Projekt:FE Auswerteverfahren 1/Schnee/Grundlagen

Teilprojekt Schnee

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Verschiedene Oberflächentypen wie Wasser, kahler Boden, Vegetation oder Schnee sind durch unterschiedliche Reflexionseigenschaften in den einzelnen Wellenlängenbereichen charakterisiert. Die Abhängigkeit der Reflexion von der Wellenlänge wird auch als spektrale Signatur der Oberfläche bezeichnet. Sie wird durch verschiedene physikalische Einflüsse und Wechselwirkungen zwischen der einfallenden Strahlung und dem Material bzw. Zustand der Oberfläche bestimmt. Aus Luft- und Satellitenbildern können mit Hilfe der spektralen Signatur Aussagen über den Zustand der untersuchenden Oberflächen innerhalb des relevanten Bereiches des elektromagnetischen Spektrums abgeleitet werden. Die in der Fernerkundung verwendeten Sensoren zur passiven oder aktiven Erfassung der spektralen Signaturen werden dabei in optische und Mikrowellensysteme unterteilt. Neben den atmosphärischen Einflüssen sind die 3 wichtigsten Schnee-Parameter die Schneetiefe, die Schneedichte und das Wasseräquivalent. Aus den ersten beiden Größen ist die Berechnung des Wasseräquivalents möglich, welcher aussagt, wie viel Wasser beim Schmelzvorgang entsteht. Des Weiteren bestimmen noch Korngröße, Verschmutzungsgrad und Sonnenstand die Reflexionseigenschaften von Schnee.

Schneekristalle

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Schnee ist fallender und gefallener Niederschlag, der aus winzigen kristallinen atmosphärischen Eisaggregaten besteht. Schneekristalle entstehen, wenn in der Atmosphäre Wasserdampf bei Minustemperaturen kondensiert und an Kondensationskernen wie Aerosole und Staubpartikel oder gefrorenen Tröpfchen festfriert.

Bei praktisch allen Schneepartikeln ist eine hexagonale Anordnung der Seitenflächen die Grundstruktur der Kristalle. Sie können jedoch in den unterschiedlichsten Formen auftreten: als verzweigte Sterne und Plättchen oder als längliche Stäbchen und Nadeln. Die verschiedenen Ausprägungen beruhen auf Schwankungen der Temperatur und Feuchtigkeit in der Atmosphäre während der Kristallbildung und aufgrund von Windeinflüssen beim Fall durch die Wolkenschichten.

Schnee entsteht somit nicht einfach nur aus gefrorenen Regentropfen. Vielmehr bilden sich durch ein langsames, aber stetiges Wachstum mit der Zeit immer größere Schneekristalle mit den unterschiedlichsten Formen, die von der Temperatur beim Gefrieren des Wasserdampfes abhängen.

Da jeder Kristall verschieden große Flächen besitzt, die wie Miniatur-Spiegel das gesamte Lichtspektrum der einfallenden Strahlung in alle Richtungen reflektieren, erscheint uns der Schnee weiß.

Schneemetamorphose

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Bei der Schneemetamorphose handelt es sich um die Umwandlung und den Abbau der primären Strukturen von zusammenhängenden Eiskristallen im Schnee. Verantwortlich dafür sind kontinuierliche Druck-, Reibe- sowie Schmelz- und Wiedergefrier-Prozesse (Regelation). Sie werden durch Größen wie Schneetemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Windgeschwindigkeit beeinflusst.

Schneedecken mit Neuschneekristallen besitzen einen hohen Luftanteil (bis zu 95%). Neuschnee beginnt daher sich sofort zu verfestigen und umzuwandeln, wobei die ursprüngliche Form der Schneekristalle zunächst bewahrt bleibt. Durch Wind und beständiges Reiben der Kristalle gegeneinander brechen die Kristalle. Verdichtet sich der Schnee unter seinem eigenen Gewicht weiter, schmilzt und gefriert er, sodass die Kristalle nach ein paar Tagen nur noch wenig Ähnlichkeit mit ihrer ursprünglichen Form aufweisen. Eine Schneedecke besteht dabei aus Kristallen mit Radien zwischen 0,1 bis 0,5mm.

Die Schneemetamorphose ist vom Temperaturgradienten in einer Schneedecke abhängig. Man unterscheidet zwischen dekonstruktiver (abbauender) und konstruktiver (aufbauender) Metamorphose.

Dekonstruktive oder abbauende Metamorphose findet bei einem nur geringem Temperaturgradienten (< 15 K / m) in der Schneedecke statt. Nach Ablagerung von Neuschnee erfolgt unmittelbar der Abbau der Schneekristalle. Durch Abbrechen von überstehenden Strukturen der Kristalle wie Äste oder Spitzen verringert sich die Oberfläche und Größe der Schneekörner. Mit der Zeit werden die Körner runder und formen sich zu einer Kugelgestalt mit Durchmessern von bis zu 0,5 mm. Der Porenraum zwischen den Schneekörnern verkleinert sich und das Volumen nimmt ab. In der Folge verdichtet und setzt sich die Schneedecke. Die abbauende Metamorphose dauert bei ca. -5°C in der Regel 1 bis 2 Wochen. Sie erreicht bei höheren Temperaturen und steigendem Druck jedoch größere Wachstumsraten.

Konstruktive bzw. aufbauende Metamorphose entsteht bei einem mittleren bis großen Temperaturgradienten (> 15 K / m) im Schneepaket. Dabei wachsen große Schneekristalle auf Kosten von kleineren an und lassen neue Kristallformen entstehen. Schnellere Wachstumsraten bewirken dabei eine höhere Formenvielfalt der Eiskristalle, die sich zu prismatischen, quaderartigen, pyramiden- oder säulenförmigen Schneekörnern herausbilden können.

Ist trockener Schnee einem großen Temperaturgradienten ausgesetzt, so bilden sich kristalline Hohlformen, so genannte Becherkristalle oder es kommt zur Entstehung von Schwimmschnee. Becherkristalle können eine Größe von bis zu 1 cm erreichen (Trabant und Benson, 1972). Dabei kontrolliert das Kristallwachstum die Bewegung und Umverteilung von Masse, chemischen Substanzen und Isotopen in der Schneedecke (Sturm und Benson, 1997). Derartige Kristallformen haben eine geringe Festigkeit von Schnee zur Folge. Mit der Entstehung von größeren Körnern wird auch der Porenraum aufgrund von wenigeren Kontaktpunkten untereinander weiträumiger und Schneedecken sind dann weniger belastbar.

Im Vergleich zur dekonstruktiven läuft die konstruktive Metamorphose wesentlich langsamer ab. Sie kann bis zur Bildung der Becherkristalle 4 Wochen dauern.

Schneedecken entwickeln sich aus einer Reihe von Winterstürmen und entstehen oft durch unterschiedliche Arten von Niederschlag so z.B. aus Regen und Eisregen. Tägliches Schmelzen und Wiedergefrieren sowie der Einfluss des Windes sind ebenfalls wichtig in der Entwicklung der Schneedecke. Daraus ergibt sich, dass Schneedecken eine Schichtstruktur ausbilden, in welcher sich Eisschichten mit Schichten grobkörnigerer Texturen abwechseln.

Optische Eigenschaften

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Die Albedo beschreibt das Rückstrahlungsvermögen einer Oberfläche, also das Verhältnis aus reflektierter zu einfallender Strahlung. Das Reflexionsvermögen von Schneeoberflächen ist von folgenden Faktoren abhängig:

  • Schneealter
  • Korngröße- und form
  • Verschmutzungsgrad
  • Flüssigwassergehalt der Schneedecke
  • Sonnenstand

Die Albedo von frisch gefallenem Schnee ist sehr hoch, sinkt allerdings mit zunehmendem Alter langsam ab. Im Gegensatz dazu sinkt die Albedo im nahen Infrarotbereich bei der Schneealterung im Vergleich zu Neuschnee deutlich ab.

Bei der Alterung von Schnee führt der einsetzende Schmelzvorgang zu einem Anwachsen der Schneekörner und einem Verbinden dieser in größere Cluster, welche die Breitbandalbedo verringern. Die Schneealbedo kann so innerhalb weniger Tage um mehr als 25% sinken. Auch kann die darunterliegende Landmasse die Albedo beeinflussen, vor allem dann, wenn die Schneedecke nur sehr dünn ist. Die folgende Tabelle zeigt die Variationsbreite des Reflexionsvermögens verschiedener Schneetypen (nach König, 1995):

Schneetyp
Albedo
Neuschnee
0,75 – 0,9
gealterter Schnee
0,56 – 0,6
schmelzender Schnee
0,59 – 0,65
nasser Schnee
0,52
alter Schnee
0,42 – 0,7

Die Größe der Schneekörner kann durch Fernerkundungsdaten ermittelt werden. Mit einsetzender Schneeschmelze und dem daraus resultierendem Anwachsen der Körner sinkt auch die Reflektivität im nahen Infrarotbereich beträchtlich (vorwiegend zwischen 0,95 bis 1,4 μm). Die Albedo im sichtbaren Spektrum hingegen reagiert weniger sensitiv darauf, wird allerdings stärker von Verunreinigungen im Schnee beeinflusst. Warren und Wiscombe (1980) fanden heraus, dass kleine aber stark absorbierende Partikel zu einer Reduzierung dieser Albedo um 5 bis 15% beitragen können. Weiterhin berichteten Hansen und Nazarenko (2004), dass Rußemissionen Schnee- und Eisalbedo auf der Nordhalbkugel um 3% verringert und somit zur globalen Erwärmung beigetragen haben.

Der Flüssigwassergehalt einer Schneedecke ist abhängig von Form und Alter des Schnees und beträgt ca. 0 bis 30 Vol.-%. Der Rest besteht aus Eiskristallen und - körnern (10-40 Vol.-%) und Luft (60-90 Vol.-%) (Helbig, 1991). Wasser in Oberflächennähe bewirkt vorwiegend im nahen Infrarot ein reduziertes Reflexionsvermögen und wirkt sich bei erhöhtem Flüssigwassergehalt auch auf den sichtbaren Bereich aus (Hall und Martinec, 1985).

Obwohl Neuschnee nahezu isotrop reflektiert, steigt mit zunehmender Alterung und Sonnenzenitwinkeln der vorwärts gerichtete Anteil der Strahlung an, während mit zunehmender Korngröße die anisotropische Natur der Reflexion überwiegt (Steffen 1987). Effektive Schneeradien reichen dabei von 50μm für Neuschnee bis hin zu 1mm für nassen Schnee, welcher aus Eiskernclustern besteht.

Die Schneealbedo steigt ebenfalls bei allen Wellenlängen mit den Sonnenzenitwinkeln an. Zusätzlich verursacht Wolkenbedeckung für gewöhnlich ein Ansteigen der spektral integrierten Schneealbedo aufgrund mehrfacher Reflexionen an ihnen.

Da Absorption und Reflexion bei Schneeoberflächen nur in den oberen Bereichen vorkommt, spielt die Schneehöhe für das optische Spektrum praktisch keine Rolle.

Prinzipiell stellt die Detektion von Wolken und die Abgrenzung zu Schnee- und Eisoberflächen eine Herausforderung für die Fernerkundung dar (vgl. Wikiprojekt Wolken). Oft haben Wolken und Schnee ähnliche Eigenschaften im sichtbaren Bereich (z.B. hohes Reflexionsvermögen). Besonders Wasserwolken zeigen den für Schnee typischen Abfall des Reflexionsvermögens im NIR nicht. Problematisch zeigen sich dagagen Eiswolken. Jedoch können sehr hohe Wolken oft durch ihre (für die Erdoberfläche unrealtische) geringe Temperatur abgegrenzt werden. Eine Wolkenerkennung über spektrale Eigenschaften wird in einem Satellitenbild, in dem auch Schnee enthalten ist, kaum 100%ige Sicherheit bieten können. Es muß versucht werden, zusätzlich andere Eigenschaften auszunutzen (vgl. Romanov et al., 2003). Weiterhin nutzt De Ruyter de Wildt, 2007 die hohe zeitliche Variabilität von Wolken. Auch können Konsistenzprüfungen eingeführt werden: Ist Schnee in einem Pixel zur bekannten Jahreszeit sinnvoll? oder Wurde ein Schneepixel im vorhergehenden und im nachfolgenden Zeitschritt vielleicht als Wolke erkannt?

Eigenschaften zur Unterscheidung von Schnee und Wolken

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Optisch lässt sich der Schnee prinzipiell in folgenden Punkten von Wolken unterscheiden:

  • spektraler Unterschiede von Flüssigwasser und Eis
  • die Größe der Streukerne
  • die optische Dichte

Im nahen Infrarot und im sichtbaren Wellenlängenbereich sind die optischen Eigenschaften von Flüssigwasser und Eis sehr ähnlich. Die Haupteigenschaft die zu Unterschieden in den Reflexionseigenschaften führt, ist der spektrale Absorptionskoeffizient, welcher mit zunehmender Wellenlänge ansteigt. Dieser Anstieg ist für Flüssigwasser und Eis aber fast identisch. Einzig im Wellenlängenbereich von 1,55 bis 1,75µm treten signifikante Unterschiede auf. In diesem Bereich absorbiert Eis mehr Strahlung als Flüssigwasser. Der Flüssigwassergehalt im Schnee erreicht maximal 5-6 Vol.% und ist damit meist geringer als in Wolken, da Wolken auch noch bei einer Temperatur unter 0°C aus Wassertröpfchen bestehen können. Aufgrund dieses Unterschiedes im Flüssigwassergehalt lässt sich der Absorbtionskoeffizient als Entscheidungsmerkmal zur Unterscheidung von Schnee und Wolken miteinbeziehen.

Da anhand dieser Methode die Eiswolken aber nicht vom Schnee unterschieden werden können gibt es noch andere Aspekte womit Wolken vom Schnee optisch in Fernerkundungsdaten trennbar sind. Ein vielleicht noch wichtigerer Punkt ist, dass ein kleinerer Streukern weniger absorbiert als ein größerer und Wolkentröpfchen oder Wolkeneiskristalle kleiner sind als Schneekörner. Dieser Effekt verstärkt sich in Wellenlängenbereichen in denen das Medium von sich aus schon moderat absorbiert.

Ein weiterer Aspekt ist, dass die optische Dicke von Schnee im sichtbaren Bereich meistens höher ist als die von Wolken. Da Wasser und Eis sehr transparent in diesem Bereich sind, kann durch Wolken auch Strahlung transmittieren und dadurch haben die Wolken eine geringere Albedo als Schnee. Diese Unterscheidung trifft aber nicht mehr zu, wenn es sich um sehr dicke Wolken handelt.

Im Allgemeinen führen diese Eigenschaften zusammengefasst dazu, dass Schnee im sichtbaren Wellenlängenbereich stärker und im nahen Infrarot schwächer reflektiert als Wolken. (Dozier (1989)

Schneefreie Oberflächen

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schneefreie Oberfächen - geringes Reflexionsvermögen im sichtbaren Bereich, oft ansteigend im NIR - genaues Gegenteil von Schnee - Unterscheidung dürfte in den meisten Fällen nicht allzu schwer fallen - Verwendung z.B. des NDSI zur Abgrenzung, schneefreie Oberflächen haben ausserdem oft höhere Helligkeitstemperaturen im terrestrischen Spektrum, da die Schneedecke die Abstrahlung behindert

Mikrowelleneigenschaften von Schnee

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Fernerkundung im Mikrowellenspektrum (300 bis 1GHz oder 1mm bis 30cm Wellenlänge)kann auf zweierlei Arten geschehen. Zum einen durch Messung emittierter Strahlung, zum anderen durch Messung der Intensität der Rückstrahlung eines mit einem Radar ausgesandten Signals.

Mikrowellenemissionen einer Schneedecke bestehen aus den Anteilen des Schnees selbst und der darunterliegen Oberfläche. Beide Anteile werden durch die Transmission und Reflexionseigenschaften der Luft-/Schnee- und Schnee-/Boden-Grenzfläche sowie durch Absorption/Emission und Streuungseigenschaften der Schneedecke bestimmt.

Für aktive Systeme ist die Intensität der Radarrückstreuung von einer schneebedeckten Oberfläche von Interesse. Diese hängt von dem aktuellen Zustand der betrachteten Schneedecke und den sensorspezifischen Parametern ab. Das Rückstreusignal setzt sich aus der Oberflächen- und Volumenstreuung zusammen, wobei folgende Teilprozesse von Bedeutung sind:

  • Reflexion an der Schneeoberfläche
  • Streuung im Schneevolumen
  • Reflexion an internen Grenzflächen (z.B. Schichtgrenzen und Eishorizonte) sowie an der unterlagernden Oberfläche

Für das daraus entstehende charakteristische Rückstreuverhalten sind folgende Parameter verantwortlich:

  • Flüssigwassergehalt der Schneedecke
  • Rauigkeit der Schnee- und Eisoberfläche
  • Schneedichte
  • Korngrößen
  • Stratifizierung der Schneedecke

Flüssigwassergehalt und Rauigkeit

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Die dielektrischen Eigenschaften von Schnee bei einer bestimmten Frequenz im Mikrowellenbereich hängen für gewöhnlich von dem Flüssigwassergehalt im Schneevolumen ab. Selbst bei Temperaturen kleiner 0°C existiert noch immer in dünnen Schichte flüssiges Wasser, welches Eiskristalle umgibt und an diese gebunden ist (Hobbs 1974). Allerdings wird dies als trocken angesehen, da davon ausgegangen wird, dass kein freies flüssiges Wasser enthalten ist (Leconte et al., 1990). Schnee, welcher zu großen Teil aus flüssigem Wasser besteht (größer als 5% vol.), besitzt eine 35-mal größere Dielektrizitätskonstante (bei Frequenzen unter 20GHz) als trockener Schnee.

In der Theorie setzt sich die Dielektrizitätskonstante von Schnee aus einem Real- und einem Imaginärteil zusammen. Schnee ist ein Mix aus Luft und Eis. Die Dielektrizitätskonstante für Luft beträgt 1, für Eis 3,17±0,07 für Frequenzen von 1MHz bis weit über den Bereich der Mikrowellen hinaus (Evans 1965). Daraus ergibt sich, dass Schnee eine Dielektrizitätskonstante zwischen 1,2 und 2,0 besitzt, wenn seine Dichte zwischen 0,1 und 0,5 g/cm³ liegt (Hallikainen und Ulaby, 1986).

Die Änderungen der Dielektrizitätskonstante haben unmittelbare Auswirkungen auf das Reflexionsverhalten der betrachteten Schneeoberfläche. Die Intensität und die Richtung der eindringenden bzw. reflektierten Welle werden dadurch beeinflusst. Trockener Schnee besitzt eine zu nassem Schnee sehr geringe Dielektrizitätskonstante und reflektiert dadurch sehr gering an der Oberfläche, sodass der aus dem Schneevolumen stammende Anteil das Rückstreusignal dominiert. Bei Nassschnee hingegen führt die hohe Dielektrizitätskonstante zu einem hohen Brechungsindex und einer verringerten Transmissivität, sodass der an der Grenzfläche zwischen Luft und Schnee gestreute Anteil des Radarstahles stark anwächst. Die Absorption wird hauptsächlich vom Imaginärteil des Refraktionsindexes bestimmt. In trockenem Schnee ist der Imaginärteil dabei mehrere Zehnerpotenzen kleiner als für Wasser (Ulaby and Stiles, 1980).

Diese erhöhte Reflexion an der Grenzfläche hat zur Folge, dass bei nassem Schnee die Rauigkeit der Schneeoberfläche und der Einfallswinkel der Radarwellen größeren Einfluss nehmen. Bei einer glatten Oberfläche und schräg einfallenden Radarwellen, wird in Abhängigkeit des lokalen Winkels die Welle vom Sensor weg reflektiert. In Folge dessen ergibt sich für nasse Schneeoberflächen eine niedrige Gesamtintensität des Rückstreusignals. Die Rauigkeit kann sich durch Metamorphoseprozesse sowie fortschreitende Schneeschmelze erhöhen.

Die Eindringtiefe des Radarsignals wird ebenfalls durch den Flüssigwassergehalt beeinflusst. Im homogenen, feinkörnigen Trockenschnee können abhängig von der Wellenlänge und der Schneedichte theoretische Eindringtiefen von bis zu 100 m (X-Band) erreicht werden, aber schon bei geringen Wassergehalten von unter 3 Vol.-% wird die Eindringtiefe auf die Größenordnung einer Wellenlänge reduziert. Daraus folgt, dass schon bei geringem Flüssigwassergehalt der Untergrund für die Rückstreuung bedeutungslos wird. Der Untergrund hat nur Bedeutung bei extrem geringmächtigen Nassschneedecken und Trockenschnee.

Schneedichte und Korngößen

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Bei Trockenschnee dominiert die Volumenstreuung, welche von der Lagerungsdichte (Schneedichte) und der Korngröße der Schneekristalle abhängt. Aus der Schneedichte lassen sich direkt die dielektrischen Eigenschaften von Trockenschnee ableiten und die Schneekorngröße bestimmt in ihrem Verhältnis zur Wellenlänge den Streuungskoeffizienten sowie den Extinktionskoeffizienten. Mit anwachsendem Kornradius steigt die Volumenstreuung, wobei aber gleichzeitig sich die Eindringtiefe verringert aufgrund eines steigenden Extenktionskoeffizienten.

Zusammenfassend soll erwähnt werden, dass bei trockenen Schneedecken die Prozesse der Oberflächenstreuung aufgrund des geringen dielektrischen Kontrasts von untergeordneter Bedeutung sind, womit die Radarrückstreuung weitgehend unabhängig vom Einfallswinkel, von der Oberflächenrauigkeit und von der Polarisation der verwendeten Radarwellen ist. Das resultierende Rückstreusignal einer trockenen Schneedecke ist daher in erster Linie vom Metamorphosegrad der Schneekristalle abhängig. Schneekristalle die infolge dominierender Nassschneemetamorphose stark angewachsen sind weisen einen hohen Rückstreukoeffizienten auf. Im Gegensatz dazu bewirken feinkörnige Schneekristalle aus destruktiven Metamorphoseprozessen niedrige Rückstreuwerte. Daraus folgt, dass für eine feinkörnige, wenig metamorphisierte Trockenschneeauflage aufgrund der geringen Volumenstreuung das Radarsignal weitgehend transparent bleibt und daher (fast) nicht detektierbar ist.

Stratifizierung der Schneedecke

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Im Gegensatz zu den eben betrachteten, homogen aufgebauten Schneepaketen prägen in der Natur vertikale und horizontale Inhomogenitäten den Schneedeckenaufbau. Diese entstehen durch Akkumulations-, Umlagerungs- und Metamorphoseprozesse und drücken sich in vertikal und horizontal unterschiedlichen Schneedichte, Korngrößen und Flüssigwassergehalt aus.

An den internen Grenzflächen beziehungsweise am Untergrund kommt es aufgrund der dielektrischen Kontraste und den daraus resultierenden wirksamen Reflektivitäten jeweils zu Reflexionen und zur Verringerung des in die unterlagernden Horizonte eindringenden Anteils des einfallenden Radarstahles. Die Intensitäten des reflektierten beziehungsweise transmittierten Anteils der Radarwelle sind winkel- und polarisationsabhängig. Diese innerliche Strukturierung ist schwer zu differenzieren. Zum Beispiel kann eine Auflage Nassschnee auf einer Schneedecke die durch erhöhte Reflexion an der Grenzschicht die Radarrückstrahlung so stark beeinflussen, dass keine brauchbaren Informationen über die unterlagernde Schneeschicht gewonnen werden können.

Wirkung der benutzten Wellenlänge

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Im Allgemeinen passieren längere Wellenlängen trockenen Schnee fast unbeeinflusst. Daher sind niedrige Frequenzen (längere Wellenlängen) oder Frequenzen aus dem X-Band (2,4-3,75 cm oder 8,0-12,5 GHz) ungeeignet für die Erkennung oder Kartierung von dünnen trockenen Schneedecken, da die Größe der Schneepartikel viel kleiner ist als die Größe der Wellenlängen. Daher ist auch die Gefahr der Abschwächung und Streuung des Signals aufgrund der kleinen Eiskristalle in der Schneepackung bei diesen Wellenlängen kleiner (Waite and MacDonald, 1970; Ulaby and Stiles, 1980, 1981). Somit werden Wellenlängen größer als 10 bis 15cm nicht von trockenem Schnee behindert, wenn sich durch ihn hindurchbewegen (Bernier, 1987). Für Schneekristalle mit einem Radius größer 0,1mm dominiert die Streuung bei Frequenzen größer als 15GHz (Ulaby et al., 1986).

Literatur

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  1. Hall et al., 2005 - Estimation of Snow Extend and Snow Properties
  2. De Ruyter de Wildt, 2007 - Operational snow mapping using multitemporal Meteosat SEVIRI imagery
  3. Romanov et al., 2003 - Mapping and Monitoring of the Snow Cover Fraction over North America
  4. Rau, 2004 - Schneeeigenschaften und Gletscherzonen der Antarktischen Halbinsel im Radarbild
  5. Willmes, 2003 - Ableiten des Einsetzens der Schneeschmelze über Festeis in Nordwestspitzbergen aus NOAA/AVHRR-Daten