physik noch als schlechthin unumgängliche Voraussetzungen aller Wissenschaft, unabhängig von allen möglichen Beobachtungen, hinstellen könnte.

Das, was den eigentlichen Inhalt eines Naturgesetzes bildet, wird durch den Umstand ausgedrückt, dass zu bestimmten grammatischen Regeln (z.B. einer Geometrie), ganz bestimmte Sätze als wahre Beschreibungen in der Wirklichkeit gehören [...]. Es ist ja bekannt, dass wesensverschiedene Erscheinungen doch denselben formalen Gesetzen gehorchen; eine und dieselbe Gleichung stellt die eine oder die andere Naturerscheinung dar, je nach dem man den in ihr auftretenden Größen die eine oder die andere physikalische Bedeutung gibt. Der Wunsch, in den Ausdruck der Naturgesetze nur physikalisch Beobachtbares aufzunehmen, führt mithin zu der Forderung, dass die Gleichungen der Physik ihre Form bei jener ganz beliebigen Transformation nicht ändern, dass sie also für beliebige Raum-Zeit-Koordinaten gelten, mithin, mathematisch ausgedrückt, allen Substitutionen gegenüber kovariant sind. So sehen wir, dass alle echten Aussagen, z. B. Naturgesetze, stets etwas Objektives, gegenüber den Darstellungsweisen invariantes sind, sie hängen in keiner Weise von irgendwelchen (willkürlichen) Konventionen ab. Solche Invarianten treten nun immer an belebten Körpern auf und bestimmen ihre charakteristische Eigenart, alle organische Zweckmäßigkeit besteht eben darin, dass eine gewisse Gesetzmäßigkeit aller Teilvorgänge durch diese Invarianten ausgedrückt werden kann. Wir sehen ferner, worin die eigentliche Schwierigkeit aller Erklärung und Gewinnung letzter Erkenntnisse besteht: ein Minimum von Erklärungsprinzipien zu verwenden und doch mit Hilfe dieser geringen Anzahl jede einzelne Erscheinung in der Welt ganz vollständig zu bestimmen.

Kenne man das elementare Gesetz des Wirkens der Teile, so könne man alles voraussagen, was sich an dem System abspielen wird, das Verhalten des Ganzen sei aus dem der Teile ableitbar, wenn man nur die äußeren Sonderbedingungen kenne, unter denen das System steht. Wie aber ein Zeichner, dem ein perspektivisches Bild eines Körpers gegeben ist, daraus alle übrigen Ansichten desselben Körpers rekonstruieren kann, so genügt dem Physiker eine Ausmessung der Natur von einem beliebigen Bezugskörper aus, um daraus die Maße abzuleiten, die sie relativ zu irgendeinem anderen Bezugskörper aufweist; denn er kennt die Gesetzmäßigkeit, die das eine mit dem anderen verbindet. Sofern man sich auf das Beobachtbare beschränkt ist diese Betrachtungsweise stets möglich, bei jedem Organismus so gut wie bei einem unbelebten System, denn es liegt im Wesen der Beobachtung, dass alles Wahrgenommene räumlich und zeitlich bestimmt ist. Aber gerade bei den tiefsten Erkenntnissen, z. B. der theoretischen Physik, hat man in der neuesten Zeit eingesehen, daß man in manchen Punkten auf jede anschauliche Repräsentation verzichten muß, gerade um die Erkenntnis in ihrer ganzen Reinheit zu bewahren. Durch das Begriffssystem der Naturwissenschaften erkennen wir tatsächlich das Wesen der extramentalen Wirklichkeit (extramental = Wirklichkeit unabhängig vom Beobachter). Es versteht sich für uns vorläufig von selbst, dass eine Wechselwirkung zwischen Bewusstseinserlebnissen und extramentalen Vorgängen, also zwischen "Innenwelt" und "Aussenwelt" anzunehmen ist.

Der Kundige weiß, daß Streit herrscht über die Natur der geometrischen Objekte – und selbst wenn dies nicht der Fall wäre, haben wir doch neuerdings gelernt, gerade in den Grundbegriffen der Wissenschaften nach verborgenen, ungeprüften Voraussetzungen zu fahnden und so werden wir nachforschen müssen, ob nicht auch die gewohnte Auffassung der Geometrie als Lehre von den Eigenschaften des Raumes durch gewisse unrechtmäßige Vorstellungen beeinflußt ist, von denen sie gereinigt werden muß. So sehen wir denn: Raum und Zeit sind nur in der Abstraktion von den physischen Dingen und Vorgängen trennbar. Wirklich ist nur die Vereinigung, die Einheit von Raum, Zeit und Dingen; jedes für sich ist ein Abstraktum. Und bei einer Abstraktion muß man sich immer fragen, ob sie auch naturwissenschaftlichen Sinn hat, d. h. ob das durch die Abstraktion Getrennte auch tatsächlich voneinander unabhängig ist. Es ist zur Schlichtung des Realismus-Streites von höchster Wichtigkeit, den Physiker darauf aufmerksam zu machen, daß seine Außenwelt nichts anderes ist als die Natur, die uns auch im täglichen Leben umgibt, nicht aber die transzendente Welt der Metaphysiker. Man findet meist nur den allgemeinen Gedanken ausgesprochen, dass "hinter" der den Wissenschaften zugänglichen Welt eine andere liege, deren Gegenstände uns nicht bloß nicht unmittelbar bekannt, gegeben sind - denn dies gilt von vielen Dingen der "empirischen" Welt auch -, sondern die gegen den Zutritt der Erkenntnis noch auf eine besondere geheimnisvolle Weise abgeschlossen seien. Die Gegenwart ist, so behaupte ich, bereits im Besitz der Mittel, die jeden derartigen Streit im Prinzip unnötig machen; es kommt nur darauf an, sie entschlossen anzuwenden.

Äußerst langsam nähert sich die Begriffsbildung der Einzelwissenschaften ihren letzten Zielen, aber das Erkenntnisstreben des Menschen drängt weiter, und so macht denn, dem Laufe jener voraneilend, die Philosophie es sich zur Aufgabe, Gesichtspunkte zu finden, von welchen aus diese Vielheit der Qualitäten schon jetzt zu einer Einheit verschmolzen scheint; mit anderen Worten: sie sucht die Resultate und Anschauungsweisen zu einer allgemeinen Weltanschauung zusammenzufassen, wozu diese selbst nicht aus eigenen Mitteln imstande ist. So haben der Naturforscher und der Philosoph allen Grund zu dem Vertrauen, dass die Natur nicht in zwei völlig unüberbrückbare Reiche zerfällt, sondern dass es eine und dieselbe Gesetzmäßigkeit ist, die in allen ihren Teilen waltet. Wenn ich sagte, die Gesetze aller Naturerscheinungen müssten schließlich auf physikalische gegründet werden, so gilt das auch von den Lebenserscheinungen.

Naturwissenschaftliche und philosophische Begriffsbildung bilden keinen unversöhnlichen Gegensatz, sondern jene ist auf diese reduzierbar. Es bilden nämlich die Wissenschaften gleichsam ein ineinander geschachteltes System, in welchem die allgemeinere immer die speziellere umschließt und begründet. Wenn man nämlich in einer Spezialwissenschaft irgendeine Erkenntnis gewonnen hat und wenn nun der forschende Geist noch weiter fragt nach den Gründen dieser Gründe, also nach den allgemeineren Wahrheiten, aus denen jene Erkenntnis abgeleitet werden kann, so gelangt er bald an einen Punkt, wo er mit den Mitteln seiner Einzelwissenschaft nicht mehr weiter kommt, sondern von einer allgemeineren umfassenderen Disziplin Aufklärung erhoffen muß. Die Philosophie wird demnach bestimmt als die "allgemeine Wissenschaft", welche die durch die Einzelwissenschaften vermittelten allgemeinen Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen System zu vereinigen hat.

Denn die letzten Grundbegriffe der allgemeinsten Wissenschaften – man denke etwa an den Begriff des Bewusstseins in der Psychologie, an den des Axioms und der Zahl in der Mathematik, an Raum und Zeit in der Physik – gestatten zuletzt nur noch eine philosophische [...] Aufklärung. Wenn Lotze ausruft: "Wir wollen den Weltlauf nicht nur berechnen, sondern auch verstehen"; wenn Taylor formuliert: "Sciences describes, philosophy explains": So soll in allen diesen Aussagen für die Metaphysik eine besondere Erkenntnisart in Anspruch genommen werden, die sich radikal unterscheidet von jener der Wissenschaften und des Alltages [...]. Diese besondere Erkenntnisart der Metaphysik ist die Intuition. Man muß sich hier vor jeder engherzigen, an gewohnte Bilder sich anklammernden Auffassung hüten. Das bedingt nun einen weiteren Unterschied: Der Forscher oder Wahrheitssucher im täglichen Leben hat es mit der Aufstellung wahrer Sätze zu tun, der Philosoph hat es mit der Klärung von Sätzen (Fragen) zu tun. Die Methode der (empirischen) Wissenschaften ist die Beobachtung, das Experiment, verbunden mit Berechnungen, Überlegungen; durch diese Sätze gelangt man zu wahren Sätzen über die Wirklichkeit. Diese wissenschaftliche Erkenntnis wird im Gegensatz zur intuitiven, die diskursive Erkenntnis genannt. Die Methode des Philosophen ist die Besinnung, der Philosoph sieht sich die bereits vorliegenden (empirischen) Sätze, Beobachtungen an und macht sich klar, was sie bedeuten. In der Wissenschaft sind wir auf Erkenntnis, in der Philosophie auf Verständnis gerichtet, in der Wissenschaft auf Wahrheit, in der Philosophie auf den Sinn. Durch die Philosophie werden Sätze geklärt, durch die Wissenschaften verifiziert.

Der Sinn einer physikalischen Aussage wird niemals durch eine vereinzelte Verifikation bestimmt, sondern man muss sie sich von der Form denken: Sind die Umstände X gegeben, so treten die Gegebenheiten Y auf, wo für X unbestimmt viele Umstände eingesetzt werden können und der Satz jedes Mal richtig bleibt. Streng genommen wird der Sinn eines Satzes über physikalische Gegenstände nur durch die Angabe unbestimmt vieler möglicher Verifikationen erschöpft, und die Folge davon ist, dass ein solcher Satz letzten Endes niemals als absolut wahr erwiesen werden kann. So liegt der Sinn jeder physikalischen Aussage immer in einer endlosen Verkettung von Gegebenheiten [...]. Der Versuch der Anwendung einzelwissenschaftlicher Methoden auf das Erkenntnisproblem müsste zu einem sinnlosen unendlichen Regress führen [...]. Nur zu bekannt ist ja der Einwand Hegels, wonach das Unternehmen einer Theorie der Erkenntnis unmöglich und sich selbst widersprechend sein soll, weil wir die Prüfung unseres Denkens selbst nur mittels unseres eigenen Denkens vornehmen können, desselben, welches erst geprüft werden soll, sodass man sich dabei in einem Kreise bewegt [...].

Es gibt also ein Reich der reinen Qualitäten, das der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung fremd ist; und die Erkundung dieses Reiches, das Erforschen der qualitativen Beziehungen, das Aussprechen alles dessen, was über die Qualitäten überhaupt gesagt werden kann, das ist, behaupten wir, die Aufgabe der Philosophie und nur der Philosophie. Sie ist die Lehre von den Qualitäten. Sie und die Lehre von den Quantitäten, die Mathematik, teilen sich in die Erkenntnis der Wirklichkeit. Die modernste Geometrie hat das Bestreben, die Anschauung zu keinem einzigen Schritt zu benutzen, und sie hat gezeigt, dass dies wenigstens prinzipiell möglich ist. Und die modernste Geometrie benutzt wiederum nur drei Begriffe: die des Punktes, der Geraden und der Ebene, um damit sämtliche nur denkbaren Sätze und Wahrheiten über räumliche Verhältnisse, eben alle geometrischen Wahrheiten, auszudrücken. Es wird eine Reihe von Axiomen an die Spitze gestellt, und auf ihnen wird durch blosse immer weiter und weiter ausgedehnte syllogistische Verknüpfung das ganze Gebäude der Geometrie errichtet. Die erstaunliche Sicherheit, die dieser logische Zusammenhang den Urteilen gibt, ist ja allgemein ein Gegenstand grösster Bewunderung. Wir sehen also: der streng deduktive Aufbau einer wissenschaftlichen Theorie, wie er etwa in der Mathematik uns vorliegt, hat mit dem anschaulichen Bilde, das wir uns von den Grundbegriffen machen, gar nichts zu tun. Denn es kann eben nicht gelingen, ohne die Anwendung der einzigen Methode, die das rein Begriffliche der Geometrie vom Psychologisch-Anschaulichen zu trennen ermöglicht, das ist die Methode der impliziten Definition, die erst in der modernen Mathematik ausgebildet wurde. Die Mathematik bietet ja die glänzendsten Beispiele absolut sicherer und allgemeingültiger Erkenntnis dar und es ist deshalb einleuchtend, dass gerade mit der Erforschung dieser Erkenntnisart die Hauptarbeit der Erkenntnistheorie überhaupt geleistet wird.

Da schien es nun unerträglich, dass die letzten Prinzipien, die allen Beweisen zu Grunde liegenden und deshalb selbst nicht beweisbaren Axiome der Geometrie, den Grund ihrer Gültigkeit doch wiederum allein der Anschauung verdanken sollten, derselben Anschauung, die man aus der Beweisführung auszuschalten trachtete, weil ihre Zuverlässigkeit verdächtig war [...]. Vielleicht drücken die Sätze der Analysis situs wirklich dasjenige aus, was in der unserem Geiste eingepflanzten Raumanschauung enthalten ist. Wenn wir aber die Sätze aussprechen, so sehen wir auch da, das wir der Anschauung dazu nicht bedürfen. Alles Denken hebt an mit der Erfahrung, aber daraus folgt nicht, dass es auf der Erfahrung beruht, aus ihr stammt. So wird alles Zurückgehen auf psychologische Tatsachen, vor allem Wahrnehmung, verurteilt, da ja Tatsachen nicht etwa gegeben, sondern Ziele des unendlichen Erkenntnisprozesses sind [...]. Die Gegenstände der Erkenntnis müssen widerspruchslos denkbar sein, d. h. sich durch Begriffe eindeutig bezeichnen lassen, aber sie brauchen nicht anschaulich vorstellbar zu sein.

Für Kant sind die Gegenstände der anschaulichen Welt "Erscheinungen", das heisst Vorstellungen, das heisst Bewusstseinsinhalte. Zu jeder Erscheinung gehört dreierlei: 1. das Erscheinende [...]; 2. derjenige, dem es erscheint, das Ich oder Subjekt; 3. die Erscheinung, das Objekt oder die Natur, die wahrnehmbare, sichtbare Welt. Es entsteht nun die Frage, wie das Subjekt in die Welt der Erscheinungen, zu der es ja auch gehört, einzuordnen ist. Kant hilft sich auf eine böse Weise, indem er sagt, das Ich, mit all seinen Sinnen, Gefühlen, ist auch nur Erscheinung von irgend etwas Unbekannten! Die Eleaten sind in der Geschichte der Philosophie die ersten, die den Gegensatz zwischen Schein und Wirklichkeit zu einem philosophischen Prinzip erhoben haben und aussprachen, dass das wahre Sein von dem, was wir wahrnehmen, gänzlich verschieden sei. Diese unmittelbar gegebenen Daten sind die einzige uns bekannte Wirklichkeit; aber ganz falsch wäre es daraus zu folgern, dass sie deswegen auch das einzig Wirkliche oder auch nur das einzig erkannte, erkennbare, bezeichenbare Wirkliche sein müssten. Das Wesen ist die echte, die Erscheinung eine sekundäre Art der Realität. Der Begriff des Phänomens setzt etwas voraus, das selbst nicht Phänomen ist, sondern eben mehr als Erscheinung. Als die höhere, bedeutsamere, wertvollere Wirklichkeit gilt dann immer die fernere, schwerer zu erreichende, also in unserem Fall diejenige des Wesens gegenüber der des Erscheinens. Denn das Fremde, Entfernte weckt eigenartige, stärkere Gefühlsbetonungen als das Nahe, Alltägliche, die nur dem Denken erreichbare Realität wird daher für erhabener geschätzt als die unmittelbar und mühelos gegebene, wahrgenommene.

Die Wirklichkeit erhält Form und Gesetz nicht erst durch das Bewusstsein, sondern dieses ist nur ein Ausschnitt aus ihr. Die Vorgänge in meinem Bewußtsein werden nicht nur durch eine transzendente Welt bedingt, deren Erscheinungen sie wären, sondern sie stehen vollkommen gleich wirklich und gleichberechtigt neben jener außerbewußten Welt und bedingen ihrerseits die Vorgänge in ihr, sodaß die Abhängigkeit durchaus gegenseitig ist; und es fehlt jeder Grund, anzunehmen, daß die Wechselbeziehungen zwischen den beiden Reichen anderer Natur wären als die innerhalb eines jeden der beiden bestehenden. Es sind also überhaupt gar nicht zwei Reiche verschiedener Art, sondern nur Teil eines einzigen Wirklichkeitsreiches, von denen der eine zufällig zu unserem Bewußtsein gehört, der andere nicht. Der eine ist anschaulich gegeben, der andere zufällig nicht. Deswegen ist aber der letztere nicht etwa weniger gut erkennbar als der erste - im Gegenteil, die Physik ist bisher unvergleichlich erfolgreicher gewesen als die Psychologie. In der Tat: die introspektive Psychologie kann niemals über das Stadium der qualitativen Erkenntnis hinausgelangen, für sie ist die unendliche Mannigfaltigkeit der psychischen Qualitäten schlechthin unreduzierbar, jede ist den anderen gegenüber etwas Neues und weist keine extensiven Eigenschaften auf. Wir würden unendlich viele Begriffe gebrauchen, um die Mannigfaltigkeit der Erlebnisse vollkommen zu beschreiben, denn da sie unreduzierbar sind, hätten wir für jedes einen eigenen Begriff nötig.

Es ist für uns jetzt von besonderer Wichtigkeit, alles auszuschalten, was nicht direkt zur reinen Logik gehört, denn es ist für die Erkenntnislehre durchaus notwendig, das Logische von allem Psychologischen und Erkenntnistheoretischen reinlich zu trennen. Die Überzeugung von der Gültigkeit der Erfahrungssätze ist keine absolute, weil die Gesamtursache einer Wirkung dem Bewusstsein niemals vollständig gegeben ist. Darin spricht sich aus, dass die Geltung der empirischen Erkenntnisse nur eine wahrscheinliche ist; praktisch verbürgt ist das Vorhandensein eines Teiles der Umstände, welche die Bedingungen einer bestimmten Wirkung ausmachen; über den anderen Teil ist nichts bekannt. So wie das Schachspiel nicht mechanisch begründet werden kann, wenn es auch aus mechanischen Bewegungen besteht, so kann die Logik nicht auf Psychologie gegründet werden. Die psychologische Betrachtung des Denkens hat mit deren logischer Betrachtung gar nichts zu tun, es wurden Betrachtungen über die Definitionen der Logik und deren Verhältnis zur Philosophie und Psychologie vermengt mit der Methodenlehre der Wissenschaften, was u. a. zu terminologischen Missbräuchen geführt hat [...]. Das Bewusstseinsleben ist also nur insofern vollkommen erkennbar, als es gelingt, die introspektive Psychologie in eine physiologische, naturwissenschaftliche, in letzter Linie in eine Physik der Gehirnvorgänge, überzuführen. Er (der Erkenntnistheoretiker) fragt nach den allgemeinen Gründen, durch welche gültiges Erkennen überhaupt möglich wird; und diese Frage ist offenbar prinzipiell verschieden von derjenigen nach der Natur der psychologischen Prozesse, in welchem irgendwelche Erkenntnisse sich in diesem oder jenen Individuum zeitlich entwickeln. Die Anschaulichkeit der psychologischen Gegenstände nützt eben nichts für ihre Erkenntnis, sondern es kommt allein auf die Möglichkeit der begrifflichen Verarbeitung und Ordnung an. Was erfordert wird, ist allein die eindeutige Zuordnung; im übrigen kann im physischen Zeichensystem getrennt sein, was in der psychischen Wirklichkeit zusammengehört; und umgekehrt: was in der Welt der Qualitäten vereint ist, kann in der begrifflichen Darstellung ganz und gar auseinandertreten.

Während die Gesetze des Vorstellens Tatsachen sind, die wir durch die Erfahrung kennenlernen, gelangen wir zu den Regeln des zuordnenden Denkens nicht durch Erfahrung, sondern durch Festsetzung. Aber selbst wenn man den inneren Vorgängen absichtlich die angestrengteste Aufmerksamkeit zuwendet, gelingt es nicht, sich alle verschiedenen Phasen einer Handlung deutlich vor das innere Auge zu stellen. Sie sind von Natur aus rein qualitativ und deshalb nicht durch reine Quantitäten darstellbar. Die eindeutige Bezeichnung der Welt ist eben durch beliebig viele verschiedene Begriffssysteme möglich, und was in dem einen als unzerlegbares Element auftritt, wird in dem anderen durch eine verschlungene Kombination von Begriffen dargestellt. Man könnte zwar, wie wir sahen, eine zahlenmäßige Behandlungsweise einführen, durch Zuordnung von Zahlen zu Intensitäten, von den unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten, die sich einer Verallgemeinerung der psychischen Maßmethoden über das Gebiet der Sinnesempfindungen hinaus entgegenstellen würden, sehen wir bei diesen prinzipiellen Erörterungen ab, aber damit wäre nur eine besondere Bezeichnungsweise gegeben, im Prinzip nichts gewonnen; die verschiedenen Qualitäten ständen sich in ihrer Einfachheit nach wie vor unreduzierbar gegenüber, von der bloßen Zuordnung zur quantitativen Reduktion gäbe es keinen Übergang. Nur die quantitative, also letzten Endes additive Zurückführung von Grössen aufeinander gestattet, die einen in den anderen unverändert wiederzufinden, nämlich als Teile im Ganzen, als Summanden in der Summe. Der Eliminationsprozess der Qualitäten ist der Kern aller Erkenntnisfortschritte der erklärenden Wissenschaften.

Den Grundfehler, welcher den Anlass zur Leib-Seele-Frage mit all ihren Fallstricken gab, haben wir erkannt: er lag darin, dass das Physische als etwas Wirkliches betrachtet wurde, das anschaulich räumliche Ausdehnung besitzt. Das Wirkliche kann uns nimmermehr durch Erkenntnisse irgendwelcher Art gegeben werden. Es ist vor aller Erkenntnis da. Die Kenntnis des Wesens der Wirklichkeit wird nicht erreicht durch das Erkennen der Wirklichkeit. Sie muß diesem, wo sie überhaupt möglich ist, vorausgehen, weil das zu Bezeichnende früher ist als das Bezeichnen.

Ähnliche Gedanken finden sich auch bei Kant, der darauf hinweist, dass "selbst die Beobachtung an sich schon den Zustand des beobachteten Gegenstands alteriert (verändert) und verstellt". Für die Begriffssätze, die analytischen Urteile, gibt es ein derartiges Problem nicht. Das analytische Urteil hat seinen Rechtsgrund in den ein für allemal festgelegten Regeln der Bezeichnung, den Definitionen. Bei ihnen ist der Prozess der Verifikation nicht etwas Neues gegenüber dem Herleitungsprozess, nicht von ihm unabhängig, sondern er ruht logisch und psychologisch auf genau denselben Daten wie dieser, geht in keiner Weise über ihn hinaus in eine fremde Wirklichkeit. Da auch Kant sehr wohl wusste, dass wir von keiner Einzeltatsache der Wirklichkeit anders als durch Erfahrung wissen, so empfand er das ungeheure Paradoxon der "synthetischen Urteile a priori" in seiner ganzen Schwere, das darin liegt, dass wir durch sie über wirkliche Tatsachen, die uns noch nicht in der Erfahrung gegeben sind, dennoch mit absoluter Wahrheit sollen urteilen können. Dennoch, sagt Kant, gibt es unzweifelhaft synthetische Urteile a priori. Z. B. jedes Ereignis hat eine Ursache. Wie man es auch anstellen möge, durch wie viele Urteile man auch die verwendeten Begriffe zu erläutern und zu klären versuche: immer gibt uns unser Erkennen, das ja im Urteilen besteht, nichts als Zeichen, niemals das Bezeichnete. Dieses bleibt ewig jenseits. Und wer vom Erkennen fordert, dass es uns das Wirkliche realiter näher bringen solle, der stellt damit nicht etwa eine zu hohe, sondern eine unsinnige Forderung.

Man strebt bei der Erkenntnis gerne immer nach der sogenannten absoluten Sicherheit und da scheint es nun, dass die diskursive (nicht-intuitive) Erkenntnis als komplizierterer Prozess leichter dem Irrtum ausgesetzt ist. Demgegenüber möchte ich jetzt hervorheben, dass die Anschauung nicht etwa bloß an Genauigkeit dem begrifflichen Beweisen nachsteht, sondern dass wir in manchen Punkten zu absolut falschen Resultaten kämen, wenn wir uns auf sie verließen. Wer sich einmal den wahren Charakter des Erkennens als einer wesentlich vergleichenden, beziehenden, ordnenden Tätigkeit ganz klar gemacht hat, wird nie mehr in Versuchung kommen, den Akt des reinen Schauen für Erkenntnis zu halten und diese mit jenem zu verwechseln. Je mehr man erkennt, umso höher erhebt man sich über die Intuition; je mehr man sich im Schauen verliert, desto weniger Erkenntnis genießt man. Man verlangte blindlings nach Erkenntnis, ohne zu wissen, was eigentlich gefordert war. Man fragte etwa: Kann der Mensch das Unendliche erkennen? oder: Vermögen wir zu erkennen, wie die Wirkung aus der Ursache hervorgeht? [...] Hierher gehört auch die große Frage, die in der Geschichte der Philosophie so viel bedeutet: Vermögen wir die Dinge zu erkennen, wie sie an sich selbst sind, unabhängig davon, wie sie unserer menschlichen Auffassung erscheinen?

Wir haben wiederholt betont, dass die Dinge an sich freilich als unerkennbar angesehen werden müssten, wenn man mit Kant glaubte, dass zur Erkenntnis eines Gegenstandes seine unmittelbare Anschauung notwendig erfordert werde; und jedes Mal haben wir dargetan, dass man dies eben nicht glauben dürfe, weil das Erkennen so nicht definiert werden kann, sondern prinzipiell mit Anschauen nichts zu tun hat. Nach Kant lernen wir nämlich nicht nur durch die Wahrnehmung der äußeren Sinne die Dinge nicht so kennen, wie sie an sich sind, sondern auch die innere Wahrnehmung, durch die uns die Zustände unseres eigenen Bewusstseins gegeben sind, lässt unser Ich nicht so erkennen, wie es an sich ist, vielmehr sind auch unsere Bewusstseinszustände nur Erscheinungen eines uns völlig unbekannten und unerkennbaren (transzendenten) Ich, Erscheinungen, die eben durch den " inneren Sinn" uns dargeboten werden. Wer die Bestimmungen überblickt, die wir bis jetzt über das Wesen der Erkenntnis machen konnten, wird vielleicht von einem Gefühl der Enttäuschung beschlichen. Erkenntnis nichts weiter als ein bloßes Bezeichnen? Bleibt damit der menschliche Geist den Dingen und Vorgängen und Beziehungen, die er erkennen will, nicht ewig fremd und fern? Nun bestand aber die letzte und einzige Möglichkeit allgemeingültiger Wirklichkeitserkenntnis darin, dass das Bewusstsein der Natur ihre Gesetze diktiert. Da diese Möglichkeit entschwunden ist, so sind wir jeder Hoffnung beraubt, im Erkennen des Wirklichen zu absoluter Sicherheit zu gelangen.

Wenn das Erkennen sich selbst erkennen, wenn es über seine eigene Gültigkeit entscheiden soll, so wird es damit zum Wächter über sich selbst gesetzt und man darf mit H. Sidgwick fragen: quis custodiet custodem (lat. Wer bewacht die Wächter?). Die Ordnung der Dinge an sich ist von der anschaulich-räumlichen Ordnung unserer Empfindungen nicht nur numerisch, sondern wesentlich verschieden, die transzendenten Gegenstände können nicht im Anschauungsraum lokalisiert werden. Denn die objektive Ordnung ist nur eine, der Wahrnehmungsräume gibt es mehrere, viele und keiner von ihnen hat unmittelbare Eigenschaften, die ihn zum alleinigen Träger jener Ordnung stempeln. Mithin sind die Dinge an sich Wirklichkeiten, die nicht nur im Bewusstsein, sondern als selbständige Wesen für sich existieren, absolut, nicht einem Subjekt gegeben sind, sondern den Vorstellungen des Subjekts zu Grunde liegen. Die wahre (transzendente) Wirklichkeit sei eben anders beschaffen, ohne Bewegung, Verschiebung, Veränderung oder Wechsel.

Ein unerträglicher Nachteil der Bestimmung der Realität als des Wirkenden schlechthin liegt ferner darin, dass sie jede Verbindung mit dem unmittelbar Gegebenen gänzlich auflöst, von welchem der Begriff doch seinen Ursprung nahm und an welches sie später doch wieder Anschluss suchen muß, um überhaupt Anwendung zu finden. Hier stößt man auf das große Problem der Transzendenz, das heißt auf die Frage, ob und in in welchem Umfang es Realitäten gibt außerhalb oder jenseits des schlechthin Gegebenen, ob also auch solchen Gegenständen, die nicht unmittelbar Gegebenes sind das Zeichen "wirklich" zugeordnet werden darf oder muss. Linke bezeichnet übrigens das Reich des Gegebenen als die phänomenale Sphäre und stellt ihr die Sphäre der Wirklichkeit gegenüber[...]. So treten das im Bewusstsein gegebene und das nicht so gegebene Sein als zwei verschiedene Arten der Realität auseinander: die Dinge können wohl da sein, ohne zu erscheinen, aber die Erscheinungen können nicht da sein ohne Dinge, ihr Sein ist diesen gegenüber ein unselbständiges, abhängiges, sekundäres. Die wesenhaften Realitäten, mag man sie als Dinge oder sonstwie fassen, können sehr wohl vorhanden sein, ohne irgendeinem Subjekt zu erscheinen. So verwandte Külpe das Wort "wirklich" nur für das unmittelbar Gegebene und bezog das Wort "real" nur auf die bewusstseinstranszendente Welt.

Schon der Terminus "das Gegebene" ist ein Anlass zu bösen Missverständnissen. "Geben" bedeutet ja für gewöhnlich eine dreigliedrige Relation: Es setzt erstens jemanden voraus, der gibt, zweitens jemanden dem gegeben wird, und drittens etwas, das gegeben wird. Für den Metaphysiker ist das auch ganz in Ordnung, denn das Gebende ist die transzendente Wirklichkeit, das Empfangende ist das erkennende Bewusstsein, und dieses macht sich das, was ihm gegeben wird, als Inhalt zu eigen. Der Positivist aber will offenbar mit solchen Gedanken von vornherein nichts zu tun haben, das Gegebene soll für ihn nur ein Wort für das aller Einfachste, nicht mehr Fragwürdige sein.

Es ist ein Faktum, dass unser Geist unaufhörlich einem Wechsel, oder, was dasselbe ist, überhaupt ein Geschehen erlebt, denn Geschehen ist Wechsel. Das Beharrliche eines Wechsels nennt man sein Gesetz. Bewusstsein setzt Wechsel voraus, Übergang des einen ins andere; das Bewusstsein (der Geist, die Seele) ist ein Vorgang, ein Prozess. Nicht nur nämlich wird jeder Wechsel, wenn ein solcher in unserem Geiste stattfindet, eo ipso (lat. wie sich von selbst versteht) als besondere Tatsache des Bewusstseins erlebt, sondern man kann vielleicht sogar sagen, der Wechsel selber sei eine conditio sine qua non (lat. unabdingbare Voraussetzung) des Bewusstseins. Und was wir ein Ich oder einen Menschengeist nennen, das ist ebenfalls ein Komplex derselben Elemente, nur ein andersartiger Zusammenhang von ihnen, in anderer Weise beständig und in anderer Weise wechselnd. Damit eine Veränderung erklärt werde, muss das Gesetz bekannt sein, nach dem sie stattfindet. Es genügt nicht, zu wissen, dass jeder Veränderung etwas Beharrliches zugrunde liegt, sondern die Veränderung, der Wechsel selbst muss noch begriffen, erklärt werden, d.h., es muss in ihm selber noch etwas Unveränderliches, Konstantes, Beharrliches, mit sich selbst Identisches aufgedeckt werden. Betrachten wir z. B. einen starren Würfel, so wechselt dessen Form für den Gesichtssinn, je nach dem von welcher Seite und aus welcher Entfernung ich ihn betrachte; die optische Länge seiner Kanten ist verschieden; und doch schreiben wir ihm dieselbe konstante objektive Gestalt zu.

Eine ganzheitliche Beschreibungsweise wird nirgends die einzig mögliche, aber immer dort am Platze, ja oft praktisch allein durchführbar sein, wo gewisse Invarianten auftreten, gewisse Anordnungen oder Kombinationen, die im Wechsel des Geschehens erhalten bleiben, indem sie bestimmte sinnlich auffällige Eigenschaften, wie besonders Raumform und die Art des räumlichen Zusammenhangs der Teile bewahren. Wir sprechen von der Materie und ihren verschiedenen Zuständen, von der Energie und ihren wechselnden Formen, von den Körpern und ihren variablen Eigenschaften und jedesmal liegt der Gedanke eines Konstanten zugrunde, an welchem die Änderungen vor sich gehen, das aber selbst sich nicht mitändert.

Trotz des bunten Wechsels der Vorstellungen, trotz des unerschöpflichen Flusses seiner immer neuen Inhalte hat das Bewusstsein, solange es überhaupt da ist, etwas Unwandelbares: eben seine Einheit [...]. Wie unser Bewusstsein überhaupt nur bestehen kann, wie es überhaupt nur Sinn und Bedeutung hat, wenn die anschaulichen Vorstellungen wenigstens für gewisse Zeit identisch dieselben bleiben, wenn die Kontinuität nicht unterbrochen wird, so hat es auch nur dann Sinn von einem (einheitlichen) Bewusstsein zu reden, wenn auch die Gesetzmäßigkeit des Bewusstseins Kontinuität aufweist. Er (Kant) sagt: "Ohne Bewusstsein, dass das, was wir denken, eben dasselbe sei, was wir einen Augenblick zuvor dachten, würde alle Reproduktion in der Reihe der Vorstellungen vergeblich sein. Sie (die Einheit des Bewusstseins) zeigt uns, dass Verschiedenheit der Erlebnisse und Erlebnis der Verschiedenheit, obgleich sie nicht ein und dasselbe sind, doch im Geiste so zusammengehören, dass das eine nicht ohne das andere sein kann. Nach welcher Vorschrift sind also die Sätze auszusuchen, die selbst unverändert bleiben und mit denen alle übrigen in Einklang gebracht werden müssen?

Die Möglichkeit eines solchen absolut unwandelbaren, reinen Zusammenhanges scheint wenigstens an diesem Punkte eine gewisse Zeitlosigkeit des Bewusstseins vorauszusetzen, die eine Stütze abgeben könnte für die bloß subjektive Bedeutung der Zeit, wie sie von Kant verkündet wurde. Sie (die Einheit) ist ursprünglicher als aller Zweifel, ursprünglicher als alles Denken, allen psychischen Prozessen zu Grunde liegend, schlechthin gegeben, eine im Bewusstsein immer erfüllte Voraussetzung. Abschließend können wir es als Ergebnis der Tatsache der Bewusstseinseinheit hinstellen, dass sie in der Tat die Bedenken beseitigt, welche die Flüchtigkeit aller unserer Vorstellungen erwecken kann. Damit ist der radikalen Skepsis der Zutritt zu den letzten psychologischen Fundamenten alles Denkens gewehrt, wo sie sonst großen Schaden hätte anrichten können.

Da für Kant alle Daten des Bewusstseins phänomenalen Charakter tragen, so deutet jedes von ihnen auf ein Sein hin, das da in ihm erscheint und dadurch wird die Annahme nicht gegebener Realitäten auch dort gefordert, wo sonstige Gründe (Regeln der empirischen Forschung) nicht hinführen. Das ist die Kant´sche Lehre vom inneren Sinn, die durch keinerlei Tatsachen gestützt wird, sondern allein durch Trennung von Wesen und Erscheinung sich ergibt. Wir sehen einstweilen, daß es auch Kant nicht gelingt, das Begriffspaar Wesen-Erscheinung in zufriedenstellenderer Weise zu fassen als seine Vorgänger, die sich mit dieser Dualität abmühten. Husserl selbst schreibt (Logische Untersuchungen II-2, Seite 203): "Letztlich hängen all die prinzipiellen Unklarheiten der Kantischen Vernunftkritik damit zusammen, daß ihm der phänomenologische echte Begriff des Apriori gefehlt hat.[...] Es war verhängnisvoll, daß Kant das rein logische Gebiet im engsten Sinne mit der Bemerkung für abgetan hielt, daß es unter dem Prinzip vom Widerspruch stehe."

Alles was da wirklich existiert, ist für uns zu einer bestimmten Zeit. Die sinnliche Körperwelt hat auch bei Kant diejenige volle Realität und Objektivität, mit der sie jedermann in Leben und Wissenschaft gegenübertritt, aber Kant unterscheidet doch ihre Realität als eine empirische von der "absoluten" der Dinge-ansich. Es versteht sich von selbst, dass uns ursprünglich nur die anschaulichen psychologischen Räume und Zeiten gegeben sind, und wir müssen fragen, wie man von ihnen aus zur Konstruktion jener Raum-Zeitmannigfaltigkeit gelangt.

Das Wort Außenwelt wird offenbar in zwei verschiedenen Weisen gebraucht: erstens in der Sprechweise des täglichen Lebens und zweitens als terminus technicus in der Philosophie. Wodurch unterscheidet sich die transzendente oder metaphysische Außenwelt von der empirischen? In den philosophischen Systemen wird sie als irgendwie hinter der empirischen Welt bestehend gedacht, wobei mit dem Worte ”hinter“ auch angedeutet sein soll, daß sie nicht in demselben Sinne erkennbar sei wie die empirische, daß sie sich jenseits einer Grenze befinde, die das Zugängliche von dem Unzugänglichen trennt. Diese Unterscheidung hat ihren Grund ursprünglich in der früher von den meisten Philosophen geteilten Meinung, es sei zur Erkenntnis eines Gegenstandes notwendig, dass er unmittelbar gegeben, direkt erlebt wäre, Erkenntnis sei eine Art von Anschauung und erst dann vollkommen, wenn das Erkannte dem Erkennenden direkt gegenwärtig sei wie eine Empfindung oder ein Gefühl. Für das naive Individuum bilden den Begriff des Wirklichen ohne Frage die Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung. Beides ist für ihn ein- und dasselbe. Aber schon aus der einfachen Überlegung, dass die Vorstellungen untereinander auch verschieden sind, folgt, dass der Begriff nicht die Vorstellung sein kann; es gibt auch verschiedene Möglichkeiten ein- und dasselbe vorzustellen und wir fragen doch gerade nach diesem ein- und dasselbe, dem Begriff, der hinter allen Symbolen der Vorstellungen steht. Die Begriffe sollen vollkommen fest und bestimmt sein, die Vorstellungen sind es nicht und können es nicht sein. Alle Versuche, diesen durchaus eigentümlichen Einheitszusammenhang erkennen zu wollen, d.h. in ihm etwa auch sonst bekannte andere Zusammenhänge wiederzufinden, scheitern unter allen Umständen.

Die Dinge an sich sind ihrer Definition nach nicht Bewußtseinsinhalt und folglich der Anschauung gänzlich entzogen. Die Erscheinung aber, der Inhalt der Wahrnehmung im Gegensatz zum Wesen als Inhalt des Denkens, wird zum Nichtseienden, zum Trug, zur Täuschung. Wir beziehen beide Sphären (Die Dinge an sich und den Bewußtseinsinhalt) wohl auf einander, aber sie scheinen gar nicht miteinander verbunden, die Brücken zwischen ihnen sind abgebrochen. Damit war die Welt in eine "wirkliche" und eine "scheinbare" gespalten: die wechselnde bunte Welt, in der wir leben, war zu einem täuschenden Trugbild erniedrigt, hinter welchem das echte, höhere Sein, unseren Sinnen verborgen, thront. Die Ansicht, dass die Gefahr der Täuschung bei keiner Beobachtung so groß sei wie bei der Selbstbeobachtung, führte z.B. Comte dazu, die Möglichkeit einer vernünftigen Erkenntnis aus der Selbstbetrachtung überhaupt zu leugnen. Nun könnte man ja beim Dualismus stehen bleiben, ihn als unvermeidliches Übel hinnehmen, man kann sagen: es ist eben so, daß Dinge einerseits und Erscheinungen andererseits existieren und in einem nicht weiter aufzuklärenden Verhältnis zueinander stehen. Aber erstens wäre es nicht zufriedenstellend, die zwei Reiche getrennt und unreduzierbar nebeneinander anzunehmen, denn der Wille zur Erkenntnis fordert die Reduktion des einen auf das andere - Erkenntnis ist nichts anderes als eine solche Reduktion und deshalb kann das Denken sich bei einem derartigen Dualismus nicht beruhigen; zweitens aber und das ist entscheidend, stellt sich auch die Kantische Fassung unseres Gegensatzes überhaupt als undurchführbar heraus, weil sie im Rahmen seines Systems an innerem Zwiespalt, an Widersprüchen leidet. Bei jeder erklärenden Erkenntnis liegt also eine Zurückführung des Neuen auf das Alte vor, eine Reduktion, dieses aufeinander-Zurückführen ist eine Verallgemeinerung des Gebrauches der Zeichen. Dass das Wesen des Erkennens restlos in einer derartigen Zurückführung aufgeht, ist von manchen Philosophen eingesehen und zugegeben worden. Aber es fehlt an solchen, die mit dieser Einsicht Ernst gemacht und die letzten Konsequenzen aus ihr gezogen hätten.

Das Zuordnen zweier Gegenstände zueinander, das Beziehen des einen auf den anderen ist in der Tat ein fundamentaler, auf nichts anderes zuruckführbarer Akt des Bewußtseins, ein einfaches Letztes, das nur konstatiert werden kann, eine Grenze und Grundlage, zu der jeder Erkenntnistheoretiker schließlich vordringen muß. Und so einfach und klar dies zu sein scheint, so sind doch die Philosophen in ein hoffnungsloses Labyrinth geraten, sobald sie wirklich die Sätze als Grundlage allen Wissens zu benutzen versuchten. Einige Vexiergänge dieses Labyrinths sind z. B. jene Formulierungen und Folgerungen, die unter den Namen "Evidenz der inneren Wahrnehmung", "Solipsismus", "Instantansolipsismus", "Selbstgewißheit des Bewußtseins" usw. im Mittelpunkt so vieler philosophischer Kämpfe gestanden haben. Die meisten Philosophen zerhauen den hinderlichen gordischen Knoten mit dem Schwerte der "Evidenz". Der Evidenztheoretiker, der triumphierend behauptet, dass man von einer Tatsache doch erst sprechen könne, wenn es evident sei, dass wirklich eine Tatsache vorliegt, kann leicht mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden. Denn das Bestehen von Evidenz wäre ja auch nur schlechthin Tatsache. Im Sinne der Evidenzlehre müsste man dann weiter fragen: Woher weiß ich, dass Evidenz vorliegt? Ist es evident? Und wenn ja, so muss ich wieder forschen: Was versichert mich dessen? Eine Evidenz dritter Ordnung? Und so fort in infinitum.

Es ist eine Trennung zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven. Indem wir uns darüber klar werden, was dieser oft gebrauchte Gegensatz eigentlich bedeutet, begreifen wir auch das Verhältnis des Menschengeistes zum Weltall und wir verstehen, dass es sich da nicht um zwei verschiedene Dinge handelt, sondern um eine harmonische Einheit, die ohne Widerspruch beschrieben werden kann. Ansich gibt es ja in einem abstrakten Satzsystem kein Prius und Posterius. Ich kann hier weder das Resultat der philosophischen Besinnung noch den Weg dahin schildern. Die Frage, ob diese beiden auf einander reduzierbar sind, ob also die psychischen Gesetzmäßigkeiten als spezielle Fälle der physischen Gesetzmäßigkeiten aufgefasst werden können oder umgekehrt, bildet das sogenannte psycho-physische Problem oder Leib-Seele-Problem. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die beiden nebeneinander stehenden Substanzen wieder zu einer höheren Synthese zu vereinigen. Die Geschichte der Philosophie zeigt auch, dass jeder Versuch, so etwas von oben her vorzunehmen, gescheitert ist, d. h. es kann nur durch die Fortsetzung der bisher angewandten Methoden weiterverarbeitet werden.

Aber gerade die besten Köpfe unter den Denkern glaubten selten an unerschütterlich, bleibende Ergebnisse des Philosophierens früherer Zeiten und selbst klassischer Vorbilder, dies erhellt daraus, dass im Grunde jedes neue System wieder ganz von vorn beginnt, dass jeder Denker seinen eigenen festen Boden sucht und sich nicht auf die Schultern seiner Vorgänger stellen mag. Descartes fühlt sich durchaus als einen Anfang; Spinoza glaubt mit der Einführung mathematischer Form die endgültige philosophische Methode gefunden zu haben; und Kant war davon überzeugt, dass auf dem von ihm eingeschlagenen Wege die Philosophie nun endlich den sicheren Gang einer Wissenschaft nehmen würde. Weitere Beispiele sind billig, denn fast alle großen Denker haben eine radikale Reform der Philosophie für notwendig gehalten und selbst versucht. Der Logiker und Erkenntnistheoretiker muss sein Gebäude aufrichten, ohne Rücksicht auf das zu nehmen, was aus der Vergangenheit geblieben ist. Unser ganzes Geistesleben ist darauf eingestellt, den traditionellen Schutt wegzuräumen, sich zur Klarheit, zum richtigen Standpunkt durchzuringen.

Die empirische, sinnliche Anschauung ist nicht imstande, uns die Geltung der Axiome (einer bestimmten Geometrie) zu beweisen. Die induktive Erkenntniserweiterung, die von den Wissenschaften ausgeht, bleibt auch notwendig innerhalb der Wissenschaften, führt niemals zu etwas gänzlichem Neuen und Andersartigen, also niemals zur Metaphysik. Dass das unmittelbare Anschauen für Erkenntnis gilt, darin sind die großen Fehler und Irrtümer der Erkenntnistheorien aller Zeiten gelegen, auch bei Kant. Unser sinnliches Anschauen, so flüchtig es sein mag, steht unter strengen Gesetzen; und diese Gesetzlichkeit, die sich offenbart, wenn wir von allem Empfindungsmäßigen darin abstrahieren, wird von Kant als reine Anschauung bezeichnet. Sein Raum ist zwar identisch mit dem Raum Newtons, aber der Newtonsche Raum ist auch bei ihm eben ein anschaulicher, noch nicht gereinigt von den Elementen, die wir noch als psychologisch bezeichnen müssen. Gewiß wollte Kant alles Psychologische aus ihr (der reinen Anschauung) entfernen - aber ich werde mich niemals überzeugen können, dass es ihm gelungen ist. Seine Fragestellung lautete: Hier sind synthetische Erkenntnisse, die von den Erfahrungsgegenständen a priori gültig sind - wie kann ich das erklären? Wie muss das erkennende Bewusstsein beschaffen sein, um diesen Tatbestand verständlich zu machen? Für die Phänomenologen scheint die Erkenntnis besser zu werden, wenn die Beziehungen zwischen Erkennendem und erkanntem Gegenstand immer inniger sind, und so scheint, dass sie am innigsten sind, wenn beide sich direkt berühren, sich laut Bergson das Subjekt in das Objekt hineinversetzt. Wir können nichts erkennen, ohne dass wir ihm die Formen unserer Anschauung oder unseres Verstandes aufprägen, weil wir in unser Bewusstsein eingeschlossen sind. Der Irrtum des Psychologismus ist es zu glauben, dass die Vorstellungen oder Gedanken nun die eigentlichen Zeichen seien, die mit dem Begriffe identisch sind. Das Logische ist ein Letztes, aber das Psychologische auch, eins lässt sich nicht auf das andere gründen. Durch Erleben, durch Schauung begreifen und erklären wir nichts. Es bedeutete den Hinweis auf ein Rätsel, das zwar eine Lösung hat, aber eine solche, deren Auffindung dem Menschen versagt ist.

Wo wir über das Sosein (das Wesen), die Essenz nichts wissen, können wir auch über Dasein, Existenz, nichts aussagen. Beides ist nicht trennbar. Aber irgendwie muss das Dasein der Phänomene doch durch das Dasein der Dinge bedingt sein. Es ist offenbar auf keine Weise möglich, das intuitiv Gegebene vollständig zu beschreiben, denn es kann nur erlebt werden; das unendlich Mannigfaltige, ewig Fließende ist durch Worte nicht darstellbar [...]. Die ganze Verwirrung in der Philosophie ist dadurch entstanden, dass man dort etwas zu finden hoffte, wo man noch nicht einmal suchen konnte. Und wie soll man finden, wo man nicht einmal suchen kann. Dieses eigentümliche Schicksal der Philosophie wurde so oft geschildert und beklagt, daß es schon trivial ist, davon überhaupt zu reden, und daß schweigende Skepsis und Resignation die einzige der Lage angemessene Haltung zu sein scheint.

Worin liegt also der Grund, der Rechtsgrund für die Aufstellung des Gegensatzes von Wesen und Erscheinung. Man wird ihn suchen müssen im Unterschied des Konstanten und Variablen, des Bleibenden und des Flüchtigen in unserem Erleben, vor allem den sinnlichen Wahrnehmungen. Erscheinung ist stets Erscheinung von etwas und Erscheinung für jemand. Das Wesen dagegen ist an sich und für sich selbst. Absolute, unabhängige Wahrheit wäre in jedem Sinne unerkennbar. Gesetzt selbst, sie gelangte durch ein Wunder unverändert in den Intellekt eines Menschen - woran in aller Welt sollte er sie als Wahrheit erkennen? Das ist scheinbar eine tiefer gehende Art der Metaphysik, die als Substanz etwas ganz der Anschauung Entschwindendes annimmt. Aber das hinderte nicht, nach dem natürlichen Felsen zu suchen, welcher vor allem Bauen da ist und selber nicht wankt.

Das Kausalgesetz hat nur dann einen Sinn, wenn es gewisse Regeln gibt, die da angeben, was für eine Ursache zu einer bestimmten Wirkung gehört und umgekehrt, da das eine durch das andere bestimmt sein soll, so müssen Regeln da sein, durch welche die Bestimmung vollzogen wird. Er (der Kausalsatz) ist seinerseits aus der Gesamtheit der beobachteten Regeln induziert. Aber natürlich kann er sie nicht ersetzen, denn auch wenn er als gültig angenommen wird, bleibt es Sache der Induktion, festzustellen, welches denn nun die einzelnen in der Natur herrschenden Gesetze sind, welche Vorgänge als Ursache und Wirkung zusammengehören. Aber das Problem der synthetischen Urteile, welches alle Wirklichkeitsprobleme in sich birgt, harrt unserer noch in seiner ganzen Größe. Ob es jemals gelingen wird, eine solche alles durchdringende Gesetzmäßigkeit zu finden, wissen wir nicht. Bei den prinzipiell unlösbaren Fragen weiß man überhaupt nichts, kennt keinen Weg der Entscheidung. So bedeutet Wesen den ruhenden Pol in der Flucht der Erscheinungen. Man darf bei dieser Art Fragen nicht über ihre Lösung nachdenken, sondern muss die Fragestellung selbst prüfen.

Der Metaphysiker ist mit einem Menschen zu vergleichen, der mit Gewalt durch eine verschlossene Tür hindurch will und nicht nach Wegen sucht, wie man sie öffnen könnte. Indem er aber durchaus das Transzendente erleben will, verwechselt er Leben und Erkennen und jagt, durch doppelten Widerspruch benebelt, leeren Schatten nach. Alle Versuche, dem Chaos der Systeme ein Ende zu machen und das Schicksal der Philosophie zu wenden, können, so scheint eine Erfahrung von mehr als zwei Jahrtausenden zu lehren, nicht mehr ernst genommen werden. Gewiß es wird noch manches Nachhutgefecht geben, gewiß werden noch jahrhundertelang Viele in den gewohnten Bahnen weiterwandeln; philosophische Schriftsteller werden noch lange alte Scheinfragen diskutieren, aber schließlich wird man ihnen nicht mehr zuhören und sie werden Schauspielern gleichen, die noch eine Zeitlang fortspielen, bevor sie bemerken, dass die Zuschauer sich allmählich fortgeschlichen haben.

Erkennen heisst Wiederfinden des einen im anderen. Wir sahen ja seit langem ein: im Erkennen können und wollen wir das Erkannte gar nicht gegenwärtig haben, nicht eins mit ihm werden, nicht es unmittelbar schauen, sondern nur Zeichen zuordnen und ordnen. Die ganze Schar der Irrtümer, die wir hier bekämpfen, entspringt daraus, daß man das Erkennen fälschlich als eine direkte, unmittelbare Beziehung zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten auffaßt, statt sich darüber klar zu sein, daß es die Herstellung einer Beziehung zwischen mehreren Teilen durch den Erkennenden bedeutet. Wenn in der Philologie die Herkunft irgendeines Wortes ermittelt, in der Geschichte die Ursache eines historischen Ereignisses festgestellt wird, so besteht auch da - ich brauch das nicht näher auszuführen - jede Erkenntnis in der Zurückführung des zu Erkennenden auf etwas, als was es erkannt wird. Auf welche Momente kann denn das zu Erkennende möglicherweise zurückgeführt werden? Und zweitens: Auf welchem Wege muss diese Reduktion geschehen? Das erklärende Moment, welches die Erkenntnis ermöglicht, braucht natürlich seinerseits nicht selbst ein Erkanntes zu sein; es kann auch ein Letztes sein, das für uns noch nicht auf andere Momente reduzierbar ist.

Vorläufig können wir also sagen, dass es die Metaphysik mit nichts anderem zu tun hat als damit, die Substanz zu entdecken oder zu beschreiben, die dem Sein zugrunde liegt, nicht an der Veränderlichkeit und Mannigfaltigkeit der Erscheinungen teilnimmt, diese nur hervorbringt. Das Transzendente darf nicht Bewusstseinsinhalt sein, aber man muss doch etwas davon wissen und daher ist und muss es doch Bewusstseinsinhalt sein. Aber indem es Bewusstseinsinhalt ist, hat es eben den Charakter verloren, der es allein transzendent machen kann. Die petitio principii in diesen Beweisen tritt zu Tage. Das Metaphysische existiert zwar, aber wir wissen davon nichts, unser Wissen bezieht sich nur auf Erscheinungen.

Ehe man ein System der Metaphysik aufbaut, muß man mit der größten Sorgfalt den Erkenntnisprozess selbst untersuchen, durch Betrachtung der Wissenschaften muss man feststellen, was Erkennen leisten kann und was nicht. Dies setzt aber voraus, dass die Wissenschaft schon über ein untrügliches Kriterium verfügt, das ihr zu entscheiden gestattet, wo ein wirkliches Erkennen vorliegt und worin es besteht. Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, sich eines solchen Stützpunktes zu versichern, mit dem man sich im Laufe der Untersuchung jederzeit in feste Verbindung setzen kann, um sich darüber zu orientieren, wo man sich eigentlich befindet und wo man hinaus will. Denn so allein vermeidet man eine Reihe von Scheinproblemen, die oft das philosophische Denken verwirrten, zu deren Lösung es aber nur einer Reflexion auf das Wesen des Erkennens selbst bedurft hätte. Während die ältere Ansicht jene Sperrmauern für schlechthin unübersteigbar hielt, wollen die Vertreter der induktiven Metaphysik sie zwar bestehen lassen, aber doch den Weg und Blick auf die andere Seite öffnen. Induktive Schlüsse lassen sich erst ziehen, wenn nicht nur im Universum jede Wirkung durch zureichende Ursachen bedingt ist, sondern auch die Ursachen sich herausfinden und voneinander scheiden (unterscheiden) lassen. Diese voneinander zu scheiden und zu ermitteln, welche Umstände denn nun die bedingenden, die Ursachen sind, das ist gerade die Aufgabe der Induktion. Dazu aber ist erstens nötig, dass es in der Natur eine gewisse Gleichförmigkeit, eine Wiederkehr ähnlicher Umstände gibt, dass jedoch hiervon abgesehen zweitens eine größtmögliche Buntheit der materialen Bedingungen herrscht und dass drittens wichtige und unwichtige Umstände voneinander getrennt werden können, dass also Ursachen sich isolieren lassen. Sollen nun gleiche Fälle im Naturgeschehen existieren können, so muss irgendein Prinzip der Trennung vorausgesetzt werden, welches da macht, dass Vorkommnisse gleich sein können, ohne doch identisch zu sein.

Es gibt sehr vieles, was uns verborgen ist, aber nichts, das nicht aufgedeckt werden könnte. Für einen philosophischen Geist würde die Existenz eines absoluten ignorabimus ein äußerst irritierendes Problem darstellen. Die Philosophie könnte einen großen Schritt nach vorne tun, wenn sich die Last dieses verwirrenden Problems abwerfen ließe. Ohne Frage besteht eine durchgehende Abhängigkeit, eine Wechselwirkung zwischen den Qualitäten des Universums, also zum Beispiel auch zwischen denen, die meinem Bewusstsein angehören, und jenen extramentalen, welche durch den physischen Begriff "Körper außerhalb meines Leibes" bezeichnet werden. Wie ist es möglich, die ganze Welt in ihrem unendlichen Formenreichtum durch ein einfaches, durchsichtiges, aus einigen wenigen Elementen aufgebautes Begriffssystem zu bezeichnen und sozusagen auf eine Formel zu bringen?"

Die Rolle des Beobachters in der Relativitätstheorie und der Quantentheorie

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Die spezielle Relativitätstheorie erweitert das galileische Relativitätsprinzip, nach dem das Bewegungsgesetz der newtonschen Mechanik für Beobachter, die sich in geradlinig-gleichförmig gegeneinander bewegten Inertialsystemen befinden unter geometrischen Transformationen dieselbe Form hat und es bei Experimenten keinen erkennbaren Unterschied gibt, ob sie an einem ruhenden oder gleichförmig bewegten Ort stattfinden, zum speziellen Relativitätsprinzip, nach dem nicht nur die mechanischen, sondern auch die elektrodynamischen Naturgesetze für alle geradlinig-gleichförmig bewegten Beobachter unter Rotation, Translation und Spiegelung invariant sind.

Isaac Newton: "Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgend einen äußeren Gegenstand. Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äußeren Gegenstand stets gleich und unbeweglich.“

Ende des 19. Jahrhunderts wurde festgestellt, dass die Invarianz der Vakuumlichtgeschwindigkeit eine Symmetrieverletzung des Galileischen Relativitätsprinzip darstellt, somit war die universelle Gültigkeit des Galileischen Relativitätsprinzip widerlegt. Albert Einstein stellte die Invarianz der Maxwell-Gleichungen gegenüber dem Wechsel des Bezugssystems des Beobachters durch die Lorentz-Gruppe in der speziellen Relativitätstheorie her.

Ausgangspunkt zur speziellen Relativitätstheorie war das sogenannte Nullresultat zum Michelson-Morley-Experiment. Albert Michelson und Edward Morley versuchten im Jahr 1887, die Geschwindigkeit der Erde im Äther mittels der Drehspiegelmethode zu bestimmen. In einem Interferometer wurde ein Lichtstrahl durch einen halbdurchlässigen Spiegel in zwei Strahlen getrennt, hin und herreflektiert und beide Strahlen in ein Mikroskop zusammengeführt. Das Nullresultat bestand darin, dass sich das Licht entgegen der Erwartung von Michelson und Morley in allen Raumrichtungen mit konstanter Geschwindigkeit (300.000 Kilometer pro Sekunde) ausbreitet, unabhängig wie die Bewegungsrichtung relativ zur Erde war. Dies widersprach dem newtonschen Additionstheorem für Geschwindigkeiten, nachdem sich die Geschwindigkeiten zweier zueinander bewegender Körper ohne obere Grenze addieren müssten.

Der holländische Physiker Hendrik Lorentz entwickelte in der Zeit von 1895-1904 die nach ihm benannte Lorentztransformation zur Erklärung der Ergebnisse des Michelson-Morley-Experiments. Die Lorentztransformation verbindet die Raum- und Zeitkoordinaten von Ereignissen zu einem Vierervektor. Gemäß der Lorentztransformation können die Komponenten des Vierervektors von zwei gegeneinander gleichförmig bewegten Beobachtern ineinander umgewandelt werden. Der Wechsel des Bezugssystems des Beobachters erfolgt durch die Lorentz-Matrix. Die Lorentztransformation lässt den Viererabstand invariant, sodass berechnet werden kann, wie ein gemessener physikalischer Prozess von einer anderen Beobachterposition, d.h. nach einem Wechsel des Bezugssystems wahrgenommen wird. Um erklären zu können, wie sich Längen- und Zeitmaßstäbe gemäß dem Michelson-Morley-Experiment transformieren, wenn sie gegen ein Ruhesystem bewegt werden, mußte Lorentz die Kontraktionshypothese annehmen. In der newtonschen Mechanik ist die Geschwindigkeit eine variable Größe, zurückgelegte Weglänge geteilt durch die Zeitspanne. Die Lorentztransformation berücksichtigt, dass die Geschwindigkeit des Lichts unabhängig vom Bewegungszustand des Beobachters konstant ist. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit hat im Gegenzug zur Folge, dass dann Weglänge und Zeitspanne variabel sein müssen. Die Variabilität von Weglänge und Zeitspanne wird mit der Lorentzkontraktion ausgedrückt und mit dem Lorentz-Faktor berechnet.

Henri Poincaré erkannte 1904, dass die Unüberschreitbarkeit der Lichtgeschwindigkeit für alle Beobachter das Hauptmerkmal der lorentzschen Äthertheorie war. Poincaré gelang 1905 eine vollständige physikalische Verallgemeinerung und mathematische Formalisierung der lorentzschen Elektrodynamik, wobei er das Relativitätsprinzip als universell gültiges Naturgesetz einschließlich der Elektrodynamik und der Gravitation festlegte. Henri Poincaré hat mit seinen Arbeiten die Invarianz der elektromagnetischen Gleichungen vorweggenommen, jedoch hielt er im Gegensatz zur speziellen Relativitätstheorie weiterhin an der Existenz eines Äthers fest, dessen Existenz experimentell aber nicht nachgewiesen werden konnte.

Albert Einstein: "Die Gesetze der Physik sind invariant mit Bezug auf Lorentz-Transformationen. Dies ist ein einschränkendes Prinzip für die Naturgesetze, vergleichbar mit dem der Thermodynamik zugrundeliegenden einschränkenden Prinzip von der Nichtexistenz des perpetuum mobile. Zu jedem Wertsystem x, y, z, t, welches Ort und Zeit eines Ereignisses im ruhenden System vollkommen bestimmt, gehört ein jenes Ereignis relativ zum System festlegendes Wertsystem und es ist nun die Aufgabe zu lösen, das diese Größen verbindende Gleichungssystem zu finden."

Albert Einstein übernahm die Erkenntnisse von Hendrik Lorentz und Henri Poincaré in die spezielle Relativitätstheorie mit folgenden Annahmen:

  • Licht breitet sich unabhängig vom Bewegungszustand des Beobachters und der Lichtquelle mit konstanter Geschwindigkeit aus, die Lichtgeschwindigkeit ist Grenzgeschwindigkeit aller Wechselwirkungen
  • die Lorentztransformationen verbinden die Orts- und Zeitkoordinaten, mit denen verschiedene Beobachter beschreiben wann und wo Ereignisse stattfinden, zur Lorentz-Gruppe
  • gemäß der Relativitätstheorie werden die Zeitkoordinaten beim Wechsel des Bezugssystems im Gegensatz zur Galilei-Transformation in gleicher Weise wie die Ortskoordinaten transformiert, somit ist die Wahrnehmung von räumlichen und zeitlichen Abständen nicht objektiv, sondern vom Bewegungszustand des Beobachters abhängig
  • ob Ereignisse an verschiedenen Orten als gleichzeitig wahrgenommen werden, für einen anderen Beobachter aber vor oder nacheinander geschehen, hängt davon ab, von welchem Bezugssystem aus die Ereignisse wahrgenommen werden
  • jeder Beobachter führt ein Bezugssystem mit sich, in dem er sich im Ruhezustand befindet
  • dem Beobachter in einem geradlinig-gleichförmig bewegten System ist kein Rückschluss auf die eigene Absolutgeschwindigkeit möglich, Ruhezustand und gleichförmige Bewegung sind nicht zu unterscheiden
  • ein relativ zu einem physikalischen Vorgang bewegter Beobachter misst für diesen Vorgang ein längeres Zeitintervall, als ein Beobachter der relativ zu diesem Vorgang ruht (Zeitdilatation)
  • ein relativ zu einem Gegenstand bewegter Beobachter misst für die Länge des Gegenstands eine kürzere Strecke, als ein Beobachter der relativ zu diesem Gegenstand ruht (Längenkontraktion)
  • Längenkontraktion und Zeitdilatation treten von der Position zweier Beobachter aus gesehen wechselseitig (symmetrisch) auf, weil es vom Bezugssystem des Beobachters abhängt, welches System als Ruhesystem oder als bewegtes System definiert wird, beide Beobachter können gleichermaßen von sich selbst behaupten, im Ruhesystem zu sein und das Bezugssystem des anderen als bewegt wahrzunehmen
  • Längenkontraktion und Zeitdilatation können aus der Gleichwertigkeit der Bezugssysteme der Beobachter erklärt werden, mit der Folge dass der Äther als universelles Bezugssystem zur Vermittlung der elektromagnetischen Wechselwirkung nicht mehr notwendig war
  • Masse und Energie sind äquivalent, die Umrechnung von Masse in Energie und umgekehrt erfolgt über E=mc2

Albert Einstein: [33]"Es ist zweifellos, dass die spezielle Relativitätstheorie, wenn wir ihre Entwicklung rückschauend betrachten, im Jahre 1905 reif zur Entdeckung war. Lorentz hatte schon erkannt, dass für die Analyse der maxwellschen Gleichungen die später nach ihm benannte Transformation wesentlich sei und Poincaré hat diese Erkenntnis noch vertieft. Was mich betrifft, so kannte ich nur Lorentz' bedeutendes Werk von 1895 „La theorie électromagnétique de Maxwell“ und „Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen Erscheinungen von bewegten Körpern“, aber nicht Lorentz' spätere Arbeiten und auch nicht die daran anschließende Untersuchung von Poincaré. In diesem Sinne war meine Arbeit von 1905 selbständig. Die spezielle Relativitätstheorie war eine detailliertere Darlegung der Ideen, die sich in Lorentz’ Forschungen von 1895 finden. Es ist das Ergebnis vor allem der Allgemeinen Relativitätstheorie, dass dem Raum und der Zeit der letzte Rest von Gegenständlichkeit genommen wird.“ Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der speziellen Relativitätstheorie schrieb Albert Einstein:" Hoffentlich wird dafür gesorgt, daß die Verdienste von Hendrik Lorentz und Henri Poincaré bei dieser Gelegenheit ebenfalls sachgemäß gewürdigt werden."

Die spezielle Relativitätstheorie beschreibt, wie die subjektive Wahrnehmung eines Beobachters in Bezug auf seinen Bewegungszustand variiert und stellt fest, dass die Annahme einer objektiven Wahrnehmung dem naiven Realismus zuzuordnen ist. Die Relativität der Gleichzeitigkeit und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit führt dazu, dass das newtonsche Additionstheorem für Geschwindigkeiten bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit durch ein relativistisches Additionsprinzip ersetzt werden muss. Für sich mit konstanter Geschwindigkeit relativ zu einander bewegende Objekte wird ein Beobachter - im Gegensatz zur Ruhelänge bei Relativgeschwindigkeit von null - eine kontrahierte, d.h. verminderte Länge messen. Würde ein Objekt in Richtung Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, wird seine Bewegungslänge gegen null konvergiert, die Zeit würde in der Weise gedehnt, dass die Wahrnehmung einer Sekunde gegen unendlich konvergiert. Es handelt sich dabei um die aus der Lorentzkontraktion weiterenwickelte relativistische Längenkontraktion und die Zeitdilatation. Objekte können nicht bis 100% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, da deren Masse dann gegen unendlich konvergiert, wobei das Licht selbst die konstante Ruhemasse null hat.

Im Jahr 1907 erkannte Hermann Minkowski, dass die spezielle Relativitätstheorie in einem vierdimensionalen Raumzeitkontinuum abgebildet werden kann, dem sogenannten Minkowski-Raum. Der gegenwärtige dreidimensionale Anschauungsraum bewegt sich entlang der Zeitkoordinate durch den vierdimensionalen Minkowski-Raum. Das Raumzeitkontinuum kann je nach Bezugssystems des Beobachters in einen Raum- und einen Zeitanteil zerlegt werden.

Satz von Minkowski: "Durchlaufen zwei gleichformig bewegte Beobachter B und U ein Ereignis O und stellen sie dabei ihre gleichen Uhren auf Null, so ist die Zeit t+ , die auf der Uhr von U bis zum Durchlaufen eines späteren Ereignisses E vergeht, das geometrische Mittel derjenigen Zeit t−, die die Uhr des Beobachters B anzeigt, wenn er einen Lichtpuls zu E aussendet und der Zeit t+, die sie anzeigt, wenn er den Lichtpuls von E empfängt."

Der Satz von Minkowski ist für die Geometrie der Raumzeit gleichermaßen entscheidend wie der Satz des Pythagoras für die Euklidische Geometrie. Der Minkowski-Raum war Grundlage zur Erweiterung der speziellen Relativitätstheorie auf die allgemeine Relativitätstheorie.

Die spezielle Relativitätstheorie beschreibt die Transformationsgesetze von Raum und Zeit für gleichförmig bewegte Beobachter, ohne die Berücksichtigung der Gravitation. Die allgemeine Relativitätstheorie (1915) überträgt die Effekte der speziellen Relativitätstheorie (Lorentzkontraktion und Zeitdilatation) auf beliebig beschleunigte Beobachter unter Berücksichtigung der Gravitation.

Nach Newton existieren Raum und Zeit beobachterunabhängig absolut, d.h. an und für sich, die Relativgeschwindigkeit zweier gegeneinander bewegter Objekte ist die Summe der Einzelgeschwindigkeiten, eine Kontraktion der Ruhelänge durch Beschleunigung sowie die Wahrnehmung von verlangsamten Zeitdauern gibt es in der newtonschen Mechanik nicht. Nach der Relativitätstheorie verlieren Raum und Zeit ihren absoluten Status, indem Raum und Zeit kontinuierlich verbunden sind und mit der in ihr enthaltenen Materie in Wechselwirkung stehen. Die einzige in der Relativitätstheorie verbliebene absolute Grösse ist die Lichtgeschwindigkeit, die unabhängig von der Geschwindigkeit des beobachtenden Koordinatensystems mit derselben Geschwindigkeit wahrgenommen wird. Einer der Kernfragen war für Albert Einstein: "Was sehe ich, wenn ich neben einem Lichtstrahl herlaufe? Warum bewegt sich ein Lichtstrahl, egal wie schnell ein Beobachter hinterherläuft, immer noch mit derselben Geschwindigkeit von ihm fort?"

Das Relativitätsprinzip berücksichtigt die Erkenntnis, dass es im naturwissenschaftlichen Experiment keinen objektiven Beobachter mit der Fähigkeit der absoluten Messung gibt. Die Ereignisse der Beobachter finden aufgrund ihrer unterschiedlichen Bezugssysteme in der Raumzeit auf unterschiedlichen Positionen statt, d.h. zwei relativ zueinander bewegte Beobachter bewegen sich auf getrennten Weltlinien mit invarianter Eigenzeit, sodass ein- und dasselbe Ereignis durch unterschiedliche Beobachter nicht nur von verschiedenen Orten wahrgenommen wird, sondern auch zu verschiedenen Zeitpunkten. Ereignisse werden von verschiedenen Beobachtern nur dann als gleichzeitig angesehen, wenn sie relativ zueinander ruhen und umso verschiedener, je schneller sie sich relativ zueinander bewegen und je weiter sie voneinander entfernt sind. Die noch in der newtonschen Physik geltenden Begriffe gleichzeitig und räumliche Distanz verlieren damit ihre absolute Gültigkeit. Ereignisse, die ein Beobachter als gleichzeitig wahrnimmt, können für einen zweiten Beobachter nacheinander passiert sein. Wenn die Frage, ob ein Ereignis früher oder später stattfindet von der Position des Beobachters abhängt, führt das für verschiedene Beobachter zu Problemen mit der Kausalstruktur der Raumzeit, d.h. bezüglich der zeitlichen Abfolge von Ursache und Wirkung. Damit keine Wirkung vor der Ursache und keine Wirkung ohne Ursache eintritt, wird die Raumzeit durch einen Doppelkegel dargestellt, der Vergangenheit und Zukunft sowie kausale Ereignisse (zeitartiger Bezug) von nicht kausalen Ereignissen (raumartiger Bezug) eindeutig trennt.

Der Doppelkegel besteht aus zwei Halbkegeln, dem Vergangenheitslichtkegel und dem Zukunftslichtkegel. Das "Hier (Ort) und Jetzt (Zeit)" des Beobachters befindet sich in der Mitte des Doppelkegels. Innerhalb des Doppelkegels befinden sich die Weltlinien aller Ereignisse mit zeitartigem Bezug, d.h. Ereignisse, die der Beobachter mit geringer als Lichtgeschwindigkeit beeinflussen kann (Zukunftslichtkegel) bzw. durch die der Beobachter mit geringer als Lichtgeschwindigkeit beeinflusst werden kann (Vergangenheitslichtkegel). Außerhalb des Doppelkegels befinden sich die Weltlinien aller Ereignisse ohne Bezug zwischen Ursache und Wirkung, d.h. Ereignisse, die der Beobachter nicht beeinflussen kann bzw. durch die der Beobachter nicht beeinflusst werden kann (raumartiger Bezug), weil dazu eine Wechselwirkung über Lichtgeschwindigkeit nötig wäre. Der Doppelkegel selbst (Nullkegel) bezeichnet die Weltlinie des Lichts (lichtartiger Bezug), mit dem der Beobachter ein Ereignis mittels Lichtgeschwindigkeit (Lichtsignal) beeinflussen kann, bzw. durch die der Beobachter mittels Lichtgeschwindigkeit beeinflusst werden kann.

Hermann Weyl: „Aufgrund des sogenannten Fundamentalsatzes der projektiven Geometrie kann man zeigen, dass die einzigen Abbildungen des vierdimensionalen Zahlenraumes auf sich selbst, welche die Nullkegel in Nullkegel, die zeitartigen Geraden in zeitartige Geraden verwandeln, die Transformationen der Lorentz-Einsteinschen Gruppe sind. Von jedem Weltpunkt geht der Doppelkegel der aktiven Zukunft und der passiven Vergangenheit aus. Während in der speziellen Relativitätstheorie diese durch ein Zwischengebiet getrennt sind, ist es hier [in der Allgemeinen Relativitätstheorie] an sich sehr wohl möglich, daß der Kegel der aktiven Zukunft über den der passiven Vergangenheit hinübergreift; es kann also prinzipiell geschehen, daß ich jetzt Ereignisse miterlebe, die zum Teil erst eine Wirkung meiner künftigen Entschlüsse und Handlungen sind. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß eine Weltlinie, obschon sie in jedem Punkte zeitartige Richtung besitzt, insbesondere die Weltlinie meines Leibes, in die Nähe eines Weltpunktes zurückkehrt, den sie schon einmal passierte. Daraus würde dann ein radikaleres Doppelgängertum resultieren, als es je ein Ernst Theodor Amadeus Hoffmann ausgedacht hat. Tatsächlich sind ja so erhebliche Variabilitäten [Fundamentaltensor], wie dazu erforderlich wären, in dem Weltgebiet, in welchem wir leben, nicht gegeben; doch hat es ein gewisses Interesse, diese Möglichkeiten durchzudenken mit Rücksicht auf das philosophische Problem des Verhältnisses von kosmischer und phänomenaler Zeit. Wir haben unsere Analyse von Raum und Zeit nicht durchführen können, ohne uns zugleich mit Materie zu befassen. Hier stehen wir aber noch vor Rätseln, deren Auflösung nicht von der Feldphysik zu gewärtigen ist. In dem Dunkel, welches das Problem der Materie noch umhüllt, ist vielleicht die Quantentheorie das erste anbrechende Licht.”

Die Relativitätstheorie wurde aus Gedankenexperimenten wie folgende entwickelt:

  • In einem Raumschiff A wird eine Lichtuhr installiert. Eine Lichtuhr ist eine hypothetische Uhr, bei der Licht in einem festgelegten Takt zwischen zwei Spiegeln hin und her reflektiert wird. Mit gleicher Geschwindigkeit zu Raumschiff A bewegt sich ein Beobachter. Da zwischen den Geschwindigkeiten kein Unterschied besteht, resultiert, dass Raumschiff A und der Beobachter gegeneinander unbewegt sind. An Raumschiff A fliegt ein weiteres Raumschiff B, ebenfalls mit Lichtuhr ausgerüstet vorbei, dessen Geschwindigkeit 99% der Lichtgeschwindigkeit beträgt. Für den relativ zu Raumschiff A unbewegten Beobachter wird das Licht in der Lichtuhr des Raumschiffs A im Ruhesystem reflektiert, d.h. senkrecht zwischen den Spiegeln. In dem mit 99% der Lichtgeschwindigkeit bewegten Raumschiff B pendelt das Licht zwischen den Spiegeln für den Beobachter, der sich mit der Relativgeschwindigkeit von Raumschiff A bewegt, nicht senkrecht, sondern im Zick-Zack, sodass eine längere Zeitspanne vergeht. Eine objektive Wahrnehmung der Zeitdauer ist somit nicht möglich, sondern hängt vom Bewegungszustand des Beobachters ab.
  • Ein Zug fährt an einem Bahnsteig vorbei. In der Mitte des Bahnsteigs befindet sich ein Beobachter. Beide Enden des Zuges werden von einem Blitz getroffen, als der Mittelpunkt des Zuges an dem Beobachter vorbeifährt. Beide Blitze haben die gleiche Entfernung zum Beobachter auf dem Bahnsteig, sodass die Blitze für ihn gleichzeitig eingeschlagen haben. Für einen Beobachter in der Mitte des Zuges schlagen die Blitze zeitversetzt ein, der Blitz am vorderen Ende des Zuges zuerst. Der Blitz am vorderen Ende schlägt für den Beobachter im Zug zuerst ein, weil der Blitz vom Beobachter entgegen der Bewegungsrichtung des Zuges wahrgenommen wird und zwar mit Lichtgeschwindigkeit. Damit der Beobachter im Zug die Blitze gleichzeitig wahrnimmt, müsste der Blitz am Ende des Zuges, der sich in Bewegungsrichtung des Zuges zum Beobachter bewegt, ihn mit Überlichtgeschwindigkeit erreichen, was aber nach dem speziellen Relativitätsprinzip nicht möglich ist. Die Blitzschläge werden somit von dem ruhenden Beobachter auf dem Bahnsteig und dem bewegten Beobachter im Zug nicht nur von verschiedenen Orten, sondern auch zu verschiedenen Zeitpunkten wahrgenommen.
  • Eine Person steigt in einen Zug und fährt bis zum nächsten Bahnhof. Dort steigt er in einen Zug um, der wieder zum Ausgangsbahnhof zurückfährt. Ein anderer Beobachter hat in der Zwischenzeit am Ausgangsbahnhof gewartet. Nach der Rückkehr vergleichen beide ihre Uhren. Aus Sicht des am Bahnhof gebliebenen Beobachters hat der Reisende bei der Hinfahrt und bei der Rückfahrt eine Zeitdehnung erhalten. Somit geht die Uhr des Reisenden aus Sicht der am Ausgangsbahnhof verbliebenen Person jetzt nach. Aus Sicht des Reisenden hat die wartende Person eine Zeitdehnung erhalten, sodass die Uhr der wartenden Person aus Sicht des Reisenden nun nachgehen müsste. Die Erklärung, warum der am Ausgangsbahnhof wartende Beobachter aus der Perspektive der im Zug fahrenden Person eine Zeitdehnung erhält, obwohl die wartende Person sich objektiv nicht bewegt hat, ergibt sich daraus, dass Zeitdehnung und Längenkontraktion immer dann auftreten, wenn relative Bewegungsunterschiede vorliegen, welcher der beiden Personen sich tatsächlich bewegt hat ist nicht relevant. Die Paradoxie, ob der Reisende oder der Wartende letztendlich eine Zeitdehnung erhalten hat kann dadurch gelöst werden, dass beide Vorgänge aus Sicht des jeweils anderen nicht symmetrisch sind, weil die Person im Zug vor der Rückfahrt umgestiegen ist und somit ihr Bezugssystem gewechselt hat, während die wartende Person auf dem Bahnsteig in ihrem Bezugssystem geblieben ist. Das heisst die Wahrnehmung der wartenden Person ist korrekt, die Uhr der reisenden Person geht nach.
  • Eine Person fliegt mit 99% der Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum und hält dabei einen Spiegel in der Hand. Die Person kann sich im Spiegel betrachten, weil Person und Spiegel relativ zu einander ruhen. Die Person fliegt nahe an der Erde vorbei. Für einen Beobachter auf der Erde ist die Wahrnehmung wie folgt: Die Person hält den Spiegel vor sich, Person und Spiegel haben somit dieselbe Bewegungsrichtung. Das Licht wird mit Lichtgeschwindigkeit vom Gesicht der Person zum Spiegel emitiert. Das vom Spiegel zurückgespiegelte Licht bewegt sich für den Beobachter auf der Erde entgegen der Bewegungsrichtung der Person, d.h. damit der Beobachter auf der Erde das Spiegelbild sehen könnte, müsste die Lichtgeschwindigkeit überschritten werden, was aber nach der Relativitätstheorie nicht möglich ist. Für den Beobachter auf der Erde bedeutet dies, dass er die Person sieht und auch den Spiegel, aber das Spiegelbild ist unsichtbar.

Die Philosophen Nicolai Hartmann, Ludwig Goldschmidt und Oskar Kraus verneinten die Existenz einer real veränderten Zeitfolge und erhoben Einwendungen, dass die Relativitätstheorie den Schein der mathematischen Widerspruchsfreiheit habe und um die spekulative Idee der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit herumkonstruiert worden sei. Eine Zusammenfassung der mitunter ungebührlich und polemisierend geführten Diskussion [1] bildete der im Jahr 1931 veröffentlichte Sammelband "100 Autoren gegen Einstein". Auch wenn Albert Einstein mit seinen Gedankenexperimenten die Vorstellungsfähigkeiten seiner Fachkollegen herausforderte, die Vorhersagen der Relativitätstheorie wurden experimentell bestätigt und die Kritiken historisch widerlegt.

Für Geschwindigkeiten weit unter Lichtgeschwindigkeit ergeben Lorentztransformation und Galileitransformation dieselben Ergebnisse, d.h. bei niedrigen Geschwindigkeiten geht die Längenkontraktion gegen null, sodass nur die Raumkoordinaten transformiert werden. Die spezielle Relativitätstheorie folgert aus der Invarianz der Lichtgeschwindigkeit gegenüber dem Bezugssystem des Beobachters und der Relativität von Raum und Zeit, dass die Masse eines Körpers im Gegensatz zu Newtons Himmelsmechanik nicht konstant sein kann, sondern durch die Beschleunigung zunimmt. Jede Masseänderung führt zu einer Energieänderung und umgekehrt. Masse und Bewegungsenergie sind somit äquivalent und direkt proportional. Der Einfluss der Beschleunigung auf die Masse bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit führt dazu, dass der Masse in den Bewegungsgesetzen Newtons ein Umrechnungsfaktor hinzugefügt werden musste, der dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit entspricht (, E (Ruheenergie), m (Ruhemasse), c (Lichtgeschwindigkeit)).

Am 20. November 1915, fünf Tage vor Einstein, reichte David Hilbert eine Arbeit zur allgemeinen Relativitätstheorie ein, die zu Einsteins Theorie äquivalent war, allerdings ohne die einsteinschen Feldgleichungen, die aber in Hilberts Variationsprinzip enthalten sind.

Georg von Wallwitz: "Hilbert und Einstein sahen aus unterschiedlichen Richtungen auf die Gravitationstheorie, als sei sie der Braten in der Mitte eines Wirtshaustisches, an dem die beiden einzigen Menschen Platz genommen hatten, die wirklich verstanden, welche Kräfte das Universum zusammenhielten. Der eine hatte den Blick des Mathematikers, dem es um die Entwicklung eines Axiomensystems für die Physik ging. Der andere hatte als Physiker den Blick auf die Erklärung konkreter Phänomene wie die Umlaufbahn des Merkur um die Sonne gerichtet. Beide rochen zwar denselben Braten, hatten aber ganz unterschiedliche Vorstellungen von seinem Geschmack." (Auszug aus der Biografie David Hilberts)

Die Idee des speziellen Relativitätsprinzips ist uneingeschränkt Albert Einstein zuzurechnen. Die mathematische Umsetzung in der Allgemeinen Relativitätstheorie hat er im Austausch mit David Hilbert erarbeitet. David Hilbert bestand an der Miturheberschaft an den Feldgleichungen, verzichtete aber auf einen öffentlichen Prioritätenstreit zur Urheberschaft der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Albert Einstein schrieb David Hilbert: "Es ist zwischen uns eine gewisse Verstimmung gewesen, deren Ursache ich nicht analysieren will. Gegen das damit verbundene Gefühl der Bitterkeit habe ich gekämpft, und zwar mit vollständigem Erfolge. Ich gedenke Ihrer wieder in ungetrübter Freundlichkeit und bitte Sie dasselbe bei mir zu versuchen. Es ist objektiv schade, wenn sich zwei wirkliche Kerle, die sich aus dieser Welt etwas herausgearbeitet haben, nicht gegenseitig zur Freude gereichen.“

Verschiedene Wissenschaftshistoriker haben über die Priorität diskutiert. Prioritätenstreitigkeiten sind in den Wissenschaften nicht unüblich, der berühmteste bestand zwischen Newton und Leibniz um die Begründung der Infinitesimalrechnung. Neben Einstein und Hilbert arbeiteten auch Marcel Grossmann, Tullio Levi-Civita und Michele Besso an der mathematischen Umsetzung des Relativitätsprinzips.

Albert Einstein schrieb Marcel Grossmann zur Tensoralgebra: "Grossmann hilf mir, sonst werd ich verrückt."

Albert Einstein war in der Allgemeinen Relativitätstheorie gezwungen, den mit der speziellen Relativitätstheorie widerlegten Äther 1924 wieder einzuführen, weil der Raum nicht ohne Gravitationspotential gedacht werden kann. Nach Einstein unterscheidet sich der Gravitationsäther der Allgemeinen Relativitätstheorie zum Äther der Elektrodynamik dadurch, dass er nicht absolut ist.

In der klassischen Mechanik stellen Ort bzw. Impuls eines Teilchens Größen dar, die prinzipiell gleichzeitig exakt messbar sind. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik sind die Koordinaten von Ort- und Impuls quantenmechanischer Objekte nicht gleichzeitig objektivierbar. Der Zustandsvektor der zeitlichen Entwicklung nichtrelativistischer Quantensysteme wird, solange keine Beobachtung stattgefunden hat, durch eine Wellenfunktion (Schrödingergleichung) beschrieben. Während die vollständig objektivierbare Bahn eines Teilchens in der klassischen Mechanik durch die newtonsche Bewegungsgleichung bestimmt ist, muss die Objektivierung inneratomarer Prozesse bzw. der raumzeitliche Bahnbegriff des dreidimensionalen Anschauungsraumes in der Quantenmechanik insgesamt aufgegeben werden. Der Gegenstand der Schrödingergleichung ist die zeitliche Entwicklung von nicht objektivierbaren Systemen, die über den gesamten Quantenzustand delokalisiert sind.

Die Zustände eines quantenmechanischen Systems werden mit Vektoren in Hilbert-Räumen beschrieben. Der Hilbert-Raum wurde 1903 als Ergebnis seiner Untersuchungen zu Integralgleichungen eingeführt. David Hilbert zählt zu den bedeutendsten Mathematikern der Neuzeit, seine Arbeiten gelten als Grundlagen der mathematischen Physik. Er veröffentlichte im Jahr 1900 eine Liste von 23 ungelösten mathematischen Problemen. David Hilberts Anliegen war es, die auf Anschaulichkeit beruhende, auf Euklid zurückgehende Geometrie durch ein deduziertes Regelsystem zu begründen und damit möglichst vollständig von Begriffen aus der Anschauungswelt zu entziehen. Er führte den Begriff der Metamathematik ein. Gemäß David Hilbert endet die anschauliche Geometrie Euklids zwangsläufig in einem unendlichen Begründungsregress, sodass der sinnlich wahrnehmbare Raum als Beweisargument geometrischer Begriffsbildung nicht geeignet ist. Wahrheit soll nach Hilbert mathematisch reduzierbar sein auf Beweisbarkeit und Widerspruchsfreiheit formaler Systeme, nicht auf Anschauung. Der Philosoph Moritz Schlick nahm zu der Thematik Stellung, dass "die Geometrie auf einem Fundament aufzubauen ist, dessen absolute Sicherheit nirgends durch Berufung auf die Anschauung gefährdet wird".

David Hilbert bezeichnete die Mathematik als formales Spiel, strukturiert durch abstrakte Regeln (Axiome). Eine axiomatische Begründung der Geometrie war für Hilbert und vielen seiner Kollegen zwingend notwendig, da es den zuvor verwendeten Begriffen der durch die Sinne wahrnehmbaren Anschauungswelt, wie in der Relativitätstheorie nachdrücklich unter Beweis gestellt wurde, an mathematischer Exaktheit mangelt und das mathematische Gebäude der Geometrie somit, wie David Hilbert sich ausdrückte, auf „wackeligen Füßen“ steht.

Albert Einstein: "Die volle Klarheit scheint mir erst durch diejenige Richtung der Mathematik Besitz der Allgemeinheit geworden zu sein, die unter dem Namen Axiomatik bekannt ist. Der von der Axiomatik erzielte Fortschritt besteht nämlich darin, dass durch sie das Logisch-Formale vom sachlichen bzw. anschaulichen Gehalt sauber getrennt wurde; nur das Logisch-Formale bietet gemäß der Axiomatik den Gegenstand der Mathematik, nicht aber der mit dem Logisch-Formalen verknüpfte anschauliche oder sonstige Inhalt."

Wird der Ort eines Teilchens in der quantenmechanischen Beschreibung beliebig genau festgelegt, so wird die Unbestimmbarkeit der dazugehörigen Impulskoordinate unendlich groß – und umgekehrt. Werden Ort und Impuls nacheinander gemessen, verliert die erste Messung ihre Gültigkeit. Die Unschärferelation zwischen Ort und Impuls ist eine innere Eigenschaft der Wellenfunktion. Die Unschärferelation bzw. die Existenz komplementärer Eigenschaften wurde von Werner Heisenberg und Niels Bohr als prinzipielle Eigenschaft der Materie definiert. Ort und Impuls ergeben sich als Betragsquadrat der Wellenfunktion bzw. ihrer Fouriertransformierten, d. h. Ort und Impuls bedingen einander und sind nicht unabhängig und nicht gleichzeitig messbar. Die Dualität von Orts- und Impulsraum und deren gleichzeitige Unbestimmbarkeit resultiert daher, dass beide durch eine Fouriertransformation miteinander verbunden sind und deren Matrizen nicht miteinander vertauschen, d.h. der Kommutator bleibt ungleich Null.

Die Nicht-Vertauschbarkeit der Orts- und Impulsmatrix tritt durch den Einfluss eines Beobachters ein, der zu einer irreversiblen Wechselwirkung zwischen Mikroobjekt und Messsystem führt und die Reduktion der bis zum Zeitpunkt der Messung ganzheitlich überlagerten, mit sich selbst verschränkten Einzelzuständen auf einen bestimmten Zustand zur Folge hat.

Der Umstand, dass die Ganzheitlichkeit durch den Eintritt des Beobachters beendet ist und eine Reduktion auf widersprechende und einander ausschließende Betrachtungsperspektiven zur Folge hat, sodass nur entweder die eine oder die andere Eigenschaft gemessen werden kann, legt nahe, dass die Ganzheit auf Quantenebene einer Vertauschungsrelation unterliegt, die durch den Ausschluss der Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt existiert und somit nicht für einen Beobachter in Erscheinung tritt.

Die Geburtsstunde der Quantentheorie bestand in einem Strahlungsgesetz, mit dem Max Planck die sogenannte Ultraviolett-Katastrophe behob. Max Plancks ursprüngliches Forschungsgebiet waren das thermodynamische Gleichgewicht und der Entropiebegriff. Mit der Entdeckung des Wirkungsquantums legte er die Grenze fest, ab der die klassische Physik nicht mehr anwendbar ist. Die Plancksche Hypothese sah sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem Widerstand führender Physiker gegenüber und wurde von der herrschenden Meinung dieser Zeit durchgehend abgelehnt. Einer der grundlegendsten Streitfragen war: Existieren die atomaren Objekte unabhängig von der menschlichen Beobachtung und wenn ja, wie sind sie dem menschlichen Verständnis zugänglich?

Max Planck:" Ich war eigentlich damals der einzige Theoretiker und hatte es daher nicht so ganz leicht, weil ich mit meiner Entropie hervorkam und die war damals nicht sehr beliebt, weil sie ein mathematisches Gespenst war. ... am eigenen Leibe erfahren, wie einem Forscher zumute ist, der sich im Besitz einer sachlich überlegenen Idee weiß, aber nicht überzeugen kann, da seine Position zu schwach ist gegen die Autorität von Männern wie Ostwald, Helm, Mach. Freilich droht ihm dabei auch am ehesten die Gefahr, sich gelegentlich in allzu dunkle Gebiete zu verlieren und plötzlich auf harten Widerstand zu stoßen, sei es von Seiten der Theoretiker oder, was noch schlimmer ist, von Seiten der Experimentatoren. Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden oder sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und die heranwachsende Generation von vorne herein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist. Der zweite Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie (Thermodynamik) konsequent durchgeführt, ist unverträglich mit der Annahme endlicher Atome. Es ist daher vorauszusehen, dass es im Laufe der weiteren Entwicklung zu einem Kampf zwischen diesen beiden Theorien kommen wird, der eine von ihnen das Leben kostet. In der theoretischen Physik der Zukunft wird die erste, wichtigste Einteilung aller physikalischen Prozesse die in reversible und irreversible Prozesse sein."

Die Weiterentwicklung zur Quantenmechanik begann etwa 20 Jahre später mit Forschungsgruppen in Göttingen, Kopenhagen, Wien und Cambridge, überwiegend durch sehr junge Physiker. Drei der vier Grundkräfte betreffen die Ebene der Atome und sind somit Gegenstand der Quantentheorie. Die allgemeine Relativitätstheorie ist eine Gravitationstheorie insbesondere zur Anwendung in der Kosmologie und der Astrophysik, kann aber die Anfangssingularität des Universums und die gravitative Wechselwirkung auf der Ebene der Atome nicht beschreiben. Albert Einstein versuchte zeitlebens, die Deutung der experimentellen Ergebnisse der Quantenmechanik zu widerlegen und die Prinzipien der klassischen Physik zu verteidigen. Für Einstein galten physikalische Theorien als Widerspiegelung objektiver, in Raum und Zeit ablaufender Vorgänge, die es zu erkennen gilt.

Albert Einstein: " Ich habe hundertmal so viel über Quantenprobleme nachgedacht wie über die allgemeine Relativitätstheorie. All meine Versuche, das theoretische Fundament der Physik diesen Erkenntnissen anzupassen, scheiterten aber völlig. Es war, wie wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen worden wäre, ohne dass sich irgendwo fester Grund zeigte, auf dem man hätte bauen können. Je mehr man den Quanten nachjagt, desto besser verbergen sie sich. Die Quantenmechanik ist sehr achtunggebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten (der Alte: Einsteins Synonym für Gott) bringt sie uns kaum näher. Die Quantenmechanik ist eine brillante Abkürzung, die viele der Schwierigkeiten und harte Arbeit vermeidet, die die endgültige und richtige Theorie lösen muss. In Göttingen glauben sie daran, ich nicht. Ich suche ferner darzutun, warum nach meiner Ansicht die Quantentheorie nicht dazu geeignet zu sein scheint, ein brauchbares Fundament der Physik zu liefern: Man gerät in Widersprüche, wenn man die quantentheoretische Beschreibung als eine vollständige Beschreibung des einzelnen physikalischen Systems bzw. Vorgangs zu betrachten sucht. Ich möchte wissen, wie Gott diese Welt erschaffen hat. Es scheint hart, dem Herrgott in seine Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich ‚telepathischer' Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben. Der Gedanke, dass ein einem Strahl ausgesetztes Elektron den freien Entschluss hat, in welchem Augenblick und in welcher Richtung es fortzuspringen vermag, ist mir unerträglich."

Die reduktionistische Naturauffassung geht davon aus, jeden Naturvorgang durch Zergliederung, Vereinfachung, Abstraktion und Idealisierung zu beschreiben und letztendlich auf die Mechanik der Atome zurückzuführen. Die Quantenmechanik ist als Theorie der Atome durch die Komplementarität des Welle-Teilchen-Dualismus geprägt. Albert Einstein warf der Quantenmechanik Unvollständigkeit vor, indem die Unschärferelation und das Komplementaritätsprinzip den Welle-Teilchen-Dualismus auf der Ebene der Atome als Erscheinungsweise beschreiben, diese Erscheinungsweise aber nicht als Kategorie sui generis existieren kann, sondern durch ein zugrundeliegendes Prinzip erklärt werden muss.

Die Quantenmechanik stellt einen Bruch zum in der klassischen Physik geltenden Ideal des losgelösten Beobachters dar, weil der Beobachter nicht auf das Experiment einwirken kann, ohne eine raum-zeitliche Beschreibung zu erzwingen, die den Quantenzustand instantan beendet. Die Ganzheitlichkeit der Quantenphänomene weist auf eine der Anschauung in Raum und Zeit entzogene Mikrophysik hin, welche für die Begriffe der klassischen Physik, die notwendigerweise in Zeit und Raum durch einen Beobachter Aussagen treffen, kategorial unzugänglich ist.

Begründung

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Das präreflexive Cogito ist ein sich der Beobachtung entziehendes Transphänomen, eine unmittelbare Vertrautheit mit sich selbst, aus dessen Wahrnehmung (physikalische) Phänomene an sich und somit in ihrer Funktionsweise beschrieben werden können. Das präreflexive Cogito kann als ein der Anschauung vorausgehendes Bewusstsein ohne Trennung zwischen Subjekt und Objekt gedacht werden, als System 2. Ordnung, von dem die Relationen zwischen einem erkennenden Subjekt und seiner Umgebung sowohl vom Standpunkt des Subjekts als auch eines externen Beobachters beschrieben werden, indem der Beobachter in die Beschreibung des Beobachteten miteinbezogen wird und die Problembetrachtung auf einer selbstreferentiell-übergeordneten Abstraktionsebene erfolgt. Von der genannten Sowohl-als auch-Perspektive ist eine beobachterinvariante Beschreibung von Kommunikation möglich. Die Welt ohne Unterscheidung von Subjekt und Objekt, welche die tieferliegende Erklärungsebene der physikalischen Phänomene bildet, wird als Transphänomenalität bezeichnet.

Gerhard Roth: " In dieser Welt, die ich Wirklichkeit genannt habe, gibt es drei Bereiche: die Welt der mentalen Zustände und des Ich, die Welt des Körpers und die Außenwelt. Diese drei Bereiche sind Aufgliederungen der phänomenalen Welt, der Wirklichkeit. Dieser Wirklichkeit wird gedanklich eine transphänomenale Welt gegenübergestellt, die unerfahrbar ist. Obwohl erkenntnistheoretisch die Realität vollkommen unzugänglich ist, muß ich erstens ihre Existenz annehmen, um nicht in elementare Widersprüche zu geraten und zweitens kann mir niemand verbieten, mir Gedanken über die Beschaffenheit der Realität zu machen und zwar zu dem Zwecke, die Phänomene in meiner Wirklichkeit besser erklären zu können. Wenn nun unser Gehirn die gesamte phänomenale Welt produziert, dann folgt daraus scheinbar zwingend, dass es in der Welt enthalten ist, die es selbst produziert. Dies muss zu einer unendlichen Schachtelung und damit zu einem elementaren Paradox führen, denn unser Gehirn, das wir in unserer phänomenalen Welt wahrnehmen, produziert ja wieder eine phänomenale Welt, die wieder dieses Gehirn enthält und so weiter. Als Hirnforscher bin ich zugleich Erkenntnissubjekt, Erkenntnismittel und Erkenntnisobjekt. Was ich, auf dem Operationstisch liegend, auf dem Monitor oder in einem Spiegel dargestellt sehe, halte ich natürlich in diesem Augenblick für das offene Gehirn, das alles das, was ich erlebe, erzeugt. Wäre dies aber so, dann hätte ich eine paradoxe Situation vor mir: ich könnte zugleich in mir und außer mir sein. Oder anders ausgedrückt: mein Gehirn könnte sich selbst von außen ansehen dadurch, daß es in sich eine Welt erzeugt, in der es selbst identisch enthalten ist. Dies aber führte sofort zur unendlichen Spiegelung des Gehirns in sich selbst. Dies ist ein fundamental selbstreferentielles Unterfangen und manche meinen, dass man als Hirnforscher aus diesem Teufelskreis niemals herausgelangen kann. All dies führt zu der merkwürdigen Feststellung, daß das Gehirn, anstatt weltoffen zu sein, ein kognitiv in sich abgeschlossenes System ist, das nach eigenentwickelten Kriterien neuronale Signale deutet und bewertet, von deren wahrer Herkunft und Bedeutung es nichts absolut Verlässliches weiß.“

Strukturbildungsprozesse, die nicht aus den Gesetzmäßigkeiten der Systembestandteile und deren Wechselwirkung erklärt werden können, gelten als selbstorganisiert. Eigenschaften des Ganzen, die nicht durch reduktionistische Betrachtung der Teile (Subsysteme) erklärt werden können, weil sie erst durch das Zusammenwirken der Teile auftreten, stellen emergente Eigenschaften dar. Zur Entstehung neuartiger Strukturen werden von Emergenztheoretikern (u.a. Achim Stephan) [34] folgende Thesen vertreten:

  • die Eigenschaften eines Systems hängen von den Eigenschaften seiner Bestandteile und deren Anordnung ab, das heißt von seiner Mikrostruktur
  • neuartige Strukturen entstehen deterministisch, bei Annahme von gleichen Anfangsbedingungen und gleichen Naturgesetzen können keine verschiedenen Strukturen entstehen
  • das Naturgeschehen ist in drei hierarchisch angeordnete Existenzstufen aufgeteilt, das Materielle, das Biologische, das Mentale, die höheren Stufen erwachsen aus den untergeordneten Stufen durch einen Zuwachs an Komplexität
  • die auf eine Systemkomponente einwirkenden Kräfte addieren sich vektoriell zu einer Gesamtkraft
  • komplexe Systeme bewahren ihre Autonomie und damit ihre Überlegenheit gegenüber den zur Vereinfachung neigenden Umwelteinwirkungen untergeordneter Ebene
  • komplexe Systeme zeigen Pfadabhängigkeit, das heißt ihr Verhalten ist vom aktuellem Zustand und der Systemvergangenheit abhängig
  • neue Seinsstrukturen sind vor dem erstmaligen Auftreten unvorhersagbar und emergieren phänomenologisch, das heisst erscheinen (zeigen sich) von selbst

In der Debatte [[2]] zum Leib-Seele-Problem der Philosophie des Geistes wird teilweise die mir zu weit gehende These vertreten, dass der Mensch weder über ein substanzielles Selbst noch über eine nichtphysische Seele verfügt und mentale Zustände epiphänomenal gegenüber neuronalen Vorgängen sind. Mentale Eigenschaften sind durch ein psychophysisches Naturgesetz mit neuronalen Vorgängen verbunden und unterliegen dem nichtreduktiven Physikalismus, der Supervenienz über gegebenen und evolutiv erworbenen Strukturen eines neuronalen Netzes.

Der Emergenzbegriff stellt eine Erklärungsalternative zum Reduktionismus dar, wenn nicht deduzierbare, unvorhersagbar neuartige Strukturen untersucht werden. Trotz der Unvorhersagbarkeit vollzieht sich die Ausbildung neuartiger Eigenschaften im Rahmen eines deterministischen Plans der Natur, sodass die Emergenz mit nichtlinearer Dynamik zur lückenlosen Kausalität der Naturphänomene beiträgt.

Im Naturgeschehen können zahlreiche Systeme beobachtet werden, die selbstorganisiert neue Strukturen ausbilden (Laser, Wolkenmuster, Bose-Einstein-Kondensate). Die Gesetzmäßigkeiten von selbstorganisierten Strukturbildungen werden durch die Synergetik beschrieben. Die Synergetik ist die Lehre vom Zusammenwirken interagierender Einheiten gleich welcher Art, die innerhalb eines komplexen dynamischen Systems miteinander in Wechselwirkung treten. Sie erfasst allgemeingültige Prinzipien des Zusammenwirkens (=Synergie), die universell in Physik, Chemie, Biologie und Soziologie vorkommen und liefert eine einheitliche mathematische Beschreibung dieser Phänomene. Die Synergetik geht auf den Physiker Hermann Haken zurück. Die Synergetik kann die Entstehung von Selbstorganisation nicht vollständig erklären, weil die Strukturbildung und die Entstehung von Ordnungsparametern letztendlich aus der Wechselwirkung der Systembestandteile erklärt wird und die Frage der Makrodetermination zwischen Ordnern und Systemteilen nicht kausal begründet wurde. Die Synergetik beschreibt jedoch wichtige Erkenntnisse im Verständnis von Phasenübergängen in der Nichtgleichgewichtsthermodynamik.

Gemäß der Synergetik müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein, um Selbstorganisation zu ermöglichen:

  • primordialer beliebig-dimensionaler Hyperraum mit maximaler Symmetrie (Letzthintergund)
  • spontane Symmetriebrechung verbunden mit einem Phasenübergang, aus dem spezifische Kräfte frei werden und sich ein irreversibler Hintergrundstrom des Geschehens entfaltet
  • selbstähnliche Ausdifferenzierung dieses Prozesses, mit der sich die Gesamtdynamik immer wieder im Wechselspiel von Chaos und Ordnung erneuert

Die spontane Symmetriebrechung am Beispiel der Magnetisierung von Eisen bedeutet, dass die ursprüngliche Rotationssymmetrie (Spins zeigen in verschiedene Richtungen) durch Herabsenkung unter die Curie-Temperatur zu einer Drehsymmetrie um die Magnetisierungsrichtig gebrochen wird. Die Spins (Drehimpulse) der Atome ordnen sich parallel oder antiparallel an und es bildet sich eine gemeinsame Vorzugsrichtung aus, was zur Magnetisierung führt. In der Physik werden spontane Symmetriebrechungen benötigt, damit nichtlineare Dynamik den Übergang zu geordneten, zuverlässig voraussagbaren Strukturen vollziehen kann (globale Linearisierung). Differentialgleichungen zur Modellierung physikalischer Vorgänge können in vielen Fällen nur näherungsweise gelöst werden. Globale Linearisierung ermöglicht die Erfassung der tieferliegenden Struktur, die Reduktion nichtlinearer Differentialgleichungen in lineare und schließlich die exakte Lösung der Gleichung.

Als deterministisches Chaos werden nichtlineare Ordnungen in dynamischen Systemen mit rückgekoppeltem Regelkreis beschrieben, die empfindlich von Anfangsbedingungen abhängen und bei identischen Experimenten höchst unterschiedliche Ergebnisse liefern. Der zugrundegelegte Chaosbegriff bezeichnet keine Regellosigkeit im Sinne von heillosem Durcheinander, sondern eine zirkulär-kausale Form von Ordnung, welche die Grundlage für selbstorganisierende Systeme bildet. Nichtlinear gekoppelte Systeme mit hohem Vernetzungsgrad betreffen vielfältige Bereiche wie das Klima, die Weltwirtschaft, Politik, Ökosystem usw. Das im Gegensatz zur zirkulären Denkweise mit kreisförmiger Verursachung (durch Feedbackschleifen) stehende linear-kausale Denken mit strikter Ursache-Wirkungs-Trennung vernachlässigt Wechsel- und Rückwirkungen laufender Prozesse und wird daher bei der Beschreibung von Selbstorganisation an seine Grenzen gebracht, bzw. wegen der Erzeugung von Paradoxien und Endlosrekursionen (infiniter Regress) ad absurdum geführt. Kreiskausale Elemente wie Selbstreferenz, Reflexion, Rückkopplung und Rekursion werden eingesetzt, um die Leistungsfähigkeit informationsverarbeitender Systeme zu erhöhen und gleichzeitig die Stabilität zu erhalten.

Hermann Haken: [35][36]"Die Chaostheorie befasst sich mit wenigen Freiheitsgraden oder wenigen Variablen und stellt fest, daß schon dann, wenn wenige Variablen zusammenwirken, ein chaotisches, unregelmäßiges Verhalten zustande kommt. Man kann deshalb fragen, was die Chaostheorie überhaupt mit Selbstorganisation zu tun hat, weil Selbstorganisation ja aus dem Zusammenwirken von sehr vielen einzelnen Teilen entsteht. Eine Flüssigkeit besteht aus vielen einzelnen Molekülen, eine Gesellschaft aus vielen einzelnen Individuen, eine Wirtschaft aus vielen einzelnen Akteuren. Die Synergetik zeigt, daß eben auch ein komplexes System, das aus vielen einzelnen Teilen besteht, durch wenige Variablen, das sind dann die Ordner, beschrieben werden kann. Wenn man dann erst mal bei wenigen Variablen angelangt ist, dann können sie den Gesetzen der Chaostheorie unterworfen sein. Das läßt sich auch herleiten. Insofern ist die Chaostheorie ein Bestandteil der Synergetik. Ende der 60er Jahre wurde uns klar, dass der Laser nur ein Spezialfall einer viel größeren Wirklichkeit ist und wir haben daraufhin systematisch angefangen, die mathematischen Methoden zu entwickeln, nicht nur für den Laser, sondern auch für die allgemeinen Systeme. Aber da hat sich eben doch erwiesen, dass wir vieles im Laserlicht vorweggenommen haben. Zum Beispiel, wie man die Fluktuationen wegbringt, die ja beim Laser wesentlich sind und die den Anstoss geben, damit die Selbstorganisation erstmal anfängt und die dann auch entscheiden, in welche Richtung die Selbstorganisation läuft. Die Spiegel sorgen für eine Selektion der Wellenzüge: Solche, die sich in axialer Richtung ausbreiten, werden mehrere Male zwischen den Spiegeln reflektiert und halten sich länger im Laser auf, während ihn andere sehr schnell verlassen. Der Laser befindet sich ab einem bestimmten kritischen Wert der Energiezufuhr in einem instabilen Zustand, einem Phasenübergang von ungeordnetem Licht zu geordnetem Laserlicht. Diese Ordnung der Lichtwellen wird dem Laser nicht etwa durch einen externen Steuerungsmechanismus oder ähnlichem aufgezwungen, sondern sie entsteht durch Selbstorganisation.

Der Laser erzeugt dabei von sich aus im Vergleich zu herkömmlichen Lichtquellen, wie der Sonne oder der Glühbirne, Licht einer ganz neuen Qualität. Ein unbekannter Dämon scheint die Atome anzuleiten, in Phase zu schwingen. Sie emittieren jetzt einen einzelnen gigantischen Wellenzug mit einer Länge - um eine Größenordnung zu nennen - von 300.000 km. Es gibt gerade an den Instabilitätspunkten eine ganze Klasse von Möglichkeiten, wo das System hineinlaufen kann. Wo es dann tatsächlich hineinläuft, darüber entscheiden die Fluktuationen (Umwelteinwirkungen). Die Übergänge zwischen den verschiedenen Aggregatzuständen, auch Phasen genannt, erfolgen sehr abrupt. Und obwohl immer dieselbe Molekülsorte vorliegt, unterscheiden sich die makroskopischen Eigenschaften der verschiedenen Phasen drastisch: das wird deutlich durch den Hinweis auf ihre mechanischen, optischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften. An kritischen Werten eines Kontrollparameters bricht die bestehende makroskopische Ordnung zusammen und es entsteht durch Selbstorganisation ein neuer Ordnungszustand. Durch kritische Fluktuationen prüft das System sozusagen verschiedene Zustände, die es nach Überschreiten der Instabilitätsschwelle einnehmen könnte. Damit ein System anpassungsfähig (an neue Bedingungen) ist, muss es sich in der Nähe einer Instabilität befinden, wo Fluktuationen neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen können. Die Physik nimmt für sich in Anspruch, die grundlegende Naturwissenschaft schlechthin zu sein. Doch hätte man früher einen Physiker gefragt, ob beispielsweise die Entstehung des Lebens mit den Grundgesetzen der Physik in Einklang zu bringen sein, so hätte die ehrliche Antwort Nein lauten müssen. Nach den Grundgesetzen der Thermodynamik müsste die Unordnung der Welt immer mehr zunehmen. Alle geregelten Funktionsabläufe müssten langfristig aufhören, alle Ordnung zerfallen. Der einzige Ausweg, den viele Physiker sahen war, die Entstehung von Ordnungszuständen in der Natur als riesige Schwankungserscheinung zu betrachten, die nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie überdies beliebig unwahrscheinlich sein sollte. Eine wahrhaft absurde Idee, aber wie es schien, im Rahmen der sog. Statistischen Physik die einzig akzeptable. Der so wunderbare zweite Hauptsatz erwies sich als fundamentales Hindernis für die Erklärung von Lebensvorgängen.

Dieser Tatbestand hat viele prominente Wissenschaftler glauben lassen, dass eine physikalische Erklärung überhaupt unmöglich sei. War die Physik damit in eine Sackgasse geraten, indem sie behauptete, biologische Vorgänge beruhten auf physikalischen Gesetzen, aber die Entstehung des Lebens selbst würde den physikalischen Gesetzen widersprechen? Die grundlegende Fragestellung der Synergetik ist sehr allgemein: Gibt es allgemeine Prinzipien für die Strukturbildung durch Selbstorganisation unabhängig von der Natur der Teile? Angesichts der Vielfalt der Teile scheint auch diese Frage nicht beantwortbar. Dazu wäre eine höhere abstrakte Ebene nötig, die in der Mathematik angesiedelt sein müsste. In früheren Zeiten betrachteten die Menschen Strukturen als gottgegeben und verankerten ihre Ansichten in unterschiedlichen Schöpfungsmythen. Erst in jüngster Zeit wendet sich das Interesse zunehmend auch der Frage zu, wie sich Strukturen "von alleine" bilden, mit anderen Worten, wie sie sich selbst organisieren. Dies führte mich zu einer Fragestellung, die mich nicht wieder los ließ: Gibt es auf einer genügend abstrakten Ebene Prinzipien, die gleichermaßen für Physik, Chemie und Biologie gelten? Dabei sollte es sich nicht um eine Rückführung biologischer Gesetze auf die der Physik, einen Reduktionismus also, handeln, sondern um auch für die Biologie charakteristische Gesetzmäßigkeiten. Als die Physik, Chemie und Biologie verbindende Fragestellung erschien mir: Wie entsteht Ordnung aus Unordnung, was bringt die einzelnen Elemente eines Systems dazu, hochgeordnete Strukturen zu bilden? Wie löst sich der Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik? Wer ist der Dämon, der den Untersystemen Anweisung gibt, sich in derart gut organisierter Weise zu verhalten? Oder in mehr wissenschaftlicher Sprechweise, welche Mechanismen und Prinzipien sind in der Lage, die Selbstorganisation der Atome zu erklären? Zweifellos hält die Erforschung der Selbstorganisation komplexer Systeme noch viele Überraschungen bereit, wozu insbesondere die Entdeckung neuer Prinzipien gehören wird.“

Die Chaostheorie untersucht Gleichgewichtszustände (Attraktoren), an die sich die raum-zeitlichen Trajektorien des Phasenraums ausgehend von verschiedenen Startpunkten asymptotisch annähern und eine relative Stabilität der Verhaltensmuster eines Systems ermöglichen. Attraktoren beschreiben die Lösung eines iterierten Gleichungssystems, einen im deterministischen Chaos durchgesetzten stabilen Zustand, in den sich das System erst nach langer Zeit und vielen Annäherungsschritten einordnet und der unter der Dynamik des Systems nicht mehr verlassen wird. So erwerben neuronale Netze ihre makroskopischen Eigenschaften (z.B. Mustererkennung) erst dann, wenn das Netz einen Attraktor erarbeitet hat und die Verbindungsgewichte der Neuronen optimiert sind. Der Lernprozess eines neuronalen Netzes bewirkt eine Rekonfigurierung der raum-zeitlichen Trajektorien zwischen den Neuronen durch abwärts gerichtete Verursachung des Mentalen. Das Handeln eines neuronalen Netzes resultiert aus dem Emergieren der Systembestandteile, den sich vom Selbst ergebenden Eigenschaften. Die Struktur des Mentalen wirkt abwärtskausal und makrodeterminierend auf die Vorgänge der Subsysteme (Neuronen), die Subsysteme sind zugunsten dem Funktionieren der darüberliegenden mentalen Einheit funktionsteilig und integrierend aneinander gebunden (=Mikrodetermination). Einem neuronalen Netz mit derartigen kreiskausalen Eigenschaften (Top-down und Bottom-up) muss nicht von außen vorgegeben werden, auf welche Situationen es reagieren können muss.

Gleichgewichtszustände in dynamischen Systemem werden durch interne Regelungsprozesse beibehalten, die permanent Soll und Ist abgleichen und regulierend auf die Systementwicklung einwirken. Dynamische Gleichgewichte (Fließgleichgewichte) halten Struktur und Funktion aufrecht, auch wenn sie grossen Fluktuationen (Umwelteinflüssen) unterliegen. Die Aufdeckung von Strukturen im Chaos, die sich bildlich in komplexen Mustern ausdrücken und Selbstähnlichkeit aufweisen, ist Gegenstand der Fraktalgeometrie. Fraktale weisen eine stark gebrochene, in sich verschachtelte Struktur auf und entstehen durch kontrahierende Ähnlichkeitsabbildung. Fraktale sind aus verkleinerten Kopien ihrer selbst zusammengesetzt, weil sie die (makroskopische) Gesamtstruktur auf ihre (mikroskopischen) Teile übertragen. Fraktale sind nach dem analogen Prinzip "Wie oben - so unten, wie innen - so außen, wie im Ganzen - so auch in den Teilen" organisiert und daher invariant gegenüber Maßstabstransformationen, das heißt die Struktur geht auch unter extremen Bedingungen nicht verloren.

Benoît Mandelbrot: "Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Küstenlinien keine Kreise. Die Rinde ist nicht glatt – und auch der Blitz bahnt sich seinen Weg nicht gerade... Die Existenz solcher Formen fordert uns zum Studium dessen heraus, was Euklid als formlos beiseite läßt, führt uns zur Morphologie des Amorphen. Bisher sind die Mathematiker jedoch dieser Herausforderung ausgewichen. Durch die Entwicklung von Theorien, die keine Beziehung mehr zu sichtbaren Dingen aufweisen, haben sie sich von der Natur entfernt. Als Antwort darauf werden wir eine neue Geometrie der Natur entwickeln und ihren Nutzen auf verschiedenen Gebieten nachweisen. Diese neue Geometrie beschreibt viele der unregelmäßigen und zersplitterten Formen um uns herum - und zwar mit einer Familie von Figuren, die wir Fraktale nennen werden. Das Ziel der Wissenschaft ist es immer gewesen, die Komplexität der Welt auf simple Regeln zu reduzieren."

Die klassische Physik basiert auf mono-kontexturalen Logik-Konzeptionen, die auf Aristoteles zurückgehen und eine grundsätzliche Trennung von Subjekt und Objekt, von Beobachter und zu Beobachteten implizieren. Phänomene aus der Quantenphysik wie die Welle-Teilchen-Dualität zeigen jedoch scheinbar widersprechende Eigenschaften, die mit einer getrennten Subjekt-Objekt-Konzeption nicht ohne Paradoxien erklärt werden können und deren Entstehung sich der Beobachtung aus Prinzip entzieht. Die klassische Physik postuliert eine Welt an sich mit festgelegten Eigenschaften, die in derselben Weise unabhängig vom Bewusstsein eines Beobachters existiert. Die Quantenwelt subatomarer Teilchen lässt beobachterunabhängige Überlagerungszustände verschiedener Wirklichkeiten zu. Der Beobachter kann nach Werner Heisenberg die quantenphysikalische Wirklichkeit nicht in ihrer Ganzheit erfassen, erst im Zeitpunkt der Messung erfährt das Bewusstsein, welcher Zustand sich unter mehreren möglichen in der Wirklichkeit manifestiert hat.

Albert Einsteins Einwand gegen Niels Bohr zum Einfluss des Beobachters beim quantenmechanischen Messprozess: "Glauben Sie wirklich, dass der Mond nicht da ist, wenn keiner hinsieht?" Niels Bohr antwortete ihm darauf: "Beweisen Sie mir das Gegenteil."

Die Physiker Niels Bohr und Werner Heisenberg begründeten die Welle-Teilchen-Dualität mit Entwicklung des Komplementaritätsprinzip bzw. der Unschärferelation als prinzipielle Eigenschaft der Materie. Das Komplementaritätsprinzip sollte die Widerspruchsfreiheit zwischen formulierten Theorien und der Abwägung tatsächlicher Beobachtung gewährleisten. Die Unschärferelation sagt aus, dass zwei komplementäre Eigenschaften wie Orts- und Impulsvektor eines Teilchens eine Dualgruppe bilden und nicht gleichzeitig beliebig genau messbar sind, sondern nur mit Unsicherheitsbereichen bestimmt werden können. Komplementaritätsprinzip und Unschärferelation sind nicht Konsequenz einer messtechnischen Ungenauigkeit, sondern resultieren mathematisch daraus, dass Ort und Impuls kanonisch konjugierte Messgrößen begründen und deren Wellenfunktion Fouriertransformierte voneinander sind, das heißt sie bedingen einander und können durch die jeweils andere ausgedrückt werden. Je genauer die Ortswellenfunktion eines Teilchens bestimmt wird, desto unbestimmter ist sein Impuls und umgekehrt. Physikalische Größen, zwischen denen keine Unschärferelation besteht bilden einen vollständigen Satz gemeinsamer Eigenvektoren, wenn der Kommutator gleich Null ist und alle Observablen paarweise miteinander vertauschen.

Aus der von Max Born erstellten Wahrscheinlichkeitsinterpretation für Wellenfunktionen entand im Jahr 1927 die von Niels Bohr und Werner Heisenberg verfasste Kopenhagener Deutung der Quantentheorie. Die bis heute meistvertretene Interpretation war der Versuch, die aus dem unvorhersagbaren Charakter von quantenphysikalischen Naturvorgängen entstandenen Kommunikationsschwierigkeiten der damaligen Zeit zu beheben und die Subjekt-Objekt-Dualität zu deuten. Weitere Postulate neben der Kopenhagener Deutung sind die bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Interpretation.

Werner Heisenberg[37][38]: "Die Deutung der Quantentheorie beginnt mit einem Paradoxon. Sie fängt mit der Tatsache an, dass wir unsere Experimente mit den Begriffen der klassischen Physik beschreiben müssen, und gleichzeitig mit der Erkenntnis, dass diese Begriffe nicht genau auf die Natur passen. Neues muß entweder mit Begriffen dargestellt werden, die noch ganz in dem alten Paradigma verhaftet und somit inhaltlich belegt sind, oder neue noch wenig bekannte Begriffe müssen eingeführt werden. Da sich die Bedeutung neu eingeführter Begriffe jeweils erst im Kontext des neuen Paradigmas ergibt, ist ein Kommunikationsproblem unausweichlich. Man erkennt vor allem, wie schwierig es wird, wenn man versucht, neue Sachverhalte in ein altes, aus früherer Philosophie stammendes System von Begriffen zu pressen oder, um eine alte Redeweise zu brauchen, wenn man probiert, neuen Wein in alteRostock, Kiel, Wien: Aufsätze, Beiträge, Rezensionen 1919-1925 Schläuche zu füllen. Die heutige Naturwissenschaft ist mehr als die frühere, durch die Natur selbst gezwungen worden, die alte Frage nach der Erfaßbarkeit der Wirklichkeit durch das Denken neu zu stellen und in etwas veränderter Weise neu zu beantworten. Früher konnte das Vorbild der exakten Naturwissenschaft zu philosophischen Systemen führen, in denen eine bestimmte Wahrheit – etwa das "cogito, ergo sum" des Cartesius – den Ausgangspunkt bildete, von dem aus alle weltanschaulichen Fragen angegriffen werden sollten. Die Natur hat uns aber in der modernen Physik aufs Deutlichste daran erinnert, daß wir nie hoffen dürfen, von einer solchen festen Operationsbasis aus das ganze Land des Erkennbaren zu erschließen. Vielmehr werden wir zu jeder neuen Erkenntnis immer wieder von neuem in die Situation des Kolumbus kommen müssen, der den Mut besaß, alles bis dahin bekannte Land zu verlassen in der fast wahnsinnigen Hoffnung, jenseits der Meere doch wieder Land zu finden. Wirkliches Neuland kann wohl nur gewonnen werden, wenn man an einer entscheidenden Stelle bereit ist, den Grund zu verlassen, auf dem die bisherige Wissenschaft ruht und gewissermaßen ins Leere zu springen. Wenn wirkliches Neuland betreten wird, kann es vorkommen, dass nicht nur neue Inhalte aufzunehmen sind, sondern sich die Struktur des Denkens ändern muss, wenn man das Neue verstehen will. Dazu sind offenbar viele nicht bereit oder nicht in der Lage.

Die Naturwissenschaft beschreibt und erklärt die Natur nicht nur einfach, so wie sie "an sich" ist. Sie ist vielmehr ein Teil des Wechselspiels zwischen der Natur und uns selbst. An diese Möglichkeit konnte Descartes noch nicht denken, aber dadurch wird eine scharfe Trennung zwischen der Welt und dem Ich unmöglich. Es sind die gleichen ordnenden Kräfte, welche die Natur in allen ihren Formen gebildet haben und die für die Struktur unserer Seele, also auch unseres Denkvermögens verantwortlich sind. Die Beziehungen zwischen dem Leben eines Individuums und seinem Bewusstsein sind dabei so eng, dass man die Frage aufwerfen muss, ob überhaupt sinnvoll eine Trennung in zwei Bereiche Bewusstsein und Leben vollzogen werden kann. Viele Anzeichen deuten im Gegenteil darauf hin, dass es Wirkungen gleicher Art sind, die die Teile eines Organismus auf eine gemeinsame Einheit beziehen und die im Bewusstsein als Wünsche oder Gefühle, als Eindrücke oder Willensakte in Erscheinung treten können. Die übliche Teilung der Welt in Subjekt und Objekt, Innenwelt und Außenwelt, Körper und Seele ist nicht mehr angebracht. Die Einheit der Natur stellt sich in unserer heutigen Naturwissenschaft also in der Weise dar, dass alle, auch die verschiedensten Erscheinungen auf die gleichen Grundformen zurückgeführt werden können. Wir glauben einzusehen, dass einige wenige zugrundeliegende Symmetrien und Grundformen genügen, um durch Wiederholung und Zusammenwirken jenes unendlich komplizierte Spiel der beobachtbaren Phänomene zustande zu bringen. Die moderne Physik schreitet also auf denselben geistigen Wegen voran, auf denen schon die Pythagoreer und Platon gewandelt sind, und es sieht so aus, als werde am Ende dieses Weges eine sehr einfache Formulierung der Naturgesetze stehen, so einfach, wie auch Platon sie sich erhofft hat. Die Quantentheorie stellt fest, daß wir die Bausteine der Materie, die ursprünglich als die letzte objektive Realität gedacht waren, überhaupt nicht mehr an sich betrachten können, daß sie sich irgendeiner objektiven Festlegung in Raum und Zeit entziehen und daß wir im Grunde immer nur unsere Kenntnis dieser Teilchen zum Gegenstand der Wissenschaft machen können. Die Beobachtung selbst ändert die Wahrscheinlichkeitsfunktion unstetig. Sie wählt von allen möglichen Vorgängen den aus, der tatsächlich stattgefunden hat. Da sich durch die Beobachtung unsere Kenntnis des Systems unstetig geändert hat, hat sich auch ihre mathematische Darstellung unstetig geändert und wir sprechen daher von einem Quantensprung. Die Elementarteilchen können mit den regulären Körpern in Platos "Timaios" verglichen werden. Denn die ganz großen Zusammenhänge werden in den Grundstrukturen, in den so sich manifestierenden platonischen Ideen sichtbar und diese Ideen können, da sie von der dahinterliegenden Gesamtordnung Kunde geben, vielleicht auch von anderen Bereichen der menschlichen Psyche als nur von der Ratio aufgenommen werden, von Bereichen, die eben selbst wieder in unmittelbarer Beziehung zu jener Gesamtordnung und damit auch zur Welt der Werte stehen. Rostock, Kiel, Wien: Aufsätze, Beiträge, Rezensionen 1919-1925 Das wird besonders deutlich, wenn man zu den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten übergeht, die auf die Gebiete Biologie, Chemie, Physik übergreifen und die erst in den letzten Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Physik der Elementarteilchen erkennbar geworden sind. In der modernen Physik wird dieser Gedanke in folgender Weise verwirklicht: Es wird in mathematischer Sprache ein grundlegendes Naturgesetz formuliert, eine Weltformel, dem alle Naturerscheinungen genügen müssen, das also gewissermassen nur die Möglichkeit, die Existenz der Natur symbolisiert. Die einfachsten Lösungen dieser mathematischen Gleichung repräsentieren die verschiedenen Elementarteilchen, die genau in demselben Sinne Grundformen der Natur sind, wie Plato die regulären Körper der Mathematik, Würfel, Tetraeder usw. als die Grundformen der Natur aufgefasst hat. Sie sind die Urbilder, die Ideen der Materie. Hier handelt es sich also um die Grundstrukturen der Natur oder der Welt im Ganzen, die noch tiefer liegen als die der Biologie und die deshalb noch abstrakter, das heisst noch weniger unseren Sinnen unmittelbar zugänglich sind. Wir erkennen gleichzeitig, dass wir dann, wenn wir in der natürlichen Sprache die Auswirkungen dieser Ordnungen beschreiben wollen, auf Gleichnisse angewiesen sind, auf komplementäre Betrachtungsweisen, die Paradoxien und scheinbare Widersprüche in Kauf nehmen. Wir werden von Goethe auch heute noch lernen können, dass wir nicht zugunsten des einen Organs, der rationalen Analyse, alle andern verkümmern lassen dürfen; dass es vielmehr darauf ankommt, mit allen Organen, die uns gegeben sind, die Wirklichkeit zu ergreifen und sich darauf zu verlassen, dass diese Wirklichkeit dann auch das Wesentliche, das »Eine, Gute, Wahre« spiegelt. Hoffen wir, dass dies der Zukunft besser gelingt, als es unserer Zeit, als es meiner Generation gelungen ist. Die Quantentheorie ist aufs engste mit der Thermodynamik insofern verknüpft, als jeder Beobachtungsakt seiner ganzen Natur nach ein irreversibler Prozess ist."

Niels Bohr: [39][40][41][42][43] "Diejenigen, die nicht geschockt sind, wenn sie das erste Mal mit Quantenmechanik zu tun haben, haben sie nicht verstanden. Der Grund dafür ist nicht, dass wir die exakten Orte der Teilchen nicht kennen, sondern dass es diese exakten Orte nicht gibt. Nach dem Ort eines Teilchens zu fragen, ist demnach so sinnlos wie die Frage nach dem Familienstand der Zahl Fünf. Das Problem ist nicht epistemologisch, das heißt eine Frage unseres Wissens, sondern ontologisch, dass heißt eine Frage des Seins. Die Unmöglichkeit im Messakt zwischen physikalischen Erscheinungen und deren Beobachtung zu unterscheiden setzt die Analogie zur Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt, das den Kern des Erkenntnisproblems bildet. Das in Frage stehende Erkenntnisproblem lässt sich wohl kurz dahin kennzeichnen, dass einerseits die Beschreibung unserer Gedankentätigkeit die Gegenüberstellung eines objektiv gegebenen Inhalts und eines betrachtenden Subjekts verlangt, während andererseits keine strenge Trennung zwischen Objekt und Subjekt aufrechtzuerhalten ist, da ja auch der letztere Begriff dem Gedankeninhalt angehört. Man vermeidet alle scheinbaren Paradoxien, wenn man den Zustandsvektor konsequent als das deutet, was er ist: eine Angabe eines Wissens. Diese Erkenntnis verwandelt ihn so wenig in etwas rein Subjektives, wie das jemals der Begriff des Wissens tut. Einerseits verlangt die Bestimmtheit eines Zustandes eines physikalischen Systems, wie gewöhnlich aufgefasst, das Ausschliessen aller äusseren Beeinflussungen; dann ist aber nach dem Quantenpostulat auch jede Möglichkeit der Beobachtung ausgeschlossen und vor allem verliert der Begriff der raumzeitlichen Beschreibung seinen unmittelbaren Sinn.

Lassen wir andererseits, um Beobachtungen zu ermöglichen, eventuelle Wechselwirkungen mit geeigneten, nicht zum System gehörigen äusseren Messungsmitteln zu, so ist der Natur der Sache nach eine eindeutige Definition des Zustandes des Systems nicht mehr möglich und es kann von Kausalität im gewöhnlichen Sinne keine Rede mehr sein. In der Quantenmechanik geht es nicht um eine willkürliche Entsagung einer noch detaillierteren Analyse des Phänomens Atom, sondern um die Erkenntnis, daß eine solche Analyse ‚prinzipiell‘ ausgeschlossen ist. Nach dem Wesen der Quantentheorie müssen wir uns also damit begnügen, die Raum-Zeit-Darstellung und die Forderung der Kausalität, deren Vereinigung für die klassischen Theorien kennzeichnend ist, als komplementäre aber einander ausschliessende Züge der Beschreibung des Inhalts der Erfahrung aufzufassen. Nur dadurch, dass man über die merkwürdigen Beziehungen zwischen den formalen Gesetzen der Quantentheorie und den beobachteten Phänomenen immer wieder mit verschiedenen Begriffen spricht, sie von allen Seiten beleuchtet, ihre scheinbaren inneren Widersprüche (Paradoxien) bewusst macht, kann die Änderung in der Struktur des Denkens bewirkt werden, die für ein Verständnis der Quantentheorie die Voraussetzung ist."

Abraham Pais:"Mir wurde beim Anhören beider Seiten (Einstein und Bohr) klar, dass die Einführung der Quantenmechanik 1925 einen weit größeren Bruch mit der Vergangenheit darstellte, als es beim Erscheinen der speziellen Relativitätstheorie (SRT) 1905 oder der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) 1915 der Fall gewesen war. Das war mir vorher nicht bewusst gewesen, da ich zu einer Generation gehörte, die sich einer bereits fertigen Quantenmechanik ausgesetzt sah. Ich begann zu verstehen, wie falsch ich damit lag, den ziemlich weit verbreiteten Glauben zu akzeptieren, dass sich Einstein nicht mehr um die Quantenmechanik kümmerte. Im Gegenteil war sein höchstes Ziel die Auffindung einer einheitlichen Feldtheorie, die nicht nur die Gravitation und die elektromagnetischen Kräfte miteinander verbinden, sondern auch die Grundlage für eine neue Deutung der Quantenphänomene abgeben würde. Über die Relativitätstheorie sprach er mit Distanz, über die Quantentheorie mit Leidenschaft. Das Quantum war sein Dämon."

David Bohm:"Es ist ein Ergebnis der Quantentheorie, dass Ereignisse, obwohl sie räumlich getrennt und ohne Möglichkeit der Verbindung sind, durch Interaktionen miteinander in Verbindung stehen - in einer Art, die nicht genau kausal durch die Verbreitung von Effekten mit Geschwindigkeiten, die nicht höher als die des Lichts sind, erklärt werden kann. Deshalb ist die Quantentheorie auch nicht mit Einsteins Relativitätstheorie vereinbar, in welcher es wesentlich ist, dass solche Beziehungen durch Signale, die sich mit Geschwindigkeiten langsamer als das Licht ausbreiten, erklärt werden können. Es kann bedeuten, dass alles im Universum in einem totalen Rapport miteinander steht. Es kann auch bedeuten, dass es Informationsformen gibt, die schneller als Lichtgeschwindigkeit reisen können; oder es kann bedeuten, dass unsere Vorstellungen von Raum und Zeit in einer Weise geändert werden müssen, die wir noch nicht begreifen. Die Raumzeit, die wir kennen, ist nur ein Teil des Seins. Die implizite Ordnung vermittelt eine Anschauung, eine Art Metapher, die es ermöglicht, intuitiv die Bedeutung der ‚Ganzheit‘ zu verstehen, die der wichtigste neue Aspekt der Quantentheorie ist. Das Ganze gründet letztlich in einem transzendenten Grund, geht aus ihm hervor und wird von ihm getragen. Daher glaube ich, dass es eine verborgene Dimension gibt. Jedenfalls liegt uns die an die Oberfläche getretene Ordnung vor Augen und um sie besser zu verstehen müssen wir uns fragen, woraus sie sich entwickelt hat. Es ist nie gelungen, Relativitäts- und Quantentheorie in einer vereinheitlichten Theorie konsistent (widerspruchsfrei) zusammenzubringen. Wollen wir die beiden zusammenbringen, sollten wir nicht immer von ihren Widfersprüchen ausgehen, sondern von dem, was ihnen gemeinsam ist. Was beide gemeinsam haben, ist das Verständnis der ungebrochenen Ganzheit. Auf eine radikal verschiedene Weise beschreiben beide dieselbe Ganzheit. Dies führt uns ganz natürlich zu der Frage: Ist es möglich, eine neue Ordnung zu beschreiben, die es erlaubt, sich ein Universum vorzustellen, dessen grundlegendes Wesen eine ungebrochene Ganzheit ist."

Dieter Zeh: "Nun erweist sich zwar der Realitätsbegriff bei einer tiefergehenden philosophischen Analyse als sehr schwer zu fassen, doch das erklärt keineswegs, warum seine Subtilität gerade in der Quantentheorie eine besondere Rolle spielen soll. Hier sind es also die ausdrücklichen Ablehner einer mikroskopischen Realität, die eine Bringschuld bei der Antwort auf die Frage „Was ist denn mit Realität gemeint?“ haben. Die Realität neuer physikalischer Konzepte war häufig anfangs umstritten. Galilei wurde angeklagt, weil er das kopernikanische Weltbild als real und nicht nur als eine Rechenmethode ansah. Ähnliche Versuche einer Abwertung oder Verharmlosung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse sind heute keineswegs nur bei Kreationisten, sondern auch bei vielen Philosophen und sogar bei den meisten Physikern verbreitet, obwohl alle Quantenphänomene mit deren Hilfe vorhergesagt werden konnten. Heute bedarf es zur Aufrechterhaltung einmal akzeptierter Begriffe und Denkmuster nicht einmal mehr der Maßnahmen durch die Obrigkeit wie zu Galileis Zeiten, denn ganz demokratische akademische Entscheidungsprozesse (wie durch Peer review, Forschungsgemeinschaften und Berufungsgremien) haben sich als sehr effizient erwiesen."

Paul Davies: "Die jüngsten quantenoptischen Experimente dürften genügen, Einstein rotieren zu lassen. Aus Einsteins Gedankenexperiment sind jedenfalls inzwischen eine Reihe wirklicher Experimente geworden, deren Ergebnisse bestätigt haben, daß Bohr eindeutig recht hatte und Einstein bedauerlicherweise unrecht. Die bloße Tatsache, dass das Universum schöpferisch ist und die Gesetze die Entstehung und Entwicklung von komplexen Strukturen bis hin zum Bewusstsein zugelassen haben – dass, anders gesagt, das Universum sein Selbst-Bewusstwerden organisiert hat –, deutet in meinen Augen nachdrücklich darauf hin, dass hinter alldem ein Plan steckt. Wie ist es möglich, dass geistlose Moleküle, die letztlich nur ihre unmittelbaren Nachbarn haben, zu einer ingeniösen Kooperation zusammenfinden, wie sie eine lebende Zelle verkörpert? Es gibt das Moment der Selbstbestimmung bei jeder Zelle, einer Form von Autonomie, die sich von keinen physikalischen Eigenschaften herleiten lassen. Die Probleme der Physik des sehr Kleinen und des sehr Grossen sind schwierig, doch es könnte sein, dass diese Grenze - die Schnittstelle von Geist und Materie - sich als das herausfordernste Vermächtnis der Neuen Physik erweist.

Der optimistische (Zeitumkehrsymmetrie im Mikrokosmos) und der pessimistische Pfeil der Zeit (keine Zeitumkehr im Makrokosmos) können nebeneinander existieren: Auch angesichts des zweiten Hauptsatzes vermag das Universum schöpferischen Fortschritt in einer Richtung zu entfalten. Es sieht so aus, als hätte jemand die Zahlen der Natur fein abgestimmt, um das Universum zu schaffen. Man kann sich kaum des Eindrucks verwehren, dass es etwas gibt - einen Einfluss, der die Raumzeit und die Beschränkungen der relativistischen Kausalität übersteigt - der bei der Entstehung des Kosmos einen Überblick über den gesamten Kosmos hatte und all die kausal voneinander unabhängigen Teile so manipulierte, dass sie mit fast genau derselben Energie und zur selben Zeit im Urknall explodierten und dennoch so exakt koordiniert waren, dass die geringfügigen, kleinen Unregelmäßigkeiten unterbunden wurden, die schließlich das Universum - und uns - gebildet haben. Es muss, so scheint mir, eine tiefere Erklärungsebene geben. Meine wissenschaftliche Arbeit hat mich immer davon überzeugt, dass das physikalische Universum einfach genial konstruiert ist. Vielleicht mag es der Wissenschaft gelingen, all die Prozesse zu erklären, durch die das Universum seine eigene Bestimmung verwirklicht."

Robert B. Laughlin: "Natürlich würde ich gerne wissen, was das Universum zum Laufen bringt. Aber das lässt sich deshalb nicht herausfinden, weil sich die Natur an einigen Stellen vor uns versteckt. Und wenn man dann meint, ein Grundgesetz gefunden zu haben, ist man in Wirklichkeit vielleicht auf ein emergentes Phänomen gestossen. Viele Physiker hassen Ungenauigkeiten und multiple Wahrheiten. Und ja, sie wollen an das Herz der Sache gehen und oft ist der Weg dahin, die Sachen auseinander zu nehmen. Doch wir wissen von vielen Dingen in der Physik, die sehr exakt sind. Wenn man sie dann auseinander nimmt, um zu sehen wie sie funktionieren, findet man gar nichts. Niemand weiss, wie man diese Eigenschaften beweisen kann und warum sie so perfekt und exakt sind. Eine Menge der Dinge basieren auf einem Organisationsprinzip. Das beste Beispiel ist das Leben. Wo ist nun die Brücke zwischen dem Wissen, das wir über Metalle und Mineralien haben, zu lebenden Dingen? Es gibt keine Brücke. Wir wissen derzeit nicht, wie wir logisch von der einen zur anderen Seite gehen sollen. Das zeigt, dass es noch etliche Gesetze zu entdecken gibt. Viele Physiker finden das Konzept der Emergenz nicht interessant, weil es für sie nicht fundamental ist. Die Unterscheidung von emergenten Gesetzen, die aus kollektivem Verhalten resultieren, auf der einen und fundamentalen Gesetzen, die einfach da sind, auf der anderen Seite ist meiner Meinung nach ideologisch. Wenn man versteht, dass einige aus der Selbstorganisation entstehen, dann ist das etwas, auf das man seine Aufmerksamkeit richten sollte. So sehr mir die Vorstellung von Zeitaltern auch missfällt, so gut lässt sich meiner Ansicht nach vertreten, dass die Wissenschaft mittlerweile von einem Zeitalter des Reduktionismus in ein Zeitalter der Emergenz übergegangen ist, eine Ära, in der die Suche nach den letzten Ursachen sich vom Verhalten der Teile auf das Verhalten des Kollektivs verlagert. Wir leben nicht in der Endzeit der Entdeckungen, sondern am Ende des Reduktionismus, einer Zeit, in der die falsche Ideologie von der menschlichen Herrschaft über alle Dinge mittels mikroskopischer Ansätze durch die Ereignisse hinweggefegt wird. Damit ist nicht gesagt, dass Gesetzmäßigkeit im mikroskopischen Maßstab falsch sei oder keinen Zweck habe, sondern nur, dass sie in einer Vielzahl von Umständen durch ihre Kinder und Kindeskinder, die höheren Ordnungsgesetze der Welt, belanglos geworden sind."

Thomas Metzinger: "Das Problem des Bewußtseins bildet heute - vielleicht zusammen mit der Frage nach der Entstehung unseres Universums - die äußere Grenze des menschlichen Strebens nach Erkenntnis. Es erscheint deshalb vielen als das letzte große Rätsel überhaupt und als die größte theoretische Herausforderung der Gegenwart. Was wir eigentlich benötigen, ist ein mathematisches Modell, das auf präzise und empirische Weise die phänomenale Ontologie des menschlichen Gehirns beschreibt - also das, was es dem bewussten Erleben nach in der Welt gibt. Die philosophische Analyse kann uns dann die Beziehung der durch dieses mathematische Modell beschriebenen phänomenalen Eigenschaften zur Alltagspsychologie erläutern und vor allem die Modalität der Beziehung zwischen den so beschriebenen Eigenschaften und den ihnen zugrundeliegenden physikalischen Eigenschaften untersuchen. Die Herausforderung besteht in diesem Fall gerade dann, dass es sich hier um eine völlig neue Art von theoretischer Umwälzung handelt. Zweitens geht es hier in einem sehr starken Sinne um uns selbst. Das Problem des Bewußtseins ist dann auch ein Problem der Selbsterkenntnis. Zuerst erzeugt unser Gehirn eine Simulation der Welt, die so perfekt ist, dass wir sie nicht als ein Bild der Welt in unserem eigenen Geist erkennen können. Dann generiert es ein inneres Bild von uns selbst als einer Ganzheit. Durch die Entdeckung des Selbstmodells wird ein Zentrum geschaffen. Dieses Zentrum ist das, was wir als unser Selbst erleben, das Ego. Es ist das, was die Philosophen oft die Erste-Person-Perspektive nennen. Es ist drittens auch anzunehmen, dass eine solche Revolution größere gesellschaftliche und kulturelle Auswirkungen haben würde, als jede theoretische Umwälzung vor ihr. Das könnte sowohl die Konsequenz eines radikal veränderten Bildes von uns selbst als auch die technologische Umsetzung neuer empirischer Erkenntnisse, zum Beispiel aus den Neurowissenschaften oder der Künstliche-Intelligenz-Forschung betreffen."

Robert Musil: "Mit einem Schlag steht die Welt Kopf und jeden Tag wird ein neuer Beweis erbracht für die Unhaltbarkeit von Gesetzen, mit denen sie als Wissenschaftler aufgewachsen sind. Hilflos müssen sie mit ansehen, wie das jahrhundertealte Ideal einer umfassenden und objektiven Beschreibung der Natur völlig zunichte gemacht wird. Durch die Quantenmechanik muss ihre heile, unversehrte Welt neu eingeteilt werden und dabei wird plötzlich ein Gebiet frei, auf dem der Physiker selbst ins Spiel kommt, ohne seine Subjektivität länger draußen vor der Labortür zu lassen. Am besten kann man das an einem Mann wie Albert Einstein sehen, an der Hartnäckigkeit, mit der er versucht hat, sein zerbröckelndes Weltbild aufrechtzuerhalten und alles getan hat, um den Zufall von der Domäne der Physik fernzuhalten."

Albert Messiah: "Die Beschreibung eines quantenmechanischen Systems und seine statistische Deutung sind wegen ihres abstrakten Charakters intuitiv nur schwer zu erfassen. Versucht man aber, sich die mikroskopischen Erscheinungen konkreter vorzustellen und sie für die Anschauung zugänglich zu machen, stößt man stets auf Widersprüche. Das beweist natürlich nicht, dass es unmöglich ist, eine konsistente (widerspruchsfreie) und konkrete Beschreibung der mikroskopischen Erscheinungen zu liefern. Dies ist jedoch noch niemandem gelungen."

Bryce DeWitt: "Wohl keine Entwicklung in der modernen Wissenschaft hatte das menschliche Denken nachhaltiger beeinflußt als die Geburt der Quantentheorie. Jäh (= unerwartet, abrupt) wurden die Physiker eine Generation vor uns aus jahrhundertealten Denkmustern herausgerissen und fühlten sich zur Auseinandersetzung mit einer neuen Metaphysik aufgerufen. Bis zum heutigen Tage währen die Qualen, die dieser Prozeß der Neuorientierung bereitete. Im Grunde genommen haben die Physiker einen schweren Verlust erlitten: sie verloren ihren Halt an der Realität. Bohr überzeugte Heisenberg und die meisten anderen Physiker davon, dass die Quantentheorie nur Sinn macht, wenn es einen klassischen Bereich gibt, der Beobachtungsergebnisse zweifelsfrei aufzeichnen kann. Die Mischung von Metaphysik und Physik, die in dieser Auffassung steckt, führte zu der fast universellen Überzeugung, dass es bei der Interpretation im Wesentlichen um epistemologische und nicht um ontologische Fragen geht. Die Kopenhagener Deutung könnte zu der Meinung führen, dass der Kollaps des Zustandsvektors und sogar der Zustandsvektor selbst nur im Geiste existieren. Falls dieser Eindruck korrekt ist, was wird dann aus der Realität? Die Physiker arbeiten hart an der Ablösung des Standardmodells und viele denken dabei an die Stringtheorie, in der die Gravitation mit den anderen Grundkräften vereint ist. Vielleicht werden wir nie in der Lage sein, den Stringcharakter der Teilchen nachzuweisen, aber das meiste von dem, was wir heute wissen, haben wir aus indirekter Beobachtung gelernt. Als Newton die Bewegungsgesetze der Planeten fand, wurden sie seiner Zeit auch nicht unmittelbar verstanden. Heute sind sie Allgemeingut. Wichtig war damals aber, dass das Universum von mathematischen Gesetzen regiert wird und die Menschen fähig sind, diese zu verstehen. Wenn wir die letzten Regeln, die das Universum steuern, in endgültiger Form kennen, wird allein die Tatsache, dass wir das erreicht haben, sehr wichtig sein. Es wächst die Bedeutung, dass die endgültige Theorie nicht einmal mehr auf Begriffe wie Raum und Zeit zurückgreifen muss."

Eberhard von Goldammer, Professor für Kybernetik und Biophysik an der FH Dortmund und der Med. Univ. Lübeck, Institut für Kybernetik & Systemtheorie, Auszüge aus dem ICS-Buch: "Erschütterungen oder Umbrüche gab es öfters in der Geschichte der Wissenschaften. In der Neuzeit war es vor allem der Übergang von der (klassischen) Newton´schen Mechanik zur Quantenmechanik. Dieser Paradigmenwechsel führte zu lebhaften und teilweise sehr kontrovers geführten Diskussionen. Dabei war es vor allem die auf kausalen Raum-Zeit-Relationen beruhende Newton´sche Beschreibung von Naturvorgängen, die ins Wanken geraten war. Die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie war der Versuch, die Kommunikationsschwierigkeiten in jener Zeit zu beheben. Ein Kommunikationsproblem, das sich als weitaus fundamentaler herauskristallisiert als in der Physik zu Beginn des 20. Jahrhunderts, da heute die etwa 2000 Jahre alte, auf Aristoteles zurückgehende, wissenschaftslogische Basis in Frage gestellt werden muß, um zu einer Theorie lebender Systeme zu gelangen. Kybernetik und Systemtheorie begründen sich ausschließlich methodologisch durch ihren inter- und transdisziplnären Wissenschaftsansatz, wobei die Betonung auf dem "und" liegt. Sie stellen somit keine experimentellen Wissenschaftsgebiete wie etwa Physik oder Chemie dar, sondern verhalten sich komplementär zu den Einzeldisziplinen. Beide Wissenschaftsgebiete entstanden aus der Notwendigkeit einer wissenschaftlichen, d.h. einer logischen, mathematischen und konzeptionellen Darstellung von Prozessen und Begriffen wie Selbst-Regulation, Selbst-Organisation, Autonomie oder Kognition sowie der Beschreibung heterarchisch (nebengeordnet) und hierarchisch (untergeordnet) organisierter Formen lebender Systeme und deren Kommunikation. Ihr konzeptioneller Wissenschaftsansatz kann als eine Brücke zur Überwindung des Methodendualismus zwischen Natur- und Geisteswissenschaften angesehen werden. Die Forderung nach Transdisziplinarität entpuppt sich somit als ein wissenschaftslogisches Problem. Wird, wie das heute in aller Regel der Fall ist, eine der klassischen (mono-kontexturalen) Logik-Konzeptionen, die sich letztlich alle auf Aristoteles zurückführen lassen, als gemeinsame Basis gewählt, dann impliziert dies die prinzipielle Gleichheit der den verschiedenen Disziplinen zugrunde liegenden Subjekt- und Objekt-Konzeptionen, wie sie beispielsweise in den Naturwissenschaften mit ihrer klaren Trennung von Subjekt und Objekt gegeben ist. Eine strikte Trennung von Subjekt und Objekt, wie sie von den klassischen Wissenschaften durchgeführt wird, stellt sich heute als eine nicht länger akzeptable Einschränkung heraus. Auf dieser Basis ist eine ganzheitliche, d.h. eine nicht-reduktionistische Beschreibung lebender Systeme prinzipiell ausgeschlossen - das ist das Problem."

Wolfgang Ketterle: "Viele Probleme sind philosophischer Natur. Sie betreffen nicht die Physik, sondern unsere Intuition. Die grősste Schwierigkeit ist die Wellenfunktion des ganzen Universums, also sein Quantenzustand. Wir haben kein intuitives Verständnis, aber als Wissenschaftler verstehen wir bei der Arbeit unsere Werkzeuge. Wir haben eine mathematische Beschreibung und können sie technisch umsetzen. Die philosophische Frage nach der Wirklichkeit ist natürlich etwas anderes. Es ist unklar, ob die Welt fundamental statistisch ist oder nicht. Aber für die Praxis genügt der statistische Formalismus und erlaubt überprüfbare Vorhersagen. Quantenmechanik ist kulturell so wichtig wie Goethe oder Beethoven. Davon nichts zu verstehen, ist eine echte Wissenslücke."

Yuri Manin: "Die mathematische Sprache der klassischen Physik basiert auf reellen Zahlen. Die Zustandsräume sind glatte Mannigfaltigkeiten. Die mathematische Sprache der Quantenphysik basiert dagegen auf komplexen Zahlen. Natürlicherweise ist zu erwarten, das die komplex-analytische Geometrie und die algebraische Geometrie der Quantentheorie die Differentialgeometrie der klassischen Physik ablöst. Tatsächlich ist das in einem gewissen Sinn in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten schon geschehen und zwar durch Streumatrizen, Twistoren, die Bewegung von Strings in zehndimensionalen Raumzeit-Mannigfaltigkeiten, Quantenkohomologie und M-Theorie. Die mathematische Physik des anbrechenden 21. Jahrhunderts hat die Konstruktion einer einheitlichen Quantentheorie für alle fundamentalen Kräfte einschließlich der Gravitationskraft zum Ziel. In der Zwischenzeit hat sich die mathematische Physik von der traditionellen Bindung an die physikalischen Experimente der Teilchenphysik und der Kosmologie losgelöst und sich nicht nur stark mathematisiert, sondern sie ist selbst ein Teil der Mathematik geworden. Was die Entwicklung für die Mathematiker so aufregend gestaltet ist die Tatsache, dass die Physiker nicht nur neue Ideen, sondern auch mächtige neue Werkzeuge entwickelt haben und frischen Wind in die Mathematik gebracht haben."

Jürgen Audretsch: [44][45]"Wir müssen also darauf gefasst sein, dass viel gedankliche Phantasie und Flexibilität nötig ist, wenn man mit den ganzheitlichen Quantenphänomenen umgehen will. Die Quantenphysik ist notwendigerweise unanschaulich. Das gehört zu ihrem Wesen. Jedenfalls wenn wir unter anschaulich verstehen, dass man die Effekte auf Vorstellungen zurückführen kann, die wir aus der Physik des Alltags kennen. Wir sind von der klassischen Physik her gewohnt, dass zusammengesetzte Systeme in Teilsysteme oder Untersysteme (Subsysteme) zerlegt werden können und dass umgekehrt Systeme zu Gesamtsystemen zusammengesetzt werden können. Das klassische Gesamtsystem ist dabei vollständig durch die Zustände der Teilsysteme und ihrer dynamischen Wechselwirkungen untereinander beschreibbar. In der Quantenphysik zeigt sich, dass zusammengesetzte Systeme darüber hinaus völlig andere und überraschende ganzheitliche Eigenschaften aufweisen können. Im Prinzip lässt sich die Quantenphysik mit der Transformationsdynamik begründen. Aber in jeder einzelnen Situation muss es zumindest teilweise klassisch beschreibbare Apparate geben. Es würde dann von der speziellen Situation abhängen, ob ein System als klassisches System oder als Quantensystem auftritt. Wie wäre das im Einzelnen in einer Theorie zu formulieren? Selbstreferenz-Probleme sind logische Probleme der Theorienkonstruktion. Es ist bemerkenswert, dass gerade das Problem der Selbstreferentialität Stephen Hawking dazu geführt hat, nicht mehr an den Erfolg einer Theorie of Everything zu glauben."

Steven Weinberg:" Es ist durchaus denkbar, dass unser physikalisches Denken ähnlich tiefgründig revolutioniert wird, wie durch die großen Entdeckungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wenn wir ein wirklich umfassendes Verständnis der Natur auf ihrer fundamentalsten Ebene gewinnen, wird das auch die Gesellschaft stark beeinflussen. Vermutlich wird ein solches Weltbild sehr mathematisch geprägt sein und es wird lange Zeit in Anspruch nehmen, bis die allgemeine Öffentlichkeit es versteht. So wie es übrigens sehr lange gedauert hat, bis allein schon die Wissenschaftler Newtons Theorie begriffen haben. Mit der Zeit entwickelte das Newtonsche Weltbild also einen prägenden Einfluss darauf, wie die Menschen über die Welt und das menschliche Leben nachdachten. Auch in der Gegenwart gilt: Gelangen wir zu einer wirklich umfassenden Theorie, kann das erneut geschehen. Jedes gelöste Rätsel wirft neue Fragen auf. Dieser Prozess wird noch lange dauern. Sicher, die Mathematik ist schwieriger, komplizierter, abstrakter geworden. Dafür sind die physikalischen Prinzipien eleganter, natürlicher und vor allem sind es weniger geworden. Und Fortschritt in Richtung auf Einfachheit muss irgendwann an ein Ende gelangen. Manch einer glaubt, dass es immer so weitergeht. Aber ich kann mir diesen Prozess nicht ad infinitum vorstellen. Und dies wird für die menschliche Geistesgeschichte ein wirklich bemerkenswerter Wendepunkt sein."

Arnold Sommerfeld: "Was wir heutzutage aus der Sprache der Spektren heraus hören, ist eine wirkliche Sphärenmusik des Atoms, ein Zusammenklingen ganzzahliger Verhältnisse, eine bei aller Mannigfaltigkeit zunehmende Ordnung und Harmonie. Für alle Zeiten wird die Theorie der Spektrallinien den Namen Bohrs tragen. Aber noch ein anderer Name wird dauernd mit ihr verknüpft sein, der Name Plancks. Alle ganzzahligen Gesetze der Spektrallinien und der Atomistik fließen letzten Endes aus der Quantentheorie. Sie ist das geheimnisvolle Organon, auf dem die Natur die Spektralmusik spielt und nach dessen Rhythmus sie den Bau der Atome und der Kerne regelt."

Paul Dirac: "Die Theoretiker sind eifrig dabei, verschiedene Modelle des Universums zu basteln mit Annahmen, die ihnen gerade passen. Wahrscheinlich sind diese Modelle alle falsch. Mehr und mehr hat es sich in letzter Zeit herausgestellt, daß die Natur nach einem ganz anderen Plan arbeitet. Ihre Grundgesetze beziehen sich nicht ganz unmittelbar auf eine Welt, die wir uns in Raum und Zeit vorstellen können, sondern diese Gesetze gelten für ein Etwas, von dem wir uns keine anschauliche Vorstellung machen können ohne ganz unwesentliche Züge mit aufzunehmen. Unser Ziel ist, eine einzige umfassende Theorie zu erhalten, die die ganze Physik beschreiben wird. Sie ist unser letztes Ziel, auf das hin alle Physiker arbeiten. Der Herrgott ist ein Mathematiker ersten Ranges."

Martin Rees: "Die Paradoxien der Quantenmechanik und das Wesen des Bewußtseins sind sicher zwei der allergrößten Geheimnisse. Es ist verblüffend, daß John Wheeler und Roger Penrose, die beiden originellsten und einflußreichsten der heutigen Theoretiker, die über Raum und Zeit nachdenken, beide in ihren späteren Jahren die Meinung vertraten, daß diese Geheimnisse miteinander zu tun haben, eine Meinung, die wenige andere teilten. Der Viele-Welten-Ansatz sieht unser gesamtes Universum als ein einziges Quantensystem. Das spricht besonders die Kosmologen an, für welche die Kopenhagener Deutung nicht zufriedenstellend ist, weil es dort keinen Beobachter geben kann, der das System, das ja das gesamte Universum umfaßt, von außen betrachtet. Die eigentliche Frage lautet: Weshalb gibt es überhaupt etwas? Fragen wie diese liegen außerhalb der Naturwissenschaften, sie gehören in den Bereich der Philosophie und der Theologie. Wir Menschen befinden uns nahezu in der Mitte zwischen Kosmos und Mikrowelt. Die Masse der Sonne entspricht ungefähr derselben Anzahl menschlicher Körper, wie es in jedem von uns Atome gibt. Die Verknüpfung von Makrokosmos und Mikrokosmos erfordert allerdings noch einen wissenschaftlichen Durchbruch. Die Physik des 20. Jahrhunderts ruhte auf zwei großen fundamentalen Theorien: der Quantentheorie und Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, die Zeit, Raum und Gravitation beschreibt, aber keine Quanteneffekte berücksichtigt. Auch heute noch ergeben sich aus beiden Theorien verschiedene Strukturen. Solange es keine vereinheitlichte Theorie aller Kräfte gibt, die sowohl den Makrokosmos als auch die Mikrowelt umfasst, haben wir die wirklich grundlegenden Eigenschaften unseres Universums nicht verstanden."

Roger Penrose: "Die Paradoxa oder "X-Rätsel" sind zwar quantenphysikalisch ebenso ein wahrer Bestandteil dieser Welt, erscheinen aber so unplausibel und paradox, dass wir uns sträuben, sie als wirklich wahr hinzunehmen. Das bekannteste X-Rätsel ist das Paradoxon von Schrödingers Katze: Schrödingers Gedankenspiel von einer in einem verschlossenen Kasten gefangenen Katze, deren Schicksal von der Zufälligkeit eines radioaktiven Zerfallsprozess abhängt. Ich glaube, daß unserem gegenwärtigen Bild der physikalischen Realität, vor allem hinsichtlich des Wesens der Zeit, ein gewaltiger Umsturz bevorsteht, er wird vielleicht sogar noch grösser sein, als die Umwälzung, die bereits durch Relativitätstheorie und Quantenmechanik ausgelöst worden ist." Zur Problematik des Bewusstseins:" Intelligenz erfordert ein Bewußtsein, denn wäre es überflüssig für unser Verhalten, so hätte die Evolution bei der Entwicklung von intelligenten Systemen auf Bewußtsein verzichtet, bzw. die intelligenten Lebewesen wären zumindest später dahingehend `degeneriert', daß sie kein unnötiges Bewußtsein mehr hätten. Das Vokabular mit dem wir über bewußte und unbewußte mentale Prozesse sprechen legt eine nicht-algorithmische Natur der bewußten mentalen Prozesse nahe. Das Gödel-Argument verrät uns für meine Begriffe, dass wir nicht einfach algorithmische Einheiten sind, dass Verstehen über das Bewusstsein hinausgeht. Es sagt nicht, dass es etwas Unphysikalisches ist, aber etwas Entscheidendes fehlt. In der Quantenmechanik wird am offensichtlichsten, dass wir nicht genug über die Physik wissen. Deshalb ist das vermutlich der Ort, wo wir suchen müssen. Würden wir die Quantenmechanik richtig verstehen, könnten wir die klassische Physik aus ihr ableiten. Das menschliche Bewusstsein ist im Kern ein quantenmechanisches Phänomen. Eine naturwissenschaftliche Weltanschauung, die nicht tiefgründig mit dem Problem von Geist und Bewusstsein zurecht kommt, hat keinen ernsthaften Anspruch auf Vollständigkeit."

Brian Greene: "Während sich mit Einsteins Theorien das ganz große Universum erklären ließ, wandte sich die neue Theorie dem ganz Kleinen zu. Es handelt sich um die Quantentheorie. Was in der großen Welt undenkbar ist, ist in der kleinen Welt möglich. Teilchen können auf ihrem Weg von A nach B jeden in Frage kommenden Weg zurücklegen, können durch Wände spazieren usw. Bereits Einstein dachte an die Möglichkeit, beide Welten zu vereinen, scheiterte jedoch dabei. Einen neuen Ansatz zur Vereinigung der beiden Gegensätze stellt die Superstringtheorie dar, die – wenn sie sinnvoll sein soll – zeigt, dass allgemeine Relativitätstheorie und Quantenmechanik aufeinander angewiesen sind. Sollte sich die Superstringtheorie als richtig erweisen, müssten wir uns zu der Einsicht bequemen, dass die uns vertraute Wirklichkeit nur ein zarter Schleier ist, der über eine dicht und reich gewebte kosmische Struktur gebreitet ist. Wir können nur dann hoffen, den Ursprung des Universums zu verstehen - eine der wichtigsten Fragen überhaupt in der Naturwissenschaft -, wenn es uns gelingt, den Konflikt zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik zu lösen. Wir müssen den Gegensatz zwischen den Gesetzen des Großen (Makrokosmos) und den Gesetzen des Kleinen (Mikrokosmos) überwinden und sie in einer einzigen harmonischen Theorie vereinigen. Das Konzept einer glatten, sanft gekrümmten Struktur von Raum und Zeit, die uns Albert Einstein vermittelt hat, war zwar eine erfolgreiche und genaue Methode auf grossen Skalen, büsste jedoch seine Gültigkeit ein, wenn wir das Universum bei extrem kleinen Anständen und Zeitskalen betrachten. Das Grundprinzip von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie steht im krassen Widerspruch zum Grundprinzip der Quantenmechanik, nach der uns die Unschärferelation lehrt, dass wir auf winzigen Skalen eine wilde, stürmische und turbulente Umgebung antreffen. Wenn Einsteins Feldgleichungen unter diesen Umständen zusammenbrechen, ist das ein eindeutiger Beleg dafür, dass etwas nicht stimmen kann und wir in unserem Bemühen, das Universum zu verstehen, noch nicht weit genug vorangeschritten sind. Schließlich funktioniert das Universum. Soweit wir sagen können verliert es nirgends seine Gültigkeit und bricht nirgendwo zusammen. Die richtige Theorie des Universums sollte zumindest den gleichen Anforderungen genügen. Die meisten Leute glauben ja, die Urknalltheorie erkläre, wie das Universum begann, mit einem Knall, einer Art Explosion. Aber wenn sie die Gleichungen sorgfältig studieren, dann stellen sie fest, dass sie genau am Anfang, zum Zeitpunkt Null kollabieren. Über den Moment der Schöpfung sagen sie nichts aus. War da wirklich ein Knall? Oder was sonst? Und was war die Ursache? Der Traum eines Physikers wäre es, mit seiner Theorie in einem Bereich zu beginnen, wahrscheinlich noch vor dem Urknall, wo es noch keinen Unterschied zwischen Raum und Zeit gab. Und dann, durch irgendeine Form der Evolution müsste man in den Gleichungen ablesen können, wie Raum und Zeit von selbst entstanden. Das wäre ein grandioser Triumph menschlichen Verstehens. Ich nehme an, dass wir ein viel fundamentaleres Prinzip finden müssen. Raum und Zeit sollten sekundäre Ideen sein, die aus einer tieferen Ebene hervorgehen. Denn jeder Schritt zu einer tieferen Ebene - von Newton zu Einstein, zur Quantenmechanik und so weiter - war ein Schritt zu grösserer Einfachheit. Entscheidend ist, dass wir auf eine immer geringere Zahl von Ideen und Prinzipien angewiesen sind. Und wer diesen Fortschritt zu wachsender Einfachheit betrachtet, kann sich kaum dem Gedanken sperren, dass die Suche irgendwann an ein Ende gelangen wird."

Pierre-Simon Laplace: "Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen."

Jean Guitton: "Im letzten Jahrhundert waren für die meisten aufgeklärten Menschen Wissenschaft und Religion Gegensätze; die Wissenschaft widerlegte die Religion mit jeder ihrer Entdeckungen; und die Religion verbot der Wissenschaft, sich mit der Ersten Ursache zu befassen oder das biblische Wort zu deuten. Doch seit kurzem beginnen wir - noch ohne es zu wissen -, die ungeheure Veränderung zu erleben, die unserer Vernunft, unserem Denken, unserer Philosophie durch die unsichtbare Arbeit der Physiker, der Theoretiker der Welt, aufgezwungen wird. Wir stehen am Beginn einer Revolution des Denkens, eines wissenschaftlichen Bruchs, wie ihn die Philosophie seit mehreren Jahrhunderten nicht erlebt hat. Gesucht ist eine neue Kosmologie, eine vollkommen andere Art, die Realität selbst zu denken. Hinter der sich verflüchtigenden Ordnung der Phänomene, jenseits des äußeren Scheins, stösst die Quantenphysik auf überraschende Weise an die Transzendenz. Die Quantentheorie wie die Kosmologie schieben die Grenzen des Wissens immer weiter vor, bis sie das fundamentale Rätsel berühren, das dem menschlichen Geist gegenübersteht. Die Existenz eines transzendenten Seins, sowohl Ursache als auch Bedeutung des Universums. Warum ist das Universum erschaffen worden? Dieser tiefe Sinn liegt in ihm selbst, in Form einer transzendenten Ursache. Was hat den Schöpfer veranlaßt, das Universum hervorzubringen, so wie wir es kennen? Versuchen wir, es zu verstehen: Vor der Planckschen Zeit existierte nichts. Oder besser gesagt: Es herrschte die zeitlose Totalität, die vollkommene Ungeteiltheit, die absolute Symmetrie. Nur das Urprinzip ist da, im Nichts, eine unendliche, grenzenlose Kraft, ohne Anfang und ohne Ende. In jenem uranfänglichen 'Moment' hat diese Kraft, der Inbegriff von Stärke und Einsamkeit, Harmonie und Vollkommenheit vielleicht nicht die Absicht, irgend etwas zu erschaffen. Sie genügt sich selbst. Und dann geschieht 'etwas'. Was? Ich weiß es nicht. Vielleicht eine Art Unfall des Nichts, eine Fluktuation der Leere: Innerhalb eines phantastisch kleinen Augenblicks wird der Schöpfer, sich dessen bewußt, daß er derjenige ist, der in der Totalität des Nichts ist, beschließen, seiner eigenen Existenz einen Spiegel zu erschaffen.

Die Materie, das Universum: Spiegelungen seines Bewußtseins, endgültiger Bruch der schönen Harmonie des ursprünglichen Nichts: Gott hat sich gewissermaßen ein Bild seiner selbst geschaffen. Ich ahne, daß das, was sich hinter der Planckschen Mauer verbirgt, tatsächlich eine ursprüngliche Form der Energie von grenzenloser Kraft ist. Weiter können die Physiker nicht zurückgehen. Sie treffen auf die Planksche Mauer, die deshalb so genannt wird, weil der berühmte Physiker als erster darauf hingewiesen hatte, dass die Wissenschaft außerstande ist, das Verhalten der Atome unter Bedingungen extremer Gravitation zu erklären. Die Schwerkraft errichtet für jede Forschung eine unüberwindbare Schranke. Daß wir nicht verstehen können, was sich hinter der Mauer befindet, rührt daher, daß allen Gesetzen der Physik angesichts des absoluten Geheimnisses Gottes und der Schöpfung der Boden entzogen wird. Am Anfang der Schöpfung steht kein aleatorisches Ereignis (aleatorisch von lat. alea "Würfel" = Ereignis, das mit ausreichender Information im Prinzip vorhersagbar ist, aber der Wahrscheinlichkeitsverteilung unterliegt z.B. Würfelspiel, Wettervorhersage), kein Zufall, sondern ein Grad von Ordnung, der unendlich höher ist als alles, was wir uns vorstellen können: eine höchste Ordnung, die physikalische Konstanten, Anfangsbedingungen, das Verhalten der Atome und das Leben der Sterne reguliert. Mächtig, frei, geheimnisvoll, implizit, unsichtbar, wahrnehmbar, ist "Es" da, ewig und notwendig, hinter den Phänomenen, über dem Universum, aber in jedem Teilchen präsent."

Der Zustand eines Teilchens wird in der klassischen Mechanik durch die Angabe von Ort und Impuls beschrieben. Die an solchen Teilchen auftretenden Interferenzeffekte (Überlagerung) erfordern die Möglichkeit, dass auch die Linearkombination (Superposition) mehrerer Zustände einen möglichen Zustand bildet. Jeder Zustand, für den zu einer bestimmten Messgröße verschiedene Messwerte mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten vorausgesagt werden, ist eine qantentheoretische Superpostion der zu diesen Messwerten gehörigen Eigenzustände. Die Quantenmechanik ist der klassischen Mechanik übergeordnet und schließt diese als Grenzfall für hohe Energien bzw. den makroskopischen Bereich mit ein (Bohrsches Korrespondenzprinzip).

Die Zustände eines quantentheoretischen Systems bilden einen Hilbertraum (Hilbert-Raum). Ein Hilbertraum, benannt nach dem Mathematiker David Hilbert, ist ein vollständiger Vektorraum mit Skalarprodukt. Das Skalarprodukt induziert Norm (Längen- und Winkelerhaltung), Metrik (Abstandserhaltung) und Topologie (Formerhaltung) und ermöglicht somit die Anwendung geometrischer Methoden auf abstrakten Strukturen. Transformationen (Basiswechsel) zwischen Hilberträumen werden durch strukturerhaltende Abbildungen ermöglicht, den selbstadjungierten linearen Operatoren. Reelle Hilberträume sind auf sich selbst abbildbar (reflexiv), das heißt isometrisch isomorph zu ihrem topologischen Dualraum. Die Beziehung zwischen Vektor- und Dualraum sowie die Bildung des Skalarprodukts wird durch die diracsche Bra-Ket-Notation beschrieben. Der Bra-Ket-Formalismus folgt aus Linearität und Homogenität der Schrödingergleichung, demgemäß die Lösungen dieser Gleichung auch die Lösung derer Linearkombination zur Folge hat.

David Hilbert: "Die Mathematik ist das Instrument, welches die Vermittlung bewirkt zwischen Theorie und Praxis, zwischen Denken und Beobachten: sie baut die verbindende Brücke und gestaltet sie immer tragfähiger. Daher kommt es, daß unsere ganze gegenwärtige Kultur, soweit sie auf der geistigen Durchdringung und Dienstbarmachung der Natur beruht, ihre Grundlage in der Mathematik findet. Diese Überzeugung von der Lösbarkeit eines jeden mathematischen Problems ist uns ein kräftiger Ansporn während der Arbeit, wir haben in uns den steten Zuruf: Da ist das Problem, suche die Lösung. Du kannst sie durch reines Denken finden, denn in der Mathematik gibt es keinen Ignoramus. Wir müssen wissen. Wir werden wissen."

Nach der in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus dem Widerspruch zwischen Quantenmechanik und allgemeiner Relativitätstheorie enstandenen Stringtheorie sind die fundamentalen Bausteine, aus denen die Welt aufgebaut ist, keine zusammengesetzten Teilchen im Sinne von Punkten, sondern vibrierende eindimensionale Fäden (Strings). Gravitationstheorien für Teilchen auf subatomarer Ebene konnten bisher ohne Strings nicht konsistent beschrieben werden. Die Stringtheorie beschreibt die Gravitation quantenmechanisch und umgeht die in den klassischen Feldtheorien auftretenden Probleme der Singularitäten und der zu ihrer Zähmung entwickelten Renormierungstheorie. Nach der Stringtheorie ist zusätzlich zu der vierdimensionalen Raumzeit ein kompaktifizierter siebendimensionaler Raum in Größenordnung der Planck-Länge vorhanden, der einen Ausweg aus dem Hierarchieproblem ermöglicht. Das Hierarchieproblem besteht darin, dass die Gravitation wegen ihrer nicht abschirmbaren unendlichen Reichweite das Universum als Ganzes prägt, aber die schwächste der Grundkräfte ist und nicht an die Kopplungskonstanten der übrigen Grundkräfte angeglichen werden kann.

Die Vereinheitlichung der drei Standardmodell-Grundkräfte elektromagnetische, schwache und starke Kernkraft mit der Gravitation und die dadurch eintretende Reduktion auf eine Urkraft wird durch eine Fermionen-Bosonen-Symmetrie (Supersymmetrie (SUSY)) erwartet, demgemäß zu jedem vorhandenen Elementarteilchen mindestens ein Spiegelteilchen existiert, das mit Ausnahme des Spins (Drehimpuls) exakt gleiche Quantenzahlen besitzt. Nach der dann vorliegenden Superstringtheorie ist zu jedem quadratisch divergenten Korrekturterm ein äquivalenter Term des jeweiligen Superpartners mit entgegengesetztem Vorzeichen vorhanden. Die bei der Vereinheitlichung zu unendlichen Energien führenden Fluktuationen werden kompensiert, die problematischen Schleifenkorrekturen addieren sich zu null. Eine um SUSY-Generatoren erweiterte lokale Raumzeit-Symmetrie beinhaltet zwangsläufig ein masseloses Tensorboson mit Spin 2 (Graviton), welches als Austauschteilchen der Gravitation angenommen wird. Die Raumzeit-Geometrie wird durch eine strukturinvariante Matrix bezeichnet, die Raum- und Zeitvektoren beim Wechsel des Koordinatensystems ineinander umwandelt und die Kausalität von Ereignissen nicht verändert. Die noch in der klassischen Physik (Newtons Himmelsmechanik) vorhandene Trennung von Raum und Zeit wurde 1908 durch das von Hermann Minkowski eingeführte Raumzeit-Konzept ersetzt, welches die drei Raumdimensionen und die Zeitdimension zu einem Vierervektor (Kontinuum) verbindet.

Hermann Minkowski: "Die Anschauungen über Raum und Zeit, die ich Ihnen entwickeln möchte, sind auf experimentell-physikalischem Boden erwachsen. Darin liegt ihre Stärke. Ihre Tendenz ist eine radikale. Von Stund an sollen Raum für sich und Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken, und nur noch eine Art Union der beiden soll Selbständigkeit bewahren."

SUSY schafft die im Standardmodell noch vorhandene Trennung zwischen Materie und Feldern ab und ermöglicht, dass die originär gegensätzlichen Materieteilchen (Fermionen) und Kraftteilchen (Bosonen) durch Verbindung beiderseitiger Massen und Kopplungen ineinander umgewandelt (transformiert) werden können und somit zu einem in zwei orthogonale Teilräume aufgeteilten Hilbertraum (Spin-Multiplett) integriert sind. SUSY vereint Materie- und Kraftteilchen, die gemäß dem Standardmodell nur getrennt beschrieben werden können, indem es jedem Materieteilchen ein supersymmetrisches Spiegelteilchen zuordnet, das sich als Kraftteilchen verhält und umgekehrt. SUSY ist an den Drehimpuls (Spin) eines Teilchens um sich selbst gekoppelt und stellt eine Erweiterung der Dreh-, Verschiebungs- und Spiegelungssymmetrie des Standardmodells dar. Chirale Multipletts beschreiben Quarks und Leptonen, Vektormultipletts beschreiben Eichbosonen. SUSY erweitert die Raum- und Zeitänderungen der speziellen Relativitätstheorie (SRT) um Spin-Freiheitsgrade und ist durch spontane Symmetriebrechung aus der perfekten Symmetrie (CPT-Symmetrie) zwischen Materie und Antimaterie vor dem Urknall entstanden. SUSY gilt als Ursprung der experimentell bisher nicht nachweisbaren dunklen Materie, aus der die beobachtbaren Strukturen des Universums erklärt werden können. SUSY als Erweiterung des Lie-Gruppen-Konzeptes berücksichtigt die R-Parität. Die R-Parität kommutiert mit dem Transformationsoperator der SUSY, ist also eine diskrete Parität und kann daher in der Natur und am Large Hadron Collider (LHC) nicht direkt beobachtet werden.

Das Bose-Einstein-Kondensat (BEK) ist ein Systemzustand, in dem sich der überwiegende Anteil der Teilchen mit ganzzahligem Spin in demselben quantenmechanischem Zustand befindet. Das ist nur dann möglich, wenn die Teilchen Bosonen sind, weil sich bei Vertauschung gleicher Bosonen das Vorzeichen der Wellenfunktion nicht ändert und somit symmetrisch ist. Als Konsequenz daraus können gleichartige Bosonen in beliebiger Zahl denselben Quantenzustand besetzen und makroskopisches Verhalten zeigen. Wechselwirkungsfreie bosonische Vielteilchen-Systeme stellen im Gegensatz zu Gaskondensaten der klassischen Physik, in der jedes Teilchen als unterscheidbar angenommen wird, ein kollektives und nicht in Einzelteile zerlegbares Ganzes dar. Die Wellenfunktionen der Atome werden durch Kohärenz zu einer makroskopischen Wellenfunktion des Kondensats zusammengefasst. Die Selbstorganisation bildet einen Ordnungsparameter mit einheitlicher Phase (phasis: griechisch für Erscheinungsform), der jedes hinzukommende Atom makrodeterminiert, das heisst in den Takt des Kondensats integriert. Eine makroskopische Anzahl von gleichartigen Teilchen korreliert und besetzt den Grundzustand mit Energie null im Mikro-Kelvin-Bereich nahe am absoluten Temperaturnullpunkt (-273,15° Celsius). Das BEK ultrakalter Atome bildet neben den Aggregatzuständen flüssig, fest, gasförmig und Plasma die fünfte Erscheinungsform der Materie, mit der erstmals Interferenz über makroskopische Entfernungen möglich ist. Die Existenz homogener Bosegase steht im Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, nach dem die Entropie (Unordnung) bei reversibel adiabaten (isentropen) Zustandsänderungen nicht abnehmen kann und somit die Atome eigentlich zu einer Flüssigkeit kondensieren oder in einen festen Körper ausfrieren müssten, anstatt in einen Überlagerungszustand mit perfekter Ordnung überzugehen.

Arthur Eddington: "Ich glaube, daß dem Gesetz von dem ständigen Wachsen der Entropie – dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik – die erste Stelle unter den Naturgesetzen gebührt. Wenn jemand Sie darauf hinweist, daß die von Ihnen bevorzugte Theorie des Universums den Maxwellschen Gleichungen widerspricht, – nun, so können Sie sagen, um so schlimmer für die Maxwellschen Gleichungen. Wenn es sich herausstellt, daß sie mit der Beobachtung nicht vereinbar ist, – gut, auch Experimentalphysiker pfuschen manchmal. Aber wenn Ihre Theorie gegen den Zweiten Hauptsatz verstößt, dann ist alle Hoffnung vergebens. Dann bleibt ihr nichts mehr übrig, als in tiefster Demut in der Versenkung zu verschwinden."

Max Planck:[46][47] [48][49]" Es hat Zeiten gegeben, in denen sich Philosophie und Naturwissenschaft fremd und unfreundlich gegenüberstanden. Diese Zeiten sind längst vorüber. Die Philosophen haben eingesehen, daß es nicht angängig ist, den Naturforschern Vorschriften zu machen, nach welchen Methoden und zu welchen Zielen hin sie arbeiten sollen, und die Naturforscher sind sich klar darüber geworden, daß der Ausgangspunkt ihrer Forschungen nicht in den Sinneswahrnehmungen allein gelegen ist und daß auch die Naturwissenschaft ohne eine gewisse Dosis Metaphysik nicht auskommen kann. Da es im gesamten Weltall weder eine intelligente noch ewige abstrakte Kraft gibt - es ist der Menschheit nie gelungen, das ersehnte perpetuum mobile (= das aus sich selbst bewegte) zu finden - so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten, intelligenten Geist annehmen. Damit kommt der Physiker, der sich mit der Materie zu befassen hat, vom Reiche des Stoffes in das Reich des Geistes. Und damit ist unsere Aufgabe zu Ende und wir müssen unser Forschen weitergeben an die Philosophie. Wir können diese Welt nicht erklären, da wir selber Teil ihres Systems sind und nicht ausserhalb und über dem System stehen. Aber allein die einfache Tatsache, daß wir wenigstens bis zu einem gewissen Grade imstande sind, künftige Naturereignisse unseren Gedanken zu unterwerfen und nach unserem Willen zu lenken, müsste ein völlig unverständliches Rätsel bleiben, wenn sie nicht zum mindesten eine gewisse Harmonie ahnen ließe, die zwischen der Außenwelt und dem menschlichen Geist besteht. Und es ist logisch genommen nur eine Frage von sekundärer Bedeutung, bis zu welcher Tiefe man sich die Reichweite dieser Harmonie erstreckt denken will. Die vollendetste Harmonie und damit die strengste Kausalität gipfelt jedenfalls in der Annahme eines idealen Geistes, der sowohl das Walten der Naturkräfte als auch die Vorgänge im Geistesleben des Menschen bis ins Einzelste und Feinste in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft durchschaut hat. Während man, wie wir gesehen haben, zum Verständnis einer strengen Kausalität im Weltgeschehen der Annahme eines idealen, alles durchschauenden Geistes bedarf, ist die Frage, ob der Wille frei ist oder nicht, lediglich eine Angelegenheit des Selbstbewußtseins, sie kann also nur durch das eigene Ich entschieden werden. Der Begriff der menschlichen Willensfreiheit hat nur den Sinn, daß der Mensch sich selbst innerlich frei fühlt, und ob das der Fall ist, kann nur er selbst wissen. So sehen Sie, meine sehr verehrten Freunde, wie in unseren Tagen, die nicht mehr an den Geist als den Urgrund der Schöpfung zu glauben vermögen und darum in bitterer Gottesferne stehen, es gerade das Winzigste und Unsichtbare ist, das die Wahrheit wieder aus dem Grab materialistischen Stoffwahnes heraus führt und die Welt verwandelt. Das Ziel ist die Schaffung eines Weltbildes, dessen Realitäten keinerlei Verbesserung mehr bedürftig sind und die daher das endgültig Reale darstellen. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß die neue Auffassung des Zeitbegriffs an die Abstraktionsfähigkeit des Physikers die allerhöchsten Anforderungen stellt. Sie übertrifft an Kühnheit wohl alles, was bisher in der Naturforschung, ja in der philosophischen Erkenntnistheorie geleistet wurde; die nichteuklidische Geometrie ist Kinderspiel dagegen. Was zur Verwunderung herausfordert, weil es sich durchaus nicht von selbst versteht, das ist der Umstand, dass das neue Weltbild das alte nicht etwa aufhebt, sondern dass es dieses vielmehr in seiner ganzen Vollständigkeit bestehenlässt, mit dem einzigen Unterschied, dass es ihm noch eine besondere Bedingung hinzufügt - eine Bedingung, die auf eine gewisse Einschränkung hinausläuft. In der Tat bleibt die klassische Mechanik vollkommen zutreffend für alle Vorgänge, bei denen die Lichtgeschwindigkeit als unendlich gross und das Wirkungsquantum als unendlich klein betrachtet werden darf. Das frühere Weltbild bleibt also erhalten, nur erscheint es jetzt als ein spezieller Ausschnitt aus einem noch größeren und zugleich noch einheitlicheren Bilde. Mit der durch dieses Prinzip im Bereich der physikalischen Weltanschauung hervorgerufenden Umwälzung ist an Ausdehnung und Tiefe wohl nur noch die durch die Einführung des kopernikanischen Weltsystems bedingte zu vergleichen. Sehen wir nämlich genauer zu, so glich das alte System der Physik gar nicht einem einzelnen Bild, sondern viel eher einer Gemäldesammlung, denn für jede Klasse von Naturerscheinungen hatte man ein besonderes Bild. Und diese verschiedenen Bilder hingen nicht miteinander zusammen; man konnte eines von ihnen entfernen, ohne die anderen zu beeinträchtigen. Das wird in dem zukünftigen physikalischen Weltbild nicht möglich sein. Kein einziger Zug desselben wird als unwesentlich fortgelassen werden können, jeder ist vielmehr unentbehrlicher Bestandteil des Ganzen. Die Signatur der ganzen bisherigen Entwicklung der theoretischen Physik ist eine Vereinheitlichung ihres Systems. In dieser gegenseitigen Anpassung der verschiedenen Theorien liegt der Hauptkeim ihrer Fortentwicklung zu einer höheren Einheit. Die Wissenschaft kann die letzten Rätsel der Natur nicht lösen. Sie kann es deswegen nicht, weil wir selbst ein Teil des Rätsels sind, das wir lösen wollen."

Das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik, nach dem die Integration der nichtlinearen Differentialgleichungen scheinbar unvorhersagbar-chaotischer Umlaufbahnen von drei sich gegenseitig anziehenden Himmelskörpern zu den schwierigsten mathematischen Problemen gehört, ist mit ultrakalten Bosegasen leichter zu formulieren. Vitali Efimov prophezeite Anfang der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, dass es in der Quantenwelt ein Analogon zum klassischen Dreikörperproblem geben müsse, demgemäß sich drei Teilchen unter Ausnutzung ihrer quantenmechanischen Eigenschaften zu einem Objekt vereinen können, obwohl sie paarweise zu keiner Verbindung imstande sind.

Die Kondensation von atomaren Bosegasen bei Überschreiten einer kritischen Phasenraumdichte wurde 1925 von Albert Einstein vorausgesagt und im Jahr 1995 erstmals experimentell von Eric A. Cornell, Wolfgang Ketterle und Carl E. Wieman in einer TOP-Falle aus einem Gas von Rubidium- bzw. Natriumatomen hergestellt. Obwohl Albert Einsteins Arbeiten der klassischen Physik zuzuordnen sind und er vehementer Gegner der Quantenmechanik war bzw. wegen der Widersprüche zur allgemeinen Relativitätstheorie zwangsläufig sein musste, hat er mit seiner Vorhersage einen Beitrag zum Verständnis von makroskopischen Quantenzuständen erbracht. Einstein wollte die Quantentheorie u.a. mit seinem Gedankenexperiment zur Photonenwaage widerlegen, indem er Heisenbergs Unschärferelation aushebelt, was ihm jedoch nicht gelang. Albert Einstein hat in der Quantenmechanik keinen umfassenden kausalen Determinismus der Naturphänomene erkannt, weil er die Rolle des Beobachters nicht deuten konnte. Der Ausgang von Experimenten, das heißt der Übergang von der kohärenten Superposition zu einem nicht interferenzfähigen Einzelzustand, hing paradoxerweise davon ab, ob das Experiment von jemandem oder von keinem beobachtet wurde (EPR-Effekt, Schrödingers Katze).

Quantensysteme erzeugen ihre Interiorität (ihre Unzugänglichkeit) mit einer vierteiligen Äquivalenzrelation. Subjekt A kann zugleich Objekt B sein, Objekt A kann zugleich Subjekt B sein, wobei Subjekt A und B bzw. Objekt A und B das gleiche, aber nicht dasselbe sind. Die Relate sind gegenläufig eingestellt und verhalten sich polar zueinander, sodass kein direktes Aufeinandertreffen von erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt möglich ist. Die Relation gewährt transzendentale Reversibilität und ist daher jedem möglichen Beobachtungsprozess in Zeit und Raum einen Schritt voraus, wobei die Tendenz Subjekt und Objekt im Reflexionsprozess zu spiegeln vergleichbar mit einem Perpetuum mobile immer erhalten bleibt. Kreisprozesse sind nur dann rückführbar und umkehrbar, wenn die Entropiedifferenz zwischen Anfangs- und Endzustand Null beträgt, was wiederum nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nur in rekursiv geschlossenen Systemen ohne Wechselwirkung mit der Aussenwelt möglich ist. Sofern das präreflexive Bewusstsein gerade deswegen ohne Entropiesteigerung funktioniert und fortbesteht, weil es den Beobachter als Akteur der Makroebene ausschließt und jede Reflexion durch Symmetrietransformation unterbindet, stellt sich die aus der klassischen Logik resultierende verheerende Wirkung der Endlosspiegelung nicht ein, weil Spiegelndes und Gespiegeltes einander exakt entgehen und es daher nicht der ad infinitum Hinzufügung eines Spiegelnden für bereits Gespiegeltes braucht, was es, um nicht in den Kontraktionsregress zu geraten, selbst nicht sein könnte. Die Aporie in der Regressproblematik wird durch den beschriebenen, nicht dem Perspektivenwechsel unterliegendem Formalismus verhindert und kommt ab Eintritt der Überlagerung mit instantaner Wirkung nicht mehr zur Anwendung. Das Cogito erzeugt seine Vorreflexivität und damit die Letztbegründung aus dem Zusammenwirken von (a) Kontraktion, der unendlich fortschreitenden Reflexionstendenz und (b) Transformation, der aus dem Formalismus resultierenden Unmöglichkeit der Reflexion. Das Cogito ist der reflexionslose, reversible Ruhepol des denkenden (reflexiven) Bewusstseins.

Helmut Willke: "Erst die rekursive Schließung eines Prozesses, der sich in seinen Operationen ausschließlich auf sich selbst bezieht und deshalb alle Teilreaktionszyklen des Gesamtprozesses erfasst und deshalb geschlossen sein muss, ermöglicht die eigene Reproduktion dieses Gesamtprozesses nach immanenten Steuerungsregeln. Konkret heisst dies, dass eine Zelle, ein Organismus oder ein menschliches Nervensystem die eigene Konstituierung ausschließlich nach den eigenen operativen Gesetzmäßigkeiten bewerkstelligt und steuert; eine Steuerung des systemspezifischen Operationsmodus von außen ist nicht möglich, es sei denn um den Preis der Zerstörung der autopoetischen Qualität des Systems. Die Besonderheit psychischer und sozialer Systeme liegt darin, dass sie einen Grad an Eigenkomplexität und Umweltdifferenz erreicht haben, der ihnen die Bildung interner Außenweltmodelle und mithin aufgrund reflexiver Prozesse Selbstbewusstsein und die Thematisierung der eigenen Identität ermöglichen. Erforderlich ist eine theoriegeleitete Suche nach denjenigen Organisationsprinzipien oder Eigenschaften, welche die spezifische Qualität und Identität eines bestimmten Systems charakterisieren. Dieser Suchprozess ist außerordentlich schwierig, weil in systemtheoretischer Perspektive sich die beiden traditionellen Suchprozesse - Induktion und Deduktion - als unzulänglich erweisen. Induktion, das Schließen von Teilen auf das Ganze, kann über die Aggregation (Ansammlung) der Eigenschaften von Teilen nicht hinauskommen und verwehrt somit die Erkenntnis gerade dessen, was zentral wäre: Die nur durch das Ganze charakterisierten neuartigen Eigenschaften und die Rückwirkungen dieser Systemeigenschaften auf die Teile. Deduktion andererseits, das Schließen von einer Gesamtheit auf die sie bildenden Elemente, setzt aber die Gesamtheit voraus. Diese kann der Erfahrungswissenschaftler aber nicht einfach behaupten, sondern er muss sie herleiten, und die Frage ist: Woher?"

Die klassische Logik geht von einer zweiteiligen Relation zwischen Subjekt und Objekt aus. Eine zweiteilige Relation kann das präreflexive Bewusstsein nicht erklären, weil sie entweder/-oder-konzeptioniert ist und somit die Regressproblematik des reflexiven Bewusstseins, d.h. den Dualismus [reflektierend/reflektiert] auf die präreflexive Ebene überträgt. Die klassische Logik begeht einen Zirkelschluss, indem sie dort zu beobachten versucht, wo die Dualität von erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt aufgehoben ist und daher jede Beobachtung per Prinzip ausgeschlossen ist. Die Interiorität im Quantensystem besteht in vollendeter Weise und ist durch nichts zu umgehen, ohne dass eine Reduktion des Zustandsvektors eintritt und die ganzheitliche Überlagerung somit ihr Ende gefunden hat. Quantensysteme bleiben nur solange in ihrer systemimmanenten (autopoietischen) Überlagerung, wie kein steuerndes Eingreifen von außen erwartet oder versucht wird. Es scheint von höherer Stelle vorgegeben zu sein, dass die Kausalität der Quantenmechanik absolut beobachterinvariant ist und der Mensch in bestimmten Naturvorgängen von jeder Möglichkeit zur Mitwirkung außen vor bleibt oder, um es mit den Worten von Niels Bohr auszudrücken, auf komplementäre, aber einander ausschliessende Züge der Beschreibung verwiesen wird. Die Konzeption einer nicht zwischen Subjekt und Objekt unterscheidenden Quantenlogik betrachtet entgegen dem der klassischen Physik zugrundeliegendem Logikkalkül die Ganzheit nicht als Summe seiner Teile und rechnet insofern nicht auf kleinste Teilchen, sondern bis zum Vorliegen einer polaren Zweiheit zurück. Die non-duale Quantenlogik ist als komplementäre (umfassendere) Logik in der Lage, Werner Heisenbergs Unschärferelation Rechnung zu tragen und die entweder/ oder-konzeptionierte klassische Logik als Unterfall zu enthalten. Das entweder/ oder der klassischen Logik ist zurückzuführen auf den Satz vom ausgeschlossenen Dritten, der in der Quantenlogik nicht angewendet wird, weil es mit dem Bose-Einstein-Kondensat sehr wohl ein Mittleres (eine Verbindung) zwischen der reversiblen Fourier-Transformation in der Quantenmechanik (Zeitumkehr im Mikrokosmos) und der kontrahierenden Irreversibilität der Thermodynamik (keine Zeitumkehr im Makrokosmos) gibt. Die Ganzheit (das Sowohl-als auch) ist mehr als die Summe seiner Teile, das gleiche ist nicht dasselbe. Logik-Entwürfe, die Paradoxien dialektisch auf ihre scheinbare bzw. endgültige Natur hin untersuchen, werden als parakonsistent bezeichnet.

In der Kosmologie werden verschiedene Varianten gravitativer Bose-Einstein-Kondensate (Gravasterne, Bosonensterne) als Alternativkonzept zu schwarzen Löchern diskutiert. Schwarze Löcher, wenn es sie denn gibt, werden nach der allgemeinen Relativitätstheorie als ringförmiger Punkt unendlich kleiner Ausdehnung und unendlich hoher Dichte beschrieben, als Singularität mit unendlich gekrümmter Raumzeit. Die nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie beschreiben das Zusammenwirken von Geometrie, Gravitation und Materie durch näherungsweise Integration und sind nur unter idealisierten Bedingungen gültig. Die Einsteingleichungen erzeugen in unmittelbarer Nähe zu Singularitäten einen gravitationsverstärkenden infiniten Regress und sind nicht linear (kohärent) superponierbar, das heisst die Summe von Gravitationsfeldern, die jede für sich betrachtet eine Lösung seines Gravitationsgesetzes darstellt, steht im Allgemeinen nicht im Einklang mit seinem Gravitationsgesetz. Physikalische Kräfte werden nach der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik grundlegend verschieden beschrieben. Die Allgemeine Relativitätstheorie beschreibt die Gravitation als geometrischen Aspekt des Raum-Zeit-Kontinuums, in der Quantenmechanik werden Kräfte durch den Austausch von Eichbosonen beschrieben.

Singularitäten sind Zustände, in denen die nichtlinearen Gesetze der allgemeinen Relativitätstheorie nicht mit den linearen Gleichungen der Quantenmechanik in Einklang gebracht werden können. Gemäß der Forderung des generellen Reduktionismus müssen alle physikalischen Phänomene renormierbar, das heisst ohne Erzeugung von Endlosrekursionen durch die Mikrophysik beschrieben werden. Die Annahme von Grava- bzw. Bosonensternen macht daher Sinn, weil derselbe Mechanismus zur Entstehung makroskopischer Quantenzustände sowohl für kosmische Objekte als auch für Elementarteilchen, Atome und Moleküle gelten würde und im Gegensatz zu schwarzen Löchern keine mathematisch nicht zu erklärende intrinsische (von innen her kommende) Singularität vorliegt. Kosmische Objekte, in denen extreme Gravitationskräfte auf engstem Raum wirken, sind als Nahtstelle zwischen allgemeiner Relativitätstheorie (ART) und Quantentheorie von besonderer Bedeutung. Man nimmt an, dass Universen (Raum, Zeit und Materie) durch primordiale Vakuumpolarisation aus diesen Gebilden entstehen und auch dahin zurückkehren. Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts angenommene Äther als raumzeitliches Bezugssystem wurde durch die Vorstellung eines allumfassenden Quantenvakuums abgelöst, dem geometrischen Ort aller Kräfte und Felder der Natur. Die Felder des Quantenvakuums erstrecken sich durch die Raumzeit, die selbst am absoluten Temperaturnullpunkt noch aktiven Energien des Vakuums sind virtuell, das heißt nicht physisch beobachtbar, aber dennoch in ihrer Funktion vorhanden.

Außerhalb kosmologischer Erklärungen wird BEK hauptsächlich in der monentanen Entwicklung von Quantencomputern genutzt, welche die Vision von informationsverarbeitenden Systemen vergleichbar mit dem menschlichen Gehirn ermöglichen. In Quantencomputern können mittels miteinander verschränkter Qubits, deren Informationsübertragung nicht auf die Lichtgeschwindigkeit begrenzt ist, parallele Rechnerleistungen erzeugt werden. Rechenoperationen, für die (nacheinander berechnende) herkömmliche Computer mehrere Jahre brauchen, können binnen Sekunden gelöst werden. Quantencomputer testen alle Lösungsmöglichkeiten simultan und filtern die richtige heraus. Quantencomputer nutzen die Linearkombination von Basiszuständen im Fockraum zum Beispiel beim Shor-Algorithmus zur Primzahl-Zerlegung.

In der Quantenmechanik bedeutet die Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen, dass an keiner Stelle durch Zustandsreduktion festgelegt werden darf, welches von ihnen welchen der im System gerade besetzten Einteilchenzustände einnimmt. Bei gleichartigen Teilchen gilt, dass das Vertauschen zweier Teilchen eines Systems zu keinem neuen Zustand führen kann. Miteinander verschränkte Teilchen, die jemals in Wechselwirkung standen, bilden auch dann ein korreliertes Gesamtsystem mit telepathieähnlicher Informationsübertragung, wenn weite Entfernungen zwischen ihnen liegen. So werden miteinander verschränkte Photonen durch einen gemeinsamen Zustandsvektor beschrieben, der zwei Teilchen A und B prinzipiell unbestimmte, aber entgegengesetzte Polarisationen zuordnet. Die Messung einer vertikalen Polarisation bei Teilchen A bedingt die instantane horizontale Polarisation bei Teilchen B und umgekehrt. Die Synchronität verschränkter Teilchen impliziert eine absolute Gleichzeitigkeit und widerspricht daher einer der grundlegendsten Annahmen der klassischen Physik, dem Prinzip der Lokalität.

Anton Zeilinger:[50] [51]" Die Quantenphysik ist eine sehr abstrakte Beschreibung der Natur, mit sehr viel mathematischem Formalismus. Die ganze moderne Halbleiterphysik wäre ohne sie nicht denkbar. Wo liegt also das Problem, wo liegen die Schwierigkeiten? Nun, sie treten gerade dort auf, wo es um Begriffe wie Verstehen, Bedeutung, Sinn etc geht. Wo wir etwa Fragen stellen wie die, was diese Theorie für unser Weltbild bedeutet oder gar Fragen nach dem Warum, dem So-Sein der Theorie in sehr allgemeiner Weise. Wir haben in den Naturwissenschaften gelernt, dass der Schlüssel zum Verständnis oftmals darin liegt, gewisse Trennlinien in unseren Köpfen aufzuheben. Newton hat gezeigt, dass der Apfel nach denselben Gesetzen auf den Boden fällt, wie der Mond um die Erde kreist. Damit hat er die Unterscheidung zwischen irdischen und himmlischen Phänomenen obsolet gemacht. Und Einstein hat die Unterscheidung zwischen Raum und Zeit aufgehoben. Doch wir ziehen in unseren Köpfen immer noch die Trennlinie zwischen Wirklichkeit und Wissen über die Wirklichkeit, also zwischen Wirklichkeit und Information. Und diese Linie kann man nicht ziehen. Es ist nun klar, warum Albert Einstein die Quantenphysik kritisierte, warum er Verschränkung als ‘spukhaft’ bezeichnete. Sein Bild einer real, faktisch existierenden Wirklichkeit, die in ihren wesentlichen Eigenschaften unabhängig von uns ist, diese Trennung von Wirklichkeit und Information ist offenbar nicht haltbar. Bohr hat die neue Theorie zweifellos gut verstanden. Auch Einstein wusste worum es geht, hat die Theorie aber attackiert. Er diskutierte zum Beispiel 1909 bei der Jahrestagung der Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte in Salzburg das Problem des Welle-Teilchen-Dualismus. Wie könne denn, so fragte er, am Doppelspalt ein Beugungsbild entstehen, wenn jedes Teilchen jeweils doch nur durch einen Spalt gehen kann. Das Faszinierende ist nun, dass aus der Weise, wie die Quantenphysik dies handhabt, Neues folgt, nämlich das Interferenzphänomen. Damit Interferenz eintritt, darf es niemandem - wo immer er sich befindet und welche noch so fortgeschrittene Technologie er besitzt - möglich sein, herauszufinden, welchen der beiden Wege das Teilchen genommen hat. Man muss also das System hinreichend von der Umgebung isolieren. Wird ein Photonenpaar erzeugt und die beiden Photonen in unterschiedliche Richtungen auseinandergeschickt, so ist das eine Photon stets (ohne Zeitverzögerung) über den Zustand des anderen Photons informiert. Bei der Quantenverschränkung bleiben zwei oder mehrere Teilchen auf scheinbar paradoxe Weise auch über große Distanzen miteinander verbunden. Das kann man im klassischen Weltbild nicht erklären. Die spukhafte Fernwirkung, das ist ein Vorgang jenseits von Raum und Zeit, das kann auch ich mir nicht richtig vorstellen. Da wissen zwei Prozesse voneinander innerhalb einer Zeit, in der gar kein raumzeitliches Signal übertragen werden kann. Vor vielen Jahren, als wir unsere ersten Experimente zur Teleportation gemacht haben - Informationsübertragung also - da hat mir die Intuition gesagt:" Es muss irgendwo eine Möglichkeit geben, dass man zwei Teilchen, die von verschiedenen Ecken sind und die man zusammenbringt und misst, dass die ihre Identität vergessen (d.h. ununterscheidbar werden)." Damals haben wir uns gesagt, das muss irgendwie mit einem Spiegel gehen, der die Teilchen genau reflektiert. Und hin und her, nach einiger Zeit ist es gegangen. Aber diese Welt ist für uns nicht direkt erfahrbar oder beschreibbar. Denn jede Beschreibung läuft über die Information und so gerät man unweigerlich in einen Zirkel. Es gibt eine Grenze, da können wir nicht drüber. Um die Quantenphysik zu verstehen, müssen wir ungewöhnlich denken. Ich bezweifle, ob wir diese Bahnen historisch schon beschritten haben. Einstein hat sich schon sehr früh mit philosophischen Werken wie Kants Kritik der reinen Vernunft auseinandergesetzt. Ich glaube, das war wesentlich mitentscheidend für seine Theorien. Leider ist diese Art der philosophischen Beschäftigung in der Physik heute verloren gegangen. Ich halte das für eine Fehlentwicklung. Wenn eine Welt hinter dem Schleier gesucht wird, den Einstein immer gelüftet haben wollte, dann ist dieser der Schleier des Nichtwissens um die Prämissen unserer Urteile, wodurch der Urteilende ihnen ausgeliefert bleibt und von Meinungen (gr. "doxa") beherrscht wird. Daher gilt es, als Erstes diesen Schleier zu heben, wollen wir die Herren und nicht die Knechte unserer Gedanken sein (Herr-Knechtschaft-Dialektik). Der Zufall in der Quantenphysik ist also nicht ein subjektiver, er besteht nicht deshalb, weil wir zu wenig wissen, sondern er ist objektiv. Da kommt eine Entwicklung auf uns zu, die Kopernikus (heliozentrischer Paradigmenwechsel) in den Schatten stellt. Ich glaube, wir haben erst begonnen, die Oberflächen der Wahrheit anzukratzen. Wir kommen an Fragen wie: Was ist Wirklichkeit? Was gibt es da draußen? Was hat das mit mir als Beobachter zu tun? Meine persönliche Meinung ist, dass wir diesen philosophischen Fragen nicht ausweichen können, wenn wir wissen wollen, wie es weitergeht. Dass das neue Paradigma ganzheitliche Aspekte enthalten wird, ist sehr wahrscheinlich. Da setzt sich eine Auffassung durch, die radikaler ist. Und zwar bewirkt die Messung nicht nur eine Veränderung des Beobachteten, sondern die Auswahl des Messinstruments legt fest, welche Eigenschaft vorliegen kann. Und da kann man vielleicht irgendwann auf der Metaebene eine Erklärung finden, warum die Physik so sein muss wie sie ist. Ich nenne das die zwei Freiheiten. Zuerst die Freiheit des Experimentators in der Wahl des Messapparats. Das hängt mit meiner Willensfreiheit zusammen. Und dann die Freiheit der Natur, mir die Antwort zu geben, die ihr beliebt. Die eine Freiheit bedingt sozusagen die andere. Das ist eine ganz feine Eigenschaft. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Philosophen etwas mehr damit auseinander setzten. Wir haben es hier genau genommen nicht mit einer Interpretation zu tun, sondern mit einer Änderung der quantenmechanischen Theorie. Es ist nicht mehr (nur) die Theorie von Heisenberg und Schrödinger, sondern eine modifizierte. Mich verblüfft, wie konservativ die Philosophen sind. Ja, aus Gründen, die ich nicht verstehe, gibt es bei den Philosophen eine Scheu vor radikalen Positionen. Und die Bohrsche Position ist radikal. Warum die Philosophen diese Scheu haben, weiss ich nicht. Offenbar versuchen sie, möglichst viel von der Vorstellung einer Wirklichkeit zu retten, die unabhängig von den Experimenten ist, die wir mit ihr anstellen. Ich hoffe auf einen Denker, der die Quantenphysik endlich einmal so klar auf den philosophischen Punkt bringt, wie es Kant seinerzeit mit der Newtonschen Physik tat. Davon könnte dann auch die Physik etwas lernen. Es gibt aber keinerlei Hinweise darauf, dass die Quantentheorie genau dort zusammenbrechen wird, im Sinne spontaner Reduktionstheorien deren es mehrere gibt, wo es weltanschaulich und konzeptiv wünschenswert ist, nämlich an der Grenze zwischen mikroskopischen und makroskopischen Systemen."

Die Dynamik der quantenmechanischen Zustände eines unbeobachteten Systems wird durch die Schrödingergleichung beschrieben. Lösungen der Schrödingergleichung ergeben einen komplexwertigen Zustandsvektor, der im Gegensatz zum Determinismus der klassischen Mechanik den Aufenthaltsort eines Teilchens nicht in Abhängigkeit von der Zeit beschreibt, sondern die Wahrscheinlichkeitsdichte angibt, ein bestimmtes Teilchen an einem bestimmten Ort zu finden. Erwin Schrödinger entwickelte einen zur Matrixdarstellung (Heisenberg, Born, Jordan) äquivalenten Formalismus (Wellenmechanik) zur Berücksichtigung der Welle-Teilchen-Dualität im Doppelspaltexperiment.

Richard Feynman "Das Doppelspaltexperiment birgt den Kern und das Geheimnis der Quantenmechanik, alle Paradoxien der Natur sind darin enthalten. Es birgt das Herz der Quantenmechanik in sich und ist unmöglich, absolut unmöglich auf klassische Weise zu erklären. Wir können es nicht erklären, sondern nur darüber berichten. Welcher Mechanismus steckt dahinter? Niemand weiß es. Niemand wird ihnen eine tiefergehende Darstellung der Verhältnisse geben. In sehr kleinen Dimensionen verhalten sich die Dinge wie nichts, von dem wir unmittelbare Erfahrung haben. Sie verhalten sich nicht wie Wellen, nicht wie Teilchen oder irgendetwas was wir je gesehen haben. Ich glaube, man kann mit Sicherheit sagen, dass die Quantenmechanik von keinem vollständig verstanden wird. Man sollte sich nach Möglichkeit nicht ständig fragen, warum es so ist, weil man sich nur in eine Sackgasse verirrt, aus der noch keiner herausgefunden hat. Das nächste große Erwachen des menschlichen Geistes könnte durchaus eine Methode hervorbringen, den qualitativen Inhalt der Gleichungen zu verstehen. Heute können wir nicht verstehen, dass die Strömungsgleichungen des Wassers so etwas enthalten wie die spiralige Struktur der Turbulenz, die man zwischen rotierenden Zylindern beobachtet, heute können wir nicht verstehen, ob Schrödingers Gleichungen Frösche, Komponisten oder Moral enthält – oder sie nicht enthält. Deshalb werden wir uns nicht mit der Frage beschäftigen, warum sich die Natur so verhält. Wir haben keine Vorstellung von einem grundlegenderen Mechanismus, aus dem diese Ergebnisse hergeleitet werden können. Es gibt keine brauchbare Theorie, die das Warum erklärt. Korrekte Theorien in der Physik sind vollkommene Gebilde und eine neue Theorie muss wieder ein vollkommenes Gebilde sein, nicht eine Unvollkommenheit, die zu etwas vollkommenem hinzugefügt wird. Das ist das Wesen einer Revolution, das Ersetzen des Alten mit dem Neuen und nicht, dass man neuen Ramsch auf das Alte auflädt. Es ist unmöglich, die Schönheiten der Naturgesetze angemessen zu vermitteln, wenn jemand die Mathematik nicht versteht. Ich bedaure das, aber es ist wohl so."

John von Neumann konnte mit einer aus der Schrödingergleichung hergeleiteten Bewegungsgleichung die Reversibilität eines Prozesses mit seiner Entropieänderung verbinden.

Handelt es sich bei der Vertauschung zweier identischer Teilchen um Fermionen, ist die Wellenfunktion antisymmetrisch, woraus die Austauschwechselwirkung resultiert (Pauli-Prinzip). In der Astrophysik wird durch das Pauli-Prinzip erklärt, dass alte Sterne mit Ausnahme der schwarzen Löcher – zum Beispiel Weiße Zwerge oder Neutronensterne – nicht unter ihrer eigenen Gravitation zusammenbrechen. Hierbei erzeugen die Fermionen einen Gegendruck, der einer weiteren Kontraktion entgegenwirkt. Dieser Gegendruck kann so stark sein, dass es zu einer Supernova kommt. Befinden sich zwei Fermionen in demselben Zustand, wird der Zustandsvektor zum Nullvektor. Die Einnahme desselben Zustands durch zwei Fermionen ist nicht möglich.

Das unterschiedliche Permutationsverhalten von Fermionen und Bosonen ist Grundlage der differenzierten Organisationsfähigkeit von Materie mit Atomen, Molekülen etc.

Bosonen (benannt nach dem indischen Physiker Satyendranath Bose) sind im Standardmodell der Teilchenphysik alle Teilchen, die der Bose-Einstein-Statistik genügen. Nach dem Spin-Statistik-Theorem besitzen sie einen ganzzahligen Spin. Bosonen sind diejenigen Teilchen, welche die Kräfte zwischen den Fermionen vermitteln.

Fermionen (benannt nach Enrico Fermi) sind im physikalischen Sinne alle Teilchen, die der Fermi-Dirac-Statistik genügen. Nach dem Spin-Statistik-Theorem besitzen sie einen halbzahligen Spin. Fermionen sind diejenigen Teilchen, aus denen die Materie besteht. Die Vertauschungsregeln für Materieteilchen gehen vermutlich auf Pascual Jordan zurück, dessen Manuskript über ein halbes Jahr von Max Born unauffindbar verlegt wurde, so dass seine Publikation zu spät kam.

Der Spin (von englisch spin ‚Drehung‘, ‚Drall‘) bezeichnet den bestimmte diskrete Werte annehmenden Eigendrehimpuls eines Teilchens um sich selbst, der auch vorhanden ist, wenn das Teilchen punktförmig ist und mit kinetischer Energie null ruht. Der Spin eines Teilchens bedingt das Symmetrieverhalten des Zustandsvektors bei Teilchenvertauschung. Der Zustandsvektor geht bei Rotation um 360° (Bosonen) bzw. um 720° (Fermionen) in sich selbst über. Neben der grundsätzlichen Bedeutung des Spins bei den Teilchen wird das Wort Spin auch für gebundene Systeme mehrerer Teilchen benutzt und meint dann den Gesamtdrehimpuls, der sich aus den Bahndrehimpulsen und Spins der einzelnen Bausteine zusammensetzt (Hundsche Regeln). Die der Spin-Erhaltungsgröße zugrundeliegende Symmetrie wird durch die Lorentz-Gruppe beschrieben. Der Spin und sein magnetisches Moment ist neben Masse und elektrischer Ladung die wichtigste Eigenschaft der Materie. Die Existenz von Antiteilchen mit derselben Masse und demselben Spin, aber mit entgegengesetzter Ladung, ergibt sich aus der Dirac-Gleichung. Der Spin hat kein Pendant in der klassischen Physik und wurde erstmals 1922 im Stern-Gerlach-Versuch beschrieben. Der Drehimpuls eines isolierten physikalischen Systems bleibt unverändert, egal welche Kräfte und Wechselwirkungen zwischen den Bestandteilen des Systems wirken (Isotropie und Homogenität des Raumes). Das Universum ist homogen, wenn es unabhängig vom Ort des Beobachters im Raum überall gleichartig ist und isotrop, wenn es unabhängig von der Beobachtungsrichtung im Raum gleich aussieht (Kosmologisches Prinzip). Das Vorliegen physikalischer Erhaltungsgrößen, die unter Anwendung geometrischer Symmetrietransformationen (Translation, Rotation) invariant (unverändert) bleiben, wird durch das Noether-Theorem beschrieben.

Gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt in einem System die Entropie zu, solange ein Temperaturgefälle besteht. Ist ein thermisches Gleichgewicht bei maximaler Entropie hergestellt, führt dies zwangsläufig zum Ende des Systems (Wärmetod). Anhand der Betrachtung von dissipativen Strukturen ist jedoch zu beobachten, dass durch kontinuierliche Erhöhung der Entropie fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht an kritischen Punkten Phasenübergänge vollzogen werden und eine Zunahme von Ordnung durch Selbstorganisation erfolgt, die entgegen der kontrahierend wirkenden Irreversibilität des Entropiegesetzes zum Weiterleben des Systems führt.

Norbert Wiener: "Der Begriff des Informationsgehalts berührt in natürlicher Weise einen klassischen Begriff in der statistischen Mechanik: den der Entropie. Gerade wie der Informationsgehalt eines Systems ein Maß des Grades der Ordnung ist, ist die Entropie eines Systems ein Maß des Grades der Unordnung; und das eine ist einfach das Negative des anderen. Dieser Gesichtspunkt führt uns zu einer Anzahl von Betrachtungen, die den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik betreffen, und zu einer Untersuchung der Existenz des sogenannten Maxwellschen Dämons. Solche Fragen tauchen unabhängig bei der Untersuchung der Enzyme und anderer Katalysatoren auf, und ihr Studium ist wesentlich für das klare Verständnis fundamentaler Phänomene der lebenden Substanz."

Dissipative Strukturen erhalten ihre Nichtgleichgewichtsstabilität durch ständigen Energiefluss und entwickeln sich durch permanentes inneres Wechselspiel zu einer komplexeren Ordnung, die dem System Variation ermöglicht, sodass es effizienter auf Fluktuationen (Umwelteinwirkungen) und veränderte Existenzbedingungen reagieren kann, wie es mit einem linear-kausalen Modell prinzipiell nicht möglich wäre. Durchläuft ein System einen Phasenübergang mit Symmetriebrechung, nehmen die Instabilitäten und das damit verbundene Chaos extreme Werte an und die Kommunikation droht zusammenzubrechen. Durch den Phasenübergang bildet sich ein fraktaler Attraktor, der es operationell geschlossenen (autopoietischen) Systemen ermöglicht, den Entropie-Exitus abzuwenden und sich in einem homöostatischen Gleichgewicht zu stabilisieren. Der Entropiebegriff geht auf Rudolf Clausius zurück.

Rudolf Clausius: "Die Energie des Universums ist konstant, die Entropie des Universums strebt immer einem Maximum zu. Der 1. Hauptsatz ist Energieerhaltungssatz und deshalb ein Symmetriegesetz. Der 2. Hauptsatz ist kein Symmetriegesetz und er drückt ein Prinzip aus, das die Symmetrie des Weltalls sprengt, indem es eine bestimmte Richtung seiner Veränderung fordert. Die Irreversibilität einer Energiedissipation bewirkt so die Einlinigkeit des Weltgeschehens und gibt dem Postulat einer zukunftsgerichteten Zeit einen physikalischen Sinn. Indem die Energievorräte der Welt sich erschöpfen, führt der Pfeil der Zeit einem Wärmetod entgegen, der im Eintritt eines thermodynamischen Gleichgewichts besteht. Damit ist durch den zweiten Hauptsatz auch ein perpetuum mobile zweiter Art ausgeschlossen. Energie lässt sich nicht so ohne weiteres "umschaufeln" - was ja nach dem ersten Hauptsatz noch denkbar wäre -, sondern verliert dabei an Arbeitskraft."

Gilbert Newton Lewis: "Wenn ein thermodynamisches System sich ausgehend von einem alten Zustand so verändern kann, dass es zum Erreichen eines neuen Zustandes keinerlei thermische Energie mit seiner Umwelt austauschen muss, dann ist dieser neue Zustand „adiabatisch erreichbar“. Das ist nur möglich, wenn die Entropie des thermodynamischen Systems im alten Zustand niedriger ist als die Entropie des Systems im neuen Zustand. Das bedeutet auch, dass vom neuen Zustand ausgehend der alte Zustand nicht adiabatisch erreichbar ist. Ein System mit maximaler Entropie kann sich aus eigener Kraft überhaupt nicht mehr verändern."

Die Ausbildung eines Attraktors tritt dann ein, wenn sich ein System durch Einwirkungen der Umwelt nicht mehr stabilisieren kann, in eine Instabilitätsschwelle getrieben und durch abrupte Zustandsänderung in eine neue Struktur gezwungen wird, die nicht implementiert war und vom Vorgängersystem mangels Zumutbarkeit verweigert wurde. Dissipative Strukturen brechen den in die Zukunft gerichteten und nicht aufzuhaltenden Zeitpfeil der Thermodynamik, nach dem die Entropie in einem geschlossenen System nicht abnehmen kann und jede Ordnung langfristig zerfallen müsste. Übertragen auf die Kosmologie kollabiert ein Stern am Ende seiner Lebenszeit nicht zu einem schwarzen Loch, sondern vollzieht einen Phasenübergang in ein gravitatives Bose-Einstein-Kondensat.

Ilya Prigogine: [52]"Das Universum beginnt mit einem Ausbruch von Entropie, der die Materie in einem geordneten Zustand zurücklässt. Danach dissipiert die Materie allmählich diese anfängliche Ordnung und erschafft dabei als Nebenprodukt die Strukturen im Kosmos, das Leben und schließlich uns. Ich war gewissermaßen Gefangener der linearen Nichtgleichgewichtstheorie, weil die Systeme in der Nähe des Gleichgewichts mathematisch mit Hilfe linearen Näherungen beschrieben wurden. Dissipative Strukturen aber sind Wesen aus einer nichtlinearen Welt, und zu der Zeit, als ich sie untersuchte, gab es noch wenig wissenschaftliches Interesse an Nichtlinearität. Im Gleichgewicht ist die Materie blind, in gleichgewichtsfernen Zuständen beginnt sie wahrzunehmen. Die Evolution muss instabil sein, sie muss Mechanismen aufweisen, die imstande sind, bestimmte Ereignisse zum Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung, einer neuen globalen Kohärenz zu machen. Das System muss im entscheidenden Augenblick des Übergangs eine kritische Auswahl treffen. Dem Beobachter ist es nicht möglich, im Voraus anzugeben, welcher Zustand ausgewählt werden wird. Der Zufall wird dies entscheiden und zwar mittels der Dynamik der Fluktuationen (Umwelteinwirkungen). Das System wird zunächst das „Terrain“ sondieren, ein paar Versuche unternehmen, die am Anfang vielleicht erfolglos sind, und schliesslich wird eine bestimmte Fluktuation die Leitung gewinnen. Indem das System diese stabilisiert, wird es zu einem historischen Objekt, in dem Sinne, dass von dieser kritischen Auswahl seine ganze weitere Entwicklung abhängt. Nachdem wir davon überzeugt sind, dass physiko-chemische Systeme komplexes Verhalten mit vielen dem Leben zugeschriebenen Eigenschaften zeigen, dürfen wir die Frage stellen: Ist es möglich, einige Eigenschaften der Biosysteme auf Übergänge zurückzuführen, die durch Nichtgleichgewichts-Einschränkungen und Destabilisierungsmechanismen induziert werden? Dies ist eine der grundlegendsten Fragen, die man stellen kann. Es ist äußerst wahrscheinlich, dass chemisch vermittelte Übergänge mit Symmetriebrechung zu Schlüsseleigenschaften von Leben gehören, welches physikalisch-chemischen Selbstorganisationsphänomenen zugänglich ist. In den Gesetzen der Unvorhersagbarkeit, des Chaos und der Zeit - nicht aber in den mechanischen Gesetzen der klassischen Dynamik - liegt das Geheimnis der Kreativität der Natur. Wie können wir diese verschiedenen Zeitbegriffe - Zeit als Bewegung, wie sie in der Dynamik benutzt wird, Zeit, wie sie in der Thermodynamik mit Irreversibilität verknüpft ist, Zeit als Geschichte wie in Biologie und Soziologie - miteinander in Verbindung bringen? Das ist offenbar nicht ganz einfach. Das Phänomen der Zeitsymmetriebrechung, d.h. also der Ausbildung einer bevorzugten Zeitrichtung oder Zeitstruktur, läßt sich analog zu räumlichen Phasenübergängen betrachten, beispielsweise die Ausbildung einer Magnetisierungsrichtung. Im Falle oszillierender chemischer Reaktionen handelt es sich also um einen Prozess, der die Zeitsymmetrie bricht, genauso wie der Ferromagnetismus ein Prozess ist, der die Raumsymmetrie bricht. Die bisherigen Untersuchungen lassen dabei die Vermutung zu, daß die gebrochene Zeitsymmetrie eine Art "physikalisches Selektionsprinzip" erstellt, daß nicht nur auf dem Prinzip der Irreversibilität, sondern auch auf einer inneren Instabilität der Bewegung beruht und selbst als Ursache für räumlich unsymmetrische Materieformen angesehen werden kann. Mit Ausnahme der sog. schwachen Wechselwirkung stellt man demgegenüber jedoch in allen physikalischen Grundgleichungen fest: Sie sind alle ohne Ausnahme zeitumkehrinvariant. Sie ändern sich also nicht, wenn man in ihnen t durch - t ersetzt (Zeitumkehr im Mikrokosmos). Dies hat zur Folge, daß die Nichtumkehrbarkeit physikalischer Vorgänge in der Regel indirekt über die Randbedingungen in die physikalische Theorie eingeführt werden müssen. Nicht nur aus diesem Grund sehen viele Naturwissenschaftler in der Beziehung zwischen Irreversibilität und zeitlicher Entwicklung das eigentliche Problem der modernen Physik. Mit der Begründung der Wirklichkeit von Zeit wird die Hauptschwierigkeit für eine größere Einigkeit zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften ausgeräumt. Dieses Erstaunen hätte zu zwei Einstellungen führen können, die wir beide in der Vergangenheit antreffen: entweder das Problem auszuklammern, da in der klassischen Wissenschaft für die Zeit kein Platz zu sein schien, oder im Gegenteil nach einer anderen Naturauffassung zu suchen, in der die Zeit eine wesentliche Rolle spielen würde. Im kosmologischen Geschehen der Natur müssen also der Zeitpfeil und die multidimensionalen internen Zeitstrukturen dem inneren Wesen einer kreativen selbstorganisierenden Materie zugeordnet werden und sind nicht mehr auf eine äußerliche statische Raumzeit reduzierbar. Man hat die Hoffnung aufgegeben, alle Naturvorgänge unter eine kleine Zahl von ewigen Gesetzen zusammenzufassen. Es ist eine dramatische Geschichte. Es gab in der Tat Augenblicke, als dieses ehrgeizige Programm kurz vor seiner Vollendung zu stehen schien. Einer dieser Augenblicke war etwa die Formulierung von Bohrs berühmtem Atommodell, das die Materie auf einfache Planetensysteme aus Elektronen und Protonen reduzierte. Ein anderer Moment von großer Spannung verband sich mit Einsteins Versuch, sämtliche Gesetze der Physik zu einer einzigen einheitlichen Feldtheorie zu kondensieren. Dieser gigantische Traum ist heute gescheitert. Wenn die Welt wirklich derart beschaffen ist, daß ein Dämon - also letzten Endes ein Wesen wie wir, mit derselben Wissenschaft, aber mit schärferen Sinnen und größeren Rechenfähigkeiten - aufgrund der Beobachtung eines augenblicklichen Zustands ihre Zukunft und ihre Vergangenheit berechnen kann; wenn die Dynamik tatsächlich die Wahrheit der Natur enthält und wenn qualitativ nichts die einfachen Systeme, die wir zu beschreiben vermögen, von den komplexeren unterscheidet, für die es eines Dämons bedarf - dann ist die Welt nichts als eine ungeheure Tautologie, ewig und willkürlich [...]."

Der Artikel erläutert anhand der Dialektik von "Ich" und "Es" im transphänomenalen System Cogito, wie Materieteilchen (Fermionen) und Kraftteilchen (Bosonen) als Spiegelpartner unter Supersymmetrietransformation ineinander umgewandelt werden und somit linear gekoppelt sind. Die Fermionen-Bosonen-Symmetrie im Mikrokosmos ist eine gebrochene Form der perfekten Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie vor dem Urknall. Die Transphänomenalität als Eigenschaft ist die vereinheitlichte Konfiguralkraft des Makrokosmos, aus der die Grundkräfte der Physik durch spontane Symmetriebrechung bei der Expansion des Universums entstanden sind. Die Transphänomenalität als Eigenschaft erklärt, wie ergänzend zu der selbstreferentiell-systemischen Gruppierung von gegebenem Material systemische Eigenschaften mit makroskopischem Verhalten entstehen, welche nicht ausschließlich auf die Wechselwirkung zwischen den Systemkomponenten zurückzuführen sind.

Albert Einstein: [53][54][55][56]"Die Welt, die wir geschaffen haben, ist das Resultat überholter Denkweisen und Strategien. Die unerwünschten Folgen, die wir geschaffen haben bzw. die Probleme, die daraus entstanden sind, können nicht mit den gleichen Denkweisen und Strategien gelöst werden, durch die sie entstanden sind. Eine neue Art von Denken ist notwendig. Das Problem zu erkennen ist wichtiger, als die Lösung zu kennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung. Wir müssen stets bereit sein, diese Auffassungen, d.h. die axiomatischen Fundamente der Physik zu verändern, um den Tatsachen der Wahrnehmung auf eine logisch möglichst vollkommene Weise gerecht zu werden. Wissenschaft ist der Versuch, der chaotischen Mannigfaltigkeit der Sinneserlebnisse ein logisch einheitliches gedankliches System zuzuordnen. Dass die Gesamtheit der Sinneserlebnisse so beschaffen ist, dass sie durch das Denken geordnet werden kann, ist eine Tatsache über die wir staunen, die wir aber niemals begreifen können. In der unendlichen Vielfalt der Erscheinungen kann die Wissenschaft nur die Invarianten suchen. Der nach Einheitlichkeit der Theorie strebende Geist kann sich nicht damit zufrieden geben, dass zwei in ihrem Wesen nach voneinander ganz unabhängige Felder existieren sollen. Ohne den Glauben daran, dass es grundsätzlich möglich ist, die Wirklichkeit durch unsere theoretischen Konstruktionen begreiflich zu machen, ohne den Glauben an die innere Harmonie unserer Welt könnte es keine Naturwissenschaft geben. Jedenfalls sind wir von einer wirklich vernünftigen Theorie ebenso weit entfernt wie vor 50 Jahren. So komme ich mir vor wie ein Knirps, der mit dem ABC nicht fertig werden kann, obwohl ich sonderbarerweise die Hoffnung noch nicht aufgebe. Alle unsere Bemühungen, alle dramatischen Auseinandersetzungen zwischen alten und neuen Auffassungen werden getragen von dem ewigen Drang nach Erkenntnis, dem unerschütterlichen Glauben an die Harmonie des Alls, der immer stärker wird, je mehr Hindernisse sich uns entgegenstürmen. Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft. Wenn ich in den Grübeleien eines langen Lebens eines gelernt habe, so ist es dies, dass wir von einer tieferen Einsicht in die elementaren Vorgänge viel weiter entfernt sind, als die meisten unserer Zeitgenossen glauben. Ich fürchte, dass wir alle die wirkliche Lösung dieses harten Problems nicht erleben werden. Als Gott das Universum schuf, war seine geringste Sorge, es so zu schaffen, dass wir es verstehen. Raffiniert ist der Herrgott, boshaft ist er nicht."

Schlussbemerkung

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Dissipative Selbstorganisation ist das fundamentale Übergangsprinzip vom Mikro- zum Makrokosmos, einhergehend mit dem Individualitätsverlust der Systemteile zugunsten einer abwärtskausal determinierenden Ganzheit. Der Mikrokosmos wird von nur indirekt beobachtbaren kleinsten Energieeinheiten (Quanten) regiert, der Makrokosmos von der Gravitation. Die Quanteneigenchaften der Materie sind unter normalen Umweltbedingungen auf den Mikrokosmos beschränkt, weil sie reversibel sind und sich der Aufteilung in beobachtendes Subjekt und beobachtetes Objekt systematisch entziehen. Makroskopische Quanteneigenschaften können nur unter den thermodynamischen Bedingungen der Bose-Einstein-Kondensation realisiert werden, d.h. wenn ein kritischer Punkt fernab vom Gleichgewicht bzw. am Rande vom Chaos erzeugt wird, Voraussetzungen hinsichtlich Druck, Dichte und Temperatur erreicht sind und mit der Reversibilität des Mikrokosmos das zusammenbricht, was die Objektivierung verhindert hat.

Die Synergie von Quantenmechanik und Thermodynamik kennzeichnet den Phasenübergang von einem deterministisch-chaotischen Mehrteilchenzustand zum nichtklassischen Bose-Einstein-Kondensat, der perfekt organisierten fünften Erscheinungsform der Materie. Das Bose-Einstein-Kondensat verbindet den im Mikrokosmos geltenden reversiblen (umkehrinvarianten) Zeitbegriff der Quantenmechanik mit dem im Makrokosmos geltenden zeitlich nicht umkehrbaren Zeitbegriff der Thermodynamik, sodass ein Voranschreiten in der Zeit (ein Werden) überhaupt erst möglich wird.

Geist und Materie sind dual aufeinander einwirkende Substanzen, die ihren gemeinsamen Ursprung im Einen haben. Der Geist (das Mentale) hat im Gegensatz zum materiellen Körper die Möglichkeit, über makroskopische Entfernungen zu interferieren und telepathieähnliche nichtlokale Verbindungen herzustellen. Das Mentale folgt einem eigenen Kausalgesetz und ist nicht nomologisch reduzierbar auf das Materielle.

Das mathematische Konstrukt der kommutativen (vertauschenden) Supersymmetrie-Algebra wurde 1971 von Juri A. Golfand und seinem Studenten Evgeni Likhtman (in Moskau) sowie unabhängig davon 1972 von D. V. Volkov und V. P. Akulov (in Charkow, Ukraine) eingeführt. Als Modell der Elementarteilchenphysik erhielt die Theorie 1974 durch die unabhängige Arbeit von Julius Wess und Bruno Zumino weitere Aufmerksamkeit. Dieses heute unter dem Namen Wess-Zumino-Modell bekannte Modell beschreibt zwei skalare Bosonen, die mit sich selbst und einem chiralen Fermion wechselwirken.

Obwohl die Supersymmetrie auf elegante Weise die Feinabstimmung der Naturkonstanten löst und die problematischen Schleifenkorrekturen im Vereinigungsprozess durch entgegengesetzte Korrekturterme zu null addiert, wurde sie als rein mathematisches Modell gesehen, welches keine beobachtbaren Transformationsgruppen in der Natur benennen konnte. Die Supersymmetrie ist eine transphänomenale, nicht direkt beobachtbare gebrochene Teilchensymmetrie der Quantenmechanik, die in vielen Naturvorgängen immer dann erkennbar wirkt, wenn durch synchron emergente Übergänge makroskopische Ordnungsstrukturen entstehen, die nicht durch die Systembestandteile und deren Wechselwirkung erklärt werden können und daher als aus sich selbst organisiert gelten.

Paul Davies: "Es ist unwahrscheinlich, dass die komplexen Strukturen in der Biologie ein Resultat rein zufälliger Ereignisse sind. Weit wahrscheinlicher ist es offenbar, dass die Komplexität in der Biologie dem gleichen allgemeinen Gesetz entsprungen ist, dass auch für das Auftreten von Komplexität in Physik und Chemie verantwortlich ist, nämlich den ganz und gar nicht zufälligen, abrupten Übergängen zu neuen Zuständen von größerer organisatorischer Komplexität, die entstehen, wenn Systeme aus dem Gleichgewicht gedrängt werden und an kritische Punkte geraten. Der starre Determinismus des newtonschen Uhrwerk-Universums löst sich in nichts auf und wird durch eine Welt ersetzt, in der die Zukunft offen ist, in der die Materie ihre starren Schranken sprengt und selbst kreatives Element wird. Wir könnten den Stand der Dinge so beschreiben, dass wir sagen, die Natur sei ein Ergebnis ihrer eigenen Technik und das Universum sei ein Geist: ein sich selbst beobachtendes und sich selbst organisierendes System. Heute, am Ende des 20. Jahrhunderts, leben wir also in einer Zeit, in der wir den grundlegenden Wandel im physikalischen Weltbild miterleben können. Relativitätstheorie, Quantentheorie und Chaostheorie bereiten den Weg, um die Denkfesseln der newtonschen Physik abwerfen zu können."

Der indirekte Zugang ist der Quantenmechanik immanent, weil ihr präreflexiver Formalismus sich der Objektivierung in Raum und Zeit per se entzieht. Der Formalismus ist nicht zufällig im Sinne von indeterminiert, sondern den Beobachter ausschliessend und dadurch die Reversibilität erhaltend selbstorganisiert. Die direkte Beobachtung auf Makroebene zieht einen infiniten Beobachtungsregress nach sich und wäre daher vergleichbar mit der Quadratur des Kreises, was mit dem Pauli-Prinzip, der Welle-Teilchen-Dualität, der Unschärferelation, den unstetigen Energieübergängen (Quantensprüngen), der Nichtlokalität und der Deutung der Wellenfunktion (Bornsche Regel) beschrieben wird. Nicht in Subjekt und Objekt zerlegbare Quantensysteme entwickeln sich nach der Schrödingergleichung solange deterministisch, wie keine die Ganzheitlichkeit aufhebende Beobachtung erfolgt.

Bernd-Olaf Küppers: "Die Geisteswissenschaften reklamieren für sich eine genuine, auf das Ganze bezogene Wirklichkeit. Die Naturwissenschaften dagegen versuchen die Wirklichkeit in ihrem gesetzmäßigen Geschehen zu begreifen und zu erklären. Der Gegensatz von ganzheitlicher und analytischer Wirklichkeitserkenntnis hat die Grundlagendiskussion in den Wissenschaften seit jeher beherrscht. Allem Anschein nach sind es die Strukturwissenschaften, über die sich die Annäherung der Naturwissenschaften an die Geisteswissenschaften vollzieht. Die Strukturwissenschaften sind heute mächtige Instrumente zur Erforschung der komplexen Strukturen der Wirklichkeit. Ihre Gliederung erfolgt nach den gegenstandsübergreifenden Ordnungs- und Funktionsmerkmalen, welche die Wirklichkeit strukturieren, und die wir mit Oberbegriffen wie System, Organisation, Selbststeuerung, Information und dergleichen beschreiben. Neben den bereits als klassisch einzustufenden Disziplinen der Kybernetik, Spieltheorie, Informationstheorie und Systemtheorie haben die Strukturwissenschaften so wichtige Wissenschaftszweige wie Synergetik, Netzwerktheorie, Komplexitätstheorie, Semiotik, Chaostheorie, Theorie der Fraktale, Entscheidungstheorie und die Theorie der Selbstorganisation hervorgebracht. Tatsächlich scheinen die Strukturwissenschaften zu einem einheitlichen Wirklichkeitsverständnis, das heisst zu einem objektiven Sinnzusammenhang und Anschauungsganzen zu führen, das nunmehr alle Formen wissenschaftlicher Erkenntnis umfasst. Wer die Strukturwissenschaften beherrscht, hat einen genuinen Zugang zu allen anderen Wissenschaften. Und es mag geradezu paradox erscheinen, dass es ausgerechnet die so facettenreiche Wissenschaft des Komplexen ist, die zur Einheit des Wissens und damit zur Einheit der Wirklichkeit zurückführt.“

Die auf Aristoteles zurückgehende klassische (zweiwertige) Logik wird bei der Erklärung der tieferliegenden Einheit der Polaritäten an ihre Grenzen gebracht und führt zu absurden Ergebnissen, weil eine entweder/oder-Perspektive von erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt angenommen wird, welche den Ursprung einer nicht zu beendenden Spiegelmetaphorik erzeugt. Eine derartig trennende Relation ist paradox fundiert und führt bei der Erklärung des Cogito im Sinne einer vorkategorialen Letztbegründung zu einem Zirkelschluss bzw. zu einem Selbstaufruf ad infinitum (Münchhausen-Trilemma).

Von Seiten der Selbstorganisationsforschung war klar, dass Systembestandteile unter bestimmten Umständen emergente Übergänge vollziehen, abwärtskausal determinierende Ganzheiten bilden und makroskopisches Verhalten zeigen. Jedoch war der Mechanismus nicht verstehbar, weil er präreflexiv strukturiert ist.

Außer in den bereits genannten Beispielen finden selbstorganisierte Übergänge auch in folgenden Gebieten statt:

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine

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Die Ukraine fordert ihr legitimes Recht ein, der NATO beizutreten. Russland verneint die Souveränität der Ukraine und ist nicht bereit, NATO-Truppen auf ukrainischem Staatsgebiet in unmittelbarer Nähe Russlands zu akzeptieren. Die NATO-Osterweiterung wird von Russland als imperialistisches Expansionsstreben des Westens gedeutet. Die NATO bestreitet dies. Die Sicherheitsbedenken Russlands bezüglich einer NATO-Osterweiterung auf die Ukraine sind, aus Sicht Russlands, vergleichbar mit den Bedenken der USA vor Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen durch die Sowjetunion auf Kuba im Jahr 1962 (Kubakrise). Dass es sich bei der NATO um ein reines Verteidigungsbündnis handelt, von dem keine Gefahr ausgeht, ist für Russland kein akzeptables Argument. Russland sieht für den Fall der NATO-Erweiterung auf die Ukraine die Grundsätze der Charta für die europäische Sicherheit verletzt und betrachtet einen NATO-Beitritt der Ukraine als Kriegserklärung. Die Charta für die europäische Sicherheit wurde von den Mitgliedstaaten der OSZE beim Gipfeltreffen vom November 1999 in Istanbul verabschiedet und beim Gipfeltreffen vom Dezember 2010 in Astana erweitert. Die Charta gewährt jedem Mitgliedstaat das Recht auf eigene Sicherheit, aber die eigene Sicherheit darf nicht auf Kosten eines anderen Staates vergrößert werden.

Russland und die Ukraine beharren auf konträren Maximalforderungen was einen Beitritt der Ukraine zur NATO betrifft, ignorieren und diskreditieren die Sicherheitsbedenken und Befürchtungen des anderen. Beide Seiten bezichtigen sich gegenseitig, die Eskalation des Konflikts verursacht zu haben. Kompromisse zu akzeptieren, würde von beiden Seiten als Niederlage gedeutet. Gegenseitige Provokationen finden statt, die Konfrontation wird offen gesucht. Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (Carl von Clausewitz). Soldaten sind Männer, die offene Rechnungen der Politiker mit ihrem Leben bezahlen (Ron Kritzfeld).

Im Ukraine-Krieg treffen vergleichbar mit dem Koreakrieg diametral verschiedene Weltanschauungen aufeinander. Der Antagonismus zwischen Ost und West hat zu Zeiten des kalten Krieges begonnen und wird auch weiter bestehen. Der NATO-Beitritt setzt voraus, dass sich die Ukraine nicht mehr im Krieg befindet und die Mitglieder einer Aufnahme einstimmig zustimmen. Der Wunsch der Ukraine nach Frieden, Sicherheit und Selbstbestimmung als Mitglied der NATO führt von russischer Seite zu einem verbittert geführten Krieg gegen die ukrainische Bevölkerung, dessen Ende nicht absehbar ist. Die Ukraine hat eine Aussicht auf NATO-Mitgliedschaft, deren Umsetzung aber de facto ausgeschlossen ist, solange sich die Ukraine im Krieg befindet. Die Problematik ist zirkulär. Die Ukraine braucht die NATO, um den Krieg zu gewinnen, die NATO kann die Ukraine nicht aufnehmen, solange der Krieg andauert. So sehr den Ukrainern die Verteidigung gegen Russland zu wünschen ist, Putin wird den Abnutzungskrieg gerade aus diesem Grund über Jahre aufrechterhalten. Selenskyj wird von der NATO zu Lasten der ukrainischen Bevölkerung mit Versprechen hingehalten, deren Umsetzung unrealistisch ist.

Russland hat den Ukraine-Krieg durch einen völkerrechtswidrigen Angriff begonnen und schreckt nicht vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der ukrainischen Zivilbevölkerung zurück. Die menschenverachtende Kriegsführung Russlands muss geahndet werden. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine führt eines zum anderen, mit ungewissem Ausgang. Russland und die Ukraine agieren in der Überzeugung, ihren eigenen Standpunkt mittels Unterstützung ihrer Verbündeten endgültig durchsetzen zu können, beide setzen auf den Faktor Zeit.

Die Opfer des Krieges auf Seiten der Ukraine und auf Seiten Russlands, sind auch eine Folge von nicht vorhandener Kompromissbereitschaft. Bei allem Recht der Ukraine, sich als Opfer der Aggression gegen die Gräueltaten Russlands zu verteidigen, die Ukraine kann genauso auf die Unterstützung ihrer Verbündeten zählen, wie die Verbündeten Russlands, vereint gegen die westliche Hegemonie, die Sanktionen umgehen. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges führen zum Wettrüsten, zur Blockbildung und zunehmender militärischer Drohgebärden (Russlands Manöver von Atomstreitkräften an der Grenze zur Ukraine im Mai 2024, NATO-Manöver 2024). Die USA haben am NATO-Gipfel vom 9. bis 11. Juli 2024 angekündigt, ab 2026 in Deutschland Raketen zu stationieren, die bis nach Russland reichen. Der Kreml hat daraufhin angekündigt, europäische Hauptstädte zum möglichen Ziel russischer Raketen werden zu lassen. Der Ukraine-Krieg hat einen Prozess in Gang gesetzt, der nach Ende des kalten Krieges gemäß der Charta von Paris aus dem Jahr 1990 als überwunden galt.

Die Verbündeten der Konfliktparteien tragen nichts zur Deeskalation bei und bestärken ihre jeweiligen Partner in ihren Maximalforderungen.

Die Erfahrungen aus dem kalten Krieg sollten uns gelehrt haben, dass der Ost-West-Konflikt eine jahrzehntelange Bedrohungslage zur Folge hatte und die Menschheit mittels Atombomben ohne Weiteres in der Lage war, sich selbst zu vernichten. Die Partei, die im kalten Krieg als Erste strategische Atomwaffen eingesetzt hätte, wäre als Zweite gestorben. Der Irrsinn des kalten Krieges sollte uns auch vor Augen geführt haben, dass weder Ost noch West sich unabhängig von jedem milliardenschweren Wettrüsten endgültig durchgesetzt hätten und Kompromisse der einzige Ausweg aus der Gewaltspirale sind.

Es ist richtig und notwendig, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Jedoch ist das Weitere Festhalten am NATO-Beitritt der Ukraine um jeden Preis und dessen absehbare Folgen für die europäische Sicherheit unverantwortlich. Selenskyj nimmt bewusst in Kauf, dass die NATO im Falle der Erweiterung auf die Ukraine durch die Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages automatisch zur Kriegspartei wird. Mit Putin keine Kompromisse einzugehen wird von Selenskyj als höchstes Ziel ausgerufen, was das als Konsequenz für den Weltfrieden bedeutet, wird von Selenskyj grob fahrlässig ignoriert. Es ist mehr als verständlich, dass die Ukraine nicht bereit ist mit Russland tragfähige Kompromisse einzugehen. Realistisch betrachtet besteht für die ukrainische Bevölkerung aber nur die Wahl zwischen Konfrontation in Endlosschleife oder einer Pattsituation. Vielleicht wird es einen Waffenstillstand unter Bedingungen geben, eine offizielle Beendigung des Krieges ist unwahrscheinlich.

Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die UNO nicht einschreitet und sich nicht entschiedener um Vermittlung bemüht. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges werden leichtsinnig in die gleiche Richtung gelaufen lassen, die zu Zeiten des kalten Krieges bestanden haben.

Ich nehme im Ukraine-Krieg Partei für eine Verhandlungslösung.

Literatur

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  1. Georg Wilhelm Friedrich Hegel : Phänomenologie des Geistes Erstdruck: Bamberg und Würzburg (Goebhardt) 1807
  2. Georg Wilhelm Friedrich Hegel : Wer denkt abstrakt? entstanden 1807. Erstdruck (aus dem Nachlaß) in: Hegel, Werke, 17. Band
  3. Georg Wilhelm Friedrich Hegel : Wissenschaft der Logik Erstdruck: Nürnberg (Schrag) 1812 (1. Band, 1. Buch)[= Ausg. A], 1813 (1. Band, 2. Buch), 1816 (2. Band)
  4. Georg Wilhelm Friedrich Hegel : Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie Erstdruck: Jena (Akademische Buchhandlung) 1801
  5. Immanuel Kant : Kritik der reinen Vernunft, Erstdruck: Riga (Hartknoch) 1781
  6. Immanuel Kant : Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, Erstdruck: Riga (Hartknoch) 1783
  7. Immanuel Kant : Kritik der praktischen Vernunft, Erstdruck: Riga (Hartknoch) 1788
  8. Immanuel Kant : Kritik der Urteilskraft, Erstdruck: Berlin und Libau (Lagarde und Friedrich) 1790
  9. Johann Gottlieb Fichte : Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, Erstdruck: Jena (Gabler) 1794/95
  10. Johann Gottlieb Fichte : Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, der Text basiert auf der Niederschrift einer 1804/05 in Berlin gehaltenen Vorlesung. Erstdruck: Berlin 1806
  11. Erwin Schrödinger: Geist und Materie, Zsolnay Verlag, Wien 1986
  12. Der Einfluß archetypischer Vorstellungen auf die Bildung naturwissenschaftlicher Theorien bei Kepler, in: Carl Gustav Jung und Wolfgang Pauli, Naturerklärung und Psyche, Rascher, Zürich 1952
  13. Karl von Meyenn (Hrsg.): Wolfgang Pauli. Wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr, Einstein, Heisenberg u. a. Bd. I–IV, Berlin 1979–2001
  14. Carl Friedrich von Weizsäcker: Die Einheit der Natur. Studien, Carl Hanser Verlag, 1971
  15. Hans-Peter Dürr auf dem Kongreß „Geist & Natur“ in Hannover 1988, zitiert nach: Fritz Schäfer: Der Buddha sprach nicht nur für Mönche und Nonnen. Kristkeitz, Heidelberg-Leimen 2002 (2. Auflage), S. 10.
  16. Hans-Peter Dürr : Physik und Transzendenz. Scherz, Bern/München/Wien 1986 (3. Auflage), S. 16.
  17. Hans-Peter Dürr : Geist, Kosmos und Physik, Crotona Verlag, Erstveröffentlichung 2010, Seite 8
  18. Herbert Hörz und Ulrich Röseberg: Dialektik der Natur und der Naturerkenntnis
  19. Ulrich Röseberg: Determinismus und Physik, Akademie-Verlag, 1975
  20. Ulrich Röseberg: Quantenmechanik und Philosophie, Akademie-Verlag, 1978.
  21. Ulrich Röseberg: Szenarium einer Revolution. Nichtrelativistische Quantenmechanik und philosophische Widerspruchsproblematik, Akademie-Verlag, 1984
  22. Jean-Paul Sartre : La Transcendance de l’ego. Esquisse d’une description phénoménologique. Die Transzendenz des Ego. Skizze einer phänomenologischen Beschreibung. Erstveröffentlichung 1936
  23. Jean-Paul Sartre: L’être et le néant. Essai d’ontologie phénoménologique - Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie. Erstveröffentlichung 1943
  24. Jean-Paul Sartre : L’existentialisme est un humanisme. Ist der Existentialismus ein Humanismus? Erstveröffentlichung 1946
  25. Moritz Schlick : Erscheinung und Wesen (Vortrag in Berlin 1917). In: Kant-Studien 23, 1918
  26. Moritz Schlick : Allgemeine Erkenntnislehre, Verlag von Julius Springer, Berlin 1918. (2. Auflage 1925)
  27. Moritz Schlick: Die Probleme der Philosophie in ihrem Zusammenhang - Vorlesung aus dem Wintersemester 1933/34, Herausgegeben von Henk L. Mulder, Anne J. Kox und Rainer Hegselmann. Wiener Kreis – Schriften zum logischen Empirismus. 1986
  28. Moritz Schlick (Autor) und Klaus-Dieter Sedlacek (Herausgeber): Jenseits der Erscheinungen - Erkennbarkeit und Realität der Quantennatur, Neubearbeitung Erscheinungsdatum 21.06.2016, BoD - Books on Demand, Norderstedt
  29. Moritz Schlick: Rostock, Kiel, Wien: Aufsätze, Beiträge, Rezensionen 1919-1925, herausgegeben von Edwin Glassner und Heidi König-Porstner, Springer Verlag, 2012
  30. Moritz Schlick: Die Grenze der naturwissenschaftlichen und philosophischen Begriffsbildung, herausgegeben von Paul Barth in "Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie" gegründet von Richard Avenarius in Verbindung mit Friedrich Jodl und Alois Riehl, 1910
  31. Moritz Schlick: Erkenntnistheoretische Schriften 1926-1936, herausgegeben von Johannes Friedl und Heiner Rutte, Springer Verlag, 26.07.2013
  32. Moritz Schlick. Vorlesungen und Aufzeichnungen zur Logik und Philosophie der Mathematik, herausgegeben von Martin Lemke und Anne-Sophie Naujoks am 14.04.2019, Springer Verlag
  33. Brief an Carl Seelig, 19. Februar 1955, in: Max Born, Physics im my generation. Pergamon Press, London & New York, 1956
  34. Achim Stephan: Emergenz: Von der Unvorhersagbarkeit zur Selbstorganisation. Dresden Univ. Press, 1999
  35. Hermann Haken : Erfolgsgeheimnisse der Natur: Synergetik, die Lehre vom Zusammenwirken, DVA 1981, Ullstein 1988, Rowohlt 1995
  36. Hermann Haken: Synergetik, eine Einführung: Nicht-Gleichgewichts-Phasenübergänge und Selbstorganisation in Physik, Chemie und Biologie, Springer Verlag, 1977
  37. Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik. Piper Verlag, München 1969 (7. Auflage. 2001
  38. Werner Heisenberg: Physik und Philosophie. 6. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2000
  39. Niels Bohr: Das Quantenpostulat und die neuere Entwicklung der Atomistik. Die Naturwissenschaften 16, 1928
  40. Niels Bohr: Wirkungsquantum und Naturbeschreibung. Die Naturwissenschaften 26, 1929
  41. Niels Bohr: Atomtheorie und Naturbeschreibung, Springer-Verlag, 1931
  42. Niels Bohr: Can quantum-mechanical description of physical realty be considered complete? In: Wheeler, Zurek, 1983, Original in: Phys. Rev. 48, 1935
  43. Niels Bohr: Discussions with Einstein on Epistemological Problems in Atomic Physics. In Wheeler, Zurek, 1983
  44. Jürgen Audretsch: Die sonderbare Welt der Quanten: Eine Einführung, Verlag C.H. Beck, 2012
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  46. Max Planck: Das Weltbild der neuen Physik. Vortrag 18. Februar 1929, Physikalisches Institut der Universität Leiden
  47. Max Planck: Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft, Vortrag, gehalten im November 1941 im Harnackhaus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. In: Vorträge Reden Erinnerungen, Hrsg. Hans Roos und Armin Hermann, Springer, Berlin/Heidelberg 2001
  48. Max Planck: Acht Vorlesungen über theoretische Physik: gehalten an der Columbia University in the City of New York im Frühjahr 1909
  49. Max Planck: Wissenschaftliche Selbstbiographie, Johann Ambrosius Barth Verlag, Leipzig, 1948
  50. Anton Zeilinger: Einsteins Schleier: die neue Welt der Quantenphysik, Goldmann Verlag, 2003
  51. Anton Zeilinger: Einsteins Spuk – Teleportation und weitere Mysterien der Quantenphysik, C. Bertelsmann Verlag, November 2005
  52. Ilya Prigogine und Isabelle Stengers: Dialog mit der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens, Piper Verlag, 1983
  53. Einstein/Born Briefwechsel 1916-1955. Nymphenburger Verlag, 1969
  54. Einstein sagt: Zitate, Einfälle, Gedanken, herausgegeben von Alice Calaprice Taschenbuch – Piper Verlag, Juli 2007
  55. Albert Einstein und Max Born, Briefwechsel, Rowohlt Verlag, Reinbek, 1969
  56. Albert Einstein: Ansprache am 26. April 1918 in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft anlässlich des sechzigsten Geburtstages von Max Planck, in: Ausgewählte Texte, herausgegeben von Hans Christian Meiser. Goldmann Verlag München, 1986
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