Projekt:FE Auswerteverfahren 1/Vegetationsindizes/Einflussgrößen

Mittels Satellitensensoren wird die Reflexion der Vegetation auf der Erde gemessen. Über die Reflexionscharaktere ist es möglich die Vegetationsindizes zu bestimmen. Aus diesen Indizes lassen sich dann biophysikalische und biochemische Parameter, wie z.B. Bedeckungsgrad, Wikipedia LAI, Chlorophyllkonzentration ableiten. Die Reflexionseigenschaften der Vegetation unterliegen dabei verschiedenen Einflussfaktoren, welche in zwei Gruppen unterteilt werden können:

Biologische Einflussfaktoren Physikalische Einflussfaktoren
Vegetationstyp Eigenschaften des Bodens
Vegetationsalter Eigenschaften der Atmosphäre
Wassergehalt Beleuchtungsgeometrie
Bedeckungsgrad Beobachtungsgeometrie
Blattflächenverteilung Sensorauflösung
Schädlingsbefall/Mineraliendefizite Sensordegradation
Reihenabstände

(geändert nach [Oehmichen 2004])

Dabei liefern die biologischen Einflussgrößen Zustandsbeschreibungen der Vegetation. Die physikalischen Einflussfaktoren werden in der Literatur auch als „Störgrößen“ bezeichnet.

Da die Vegetationsindizes über das Reflexionsverhalten der Vegetation bestimmt werden und diese sowohl den biologischen, als auch physikalischen Einflussfaktoren unterliegen, ist eine Bestimmung der biologischen Parameter aus den Indizes diffizil. [Oehmichen 2004]

Biologische Einflussfaktoren

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Die biologischen Einflussfaktoren verändern das Reflexionsverhalten der Vegetation und beeinflussen so die daraus ermittelten Vegetationsindizes [Oehmichen 2004]. Dabei wirkt vor allem ein unterschiedlicher Wassergehalt in den Zellen, hervorgerufen durch das Alter der Pflanzen, Bewässerungsmaßnahmen bei landwirtschaftlichen Arealen oder Wasserstress auf das Reflexionsverhalten der Flora. Da das Wasser seine Hauptabsortionsbanden im mittleren Infrarot besitzt, ist bei einem höheren Wassergehalt der Pflanze, eine geringere Reflexion in diesem Bereich festzustellen [Anhuf 1997]. Auch Bedeckungsgrad, Alterungsprozesse und landwirtschaftliche Nutzung der Flächen haben veränderte Indizeswerte zur Folge. Aufgrund der jahreszeitlichen Schwankungen und des unterschiedlichen Entwicklungsstandes ist im Monat Mai ein höherer und im September ein geringerer Indizeswert zu verzeichnen [Oehmichen 2004] , [de Lange 2002]. Hinzukommen spektrale Beeinträchtigungen durch die Struktur der Vegetationsfläche und die Ausrichtung der Blätter zum Sonnenwinkel [Baret 1995], [Huete et al. 1999]. Neben diesen Einflussfaktoren bestimmt die Vegetationsart selbst das Verhalten der spektralen Signatur und übt somit Einfluss auf die Indizes aus. Die Ableitung der biologischen Parameter (vor allem der Bedeckungsgrad) aus den Indizes, ist daher nur sinnvoll, wenn genügend Informationen über die Vegetationstypen vorliegen, oder der Index nur geringen Bodenbeeinflussungen unterliegt [Oehmichen 2004]. Zudem können verschiedene Bestände zu ein und derselben spektralen Signatur führen, was die Folgerung der biophysikalische und biochemische Parameter aus den Indizes schwierig macht [Baret 1995]. Da das Reflexionsverhalten der Vegetation im Labor an einzelnen Blättern bestimmt wurde, ist eine Übertragung dieser Ergebnisse auf komplexe Vegetationsflächen kritisch zu betrachten [Barrett & Curtis 1982].

Physikalische Einflussfaktoren

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Die spektrale Reflexion der Vegetation setzt sich aus Anteilen von Vegetation und Boden zusammen. Bei der Ermittlung von Vegetationsmerkmalen ist es daher unumgänglich den Anteil Bodenreflexion zu eliminieren [Dreiser 1987].

Der Boden nimmt, bei nicht vollständiger Bedeckung mit Vegetation, aufgrund seines wellenabhängigen Reflexionsverhaltens primär Einfluss auf die gemessene Reflexion der Vegetation und somit auch auf die Ermittlung der Vegetationsindizes [Oehmichen 2004]. Dieses Phänomen findet sich beispielsweise auf Flächen landwirtschaftlicher Nutzung in Zeiten früher Wachstumsperioden (Jungbewuchs) wieder [Haboudane et al. 2002].

Die Höhe der Bodenreflexion hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein einflussreicher Parameter ist dabei die Bodenfeuchte bzw. der Wassergehalt des Bodens, da das Wasser im Bereich des mittleren Infrarots seine Hauptabsorptionsbande besitzt [Anhuf 1997]. Der Vegetationsindex zeigt ein lineares Verhalten bei feuchten und ein nichtlineares bei trockenen Böden [Oehmichen 2004]. Weiterhin beinträchtigen Korngrößenverhältnis, Mineralbestand und unterschiedliche Gehalte an Eisen und organischer Substanz die Reflexionseigenschaften des Bodens [Kronberg 1985].

Die   Atmosphäre mit ihren Eigenschaften stellt eine signifikante Einflussgröße bei der Ermittlung der Vegetationsindizes dar. Bei der Messung der Reflexion werden mehrere Spektralkanäle genutzt, die sich sehr unterschiedlich unter dem Einfluss der atmosphärischen Merkmale verhalten. Die am Sensor einfallende Strahlung setzt sich aus der direkten und diffusen Strahlung und der zwischen Atmosphäre und Oberfläche mehrfach reflektierten Strahlung zusammen. Durch die Streu- und Absorptionsprozesse in der Atmosphäre werden die reflektierte Solare Strahlung der Vegetation verändert und somit der Index beeinflusst [Oehmichen 2004]. Eine „trübe“ Atmosphäre führt, durch Abschwächung des Kontrastes zwischen sichtbaren, roten und nahen Infraroten Bereich, zu niedrigeren Indexwerten, woraus eine Unterschätzung der Vegetation auf der Erdoberfläche resultiert [Huete et al. 1999]. Zusätzlich stellt die Durchführung der Wolkenerkennung die Fernerkundung vor etwaige Probleme, da die Differenzierung von Land- und Vegetationsflächen, durch diffizile Bestimmung von Schwellenwerten, sich schwierig gestaltet. Zeitliche und örtliche Variabilität der Landoberfläche und Beobachtungswinkel sind Ursache für die nicht eindeutigen Abgrenzungen zwischen Wolken und Landoberflächen [Keller 2002]. So führen Wolken, eine teilweise Bedeckung der Pixel mit Wolken und Wolkenschatten zu abweichenden Indizeswerten [Huete et al. 1999]. Da die Atmosphäre aus verschiedenen Gasen und   Aerosolen besteht, ist die solare Strahlung beim Durchgang durch die Atmosphäre diversen Prozessen unterworfen. Neben Streuung spielt die Absorption eine entscheidende Rolle bei der Ermittelung der Indizes. Dabei bestimmt die   Rayleigh-Streuung an Aerosolteilchen (Wasser-, Eisteilchen, Staubpartikel, etc.) im sichtbaren Spektralbereich und die Absorption an Aerosolteichen in NIR den Einflussgrad der Atmosphäre. Zwar bewirkt die path-radience eine Erhöhung der Reflexionsdaten und die Absorption eine Verringerung, jedoch verursacht erst die Gesamtheit dieser Prozesse das Maß der Veränderung. Für eine globale Bestimmung der Vegetationsindizes ist es notwendig, den Zustand der Erdatmosphäre, aufgrund der starken Variabilität, zu quantifizieren. Begründet durch das Fehlen eines derzeit global umfassenden Beobachtungsnetzes, muss daher auf die mittels Satellitendaten gewonnenen meteorologischen Größen zurückgegriffen werden. Diese sind jedoch mit Ungenauigkeiten behaftet und führen vor allem durch Fehleinschätzung des Aerosoltyps und der Aerosolkonzentration zu sensiblen Abweichungen der Indizes [Oehmichen 2004]. Die physikalischen Einflussfaktoren beinhalten auch die Beleuchtungs- und Beobachtungsgeometrie und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Vegetationsindex-Bestimmung. Die Messung der spektralen Reflexionswerte geschieht immer unter einem bestimmten Sonnenzenit, -  azimut bzw. unter einem festgelegten Beobachtungszentit, -azimut. Durch die anisotrope Reflexion der Vegetationsoberfläche sind die Reflexion und der daraus resultierende Index abhängig von der Geometrie des Sonnenstandes und des Bebachtungspunktes. Das bedeutet, dass sowohl der Winkel von dem man die Fläche betrachtet, als auch der Sonnenwinkel die Reflexionswerte beeinflusst. Die Stärke der Beeinträchtigung durch die Beleuchtungs- und Beobachtungsgeometrie ist im großen Maße von den Untergrundeigenschaften abhängig. So werden bei einem Bedeckungsgrad von unter 100% bei verschiedenen Beobachtungswinkeln abweichende Reflexionswerte erzielt. Beispielsweise erscheinen Vegetationsflächen, bei denen die Bodenreflexion dominiert, mit steigendem Beobachtungswinkel dunkler. Die Beobachtungsfläche wird mit steigendem Winkel heller, wenn die Vegetationsreflexion dominiert. Gesetz dem Fall Beobachtungs- und Sonnenzenit treten zusammen auf, kann es weiterhin zu einem so genannten Hotspot kommen. Dieser führt zu einem Anstieg der spektralen Reflexion und ist vom Zustand (Dichte) der Vegetation abhängig [Oehmichen 2004], [Huete et al. 1999].

Eine weitere physikalische Einflussgröße ist die Sensordegradation, unter welcher man die zeitliche Veränderung der Responsefunktion des Sensors versteht. Dabei können durch wiederholte Betrachtung derselben Vegetationsfläche abweichende Reflexionswerte und somit unterschiedliche Vegetationsindizes hervorgerufen werden [Oehmichen 2004].

Ein idealer Vegetationsindex, der die spektralen Reflexionseigenschaften der Vegetation sensibel registriert und gleichzeitig unempfindlich auf die physikalischen Einflussfaktoren reagiert, existiert nicht [Oehmichen 2004], [Baret et al. 1989].

Die Vegetationsindizes eignen sich gut für eine Abgrenzung von vegetationsbedeckten (grüne Vegetation) und vegetationslosen Arealen und auch die Bestimmung des Bedeckungsgrades, bei vorhandener Kenntnis der Vegetationstypen, führt zu Ergebnissen mit hoher Güte. Jedoch sollten die Indizes für eine globale Bestimmung der Werte (wegen fehlender Kenntnis der atmosphärischen Zustände) und vor allem für die Ableitung der biophysikalischen und biochemischen Größen, aufgrund der enormen physikalischen Einflüsse nicht zur Anwendung kommen [Oehmichen 2004].