Projekt:Altes Dresden/Dresdner Gebäude/Gurlitt/Bartholomäuskirche

Die Bartholomäuskirche.

Der Bau.

Die Bartholomäuskapelle stand in der Nähe des jetzigen Freiberger Platzes (0. Richter, III, 223).

Die ßechnungsnotizen, welche 0. Richter zusammenstellte, weisen auf einen bescheidenen Bau, der seit 1408 mehrfache Umgestaltungen erfuhr. Von diesem Bau erhielt sich ein bescheidener Rest.

Statue, Sandstein, einst etwa 105 cm hoch. St. Bartholomäus mit einem


Messer (?) in der Hand, an der rechten Seite trägt er eine Haut(?) über dem Arme. Der linke Fuss vorschreitend. Es fehlt der Kopf bis auf den Bart, die linke Hand; sehr be- stossen. Die Formen sind so beschädigt, dass die Entsteh- ungszeit nicht mehr festzustellen ist. Die Statue wurde beim Abbruch der Kirche gefunden. Jetzt im Stadtmuseum.

Schon 1479 malte Meister Matifs des St. Bartholomäus Bild; da hierfür nur 12 Groschen gezahlt wurden, also wohl eine Statue. 1519 wurde ein neues Bild St. Bartholomäi ge- hauen, welches sich nicht erhielt. Jene erhaltene Statue dürfte also die alte und nachmals vermauert worden sein.

Umbau.



Ein eingreifender Neubau entstand 1519—20. Meister JM^MMMM^

Ci^ ce 11 rr ■ • at • i i rr • i Fig.113. Bartholomaus-

ö teilen und der Zimmermeister Nickel von Zwickau khche, chorstuw. leiteten ihn; er kostete 114 Schock Groschen. Die Rechnungen ergeben, dass die Kirche flach gedeckt war, einen Dachreiter besass, ebenso Emporen und eine Vorhalle. Der Boden war gedielt. Die Apsis (Abseite) hatte ein besonderes Dach. Am Giebel des Beinhauses befand sich ein Crucifix und ein Bild des h. Bartholomäus, welches Kuntz Steinmetz haute und Franz Eger malte.

Ausstattung-.

Chorgestühl (Fig. 113) in Eichenholz geschnitzt. Nur vier Sitze erhielten sich. Die Klappsitze gehen mit einfachen Zapfen in Löchern, die Misericordia fehlt. Die Wangen mit kleinen Säulchen an Sitz und Lehne und derb geschnitzten Lehnen. Schon 1515 wurden dem Tischler Hans Wilkummen für ein Ge- stühl zu drei Personen und Anderes 2 Schock 10 Groschen gezahlt. Im Jahre 1519 wurden Hans Willkomm für ein Gestühl 1 Schock 14 Groschen ge- zahlt, „von eynem gestule noch 4 Stenden allenthalben. Das Gestühl findet sich jetzt im Stadtmuseum.

Tauf st ein (Weihwasserbecken?), Sandstein, in den Formen eines schlan- ken Kelches, der von rippenartigen Gliedern umsponnen ist. Später stark über- arbeitet.

Jetzt im Stadtmuseum.


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Dresden (Stadt), Bartholomäuskirche.


Statuen, in Holz, bemalt, etwa 58 cm hoch: Maria und Johannes; Maria (Fig. 114), die Hände auf dem Leib, matronenhaft. Johannes (Fig. 115) in leb- hafter Bewegung nach oben blickend, in der Linken das Gewand, die Eechte und die Füsse abgebrochen. Beide Werke sind von geringem künstlerischem Werth und gehören der Zeit um 1520 an.

Die Statuen stammen wohl von einem mittelalterlichen Kreuzaltare, dürften aber für jenen in der Kreuzkapelle oder der Sakristei in der Kreuzkapelle zu unbedeutend sein. Der zweite Altar S. crucis et Georgii prope capellam S. crucis käme auch noch in Betracht.

Jetzt im Alterthumsmuseum Inv.-Nr. 1479 und 1480.


Orucifix, wohl 16. Jahrb., etwa 90 cm lang, in Holz geschnitzt. Derbe, unbedeutende Arbeit. Vielleicht zu obigen Statuen gehörig. Jetzt im Alter- thumsmuseum und über dem Altarschrein aus der Dreikönigskirche befestigt.

Crucifix, in Holz geschnitzt, bemalt, 1,75 m lang, gleichzeitig, in ziemlich schweren Formen, derbe kräftige Arbeit wohl des 16. Jahrhunderts.

Jetzt im Stadtmuseum.

Statue, der auferstandene Christus (Fig. 116), in Holz, bemalt, 96 cm hoch. Die Rechte segnend erhoben, die Linke hält das rothe Gewand. Am Kopfe dünne Strahlen. Bestossen, übermalt. Schlichte, etwas ungelenke und trockene Dar- stellung aus etwa derselben Zeit wie der Bau.

Jetzt in der Sammlung des K. Alterthumsvereins Nr. 221 (Inv.-Nr. 1478).

Statue, der Schmerzensmann, in Holz, bemalt, 110 cm hoch. Christus sitzend, das Gesicht auf die rechte Hand, den Ellbogen aufs Knie gestützt, die



Fig. 114 und 115. Bartholomäuskirche, Statuen der Maria und des Johannes.


Ausstattung.


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Linke am Schenkel. Mit zahlreichen Wunden bemall. Ungeschickte Nachbild- ung nach Dürers bekanntem Stiche. Anfang des 16. Jahrh. Jetzt im Stadtmuseum.

Denkmal des Bischof Nicolaus Platow, t 1B91 (Fig. 117). Sandstein, l,o7 m breit, 1,8 3 m hoch.

In der Mitte ein gothischer Baldachin auf zwei schlanken Säulchen mit Fialen und Wimperg im Eselsrücken. Darin die Figur des Bischofs, in der Linken den Krummstab, die Bechte segnend erhoben. Zumeist nur noch im Um-

riss erkennbar.

Platow war Bischof von Constantia und Weih- bischof von Meissen und Magdeburg.

Am Eande die Inschrift, welche lauten soll:

Anno Domini MCCCXCI in vigilia St. Matthaei obiit reverendiis in christo pater et dominus nicolans Episcopus Constantianensis.

Zu lesen vermochte ich nur die Worte: simo primo in vigilia.

Darüber befand sich an der Aussenseite der Kirche ein- gemauert ein Stein mit der Inschrift:

Darnach 15l9jare ist difs Gotfhavs vfs nev widervmb geba wet Hans hammer spjtalmejster.

Ausserdem ist obige Inschrift auf diesem Steine wiederholt.

Beide Steine sind jetzt im Stadtmuseum. Abgebildet bei

Schöttgen, De Nicoiao episcopo etc., Dresden 1741.

In dem Zustande, welchen die Kirche durch den Bau von 1519-20 erhielt, blieb sie im Wesentlichen erhalten bis zu ihrem Abbruch 1839. Sie war etwa 37 Ellen (21 m) lang, 19 Ellen (11 m) breit, flach ge- deckt, im bescheidenen Chor bemalt mit goldenen Sternen und Eosen (von Franz Eger). Das Aeussere, wie es aus Abbildungen von 1822 (vergl: Er- innerungen aus dem alten Dresden, 1896) ersichtlich, zeigt wenig Bemerkens- werthes. Man erkennt nur, dass der Bau von 1520 schwerlich sich auch auf die Umfassungsmauern erstreckte, wohl aber auf die Kirchhofmauern mit ihrem spätgothischen Thore.

Weitere Ausstattung.

Im Jahre 1552 erfolgten wichtige Bereicherungen. Das heilige Grab wurde aus der Bufsmannkapelle hierher versetzt, gleichzeitig wohl auch der Altar- schrein. Ueber ersteres siehe Sophienkirche (S. 86), über letzteren siehe Drei- königskirche (S. 122). Gleichzeitig goss man zwei neue Glocken. Antonius Thorler giebt „pagament daran" (d. h. Bruchsilber, Glockenspeise?) Auch



Fig. 117, Denkmal des Bischof Nicolaus Platow.


Fig. 116. Bartholomäuskirclie, Christusstatue.


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Dresden (Stadt), Bartliolomäuskirehe.


Paul Eotgiefser hat mit der Sache zu thun. 1651 goss An dreas Herold die Glocken um. Bei dem Umbaue von 1552 entstand wohl auch die Kanzel. Kanzel aus Holz, mit Papier beklebt, 85 cm breit.

Die einfache Grundform ist ohne weiteres Interesse. Bemerkenswerth ist die Ausstattung. Zunächst wurde die ganze Kanzel mit einer Art Tapete ver- klebt, welche im Holzschnitt bedruckt in brauner Farbe die Maserung des Holzes nachahmt. Solche Tapeten nennen die gleichzeitigen Acten Papierflasern oder Flasern kurzweg. Ausserdem wurden Holzschnitte auf die Flasern geklebt, und zwar: auf die Vorderseite ein Passionswappen, mit einem beigedruckten Gedicht, datirt von 1569; auf die rechte Seite ein segnender Christus, der (nach Max Lohrs) noch Schongauer'schen Einfluss zeigt; auf der linken Seite ein Calvarien- berg, niederländisch, etwa um 1520 — 30, mit der Unterschrift:

Siet dat Lam Gods, tovelck der Werldt | Sonden op hem neemt. Joannes I Cap.

Darüber die Bildnisse Kurfürst Johann Friedrichs des Grossmüthigen und Luthers in rundem Eahmen.

Die Kanzel dürfte ein Werk des Hans Willkomm sein. Dieser „belegte" auch die Grosse Stube des Schlosses Annaburg bei Torgau 1573 mit „papiren flasern", wobei ihm sein Sohn Caspar Willkomm half, und wird auch 1574 dahin geschickt. Ebendasselbe that er an den Decken des Schlosses Freudenstein in Freiberg. In Annaburg sah ich vor 20 Jahren in einem Gange des Schlosses noch solche Tapeten, welche Intarsien im Stil Peter Flötners nachahmten; ähnliche auf einem Chorgestühl der Hauptkirche in Kamenz. 1578 arbeitet Caspar Will- komm nach Hansens Tod noch in Freudenstein.

Die Kanzel befindet sich jetzt im Stadtmuseum.

1663 machte der Bildschnitzer George Lefsigk an die Brüstungen der Empore biblische Geschichtsbilder an, welche der Secretarius Weck der Kirche schenkte. Sie sind nicht erhalten.

Denkmäler.

Denkmal des Gregor Grosse, f 1573. Holz, in Steinfarbe bunt gemalt, 71 : 148 cm.

Einfacher Renaissancerahmen, zwei Pilaster und Giebel, in dem das neben- stehende Wappen Das Mittelfeld zerstört, jetzt überstrichen. Inschrift an den Pilasterpostamenten:

links: 1573 den 3. rechts: 1575 de 2. Feb

Februari ist riiary ist in

in Got verschi Got vor schi*

de der ersam den die Tugent

Greger Grosse same Gerdraut

dem Gott gen Grosin der Go ad. tt genade.

Jetzt im Stadtmuseum.

Denkmal des Hans Wilkomm, f 1577. Sandstein. Es trug die Inschrift:

Im 1577. Jaie den 18. Nov ! ember ist in Gott seligli | eh entschlafen der er ] bar vorsichtig Hans Wil | koiii e. g. v. S . . . . Chur. Bvxe ] meister vnd war Richter al | hier zu bopicz seines al j ters 68 Jar welcher | alhie begraben leit | dem Got vnd | vns genade.

Darunter in einem Kreise ein von einem Pfeile durchbohrtes Herz, bez. h w.



Ausstattung. Denkmäler. 171


Der Stein ist verschwunden, sei hier jedoch angemerkt, da er sich auf einen der hervorragendsten Tischler Dresdens bezieht.

Vergl. 0. A. Espe, Das Bartholomäusspital, Sammler I, 97 flg., 150 flg. Denkmal der Familie Erttel (Fig. 118).

Oelmalerei auf Holz, Gesammthöhe 2,57m, Breite 1,47 m, das Mittelbild

81 : 87 cm messend.

Keicher architektonischer Eah- men, oben ein Giebel mit einem Puttenkopf, zur Seite zwei Obe- lisken; flach anlaufende Seiten- voluten.

Mittelbild: Anbetung der Kö- nige. In architektonischer Um- gebung sitzt links Maria; das nackte, auf ihrem Schosse ste- hende Kind streckt die Hand nach einer Goldcassette aus, die ihm der weissbärtige König, der vor ihm kniet, darreicht; der zweite König geht mit ausgestreckter Hand auf den ganz links stehen- den Joseph zu; rechts der Moh- renkönig, dem ein Knabe die Schleppe trägt.

Grünlicher, flauer Gesammt- ton, schlecht und langweilig ge- zeichnete Köpfe. Niederländische Einflüsse sind unverkennbar.

Auf der Predella die Stifter. Links der schwarzgekleidete, bärtige Mann mit drei Söhnen, von denen nur der jüngste ein weisses Kleid trägt; an der Wand ein Schild mit dem ne- benstehenden Wappen. Rechts die Frau in schwarzem Kleide mit weissem Schleier und ein kleines Mädchen. — Der Mann, zwei der Söhne und das Töchterchen sind durch rothe Kreuze als verstorben bezeichnet. Inschrift am Fries:

Warlich warlich ich sage euch es kompt die \ Stunde und ist schon itz das die Todten | Werden die Stimme des Sons Gottes hören. | Johan. 5.

Auf der Predella, auf einer Tafel in der Mitte:

HioL 19. I Ich weis das mein Er | löser lebet und er j wirt mich hernach | aus der Erden auf I wecken und wer | de mit dieser mei | ner Haut umbge | wen werden im | werde in

meinen | Fleisch Gott sehen.



Fig. 118. Bartholomäuskirche, Denkmal der Familie Erttel.



172 Dresden (Stadt), Bartliolomäuskirche. — Jakobskirclic ii. Jakobsliospital.


Unten, zwischen den Voluten:

1.5.7.5 den 8. November umb 12 Ohr | Ist der erbar und nambaftige Antho | nius Erttel in Gott selig] ich entschlaflfen | Dem Gott genade. Seines alters | 52. iar.

Jetzt im Stadtrauseum.

Vom Bartholomäushospital haben sich Reste und einigermassen ge- nauere Pläne nicht, wohl aber eine innere Ansicht erhalten, aus welcher hervor- geht, dass sie die alte Einrichtung dauernd behielt. Kirche und Hospital wurden 1839 abgebrochen.