Ereignisse

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  • Nach dem Tod des römisch-deutschen Kaisers Arnolf von Kärnten in Regensburg zerfällt das Frankenreich in der Divergenz der Partikularinteressen endgültig. Die Macht übernimmt eine Adelsfraktion um Hatto I. von Mainz, der ostfränkische Kinderkönig Ludwig das Kind ist lediglich eine Marionette in deren Händen.[1] Böhmen und Nisan hatten 895 Arnolf von Kärnten (noch als König des Ostfrankenreiches) in Regensburg gehuldigt, die Sorben 897. Zuvor gehörten diese Länder zum Großmährischen Reich.
  • Papst Johannes IX. entspricht einer brieflichen Bitte Mojmirs II. von Großmähren zur Wiedererrichtung der Mährischen Diözese und ignoriert die Beschwerden der baierischen Bischöfe unter ihrem Wortführer Richard von Passau. Der Vorgänger Richards, Wiching, wurde nach der Niederlage Königs Arnulf von Kärnten im Zusammenstoß mit der großmährischen Armee im Jahr 893[2] als Administrator des Erzbistums Mähren (nach anderer Quelle als Erzbischof von Mähren) aus seinem Bischofssitz in Nitra vertrieben und war zu dem damaligen militärischen Gegner Großmährens, Arnolf von Kärnten (damals König des Ostfrankenreiches und noch nicht Kaiser), übergelaufen. Hintergrund war das Wiedererstarken des kirchenslawischen Ritus in Großmähren trotz eines päpstlichen Verbots, für das sich Wiching eingesetzt hatte. Für den Übertritt wurde Wiching zunächst Kanzler bei Arnolf von Kärnten (894 nachgewiesen), 896 zusätzlich Abt im Kloster Mondsee (das seit 843 dem Hochstift Regensburg unterstand) und 898 schließlich Bischof von Passau. Wiching war vor 874 Mönch im Kloster Reichenau, wo der erste Erzbischof von Mähren Method von Saloniki von 870 bis 873 in baierischer Klosterhaft gehalten wurde (nach anderer Quelle im Kloster Ellwangen). 880 wurde Wiching in Rom zum Suffraganbischof von Nitra des Erzbischofs Method von Saloniki ernannt und geweiht und intrigierte von Anfang an gegen den kirchenslawischen Ritus und Method von Saloniki, so mit gefälschten Papstbriefen.
  • Papst Johannes IX. entsendet den Erzbischof Johannes von Mähren und die Bischöfe Benedikt von Mähren und Daniel von Mähren nach Mähren[3] (nach anderer Quelle den Metropoliten und drei Bischöfe, damit in Mähren unabhängige Bischofsweihen durchgeführt werden können - um 910 ist von Erzbischof Johannes und vier mährischen Bischofen die Rede[4]), unter deren Obödienz sich die Sorben und die Nisaner stellen. Sowohl die Sorben als auch die von allen Seiten ultraperipheren Nisaner (in der frühgeschichtlichen Exklave Nisan) erhoffen sich durch diese kirchliche Unabhängigkeit von Böhmen eine höhere Unabhängigkeit von dem wachsenden Einfluß der böhmischen Přemysliden.
  • Richard von Passau (der Sorbenschlächter) wird Bischof von Passau[5] und verfolgt den Plan seines Vorgängers Wiching weiter, Böhmen und damit auch Nisan sowie die junge sorbisch-orthodoxe Kirche unter seine Obödienz zu bringen, wodurch weitere Sorben das Martyrium erleiden[6]
    • 892 war mit einem Überfall auf Trier und die Abtei Prüm eine seit 862 (862864: Errichtung fester Winterlager in Utrecht und Nimwegen, Zerstörung von Dorestad, Plünderung von Köln und Xanten) bestehenden Einfalls-Serie der Normannen in das Gebiet des Ostfrankenreiches zu Ende gegangen, so daß die Miltärkräfte nicht mehr in dem Maße gebunden waren wie bis dahin - ab 901 setzen sich die Ungarn in Pannonien fest, so daß die militärischen Kräfte des Ostfrankenreiches hier wieder gefordert werden
  • zweite von fünf Christenverfolgungen durch den Bischof von Passau (Wiching 898 bis 899 oder Richard von Passau 899 bis 902) in Nisan[7]
  • ...


Gestorben

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  • 8. Dezember: in Regensburg stirbt der römisch-deutsche Kaiser Arnolf von Kärnten - mit ihm verschwindet auch sein ehemaliger Kanzler und de-facto-Bischof von Passau Wiching der Slawentöter aus den westlichen Geschichtsquellen (wahrscheinlich bezieht sich die Aussage in der Vita Gregori, daß Wiching erneut die Seiten wechselte, zu den Mährern flüchtete und von Mojmir II. an den Erzbischof Theotmar von Salzburg ausgeliefert wurde, auf die Zeit sofort nach dem Tod seines Protektors Arnolf von Kärnten am 8. Dezember[9] - unter König Ludwig dem Kind gehörte Theotmar neben den Bischöfen Hatto I. von Mainz und Salomo III. von Konstanz zu dessen einflussreichsten Beratern und damit zu den eigentlichen Regenten des Reichs[10] - nach dieser Quelle ist davon auszugehen, daß Theotmar den unliebsamen Konkurrenten Wiching entweder gleich [noch im Dezember 899] durch Mord beseitigen oder in Klosterhaft verschwinden ließ) - nach der "Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit" starb Wiching an einem 12. September - entweder im Jahr 900 oder nach dem Jahr 912[11]

Anmerkungen

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  1. "Leidend, mit gebrochener Kraft kehrte der Kaiser aus Italien in das heimische Baierland zurück, doch gelang es ihm wenigstens noch seinem unmündigen Sohne Ludwig die Thronfolge im voraus zu sichern. H.[atto], der Taufpathe des im J. 893 geborenen jungen Königs, übte im Vereine mit dessen Erzieher, dem Bischofe Adelbero von Augsburg, seit seiner Thronbesteigung im [27] J. 900 vorwiegenden Einfluß, ja man darf sagen, daß die Leitung der Reichsgeschäfte in seiner Hand lag. Durch ihn wahrscheinlich im Vereine mit mehreren fränkischen und lothringischen Grafen war auch der Sturz des Königs Zwentibald von Lothringen, des älteren unechten und unfähigen Halbbruders Ludwigs von längerer Hand her vorbereitet worden, durch welchen diesem im Sommer 900 auch in jenem Theile des Reiches die Herrschaft zufiel. ... Es ist bekannt, wie Konrad, obgleich er zuerst mit dem alten Herzoge Otto von Sachsen in gutem Einvernehmen gestanden, nach dessen Tode (30. November 912) sich sogleich mit seinem Sohne und Nachfolger Heinrich überwarf. Der Grund der erbitterten Feindschaft, welche sich zwischen Beiden entwickelte und alle übrigen Gegensätze wach rief, lag darin, daß der König dem jungen Herzoge einen Theil der väterlichen Lehen vorenthielt, d. h., wie wol mit Recht angenommen wird, die thüringischen Grafschaften, [28] welche die Grundlage zur Ausdehnung seiner herzoglichen Gewalt über Thüringen bildeten. Die Schuld an diesem unheilvollen Zerwürfniß wurde von dem sächsischen Volke dem alten Ränkeschmied H.[atto] zugeschrieben, dessen Kirche von Alters her so bedeutenden Besitzungen in Thüringen hatte, daß eine Ausbreitung der mächtigen Liudolfinger in dieser Richtung ihm durchaus nicht erwünscht sein konnte. Man erzählte sich, daß H.[atto] Heinrichen ein ähnliches Ende zugedacht habe, wie er es einst dem Grafen Adalbert bereitet hätte: durch eine kunstvolle goldene Kette habe er die Absicht gehabt, die von dem Goldschmied verrathen worden sei, ihn bei einem Gastmahle zu erwürgen. Sicherlich betrachtete ihn Heinrich als seinen besonderen Widersacher, denn während H. dem königlichen Hoflager an den Rhein gefolgt war, überfiel jener die in Sachsen und Thüringen liegenden Besitzungen des Erzbisthums Mainz, um sich ihrer zu bemächtigen und griff gleichzeitig die thüringischen Grafen Burchard und Bardo an. Nicht lange überlebte H.[atto] diese unglückliche Wendung der deutschen Verhältnisse, den Anfang unabsehbarer Wirren. Er starb am 15. Mai 913 an einer Krankheit, in welche ihn der Kummer über die Auflehnung Heinrichs gestürzt haben soll. Hinter dem staatsmännischen Wirken Hattos tritt seine kirchliche Thätigkeit im engeren Sinne mehr in den Hintergrund, doch scheint sie keineswegs unerheblich gewesen zu sein. Die Synode von Tribur mit ihren Satzungen über die Kirchenzucht und über das Verhältniß der Kirche zur weltlichen Gewalt im Sinne einer Stärkung jener war seit langer Zeit die erste deutsche Reichssynode und blieb für lange Zeit die letzte. Mit diesen Bestrebungen steht es auch im Zusammenhange, daß H. den abgesetzten Abt Regino von Prüm, einen der gebildetsten Männer dieser Zeit des Verfalles, veranlaßte, eine Zusammenstellung der kirchlichen Gesetzgebung für die Visitation eines Sprengels herauszugeben und dadurch die Entstehung eines praktischen und geschätzten Handbuches hervorrief. Auf der Reichenau erbaute er, wie schon erwähnt, die St. Georgskirche, den Mainzer Dom stattete er prächtiger aus und die Stadt Mainz soll er bis zum Rheine ausgedehnt haben. Den ihm untergebenen Stiftungen, namentlich dem Kloster Reichenau, wußte er manche reiche Schenkung zuzuwenden, auch das mit Mainz eng verbundene Fulda erfuhr seine Gunst, obgleich es nicht unter seiner Leitung stand. H. wird von Regino in der Widmung des schon genannten Werkes wegen seiner wissenschaftlichen Bildung hochgerühmt (die er unter dem Namen der Philosophie zusammenfaßt), mit dem für seine Zeit reichbegabten Dichter, dem Bischof Salomon von Constanz, verband ihn innige Freundschaft, der berühmte Musiker und Schriftsteller Hukbald von St. Amand überreichte ihm sein wunderliches Gedicht zum Preise der Kahlköpfe mit einer Zueignung, aus der man schließen darf, daß H.[atto] ebenfalls eine Glatze besessen habe. Das Bild des gewaltigen Kirchenfürsten, der, obgleich nicht Erzkanzler des Reiches, dennoch eine ähnliche Stellung einnahm, wie die mächtigsten unter seinen Nachfolgern, ist uns leider nur in so trümmerhafter Gestalt überliefert, daß ein begründetes Urtheil über den Werth seiner Handlungen und Grundsätze kaum möglich scheint. Seine Gegnerschaft gegen die Herzoge, die sich der Volksgunst im Ganzen zu erfreuen hatten, bewirkte, daß die Nachwelt ihn sich als einen listigen Fuchs, als einen Mann von sehr zweifelhaftem sittlichen Charakter vorstellte. Während die anderen über ihn umlaufenden Sagen doch des geschichtlichen Kernes nicht ganz entbehren, hat sein vermeintlicher Tod durch die Mäuse in dem angeblich von ihm erbauten Mäusethurme bei Bingen schlechterdings gar keinen Zusammenhang mit den Thaten seines Lebens. Auch wird diese noch auf manche andere Sünder bezogene Sage häufiger als von ihm von dem Erzbischofe Hatto dem II. von Mainz (968–970) berichtet. Dieselbe ist lediglich auf mythische Vorstellungen zurückzuführen." In: Artikel "Hatto I., Erzbischof von Mainz" von Ernst Ludwig Dümmler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 26–29.
  2. "Arnolf - RI I n. 1890a. 893, regnum Zuentibaldi: Heerfahrt gegen Mähren, verwüstung des grössten teils des landes; nur mit not entkommt Arnolf einem auf der rückkehr gelegten hinterhalt. Ann. Fuld. vgl. die sagenhafte erzählung (allerdings mit der versicherung: ut legisse me memini) bei Arnoldus De s. Emmerammo I, 5 M. G. SS. 4,551, nach der Arnolf für seine wunderbare rettung durch den h. Emmeram reiche geschenke (darunter das bekannte evangeliar) an dessen kloster gegeben haben soll; die heerfahrt erwähnt Ann. Alam." In: RI I n. 1890a, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0893-00-00_1_0_1_1_0_4130_1890a (Abgerufen am 19.05.2024).
  3. Alexis P. Vlasto: "The Entry of the Slavs into Christendom. An Introduction to the Mediaval History of the Slavs.'" Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1970, ISBN 0-521-07459-2, S. 83.
  4. Artikel Papst Johannes IX. In: Katholische Enzyklopädie. New York: Robert Appleton Company. 1913.
  5. August Leidl: Die Bischöfe von Passau 739–1968 in Kurzbiographien. 2. Auflage. Verlag des Vereins für Ostbairische Heimatforschung, Passau 1978.
  6. Sorbisch-orthodoxer Prolog zu Panteleimon von Prag.
  7. Sorbisch-orthodoxer Prolog zu Panteleimon von Prag.
  8. Sorbisch-orthodoxer Prolog zu Panteleimon von Prag.
  9. Sorbisch-orthodoxe Hagiographie: Vita Gregori.
  10. Andreas Kraus: "Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart." Verlag C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-51540-1.
  11. Wiching In: Lilie, Ralph-Johannes / Ludwig, Claudia / Zielke, Beate / Pratsch, Thomas: "Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit". Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Nach Vorarbeiten F. Winkelmanns erstellt.


898 - 899 - 900

Kategorie:9. Jahrhundert