Projekt:Politik der Wende/Glossar/Jürgen Vogel/Ausspäh-Affäre

Landtag von Sachsen-Anhalt

Erste Wahlperiode

Drucksache 1/3766

09.06.1994


Unterrichtung

Abschlußbericht des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

(Drucksache 1/36/1782 8)

1. Der Zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuß unterrichtet den Landtag über seinen Abschlußbericht und bittet, diesen zur Kenntnis zu nehmen.

2. Dem Bericht angefügt ist gemäß § 29 Abs. 4 Untersuchungsausschußgesetz ein Minderheitenbericht (Sondervotum) der Abgeordneten der Fraktion der CDU.

Dr. Manfred Püchel

Ausschußvorsitzender

(Ausgegeben am 13.06.1994)

Abschlußbericht

des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

des Landtages von Sachsen-Anhalt

Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766

INHALTSVERZEICHNIS

Teil A

Einsetzung, Auftrag und Verfahren des Zweiten

Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

1. Vorgeschichte

2. Untersuchungsauftrag

3. Geschäftsordnung

4. Geschäftsstelle

5. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

5.1. Benennung des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden

5.2. Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Ausschusses

5.3. Juristische Berater

5.4. Vertreter der Landesregierung

6. Ablauf des Untersuchungsverfahrens

6.1. Konstituierung

6.2. Verfahrensfragen

6.3. Beweiserhebung

6.3.1. Beweisbeschlüsse

6.3.2. Sitzungen

6.3.3. Zeugenvernehmungen

6.3.4. Öffentlichkeit der Zeugenvernehmungen

6.3.5. Aussagegenehmigungen

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6.3.6. Protokolle der Zeugenvernehmungen

6.3.7. Vereidigung von Zeugen

6.3.8. Beweiserhebung durch Vorlage von Akten und sonstigen Unterlagen sowie durch Auskunftersuchen

6.3.8.1. Akten und Schriftstücke

6.3.8.2. Eingestufte Unterlagen

6.3.8.3. Sonstige Unterlagen

6.3.8.4. Behandlung eingestufter Verwaltungsunterlagen

6.3.8.5. Auskunftersuchen

7. Vorgehansweise des Ausschusses


Teil B

Feststellungen des Untersuchungsausschusses

I. Der Untersuchungsausschuß soll klären, welches die Gründe für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt waren, unter welchen Umständen seine Einstellung erfolgte, welche Befugnisse, Rechte und Pflichten KlausDieter Matschke hatte, insbesondere zu welchen Informationen

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er offiziell Zugang hatte." 34

1.

1.1.

1.2.

1.2.1.

1.2.2.

Zu den Gründen für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt und den Umständen, unter denen diese erfolgte Tätigkeit von Klaus-Dieter Matschke vor Gründung des Landes Sachsen-Anhalt

Einstellung von Klaus-Dieter Matschke in den Dienst des Landes

Zur Verantwortung des Ministers a. D. Wolfgang Braun für die Einstellung von Klaus-Dieter Matschke Einstellung von Klaus-Dieter Matschke, um ihn für den Verfassungs-schutz zu verwenden

34

34

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1.2.3. Weitere Gründe für die Einstellung von Klaus-Dieter Matschke

1.2.3.1. Beteiligung des Zeugen Matschke an der Sammlung von Daten über den Abgeordneten Renger

1.2.3.2. Beteiligung des Zeugen Matschke an der Sammlung von Informationen zur Überprüfung weiterer CDU-Abgeordneter

2. Befugnisse, Rechte und Pflichten des Klaus-Dieter Matschke

3. Zugang von Matschke zu Informationen

II. Der Ausschuß soll ferner klären "ob es Kontakte des Klaus-Dieter Matschke bzw. Beauftragten von ihm mit Mitgliedern der Landesregierung, ihren Vertretern oder Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalt gab bzw. gibt und welcher Art diese Kontakte waren bzw. sind, ferner was der Gegenstand dieser Kontakte war bzw. ist und welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Informationen, die sie, ihre Vertreter oder ihre Beamten direkt oder indirekt von Klaus

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Dieter Matschke erhielten, gezogen haben." 70

1.

2.

Kontakte des Klaus-Dieter Matschke zu Mitgliedern der Landesregie-rung nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalt Kontakte von Klaus-Dieter Matschke zu Beamten und Bediensteten des Landes nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes

III. Gegenstand und Stand des Gerichtsverfahrens Matschke ge

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gen das Land Sachsen-Anhalt

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IV. Der Ausschuß soll klären, "ob und auf welche Weise Behörden des Verfassungsschutzes Informationen über angebliche Kontakte von Minister Wolfgang Rauls zum ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR erhalten bzw. gesammelt haben, wer den Verfassungsschutz veranlaßt hat, tätig zu werden, ob derartige Informationen vom Verfassungsschutz oder von Dritten an Mitglieder der Landesregierung bzw. Beamte des Landes Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden sind, wie mit diesen Informationen umgegangen worden ist und was die Landesregierung daraufhin unternommen hat."

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1.

2.

2.1.

2.2.

3.

Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rauls an die Landesregierung durch das Bürgerkomitee

Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rauls durch Verfassungsschutzbehörden

Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rauls durch die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde und das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln

Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rauls durch den Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg

Informationen von Minister Rauls durch die Landesre

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gierung

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V. Der Ausschuß soll klären, "ob jetzige oder frühere Mitglieder der Landesregierung, jetzige oder frühere Mitarbeiter der Landesregierung im Rahmen ihrer Tätigkeit oder inoffiziell zu Informationen gelangt sind, Informationsmaterial gesammelt oder Informationsmaterial in ihren Besitz gebracht haben, das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden kann. Der Ausschuß soll in diesem Zusammenhang insbesondere das Zusammenwirken zwischen Verfassungsschutzbehörden, der Gauck-Behörde und der Landesregierung, ihren Beauftragten oder ihren Beamten aufklären."

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VI. Gesamtzusammenfassung 97

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Teil A

Einsetzung, Auftrag und Verfahren des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

1. Vorgeschichte

Im Dezember 1990 wurde publik, daß der in Frankfurt am Main ansässige Privatdetektiv Klaus-Dieter Matschke bei der Polizei in Sachsen-Anhalt tätig ist. Es wurde der Verdacht geäußert, daß Klaus-Dieter Matschke während seiner Zeit in Sachsen-Anhalt Zugang zu "geheimen Unterlagen" hatte 1

und Akten von dem ehemaligen Stasi-Generalmajor Wilfried Müller erhalten hat2 .


Im Januar 1991 wurde bekannt, daß der damalige Innenminister Wolfgang Braun Klaus-Dieter Matschke im November 1990 zum angeblich ersten Beamten in Sachsen-Anhalt ernannt hatte 3.


Am 21. 2. 1991 debattierte der Landtag auf Antrag der SPD-Fraktion über dieses Thema.4

Zur näheren Aufklärung beantragte die SPD-Fraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses 5.

Der Bericht des Innenausschusses über die am 26. 2. 1991 erfolgte Sondersitzung wurde am 21. 3. 1991 im Landtag behandelt. 6

Am 21. 3. 1991 stellte die SPD-Fraktion gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Grüne u. a. wegen der genannten Vorfälle sowie wegen der in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe, Klaus-Dieter Matschke habe Informationen über angeblich Stasi-belastete CDU-Kandidaten für den Landtag respektive CDU-Abgeordnete des Landtages geliefert 7,

eine große Anfrage B, die von der Landesregierung am 23. 5. 1991 beantwortet wurde. 9


Am 04. Juli 1991 trat der Ministerpräsident Dr. Gerd Gies zurück. Nach§ 4 Abs. 2 Ministergesetz endet das Amtsverhältnis der Minister mit jeder Erledigung des Amtes des Ministerpräsidenten.

Wolfgang Braun wurde von dem neuen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Wemer Münch nicht mehr zum Minister ernannt.


Im August 1992 publizierte "DER SPIEGEL" einen Artikel, in dem behauptet wurde, daß Minister Rauls wegen einer angeblichen Stasi-Vergangenheit vom Verfassungsschutz ausgespäht worden sei. Minister Rauls soll sich ferner mehrfach mit Klaus-Dieter Matschke getroffen haben, der während seiner Tätigkeit in Sachsen-Anhalt "weitreichenden Einblick in geheime Archive aus der DDR-Zeit" habe nehmen

1 Bild vom 8. 12. 1990

2 Bildvom 10.12.1990

3 s. MAZ vom 31 . 1. 1991 , DER SPIEGEL 8/91

4 10. Sitzung des Landtagesam 21. 2. 1991, s. PI. Prot. 1/10, S. 44- 55

5 Drs. 1/198

6 12. Sitzung des Landtages vom 21. 3. 1991, s. PI. Prot. 1/12, S. 140-157

7 DER SPIEGEL 8/91

8 Drs. 1/289

9 Drs. 1/471


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können. Die Informationen des Verfassungsschutzes befänden sich in der Staatskanzlei. Unklar sei, wer den Verfassungsschutz zu derartigen Recherchen beauftragt habe.10

Die F.D.P.-Fraktion forderte den Landtagspräsidenten auf, zur Klärung der Vorwürfe einen Untersuchungsausschuß einzusetzen 11.

Im September 1992 beantragten die Abgeordneten der SPD-Fraktion und Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Grüne die Einsetzung eines Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.12

Der Landtag beschloß in seiner 36. Sitzung am 18. 9. 1992 die Einsetzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses.13


2. Untersuchungsauftrag

Mit der in der 36. Sitzung beschlossenen Änderung des Antrages 1/178214 erhielt der Untersuchungsausschuß folgenden Auftrag:

I. Der Ausschuß soll klären, ob und auf welche Weise Behörden des Verfassungsschutzes Informationen über angebliche Kontakte von Minister Wolfgang Rauls zum ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR erhalten bzw. gesammelt haben, wer den Verfassungsschutz veranlaßt hat, tätig zu werden, ob derartige Informationen vom Verfassungsschutz oder von Dritten an Mitglieder der Landesregierung bzw. Beamte des Landes Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden sind, wie mit diesen Informationen umgegangen worden ist und was die Landesregierung daraufhin unternommen hat.

II.

Der Ausschuß soll klären, ob jetzige oder frühere Mitglieder der Landesregierung, jetzige oder frühere Mitarbeiter der Landesregierung im Rahmen ihrer Tätigkeit oder inoffiziell zu Informationen gelangt sind, Informationsmaterial gesammelt oder Informationsmaterial in ihren Besitz gebracht haben, das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden kann. Der Ausschuß soll in diesem Zusammenhang insbesondere das Zusammenspiel zwischen Verfassungsschutzbehörden, der Gauck-Behörde und der Landesregierung, ihren Beauftragten oder ihren Beamten aufklären.

III.

Der Ausschuß soll klären, ob es Kontakte des Klaus-Dieter Matschke bzw. Beauftragten von ihm mit Mitgliedern der Landesregierung, ihren Vertretern oder Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalts gab bzw. gibt und welcher Art diese Kontakte waren bzw. sind, ferner was der Gegenstand dieser Kontakte war bzw. ist und welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Informationen, die sie, ihre Vertreter oder ihre Beamten direkt oder indirekt von Klaus-Dieter Matschke erhielten, gezogen haben.

10 DER SPIEGEL 32192

11 Schreiben Fraktionsvorsitzender Prof. Dr. Hasse, F .D.P. vom 14.08.1992

12 Drs. 111782

13 PI. Prot. 1/36, S. 4115 ff., S. 4117

14 ln Ziff. II Satz 2 des Antrages wurde das Wort "Zusammenspiel" durch das Wort "Zusammenwirllen" ersetzt, s. PI. Prot. a.a. 0., S. 4117

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Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1 13 766 IV.

Der Untersuchungsausschuß soll ferner klären, welches die Gründe für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt waren, unter welchen Umständen seine Einstellung erfolgte, welche Befugnisse, Rechte und Pflichten Klaus-Dieter Matschke hatte, insbesondere zu welchen Informationen er offiziell Zugang hatte. Ferner, wie die Landesregierung mit diesen Informationen sowie auf anderen Wegen von Klaus-Dieter Matschke erlangten Informationen, die der Landesregierung zur Kenntnis gegeben wurden, umgegangen ist und welche Konsequenzen sie hieraus gezogen hat.

Der Ausschuß soll desweiteren klären, was der Gegenstand des Gerichtsverfahrens Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt ist und wie der Stand des Verfahrens ist, ob Klaus-Dieter Matschke über die gerichtlich geltend gemachten Forderungen hinaus weitere Forderungen erhoben hat und wie sich gegebenenfalls die Landesregierung hierzu verhalten hat bzw. verhält.


3. Geschaftsordnung

Bestandteil des Einsetzungsbeschlusses des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses war eine Geschäftsordnung gemäß § 15 Abs. 4 der damals geltenden Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt. Diese enthielt Bestimmungen über:

- Mitgliederzahl und deren Benennung gegenüber dem Präsidenten des Landtages,

- Vertreterregelung,

Berufung eines zum Richteramt befähigten Juristen als beratendes Mitglied,

Beschlußfähigkeit,

Beweiserhebungen in öffentlicher Verhandlung bzw. Ausschluß der Öffentlichkeit,

- Einberufung der Sitzungen, Aufrechterhaltung der Ordnung und eventuelle Entfernungen aus dem Sitzungssaal,

Protokollführung,

- Zutrittsgestaltung in Behörden und Erteilung von Aussagegenehmigungen, Beweisantragstellung,

- Rechts- und Amtshilfegewährung durch Gerichte und Verwaltungsbehörden,

- Berichterstattung des Untersuchungsausschusses nach Abschluß der Untersuchungen,

- Verschwiegenheitspflicht zu bekanntgewordenen geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen (auch nach Auflösung des Untersuchungsausschusses),


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Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766


- Kosten des Untersuchungsverfahrens,

- Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen,

- Hinzuziehung von Zeugenbeiständen.


Nach dem am 30. Oktober 1992 in Kraft getretenen Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen ( UntersuchungsausschußgesetzUAG) vom 29. Oktober 1992 (GVBI. LSA S. 757) regelte dieses das Verfahren des Untersuchungsausschusses(§ 37 Abs. 3 UAG).


4. Geschäftsstelle

Die Geschäftsstelle des Untersuchungsausschusses befand sich bei der Landtagsverwaltung.

5. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

§ 2 der Geschäftsordnung für den Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß des Landtages von Sachsen-Anhalt legte fest, daß der Untersuchungsausschuß 13 Mitglieder hat,

die Ausschußmitglieder und dieselbe Zahl von Stellvertretern dem Präsidenten des Landtages von den Fraktionen schriftlich benannt werden. Jede Fraktion benennt so viele Mitglieder, wie sich nach dem Rangmaßzahlverfahren aus der Fraktionsstärke ergibt.


5.1. Benennung des Vorsitzenden und des steHvertretenden Vorsitzenden

Gemäß § 15 Abs. 4 der damals geltenden Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt wurden gegenüber dem Präsidenten des Landtages benannt: als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses

Abg. Herr Dr. Püchel (SPD)

und als stellvertretender Vorsitzender

Abg. Herr Seidel (CDU).


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Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766


5.2. Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Ausschusses

ln der konstituierenden Sitzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 23. Oktober 1992 stellte der Vorsitzende, Abgeordneter Herr Dr. Püchel, fest, daß folgende Mitglieder und Stellvertreter durch die Fraktionen gegenüber dem Präsidenten des Landtages benannt worden waren:

Mitglieder des Ausschusses:

Abg. Herr Becker, Curt

Abg. Herr Dr. Buchheister, Klaus

Abg. Herr Koch, Christoph

Abg. Herr Scharf, Jürgen

Abg. Herr Seidel, Ulrich

Abg. Herr Oleikiewitz, Peter

Abg. Herr Dr. Püchel, Manfred

Abg. Herr Tögel, Tilman

Abg. Herr Buchholz, Wolfgang

Abg. Herr Prof. Dr. Haase, Hans-Herbert

Abg. Herr Dr. Funda, Rolf

Abg. Herr Tschiche, Hans-Jochen

Abg. Herr Auer, Joachim

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(SPD)

(SPD)

(SPD)

(F.D.P.)

(F.D.P.)

(PDS)

(Bündnis 90/Grüne)

(DSU)


Stellvertretende Mitglieder des Untersuchungsausschusses: Abg. Herr Dr. Bergner, Christoph

Abg. Herr Bill, Adolf

Abg. Herr Dr. Kupfer, Joachim

Abg. Herr Nägler, Comelius

Abg. Herr Schomburg, Reiner

Abg. Herr Bullerjahn, Jens

Abg. Herr Felke, Thomas

Abg. Frau Lindemann, Elke

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(CDU)

(SPD)

(SPD)

(SPD)


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Abg. Herr Kley, Gerry

Abg. Herr Schuster, Jörg

Abg. Herr Claus, Roland

Abg. Herr Engel, Ulrich-Karl

(F.D.P.)

(F.D.P.)

(PDS)

(Bündnis 90/Grüne)


Drucksache 113766

Mit Schreiben des Vorsitzenden der Fraktion der CDU vom 19. Mai 1993 wurde der als stellvertretendes Mitglied benannte

Abg. Herr Dr. Kupfer, Joachim

zum ordentlichen Mitglied für den als Mitglied ausscheidenden

Abg. Herrn Becker, Curt

benannt(§ 7 Abs. 3 UAG).


Mit lnkrafttreten des UAG wurde das Verfahren der Benennung der Mitglieder und Stellvertreter im Untersuchungsausschuß neu geregelt. Die Benennung der (stellvertretenden) Mitglieder bedarf der Beschlußfassung und Bestätigung durch den Landtag (§ 5 Abs. 1 und 3 UAG).

Durch das Ausscheiden des Mitgliedes des Ausschusses

Abg. Herr Auer, Joachim

aus seiner Fraktion (inzwischen von DSU in OS-Fraktion umbenannt) war diese vom 11. Mai 1993 bis zur Beschlußfassung durch den Landtag in der 49. Sitzung am 24. Juni 1993 im Ausschuß nicht vertreten. Die Fraktion hatte keinen Vertreter für das ordentliche Mitglied benannt.

Mit Beschluß Drs. 114912716 B wurde Abg. Herr Dr. Glück, Hans-Gerd als Mitglied für die OS-Fraktion bestätigt. 10 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 ln der 52. Sitzung des Landtagesam 07. Oktober 1993 wurden Abg. Herr Becker, Curt für die Fraktion der CDU (Drs. 1/52/3017 B) und Abg. Herr Mitschke, Gerhard für die Deutsch Soziale Fraktion (Drs. 1/52/3029 B) jeweils als Stellvertreter bestätigt. Mit der Auflösung der Deutsch Sozialen Fraktion schieden auf Beschluß des Landtages (Drs. 1/54/3169 B) in dessen 54. Sitzung am 12. November 1993 Abg. Herr Dr. GliJck, Hans-Gerd als Mitglied und Abg. Herr Mitschke, Gerhard als Stellvertreter im Untersuchungsausschuß aus. Durch die nunmehr zur Benennung eines neuen Mitgliedes berechtigte Fraktion der CDU wurde Abg. Herr Werner, Eckard benannt und durch den Landtag in gleicher Sitzung bestätigt (ebenfalls Drs. 1/5413169 B.) Mit der Ernennung des Abg. Herrn Dr. Kupfer, Joachim zum Minister der Finanzen schied dieser als Mitglied im Untersuchungsausschuß aus. 11 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Diesen Beschluß sowie die Nachbenennung des Abg. Herrn Nagler, Cornelius seitens der Fraktion der CDU als Mitglied im Ausschuß bestätigte der Landtag in seiner 58. Sitzung am 20. Januar 1994 (Drs. 1/58/3366 B). Mit gleichem Beschluß wurde Abg. Herr Webe/, Thomas zum Stellvertreter benannt und bestätigt. 5. 3. Juristische Berater Neben den von den Fraktionen benannten Mitgliedern des Landtages, die als Abgeordnete dem Untersuchungsausschuß angehörten, wurde auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, juristische Berater zu benennen. Die Geschäftsordnung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sah in § 2 Abs. 5 vor, einen zum Richteramt befähigten Juristen als beratendes Mitglied des Ausschusses zu berufen. Der Ausschuß machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. Mit lnkrafttreten des Untersuchungsausschußgesetzes konnte nach dessen § 4 Abs. 3 jede Fraktion einen juristischen Berater benennen, der die Befähigung zum Richteramt haben muß und dem Landtag nicht anzugehören braucht. Die juristischen Berater sind vom Präsidenten des Landtages nach dem Verfahren des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet worden. Als juristische Berater wurden benannt: Herr Rechtsanwalt Bertram Börner für die Fraktion der SPD Frau Dr. Sabine Fabricius für die Fraktion Bündnis 90/Grüne Herr Joachim Moritz für die Fraktion der F.D.P. Herr Rechtsanwalt Dirk Pörtner für die Fraktion der DSU bzw. OS-Fraktion bis zum 11. Mai 1993 Frau Kerstin Schmiljun für die Fraktion der POS 12 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Herr Klaus Spangier für die Fraktion der CDU. 5. 4. Vertreter der Landesregierung Seitens der Landesregierung nahm Herr Ministerialdirigent Dr. Hans-Peter Jabel vom Ministerium für Justiz- und Bundesangelegenheiten (ehemals Ministerium der Justiz) an den Sitzungen (auch nichtöffentlichen und internen) des Untersuchungsausschusses teil. 6. Ablauf des Untersuchungsverfahrens 6.1. Konstituierung Nachdem der Landtag von Sachsen-Anhalt in seiner 36. Sitzung am 18. September 1992 die Einsetzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses beschlossen hatte, konstituierte sich der Ausschuß am 23. Oktober 1992. Nach einer Einführung durch den Präsidenten des Landtages, Herrn Dr. Keitel, in welcher dieser die Bedeutung der Arbeit von Untersuchungsausschüssen und in diesem Fall insbesondere das öffentliche Interesse am Untersuchungsgegenstand betonte, stellte der Vorsitzende, Abgeordneter Herr Dr. Püchel, die Mitglieder und deren Stellvertreter vor. Daneben wurde durch den Vorsitzenden auf wesentliche Bestimmungen der Geschäftsordnung für den Untersuchungsausschuß hingewiesen und erste Verfahrensfragen (Sitzungsrhythmus, Beweiserhebung) geklärt sowie der 1. Beweisbeschluß gefaßt, der die Landesregierung um einen schriftlichen Bericht ersuchte, der die im Einsetzungsbeschluß aufgeworfene Problematik umfassend darlegen sollte. Gleichzeitig wurde die Landesregierung aufgefordert, sämtliche den Untersuchungsauftrag des Ausschusses betreffende Akten und Unterlagen im Original vorzulegen. Ebenso sollte die Landesregierung die geführten Rechtsstreitigkeiten bezeichnen, sachkundige Mitarbeiter benennen, die vernommen werden könnten, und für diese die Aussagegenehmigungen erteilen. Die Erledigung der im 1. Beweisbeschluß gefaßten Forderungen wurde mit einer 3 (Akten)- bzw. 5 (Bericht) -wöchigen Frist terminiert. Die Anlieferung der Akten verzögerte sich um einige Tage, der Bitte um Fristverlängerung durch die Landesregierung entsprach der Ausschuß. Die Landesregierung gab keinen Bericht ab, vielmehr wurden von der Staatskanzlei und den einzelnen betroffenen Ministerien jeweils eigene Berichte verfaßt 13 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Verschiedentlich mußten einzelne Vorgänge nachgeliefert werden; es blieb auch nicht aus, daß die Übersendung nochmals angemahnt werden mußte. 6.2. Verfahrensfragen Verfahrensfragen ergabensich insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Akten, die der Untersuchungsausschuß von Dritten anforderte. Die eingehenden Akten wurden von der Geschäftsstelle entgegengenommen und in einem dem Untersuchungsausschuß zugewiesenen Raum in einem Panzerschrank gelagert. Durch den Sicherheitsdienst wurden die Schlüssel zu dem Raum und Panzerschrank verwahrt und entsprechend einem Beschluß des Ausschusses nur einem feststehenden Personenkreis zugänglich gemacht. Das Kopieren von Akten war den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses möglich. Der Umgang mit eingestuften Unterlagen- diese wurden in einem zweiten Panzerschrank unter verschärften Sicherheitsbedingungen verwahrt - richtete sich nach § 11 Abs. 6 UAG. Da der Landtag von Sachsen-Anhalt zu diesem Zeitpunkt noch nicht über eine eigene Geheimschutzordnung verfügte (diese wurde erst am 04. Februar 1993 erlassen), wurde prinzipiell in Anlehnung an die Geheimschutzordnung der Landesregierung verfahren. Aufzeichnungen der Mitglieder des Ausschusses zu den eingestuften Unterlagen wurden wie die Unterlagen selbst behandelt und unter Verschluß genommen (vgl. auch Punkt 6.3.8.4., Behandlung eingestufter Verwaltungsunterlagen). Nach Klärung dieser äußeren Bedingungen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses stellten sich aber auch für die Sitzungen des Ausschusses einige Fragen zum Verfahren. So erfolgte beispielsweise eine Verständigung über die Verteilung der Protokolle dahingehend, daß nur die 13 Ausschußmitglieder (nicht die Stellvertreter), die jeweiligen durch den Präsidenten des Landtages zur Verschwiegenheit verpflichteten juristischen Berater der Fraktionen, der Vertreter der Landesregierung sowie der stenographische Dienst gegen Empfangsbestätigung die Protokolle ausgehändigt wurden. Das Original verblieb in der Geschäftsstelle, welche auch die Rückgabe der Empfangsbescheinigungen überwachte. Über die Behandlung von Niederschriften, deren Inhalt geheimhaltungsbedürftig sei, sollte im Einzelfall entschieden werden (vgl. dazu auch Punkt 6.3.6., Protokolle der Zeugenvernehmungen). Die Frage der Mitwirkung der Mitarbeiter der Fraktionen und deren Ausscheiden mit Benennung der juristischen Berater wurde zunächst recht unterschiedlich beantwortet. Nachdem jede Fraktion mit einem juristischen Berater im Ausschuß vertreten war (letzte Benennung im Februar 1993), erübrigte sich die Teilnahme von Fraktionsmitarbeitern. 14 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Nach umfänglicher Diskussion wurde festgelegt, daß Pressemitteilungen des Untersuchungsausschusses im Zusammenwirken von Vertretern aller Fraktionen herausgegeben werden sollten. Weitemin verständigte man sich darauf, die von den Fraktionen formulierten Beweisanträge den anderen Fraktionen rechtzeitig vor Beschlußfassung im Ausschuß schriftlich zuzuleiten. 6.3. Beweiserhebung 6.3.1. Beweisbeschlüsse Der Untersuchungsausschuß faßte 63 Beweisbeschlüsse. 1 8 Beweisbeschlüsse betrafen überwiegend die Anforderung von Akten u. ä., die restlichen 45 Beweisbeschlüsse hatten Zeugenvernehmungen zum Inhalt. Von den 45 Beweisbeschlüssen, die Vernehmungen von Personen betrafen, konnten bis auf zwei Beweisbeschlüsse alle erfüllt werden (vgl. dazu genauer Punkt 6.3.3., Zeugenvernehmungen). Die übrigen 18 Beweisbeschlüsse konnten zum überwiegenden Teil positiv erledigt werden. Keine Ergebnisse brachten folgende Beweisbeschlüsse: 1. Der Beschluß vom 22.01.1993, der die Anforderung von Akten, die der Zeuge Matschke bei Beendigung seiner Tätigkeit zurückgelassen hatte (Vermerke, Berichte, Ordner, Aktenstücke) zum Inhalt hatte. Hierzu gab das Ministerium des lnnern des Landes Sachsen-Anhalt die Auskunft, daß keine derartigen Akten oder ähnliches von Herrn Matschke vorhanden wären. 2. Der Beweisbeschluß Nr. 33, der die Beiziehung der Wachbücher der Außenstelle der Gauck-Behörde in Magdeburg aus der Zeit August bis Dezember 1990 zum Inhalt hatte. Die Gauck-BehOrde teilte mit, daß eine Eintragung von Herrn Matschke im fraglichen Zeitraum nicht nachweisbar ist. Herr Geisthardt hat die Außenstelle der Gauck-BehOrde aufgesucht; eine Eintragung im angegebenen Zeitraum ist nachweisbar. Die Wachbücher selbst wurden dem Ausschuß nicht zur Verfügung gestellt. 15 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 3. Der Beweisbeschluß Nr. 41, der die Überprüfung und Benennung des Telefonteilnehmers der Telefonnummer 64 70 15 in Magdeburg von 1990 bis 1991 beinhaltete. Hier ergab die Auskunft der Telekom, daß diese Te/efon-Nr. im angegebenen Zeitraum nicht belegt war. 4. Der Beweisbeschluß Nr. 48, der die Beiziehung des Wachbuches des Bezirkskriminalamtes zwecks Klärung, wer am 20. Oktober 1990 das StasiArchiv in Magdeburg betreten hat, beinhaltete. Hierzu ergab die Auskunft, daß es keinen Einlaßdienst seitens des Bezirkskriminalamtes für das Stasi-Archiv gegeben hat. 5. Der Beweisbeschluß Nr. 52, der die Prüfung von Fingerabdrücken auf einer Namensliste sowie die Anforderung eines graphologischen Gutachtens zu handschriftlichen Eintragungen zum Inhalt hatte. Die Zeugen weigerten sich, eine Probe ihrer Fingerabdrücke abzugeben sowie graphologische Gutachten durch Proben der Handschrift zu ermöglichen. ln Anbetracht des zeitlichen Ablaufs unterließ der Ausschuß weitere Schritte. 6. Der Beweisbeschluß Nr. 49, der die Beiziehung der dienstlichen Erklärung des Zeugen Schaper beinhaltete. Das Bundesamt für Verfassungschutz lehnte aus verfassungsrechtlichen Gründen die Herausgabe der dienstlichen ErkltJrung ab. ln Anbetracht des Zeitablaufes unterließ der Ausschuß weitere Schritte. 6.3.2. Sitzungen Der Untersuchungsausschuß hat in der Zeit vom 23. Oktober 1992 bis 03. Juni 1994 insgesamt 32 Sitzungen durchgeführt. Davon wurde in 19 Sitzungen öffentlich Beweis erhoben. 6. 3. 3. Zeugenvernehmungen Die in den Beweisbeschlüssen benannten 49 Zeugen wurden bis auf zwei Ausnahmen durch den Untersuchungsausschuß geladen und vernommen. 16 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Insgesamt sind durch den Ausschuß trotzdem 49 Zeugen vernommen worden, da bedingt durch Namensgleichheit einmal ein falscher Zeuge geladen wurde und in einem zweiten Fall unklar war, welche der in Betracht kommenden Zeuginnen die "richtige" Zeugin war. Auf die Ladung des Zeugen Dr. Hansjürgen Knoche hat der Ausschuß verzichtet, da der Zeuge zu dem Beweisthema nichts bekunden konnte. Der Zeuge Dr. Günter Malbricht konnte nicht geladen werden, da er nicht auffindbar war. Da einige Zeugen mehrfach geladen wurden, führte der Untersuchungsausschuß 55 Zeugenvernehmungen in 1 B Sitzungen durch. Vom Untersuchungsausschuß wurden folgende Zeugen in der angegebenen Reihenfolge vernommen: 5. Sitzung am 22. Januar 1993 Matschke, Klaus-Dieter 7. Sitzung am 18. Februar 1993 Matschke, Klaus-Dieter (Fortsetzung der Vernehmung vom 22.01.1993) Mughrabi, Mohammed 8. Sitzung am 19. Februar 1993 Braun, Wolfgang Stephan, Hans-Joachim 9. Sitzung am 19. März 1993 Levy, Ulrich 17 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode 11. Sitzung am 22. April1993 Klapa, Rigo Elze, Wilfried Niemann, Hubert 12. Sitzung am 23. April1993 Geisthardt, Ralf Ernst, Axel Lange, Jürgen 14. Sitzung am 21. Mai 1993 Dr. Gies, Gerd Dreier, Christiane Post, Heike Reichelt, Rüdiger Hoffmann, Jens-Uwe Baumgarten, Jörg 15. Sitzung am 07. Juni 1993 Edel, Walburga Boinowitz, Gaby Boinowitz, Nicole Mahnkopf, Hans-Jürgen Boinowitz, Josef 16. Sitzung am 18. Juni 1993 Richter, Hanns-Jürgen Vogt, Klaus Strelen, Kari-Ludwig Müller, Wilfried 17. Sitzung am 01. Juli 1993 Hofmann, Helmut Dr. Gerhold, Kar/ Dr. Mahn, Hans-Peter Vogel, Jürgen Drucksache 113766 18 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode 18. Sitzung am 02. Juli 1993 Hildebrandt, Heinz Rauls, Wolfgang Prof. Dr. Manch, Wemer 21. Sitzung am 13. September 1993 Mahnkopf, Hans-JOrgen {2. Vernehmung) Weidemann, Bernd Stennei, Dieter Popp, Wemer 22. Sitzung am 24. September 1993 Wernowsky, Harald Dr. Kramer, Klaus Notheis, Bernhard Busse, Klaus 23. Sitzung am 06. Oktober 1993 Eberhardt, Rolf-Axel Dr. Gerhold, Kar/ {2. Vernehmung) Sehne/lecke, Rolf Unk, Walter 24. Sitzung am 05. November 1993 D~ Werlhebach, Eckart Perschau, Hartmut Schaper, JOrgen 26. Sitzung am 13. Dezember 1993 Marle//, Jörg-Michael Dr. Bache, Wolfgang 27. Sitzung am 28. Januar 1994 Richter, Hanns-JOrgen {2. Vernehmung) Dr. Mahn, Hans-Peter {2. Vernehmung) Drucksache 1/3766 19 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 29. Sitzung am 24. Februar 1994 Levy, Ulrich (2. Vernehmung) Auer, Joachim 6.3.4. Offentliehkeif der Zeugenvernehmungen Die Zeugen wurden grundsätzlich in öffentlicher Sitzung vernommen (§ 11 Abs. 1 UAG). ln folgenden Fällen wurden Zeugen unter Ausschluß der Öffentlichkeit vernommen: - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Matschke in der?. Sitzung am 18.02.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Geisthardt in der 12. Sitzung am 23.04.1993 - Teile der Vernehmung der Zeugin Frau Edel in der 15. Sitzung am 07.06.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Boinowitz in der 15. Sitzung am 07.06.1993 - gesamte Vernehmung der Zeugen Herrn Richter und Herrn Vogt in der 16. Sitzung am 18.06.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Vogel in der 17. Sitzung am 01.07.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Mahnkopf in der 21. Sitzung am 13.09.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Papp in der 21. Sitzung am 13.09.1993 - Teile der Vernehmung des Zeugen Herrn Schaper in der 24. Sitzung am 05.11.1993 20 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 - gesamte Vernehmung des Zeugen Herrn Richter in der 27. Sitzung am 28.01.1994 ln den Fällen, in denen die Zeugen unter Ausschluß der Öffentlichkeit vernommen wurden, hat der Untersuchungsausschuß die Voraussetzungen nach § 11 Abs. 2 UAG festgestellt. Die vo/lsUindig in nichtöffentlicher Sitzung durchgeführten Vernehmungen der Zeugen Richter, Hanns-Jürgen (16. Sitzung am 18.06.1993 und 27. Sitzung am 28.01.1994) und Vogt, Klaus (16. Sitzung am 18.06.1993) waren veranlaßt durch die Einschränkung der Aussagegenehmigungen des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Dieses erteilte die Aussagegenehmigungen nur unter der Bedingung, daß die Aussagen in nichtöffentlicher Sitzung erfolgen. Für die Protokolle der Vernehmungen der Zeugen Richter und Vogt in der 16. Sitzung vom 18.06.1993 verlangte das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz nach Kenntnisnahme keinen weiteren Geheimhaltungsschutz, hingegen wurden bestimmte Teile des Protokolls der Vernehmung des Zeugen Richter in der 27. Sitzung vom 28.01.1994 für geheimhaltungsbedürftig erklärt (vgl. auch Punkt 6.3.6., Protokolle der Zeugenvernehmungen). Vom Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 18 UAG machte der Zeuge Papp, Werner in der 21. Sitzung Gebrauch. DerZeuge Mughrabi, Mohammed wurde zwar in öffentlicher Sitzung vernommen, war aber für die Öffentlichkeit von Angesicht zu Angesicht nicht sichtbar. Zu seinem eigenen Schutz wurde er vermummt in den Vernehmungsraum geführt und war nur durch die Ausschußmitglieder ohne Vermummung bei der Vernehmung zu sehen. 21 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 6.3.5. Aussagegenehmigungen Insgesamt benötigten 35Zeugen eine Aussagegenehmigung. Die Aussagegenehmigungen wurden zum größten Teil uneingeschränkt erteilt. Einschrankungen enthielten die Aussagegenehmigungen für die Zeugen Richter und Vogt. Den Zeugen wurde die Aussagegenehmigung nur unter der Bedingung erteilt, daß die Vernehmung nicht öffentlich erfolgt (vgl. auch Punkt 6.3.4., Öffentlichkeit der Zeugenvernehmungen). Für die Zeugen Dr. Werthebach und Schaper wurden die Aussagegenehmigungen vom Bundesministerium des lnnern zunächst ganzlieh oder teilweise verweigert. Auf Intervention des Ausschusses hin wurden sie dann aber doch erteilt, allerdings begrenzt auf Vorgänge mit Bezug zu Sachsen-Anhalt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte dem Zeugen Busse - vorsorglich - gleichfalls eine beschrankte Aussagegenehmigung erteilt. Diese war jedoch nicht erforderlich, da das Bundesamt zu dem das Beweisthema betreffenden Zeitpunkt nicht mehr Dienstherr des Zeugen war. 6. 3. 6. Protokolle der Zeugenvernehmungen Die allen Zeugen zugestellten Protokolle über ihre Vernehmungen wurden zum großen Teil ohne Änderungen in der gemäß Untersuchungsausschußgesetz vorgesehenen Frist gebilligt. Anderungswünsche zum Vernehmungsprotokoll äußerten 16 Zeugen: Mughrabi, Mohammed Boinowitz, Josef Edel, Walburga Müller, Wilfried Strelen, Kari-Ludwig Richter, Hanns-Jürgen (7. Sitzung) (15. Sitzung) (15. Sitzung) (16. Sitzung) ( 16. Sitzung) (16. Sitzung und 27. Sitzung) 22 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Dr. Mahn, Hans-Peter (17. Sitzung) Hildebrandt, Heinz (18. Sitzung) Popp, Wemer (21. Sitzung) Stennei, Dieter (21. Sitzung) Busse, Klaus (22. Sitzung) Wernowsky, Harald (22. Sitzung) Unk, Walter (23. Sitzung) Sehne/lecke, Rolf (23. Sitzung) Dr. Werthebach, Eckart (24. Sitzung) Marte/1, Jörg-Michael (26. Sitzung) Die Protokolle der in der 16. Sitzung am 18.06.1993 vernommenen Zeugen Richter, Hanns-Jürgen und Vogt, Klaus wurden nach Kenntnisnahme durch das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz für nicht geheimhaltungsbedürftig erklärt. Zur erneuten Vernehmung des Zeugen Richter, Hanns-Jürgen in der 27. Sitzung am 28.01.1994 hatte das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz ebenfalls die Aussagegenehmigung vom Ausschluß der Öffentlichkeit bei der Vernehmung abhängig gemacht. Das erstellte Protokoll der nichtöffentlichen Vernehmung wurde unter der Bedingung freigegeben, daß bestimmte Teile des Protokolls nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Diese Protokollteile wurden geweißt. Das vollständige Protokoll wurde als VSVertraulich klassifiziert. 23 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Die Einstufung in VS-Vertraulich erfuhr auch das in nichtoffentlicher Vernehmung erstellte Protokoll der Vernehmung des Zeugen Schaper, Jurgen in der 24. Sitzung am 05.11.1993. Hier wurde festgestellt, daß die Aussagen des Zeugen Materialien betrafen, die dem Ausschuß unter VS-Vertraulicher Einstufung vorlagen, so daß die Äußerungen dazu ebenfalls als vertraulich zu werten waren. 6. 3. 7. Vereidigung von Zeugen Der Untersuchungsausschuß vereidigte insgesamt 8 Zeugen in öffentlicher Sitzung. ln der 27. Sitzung vom 28. Januar 1994 wurden die Zeugen Dreier, Christiane Dr. Gies, Gerd Braun, Wolfgang vereidigt. ln der 30. Sitzung am 25. Februar 1994 erfolgte die Vereidigung der Zeugen Geisthardt, Ralf Schaper, Jurgen Mughrabi, Mohammed Stennei, Dieter Matschke, Klaus-Dieter. Alle Zeugen beeideten ihre Aussagen ohne Änderungen. 24 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 6.3.8. Beweiserhebung durch Vorlage von Akten und sonstigen Unterlagen sowie durch Auskunftersuchen Auf Grund seiner Beweisbeschlüsse hat der Ausschuß eine Vielzahl von Gerichtsund Verwaltungsakten und sonstigen Unterlagen angefordert sowie Auskunftersuchen an Dritte gerichtet. Den Beschlüssen wurde überwiegend nachgekommen, in einigen Fällen allerdings erst nach mehrmaligem Schriftwechsel und Rückversicherungen durch die herausgebende Stelle. 6.3.8.1. Akten und Schriftstacke Folgende Akten und Schriftstücke lagen dem Ausschuß vor: Herkunft/Bezeichnung Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Ermittlungsverfahren gegen Matschke wegen des Verdachts der versuchten Nötigung eines Mitglieds eines Verfassungsorgans, Az: 0 Js 1/92 1. Beweismittelheft I 2. Sonderheft I 3. Sonderheft II 4. 0 Js 1/92 Band I 5. 0 Js 1/92 Band II 6. 0 Js 1/92 Band 111 7. Sonstiges 8. Auswertungsabschlußbericht 9. 1.14/3.3 10. 11.20/3.1 11. 2.17/3.9 12. 6.16/3.8 13. 15.14/3.3 14. 10.14/3.3 25 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 15. 9.12 I 2.11 16. 5.7/1.7 17. 7.13/2.12 (9.- 17. Asservate) Verwaltungsgericht Magdeburg Verfahren Matschke ./. Land Sachsen-Anhalt, Az.: 4 A 1 09/91 1. 2. Verwaltungsprozeßakte K.-D. Matschke 4 A 109/91 Berichte zu 4 A 1 09/91 Ministerium des lnnem 0 310/1 - K.-D. Matschke ./. LSA Band 1 0 310/1 - K.-D. Matschke ./. LSA Band 2 1. 2. 3. Schriftverkehr im Zusammenhang mit 2 Vermerken der Außenstelle des BNvom 12. und 19.11.1991 4. Nachtragsvorgang Ministerium der Justiz 1. Information des Bürgerkomitees über Verbringung von Gegenständen aus der Wohnung des ehemaligen Leiters der Bezirksverwaltung des MfS, Az.: 41 07 E - 303.79/92 2. Gutachterliehe Prüfung von Ansprüchen Klaus-Dieter Matschkes gegen Ministerpräsident Prof. Dr. Münch Az.: 41 07 E - 303.90/92 u. a. 3. Information des Bürgerkomitees über ein Gespräch Vogei/Matschke vom 07.07.1991 Az.: 41 07 E - 95/92 26 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 4. "Hat Sachsen-Anhalts Regierungschef Prof. Dr. Münch seinen liberalen Stellvertreter Rauls ausspähen lassen?" - Vorbereitung Kabinettssitzung Az: 4110 I- 302.8 5. Klaus-Dieter Matschke zur Beschlagnahme diverser Gegenstände Az: 4121 E- 303.50/92 6. Prüfung der Einleitung eines Ennittlungsverfahrens gegen Klaus-Dieter Matschke wegen Verdacht einer Straftat nach § 99 StGB Az: 4107 E- 303.26/93 Staatskanzlei 1. 12 Vorgänge (im Ordner) - Überprüfung der Mitglieder der Landesregierung auf Stasi-Mitarbeit - Schriftwechsel Unterlagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz - Außenstelle Magdeburg - betreffend Minister Rauls - Schriftverkehr Niedersächsischer Landtag/Ministerium des lnnern Niedersachsens zu Tätigkeiten in Sachen Rauls- Informationen zur Vergangenheit Minister Rauls Rechtsstreit Klaus-Dieter Matschke ./. Land Sachsen-Anhalt - Vorbereitung Kabinettsitzung zur "Ausspähaffäre" - Vermerk: Gesprächswunsch Dr. Werthebach/Prof. Dr. Münch Überlassung von Vermerken aus dem November 1991 der Außenstelle Magdeburg des Bundesamtes für Verfassungsschutz - "Rauls - Versuch einer Darstellung" - Vorgänge Schnellecke 2. 21 Blatt - Antwort der Landesregierung auf die Große AnfragederFraktionen der SPD und Bündnis 90/Grüne- Drs. 1/289- zur Tätigkeit Klaus-Dieter Matschkes in Sachsen-Anhalt - Schreiben des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Klaus-Dieter Matschke 27 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 - Protokoll der 19. Sitzung des Niedersächsischen Landtages vom 21. Februar 1991 - Tätigkeit Klaus-Dieter Matschkes in Sachsen-Anhalt Staatsanwaltschaft Magdeburg 100 AR 10/91 (Informationen des Bürgerkomitees) Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Sonstiges Ermittlungsverfahren gegen Dr. Gies wegen des Verdachts der versuchten Nötigung von Mitgliedern eines Verfassungsorgans 2 B Js 23 I 92-1 1. LKA; Gutachten zu Beschluß vom 19.03.1993 (Beweisbeschluß Nr. 23) 2. Halter des Kfz MKK 0-27; Antwortschreiben des MJ vom 29.04.1993 (Beweisbeschluß Nr. 22) 3. Unterlagen, übergeben vom Zeugen Stephan anläßlich seiner Vernehmung am 19.02.1993 4. dienstliche Erklärung Strelen, Boinowitz, Vogt gemäß Beschluß vom 02.04.1993 5. Zahlungen an Mughrabi; Anfrage an die Landesregierung gemäß Beschluß vom 22.04.1993 6. Gauck-lnfo zu Rauls (Beweisbeschluß Nr. 42) 7. Rufnummer 64 70 15; Antwort der Telekom auf Beweisbeschluß Nr. 41 8. Auskunft der Gauck-Behörde zu Wachbüchern ( Beweisbeschluß Nr. 33) 9. Schriftverkehr Telekopie BN (Beweisbeschluß Nr. 34) 10. Wachbücher der Außenstelle Magdeburg des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen 28 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 11. Unterlagen, die vom Zeugen Matschke übergeben wurden: - "Eidesstattliche Versicherungen"f'Eidesstattliche Erklärungen" von: HerrnLevy Herrn Ledermann Herrn Geue HerrnAuer Frau Oppenheimer Herrn Wetzet -Terminkalender Levy (Sekretariat der Gemeinde) 1993 12. Sonstiger Schriftwechsel - Vorgang Minister Rauls betr. Pressemitteilungen, Schriftwechsel zu Verdächtigungen StasiMitarbeit; Rolle des Niedersächsischen Verfassungsschutzes - Schreiben Minister Rauls an das Ministerium der Justiz vom 23.11.1992 betr. Zuarbeit zum Bericht der Landesregierung an den Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß - Schreiben Ministerium des lnnem vom 19.11.1992 betr. Berichterstattung gemäß Anforderung vom 29.10.1992 - Schreiben Ministerium der Justiz vom .. 13.11 .1992 .. 24.11.1992 .. 27.11.1992 .. 16.02.1993 ·os.o3.1993 betr. Aktenlage betr. Bericht der Landesregierung betr. Bericht der Landesregierung betr. Beweisbeschluß vom 22.01.1993 betr. Verschiedenes - Schreiben Staatskanzlei an das Ministerium der Justiz vom 23.11.1992 betr. Beitrag der Staatskanzlei zum Bericht der Landesregierung 29 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 -Schreiben Generalstaatsanwalt Naumburg vom 01.02.1993 betr. 0 Js 1/92 6.3.8.2. Eingestufte Unterlagen Reg.-Nr. des Ausschusses/ Einstufungsgrad U2 01/93 Geheim U2 02/93 Geheim U2 03/93 VS-Vertr. U2 04/93 VS-Vertr. U2 05/93 VS-Vertr. U2 06/93 Geheim U2 07/93 Geheim U2 08/93 Geheim U2 09/93 VS-Vertr. U2 10/93 VS-Vertr. Herkunft, Bezeichnung Vermerk BN - Außenstelle Magdeburg vom 12. 11.1991 Vermerk BN - Außenstelle Magdeburg vom 19.11.1991 Vermerk Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 33/91 vom 26.09.1991 Vermerk Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 34/91 vom 26.09.1991 Schreiben Ministerium des lnnem des Landes Sachsen-Anhalt vom 04.03.1993 mit 2 Anlagen a) Schreiben Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 3/93 vom 09.02.1993 b) Schreiben Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 6/93 vom 25.02.1993 Vermerk BN - Außenstelle Magdeburg vom 12.11.1991 - Ausfertigung für die Staatskanzlei - Vermerk BN - Außenstelle Magdeburg vom vom 12.11.1991 - Kopie von U 2 06/93 mit handschriftlichen Vermerken - Vermerk BN - Außenstelle Magdeburg vom vom 19.11.1991 - Ausfertigung für Staatssekretär Link mit Unterstreichungen - Vermerk Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 25/91 vom 09.09.1991 Schreiben Polizeipräsidium Frankfurt am Main vom 01.12.1990 - Stennei über Mughrabi - 30 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Reg.-Nr. des Ausschusses/ Einstufungsgrad U2 U2 U2 U2 U2 U2 11/93 VS-Vertr. 12/93 VS-Vertr. 13/93 VS-Vertr. 01/94 VS-Vertr. 02/94 VS-Vertr. Geheim 03/94 VS-Vertr. Her1tunft, Bezeichnung Hessisches Landeskriminalamt Telefax, - Observationsbericht Popp - Bundesamt für Verfassungsschutz - Telekopie des BN vom 20.09.1991 Nr. 15/91 - Protokoll der 24. nichtöffentlichen Sitzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 05.11.1993 - Vernehmung des Zeugen Schaper - Polizeipräsidium Frankfurt am Main an das BKA Magdeburg vom 01.12.1990 (identisch mit U 2 10/93, zweifach) Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz-Anschreiben -Schreiben Dr. Haideiberg an Niedersächsisches Landesamt für Verfassungsschutz Niedersächsisches Ministerium des lnnern und Landesamt für Verfassungsschutz Nr. 4/94 vom 28. 02.1994 betr.: Freigabe des Wortprotokolls der Vernehmung des Zeugen Richter in der 27. Sitzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 28.01.1994 (zu weißende Stellen) Wortprotokoll (vollständig) zu o. g. nichtöffentlicher Sitzung 6.3.8.3. Sonstige Unterlagen Zahlreiche Zeugen stellten dem Ausschuß verschiedene, zum Teil persönliche Unterlagen zur Verfügung. 31 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 6. 3. 8. 4. Behandlung eingestufter Verwaltungsunterlagen Ein Teil der durch die Beweisbeschlüsse begründet angeforderten Unterlagen war durch die herausgebenden Dienststellen als VS-Vertraulich, ein weitaus kleinerer Teil auch als Geheim klassifiziert. Bei der Behandlung der als Verschlußsachen deklarierten Akten ergab sich die Schwierigkeit, daß der Landtagvon Sachsen-Anhalt zunächst noch nicht über eine Geheimschutzordnung verfügte (diese wurde erst am 04. Februar 1993 erlassen - vgl. Drs. 1/2319). Die eingehenden Unterlagen wurden von der Ausschußsekretärin, die vorher sicherheitsüberprüft wurde, entgegengenommen und in einem besonderen Panzerschrank in einer Kassette verwahrt. Dem Untersuchungsausschuß wurde ein besonderer Raum für die Aufstellung des Panzerschrankes zur Verfügung gestellt. ln diesem Raum durften die Unterlagen eingesehen werden; Notizen der Einsichtnehmenden (entsprechend Beschluß des Untersuchungsausschusses nur die Mitglieder des Ausschusses, nicht die Vertreter oder juristischen Berater) wurden dort ebenfalls verwahrt. 6. 3. 8. 5. Auskunftersuchen Der Ausschuß faßte Beschlüsse zur Erteilung von Auskünften u. a. zu folgenden Angelegenheiten: Ermittlung des Halters des Kfz MKK 0-27 Sichtbarmachung von latenten Abdrücken auf Vorgängen der Staatskanzlei Ermittlung des Telefonteilnehmers der Nr. 64 70 15 in Magdeburg von 1990 bis 1991 Beiziehung der Wachbücher der Gauck-Behörde in Magdeburg aus der Zeit von August bis Dezember 1990 Überprüfung einer Namensliste auf Fingerabdrücke sowie graphologisches Gutachten zu handschriftlichen Eintragungen auf dieser Liste. (Vgl. dazu auch Punkt 6.3.1. Beweisbeschlüsse) 32 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 7. Vergehensweise des Ausschusses Der Untersuchungsauftrag beinhaltet zwei größere Komplexe, die durch die Frage verbunden sind, ob Klaus-Dieter Matschke über Material verfügt, "das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden kann." Um diese Frage beantworten zu können, hielt es der Ausschuß für zweckmäßig, den Untersuchungsauftrag grundsätzlich chronologisch abzuarbeiten15 . Einige Durchbrechungen dieser Vergehensweise gab es aus verschiedenen, überwiegend praktischen Gründen. Der Ausschuß begann folglich zunächst mit der Abarbeitung des in Ziffer IV und 111 des Beschlusses genannten Untersuchungsauftrages, um sich dann den in Ziffer I und II genannten Fragen zuzuwenden. Eine exakte Trennung beider Komplexe ließ sich naturgemäß nicht durchführen. Bei der Abarbeitung der Ziffer IV des Auftrages war es desweiteren erforderlich, sich mit den Anfängen der Tätigkeit von Klaus-Dieter Matschkeim jetzigen Land Sachsen-Anhalt zu befassen. Ohne die Aufklärung dieser Umstände erschien es nicht möglich, die Gründe für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalts zu verstehen. Der Ausschuß hat deshalb Zeugen auch zu der Zeit vor dem 05. November 1990 befragt. 15 Niederschrift über die 3. Sitzung am 20.11.92, S. 6 33 Landtag von Sachsen-An halt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Teil B Feststellungen des Untersuchungsausschusses 1. Der Untersuchungsausschuß soll kiiJren, "welches die Gründe für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes SachsenAnhalt waren, unter welchen Umstanden seine Einstellung erfolgte, welche Befugnisse, Rechte und Pflichten K/aus-Dieter Matschke hatte, insbesondere zu welchen Informationen er offiziell Zugang hatte." 1. Zu den Gründen für die Einstellung Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt und den Umstanden, unter denen diese erfolgte 1.1. Tatigkeit von Klaus-Dieter Matschke vor Gründung des Landes SachsenAnhalt Der Einstellung16 Klaus-Dieter Matschkes in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt ging eine Tätigkeit von Klaus-Dieter Matschkein Magdeburg noch vor der Gründung des Landes Sachsen-Anhalt voraus. Im Mai/Juni 1990 führte der Zeuge Matschke ein erstes Gespräch mit dem Zeugen Stephan, dem damaligen Chef der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BdVP)17 in Magdeburg.1e Vermittelt wurde dieses Gespräch durch den damaligen Leiter der Abteilung Inneres beim Rat des Bezirkes Lutz Reiher.19 Es folgten weitere Gespräche sowie eine "Demonstration von Sicherheits- und Observationstechnik" in den Firmenräumen des Zeugen Matschke in Frankfurt am Main, an der neben dem Zeugen Stephan auch die Zeugen Boinowitz und Vogt vom niedersächsischen Verfassungsschutz teilnahmen. 20 Der Zeuge Stephan erklärte zu den Gesprächen in Frankfurt: "Ich erltannte in diesen zwei Tagen aber auch, daß Herr Matschke aufgrund seiner sehr guten Kenntnisse auf dem Gebiet der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der nachrichtendienstliehen Tätigkeit ein guter Berater für unsere Dienststelle sein könnte. •21 Der Zeuge Stephan erkundigte sich bei den o. g. Teilnehmern dieser "Produktpräsentation"22 über die Qualitäten des Zeugen Matschke. Er führte dann mit dem damaligen Innenminister Petar-Michael Diestel und dessen Staatssekretär Peter Müller ein Gespräch über eine Beratungstätigkeit des Zeugen Matschke für die BdVP. Dem Zeugen Stephan wurde erklärt, er solle die Beratungstätigkeit des Zeugen Matschke mit dem Regierungsbevollmächtigten des Bezirkes Magdeburg, 16 Der Begriff der 'Einstellung in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalts' wird im vo~iegenden Bericht nicht als terminus technicus verstanden. Der Untersuchungsausschuß hat sich nicht mit der Frage befaßt, ob Klaus-Dieter Matschke zum Beamten ernannt worden ist oder ob ihm ggf. aus anderen Gründen Ansprüche gegen das Land Sachsen-Anhalt erwachsen sind. 17 Die BdVP wurde im September/Oktober 90 in 'Bezirksbehörde der Polizei' (BdP) umbenannt. 18 Vernehmung Stephan, S. 94; Vernehmung Elze, S. 118 19 Vernehmung Stephan, ebenda; Vernehmung Elze, ebenda; Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 11, 23 20 Vernehmung Stephan, S. 94195 21 ebenda, s. 95 22 Vernehmung Elze, S. 120 34 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 dem Zeugen Braun, abstimmen. Der Zeuge Braun befürwortete die Beratungstätigkeit des Zeugen Matschke.23 Im August 1990 wurde der Zeuge Matschke dann zum Berater der BdVP berufen. Über diese Berufung liegen insgesamt drei "Berufungsurkunden" vor, zwei davon mit Datum vom 20. 8. 1990 und unterzeichnet von dem Zeugen Stephan.24 Beide Urkunden haben einen gleichlautenden Teil, zusätzlich enthält die eine Urkunde zwei weitere Festlegungen: Zum einen wird Klaus-Dieter Matschke neben Oberrat Schwarzkopf auch Oberrat Klapa zugeordnet, zum anderen wird die Aufgabe von Klaus-Dieter Matschke erweitert. Es heißt dort: "ln Abstimmung mit dem Regierungsbevollmächtigten des Bezirkes Magdeburg, Herrn Wolfgang Braun, gibt Herr Klaus-Dieter Matschke Anleitung und Unterstützung zum Aufbau des Personenund Objektschutzes für das künftige Land Sachsen-Anhalt." Die dritte Berufungsurkunde ist von dem damaligen Regierungsbevollmächtigten Wolfgang Braun unterzeichnet.25 ln dieser undatierten Urkunde der Bezirksverwaltungsbehörde Magdeburg wird Klaus-Dieter Matschke zum Berater der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei berufen und seine ihm von dem Regierungsbevollmächtigten übertragenen Aufgaben und Befugnisse festgelegt. Klaus-Dieter Matschke wird das Recht eingeräumt "in seiner Eigenschaft als Berater jederzeit mit mir [das ist Wolfgang Braun] in Verbindung zu treten."26 Seit August 1990 war der Zeuge Matschke regelmäßig in der BdVP Magdeburg anwesend."ZI Welchen Tätigkeiten der Zeuge Matschke in den Monaten August bis November 1990 als Berater der BdVP konkret nachging, ließ sich nur punktuell feststellen. Nach den Feststellungen des Ausschusses konzentrierte sich die Tätigkeit des Zeugen Matschke bei der BdVP auf die Übernahme und die Verwendung des SEK aus Berlin. Das SEK war die ehemalige zentrale Antiterroreinheit der DDR.28 Sie bestand aus etwa 120 bis 140 Personen und verfügte über eine gute technische Ausstattung.29 Die Antiterroreinheit bestand überwiegend aus ehemaligen Mitarbeitern des MfS.Jo Der Chef des SEK, der Zeuge Reichelt, versuchte gemeinsam mit seinen Vorgesetzten nach der Wende eine neue Verwendung für diese Einheit zu finden.J1 Im Gegensatz zu anderen - zukünftigen - Bundesländern gab es im Sommer 1990 bei der Polizei in Magdeburg Überlegungen, eine eigene Antiterroreinheit einzurichten.32 Es gab deshalb ein Gespräch zwischen dem Zeugen Elze einerseits, dem Zeugen Reichalt und dem damaligen Kriminaldirektor Gündel andererseits, um 23 Vernehmung Stephan, S. 95; Vernehmung Elze, S. 121 24 Anlagen 1 und 2 25 Anlage3 26 ebenda 27 Vernehmung Stephan, S. 136 28 Vernehmung Reichelt, S. 72; Vernehmung Elze, S. 144 29 Vernehmung Reichelt, S. 73 30 Vernehmung Reichelt, S. 72; Vernehmung Klapa, S. 18 31 Vernehmung Reichelt, S. 72 32 Vernehmung Elze, S. 144; Vernehmung Stephan, S. 109 35 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 über die Übernahme des SEK von Berlin nach Magdeburg zu sprechen. 33 An diesem Gespräch nahm auch der Zeuge Matschke teil.34 Die Zeugen Matschke, Niemann und Elze erhielten dann den Auftrag, nach Berlin zu fahren, um sich ein Bild von dem SEK zu machen.35 Durch Vermittlung des Zeugen Stephan "verhandelte" der Zeuge Matschke sowohl allein als auch gemeinsam mit dem Zeugen Klapa36 mit dem für das SEK damals Zuständigen, dem Generalinspekteur Grüning, über die Übernahme des SEK.37 Der Zeuge Klapa, der dem Zeugen Stephan Mitte September 1990 als Chef der BdP nachfolgte, bat dann den Innenminister Diestel um die Unterstellung des gesamten SEK. 36 Durch Befehl des Innenministers Diestel wurde das SEK mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 dem Chef der Bezirksbehörde der Polizei unterstellt.39 Die Einheit selbst kam jedoch nebst Technik bereits etwas früher nach Magdeburg.40 Das SEK unterstand formal dem Zeugen Klapa41, Vorgesetzter des Chefs des SEK war praktisch der Zeuge Matschke42. Den Einsatz des SEK mußte der Zeuge Klapa mit den Zeugen Matschke und Braun abstimmen.43 Das SEK nahm vor allem Aufgaben des sogenannten Personenschutzes wahr. Hieran war der Zeuge Matschke wesentlich beteiligt.44 ln Absprache mit den Zeugen Braun und Klapa veranlaßte der Zeuge Matschke, daß sogenannte gefährdete Personen Personenschutz erhielten.45 Hierzu zählten selbstverständlich nicht nur er selbst, sondern auch die Zeugen Braun, Levy und Geisthardt.46 Der Zeugin Edel gab man eine Waffe.47 Die Herrschaft des Zeugen Matschke über das SEK wurde von diesem auch genutzt, um seine persönlichen Vorstellungen von "Ordnung" zu verwirklichen. So stoppte er Autos und kontrollierte deren Insassen. Mindestens in einem Fall nahm er Schlüssel und Papiere an sich und verbrachte die Betroffenen an einen anderen Ort.48 Er gefiel sich aber auch darin, mit angelegten Waffen durch die Fußgängerzone von Magdeburg zu gehen, um den Angehörigen des SEK das Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität" zu demonstrieren.49 Darüber hinaus hielt er es für erforderlich, mit großem Aufgebot an Personenschutz und Blaulicht durch Magdeburg und das jetzige Land SachsenAnhalt zu fahren.so Hiervon hatten sowohl der Zeuge Klapa als auch der Zeuge Braun Kenntnis. 51 Die zu der von dem Zeugen Matschke ausgeübten weiteren Tätigkeit befragten Zeugen verwiesen zwar immer wieder auf die in den Berufungsurkunden festgelegte 33 Vernehmung Elze, S. 145; Vernehmung Relchelt, S. 72 34 Vernehmung Reichelt, S. 72 35 Vernehmung Relchelt, S. 73; Vernehmung Niemann, S. 178, 180; Vernehmung Elze, S. 145 36 Vernehmung Klapa, S. 39 37 Vernehmung Stephan, S. 160; Vernehmung Elze, S. 145/146 38 Vernehmung Elze, S. 146; Vernehmung Reichel~ S. 73 39 Vernehmung Reichelt, S. 16,147 40 Vernehmung Klapa, S. 39 41 Vernehmung Klapa, S. 41 42 Vernehmung Reichelt, S. 7 4 43 Vernehmung Klapa, S. 26 44 s. h. Vernehmung Reichelt, S. 73174 45 Vernehmung Klapa, S. 44/45 46 Vernehmung Reichelt, S. 74 47 Vernehmung Edel, S. 13 48 Vernehmung Mughrabi, S. 109; Vernehmung Klapa, S. 26127 49 Vernehmung Helmut Hofmann, S. 23 50 Vernehmung Mughrabi, ebenda;Vernehmung Klapa, S. 27; Vernehmung Baumgarten, S. 103 51 Vernehmung Klapa, ebenda 36 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Beratertätigkeit52, konnten dieses aber nur selten näher konkretisieren.53 Die Zeugen gaben zumeist an, der Zeuge Matschke habe "mit manchem Rat und Tat zur Seite gestanden54 oder "Hinweise" und "Ratschläge" zu verschiedenen Gebieten gegeben. Konkret genannt wurden Hinweise zum Aufbau eines Personen- und Objektschutzesss, "Hinweise zu neu zu erarbeitenden Strukturen56, zum "SEK und Personenschutz"57 und zum Verfassungsschutz5B. Auch soll der Zeuge Matschke den für den Bereich der Technik Zuständigen beraten haben.59 Eine Mitarbeit des Zeugen Matschkes hinsichtlich der Neustrukturierung der Polizei konnte der Ausschuß nicht feststellen. So hat der mit dieser Aufgabe betraute Zeuge Lange gesagt, er habe "dienstlich mit Herrn Matschke absolut gar nichts zu tun" gehabt. "Offensichtlich spielte in seiner Aufgabenstellung die künftige Struktur der Polizei eine untergeordnete Rolle . ..so Insgesamt gelang es dem Zeugen Matschke innerhalb kurzer Zeit, eine bestimmende Stellung in der Polizei einzunehmen. Dieses zeigte sich u. a. darin, daß er keinerlei Weisungen unterlags1 und Zugang zu allen ihn interessierenden Informationen hatte. So konnte er an allen Dienstbesprechungen, einschließlich der Leitungsebene, teilnehmen, und es wurden ihm alle "Rapporte" vorgelegt62 sowie weitere ihn hierzu interessierende Informationen gegeben.63 Ausdruck der besonderen Stellung waren auch die intensiven Beziehungen zwischen dem Zeugen Matschke und führenden Polizeioffizieren einerseits64 sowie zwischen den Zeugen Matschke und Braun andererseits. 55 Diese Feststellung wurde nicht von allen Zeugen in gleicher Weise bestätigt. Die Aussagen der Zeugen waren jedoch insofern erkennbar interessengeleitet Zeugen, die im Dienst des Landes Sachsen-Anhalt stehen, waren bemüht, ihr Verhältnis zu dem Zeugen Matschke distanziert zu schildem.66 Gleiches gilt für den Zeugen Braun. Dieser konnte dem Ausschuß jedoch weder plausibel erklären, warum dem Zeugen Matschke in der von ihm unterzeichneten Berufungsurkunde die Befugnis eingeräumt wurde, jederzeit mit ihm in Verbindung zu treten - was als besonderes Privileg galt67 - noch, warum der Zeuge Matschke der einzige Berater war, der eine von ihm unterzeichnete Berufungsurkunde erhielt.68 52 s. nur. Vernehmung Klapa, S. 26, 28129; Vernehmung Stephan, S. 125 53 Vernehmung Stephan, S. 151 54 Vernehmung Elze, S. 123 55 Vernehmung Klapa, S. 14, 29, 34 56 Vernehmung Niemann, S. 179 57 Vernehmung Klapa, S. 47 58 Vernehmung Elze, S. 123 59 Vernehmung Klapa, S. 14 60 Vernehmung Lange, S. 107; so auch Klapa, Vernehmung Klapa, S. 46 I. 61 Vernehmung Stephan, S. 138, S. 159; Vernehmung Klapa S. 15116 62 Vernehmung Stephan, S. 138; Vernehmung Niemann, S. 1781179; Vernehmung Elze, S. 131 63 Vernehmung Niemann, S. 1781179 64vernehmung Elze, S. 120/121, 12311.; Vernehmung Mughrabi, S. 111 1.; Vernehmung Stephan, S. 96; 106; 140;150; Vernehmung Klapa, S. 29; Vernehmung Niemann, S. 1781179; Vernehmung Post, S. 58, 60 65 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 25; Vernehmung Ernst, S. 88; Vernehmung Klapa, S. 14/15; Vernehmung Reichelt, S. 70 66 s. nur. Vernehmung Niemann, S. 1951196 67 Vernehmung Klapa, S. 14/15; Vernehmung Stephan, S. 159/160 68 Vernehmung Braun, S. 29 37 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Das Verhältnis zwischen dem Zeugen Matschke und den Angehörigen der BdVP war dabei von allgemeiner Bewunderung des Zeugen Matschke gekennzeichnet. Als symptomatisch kann hierfür die Aussage des Zeugen Elze gewertet werden: "Aus dieser Tätigkeit heraus ist historisch gewachsen das Verhältnis Stephan/Matschke und das Verhältnis Matschke zu uns ... , daß wir manchmal direkt etwas ehrfürchtig zu ihm hochgeguckt hatten, was er alles so wußte, was wir nicht wissen konnten." 69 Der Zeuge Matschke verstand es jedoch nicht nur, sein Wissen als hilfreich und erforderlich darzustellen. Man bewunderte seine Autos7D ebenso wie sein Funktelefon - "Es war ja schon ein Funktelefon eine High-tech-Sache in der damaligen Zeit für uns gewesen."71 - oder auch seine Fähigkeit, bestimmte Dinge, wie beispielsweise Kopierer, Papier und Stifte, organisieren zu könnenJ2 Darüber hinaus zeigte sich der Zeuge Matschke aber auch persönlich freigiebig. Wenn auch die Aussage des Zeugen Mughrabi, er habe oftmals Geschenke für über 1.000 DM gekauft, die der Zeuge Matschke dann in Magdeburg verteilte73, in dieser Größenordnung nicht bestätigt werden konnte, so mußten Zeugen auf Befragen doch einräumen, von dem Zeugen Matschke Geschenke erhalten zu habenJ4 Zu der Bewunderung des Zeugen Matschke durch die Polizeioffiziere der BdVP trug auch dessen Verhältnis zu dem Zeugen Braun und später zu dem Zeugen Dr. Gies bei. So galt es als ein besonderes Vorrecht des Zeugen Matschke, jederzeit mit dem damaligen Regierungsbevollmächtigten Braun sprechen75 sowie diesem neben dem Chef der BdVP Stephan Meldung erstatten zu dürfen. 76 Als Besonderheit wurden auch die häufigen persönlichen Gespräche gewertet, die der Zeuge Matschke mit den Zeugen Braun und Gies führte.n Offensichtlich waren die Betroffenen der Überzeugung, der Zeuge Matschke habe hier Kompetenzen und Einflußmöglichkeiten. Der Einfluß, den der Zeuge Matschke dadurch auf die Polizeioffiziere der BdVP ausübte, war erheblich, auch wenn die Aussagen hierzu verständlicherweise differierten. Der Zeuge Mughrabi faßte seinen Eindruck folgendermaßen zusammen: "Herr Matschke war der Chef von allen, nicht nur von Herrn Klaps, von dem ganzen Haus. Er war der Chef von allen, er war auch der Chef von Magdeburg.•7B 69 Vernehmung Elze, S. 120 70 Vernehmung Stephan, S. 129/130 71 Vernehmung Klapa, S. 36 72 Vernehmung Stephan, S. 130/131 73 Vernehmung Mughrabi, S. 108; s. a. Vernehmung Stephan, S. 133 7 4 Vernehmung Klapa, S. 35; s. a. Vernehmung Elze, S. 156 75 Vernehmung Stephan, S. 159/160; Vernehmung Klapa, S. 14/15 76 Vernehmung Ernst, S. 88; Gedächtnisprotokoll von Klingberg, Akten des MI, Bd.ll, 81.30 77 Vernehmung Elze, S. 123 ff., S. 156; Vernehmung Niemann, S. 198; Vernehmung Klapa, S. 14/15 78 Vernehmung Mughrabi, S. 123 38 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 Der Zeuge Stephan bekundete z:.~~ar : "Also, solange ich in der Dienststelle war, gab es nur einen Chef, das war ich, und das, wenn es sein mußte, gnadenlos•.79 Er mußte jedoch einräumen, daß er über den Zeugen Matschke keinerlei Kontrolle ausübte und ihm auch die konkrete Tätigkeit des Zeugen Matschke nicht bekannt war. so Der Zeuge Klapa beschrieb den Einfluß des Zeugen Matschke mit den etwas neutraleren Worten: "Daß Ratschläge, die er dann gab, dann auch mehr angenommen wurden, vielleicht auch ohne Prüfung angenommen wurden, so wOrde ich das eher sagen.61 Wie hervorgehoben die Stellung des Zeugen Matschke in der Polizei war, zeigte sich auch daran, daß sich ihm Bedienstete der Polizei, die als OibE beim MfS tätig waren, "offenbart" haben.S2 Der Zeuge Lange sagte hierzu: "Also er ist Sicherheitsbeauflragter, und damit warer-Wenn er Fragen stellte, dann wäre er für mich derjenige, dem ich antworten muß. •83 Zur Tätigkeit des Zeugen Matschke vor Gründung des Landes Sachsen-Anhalts läßt sich zusammenfassend feststellen, daß es dem Zeugen Matschke gelang, innerhalb kurzer Zeit eine bestimmende Stellung in der Polizei einzunehmen. Hierzu trugen sowohl die Unerfahrenheit der Polizisten als auch die für die Polizei damals chaotische Situation ebenso bei64 wie das persönliche Auftreten des Zeugen. Es gelang dem Zeugen Matschke auch, führende Polizeioffiziere persönlich an sich zu binden, sei es durch das lnaussichtstellen von Arbeitss, durch Geschenke oder die Möglichkeit, seinen Einfluß bei dem Regierungsbevollmächtigten, dem Zeugen Braun, zu nutzen.86 1.2. Einstellung von K/aus-Dieter Matschke in den Dienst des Landes 1.2.1. Zur Verantwortung des Ministers a.D. Wolfgang Braun für die Einstellung von K/aus-Dieter Matschke Am 5. November 1990 unterzeichnete der am 2. November 1990 ernannte lnnenminister67, der Zeuge Braun, den Befehl Nr. 1, in dem der Zeuge Matschke "auf der Grundlage des Beamtenrahmengesetzes" zum "Kriminai-Oberrat" "ernannt" und ihm "hoheitsrechtliche Befugnisse als Vollzugsbeamte[r) übertragen" wurden. es 79 Vernehmung Stephan, S. 128 80 Vernehmung Stephan, S. 138, 159; gleiches gilt für den Zeugen Klapa, s. Vernehmung Klapa, S. 28 81 Vernehmung Klapa, S. 36 82 Vernehmung Elze, S. 132; Vernehmung Lange, S. 114 83 Vernehmung Lange, S. 114 84 s. h. Vernehmung Reichelt, s. 7 4175 85 Vernehmung Stephan, S. 132 86 s. h. a. Vernehmung Weidemann, S. 15 ff. 87 Niederschrift über die 2. Sitzung des L T von Sachsen-Anhalt am 2.11.1990, S. 9 88 Anlage Nr. 5 39 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Der Zeuge Braun erklärte hierzu, daß er "damals diese beiden Herren aufgrund ihrer mir ja allseits bestätigten Kompetenz in das Land übernommen" habe. 89 Der Befehl sei ihm "im Laufe der üblichen Post mit einer Postmappe" zugegangen, und er habe ihn dann unterschrieben, ohne genauer "draufgeschaut" zu haben.oo Ihm sei nicht bekannt, wer diesen Befehl formuliert habe. Derartiges sei Sache der Verwaltung. "Die Verwaltung in einem Ministerium obliegt dem Staatssekretär. Der ist Verwaltungschef." Für die Polizei sei "ab dem Bestehen des Ministeriums Herr Staatssekretär Dr. Mahn" zuständig gewesen. Im übrigen sei für "Sichemeitsfragen und Personalfragen" bei der Bezirksverwaltungsbehörde der Zeuge Levy zuständig gewesen.s1 Desweiteren sei die "Ernennung" des Zeugen Matschke zum "Kriminai-Oberrat" bereits durch den Zeugen Stephan in den Berufungsurkunden vom August 1990 erfolgt. s2 Er habe die Berufung des Zeugen Matschke damals befürwortet, da "nach Aussage von Herrn Stephan, und ich mußte das so hinnehmen, ... er ein sehr versierter Sichemeitsfachmann" in den Bereichen "Drogenprävention und organisiertes Verbrechen sei". 93 Herr Stephan war der Chef und autonom. Ich habe mich da auch nicht reingehängt."94 Demgegenüber erklärte der Zeuge Matschke, der Zeuge Braun habe sowohl erheblichen Einfluß auf seine Berufung als Berater der BdVP genommen als auch seine "Ernennung" zum "Beamten" vorgenommen. Der Zeuge Braun habe dieses getan, weil er ihn im Bereich des Verfassungsschutzes habe einsetzen wollen.95 Die Aussagen des Zeugen Braun sind, soweit sie sein Verhältnis zur Polizei und damit auch zur Einstellung des Zeugen Matschke betreffen, nicht glaubhaft. So haben die Zeugen Stephan und Elze detailliert und sehr anschaulich das Interesse des Zeugen Braun an der Polizei geschildert. Sie gaben übereinstimmend an, daß es praktisch täglich Abstimmungen zwischen dem Regierungsbevollmächtigten - dem Zeugen Braun - und dem Chef der BdVP - dem Zeugen Stephan - gegeben hat. So erklärte der Zeuge Stephan: "Also zu Polizeifragen war Herr Braun ein sehr aufgeschlossener Mensch, muß ich sagen. Ich habe sehr gern mit ihm zusammengearbeitet. Er konnte zuhören, hat sich auch für viele Dinge am Rande interessiert, z. B. wie unsere Polizei, unsere Polizisten unter diesen Bedingungen leben müssen, wie sie arbeiten, wieviel Überstunden, wte es mit der Gewerkschaftsarbeit klappt. Also er hat sich sehr intensiv interessiert, und ich hatte bis dahin kaum einen Menschen kennengelernt in dieser Funktion, in dieser Eigenschaft. Ich kannte ja vorher die Vorsitzenden des Rates des Bezirkes, alle, die es bisher gab. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits 39 Jahre bei der Polizei, und deshalb kannte ich die Leute alle. Und Herr Braun war eigentlich sehr aufgeschlossen, interessiert, besuchte auch unsere Dienststelle, hat sich vom Prinzip her sehr viel um die Belange der Polizei gekümmert.•96 89 in diesem Befehl Nr. 1 wurde auch der Zeuge Mohammed Mughrabi zum Beamten "ernannt". 90 Vernehmung Braun, S. 44 f. 91 Vernehmung Braun, S. 7 92 Vernehmung Braun, S. 50 93 Vernehmung Braun, S. 11 i. V.m. S. 9/10 94 ebenda S 15 95 Vemeh~u~g Matschke am 22.1.93, S. 12 96 Vernehmung Stephan, S. 108/109 40 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113 766 Der Zeuge Stephan erklärte weiter: "Mit Herrn Braun gab es zu diesem Zeitpunkt fast täglich, muß ich sagen, aber zumindest zwei- bis dreimal in der Woche, eine Abstimmung über die Polizeiarbeit im Regierungsbezii'X Magdeburg."97 Und auf die Nachfrage, wie oft er sich persönlich mit dem Regierungsbevollmächtigten getroffen habe, erklärte der Zeuge Stephan: "Zur persönlichen Information und Absprache ein-, zwei-, dreimal in der Woche höchstens, aber bei ihm im Dienstzimmer, nicht bei mir . ..ge Und der Zeuge Elze, der zu dieser Zeit Leiter des Sekretariats des Zeugen Stephan war99, erklärte: "Ich weiß nur, daß Herr Braun, als er nachher als Regierungsbevollmächtigter voll etabliert war, ständig, im Prinzip täglichen Kontakt mit Stephan hatte, solange wie er Chef war. Sie haben sich über die polizeiliche Lage ausgetauscht und um alle Dinge, die sich darum gruppiert haben, telefonisch manchmal von meinem Apparat aus, wenn bei mir eine Beratung stattfand, bei der Stephan mein Zimmer mal genutzt hatte, bzw. persönlich .... Ab diesem Zeitpunkt [gemeint sind damit die sog. "Braunschweiger Tage"] hat er sich voll etabliert für die Probleme der Polizeiarbeit Er hat dann sogar unangemeldet bestimmte Dienststellen aufgesucht u. dgl. mehr. Es ging also ein bestimmtes Engagement von ihm aus."1oo Das von dem Zeugen Braun gezeigte Interesse an der Polizei ging also weit über das von ihm eingeräumte ausschließlich persönliche Interesse hinaus.1o1 Seine Möglichkeit, Einfluß nehmen und Weisungen erteilen zu können - insbesondere das letztere wurde von dem Zeugen Braun immer wieder bestritten102 -, beruhte aber nicht nur darauf, daß er von den Zeugen Stephan und Klapa faktisch als Vorgesetzter angesehen wurde.103 Vielmehr hat der Zeuge Klapa zu den damaligen Unterstellungsverhältnissen ausgeführt: "Es gab im Prinzip in der Zeit eine doppelte Unterstellung. Ich war einmal direkt unterstellt Herrn Diestel und auch dem Regierungsbevollmächtigten für Fragen der Sicherheit und Ordnung im Bereich des Regierungsbevollmächtigten, also hier in Magdeburg. ln Halle war es identisch, was Herr Bauch gemacht hat." Und auf die Frage, woraus sich diese Unterstellung abgeleitet habe, antwortet der Zeuge Klapa: "Herr Braun wurde eingesetzt, als die Regierungsbevollmächtigten überall eingesetzt wurden, mit der Maßgabe, den Bezii'X ... und die Strukturen aufzubauen und für die Zeit zu führen und damit auch für die Sicherheit und Ordnung. So wurde uns das bekanntgegeben. Darüber müßte es auch noch ein Fernschreiben geben. Es kam über Fernschreiben von Ber1in, daß die Regierungsbevollmächtigten auch für die Sicherheit und Ordnung zuständig sind und wir auch somit diesen Rapportpflichten und alles hatten. 97 Vernehmung Stephan, S. 99 98 ebenda, s. 125 99 Vernehmung Elze, S. 118 100 Vernehmung Elze, S. 141/142 101 so: Braun, S. 19 102 s. nur Vernehmung Braun, S. 19120 103 Vernehmung Stephan, S. 126; s. auch: Vernehmung Klaps, S. 27, 31 41 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Da mußten wir uns vorstellen. Das war aber schon in der Zeit von Herrn Stephan. Da sind wir runtergefahren und haben uns vorgestellt. Herr Braun hat uns zu sich zitiert ... ."104 Auch wenn der Zeuge Klapa erkennbar bemüht war, seine Verantwortung möglichst eingeschränkt darzustellen, so wird seine Aussage doch durch weitere Aussagen bestätigt. So hat der Zeuge Elze erklärt, daß nach den damals "geltenden Kadergrundsätzen . .. alle Einstellungen, Beförderungen und Auszeichnungen mit dem Regierungsbevollmächtigten abzustimmen" waren.1os Daß diese "Kadergrundsätze" nicht nur Theorie waren, sendem Praxis, belegen die Ausführungen des Zeugen Elze, der die Berufungsurkunden fertigte: " ich weiß, es mußte ein Kurier zum Damaschkeplatz, dem Sitz der Regierungsverwaltungsbehörde, und mußte ein Schreiben von Herrn Braun holen. Als Ergebnis dieses Schreibens ... habe ich das von uns stammende Beratertätigkeitsschreiben präzisieren und weiter fassen müssen .... Dieses neue Schreiben wurde bei uns im Sekretariat geschrieben und ist dann erneut zur Unterschrift bei Herrn Braun gelandet. Er hat es unterschrieben und abgesiegelt. •106 Und der Zeuge Rauls hat bei der Beschreibung seiner Tätigkeit in der Bezirksverwaltungsbehörde Magdeburg, in der er etwa ab dem 20. August 1990 tätig war, erklärt: "Nicht einbezogen war die Unterstellung der Polizei. Diese hatte sich bereits vor meiner Einstellung der Regierungsbeauftragte Herr Braun selbst unterstellt.107 ... Vor diese vollendete Tatsache mit der Unterstellung der Polizei hatte mich Herr Levy auch beim Einstellungsgespräch gestellt, daß ich all das, was ich dort vorfinde, in meinem Verantwortungsbereich habe, mit Ausnahme der Polizei, die sich Herr Braun schon unterstellt hatte. Es muß also vor dem August gewesen sein, im Juni/Juli."108 Daß der Zeuge Braun als Regierungsbevollmächtigter Einfluß auf die Polizei genommen hat, zeigen auch seine Aktivitäten, die er hinsichtlich des SEK entwickelte. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Elze1oo, Reichelt11o und Klapa111 war die Übernahme der Antiterroreinheit aus Berlin mit dem Zeugen Braun abgesprochen. Der Zeuge Elze, der die mit der Übernahme der gesamten Antiterroreinheit verbundenen Probleme außerordentlich anschaulich geschildert hat112, bemerkte hierzu: "Braun hatte ja diese unsinnige Vorstellung, dieses Ding [das ist die Antiterroreinheit) zu halten. Ich habe gesagt, das ist ein Unding ... 113 Braun wollte sie geschlossen haben ... •11 4 Den Einsatz dieser Antiterroreinheit hat sich der Zeuge Braun bereits als Regierungsbevollmächtigter vorbehalten.115 104 Vernehmung Klapa, S. 45/46 105 Vernehmung Elze, S. 130 106 Vernehmung Elze, S. 1211122; s. auch Matschke, Vernehmung am 22. 1. 93, S. 54 107 Vernehmung Rauls, S. 19 108 Vernehmung Rauls, S. 24 109 Vernehmung Elze, S. 148 110 Vernehmung Reichelt, S. 73 111 Vernehmung Klapa, S. 31 112 Vernehmung Elze, S. 144 ff. 113 Vernehmung Elze, S. 148 114 ebenda, S. 151 115vernehmung Klapa, s. 26 42 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Die Aussage des Zeugen Braun, er habe gegenüber der Polizei während seiner Zeit als Regierungsbevollmächtigter keinerlei Befugnisse gehabt, wird nicht zuletzt durch die von ihm unterschriebene "Berufungsurkunde116 widerlegt. Hingewiesen auf den darin liegenden Widerspruch, erklärte der Zeuge, daß es sich um "eine reine politische Entscheidung" gehandelt habe. "Ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen. So war's. "117 Gleichfalls unglaubhaft sind auch die Aussagen des Zeugen Braun zum sogenannten Befehl Nr. 1. Der Zeuge Klapa hat hierzu erklärt, er habe von dem Zeugen Braun die Anweisung erhalten, die Zeugen Matschke und Mughrabi "auf der Grundlage des Bundesbeamtengesetzes" in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt einzustellen. Er habe dieses dann dem Zeugen Ernst mitgeteilt, "weil Herr Ernst mein Personalchef war ... und er fertigte einen Entwurf solcher Personalentscheidungen an nach dem Motto wie wir es in der DDR immer gemacht haben ... "118 Diese Aussage wurde von dem Zeugen Ernst bestätigt.119 Zwar war der Zeuge Klapa bemüht, sein Verhältnis zu dem Zeugen Matschke im Sommer/Herbst 1990 distanziert zu schildern und die Verantwortung für das Handeln Matschkes in Sachsen-Anhalt Dritten zuzuweisen, doch kann daraus nicht geschlossen werden, daß er dieses Schriftstück dem Zeugen Braun quasi untergeschoben hat. Dagegen spricht schon, daß er sich in dieser Zeit stark nach dem Zeugen Braun gerichtet hat.120 Gegen die Behauptung des Zeugen Braun, ihm sei dieses Schriftstück quasi untergeschoben worden, und er habe es eher versehentlich unterschrieben, spricht vor allem, daß es die einzige "Beamtenernennung" des Zeugen Braun in der . damaligen Zeit gewesen ist und unmittelbar nach dessen Amtsantritt erfolgte. Es ist nicht glaubhaft, wenn jemand, der an einem Freitag zum Minister ernannt wird, erklärt, er habe bereits am folgenden Montag wegen der Fülle der zu unterschreibenden Papiere derart den Überblick verloren, daß er einem solch markanten Vorgang keine größere Beachtung geschenkt habe. Auch der Versuch des Zeugen Braun, den Staatssekretär für die Ausfertigung dieses Befehls verantwortlich zu erklären, geht fehlt. Der Zeuge Mahn nahm seine Tätigkeit als Staatssekretär erst am 8. November 1990 auf.121 Der Zeuge Ernst hat erklärt, er habe die Anweisung, eine derartige Personalentscheidung vorzubereiten, aber bereits in der zweiten Oktoberhälfte erhalten122, also praktisch mit Ablauf der Zeit, die der Zeuge Braun für die Beratungstätigkeit des Zeugen Matschke festgelegt hatte. Darüber hinaus sprechen Text und Form dieses Befehls gegen eine Beteiligung des Zeugen Mahn. Glaubhaft ist vielmehr die Aussage des Zeugen Ernst: 116 Anlage 3 117 Vernehmung Braun, S. 29 118 Vernehmung Klapa, S. 63 119 Vernehmung Ernst, S. 91 f.; s. a.: diensHiche Erklärung von Ernst, in: Akten des MI, Bd. I, BI. 23 f. 120 Vernehmung Elze, S. 148 121 Vernehmung Mahn, S. 52153 122 diensHiche Erklärung von Ernst, in: Akten des MI, Bd. I, BI. 23124 43 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperlode Drucksache 113766 "ln der Folge im Oktober habe ich dann von Henn Klapa emeut den Auftrag bekommen, eine Beamteneinstellung, einen Befehl zu erarbeiten, damit Herr Matschke und auch der Herr Mughrabi eingestellt, verbeamtet werden. Es sollte damals die erste Beamteneinstellung werden. Ja, wir haben zwar diese vorläufigen Grundsätze gehabt, aber fOr eine Beamteneinstellung hatten wir noch gar keine Unterlagen.•123 .... • Da wir den Auftrag hatten, diese erste Beamtenernennung korrekt durchzuführen, andererseits keine Gesetze - mit Ausnahme der o. g. "Vorläufigen Festlegungen .. ." - existierten, versuchten wir analog in Anlehnung an die uns nicht bekannte Bestimmung der alten Bundesländer bzw. der BRD zu fonnulieren."124 Wenn auch der Ausschuß nicht klären konnte, wer dem Zeugen Matschke den "Befehl Nr. 1" aushändigte, so bestehen doch an der Aussage des Zeugen Braun, der unterschriebene Befehl sei mit der Postmappe in das Sekretariat zurückgegangen, erhebliche Zweifel. Der mit der Ausarbeitung dieses Befehls befaßte Zeuge Ernst erklärte, er habe lediglich einen Entwurf gefertigt, der aber nicht mehr in die Personalabteilung zurückgelangt sei. Es sei deshalb unmöglich gewesen, Personalakten anzulegen, weshalb es erhebliche "Querelen" bei der Bezahlung des Zeugen Mughrabi gegeben habe.125 Der "Befehl Nr. 1" war darüber hinaus bis zum 25. 1. 1991, dem Tag, an dem der Zeuge Matschke erstmals Bezahlung vom Land Sachsen-Anhalt unter Vorlage einer Kopie des "Befehls Nr. 1" forderte, im Innenministerium nicht vorhanden.126 Dieses spricht dafür, daß der von Braun unterzeichnete Entwurf unmittelbar dem Zeugen Matschke übergeben wurde, so wie dieser es behauptet hat.127 Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß der Zeuge Braun für die Berufung des Zeugen Matschke zum Berater der BdVP ebenso (mit- ) verantwortlich war, wie er auch dessen angebliche Ernennung zum Beamten betrieben hat. 1.2.2. Einstellung von Klaus-Dieter Matschke, um ihn für den Verfassungsschutz zu verwenden Der Ausschuß ist der Frage, ob der Zeuge Matschke im Bereich des Geheimdienstes tätig sein sollte, intensiv nachgegangen. Das besondere Interesse der Ausschußmitglieder und auch der Öffentlichkeit an diesem Punkt rührt aus den Erfahrungen mit dem MfS. Noch bei den Beratungen des Verfassungsschutzgesetzes im Jahr 1992 war sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei vielen Abgeordneten eine - zum Teil große - Skepsis gegenüber einem Geheimdienst spürbar. Nach den Feststellungen des Ausschusses hat der Zeuge Braun die Berufung des Zeugen Matschke zum Berater der BdVP respektive die "Ernennung" zum KriminalOberrat vorgenommen, um ihn auch im Bereich des Verfassungsschutzes zu verwenden. Auch der Zeuge Dr. Gies beabsichtigte, den Zeugen Matschke im Bereich des Verfassungsschutzes zu verwenden. 123 Vernehmung Ernst. S. 85 124 eidesstattl. Versicherung von Axel Ernst vom 4. 3. 92, in: Akten des MI, Bd. II, BI. 73 125vemehmung Ernst, S. 91,92 126 Aktenvermarlt von Mahn vom 25.1. 91, in: Akten des MI: Bd.l, BI. 23/24 127 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 65; s. h. auch: Vernehmung Mughrabi, S. 110 44 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Der Zeuge Matschke hat angegeben, seine Berufung "Ernennung" zum "Beamten" sei erfolgt, um Verfassungsschutzes zu verwenden. Er führte hierzu aus: Drucksache 1/3766 zum Berater und seine ihn im Bereich des "Herr Braun fragte mich konkret, ob ich mir nicht vorstellen könne, gemeinsam für ihn - denn er nahm damals schon an, er würde Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt werden - die Abteilung Verfassungsschutz aufzubauen. Herr Braun erklärte mir damals, er hätte sehr viel von Herrn Stephan und anderen Ober meine genauen Kenntnisse sicherheitsspezifischer Belange erfahren ... Bei den nächsten Gesprächen mit Herrn Braun erklärte er mir, daß es wichtig wäre, wenn ich mich entscheiden würde, in den Dienst einzutreten; da ich kein Beamter aus den alten Bundesländer sei, sollte ich in den Dienst der Deutschen Volkspolizei eintreten. Gleichzeitig erklärte er mir auch, daß zur Zeit kein Geld tor meine Besoldung zur Verfügung stehen würde. Bezahlt werden würde ich erst nach der Gründung des Landes Sachsen-Anhalt.12B ... Ich erklärte in einem Gespräch am Abend des 5. November 1990 Herrn Innenminister Braun, daß .... ich es mir auch zu diesem Zeitpunkt finanziell nicht mehr erlauben [konnte], eine Tätigkeit in Magdeburg weiter auszuführen und erklärte, daß ich also heute, am 5. November 1990, zurück nach Frankfurt möchte, um dort der Tätigkeit in meiner Firma .... wieder nachzugehen. Herr Braun sagte mir daraufhin, er könne auf meine Mitarbeit auf gar keinen Fall verzichten. Er würde mich, wie besprochen, sofort zum Beamten und Sicherheitsbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt und Leiter des Aufbaustabes Verfassungsschutz ernennen. Dies habe er auch schon mit Dr. Gies besprochen .. ."129 Der Zeuge Braun hat diese Angaben des Zeugen Matschke bestritten. Er gab zum einen an, als Regierungsbevollmächtigter für die Polizei nicht zuständig gewesen zu sein und auch nach seiner Ernennung zum Innenminister die 'Verwaltungsangelegenheiten" seinem Staatssekretär überlassen zu haben.130 Er gab zum zweiten an, während seiner Amtszeit den Aufbau eines Verfassungsschutzes nicht betrieben zu haben.131 Der Zeuge Braun erklärt weiter, er "hätte gern gesehen ... , daß er (das ist Klaus-Dieter Matschke) insbesondere einmal sich engagiert beim Aufbau eines Landeskriminalamtes, denn so etwas hatten wir ja nicht." Eine Verwendung des Zeugen Matschke im Bereich des Verfassungsschutzes sei nicht vorgesehen gewesen.132 Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Matschke spricht, daß auch die Zeugen Stephan, Elze, Ernst und Reichalt bekundet haben, es sei in bestimmten Kreisen der Polizei bekannt gewesen, daß der Zeuge Matschke den Verfassungsschutz habe aufbauen sollen.133 Die unmittelbar mit der Einstellung befaßten Zeugen erklärten, der Zeuge Matschke habe in den von dem Zeugen Stephan unterzeichneten Berufungsurkunden den "Dienstrang eines Oberrates"134 bei der Polizei erhalten, um die eigentliche Aufgabe des Zeugen Matschke nicht erkennen zu lassen. Dieses sei darüber hinaus erforderlich gewesen, damit der Zeuge Matschke sich habe legitimieren können. 12Bvemehmung Matschkeam 22. 1. 93,5.12 129 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 17 130 s. h. oben; sowie Vernehmung Braun, S. 5, 6, 14 I. 131 Vernehmung Braun, S. 31 132 Vernehmung Braun, S. 12 133vemehmung Stephan, S. 1011., 108-110; Vernehmung Ernst, S. 84; Vernehmung Elze, S. 123, 125, 126; Vernehmung Reichelt, S. 79 134 s. Anlagen 1 und 2 45 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 So erklärte der Zeuge Elze: • ... und Herr Stephan ist dann zu dem Beschluß gekommen, daß es nach außen hin günstiger ist, daß Herr Matschke in die Polizei in den damaligen Strukturen eingeordnet w0rde"135, und der Zeuge Ernst: "Denn im engsten Kreis war zwischenzeitlich inoffiziell bekannt geworden, daß Herr Matschke nach außen hin Berater der Polizei ... sein sollte, eigentlich jedoch mit dem Aufbau des Verfassungsschutzes befaßt war. Wäre dies allgemein publik geworden, so wäre zu befürchten gewesen, daß es zu Animositäten gekommen wäre. D. h., Kollegen hätten Befürchtungen gehegt, daß quasi analog zu frOheren Stasi-Tätigkeiten nunmehr der Verfassungsschutz konspirativ tätig werde."136 Und: "Demzufolge mußte es auch sein, daß er dann sich irgendwie legitimieren kann, einen Ausweis bekommt und dann auch eingestellt wird."137 Auch die von dem Zeugen Ernst glaubhaft geschilderten näheren Umstände, unter denen die Einstellung erfolgte, bestätigen die obigen Aussagen. So erklärte der Zeuge Ernst, daß die Ausstellung des Dienstbuches für den Zeugen Matschke "aufgrund dieser Verfassungsschutzproblematik... diskret behandelt werden" sollte.136 Mit der Ausstellung des Dienstbuches wurde Jean Klingberg beauftragt139, der hierüber am 25. 8. 1990, also unmittelbar danach, einen Aktenvermerk schrieb. Es heißt dort: "Durch VP-Rat Lange, Anita wurde mir mündlich folgender Befehl des Chefs der BdVP. VP-Direktor Stephan, Hans-Joachim übermittelt: - sofort persönlich ein Dienstbuch für einen Matschke, Klaus-Dieter auszufertigen, - über die Ausstellung des Dienstbuches strengstes Stillschweigen gegenüber jedermann zu wahren, - in der Ausgabeliste für Dienstbücher keinen Namen einzutragen, sondern nur den Befehl des Chefs zu dokumentieren. Da das Dienstbuch zweimal verschrieben wurde, habe ich die Ausstellung des Dienstbuches durch VP-HK Blume, Bärbel... vornehmen lassen und sie ebenfalls zum Stillschweigen veranlaßt Um jedoch jederzeit nachzukommen, für wen und unter welchen Umständen dieses Dienstbuch ausgestellt wurde, habe ich in der Ausgabeliste "KOM" festgehallen und diesen Aktenvermerk gefertigt .... Einen von mir angestrebten Gesprächstermin bei VP-Direktor Stephan zum Hintergrund der Dienstbuchausstellung habe ich nicht erhalten."140 Auch der Zeuge Stephan erklärte mehrfach, bereits die Berufung Matschkes im August 1990 zum Berater sei mit dem Ziel erfolgt, ihn für den Aufbau des Verfassungsschutzes einzusetzen. 141 135 Vernehmung Elze, S. 122 136 eidesstattliche Versicherung von Axel Ernst vom 4. 3. 92, in: Akten des MI, Bd. II, BI. 71 ff. 137 Vernehmung Ernst, S. 84 138 Vernehmung Ernst, S. 84 139 Vernehmung Ernst, S. 84 140 Aktenvermerl< Jean Klingberg, in: Akten des MI, Bd. I. BI. 24 141 Vernehmung Stephan, S. 95; s. a.: 'Erl<lärung zum Vorgang der Ernennung von Herrn Klaus-Dieter Matschke zum Kriminal-Oberrat im Land Sachsen-Anhalt (Gedächtnisprotokoll)' von Hans-Joachim Stephan, vom 15. 12. 91 in: Akten des MI, Bd. II, BI. 27 ff., BI. 29, i.!. ziüert als: Gedächtnisprotokoll Stephan 46 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 Gegen die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen spricht nicht, daß an der Glaubwürdigkeit der Zeugen Stephan, Elze und Emst Zweifel bestehen könnten. Derartige Zweifel könnten sich aus ihren persönlichen Beziehungen zu dem Zeugen Matschke ergeben, die von den Zeugen z.T. sogar als freundschaftlich bezeichnet wurden.142 Für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen spricht jedoch, daß die Schilderungen des Zeugen Emst detailliert sind und mit dem am 25. 8. 1990 von Jean Klingenberg gefertigten Aktenvermerk übereinstimmen. Dieser ist erkennbar unbeeinflußt und ohne nähere Kenntnis der weiteren Umstände verfaßt worden. Die von den Zeugen Stephan, Elze und Emst gegebene Begründung liefert auch eine in sich stimmige Begründung dieses - offensichtlich auch in der BdVP ungewöhnlichen - Vergehens. Die Angaben stehen auch in Übereinstimmung mit den Intentionen, die mit der Übernahme des SEK verfolgt wurden. Hierzu erklärte der Zeuge Stephan, der gleichfalls, und trotz der Wende ungebrochen, einen Geheimdienst für notwendig hielt 143, zu dem nach seiner Ansicht auch eine spezielle Einsatztruppe gehörte: " ... Uns war klar, daß es ohne Verfassungsschutz nicht gehen würde, auch ohne SEK, ohne MEK. Also SEK: Spezialeinsatzkommondo, ehemalige Diensteinheit 9 .... Übernahme SEK Ber1in und was tun? Vielleicht kann man diese Leute im künftigen Verfassungsschutz unterbringen. Jawohl. "144 Darüber hinaus haben etliche der befragten Zeugen bekundet, der Zeuge Braun habe den Zeugen Matschke als sogenannten "Sicherheitsbeauftragten" vorgestellt, der auch die Aufgabe habe, beim Aufbau des Verfassungsschutzes mitzuwirken.145 Dieses hat der Zeuge Braun quasi zum ersten Mal öffentlich bei dem Essen gesagt, welches der Zeuge Matschke anläßlich seiner Ernennung zum Beamten gab.14B Zwar hat der Zeuge Braun erklärt, er habe an dieser Festivität überhaupt nicht teilgenommen147, doch ist diese Aussage falsch. Sie wird durch die übereinstimmenden und glaubhaften Bekundungen der anderen hierzu befragten Zeugen widerlegt.14B Der Ausschuß konnte allerdings nicht klären, welcher konkreten Tätigkeit ein "Sicherheitsbeauftragter" nach den Vorstellungen des Zeugen Braun hätte nachgehen sollen. Hierzu hat der Zeuge lediglich erklärt, ein solcher Sicherheitsbeauftragter hätte über "unkontrollierbare[n] Kompetenzen" verfügt.149 Im Ergebnis ist festzustellen, daß der Zeuge Braun beabsichtigte, den Zeugen Matschke im geheimdienstliehen Bereich zu beschäftigen, wenn auch die konkrete Art der Tätigkeit selbst nicht näher festgestellt worden ist. Diese Unbestimmtheit spiegelt sich auch in den Aussagen des Zeugen Matschke wider. Dieser hat zwar immer wieder erklärt, er sei als Sicherheitsbeauftragter für den Aufbau des Verfassungsschutzes vorgesehen gewesen, doch hat der Ausschuß nicht den Eindruck gewinnen können, daß dem Zeugen Matschke an dem seriösen Aufbau eines Landesamtes für Verfassungsschutz gelegen war. Vielmehr vermittelte 142 Vernehmung Elze, 5.170/171; Vernehmung Ernst, 5.99; Vernehmung 5tephan, 5.132,161 143 Vernehmung 5tephan, 5. 101, 109 144 Vernehmung 5tephan, 5. 109 145 s.nur. Vernehmung 5trelen, 5.20; Vernehmung Lange, 5. 106/107; Vernehmung Elze, 5. 139/140, 5. 156; Vernehmung Ernst, 5. 84, 96/97 146 Vernehmung Elze, 5. 156 147 Vernehmung Braun, 5. 46 148 s. nur. Vernehmung Reichelt, 5. 69/70; Vernehmung Klapa, 5. 72173; Vernehmung Levy, 5. 14/15 149 Vernehmung Braun, 5. 59 47 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 der Zeuge das Bild, daß es ihm in erster Linie darum gegangen ist, sich einen in der Tat unkontrollierbaren und gut dotierten Posten mit dem Titel "Sicherheitsbeauftragter" zu schaffen. Entsprechend sah er für sich in dem von ihm verfaßten sogenannten "Organigramm" des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt eine "B ?"-Stelle vor, sein guter Bekannter Boinowitz sollte eine B 5-Stelle erhalten.1so Dem Zeugen Mahn erklärten die Zeugen Matschke und Boinowitz in einem gemeinsamen Gespräch "daß sie gern den Verfassungsschutz nicht nur aufbauen wollten, sondern der eine möchte Präsident werden und der andere Vizepräsident werden. "151 Wie wenig substantiiert die Vorstellungen des Zeugen Matschke von dem Aufbau einer Behörde waren und wie sinnentleert er die Begriffe "Rechtsstaat" und "Demokratie" verwendet, zeigte seine Antwort auf die Frage, welche Befugnisse ihm denn übertragen worden seien: "Für den Bereich Verfassungsschutz alle die hoheitlichen Befugnisse, die dort ziehen." Und weiter führte er aus: "Mein Dienstausweis wurde vom Polizeioberrat in Kriminaloberrat geändert. Ich hatte auch ein Tarnkennzeichen für mein Fahrzeug erhalten, und ich habe Waffen übemommen."152 Jedoch sollte der Aspekt des unkentreliierten und unkontrollierbaren Wirkans eines solchen Sicherheitsbeauftragten nach den Vorstellungen des Zeugen Matschke nicht verlorengehen. Der Zeuge Mughrabi erklärte: "Plötzlich hatten die Leute alle vor ihm Angst, sie paßten vor ihm auf. Er redet mit den Leuten, daß er zu entscheiden hat, wer bleibt, und wer geht. Ich hatte schon langsam gemerkt, daß Herr Matschke wirklich etwas zu sagen hatte.•153 Auch der Zeuge Dr. Gies hat auf die Einstellung des Zeugen Matschke in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalts Einfluß zu nehmen versucht. Auch er beabsichtigte, den Zeugen Matschke im geheimdienstliehen Bereich und auch für den Aufbau des Verfassungsschutzes einzusetzen. Dieses ergibt sich zum einen daraus, daß er den Zeugen Braun bat, den Zeugen Matschke zum Sicherheitsbeauftragten zu ernennen. Der Zeuge Dr. Gies hat dieses bestritten: "Das kann so nicht gewesen sein. Möglich wäre, daß ich bei ihm angefragt habe, ob eine solche Funktion von der Struktur her Oberhaupt denkbar ist. Denn ich weiß, daß ich, nachdem Herr Matschke mir - ich weiß nicht zu welchem Zeitpunkt, aber sicherlich zu einem sehr frühen Zeitpunkt - unter anderem - er hatte verschiedene Dinge, mit denen er sich andiente; aber bei dem Punkt Sicherheitsbeauftragter war er besonders intensiv tätig -. daß ich prüfen lassen habe, ob eine solche Funktion überhaupt möglich ist, völlig losgelöst von der Person Matschke, sandem einfach vom Grundsatz her. Es ist denkbar, daß damit auch das Innenministerium beauftragt wurde, das zu prüfen. Ich weiß nur soviel, daß mir dann auch berichtet wurde, daß es eine solche Funktion aufgrund der Strukturen gar nicht geben kann. ... Ich kann noch einmal sagen: Es kann allenfalls ein Prüfauftrag gewesen sein, ob eine solche Funktion Oberhaupt in der Struktur möglich ist. Einen solchen Prüfauftra~ hatte ich gegeben. Ich weiß aber nicht, ob der zum Innenministerium ging. Das ist aber denkbar.•1 150 Ermittlungsverfahren gegen Matschke, BI. 187 151 Vernehmung Mahn, S. 62 152 Vernehmung Matschke am 22.1.93, S. 66 153 Vernehmung Mughrabi, S. 111 154 Vernehmung Gies, S. 22n3 48 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Diese Aussage wird jedoch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen Mahn widerlegt, der die Geschehnisse um die beabsichtigte Berufung des Zeugen Matschke zum sogenannten Sicherheitsbeauftragten wie folgt schilderte: "Es hat dann den aus meiner Sicht eigentlichen schon entscheidenden Bruch entweder am 15. oder am 19. November gegeben. Herr Braun hat mich am 15. angerufen und gesagt, der Ministerpräsident, Herr Dr. Gies, habe darum gebeten, daß Herr Matschke zum Sicherheitsbeauftragten der Landesregierung bestellt würde. Ich habe dann, als Herr Braun mir das femmündlich mitteilte schon gesagt: Herr Minister, das halte ich nicht für gut. Herr Matschke ist Privatdetektiv; es muß ganz zwangläufig zu einer Vermischung von privaten und hoheitlichen Tätigkeilen kommen .... Als mir dann Herr Braun sagte, ich sollte diese Bestellung machen, habe ich mich also erst einmal gespen1. Dann habe ich sie aufgesetzt, habe dann schriftlich hinzugefügt, daß ich davon abrate, das zu vollziehen. Dann rief mich Herr Braun zu sich ... und sagte: Herr Matschke sitzt bei mir, bitte bringen Sie den vorbereiteten Texl mit. Ich sagte: Herr Minister wir müssen über diese Sache sprechen. Ich bitte Sie wirklich sehr dringend, daß wir Gelegenheit nehmen, daß ich vorher mit Ihnen spreche. - Dann hat er eingewilligt und ich habe dann Herrn Levy angerufen. Ich wußte, daß Herr Levy das Vertrauen des Ministers genoß. Ich muß dazu sagen, ich kannte Herrn Braun zu der Zeit auch nicht sehr intensiv, und habe dann Herrn Levy gesagt: Jetzt brauche ich Ihre Unterstützung. Es geht um die Bestellung von Herrn Matschke zum Sicherheitsbeauftragten, und da müssen wir den Minister überzeugen, daß dies nicht geht. ... Dann haben wir, während Herr Matschke im Dienstzimmer von Herrn Braun wartete, im Dienstzimmer von Herrn Levy - wie gesagt, das alles war am Damaschkeplatz, ich bin dann da rübergefahren - die Sache mit dem Minister erörtert. Herr Braun hat dann nach einiger Zeit eingesehen, daß das in der Tat nicht geht. . ."155 Auf Nachfrage erklärte der Zeuge weiter: "Ich kann nur das berichten, was mir Herr Minister Braun gesagt hat. Er hat mir gesagt, Herr Gies habe ihn gebeten, Herrn Matschke zum Sicherheitsbeauftragten zu bestellen. Ich habe - das habe ich eigentlich auch, wenn ich das so sagen darf, zum Schutz des Ministers gemacht - das als Vermerk vorangestellt, weil ich der Meinung war, der Minister muß deutlich machen, daß dieses auch von Herrn Dr. Gies yewünscht wird; denn ich hielt dies für keine gute Entscheidung, das muß ich ganz deutlich sagen." 56 Indizien dafür, daß sich der Zeuge Braun die Bestellung Matschkes zum Sicherheitsbeauftragten allein oder mit dem Zeugen Matschke ausgedacht und den Zeugen Dr. Gies quasi mit in Haftung genommen hat, liegen nicht vor. Hiergegen spricht schon, daß der Zeuge Braun dort, wo es ihm, wie bei der Berufung des Zeugen Matschke zum Berater bzw. zum "Beamten", opportun schien, durchaus eigenmächtig handelte. Diese Erklärungsversuche des Zeugen Dr. Gies werden darüber hinaus auch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen Strahlen widerlegt. Dieser folgte im November 1990 einer Bitte des Zeugen Dr. Gies, Auskunft über den Zeugen Matschke zu geben.157 Mit diesem sprach er über die mit einer beabsichtigten Berufung Matschkes zum Leiter der Verfassungsschutzbehörde verbundenen Problematik. Er berichtete: "Also habe ich nur gesagt, bei uns in Niedersachsen wäre es völlig unvorstellbar, daß so jemand Leiter einer Verfassungsschutzbehörde wird. Erstens ist er Privatdetektiv, zweitens ist er Geschäftsmann. Wenn er das überhaupt im staatlichen Bereich machen würde, müßte er sowieso seine ganze frühere Tätigkeit aufgeben. Das kann man sich bei diesem Metier beinahe gar nicht vorstellen. 155 Vernehmung Mahn, S. 54155 156 Vernehmung Mahn, S. 60 157 Vernehmung Strahlen, S. 7 II., S. 17 II. 49 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Im übrigen habe ich dann auch Bezug auf die Ereignisse in Niedersachsen genommen und habe ihm gesagt, wenn bei uns z. B. die Presse auf so etwas käme, dann wäre aber wi!XIich alles mögliche los. Das habe ich ziemlich plastisch geschildert und habe ihm dann noch gesagt, da ich nur noch zu seinem Innenminister hingehen müßte, von diesem aber eben nicht wüßte, was ich ihm erzählen darf oder nicht, könnte ich dort ... nur in sehr all~meiner Form darauf hinweisen, daß wir zumindest doch Zweifel an einer solchen Berufung hlltten. •1 · Der Zeuge Strahlen gab ferner an, daß in der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde etwa ein bis zwei Monate die begründete Vorstellung bestand, Matschke solle den Verfassungsschutz hier aufbauen. Diesen Eindruck hatte er auch nach seinen Gesprächen mit den Zeugen Dr. Gies und Braun im November 1990.159 Zwar hat der Zeuge Dr. Gies zu dem Gespräch mit dem Zeugen Strahlen andere Angaben gemacht160, doch sind diese völlig unglaubhaft. Auch der weitere Erklärungsversuch des Zeugen Dr. Gies, er habe lediglich einen Prüfauftrag erteilt, der möglicherweise an das Innenministerium ging, überzeugt nicht. Zum damaligen Zeitpunkt setzte sich, wie die Zeugen Levy und Mahn übereinstimmend aussagten, das Innenministerium praktisch aus den Zeugen Braun, Mahn und Levy sowie einigen wenigen Mitarbeitern und Sekretärinnen zusammen.161 Dabei war der Zeuge Levy sowohl als Personalreferent 162 als auch für den Bereich Aufbau des Innenministeriums und Bezirksregierungen tätig.163 Keinem der beiden Zeugen war jedoch ein derartiger Prüfauftrag bekannt. Auch bei den dem Untersuchungsausschuß von der Landesregierung zur Verfügung gestellten Akten, die nach Auskunft der Landesregierung vollständig sind, ist ein solcher Vermerk nicht zu finden. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. Gies bestehen aber auch deshalb ganz erhebliche Zweifel, weil sich sein Rechtsbeistand die Protokolle über die Vernehmung des Zeugen Matschke zur Vorbereitung auf die Vernehmung des Zeugen Dr. Gies vor dem Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß von der CDU-Fraktion hat geben lassen.164 Zusammenfassend ist festzustellen, daß sowohl der Zeuge Braun als auch der Zeuge Dr. Gies eine Tätigkeit des Zeugen Matschke im Bereich des Geheimdienstes und zum Aufbau einer Verfassungsschutzbehörde bereits im Oktober/November 1990 beabsichtigt haben. Der Zeuge Braun verfolgte dieses auch schon bei der Berufung des Zeugen Matschke zum Berater der BdVP und dessen "Ernennnung" zum "Beamten", der Zeuge Dr. Gies jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als er den Zeugen Braun bat, den Zeugen Matschke zum Sicherheitsbeauftragten zu bestellen. 1.2.3. Weitere Gründe fürdie Einstellung von Klaus-Dieter Matschke Ein weiterer Grund für die "Einstellung" des Zeugen Matschke in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt und seine beabsichtigte Berufung zum "Sicherheitsbeauftragten" könnte seine Beauftragung gewesen sein, die für den 158 Vernehmung Strahlen, S. 18 159 Vernehmung Strahlen, S. 30 f. 160 Vernehmung Gies, S. 7 161 Vernehmung Levy, S. 9, 21122; Vernehmung Mahn, S. 73f7 4 162 Vernehmung Mahn, ebenda 163 Vernehmung Klapa, S. 18 164 Vernehmung Gies, S. 10 II., 13 50 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Landtag gewählten CDU-Abgeordneten auf eine mögliche MfS-Vergangenheit zu überprüfen. Der Zeuge Matschke hat hierzu erklärt: "Eine Woche vor der Landtagswahl erschien sehr aufgeregt HefT Geisthardt, der damalige Kandidat für den Landtag, in meinem Büro und erklärte, unter den CDU-Kandidaten wären etliche Personen, die als IM für die Stasi tätig waren. HeJT Geisthardt präsentierte mir die Liste der CDULandtagskandidaten, auf der hinter einigen Namen Aktenzeichen standen. Es war eine handschriftliche Liste, auf der auch handschriftlich Aktenzeichen und auch ein Deckname eingefügt waren. HefT Geisthardt behauptete, daß diese mit Aktenzeichen versehenen Personen alle einer IMTätigkeit nachgegangen seien. Er war der Meinung, daß diese Personen alle sofort dekuvriert werden müßten. HefT Geisthardl erklärte mir, daß er diesen Vorgang auch HeiTn Gies vorgetragen habe. Zu diesem für mich sehr brisanten Thema schlug ich den Hellen Gies und Braun vor, auf keinen Fall diese Nachricht in dieser Fom zu verwenden, denn hier müßten Einzelfallprüfungen auf dem Wege der Emittlung durchgeführt werden, um den tats!lchlichen Nachweis einer IM-Tätigkeit zu erbringen und um nicht leichtfertig falsche Beschuldigungen auszusprechen. Man beauftragte mich dann, Emittlungen in einem ersten Fall durchzuführen. Man gab mir keine Namen vor, um den ich mich zuerst kümmern sollte, sondern ich habe mir eine Person ausgesucht und die Emittlungen aufgenommen. Das ist HefT Peter Renger gewesen. Diese Emittlungen gestalteten sich am Anfang ausgesprochen schwierig.•165 Der Zeuge gab an, das Gespräch mit den Zeugen Dr. Gies und Braun erst nach der Landtagswahl geführt zu haben.166 Warum der Zeuge Geisthardt zu ihm gekommen sei, konnte der Zeuge nicht erklären.167 Seine Beauftragung durch die Zeugen Dr. Gies und Braun sah er im Zusammenhang damit, daß er "generell vorgesehen" gewesen sei: " ... so hat man mir jedenfalls gesagt, nicht für den Bereich Polizei, sondern generell für den Bereich Nachrichtendienst, für den Bereich Verfassungsschutz."166 Der Zeuge Braun erklärte hierzu, weder kenne er diese Liste, noch wisse er "ob so ein Gespräch da stattgefunden hat ... und aus welcher Zeit das sein sol1."16s Derartiges habe in "der Kompetenz des Parteivorsitzenden gelegen". Zwar sei er auch stellvertretender Parteivorsitzender gewesen, "aber dazu bin ich nicht gekommen. Das war ich nur nominell ... "170 Der Zeuge Dr. Gies gab an, daß er die Liste nicht kenne.m "HefT Matschke hat von mir nie irgendeinen Emittlungsauftrag erhalten und schon gar nicht in diesem Zusammenhang, sondern ausschließlich beauftragt mit der Einholung der Erkundigungen der Gauck-Behörde war durch die CDU-Fraktion der HefT Geisthardt."172 Der Zeuge Geisthardt erklärte, die in Frage stehende Liste nicht zu kennen.173 Er habe den Zeugen Matschke nicht beauftragt, irgendwelche Recherchen 165 Vernehmung Malschke am 22. 1. 93, S. 16/17 166 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 37 167 ebenda, S. 28fl9 168 ebenda, s. 40 169 Vernehmung Braun, S. 75 170 ebenda, s. 76 171 Vernehmung Gies, S. 8 172 ebenda, S. 9 173 Vernehmung Geisthardl, S. 9/10 51 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 anzustellen174 und könne sich auch nicht daran erinnern, dem Zeugen Matschke eine Liste übergeben oder derartiges dem Zeugen Dr. Gies mitgeteilt zu haben.175 1.2.3.1. Beteiligung des Zeugen Matschke an der Sammlung von Daten über den Abgeordneten Renger Die Beteiligung des Zeugen Matschke an der Sammlung von Daten über gewählte CDU-Abgeordnete ließ sich zumindest im Fall des Abgeordneten Renger feststellen. Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses hat der Zeuge Matschke über den Abgeordneten Renger belastendes Material gesammelt. Hiervon wußte der Zeuge Dr. Gies vor dem 1. 11. 1990. Auch der Zeuge Geisthardt wußte von den Aktivitäten des Zeugen Matschke. Nicht feststellen konnte der Untersuchungsausschuß, ob der Zeuge Matschke dieses im Auftrag der Zeugen Dr. Gies und Braun getan hat. Am 28. 10. 1990 erteilte der Leiter des Archivs der Gauck-Behörde in Halle dem Zeugen Geisthardt Auskünfte über den Abgeordneten Renger.176 Der Zeuge Geisthardt leitete die ihm gegebenen Informationen am 28. 10. 1990 an die Zeugen Dr. Gies und Auer weiter.m Der Zeuge Dr. Gies bestellte den Abgeordneten Renger am 1. 11. 1990 zu einem Gespräch nach Magdeburg. ln diesem Gespräch wurde dem Abgeordneten mitgeteilt, er sei MfS-belastet und aufgefordert, sein Mandat niederzulegen. An dem Gespräch nahmen die Zeugen Dr. Gies und Matschke teil.11s Der Abgeordnete Renger erklärte am 1. 11. 1990 formgerecht den Verzicht auf sein Landtagsmandat Die Verzichtserklärung lag dem Landtag am 2. 11. 1990 vor.179 ln der Nacht vom 26. zum 27. 10. 1990 wurde der Zeuge Levy Zeuge zweier zwischen den Zeugen Matschke und Klapa geführter Telefongespräche. "Ich war dort auch bei Herrn Klapa. Wie gesagt, Frau Edel war auch anwesend. Es kam dann ein Anruf ... von Herrn Matschke .. Es war ein ziemlich ausführliches Gespräch am Funktelefon zwischen Herrn Klapa und Herrn Matschke gewesen. Aus diesem Gespräch teilte Herr Matschke mit, daß Herr Geisthardt den Auftrag hat, im Archiv in Halle zu recherchieren, bezogen auf Herrn Renger, um dort etwas hinischtlich Stasi-Verknllpfung zu finden. Wir haben uns dann dort ziemlich ausführlich nach diesem Telefongespräch darüber unterhalten. - Ach so, ich muß erwähnen, daß Herr Matschke dann informierte, daß Herr Geisthardt sich mit ihm, also mit Matschke, noch einmal in Verbindung setzen möchte oder will. Wenn Ergebnisse vorliegen, würde Herr Matschke auf alle Fälle noch einmal anrufen. Ich sage das ganz offen, das war für mich Anlaß ... da noch länger zu bleiben, um zu hören, was dort passiert. Wir waren bis fast um Mittemacht dort. Ich kann es jetzt wirklich nicht mehr sagen, ob es nun 11.30, 12.00 oder kurz nach 12.00 Uhr war. Jedenfalls hat der Herr Matschke noch einmal bei Herrn Klapa angerufen. Ich kann Ihnen leider nicht mehr die Nummer sagen, die Registriemummer von Herrn Renger. Herr Matschke hat sie dort am Telefon durchgegeben, daß er diese Registriemummer hat und Herr Renger Verbindung mit der Staatssicherheit hatte, d. h. auch eine Eintragung dort damit gegeben ist, informeller Mitarbeiter der Staatssicherheit zu sein. Aus dem Gespräch heraus teilte auch Herr Matschke Herrn Klapa noch mit, daß Herr Geisthardt sich den nächsten Tag unmittelbar mit dem zukünftigen Ministerpräsidenten Gies in Verbindung setzen wird, um ihm die Ergebnisse dieser Untersuchung mitzuteilen. Aus dem ganzen Gespräch habe ich mit herausgehört, daß Herr Geisthardt versucht hat, hier in dieses Archiv hinein zu kommen, um den damaligen Leiter des MfS-Archivs - - ... das war nicht 17 4 ebenda, s. 59/60 175 ebenda, S. 35136 176 Ennittlungsverfahren gegen Gies, BI. 250 177 ebenda, BI. 407 178 Ennittlungsverfahren gegen Gies, BI. 217, 408/409 179 Ennittlungsverfahren gegen Gies, BI. 54- 56 52 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 geglückt. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie Herr Geisthardt dort hineingekommen ist oder in welcher Form es abgelaufen war. Ich kann Ihnen nur sagen, daß um Millemacht Herr Matschke gegenüber Herrn Klapa diese Registriemummer auch mitgeteilt hat.•180 Und weiter: "Ach so, das hatte ich noch vergessen, daß aus der Erwägung heraus, aus dem letzten Telefongespräch um Mitternacht, Herr Matschke noch mitteilte, daß Herr Geisthardt am nächsten Tag wohl früh morgens um 7.00 oder 7.30 Uhr im CDU-Haus, LObecker Straße, vorsprechen möchte, um diese Dinge dort darzulegen. Ob das erfolgt ist, weiß ich nicht. •181 Diese Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Die von ihm mitgeteilten Details stimmen mit dem Ablauf des 26. 10. 1990, so wie diese durch andere Zeugen geschildert wurden, und den Ereignissen am frühen Morgen des 27. 1 0. 1990 überein.1S2 Diese Telefongespräche belegen zunächst einmal eine enge Absprache zwischen den Zeugen Matschke und Geisthardt hinsichtlich der Überprüfung des Abgeordneten Renger. Die Angabe des Zeugen Geisthardt, er habe zum ersten Mal durch den SPIEGEL erfahren, daß auch der Zeuge Matschke zu dem "Fall Renger recherchiert habe, ist demnach falsch.183 Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses hat der Zeuge Dr. Gies von den Recherchen des Zeugen Matschke über den Abgeordneten Renger gewußt und diese auch gebilligt. Dieses ergibt sich aus der Teilnahme des Zeugen Matschke an dem zwischen dem Zeugen Dr. Gies und dem Abgeordneten Renger am 1. 11. 1990 geführten Gespräch. Zur Teilnahme des Zeugen Matschke hat der Zeuge Dr. Gies erklärt: "Als ich mit Herrn Renger das Gespräch über die von Herrn Geisthardt beschaffte Auskunft der Gauck-Behörde führen wollte, erschien kurz zuvor Herr Matschke. Er wies sich als Angehöriger des Verfassungsschutzes aus und machte mir auch aufgrund meiner Erkenntnisse der Gauck-Auskunft glaubhaft, daß ein erkennbares Interesse gegeben sei. Nach dem Rücktritt von Herrn Renger trafen von Herrn Matschke einzelne Informalionen Ober ihn und andere ein, die aber meist schon zuvor in der Zeitung erschienen waren. •184 Und auf näheres Nachfragen erklärte der Zeuge: "Er [das ist der Zeuge Matschke] hatte sich mir gegenüber als solcher zu erkennen gegeben. Er hat auch einen Ausweis vorgezeigt, der so, naja, wie auch die Personalausweise etwa in dem Format, beschaffen war. Mehr weiß ich nicht mehr, wie er aussah. Die Auskunft, die ich über Herrn Geisthardt erhalten hatte, ließ durchaus den Schluß zu, daß seitens des Verfassungsschutzes ein Interesse an diesem Fall gegeben sein könnte, so daß von daher der Zusammenhang für mich nachvollziehbar war." Und auf die Frage, für welchen Verfassungsschutz der Zeuge Matschke angegeben hat zu arbeiten, sagte der Zeuge: "Das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil ich diesen Ausweis nicht bis ins Kleingedruckte gelesen habe und auch heute nicht mehr genau weiß, wie er aussah. Aber Herr Matschke hat, wenn ich mich 160 Vernehmung Levy, S. 91/92 181 ebenda, S. 93194 182 s. h. unten, Teil B, I, Punkt 1.2.3.2. 183 s. Vernehmung Geisthardt, S. 59 184 Vernehmung Gies, S. 6 53 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 recht entsinne, häufig den Eindruck zumindest zu erwecken versucht, als hätte mit dem Verfassungsschutz des Bundes ebenso wie mit dem in Niedersachsen dunehaus sehr enge Kontakte.•185 Diese Einlassung des Zeugen Dr. Gies ist nicht glaubhaft. Sie ist zum einen schon in sich unstimmig, sie wird zum anderen aber auch durch weitere Zeugenaussagen widerlegt. Schon nicht glaubhaft ist, daß der Zeuge Matschke zufällig zu dem Gespräch hinzugekommen sein soll. Abgesehen davon, daß dieses jenseits aller Lebenserfahrung liegt und lediglich die Frage aufwerfen würde, durch wen der Zeuge Matschke von diesem Termin erfahren hat, haben der Zeuge Matschke und der Abgeordnete Renger übereinstimmend angegeben, daß das Gespräch wesentlich durch den Zeugen Matschke bestritten wurde. 186 Der Abgeordnete Renger hat in dem gegen den Zeugen Dr. Gies geführten Ermittlungsverfahren erklärt: "Am Morgen des 1. 11. 1990 rief Herr Lüdkemeier von der Landesgeschäftsstelle der CDU in Magdeburg in meiner Kanzlei an und bestellte mich für denselben Tag zu einem Gespräch mit Hemn Dr. Gies. Ich fuhr dann am Nachmittag nach Magdeburg und ging in das Büro des Dr. Gies in der Landesgeschäftsstelle. Hier traf ich neben Dr. Gies noch eine Person, die mir von Dr. Gies als 'Mann vom Verfassungsschutz' vorgestellt wunde. Dieser Mann hieß Matschke. Dr. Gies entschuldigte sich für seine schlechte Stimme mit einer Erkältung und überließ die Gesprächsführung Hemn Matschke. Dieser wiederholte die Vorwürfe, die mir am 4. 1 0. 1990 bereits Herr Schiademann gemacht hatte .... Für meinen doch plötzlichen Mandatsverzicht hatte sich Herr Matschke eine öffentlichkeitswirksame Geschichte ausgedacht ... "187 Unglaubhaft ist die Erklärung des Zeugen Dr. Gies aber auch deshalb, weil, wie der Zeuge betonte, Vertraulichkeit über diese Gespräche vereinbart war.11l6 Dann hat der Zeuge Dr. Gies entweder das Gebot der Vertraulichkeit verletzt, als er einen ihm nicht näher bekannten "Mann des Verfassungsschutzes" hinzuzog, dessen Legitimation er nicht einmal näher nachprüfte, oder aber der Zeuge Matschke war ihm gut genug bekannt. Dieses ist oben bereits hinlänglich dargelegt worden. Erinnert sei nur noch einmal an die Aussagen der Zeugen Reichelt, Hofmann und Baumgarten die angaben, der Zeuge Matschke habe häufiger mit den Zeugen Dr. Gies und Braun telefoniert oder diese auch aufgesucht.189 Nicht überzeugend ist die Erklärung aber auch deshalb, weil nicht ersichtlich ist, was in dem Gespräch zwischen dem Zeugen Dr. Gies und dem Abgeordneten Renger von Interesse für den Verfassungsschutz hätte sein können. Bekanntermaßen sollte der Zeuge Dr. Gies solche Gespräche führen, um eventuelle MfS-belastete Abgeordnete zu einer Selbstprüfung und möglicherweise zu einem Verzicht auf ihr Mandat zu bewegen, damit nicht die Fraktion mit entsprechenden Anfeindungen belastet werden würde.190 Zu einem solchen Gespräch bedarf es aber nicht der Gegenwart eines "Mannes vom Verfassungsschutz". Diesem hätte der Zeuge Dr. Gies die ihm vorliegenden Informationen auch außerhalb des Gespräches mit dem Abgeordneten Renger geben oder ihn gleich direkt an die Gauck-Behörde verweisen 185 ebenda, S. 10 186 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 20!21; Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 217 f. 187 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 217, 218 188 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 303 189 Vernehmung Reichelt, S. 86/87; Vernehmung Helmut Hofmann, S. 8, 10 f., 12; Vernehmung Baumgarten, s. 106 190 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 303 54 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 können. Beide Alternativen hätten sehr viel näher gelegen. Plausibel wird die Anwesenheit des Zeugen Matschke jedoch, wenn man mit diesem davon ausgeht, daß er zusätzliche Informationen über den Abgeordneten Renger hatte. Dann aber wäre die Aussage des Zeugen Dr. Gies, er habe das Gespräch ausschließlich auf der Grundlage der ihm von Geisthardt mitgeteilten Informationen geführt, falsch. 191 Unsinnig ist die Erklärung des Zeugen Dr. Gies aber vor allem , weil er zuvor ausführte, daß er den Zeugen Matschke in der Zeit vom 1 B. August 1990 bis zu den Landtagswahlen bei dem Zeugen Stephan kennengelernt hatte. Der Zeuge erklärte weiter: "Er wurde mir als Berater aus den alten Ulndem vorgestellt. Mir war mitgeteilt worden, daß ich aufgrund von Analysen Personenschutz bekommen sollte. Dabei sollte offenbar Herr Matschke beratend tätig sein. Kurze Zeit später erschien er dann mit mehreren Herren sowohl in der CDUGeschäflsstelle als auch in meiner Wohnung, um Sicherheitsanalysen zu veranlassen. Danach schickte er für das CDU-Gebäude ein Angebot von Sichertleitstechnik, das völlig unbezahlbar war. Bei dieser Gelegenheit erkannte ich, daß er nicht nur uneigennützig tätig war.•192 Nach den eigenen Angaben des Zeugen Dr. Gies ereignete sich dieses bereits vor dem 1. 11. 1990, so daß er also bereits zu diesem Zeitpunkt wußte, daß der Zeuge Matschke Sicherheitstechnik verkaufte und folglich gar nicht Angehöriger eines Verfassungsschutzamtes sein konnte. Auch der Besuch des Zeugen Dr. Gies bei dem Zeugen Matschke in Frankfurt spricht nur für ein engeres Verhältnis zwischen den Zeugen. Die von dem Zeugen Dr. Gies gegebene Erklärung, er habe sich mit dem Zeugen Matschke getroffen, weil dieser zum einen um Anstellung und Bezahlung nachgesucht, zum anderen ihn durch Frankfurt habe Jotsen können, überzeugt nicht. Letzteres ist durch den Kauf eines Stadtplanes zu bewältigen. Als Berater der Polizei hätte er ihn, wie er das für das Treffen mit dem Zeugen Matschke am 25. 1 . 1991 auch behauptet hat, wegen Anstellung und Bezahlung schlicht an das Innenministerium verweisen können. Dieses hätte schon deshalb nahegelegen, weil der Zeuge zuvor ausgeführt hat: "Es ist möglich, daß es in dieser Zeit (gemeint ist die Zeit zwischen dem 18. August und dem 14. Oktober 1990] noch zu weiteren Gesprächen mit Herrn Matschke kam, an die ich mich aber nicht mehr im einzelnen erinnere, weil ich wesentlich bedeutendere Aufgaben zu erfüllen hatte, so daß ich mich nicht mit solchen Randfragen befassen konnte." Wenn der Zeuge Matschke eine "Randfrage" für den Zeugen Dr. Gies war, dann ist nicht erklärlich, warum er sich als Ministerpräsident mit diesem persönlich trifft, um über dessen Bezahlung und Anstellung zu sprechen. Daß der Zeuge Matschke spätestens seit Mitte November 1990 keine "Randfrage" mehr für den Zeugen Dr. Gies war, zeigt sich auch daran, daß dieser nun seinerseits versuchte, unter Zuhilfenahme des Verfassungsschutzes "belastende Tatsachen" über Matschke in Erfahrung zu bringen. 193 191 Vernehmung Gies, S. 9, 14/15 192 ebenda, S. 6 193 Dienstl. Erklärung des Zeugen Strelen vom 19.2.1991, S. 5 55 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 1.2.3.2. Beteiligung des Zeugen Matschke an der Sammlung von Informationen zur OberprDfung weiterer CDU-Abgeordneter Der Ausschuß ist aus naheliegenden Gründen auch sehr intensiv der Frage nachgegangen, ob der Zeuge Matschke an der Beschaffung von Informationen über weitere CDU-Abgeordnete beteiligt war. Dieser Verdacht lag insbesondere deshalb nahe, weil der Zeuge Matschke über jene Liste der CDU-Abgeordneten verfügte, die Daten aus dem MfS-Archiv enthielt. Aber auch in dem Ermittlungsverfahren gegen Dr. Gerd Gies war die Frage, auf welcher Grundlage der Zeuge Dr. Gies die von ihm durchgeführten "Anhörungen" vornahm, für die strafrechtliche Beurteilung relevant. Das gegen den Zeugen Dr. Gies geführte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Nötigung von Mitgliedern eines Verfassungsorgans wurde am 28. 12. 1992 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Ein Grund für die Einstellung des Verfahrens war, daß dem Zeugen Dr. Gies nicht nachgewiesen werden konnte, daß er wußte, daß die von ihm verwendeten Informationen für die sog. Anhörungen möglicherweise auf unzulässigem Weg erlangt worden waren. Die Akten der Bundesanwaltschaft lagen dem Untersuchungsausschuß vor.194 Am 16. 10. 1990 faßte der Landesvorstand der CDU Sachsen-Anhalts den Beschluß, "daß in der konstituierenden Sitzung der künftigen CDU-Fraktion im Landtag von jedem CDUAbgeordneten erwartet wird, daß er sich in einer persönlichen Überprüfung hinsichtlich seiner eventuellen Mitarbeit mit dem ehemaligen MfS bzw. der Nachfolgeinstitution freiwillig unterzieht. Jede Mitarbeit im ehemaligen MfS, die durch Unterschrift, Empfang von Geld oder anderen Vorteilen oder durch Zufügen von Schäden gegenüber Dritten sich dokumentiert hat, schließt eine Zugehörigkeit zur Landtagsfraktion der CDU aus.•195 Die CDU-Landtagsfraktion stimmte diesem Beschluß in ihrer konstituierenden Sitzung, die gleichfalls am 16. 10. 1990 stattfand, zu. Sie beschloß, daß jeder Abgeordnete der CDU sich "einer persönlichen Überprüfung hinsichtlich seiner eventuellen Mitarbeit mit dem ehemaligen MfS bzw. der Nachfolgeinstitution freiwillig" zu unterziehen habe. Die Fraktion beauftragte den Zeugen Dr. Gies und den Zeugen Auer, der in der Sitzung am 16. 10. 1990 zum Fraktionsvorsitzenden gewählt worden war, "die erforderliche Überprüfung möglichst noch vor der konstituierenden Sitzung des Landtages am 28. 10. 1990 vorzunehmen".196 Der Zeuge Geisthardt wurde beauftragt, "das Material bei der Gauck-Behörde zu beschaffen bzw. zu veranlassen".197 Der Zeuge Geisthardt versuchte zunächst, sich selbst Zutritt zu den Archiven der Gauck-Behörde zu verschaffen. Er schrieb deshalb am 19. 1 0. 1990 an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (im folgenden: der Bundesbeauftragte). Es heißt dort: 194 Akten der Bundesanwaltschaft beim BGH, Ermittlungsverfahren gegen Gies, Az..: 2 BJs 23192- 1, i. 1.: Ermittlungsverfahren gegen Gies 195 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 78 196 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 404 197 Vernehmung Gies, S. 14 56 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 "Ich bitte Sie daher auf der Grundlage unserer gemeinsamen Arbeit um eine Sondergenehmigung ... , um in den Archiven eine solche limitierte Untersuchung durchführen zu dürfen. Ich habe die Zustimmungser1därungen der Abgeordneten vorliegen, sie sind jederzeit vortegbar. "198 Dieses Schreiben blieb unbeantwortet, die erbetene Sondergenehmigung wurde folglich nicht erteilt.199 Der Zeuge Geisthardt wandte sich in der Woche nach den Landtagswahlen an die Leiterin der Außenstelle der Gauck-Behörde in Magdeburg, die Zeugin Edel, und erbat von dieser Auskünfte über eine mögliche Stasi-Tätigkeit der CDUAbgeordneten. 200 Dabei übergab er ihr eine Liste mit den 49 Direktkandidaten der CDU, die im Kopf den Stempel des CDU-Landesverbandes des Landes SachsenAnhalt, Landesgeschäftsstelle, trägt.2°1 Auf dieser Liste ist der Kandidat Ralph Tyszkiewicz, der als einziger kein Direktmandat erhielt, durchgestrichen. Die Zeugin Edel verwies den Zeugen Geisthardt an den Bundesbeauftragten, dessen Zustimmung erforderlich sei.202 Nach Vorliegen der Einverständniserklärungen der Abgeordneten stellte der Zeuge Dr. Gies dann bei dem Bundesbeauftragten den Antrag auf Auskunftserteilung durch die Archive in Magdeburg und Halle.203 Der Bundesbeauftragte erklärte das Auskunftsersuchen für rechtmäßig und bat die Leiter der Außenstellen in Magdeburg und Halle, die erbetenen Auskünfte zu erteilen.204 Der Zeugin Edel wurde dieses auf einer Dienstbesprechung in Berlin am 26. 10. 1990 mitgeteilt. Der Zeuge Geisthardt rief die Zeugin Edel an diesem Tag in Berlin an und bat sie um eine schnelle Auskunft. Die Zeugin Edel versprach, die gewünschten Informationen noch am selben Tag zu erteilen. Der Zeuge Geisthardt bat sie dann- wegen Schwierigkeiten mit der Terminabsprache -, die gewünschten Informationen bei dem Zeugen Klapa zu hinterlegen. Dem kam die Zeugin Edel nach. 205 Die Zeugin Edel gab an, dem Zeugen Geisthardt lediglich Informationen über zwei Abgeordnete mitgeteilt zu haben. Es habe sich dabei um die Abgeordneten Kleinau und Liwowski gehandelt. Die Angaben, die sie gemacht habe, seien handschriftlich gewesen und ohne Registriemummer. Sie teilte die Angaben dann am darauf folgenden Werktag, dem 29. 10. 1990, auch ihrer Behörde in Berlin mit.206 Der Versuch des Zeugen Geisthardt, gleichfalls noch am Abend des 26. 1 0. 1990 Informationen aus dem Archiv in Halle zu erhalten, scheiterte. Der Zeuge Geisthardt erschien dort um 22.15 Uhr mit drei Mann Personenschutz und fragte nach dem Leiter des Archivs. Dieser war jedoch nicht erreichbar, so daß der Zeuge Geisthardt um 23.05 Uhr das Archivgelände wieder verließ.2D7 Er verabredete sich am 27. 10. 1990 telefonisch mit dem Leiter des Archivs für den 28. 10. 1990.208 Der Zeuge Geisthardt erhielt dann am späten Nachmittag des 28. 1 0. 1992209 von dem Leiter des Archivs die erbetenen Informationen. Dieser hat im Rahmen des 198 Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 289 199 ebenda, BI. 283 200 ebenda, BI. 222 201 ebenda, BI. 227 202 Vernehmung Edel, S. 49; Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 2251226 203 ebenda, BI. 392 204 ebenda, BI. 249; Vernehmung Edel, S. 48/49 205 Vernehmung Edel, S. 27; s. a.: Vernehmung Klapa, S. 77 206 Vernehmung Edel, S. 28 1.; Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 226, 232 207 s. h. Kopie des Wachbuchs, in: Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 2371238 208 Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 250 209 s. h. Kopie des Wachbuchs, in:Ennitllungsverfahren gegen Gies, BI. 240 57 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Ermittlungsverfahrens gegen Gies angegeben, er habe den Zeugen Geisthardt lediglich mündlich unterrichtet, der sich dann Notizen gemacht habe. Der Zeuge Geisthardt habe keine Einsicht in Akten nehmen können. An Einzelheiten habe er dem Zeugen mitgeteilt: "Aktenzeichen, Verpflichtungserklärung, Verpflichtung aus Überzeugung oder unter Druck, Umfang der Berichtsakte des IM und Angaben über den Inhalt der Berichte" sowie den Decknamen der Person. Welche Namen er dem Zeugen Geisthardt nannte, konnte er nicht mehr sagen. Er erinnerte sich lediglich daran, Auskünfte über Peter Renger gegeben zu haben, und daran, daß er keine über den Abgeordneten Gunter Schmidt erteilen konnte.21o Der Zeuge Geisthardt traf sich dann am 1. 11. 1990 erneut in dem Archiv in Halle mit dessen Leiter. 211 Der Zeuge Geisthardt erinnerte sich daran, Auskünfte über die Abgeordneten Renger, Heinemann, Kiele und Thon erhalten zu haben.212 Der Zeuge Geisthardt hat die Informationen, die er von der Zeugin Edel erhielt, an den Zeugen Dr. Gies weitergegeben. Die Informationen aus dem Archiv in Halle hat er nach der konstituierenden Sitzung des Landtages am 28. 10. 1990 den Zeugen Dr. Gies und AuerinDessau gegeben.213 Am Morgen des 27. 10. 1990 fanden in der Landesgeschäftsstelle der CDU in Magdeburg Gespräche zwischen den Zeugen Dr. Gies und Auer sowie einem Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle der CDU einerseits und sechs Abgeordneten der CDU-Fraktion andererseits statt. ln diesen - jeweils einzeln geführten - Gesprächen mit den Abgeordneten Kleinau, Koch, Liwowski, Mitschke, Schnellhardt und Schmidt, wurden diese von dem Zeugen Dr. Gies mit dem Vorwurf konfrontiert, für das MfS tätig gewesen zu sein.214 ln dem gegen den Zeugen Dr. Gies geführten Ermittlungsverfahren gaben die Abgeordneten Kleinau, Koch, Mitschke und Schmidt an, sie seien zum Teil unter erheblichen Drohungen von den Zeugen Dr. Gies und Auer zum Mandatsverzicht aufgefordert worden.21s Der Abgeordnete Kleinau erklärte noch am 27. 10. 1990 formgerecht seinen Verzicht auf das Mandat216, der Abgeordnete Liwowski nach Überprüfung des Sonderausschusses des Landtages am 20. 8. 1991.217 Die Abgeordneten Koch, Mitschke, Schmidt und Schnellhardt waren, wie die Überprüfung durch den Sonderausschuß des Landtages ergab, in keiner Weise belastet.218 Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses haben die Zeugen Dr. Gies und Auer die Gespräche am 27. 10. 1990 auch auf der Grundlage der Daten, die die von dem Zeugen Matschke dem Ausschuß vorgelegte handschriftliche Liste219 enthielt, geführt. Diese handschriftliche Liste ist von der Zeugin Edel als Arbeitsgrundlage für ihre Recherchen im Archiv gefertigt worden.220 Die Zeugin hat hierzu erklärt, daß es 210 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 250 211 ebenda, BI. 242 212 ebenda, BI. 285 213 Vernehmung Geisthardt, 8.60 214 Ermittlungsvalfahren gegen Gies, BI. 79, 4051. 215 ebenda, BI. 124/125, 140, 149, 158, 405 II. 216 ebenda, BI. 57 217 ebenda, BI. 73 218 ebenda, BI. 407 219 Anlage 4 220 Vernehmung Edel, S. 21 II. 58 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 "gerade in den Anfangszeiten häufig so (war], daß wir Listen .. . sehr wahllos durcheinander bekamen. Und um die Arbeit zu erleichtern", wurde dann zunächst eine alphabetische Liste für die Recherchen hergestellt.221 Zu ihrer Vergehensweise im Archiv erklärte die Zeugin: • ... ich habe ja nicht auf dem Original von Herrn Geistharnt geschrieben oder so, sandem einfach das abgeschrieben und dann festgestellt. Sie müssen sich das so vorstellen: Sie haben im Archiv nicht eine Namenkartei oder eine Diskette und dann machen sie eine Überprüfung, und dann haben sie sofort alles klar und offen, sondern es gibt da verschiedene Karteien. ln der ersten, der F 16 - das ist eine Namenkartei -, bekommt man entweder eine Registrierung einer Person, oder jemand ist eben gar nicht erfaßt. Und diese Registrierung sagt zunächst überhaupt nichts aus, sandem man nimmt die Registrierung und geht damit in eine zweite Kartei und erfährt dort, um was für eine Registrierung es sich handelt, ob jemand in der OPK bearbeitet wurde, ob er IM war oder im Sicherungsvorgang erfaßt war und stellt dann auch fest: Ist das ein archivierter Vorgang, oder ist es eine Sache, also ein laufender Vorgang, den ich in einer bestimmten Kreisdienststelle suchen muß oder in einer Ableilung?"222 Die von der Zeugin Edel angefertigte Liste enthielt Registriernummern zu folgenden Abgeordneten: Koch, Mitschke, Kleinau, Liwowski, Renger, Schmidt, Scharf und Schnellhardt. Bei den Abgeordneten Kleinau und Liwowski sind noch weitere Daten angegeben, hinter dem Namen des Abgeordneten Schenk steht: "AGMS bis 74". Der Zeuge Dr. Gies hat in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren angegeben, daß er von einer "Anhörung" des Abgeordneten Scharf abgesehen habe, weil dieser schon zuvor den Vorwurf, für das MfS tätig gewesen zu sein, zurückgewiesen hat. Über den Abgeordneten Schenk sei lediglich ein Überpriifungsvorgang aus dem Jahr 1974 vorhanden gewesen.223 Mit Ausnahme des Abgeordneten Renger, über den der Zeuge Geisthardt zum Zeitpunkt der "Anhörungen" noch kein Material erhalten hatte, sind also gerade die Personen zu Gesprächen geladen worden, hinter deren Namen auf der von der Zeugin Edel gefertigten Liste weitere Angaben standen. Besonders problematisch waren dabei die Fälle der Abgeordneten Schmidt und Mitschke. Beide stammen aus dem Bezirk Halle, über sie konnten folglich im Bezirk Magdeburg gar keine Unterlagen vorliegen. Den Abgeordneten Koch, Mitschke, Schmidt und Schnellhardt wurde lediglich erklärt, es gebe ein Aktenzeichen über sie. Sie wurden desweiteren mit einer Jahreszahl konfrontiert. Diese Jahreszahlen sind die jeweils letzten zwei Ziffern der auf der Liste vermerkten Registriernummern. Der Untersuchungsausschuß konnte nicht feststellen, wie die Daten auf der von der Zeugin Edel gefertigten Liste zu dem Zeugen Dr. Gies gelangten. Der Zeuge Dr. Gies hat angegeben, er habe diese Gespräche auf der Grundlage der ihm von dem Zeugen Geisthardt gegebenen Informationen geführt. 224 Der Zeuge Geisthardt hat erklärt, er habe von der Zeugin Edel einen kleinen Zettel mit vier bis sechs Namen erhalten.225 Die Zeugin Edel hat, wie bereits oben 221 ebenda, S. 26, S. 24 222 Vernehmung Edel, S. 22 223 Ermittlungsvalfahren gegen Gies, BI. 413 224 Vernehmung Gies, S. 21f22 225 Emittlungsvertahren gegen Gies, BI. 284; Vernehmung Geislhardt, S. 44 59 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 dargestellt, erklärt, sie habe dem Zeugen Geisthardt lediglich Auskünfte Ober die Abgeordneten Kleinau und Liwowski gegeben. Die Zeugin Edel bestritt, ihr Arbeitsmaterial an den Zeugen Geisthardt vor dem 27. 10. 199()226 oder an den Zeugen Matschke weitergegeben zu haben. 227 Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß ein Mitarbeiter des Archivs die Daten unbefugt an sich genommen und weitergegeben hat.22B Die Zeugin hielt es jedoch nicht fOr ausgeschlossen, daß sie nach den "Anhörungen" am 27. 10. 1990 erneut eine derartige Liste erstellt und diese möglicherweise an den Zeugen Geisthardt weitergegeben hat.229 Zu einer erneuten Recherche habe sie sich dadurch veranlaßt gesehen, daß ihr die von den Zeugen Dr. Gies und Auer geführten "Anhörungen" der Abgeordneten noch am 27. 10. 1990 bekannt geworden sein. Einer der "Angehörten" wandte sich nämlich unmittelbar danach an sie und bat sie um eine Erklärung für die grundlosen Vorwürfe. Die Zeugin Edel rief daraufhin sofort bei dem Zeugen Dr. Gies an und fragte diesen, auf welcher Grundlage er derartige Vorwürfe erhebe. Sie wies ihn darauf hin, daß mit Registriernummern sorgfältig umzugehen sei, da sie einen Rückschluß auf eine MfS-Tätigkeit nicht zulassen.230 Sie sprach etwas später hierüber auch mit dem Zeugen Geisthardt. Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin, sie habe keine weiteren Daten als die zu den Abgeordneten Kleinau und Liwowski weitergegeben, spricht vor allem, daß die von ihr angefertigte Liste in die Hände des Zeugen Matschke gelangte. Es erscheint nicht völlig ausgeschlossen, daß die Zeugin die ihr vorliegenden Daten bereits vor dem 26. 10. 1990 dem Zeugen Matschke oder dem Zeugen Geisthardt mitteilte. Letzterer hat die Zeugin nämlich mehrfach wegen der Überprüfung der Abgeordneten angerufen und aufgesucht sowie sie auch einmal deshalb in das Gästehaus der Bezirksbehörde gebeten. Der Zeuge Geisthardt hat die Zeugin Edel dabei immer wieder auf die Notwendigkeit und die Eilbedürftigkeit der Überprüfung hingewiesen. 231 Andererseits spricht der Ablauf des 26. 10. 1990 gegen eine vorherige Mitteilung von Daten durch die Zeugin. Die Zeugin hat detailliert und nachvollziehbar den Ablauf der Ereignisse am 26. 10. 1990 in Berlin und Magdeburg geschildert. Hätte sie die Daten bereits vortler mitgeteilt, dann hätte sie nicht noch am Abend dieses Tages in das Archiv zur Recherche fahren müssen. Sie hätte sich dann auch ersparen können, ihre Rechercheergebnisse zwischen 22.00 und 23.00 Uhr beim Zeugen Klapa zu hinterlegen, was insgesamt tor sie einen erheblichen Umstand bedeutete. Unverständlich wäre dann auch, warum sie keine Registriernummern mitteilte. Die Zeugin führte hierzu aus: "Bei Herrn Geisthardt habe ich allerdings angenommen, daß er mit der Materie etwas vertraut ist durch die Arbeit im Sonderausschuß. Aber es ist in der damaligen Zeit und auch heute - - Eine Registrierung kann zur Verwirrung führen. Und einfach um ihn auch nicht in die Verlegenheit zu bringen, jemandem erll.lllren zu müssen, das ist zwar eine Registrierung, sagt aber nichts Negatives 226 Vernehmung Edel, S. 32, 40 227 ebenda, S. 35 228 ebenda, S. 42 229 ebenda, S. 32 ff. 230 Vernehmung Edel, S. 36 231 ebenda, S. 15 60 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 für die Person in dem Zusammenhang aus, habe ich nur diese beiden Namen, bei denen ich in der Akte etwas feststellte, herausgegeben, und diese auch ohne Registriemummer. •232 Die Angaben der Zeugin stimmen auch mit ihrem am 29. 10. 1990 geschriebenen Brief an den Bundesbeauftragten überein. ln diesem Brief schrieb sie Herrn Gauck, welche Informationen sie an den Zeugen Geisthardt weitergegeben hat. Auch in diesem Brief fehlen die Registriernummem, unter denen die Abgeordneten Kleinau und Liwowski artaßt waren.233 Auch der Zeuge Geisthardt hat angegeben, er habe von der Zeugin lediglich ein Zettelehen mit Namen, nicht aber mit weiteren Daten oder Registriernummern erhalten.234 Daß die Registriernummern aber bei den "Anhörungen" am 27. 10. 1990 vorlagen, ergibt sich schon daraus, daß nur diese bestimmten Abgeordneten geladen wurden, sowie desweiteren daraus, daß die Abgeordneten Koch, Mitschke, Schmidt und Schnellhardt jeweils von dem Zeugen Dr. Gies mit einer für sie willkürlich gegriffenen Jahreszahl konfrontiert wurden.235 Diese Zahlen sind, wie dargelegt, die jeweils zwei letzten Ziffern der Registriemummern. Es erscheint aber auch nicht völlig ausgeschlossen, daß der Zeuge Geisthardt die der "Anhörung" am 27. 10. 1990 zugrundeliegenden Daten aus eigener Kenntnis hatte. Der Zeuge war Abgeordneter der Volkskammer und gehörte dem Ausschuß zur Überprüfung der Auflösung des MfS/AfNS an.236 Er kannte deshalb auch den Fall des Abgeordneten Kleinau, der gleichfalls der Volkskammer angehörte und bereits dort als belastet eingestuft worden war.237 ln seiner Eigenschaft als Mitglied des o. g. Ausschusses sind dem Zeugen ferner "eine ganze Reihe von Personen namhaft geworden, die in Verbindung mit dem MfS gestanden haben ... ".238 Der Zeuge hatte als Mitglied dieses Ausschusses Zutritt zu allen Archiven des MfS bis zum 3. 10. 1990. Der Zeuge gab an, im Archiv in Magdeburg Akteneinsicht genommen zu haben23s, die prinzipiell unbeschränkt war.240 Bereits vor Konstituierung der Fraktion gab es eine Absprache zwischen den Zeugen Dr. Gies und Geisthardt, daß dieser die CDU-Abgeordneten auf eine mögliche Stasi-Belastung hin überprüft. Befragt nach einer derartigen Absprache, antwortete der Zeuge Geisthardt: "Das ist möglich." ... Und auf weiteres Nachfragen: "Ich kann das mit Sicherheit sagen: Das ist durchaus möglich ... Herr Vorsitzender, dann ich so muß konkret sagen: Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Ich halte es aber durchaus für möglich." 232 ebenda, S. 37 233 Ennittlungsverfahren gegen Gies, BI. 232 234 Vernehmung Geisthardt, in: Niederschrift über den nichlöffentlichen Teil der 12. Silzung des Zweiten Pa~amentarischen Untersuchungsausschusses, S. 5 235 Ennittlungsverfahren gegen Gies, BI. 124, 140, 148, 194 236 Ennittlungsverfahran gegen Gies, BI. 280 237 Vernehmung Geisthardt, S. 11 238 ebenda, S. 28 239 ebenda, s. 819 240 ebenda, S. 34 61 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Hintergrund der Frage war, daß die Geschäftsstelle des Landesverbandes der CDU mit Schreiben vom 10. 9. 1990 die Landtagskandidaten aufgefordert hatte, zu erklären, daß sie weder Mitarbeiter noch Informanten des MfS/AfNS gewesen seien.241 Die Wahlvorschläge mußten bis zum 3. 9. 1990 beim Landeswahlausschuß vorliegen (§ 22 Abs. 2 und 3 Länderwahlgesetz). Diese Absprache erklärt auch die Anwesenheit des Zeugen Geisthardt bei der konstituierenden Fraktionssitzung, obgleich dieser zu diesem Zeitpunkt weder Mitglied der Fraktion noch des Landesvorstandes war. Die Angaben des Zeugen Geisthardt, er wisse nicht mehr, wieso er sich am 16. 10. 1990 in der CDU-Landesgeschäftsstelle aufgehalten habe und auf wessen Veranlassung er dort gewesen sei, sind nicht glaubhaft. Der Zeuge Geisthardt hat ferner in seinem Brief an den Bundesbeauftragten, Herrn Gauck, geschrieben: "Ich werde im Bereich der Landesregierung Sachsen-Anhalt als Staatssekretär mit besonderen Aufgaben auch fllr die ordnungsgemäße Überprüfung des öffentlichen Dienstes zuständig sein. Im Vorgriff hat mich der designierte Ministerpräsident gebeten, die Mitglieder der Fraktion der CDU gemäß der Festlegung des Einigungsvertrages zu llberprllfen .... 242 Trotz möglicher Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin Edel hat diese, wie oben begründet, jedoch glaubhaft dargelegt, daß sie jedenfalls am 26. 1 0. 1990 lediglich Daten über die Abgeordneten Liwowski und Kleinau mitgeteilt hat. Dafür spricht auch, daß den Abgeordneten Kleinau und Liwowski als einzigen von den am 27. 10. 1990 Angehörten nähere Vorhaltungen gemacht wurden. 243 Demgegenüber sind die Angaben des Zeugen Geisthardt, er habe von der Zeugin Edel ein Zettelehen mit vier bis sechs Namen erhalten, nicht glaubhaft. So gab der Zeuge an, er könne sich nicht daran erinnern, wann er die Informationen von der Zeugin Edel erhalten habe. Dieses hätte auch nach der Konstituierung des Landtages gewesen sein können. 244 Gegen eine derartige Erinnerungslücke spricht schon der Ablauf der Ereignisse am 26. 1 0. 1990. Unmittelbar nachdem der Zeuge Geisthardt von der Gauck-Behörde erfuhr, daß ihm Informationen zu den Abgeordneten von den Archiven in Magdeburg und Halle erteilt werden, ruft er die Zeugin Edel in Berlin an. Er bittet sie wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, ihm noch am gleichen Tag die Daten zu geben, obgleich er weiß, daß es für Frau Edel spät wird. Er vereinbart dann mit ihr, sie möge diese Daten bei dem Zeugen Klapa hinterlegen.245 Der Zeuge Geisthardt selbst fährt in das Archiv in Halle, um dort noch Informationen zu erhalten. Um 23.05 Uhr verläßt er ergebnislos das Archiv und fährt zurück nach Magdeburg, um sich dort bei Herrn Klapa die Unterlagen abzuholen.246 Am darauffolgenden Tag, also dem 27. 10. 1990, ist der Zeuge Geisthardt etwa um 8.00 Uhr in der Landesgeschäftsstelle der CDU und trifft sich dort, unmittelbar vor Beginn der Anhörungen, mit dem Zeugen Dr. Gies.247 Befragt danach, warum er noch am 26. 10. 1990 um 22.00 Uhr den Leiter des Archivs in Halle sprechen wollte, antwortete der Zeuge Geisthardt: 241 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 46 242 ebenda, BI. 289 243 ebenda, BI. 157, 184 244 Vernehmung Geisthardt, S. 44 245 Vernehmung Edel, S. 27 246 Vernehmung Klapa, S. 77/78 247 s. h.: Vernehmung v. Christoph Koch, in: Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 123 62 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 "Es ist insofern ja auch eine Frage der Zeit gewesen, weil die Informationen ja dringlich waren, weil ja ziemlich viel Verantwortungsmenge dahinter stand."248 Der Zeuge gab weiter an, in Übereinstimmung mit den Aussagen des Zeugen Dr. Gies249 und dem tatsächlichen Geschehensablauf, es sei gerade darauf angekommen, die gewählten Abgeordneten, die MfS-belastet waren, noch möglichst vor der Konstituierung des Landtages dazu zu bewegen, ihr Mandat nicht anzunehmen bzw. niederzulegen. 250 Der Zeuge Geisthardt konnte sich auch sehr genau an Details seiner Besuche im Archiv in Halle erinnem251 sowie an weitere Details in anderen Zusammenhängen. Nicht glaubhaft ist die Aussage des Zeugen Geisthardt aber auch deshalb, weil eine Zusammenarbeit zwischen dem Zeugen Matschke und dem Zeugen Geisthardt durch weitere Feststellungen des Untersuchungsausschusses gestützt wird. So hat die Zeugin Edel angegeben, sie sei von dem Zeugen Geisthardt am 25. 10. 1990 in das Gästehaus des Rates des Bezirkes gebeten worden, um über die Überprüfung der CDU-Landtagsabgeordneten zu sprechen. An diesem Gespräch nahmen neben den Zeugen Geisthardt und Edel auch der Zeuge Matschke teil.252 Die Aussagen des Zeugen Matschke bestätigen dieses.253 Nicht zuletzt hat der Zeuge Matschke angegeben, er habe jene handschriftliche Liste von dem Zeugen Geisthardt erhalten, der erklärt habe, alle auf dieser Liste mit einer weiteren Angabe versehenen Personen seien einer IM-Tätigkeit nachgegangen und müßten "sofort dekuvriert werden".254 Wenn auch die Angaben des Zeugen Matschke mit großer Vorsicht zu behandeln sind - zu offenkundig war sein Bemühen, die Bedeutung seines Daseins hier in Sachsen-Anhalt herauszustellen und auf diese Weise beispielsweise seinen Prozeß gegen das Land Sachsen-Anhalt zu befördern, - so gibt es doch keine Anhaltspunkte dafür, daß er den Namen Geisthardt völlig willkürlich einführte. Zwar sind seine Angaben, die er zum-zeitlichen Ablauf machte, fehlerhaft- so wurde die von der Zeugin Edel erstellte Liste mit Sicherheit erst nach der Landtagswahl angefertigt - doch derartiges unterlief auch anderen Zeugen und ist durchaus mit dem Zeitablauf erklärlich. Der Zeuge Geisthardt wußte auch, daß die "Anhörungen" der Abgeordneten am 27. 10. 1990 durch den Zeugen Dr. Gies auf Informationen basierten, die zumindest nicht offiziell von der Gauck-Behörde erteilt worden waren. Der Zeuge Dr. Gies hat nämlich mit Ausnahme eines Abgeordneten alle anderen Abgeordneten bereits am 26. 10. 1990 telegrafisch oder telefonisch aufgefordert, am 27. 10. 1990 in der Geschäftsstelle der CDU zu erscheinen.255 248 Vernehmung Geisthardt, S. 40/41 249 Vernehmung Gies, S. 20/21 250 Vernehmung Geisthardt, S. 75!76 251 Vernehmung Geisthardt, Niederschrift über den nichtöffentlichen Teil, ... , S. 4 II. 252 Vernehmung Edel, S. 151., 51 253 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 36f37 254 ebenda, S. 16 255 Ermi!Uungsverfahren gegen Gies, BI. 122, 139, 156, 184 Der Abgeordnete Koch hatte sich den Zeitpunkt, an dem ihm das Telegramm zuging, notiert. Es war der 26. 10. 1990, 19.06 Uhr. 63 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Zu diesem Zeitpunkt hatte der Zeuge Geisthardt die ihm von der Zeugin Edel aufgrund der Genehmigung mitgeteilten Informationen aber noch gar nicht erhalten. Diese holte er sich vielmehr erst von dem Zeugen Klapa ab, nachdem er um 23.05 Uhr das Archiv in Halle verließt. Mindestens der Zeuge Geisthardt hat also gewußt, daß die Anhörungen durch den Zeugen Dr. Gies auf Informationen basierten, die nicht offiziell von der Gauck-Behörde erteilt worden waren. Ob dieses auch der Zeuge Dr. Gies wußte, konnte nicht festgestellt werden. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die "Anhörungen" am 27. 10. 1990 durch die Zeugen Dr. Gies und Auer auf Informationen basierten, die nicht offiziell von der Gauck-Behörde erteilt worden waren. Dieses wußte der Zeuge Geisthardt. Auf welchem Weg der Zeuge Dr. Gies die Daten erhielt und ob mit oder ohne Hilfe des Zeugen Matschke, konnte der Ausschuß nicht klären. Der Vorschlag des Zeugen Dr. Gies, den Zeugen Matschke zum Sicherheitsbeauftragten zu ernennen, war ersichtlich durch die Dienste, die der Zeuge Matschke bei der Überprüfung der CDU-Abgeordneten auf eine mögliche MfS-Tätigkeit leistete, motiviert. 2. Befugnisse, Rechte und Pflichten des Klaus-Dieter Matschke Der 5. November 1990 stellte, was die Befugnisse, Rechte und Pflichten des Zeugen Matschke anging, keine Zäsur gegenüber der vorangegangenen Zeit dar. Obgleich angeblich "Kriminai-Oberrat" und "Beamter des Landes" gab es im Bereich der Polizei niemanden, der gegenüber dem Zeugen Matschke die Rolle des Vorgesetzten ausübte oder dessen Tätigkeit in irgendeiner Form kontrollierte. Der Zeuge Braun ebenso wie der Zeuge Dr. Gies wurden jedoch mindesten über einen Teil der Handlungen des Zeugen Matschke durch diesen selbst informiert. Der Zeuge Braun erklärte mit der "Ernennung" des Zeugen zum "Kriminai-Oberrat" sei keine Änderung dessen Aufgaben erfolgt256, auch die Vorgesetzten seien die in den Berufungsurkunden Genannten geblieben, also der Zeuge Klapa und Oberrat Schwarzkopf. 257 Im übrigen habe er nicht gewußt, welchen Tätigkeiten der Zeuge Matschke nachgegangen sei.258 Der Zeuge Klapa, der seit Mitte/Ende September 1990 "Chef' der Polizei war und die Aufgaben des Polizeiinspekteurs wahrnahm259, behauptete, der Zeuge Matschke sei ihm, so wenig wie in der Zeit zuvor, unterstellt gewesen.260 Vorgesetzter des Zeugen Matschke sei unmittelbar der Zeuge Braun gewesen.261 Im übrigen sei der Zeuge Matschke, da er Berater gewesen sei, völlig frei in seinem Tun und Lassen gewesen. Als Berater habe ihm weder irgendeine Dienstverpflichtung oblegen, noch habe man ihn kontrollieren können. Auch mit der "Ernennung" Matschkes zum "Beamten" habe sich hieran nichts geändert.262 256 Vernehmung Braun, S. 63 257 ebenda, s. 64/65 258 ebenda, s. 64 259 Vernehmung Klapa, S. 7 260 ebenda, S. 10, 13, 17, 71 261 ebenda, S. 71 262 ebenda, S. 13 f., S. 69 ff. 64 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode DruckSache 1/3 766 Der Zeuge Matschke hat angegeben, sein Vorgesetzter sei "schwerpunktmäßig Herr Braun" aber auch der Zeuge Dr. Gies gewesen.263 Unabhängig von jeder normativen Beurteilung ist eine Kontrolle des Zeugen Matschke durch den Zeugen Klapa jedenfalls schon daran gescheitert, daß der Zeuge Matschke der dominierende Part in diesem Verhältnis gewesen ist. Die hierzu befragten Zeugen haben übereinstimmend angegeben, daß intensive Beziehungen zwischen den Zeugen Matschke, Klapa und Niemann bestanden.264 Das Verhältnis dieser Zeugen zueinander beschrieb die Zeugin Post, die von Ende Oktober/Anfang November bis Anfang Dezember 1990 als Sekretärin für den Zeugen Matschke arbeitete265, folgendermaßen: "Ich weiß nicht, wie ich das ausdrucken kann. Freundschaftlich kann ich nicht sagen ... ich würde eher etwas unterwürfig sagen, daß Herr Klapa unterwürfig zu Herrn Matschke war. Dasselbe trifft für Herrn Niemann auch zu.•266 Die Einschätzung des Zeugen Mughrabi, der Zeuge Matschke sei der "Chef von allen" gewesen, teilte die Zeugin: " ... er stand wie der King da, das kann man sagen."267 Wenn auch nicht festgestellt werden konnte, daß der Zeuge Braun den Zeugen Matschke kontrollierte, so hat dieser doch im regen Kontakt zu dem Zeugen Matschke gestanden. Gleiches gilt für den Zeugen Dr. Gies. Die Zeugin Post hat angegeben, daß die Zeugen Braun und Dr. Gies häufig mit dem Zeugen Matschke telefonierten oder dem Zeugen Braun, bei Zusammenbruch der Telefonleitungen, schriftlich Nachrichten zukommen ließ. Auch sei der Zeuge Matschke häufiger zu den Zeugen Dr. Gies und Braun gefahren.268 Dieses haben auch die Zeugen Helmut Hofmann und Baumgarten bestätigt, die seit Anfang Oktober die Aufgaben des Fahrers, Personenschützars und "Mädchens für alles" bei dem Zeugen Matschke verrichteten.269 ln der Zeit vom 5./6. November bis Anfang Dezember 1990 bestand nach den Feststellungen des Ausschusses die Tätigkeit des Zeugen Matschke überwiegend im Sammeln von Informationen und dem Führen von Gesprächen.27o 263 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 60, 61 264 s. h. oben, Teil B, I, Punkt 1.1.; s. a. Vernehmung Lange, S. 107, Vernehmung Elze, S. 125; Vernehmung Helmut Hofmann, S. 8, 25; Vernehmung Baumgarten, S. 100; Vernehmung Post, S. 60 265 Vernehmung Post, S. 54 266 ebenda, S. 60, 61; s. a.: Vernehmung Helmut Hofmann, S. 23, 25; Vernehmung Baumgarten, S. 106/107 267 Vernehmung Post, S. 61 268 ebenda Post, S. 56, 57, 63 269 Vernehmung Hofmann, S. 8; Vernehmung Baumgarten, S. 103 II. 270 siehe hierzu auch eidesstattliche Versicherung von Manfred Ziegler, in: Akten des MI, Band II, Blatt 33 65 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Die Zeugin Post erklärte: ... Also, wenn er jetzt Informationen erhalten hatte, dann wurde es ziemlich hektisch, dann Ist er losgefahren ... Für die Informationen, die er brauchte, hatte er auch sehr viel telefoniert ... ."271 Und der Zeuge Hofmann: "Ich muß dazu sagen, der Herr Matschke war in vielen Bereichen arbeitsmäßig sehr stark eingespannt, war sehr viel unterwegs und hat auch sehr viele ... Festivitäten u. ä. besucht. Also, er hat sehr viele Kontakte gehabt, hat sehr viele Kontakte gesucht, er hat mit den Menschen oft zusammen gegessen, sich mit ihnen unterhalten .... Ich muß sagen, diese Anlässe waren in sehr kurzer Reihenfolge, in einer hohen Quantität .. ."272 Mindestens ein Teil der Informationen, die der Zeuge Matschke in dieser Zeit sammelte, bezog sich auf den "Fall Renger, der zwar am 1. 11. 1990 auf sein Landtagsmandat verzichtet hatte, aber noch Oberbürgermeister von Halle war. Das Sammeln dieser Informationen geschah mit Wissen und Billigung der Zeugen Braun und Dr. Gies. Der Zeuge Matschke beendete seine Recherchen zum "Fall Renger mit einer 'Vernehmung" des letzten Führungsoffiziers von Renger in der Nacht vom 14. zum 15. November 1990.273 An dieser sogenannten Vernehmung nahm auch der Zeuge Reicheil teil.274 Diese 'Vernehmung" war zwischen den Zeugen Dr. Gies, Braun und Matschke abgesprochen. Der Zeuge Reicheil gab hierzu an: "Herr Matschke hat mir gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß das im Auftrag der Landesregierung erfolgt. Ob jetzt damit gemeint war Herr Gies oder Herr Braun, das weiß ich nicht. Aber ich war, wie gesagt, einmal zugegen als auch mit Herrn Gies und Herrn Braun sofort gesprochen wurde, auch über diese Sache telefoniert. •275 Zwar konnte der Zeuge nicht angeben, ob der Zeuge Dr. Gies oder der Zeuge Braun der andere Gesprächsteilnehmer war276, entnahm dem Gespräch aber, daß der jeweils andere darüber informiert war.m. Jeweils einen Vermerk über diese 'Vernehmung" erhielten die Zeugen Braun und Dr. Gies. 21a Die Aussage des Zeugen Dr. Gies, ihm seien "nach dem Rücktritt von Herrn Renger ungebeten von Herrn Matschke ein oder zwei schriftliche Einzelinformationen" zugegangen, ist demnach falsch.279 Sie steht desweiteren im Widerspruch zu seiner eigenen Darstellung, die er im Verwaltungsrechtsstreit Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt abgegeben hat. Es heißt dort: 271 Vernehmung Post, S. 56 272 Vernehmung Helmut Hofmann, S. 12 273 s.: Generalstaatsanwaltschaft Naumburg, Asservatnr. 11.2013.1 b 274 Vernehmung Reichelt, S. 81 275 Vernehmung Reichelt, S. 81 276 ebenda, a.a.O. 277 ebenda, a.a.O. 278 Vernehmung Post, S. 64 66 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 "Herr Matschke ist ohne meine vorherige Aufforderung lediglich im November oder Dezember 1990 mit Material über den damaligen Hallenser Oberbürgermeister Renger gekommen. Er hat mir auch eine ganze Reihe von Aussagen, die unter Decknamen gemacht worden waren, zu anderen Personen vorgelegt. ln dieser Angelegenheit war er ein- bis zweimal bei mir . ..;!80 Demnach hat der Zeuge Matschke den Zeugen Dr. Gies also persönlich informiert. Wenn auch daraus nicht abgeleitet werden kann, daß der Zeuge Dr. Gies den Zeugen Matschke beauftragt hat, so doch zumindest, daß er von diesem über seine Aktivitäten in Kenntnis gesetzt wurde und diese weder selbst noch durch Dritte unterbunden hat. Folglich ist auch die Aussage des Zeugen Dr. Gies falsch, er habe keine Kenntnis von dem Tun des Zeugen Matschke gehabt.2e1 ·Die Aussage des Zeugen Braun2B2, er habe keine Kenntnis davon gehabt, was der Zeuge Matschke getan hat, und er habe von dem Zeugen Matschke auch nie einen Bericht erhalten, ist also nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugen Post, Baumgarten und Hofmann gleichfalls falsch. Mit der "Ernennung" des Zeugen Matschke zum "Beamten" wurde dieser zunächst einmal materiell großzügig ausgestattet. Auf seine Bitte hin veranlaßte der Zeuge Niemann, daß dem Zeugen Matschke zwei Zimmer zur Verfügung gestellt wurden sowie eine "Schreibkraft".2e3 An dem Dienstzimmer des Zeugen Matschke wurde auf seine Bitte hin und veranlaßt durch den Zeugen Niemann ein Schild mit der Aufschrift "Sicherheitsbeauftragter" angebracht. Zwar hat der Zeuge Niemann ausgesagt, auf dem Türschild habe lediglich "Der Sicherheitsberater" gestanden2B4, doch ist diese Bekundung falsch. Übereinstimmend und glaubhaft haben die Zeugen Post und Helmut Hofmann, die dort arbeiteten, angegeben, auf dem Türschild habe "Sicherheitsbeauftragter" gestanden.285 Die Zeugin Post befragte sogar den Zeugen Matschke nach den Aufgaben eines "Sicherheitsbeauftragten", da sie sich unter diesem Begriff nichts vorstellen konnte. 2es Bereits im Oktober hatte der Zeuge Reichalt auf Weisung des Zeugen Klapa die Zeugen Baumgarten und Helmut Hofmann für den Dienst beim Zeugen Matschke abgestellt.2B7 Die Zeugen hatten, wie bereits ausgeführt, vor allem die Aufgaben, den Zeugen Matschke zu fahren, "zu schützen" und "Mädchen für alles" zu sein.2Be Die Zeugen Klapa und Niemann veranlaßten desweiteren, daß dem Zeugen Matschke am 28. November 1990 zwei Revolver nebst 350 Schuß Munition ausgehändigt wurden.2es Im Dienstausweis wurde der neue Dienstgrad "Kriminal279 Vernehmung Gies, S. 9/10 280 Stellungnahme von Dr. Gerd Gies im Verwaltungsrechtsstreit Matschke gegen das Land SachsenAnhalt, in: Akten des MI, Band II, BI. 91 281 Vernehmung Gies, S. 25 282 Vernehmung Braun, S. 64/65 283 Vernehmung Niemann, S. 105 284 ebenda s 104 285 Verneh:Ou~ Post, S. 59; Vernehmung Helmut Hofmann, S. 7 286 Vernehmung Post, S. 59, 287 Vernehmung Reichelt, S. 77 288 s. a. Vernehmung Reichelt, S. 77 289 Vernehmung Reichelt, S. 80; Akten des MI, Bd. I, BI. 116 67 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Oberrat" eingetragen.290 Weiterhin wurde ihm ein Tarnkennzeichen für seinen PkW übergeben. 291 Zusammenfassend ist festzuhalten, daß Klaus-Dieter Matschke nach dem 5. November 1990 überwiegend mit dem Sammeln von Informationen befaßt war. Über seine Aktivitäten waren die Zeugen Dr. Gies und Braun mindestens teilweise informiert. 3. Zugang von Matschke zu Informationen Der Zeuge Matschke hatte, wie bereits dargelegt, zunächst einmal Zugang zu allen aktuellen, der Polizei vorliegenden Informationen. Der Zeuge hat auch in der Zeit nach dem 5./6. November auf diese Informationen zugegriffen. 292 Nach den Feststellungen des Ausschusses hat der Zeuge Matschke am 12. 10. 1990 das Archiv der Gauck-Behörde in Magdeburg aufgesucht und dort Einsicht in die Akten des Zeugen Stephan genommen, der ihn als Vertrauensperson hierfür benannt hatte.293 Weitere Eintragungen des ZeugenMatschkein der Zeit von August bis Dezember 1990 waren in dem Wachbuch des Archivs nicht dokumentiert. Der Zeuge hatte jedoch, wie der Zeuge Niemann bekundete294, ein starkes Interesse daran, Zugang zu dem MfS-Archiv zu erlangen. Mindestens in einem Fall ist beobachtet worden, daß sich der Zeuge Matschke Ende September 1990 unmittelbar bei dem oder im Archiv in Magdeburg aufhielt.295 Anhaltspunkte dafür, daß der Zeuge Matschke Zugang zu dem Archiv in Halle hatte, lagen nicht vor. Zwar wurde bei dem Zeugen im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens ein handschriftlicher Notizzettel mit Namen und zum Teil weiteren Angaben zu sechs Abgeordneten des Landtages gefunden296, wobei über einen der Genannten auch Daten im Archiv in Halle existieren297, doch kann ein Zugang zum Archiv hieraus nicht abgeleitet werden. Insbesondere sind keine Registriemummern verzeichnet, so daß davon auszugehen ist, daß der Zeuge Matschke diese Daten auf anderem Weg erhalten hat. Ungeklärt blieb, ob der Zeuge Matschke tatsächlich Einsicht in die Archive, Registraturen etc. der Polizei genommen hat. Nach den Aussagen des Zeugen Stephan habe der Zeuge Matschke aufgrund seines Dienstausweises Zugang zu allen Registraturen und Archiven der Polizei gehabt.298 Hierher gehörten sowohl die Geheimunterlagen, die in der VS-Stelle des Bezirkes lagerten, wie auch wichtige K1- Unterlagen des Bezirkes.299 Der Zeuge Klapa gab an, der Zeuge Matschke habe jedenfalls über den Zeugen Schwarzkopf, der für die Archive und Registraturen zuständig war, Zugang zu diesen gehabt.300 290 Akten des MI, Bd. I, BI. 19 in Verbindung mit BI. 82 291 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 66/67; Ermittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. I, BI. 184 292 Vernehmung Niemann, S. 198 293 Vernehmung Edel, S. 17; Vernehmung Stephan, S. 152 294 Vernehmung Niemann, S. 205 295 Vernehmung Matschke am 18. 2. 93, S. 41 296 Akten der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt, flz.: 0 Js 1192, Bd. I, BI. 185; im folgenden: Ermittlungsverfahren gegen Matschke 297 Ermittlungsverfahren gegen Gies, BI. 234 298 Vernehmung Stephan, S. 150 299 ebenda, s. 152/153 300 Vernehmung Klapa, S. 28 68 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Nach Aussage des Zeugen Baumgarten sei der Zugriff Matschkes zu allen lnfonnationen "auch so allgemein [im Innenministerium] akzeptiert" gewesen. "Ich kenne keine Person, die ihn da an irgend etwas gehindert hätte.301 Der Zeuge Matschke selbst gab an, sich keinen Zugang zu den Archiven und Registraturen der Polizei verschafft zu haben.302 Auch die bei dem Zeugen Matschke sichergestellten Unterlagen, insbesondere Notizzettel mit Namen und weiteren Angaben zu Personen303, lassen keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, daß der Zeuge Matschke diese lnfonnationen aus Polizeiarchiven in Magdeburg gewann. Der Zeuge hat desweiteren, wie bereits mehrfach angesprochen, sehr viele Kontakte zu Personen außerhalb der Polizei gesucht, um lnfonnationen zu erhalten. Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses hat sich der Zeuge Matschke in der Zeit von Juli/August bis Dezember 1990 ca. fünf- bis zehnmal mit dem Zeugen Müller, dem ehemaligen Leiter des MfS in Magdeburg, getroffen.304 Der Zeuge Müller hat angegeben, daß es in den Gesprächen zum einen um die Strukturen des MfS, der Polizei und um deren Zusammenarbeit gegangen sei. 305 Zum anderen sei aber auch, überwiegend auf Nachfrage des Zeugen Matschke, über Personen gesprochen worden. Der Zeuge gab an, über die Zeugen Stephan306, Weidemann und Lange307 sowie über weitere Offiziere im besonderen Einsatz oder informelle Mitarbeiter, die bei der Polizei tätig waren, gesprochen zu haben.3os Es gab weiterhin ein Gespräch über den Zeugen Braun309 und Nachfragen des Zeugen Matschke zu dem Zeugen Klapa.310 Der Zeuge Matschke wollte ferner Informationen zu Agenten des MfS erhalten, die in der Bundesrepublik eingesetzt worden waren. Ob ihm hierzu Auskunft gegeben wurde, konnte nicht festgestellt werden, da sich der Zeuge Müller auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berief. Der Ausschuß ist auch ergebnislos der Frage nachgegangen, ob der Zeuge Müller Unterlagen des MfS an den Zeugen Matschke weitergegeben hat, wie dieses von dem Zeugen Mughrabi behauptet worden ist. Nach dessen Aussagen sollen diese Unterlagen z. T. zu dem Zeugen Boinowitz, z. T. nach Frankfurt gebracht worden sein.311 Die Zeugen Müller, Matschke und Beinewitz haben dieses bestritten.312 Im Rahmen des gegen die Zeugen Matschke, Müller und Beinewitz geführten Ennittlungsverfahrens wurden umfangreiche Hausdurchsuchungen im Jahre 1992 vorgenommen, die jedoch keine Anhaltspunkte für die Behauptungen Mughrabis ergeben haben.313 Der Zeuge Matschke hat angegeben, er habe sich ferner ca. zehn- bis fünfzehnmal mit dem ehemaligen Leiter des MfS in Halle, Herrn Schmidt, getroffen. Von diesem 301 Vernehmung Baumgarten, S. 107 302 Vernehmung Matschke am 18. 2. 93, S. 45 303 Ennittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. I, BI. 185 I. 304 Vernehmung Müller, S. 40 305 ebenda, S. 42 306 ebenda, S. 42 307 ebenda, S. 44 308 ebenda, S. 44 I. 309 ebenda, S. 45 310 ebenda S 44 311 Vemeh~u~g Mughrabi, S. 106/107 312vemehmung Müller, S. 50; Vernehmung Matschkeam 18. 2. 93, S. 59, 101; Vernehmung Boinowitz, S. 110 313 Ennittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. 111, BI. 168 I. 69 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 habe er auch Informationen über Personen aus Sachsen-Anhalt erhalten.314 Der Zeuge gab weiter an, mit einer Reihe von Personen, die für das MfS arbeiteten, gesprochen zu haben. Er erklärte, hierzu keine näheren Erinnerungen zu haben.315 Zusammenfassend ist zu der Frage, zu welchen Informationen der Zeuge Matschke offiziell Zugang hatte, festzustellen, daß er Zugriff auf alle bei der Polizei vorhandenen Informationen einschließlich der Archive hatte. Er hat sich desweiteren Informationen durch persönliche Gespräche verschafft, die er insbesondere mit ehemaligen Angehörigen des MfS führte. II. Der Ausschuß sollte ferner klilren "ob es Kontakte des Klaus-Dieter Matschke bzw. Beauftragten von ihm mit Mitgliedern der Landesregierung, ihren Vertretern oder Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalts gab bzw. gibt und welcher Art diese Kontakte waren bzw. sind, ferner was der Gegenstand dieser Kontakte war bzw. ist und welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Informationen, die sie, ihre Vertreter oder ihre Beamten direkt oder indirekt von Klaus-Dieter Matschke erhielten, gezogen haben." 1. Kontakte des Klaus-Dieter Matschke zu Mitgliedern der Landesregierung nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalts:J16 Der Zeuge Matschke hat seine Tätigkeiten in Sachsen-Anhalt am 4. 12. 1990 eingestellt.317 ln dem von ihm angestrengten Rechtsstreit hat der Zeuge vorgetragen, er habe nach dem 4. 12. 1990 noch zahlreiche Telefongespräche mit den Zeugen Braun und Dr. Gies geführt, in denen er diese beraten habe. Ihm sei von den Zeugen im Dezember 1990 I Januar 1991 angetragen worden, ein LKA aufzubauen. Der Zeuge Dr. Gies habe ihn ferner im Januar 1991 beauftragt, alle Abgeordneten des Landtages auf eine eventuelle Tätigkeit für die Stasi zu überprüfen.318 ln seinen Vernehmungen durch den Untersuchungsausschuß hat sich der Zeuge Matschke zum Teil anders geäußert, wobei auch hier Widersprüche bestehen blieben. So blieb der Zeuge einerseits bei seiner Behauptung, er habe das LKA aufbauen sollen319, gab andererseits aber an, der Zeuge Dr. Gies habe ihm lediglich vorgeschlagen, zunächst einmal beim LKA zu arbeiten.320 Unklar blieben auch die Äußerungen des Zeugen Matschke über seine Kontakte zum Zeugen Braun.321 Ebenfalls widersprüchlich waren seine Aussagen hinsichtlich der Überprüfung der Abgeordneten. Hierzu gab der Zeuge Matschke einmal an, er habe 314 Vemetvnung Matschke am 18. 2. 93, S. 56 315 ebenda, S. 58 316 ln diesem Abschnitt werden die Konlakte, die der Zeuge Matschke wegen seines Rechtsstreites mit dem Land Sachsen-Anhalt mit Milgliedem oder Milalbeitem der Landesregierung aufgenommen oder gesucht hat, nicht behandelt. Diese warden, soweit erforde~ich, unter Teil B, 111 'Gegensland und Sland des Rechtsstreites Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt' dargestellt Gleichfalls werden die Konlakte, die der Zeuge Matschke im Zusammenhang mit den Ereignissan im Jahre 1992 mit Mitgliedern und Milalbeitem der Landesregierung hatte, nicht hier dargestellt, sondern unter Teil B, IV, Punkt 2.2. 317 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 21, 82 318 Schriftsalz vom 28. 1. 93, in: Akten des MI, Bd.ll2, BI. 17 II. 319 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 80 320 ebenda, S. 83 321 ebenda, S. 101 I. 70 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 nur die der CDU angehörenden Abgeordneten322, an anderer Stelle, er habe doch alle Abgeordneten des Landtages überprüfen sollen.323 Er konnte auch den Zeitpunkt, an dem dieser Auftrag erteilt worden sei, nicht mehr näher eingrenzen. Der Zeuge Matschke übergab dem Ausschuß eine Liste324 mit den Namen aller Abgeordneten und behauptete, diese Liste von dem Zeugen Dr. Gies zum Zweck der Überprüfung erhalten zu haben. Die Zeugin Dreier habe die auf dieser Liste handschriftlichen Eintragungen der Geburtsdaten vorgenommen.325 Der Zeuge Braun behauptete, er habe den Zeugen Matschke, nachdem dieser Magdeburg Anfang Dezember 1990 verlassen hat, nicht mehr gesehen. Er könne sich auch nur noch an ein einziges mit dem Zeugen geführtes Telefongespräch erinnern, und zwar an läßlich des Todes seiner Frau. Der Zeuge Dr. Gies behauptete, den Zeugen Matschke weder beauftragt zu haben, die Abgeordneten des Landtages zu überprüfen326 , noch das LKA aufzubauen. Er habe ihm auch keine Vorschläge in dem am 25. 1. 1991 geführten Gespräch zu dessen weiteren Verwendung in Sachsen-Anhalt unterbreitetJ27, sondern ihn lediglich wegen der erhobenen Forderungen nach Bezahlung an das Innenministerium verwiesen. Der Ausschuß konnte mangels weiterer Beweise nicht klären, ob die Zeugen Dr. Gies und Braun den Zeugen Matschke mit dem Aufbau des LKA beauftragt haben, wenn auch an der Plausibilität dieser Behauptung erhebliche Zweifel bestehen. Unzweifelhaft ist, daß sich der Zeuge Dr. Gies mit dem Zeugen Matschke am 25. 1. 1991 in Magdeburg getroffen hat und daß dieses Treffen telefonisch vereinbart worden war. Ob dem Zeugen Matschke hierbei irgendwelche Aufträge erteilt wurden, konnte nicht geklärt werden. Gegen die Behauptungen des Zeugen Matschke spricht jedenfalls, daß dieser am 25. 1. 1991 unter Vorlage "seiner Berufungsurkunden" und des "Befehl Nr. 1" erstmals für seine Dienste von November bis Januar Bezahlung im Innenministerium gefordert hat und dieses seit Februar 1991 mit Hilfe eines Anwalts und des Gerichts weiterverfolgt 328 Auch nicht geklärt werden konnte, ob der Zeuge Dr. Gies den Zeugen Matschke möglicherweise schon im NovemberfDezember 1990 mit der Überprüfung aller Abgeordneten des Landtages von Sachsen-Anhalt beauftragte. Auf der von dem Zeugen vorgelegten Liste sind zwar die Zeugen Dr. Gies und Braun bereits als Mitglieder des Landtages verzeichnet, nicht jedoch der Zeuge Geisthardt. Dieser wurde erst am 19. 12. 1990 Mitglied des Landtages, der Zeuge Braun am 2. November 1990.329 Dieses läßt aber bestenfalls Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Anfertigung dieser Liste zu. Die als Zeugin benannte Frau Dreier hat bestritten, die Geburtsdaten auf der Liste eingetragen zu haben. Sie könne auch keine Angaben dazu machen, ob der Zeuge Dr. Gies dem Zeugen Matschke die fragliche Liste übergeben habe. 33° Die Zeugin hat es abgelehnt, Schriftproben für ein graphologisches Gutachten zur Verfügung zu 322 ebenda, S. 84 323 ebenda, S. 98 324Anlage6 325 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 99/100 326 Vernehmung Gies, S. 29 I. 327 ebenda, S. 6 328 Akten des MI, Bd. I, BI. 26 II., 55 II. 329 Ennittlungsvertahren gegen Gies, BI. 253 330 Vernehmung Dreier, S. 40 71 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 stellen oder sich zur Überprüfung der auf der Liste befindlichen Fingerabdrücke bereitzuerklären.331 Auch der Zeuge Dr. Gies wurde gebeten, zur Klärung der Frage Fingerabdrücke zur Verfügung zu stellen.332 Der Zeuge Dr. Gies hat auf diese Bitten nicht reagiert. An der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin Dreier bestehen Zweifel. Sie wurde vor ihrer Vernehmung von dem CDU-Abgeordneten und Landesgeschäftsführer der CDU, Bernd Reisener, und dem ehemaligen Büroleiter des Zeugen Dr. Gies, Bernd Lüdkemeier, wegen ihrer Vernehmung vor dem Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß angerufen. Die Zeugin gab an, mit diesen über ihre bevorstehende Vernehmung gesprochen zu haben. Allerdings lassen diese Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht den Schluß zu, daß die Zeugin tatsächlich beobachtet hat, daß dem Zeugen Matschke die genannte Liste von dem Zeugen Dr. Gies mit dem behaupteten Auftrag übergeben worden ist. Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Matschke spricht auch, daß dieser in seinem Rechtsstreit mit dem Land die Vorlage von Beweisen für seine Behauptung angeboten hat333, dieses aber auch vor dem Untersuchungsausschuß nicht erfolgte. Daß der Zeuge Matschke Informationen über eine mögliche Stasi-Belastung von Abgeordneten sammelte, auch wenn diese nicht der CDU-Fraktion angehörten, belegt der bei ihm sichergestellte Notizzettel mit Namen und weiteren Daten von sechs Abgeordneten des Landtages. Einer der dort aufgeführten Abgeordneten gehört nicht der CDU-Fraktion an. 334 Einen Rückschluß auf eine Beauftragung des Zeugen Matschke, alle Abgeordneten des Landtages zu überprüfen, läßt dieses jedoch nicht zu. Auch an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen Braun zu seinen Kontakten mit dem Zeugen Matschke bestehen Zweifel. Diese ergeben sich insbesondere daraus, daß der Zeuge Mughrabi glaubhaft bekundet hat, Zeuge eines im Februar 1991 zwischen den Zeugen Matschke und Braun geführten Telefongesprächs gewesen zu sein, in dem der Zeuge Matschke den Zeugen Braun zur Erfüllung seiner Forderungen zu nötigen suchte.335 Ein Rückschluß auf darüber hinaus gehende Kontakte zwischen den Zeugen Braun und Matschke kann hieraus aber nicht gezogen werden. 2. Kontakte von Klaus-Dieter Matschke zu Beamten und Bediensteten des Landes nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Kontakte hatte der Zeuge Matschke nach dem 4. 12. 1990 auch noch zum Zeugen Levy, der zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben eines Abteilungsleiters im Innenministerium wahrnahm. Dieser suchte den Zeugen Matschke einmal in Düsseldorf und einmal in Frankfurt am Main auf. Dabei beabsichtigte der Zeuge Levy, bei dem Treffen in Düsseldorf sich eines der Koffer des Zeugen Matschke zu bemächtigen, in dem er brisante MfS-Unterlagen über Personen aus SachsenAnhalt vermutete.336 331 Schreiben vom 29.03.1994 332 Schreiben vom 29.03. und 10.05.1994 333 Schriftsatz vom 13. 2. 92, in: Akten des MI, Bd. II, BI. 18 I. 334 Ermittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. I, BI. 185 335 Vernehmung Mughrabi, S. 115, 158 1.; Ermittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. 111, BI. 166 ff. 336 Vernehmung Levy am 19. 3. 93, S. 26, 58 72 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Er traf sich mit dem Zeugen Matschke erneut am 31. 1. 1991 in Frankfurt am Main, wohl um zu klären, ob der Zeuge tatsächlich, wie ihm zugetragen worden war, "hochgradige Dokumente, Unterlagen vom Innenministerium in Besitz" hat.337 Ungeklärt blieb, ob der Zeuge Levy, wie er zunächst bekundete, diese Reise aus eigenem Entschluß unternahm338, oder ob er hierzu beauftragt war, wie er in einer sogenannten "eidesstattlichen Versicherung" vom 23. 1. 1994 erklärte. 339 Der Zeuge Levy gab in seiner Vernehmung am 24. 2. 1994 an, er sei zur Abgabe dieser Erklärung unter anderem durch den Zeugen Matschke genötigt worden. Der Zeuge Levy hat Strafanzeige erstattet. Der Ausgang des Ermittlungsverfahrens ist nicht bekannt. Der Zeuge Mughrabi erklärte, der Zeuge Matschke habe auch nach dem 4. 12. 1990 zahlreiche Kontakte zu Bediensteten des Landes Sachsen-Anhalt unterhalten, die diesem umfänglich über Vorgänge aus Sachsen-Anhalt berichtet hätten. Der Zeuge gab an, derartige Kontakte hätten zu den Zeugen Klapa, Niemann, Reicheil und Müller sowie zu der Sekretärin des Zeugen Dr. Mahn bestanden.340 Der Zeuge Klapa sei auch noch einmal in Frankfurt am Main bei dem Zeugen Matschke gewesen.341 Die Zeugen Matschke, Niemann und Klapa haben dieses bestritten. Sie gaben an, derartige Kontakte hätten sich ausschließlich auf private Angelegenheiten bezogen.342 Der Zeuge Klapa hat auch bestritten, den Zeugen Matschke nach dem 25. 1 . 1991 noch einmal gesehen zu haben. 343 Die Aussage des Zeugen Matschke, er sei nach seinem Weggang aus Magdeburg am 4. 12. 1990 nicht mehr über dienstliche Angelegenheiten informiert worden und er habe auch keine entsprechenden Unterlagen mehr erhalten, sind falsch. Dieses belegen schon die im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens sichergestellten Unterlagen. Hierunter befinden sich Fotokopien von Unterlagen des Ministeriums des lnnern wie beispielsweise des Entwurfs eines Schreibens an den Zeugen Matschke über die Rückgabe seines Dienstausweises etc., eines undatierten und nicht unterschriebenen Schreibens von Dr. Mahn bezüglich des Hausverbotes, des Entwurfs eines Schreibens über die Rücknahme der Ernennung von Mughrabi zum Kriminai-Hauptkommissar usw.344 Zwar bestehen an der Glaubwürdigkeit der Zeugen Klapa und Niemann erhebliche Zweifel, doch konnte nicht geklärt werden, wer dem Zeugen Matschke diese Unterlagen hat zukommen lassen. 337 ebenda am 19. 3. 93, S. 55 338 ebenda am 19. 3. 93, S. 56; Vernehmung Levy am 24. 2. 94, S. 13/14 339 Vernehmung Stennei, S. 50151; sog. eidesstattliche Versicherung des Zeugen Levy vom 23. 1. 94 340 Vernehmung Mughrabi, S. 113, 132, 148, 161/162 341 ebenda, S. 161/162 342 Vernehmung Matschke am 22. 1. 93, S. 97, 99; Vernehmung Matschke am 18. 2. 93, S. 61 ff.; Vernehmung Niemann, S. 200 1.; Vernehmung Klapa, S. 96 ff. 343 Vernehmung Klapa, S. 96 344 Ennittlungsverfahren gegen Matschke, Bd. I, BI. 183 u. ff. 73 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 111. Gegenstand und Stand des Gerichtsverfahrens Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt Mit Schriftsatz vom 18. 6. 1991 hat der Zeuge Matschke (im folgenden: Kläger) Klage gegen das Land Sachsen-Anhalt beim Kreisgericht Magdeburg - Kammern für Verwaltungsrecht - erhoben und beantragt, das Land zur Zahlung von "DM 84.688,80 nebst 4% Zinsen aus jeweils DM 10.586,10 ab dem 30. 11. und 30. 12. 1990 sowie 31. 1., 28. 2., 31. 3., 30. 4., 31. 5. und 30. 6. 1991 zu verurteilen.345 Der Kläger behauptet, durch den "Befehl Nr. 1" wirksam zum Beamten ernannt worden zu sein346 und aufgrund seiner vorgesehenen Verwendung als Leiter des Amtes für Verfassungsschutz Anspruch auf eine Besoldung nach B 7 zu haben.347 Der Kläger hat ferner angekündigt, sich weitere Gehaltsforderungen für die Zeit nach dem 30. 6. 1991 vorzubehalten.346 Mit Schriftsatz vom 1. 8. 1991 hat das Ministerium des lnnern, welches das Land Sachsen-Anhalt in dem Rechtsstreit vertritt, beantragt, die Klage zurückzuweisen, da ein Beamtenverhältnis nicht begründet worden sei. 349 Am 13. 2. 1992 fand ein Erörterungstermin vor der dritten Kammer des Verwaltungsgerichtes Magdeburg statt350, in dem den Parteien die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts nahegelegt wurde.351 Zu Vergleichsverhandlungen auf dieser Grundlage ist es nicht gekommen.352 Der Kläger erhob vielmehr im Rahmen dieser Vergleichsverhandlungen weitere Schadensersatzforderungen und begründete diese im April1992 damit, daß er über "brisantes" Wissen verfüge.353 Ähnliches erklärte der Anwalt des Klägers dann erneut im Juli 1992.354 Der Prozeßbevollmächtigte des Ministeriums des lnnern erklärte, das Land sei allenfalls bereit, auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts Vergleichsverhandlungen zu führen. 355 Der Kläger hat eine verhältnismäßig umfangreiche vorprozessuale Korrespondenz geführt. Hierbei hat er sich auch immer wieder persönlich an die Zeugen Dr. Gies und Braun gewandt. Den Schriftverkehr führte jedoch das Ministerium des lnnern; persönliche Gespräche zwischen den Genannten sind dem Untersuchungsausschuß nicht bekanntgeworden. Auch während des Prozesses hat sich der Kläger immer wieder an Dritte gewandt, um Einfluß auf seinen Prozeß zu nehmen. So hat er sich mehrfach mit dem Zeugen Rauls getroffen und auch mit dem Zeugen Auer deshalb Kontakt aufgenommen. Wegen der Versendung der Akten des Verwaltungsgerichts an den Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß sowie der Vernehmungen des Ausschusses ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. 345 Akte des Verwaltungsgerichtes Magdeburg, fl\z..: 3 VG A 109191, Bd 2 346 ebenda, BI. 11 347 ebenda, BI. 9 348 ebenda, BI. 90/91 in Verbindung mit BI. 111 349 ebenda, BI. 62 ff. 350 ebenda, BI. 135 351 vgl. ebenda, BI. 138 352 ebenda, BI. 153, 154 ff. 353 Akten des MI, Bd. II, BI. 140 I. 354 ebenda, BI. 142 355 ebenda, BI. 140 I. 74 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 IV. Der Ausschuß soll klliren, "ob und auf welche Weise Behörden des Verfassungsschutzes Informationen Uber angebliche Kontakte von Minister Wolfgang Rauls zum ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR erhalten bzw. gesammelt haben, wer den Verfassungsschutz veranlaßt hat, tlitig zu werden, ob derartige Informationen vom Verfassungsschutz oder von Dritten an Mitglieder der Landesregierung bzw. Beamte des Landes Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden sind, wie mit diesen Informationen umgegangen worden ist und was die Landesregierung daraufhin unternommen hat." 3118 1. Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche Belastung von Minister Rauls an die Landesregierung durch Bürgerkomitee 357 MfSdas Nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten am 4. Juli 1991 hat der Zeuge Prof. Dr. Münch Anfang August 1991 bei dem Bundesbeauftragten, Herrn Gauck, eine Überprüfung aller Landesminister, soweit sie nicht dem Landtag angehörten, beantragt. 358 Daneben führte ein Sonderausschuß des Landtages Überprüfungen für die Landtagsabgeordneten durch, also auch für diejenigen Landesminister, die - wie Minister Rauls - Abgeordnete waren/sind. Aufgrund der Erkenntnisse des Parlamentarischen Sonderausschusses bzw. der Überprüfung durch die Gauck-Behörde wurden Minister Brunner am 9. August 1991 und Minister Mintus am 30. August 1991 entlassen. Bezüglich des Ministers Rauls führte die auf einem entsprechenden Bescheid der Gauck-Behörde beruhende Überprüfung des Parlamentarischen Sonderausschusses zu keinen Hinweisen auf eine Tätigkeit für das ehemalige MfS.359 Im Juli/August 1991 wurden aus dem "Bürgerkomitee Magdeburg" Verdächtigungen gegen Minister Rauls im Hinblick auf eine Stasi-Belastung geäußert. 36° Das Bürgerkomitee war im Dezember 1989 auf Beschluß des Runden Tisches der Stadt Magdeburg gegründet worden. Es führt seine Tätigkeit seit August 1990 als eingetragener Verein fort mit dem Ziel, den Mißbrauch der Macht durch die SED und aller sie stützenden Organisationen - das MfS sowie Teile der Polizei und der Justiz - aufzudecken. Anfang Juli 1991 erklärte die Magdeburger FDP-Stadtabgeordnete Anke Kroll im Foyer des Rathauses gegenüber Mitgliedern des Bürgerkomitees, es gäbe immer wieder Gerüchte zur Vergangenheit des Ministers Rauls.361 Als der Vorsitzende des Bürgerkomitees, der Zeuge Vogel, und der Zeuge Notheis362 vom Bürgerkomitee Frau Kroll auf ihre Andeutungen gezielt ansprachen, war sie nicht bereit, weitere Erklärungen abzugeben. Der Wahrheitsgehalt dieser Andeutungen wurde vom Bürgerkomitee nicht überprüft. 356 Der Auftrag des Untersuchungsausschusses wurde im September 92 formuliert; folglich ist die Regierung Münch gemeint, wenn von der Landesregierung gesprochen wird. 3'51 So, wie der Ausschuß insgesamt chronologisch vorgegangen ist, erfolgt auch hier die Darstellung chronologisch. 358 Vernehmung Münch, S. 79, 80 359 Vernehmung Hildebrandt, S. 5 II 360 Vernehmung Vogel, Anlage 361 ebenda, BI. 125, 146 362 Vernehmung Notheis, S. 54 75 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Im Rahmen eines Antrittsbesuchs des Vorstandes des Bürgerkomitees bei dem damaligen Innenminister Hartmut Perschau Ende Juli/Anfang August 1991 und bei einem nachfolgenden weiteren Gespräch wurden vom Vorstand des Bürgerkomitees "erste Hinweise auf die Vermutung, daß Herr Rauls möglicherweise Verbindungen hatte oder besondere Verantwortungslasten aus der Vergangenheit hat" geäußert. Da hierfür keinerlei Belege gegeben wurden, nahm der Zeuge Perschau dies nur zur Kenntnis.363 Am Abend des 8. August 1991 erhielt der Zeuge Vogel von dem bei der Zeitung "Express" in Halle tätigen Journalisten Wolfgang Büchner einen Telefonanruf, in dem Büchner mitteilte, Recherchen hätten erbracht, daß Minister Rauls unter dem Decknamen "Günther inoffizieller Mitarbeiter des MfS gewesen sei. 364 Da Ministerpräsident Prof. Dr. Münch nicht zu erreichen war, rief der Zeuge Vogel365 Innenminister Perschau366 an und teilte ihm mit, man sei sich nun ganz sicher, Minister Rauls sei der "IM Günther" gewesen, und dies werde am folgenden Tag in der Zeitung stehen. Der Zeuge Perschau367 unterrichtete sogleich den damaligen Ministerpräsidenten366, der noch für den gleichen Abend die der CDU angehörigen Landesminister369 zu einer Unterredung zusammenrief. Dem Zeugen Vogel ließ die Brisanz der ihm von dem Journalisten Büchner übermittelten Informationen über Minister Rauls keine Ruhe. Deshalb rief er schon am folgenden Tag, dem 9. August 1991, frühmorgens den Journalisten Büchner in Halle an, der nun mitteilte, es habe sich inzwischen herausgestellt, daß der "IM Günther" nicht Minister Rauls, sondern der Konsistorialpräsident Hammer gewesen sei. Hiervon verständigte der Zeuge Vogei37D sofort Innenminister Perschau.371 Sowohl von den Verdächtigungen als auch der Richtigstellung wurde Minister Rauls durch den Ministerpräsidenten sogleich unterrichtet.372 Noch am 9. August 1991 suchte der Zeuge Rauls den Zeugen Vogel373 in dessen Wohnung zu einer Aussprache auf. Man ging, so die Worte des Zeugen Vogel, "so sauber auseinander, daß man sich in die Augen gucken kann".374 Der damalige Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Dr. Gerhold, führte gelegentlich Gespräche mit Vertretern des Bürgerkomitees, so auch am 22. August 1991 in der Staatskanzlei mit dem Zeugen Vogel und zwei weiteren Vertretern des Bürgerkomitees.375 Erörtert wurde insbesondere das Thema der Behandlung der MfSAkten in Magdeburg. Dabei machte der Zeuge Vogel erneut Andeutungen,Minister Rauls könne belastet sein. Er begründete dies mit der Stellung, die Minister Rauls früher in Magdeburg innegehabt habe.376 363 Vernehmung Pen;chau, S. 35 364 Vernehmung Vogel, S. 123, 124 365 ebenda, s. 125 366 Vernehmung Perschau, S. 35 367 ebenda, S. 35 36Bvernehmung Münch, S. 71 369 Vernehmung Perschau, S. 36, 44 370 Vernehmung Vogel, S. 125, 145 371 Vernehmung Perschau, S. 36 372 Vernehmung Rauls, S. 19, 20 373 Vernehmung Vogel, S. 136, 137 374 ebenda, S. 136 375 Vernehmung Gemold, S. 12 bis 21 376 Vernehmung Gemold, S. 13 76 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 Die Erklärungen des Zeugen Vogel waren sehr vage. Und da der Zeuge Vogel der Aufforderung des Zeugen Gerhold, die Andeutungen über eine Belastung des Ministers Rauls zu begründen, bei dieser Unterredung nicht entsprechen konnte oder wollte, wurde ein weiteres Gespräch ins Auge gefaßt.3n ln diesem wollte der Zeuge Vogel dann seine Hinweise bekräftigen bzw. entsprechendes Material vorlegen. Der Zeuge Gerhold konnte diese weitere Unterredung jedoch nicht mehr führen37B, weil er zum 31. August 1991 bei der Staatskanzlei ausschied und bis dahin nur noch insgesamt zwei Tage in Magdeburg war.379 Der Ministerpräsident Prof. Dr. Münch wurde von den geäußerten Verdächtigungen des Bürgerkomitees noch am gleichen Tage unterrichtet. Und nach der Erinnerung des Zeugen Dr. Gerhold380 wußte der Ministerpräsident auch, daß bei dem nächsten Zusammentreffen mit dem Bürgerkomitee das Thema einer etwaigen Belastung des Ministers Rauls zur Sprache kommen werde. Am 2. September 1991 machte der Vorstand des Bürgerkomitees, nämlich die Zeugen Vogel381, Nothais und Wemowsky382, seinen Antrittsbesuch bei dem damaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Münch.383 An dem Zusammentreffen nahm auch der Zeuge Schnellecke teil384, der seinerzeit in der Staatskanzlei als Berater des Ministerpräsidenten mit Sonderaufgaben betraut war. Gegenstand der etwa 1 1/2- bis 2-stündigen Erörterungen war in erster Linie die Arbeit des Bürgerkomitees. Der Zeuge Vogel hat dazu umfängliche Dokumentationen und Materialien sowie eine Reihe von Presseberichten vorgelegt.385 Am Schluß dieses Gesprächs kam die Sprache auf die Verdächtigungen gegen Minister Rauls. Zu der Frage, von wem dieses Thema angesprochen worden war, gaben die Zeugen Vogel und Prof. Dr. Münch verschiedene Darstellungen. Der Zeuge Vogel hat bekundet, es sei der Ministerpräsident gewesen, der das Gespräch auf Minister Rauls gebracht hat. Er habe nämlich die Vertreter des Bürgerkomitees befragt, ob ihnen Informationen zu einer etwaigen MfS-Belasung des Ministers Rauls aufgrund dessen früherer Tätigkeit vorlägen. Sollte dazu etwas bekannt werden, bitte er um Mitteilung; er könne sich keinen weiteren Skandal in der Landesregierung mehr leisten. Und die Vertreter des Bürgerkomitees hätten zugesagt, ihnen vorliegende Informationen zusammenzustellen.386 Demgegenüber hat der Zeuge Prof. Dr. Münch hervorgehoben387, es sei der Zeuge Vogel gewesen, der von sich aus das Gespräch auf Minister Rauls gebracht und Verdächtigungen gegen diesen vorgebracht habe. Als er, der Zeuge Münch, diese Hinweise Vogels als diffus bezeichnet habe, habe Vogel erklärt, er sei in der Lage, seine Angaben schriftlich zu belegen und eine entsprechende Dokumentation zu erstellen. 377 ebenda, S. 14 378 ebenda, S. 15 379 ebenda, S. 14/15 380 ebenda, S. 21 381 Vernehmung Vogel, S. 125/126 382 Vernehmung Wemowsky, S. 13 383 Vernehmung Münch, S. 72 384 Vernehmung Schnellecke, S. 26 385 Vernehmung Münch, S. 72 386 Vernehmung Vogel, S. 126, 130 387 Vernehmung Münch, S. 72, 7 4, 75 77 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Einen Auftrag, Informationen über eine mögliche MtS-Belastung von Minister Rauls zu sammeln, hat der Zeuge Münch den Vertretern des Bürgerkomitees jedenfalls nicht erteilt. 388 Die Aussagen der Zeugen Wernowsky38e, Notheis390 und Schnellecke391 konnten zu dieser Frage keine nähere Aufklärung erbringen. Der Zeuge Prof. Dr. Münch392 hat im übrigen darauf hingewiesen, selbst wenn er den Zeugen Vogel aufgefordert hätte, einen etwaigen Verdacht gegenüber Minister Rauls zu konkretisieren, dann wäre dies seine Amtspflicht gegenüber einem Mitglied seiner Landesregierung gewesen. Als die Vertreter des Bürgerkomitees393 schließlich die Staatskanzlei verließen, erinnerte der Zeuge Schnellecke394 sie daran, der Bitte des Ministerpräsidenten zur Erteilung etwaiger Informationen über eine Belastung des Ministers Rauls bzw. dem Angebot des Zeugen Vogel zu entsprechen. Er bat sie, beim Bürgerkomitee vorhandene Erkenntnisse zu Papier zu bringen und dem Ministerpräsidenten zuzuleiten. Der seinerzeit in Magdeburg bei der Bild-Zeitung tätige Journalist Schulke teilte den Zeugen Vogel und Notheis am 7. September 1991 mit, er habe am Vortage von dem Zeugen Levy erfahren, die Zeugen Dr. Gies und Braun "hätten alle Akten der Parlamentarier auf dem Tisch gehabt".395 Dies gab dem Zeugen Vogel Veranlassung, den Zeugen Levy am 8. September 1991 aufzusuchen. Bei dieser Unterredung soll der Zeuge Levy sich u. a. auch über Minister Rauls und seine Vergangenheit geäußert haben.396 Hierüber verfaßte der Zeuge Vogel noch am gleichen Tage ein Papier unter der Überschrift "Rauls - Versuch einer Darstellung".397 Nach entsprechendem Beschluß des Bürgerkomitees 398 wurde dieses Papier am 11. September 1991 in der Staatskanzlei übergeben. Dort wurde es dem Zeugen Schnellecke am 16./17. September 1991 vorgelegt.399 Dieser unterrichtete den Ministerpräsidenten, der das Papier gleichfalls gelesen hat.400 Der Zeuge Schnellecke war vom Ministerpräsidenten im August 1991 damit beauftragt worden, bei der Gauck-Behörde die Überprüfung der Minister, die nicht dem Landtag angehören, und der Staatssekretäre zu veranlassen. Deswegen und weil er bei dem Gespräch des Ministerpräsidenten mit den Vertretern des Bürgerkomitees (Antrittsbesuch) am 2. September 1991 anwesend war, blieber-trotzdem der Zeuge 388 Vernehmung Vogel, S. 136; Vernehmung Münch, S. 7 4, 76 389 Vernehmung Wemowsky, S. 32133 390 Vernehmung Notheis, S. 46, 61 391 Vernehmung Schnellecke, S. 26 392 Vernehmung Münch, S. 7 4 393 Vernehmung Vogel, S. 143; Vernehmung Wemowsky, S. 14 394 Vernehmung Schnellecke, S. 26 395 Vernehmung Vogel, S. 135; ebenda, S. 127, 131 396 ebenda, S. 127, 131 II. 397 ebenda, S. 1321133; (s. Akten der Staatskanzlei, Nr. 1) 398 ebenda, S. 133; Vernehmung Wemowsky, S. 14 399 Vernehmung Schnellecke, S. 69 400 ebenda, S. 26; Vernehmung Münch, S. 82, 85 78 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Link401 seine Tätigkeit als Chef der Staatskanzlei am 2. September 1991 aufgenommen hatte402- zuständig fQr die "Angelegenheit Rauls".403 Der Zeuge Schnellecke404 erachtete das Papier des Zeugen Vogel als "krauses Zeug" mit nicht faßbaren Mutmaßungen, Behauptungen und Unterstellungen. Als der Zeuge Schnellecke405 das Papier Vogels bekommen hatte, fragte er sich, von wem er eine Einschätzung des vom BOrgerkomitee erstellten Papiers und der darin enthaltenen Behauptungen" erfahren könne.406 Zu dieser Zeit hatte sich der Leiter der Außenstelle des Bundesamtes tar Verfassungsschutz in Magdeburg, der Zeuge Schaper, bei ihm bereits vorgestellt. Der Zeuge Schnellecke wußte auch aus dem Gespräch mit den Vertretern des Bürgerkomitees, daß diese eng mit dem Zeugen Schaper zusammenarbeiteten und der Zeuge Schaper demzufolge die Mitglieder des BOrgerkomitees persönlich kennen und auch einschätzen können masse. Deshalb wandte er407 sich nun an den Zeugen Schaper mit dem Ziel, dessen Einschätzung zu den in dem Papier enthaltenen Behauptungen zu erfahren.408 Der Zeuge Schaper kannte dieses Papier bereits. Der Zeuge Vogel hatte es ihm bereits am 10. September 1991 Obergeben.409 Wie der Zeuge Schnellecke410 hielt auch der Zeuge Schaper das Papier fQr unsubstantiiert.411 Im Ergebnis dieses Gespräches im BOre des Zeugen Schnellecke412 waren sich beide darin einig, daß das Papier Faßbares nicht enthielt, so daß nichts veranlaßt zu werden brauchte. Da sich der Zeuge Vogel in seinem Papier im Hinblick auf Minister Rauls auf Angaben und Hinweise des Zeugen Levy bezogen hatte, wollte der Zeuge Schnellecke ferner mit dem Zeugen Levy ein Gespräch führen. Es sei ihm darum gegangen, die Richtigkeit der Darstellung Vogels zu Oberpraten.413 Ob der Zeuge Schnellecke sich hierOber zuvor mit dem Ministerpräsidenten abgestimmt oder gar von ihm einen entsprechenden Auftrag erhalten hatte, konnte in der Beweisaufnahme nicht geklärt werden. Der Zeuge Prof. Dr. Manch hat dazu angegeben414, er wisse nicht mehr, ob ihm der Zeuge Schnellecke angekündigt habe, mit dem Zeugen Levy ein entsprechendes Gespräch führen zu wollen, da dieser in dem Papier Vogels mehrfach genannt worden sei oder ob der Zeuge Schnellecke ihn erst nach dem Gespräch unterrichtet habe. Dies jedenfalls sei geschehen. Der Zeuge Levy hat dazu bekundet, der Zeuge Schnellecke habe ihm gesagt, der Ministerpräsident wolle wissen, ob der Inhalt des Papiers des Zeugen Vogel den Tatsachen entspreche.415 401 Vernehmung Link,S. 90 402 Vernehmung Schnellecke, S. 30131 403 Vernehmung Münch, S. 84 404 Vernehmung Schnellecke, S. 26 405 ebenda, S. 34 406 ebenda, s. 26 407 Vernehmung Schnellecke, S. 26 408 Aktenvermerl< Schaper vom 24.09.1991 409 Vernehmung Werthebach, S. 11; Vernehmung Schaper, S. 51 410 Vernehmung Schnellecke, S. 27 411 Vernehmung Werthebach, S. 11 412 Vernehmung Schnellecke, S. 41 413 ebenda, S. 27 414 Vernehmung Münch, S. 110 415 Vernehmung Levy, S. 73 79 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 113 766 Jedenfalls verabredete sich der Zeuge Schnellecke416 mit dem Zeugen Levy417 zu einem Gespräch für den 24. September 1991 am Rande einer Kabinetts-Sitzung418 im Gästehaus der Landesregierung. Dort übergab der Zeuge Schnellecke dem Zeugen Levy das Papier Vogels mit der Bitte, zu dem Inhalt Stellung zu nehmen. Nach der Lektüre zeigte sich der Zeuge Levy empört419, weil - wie er hervorhob - in dem Papier das zuvor mit dem Zeugen Vogel geführte Gespräch unzutreffend und entstellt wiedergegeben worden sei.420 Der Zeuge Levy erklärte unmißverständlich, daß er über eine Verbindung des Ministers Rauls zum MfS nichts wisse und keine Aussagen treffen könne. Noch am gleichen Tage unterrichtete der Zeuge Schnellecke421 den Ministerpräsidenten wie auch den Zeugen Schaper von dem mit dem Zeugen Levy geführten Gespräch.422 Im Ergebnis ist festzuhalten, daß Vertreter des Bürgerkomitees Magdeburg im Sommer/Herbst 1991 immer wieder Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rauls erhalten oder gesammelt und auch weitergegeben haben. Weitergegeben wurden diese sowohl an die Landesregierung wie auch an Verfassungsschutzbehörden oder sonstige Dritte, wie jenen MfS-Offizier. Die Landesregierung hat die ihr von dem Bürgerkomitee mitgeteilten Informationen entgegengenommen und sich um eine Einschätzung dieser Informationen bemüht. Dazu hat sie auch auf den Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg zurückgegriffen. 2. Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfSBelastung von Minister Rauls durch Verfassungsschutzbehörden 2.1. Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfS-Belastung von Minister Rau/s durch die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde und das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln Ein Hinweisgeber unter dem Decknamen "Aktie"423 stand seit Anfang 1990 mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Niedersachsen, seinerzeit Teil des Niedersächsischen Innenministeriums, in Verbindung. Bei diesem Hinweisgeber handelte es sich um einen ehemaligen Mitarbeiter der Bezirksverwaltung Magdeburg des MfS, der auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz namentlich bekannt ist. Dieser Hinweisgeber, der von Januar 1990 bis Oktober 1992 seinen Wohnsitz in Niedersachsen hatte und dann wieder nach Sachsen-Anhalt verzog, stand, und zwar bis Januar 1993, ausschließlich mit der Verfassungsschutzbehörde Niedersachsens in Verbindung. Er hatte sich aus eigenem Entschluß an die Verfassungsschutzbehörde gewandt, um seine Tätigkeit für das MfS zu offenbaren.424 Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz befragten diesen Hinweisgeber wie416 Vernehmung Schnellecke, S. 27 417 Vernehmung Levy, S. 65166 41Bvemehmung Münch, 5.110 419 Vernehmung Levy, S. 66 420 Vernehmung Schnellecke, S. 42 421 ebenda, s. 42 422 ebenda, S. 27 423 Vernehmung Richter, S. 11, 16 424 Vernehmung Werthebach, S. 7 80 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 derholt mit dem primären Ziel der Ermittlung geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland.425 Angelegentlich solcher Treffen am 6. und 11. September 1991 berichtete die Quelle "Aktie" über eine angebliche frühere IM-Tätigkeit des Ministers Rauls.426 Hierüber wurden von der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde unter dem 9. und 16. September 1991 zwei Vermerke- als "Randerkenntnis"- gefertigt.427 Diese beiden Vermerke übermittelte die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde am 17. September 1991 mit Telekopie an das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln.428 Daraufhin rief ein Mitarbeiter des Bundesamtes am 19. September 1991 bei der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde an und fragte, ob von dem Hinweis der Quelle "Aktie" auch die Landesregierung Sachsen-Anhalts unterrichtet worden sei.429 Seitens der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde wurde darauf hingewiesen, dies sei Sache des Bundesamtes, welches zudem eine Außenstelle in Magdeburg unterhalte. Am 20. September 1991 wandte sich der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der Zeuge Dr. Werthebach, schriftlich an den Leiter der Verfassungsschutzbehörde Niedersachsens und bat um eine Bewertung der Quelle "Aktie". Er bat desweiteren, ihm mitzuteilen, ob aus Quellenschutzgründen Bedenken gegen eine Weitergabe der in den beiden vorerwähnten Vermerken enthaltenen Informationen bestünden. Unter Umständen komme nämlich eine Unterrichtung zuständiger Stellen in Sachsen-Anhalt nach dem sog. Unterrichtungserlaß in Betracht.430 Der Leiter der Verfassungsschutzbehörde Niedersachsens antwortete am gleichen Tag per Telekopie, daß an der Glaubwürdigkeit des Hinweisgebers "Aktie" keine begründeten Zweifel bestünden. Die von ihm bisher gegebenen Hinweise hätten sich immer als richtig erwiesen. Im übrigen bestünden gegen die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beabsichtigte Unterrichtung keine Bedenken, sofern der Quellenschutz gewahrt werde.431 ln einem Gespräch des Zeugen Dr. Werthebach mit dem Staatssekretär Neusei im Bundesinnenministerium entschied man sich dafür, über die vom Niedersächsischen Verfassungsschutz übermittelten Informationen zu Minister Rauls nicht den F.D.P.- Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt zu unterrichten, sondern - zumal Minister Rauls Stellvertreter des Ministerpräsidenten war - unmittelbar den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt.432 Der Zeuge Dr. Werthebach suchte deshalb das Gespräch mit dem Zeugen Prof. Dr. Münch. Dieser hielt sich am 23. September 1991 in Bonn auf. Nach vorheriger Terminabstimmung suchte ihn der Zeuge Dr. Werthebach am Morgen dieses Tages in Bonn auf. Er teilte ihm dort auf der Grundlage der vom Niedersächsischen Verfassungsschutz übermittelten Informationen mit, eine dem Verfassungsschutz namentlich bekannte "Quelle" habe erklärt, daß Minister Rauls inoffizieller Mitarbeiter des ehemaligen MfS gewesen sei. Zur Bewertung dieses Hinweisgebers bemerkte der Zeuge 425 Vernehmung Richter, S. 6 426 ebenda, s. 6 427 Vernehmung Werthebach, S. 6 428 ebenda, S. 6 429 Vernehmung Richter, S. 8, 23 430 Vernehmung Werthebach, S. 9 431 ebenda, S. 9; Vernehmung Richter, S. 9 432 Vernehmung Werthebach, S. 15 81 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Dr. Werthebach, bei aller Vorsicht gegenüber Aussagen ehemaliger hauptamtlicher MfS-Mitarbeiter habe dieser Hinweisgeber immerhin dazu beigetragen, nachrichtendienstliche Aktivitäten des ehemaligen MfS aufzuklären.433 Der Zeuge Prof. Dr. Münch bedankte sich und erwiderte, diese Verdächtigung sei ihm bereits von anderer Seite zu Ohren gekommen. Die Unterredung, die höchstens 5 Minuten dauerte, endete mit der Erklärung des Zeugen Dr. Werthebach434, daß er in dieser Angelegenheit keine weitere Stelle mehr informieren und auch sonst nichts mehr veranlassen werde.435 Prof. Dr. Münch erachtete die ihm von dem Zeugen Dr. Werthebach übermittelten Vorwürfe als diffus, ohne Konkretisierung und Beweise. Er kehrte noch am gleichen Abend nach Magdeburg zurück. Dort beriet er sich mit Justizminister Remmers, dem Staatssekretär Link 436und dem Zeugen Dr. Schnellecke darüber, wie mit den von dem Zeugen Dr. Werthebach übermittelten Informationen weiter umgegangen werden solle.437 Das Ergebnis dieser Besprechung war, den Bundesinnenminister, zu dieser Zeit Dr. Schäuble, um Rat zu bitten.438 Am 26. September 1991 führte Prof. Dr. Münch das Gespräch mit dem Bundesinnenminister Dr. Schäuble, an dem auch Staatssekretär Dr. Neusei teilnahm. Dieser erklärte, neue Erkenntnisse zu einer möglichen MfS-Belastung von Minister Rauls gäbe es nicht. Die Informationen zu der angeblichen Stasi-Belastung von Minister Rauls gehe auf das Bürgerkomitee in Magdeburg zurück.439 Das Gespräch hatte zum Ergebnis, daß den gegebenen Hinweisen nicht nachgegangen zu werden brauche.440 Der damalige Bundesinnenminister empfahl, Minister Rauls von den Informationen des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Dr. Werthebach zu unterrichten441, was dann auch geschehen ist.442 Am 24. September 1991 unterrichtete der Zeuge Schnellecke den Zeugen Schaper über die von dem Zeugen Dr. Werthebach zur angeblichen Stasi-Belastung des Ministers Rauls erteilten Informationen. Von dem Zeugen Schaper erfuhr er, daß sich der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Frisch,443 am gleichen Tage nachmittags in Magdeburg aufhalte. Dr. Frisch hielt vor den CDU-Mitgliedem des Innenausschusses und des Rechtsausschusses einen Vortrag. Der Zeuge Schaper444 schlug dem Zeugen Schnellecke vor, mit Dr. Frisch ein Gespräch dazu zu führen, ob es die Mitteilung des Zeugen Dr. Werthebach ergänzende Informationen zur vermeintlichen Stasi-Verstrickung des Ministers Rauls gebe. Der Zeuge Prof. Dr. Münch, der von dem Zeugen Schnellecke über diesen Vorschlag unterrichtet wurde, stimmte diesem zu. Und so trafen sich der Zeuge Schnellecke und Dr. Frisch im Landtagsgebäude.445 Dabei erklärte Dr. Frisch, daß er 433 ebenda, S. 9 434 ebenda, S. 30 435 ebenda, S. 9, 29 436 Vernehmung Link, S. 90, 95 437 Vernehmung Münch, S. 89 436 Vernehmung Schnellecke, S. 27 439 Vernehmung Münch, S. 90, 91 440 ebenda, s. 96 441 Vernehmung Link, S. 91 442 Vernehmung Münch, S. 90, 92 443 Vernehmung Schnellecke, S. 28 444 ebenda, S. 28, 52 445 ebenda, S. 28, 60 82 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 über das hinaus, was der Zeuge Dr. Werthebach bereits übermittelt hatte, nichts wisse.446 Am 21. Oktober 1991 übersandte die Landesbehörde für Verfassungsschutz Niedersachsen einen weiteren landesinternen Vermerk vom 17. Oktober 1991 dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieser Vermerk enthielt Hinweise einer niedersächsischen Quelle, daß ein u. a. für Stem-lV arbeitender Journalist seine Recherchen über den stellvertretenden Ministerpräsidenten Rauls eingestellt habe, weil der Zeuge Vogel ihm Hinweise auf neue erfolgsträchtigere Storys geliefert habe. Dagegen befasse sich Vogel selbst noch immer mit Minister Rauls und sei zur Zeit bemüht, dessen Parteikarriere und beruflichen Werdegang zu durchleuchten.447 Diese Nachricht wurde beim Bundesamt zu den Akten genommen, veranlaßt wurde nichts. Insgesamt ist eine Verdachtsfallbearbeitung mit dem Ziel, die angebliche IM-Tätigkeit von Minister Rauls aufzuklären, vom Bundesamt für Verfassungsschutz nicht in Betracht gezogen und auch nicht durchgeführt worden. Insbesondere wurden weder die Daten von Minister Rauls im nachrichtendienstliehen Informationssystem des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeichert noch eine Akte über ihn geführt. 448 Auch ist von dem Bundesamt für Verfassungsschutz kein Auftrag an den Leiter der Außenstelle in Magdeburg erteilt worden, Ermittlungen gegen Minister Rauls durchzuführen.449 Zusammenfassend ist festzuhalten, daß dem Niedersächsischen Verfassungsschutz Hinweise auf eine mögliche MfS-Belastung von Minister Rauls gegeben wurden, die ihren Ursprung im Bürgerkomitee Magdeburg hatten. Diese Hinweise wurden an das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln weitergegeben, das die Landesregierung hiervon unterrichtete. Das Bundesamt in Köln selbst hat danach keine weiteren Maßnahmen mehr zu den geäußerten Verdächtigungen ergriffen. 2.2. Sammlung und Weitergabe von Informationen über eine angebliche MfSBelastung von Minister Rauls durch den Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg Auf Wunsch der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, namentlich des Innenministeriums und dort insbesondere des Staatssekretärs Dr. Mahn, wurde Anfang 1991 in Magdeburg - für die Zeit, bis ein eigenes Landesamt für Verfassungsschutz arbeitsfähig sei, - eine Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz eingerichtet.450 Mitte Juni 1991 übernahm Regierungsdirektor Schaper die Leitung dieser Außenstelle bis zum 16. Februar 1992.451 Sein unmittelbarer Dienstvorgesetzter war der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. 452 446 ebenda, s. 52 447 Vernehmung Werthebach, S. 6 448 ebenda, S. 8 449 ebenda, S. 14 450vemehmung Mahn, S. 57; Vernehmung Werthebach, S. 16 451vemehmung Mahn, S. 57, 91; Vernehmung Schaper, S. 59/60 452vernehmung Schaper, S. 60 83 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 Der Zeuge Schaper war auf dem Gebiet sog. "Stasi-Verstrickungen" sehr rege. 453 Nachdem der Vorsitzende des Magdeburger Bürgerkomitees, der Zeuge Vogel, dem Zeugen Schaper das "Rauls-Papier übergeben hatte, wandte er sich am 20./21. September 1991 erneut an den Zeugen Schaper nunmehr mit der Erklärung, zur angeblichen Tätigkeit des Ministers Rauls als inoffizieller Mitarbeiter seien neue und konkrete Hinweise gegeben worden von einem ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS, der bei der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde in Hannover als "Quelle" geführt werde. Weitere Angaben hierzu konnten von dem Zeugen Vogel - trotz Nachfrage des Zeugen Schaper - nicht erlangt werden. 454 Seine Andeutungen blieben unpräzise und nicht greifbar.455 Der Zeuge Schaper unterrichtete von diesen Hinweisen den Zeugen Dr. Mahn. Dieser erklärte, er könne "so mit der Sache nichts anfangen", er müsse wissen, wie zuverlässig diese Meldung sei.456 Deshalb entschloß sich der Zeuge Schaper mit Zustimmung der Zeugen Dr. Mahn und Schnellecke, anläßlich seiner Dienstreise am 23. September 1991 zur Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde nähere Erkundigungen einzuziehen. 457 Dem Zeugen Schaper wurden alle dort vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen zur angeblichen MfS-Verstrickung des Ministers Rauls zur Kenntnis gebracht.458 Über das, was der Zeuge Schaper auf diese Weise in Hannover erfuhr, hat er unter dem 24. September 1991 einen Aktenvermerk niedergelegt, in dem es u. a. heißt: "Am 23.09.1991 hatte ich in anderer Sache beim Innenministerium in Hannover (Verfassungsschutz) zu tun. Dort erfuhr ich von einem Bericht einer vom dortigen Verfassungsschutz geführten Quelle 'Aktie', daß das ebenfalls dem Bürgerkomitee in Magdeburg angehörende Ehepaar Notheis Informalionen über die angebliche Stasi-Vergangenheit des Herrn Rauls gemacht hat. Ohne konkrete Anhaltspunkte darzulegen und ohne jeden Beweis für die Tatsache einer solchen Vergangenheit anzuführen, hat das Ehepaar gegenüber der Quelle auf Frage, was denn mit Rauls sei, erklärt, 'es sei schlimmer, als man überhaupt vermutet habe'. Führungsoffizier des Herrn Rauls soll ein Detlef König gewesen sein. Anmerkung: Ein Detlef König ist in der vorhandenen MfS-Uste nicht vermerkt. Es gibt vier MfS-Angehörige namens König der BV Magdeburg:•459 Der Sachbearbeiter bei der Verfassungsschutzbehörde in Hannover erklärte dem Zeugen Schaper, daß "an der Sache nichts dran war" und daß die Bemerkung der Eheleute Notheis zur angeblich belasteten Vergangenheit des Ministers Rauls "es sei schlimmer, als man überhaupt vermutet habe" nicht habe konkretisiert werden können.460 453vemehmung Mahn, S. 57 454vemehmung Schaper, s. 52, 55, 63, 64 455ebenda, s. 65 456Vemehmung Mahn, S. 94 457Vemehmung Werthebach, S. 11, 12 Vernehmung Schaper S. 67/68, 73 45Bvemehmung Richter, s. 9 459Anlage 7 460Vemehmung Schaper, S. 55 84 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Über diese ihm in Hannover erteilten lnfonnationen unterrichtete der Zeuge Schaper sogleich die Zeugen Dr. Mahn und Schnellecke.~1 Seinen schriftlichen Aktenvenner1< übennittelte er jedenfalls dem Zeugen Schnellecke in der Staatskanzlei.462 Ob auch der Zeuge Dr. Mahn diesen- wie dies mit den drei nachfolgenden Vennerken geschehen ist - erhalten hat, ist unsicher geblieben.<l63 Jedenfalls hat der Zeuge Schaper den Zeugen Dr. Mahn mündlich über die Er1<undigungen bei der Verfassungsschutzbehörde in Hannover unterrichtet. Hierüber sprach der Zeuge Dr. Mahn mit dem damaligen lnnenminister, dem Zeugen Perschau, mit dem Ergebnis, daß mit dem Zeugen Schaper wiederum Verbindung aufgenommen werden sollte mit dem Ziel, nähere lnfonnationen zu besagter "Quelle" und deren Zuverlässigkeit zu erlangen.464 Der Zeuge Dr. Mahn telefonierte deshalb mit dem Zeugen Schaper, als dieser sich beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln befand, am 25. und 26. September 1991 und fragte nach der Zuverlässigkeit der beim Verfassungsschutz in Niedersachsen zu Minister Rauls vorliegenden lnfonnationen und nach weiteren Erkenntnissen hierzu.~5 Daraufhin setzte sich Schaper mit der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde erneut in Verbindung und bat dort um eine möglichst kurzfristige Nachbefragung der Quelle "Aktie". Der Sachbearbeiter lehnte dies unter Hinweis darauf ab, daß diese Quelle lediglich lnformationsübennittler sei und begründbare Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit bisher nicht entstanden seien.~s Am 2. Oktober 1991 führte der Zeuge Schaper in seiner Dienststelle ein Gespräch mit dem Zeugen Nothais vom Magdeburger Bürgerkomitee, auf dessen Angaben die Hinweise der Quelle "Aktie" beruhten.467 Die Vertreter des Magdeburger Bürgerkomitees, so auch der Zeuge Notheis, hatten wiederholt Gespräche geführt mit früheren MfS-Offizieren. Einer der Gesprächspartner war dabei jener MfS-Offizier der bei der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde als Quelle "Aktie" geführt wurde. Dabei war die Sprache auch auf Minister Rauls gebracht worden_~e Der Zeuge Nothais hat zu dem mit diesem MfS-Offizier geführten Gespräch erklärt, dieser "gab auch zu erkennen, daß er ihn (das ist Minister Rauls) von früher her schon kannte, wahrscheinlich in der Eigenschaft als Verantwortlicher für Kulturfragen im Stadtbezirk und so ... So sehr vertieft wurde es halt nicht, weil das auch nicht so ein direktes Thema war, sondern man hat sich über vieles unterhalten. Seine Stärke war ja doch mehr so der Bereich Kirche. "~9 ~1 Vernehmung Werthebach, S. 12; Vernehmung Schaper, S. 76 ~2Vemehmung Schnellecke, S. 46 ~3Vemehmung Mahn, 27. Sitzung, S. 6 464Vemehmung Perschau, S. 37; Vernehmung Mahn, 27. Sitzung, S. 11, 13 ~svemehmung Richter, S. 9; Vernehmung Mahn, 27. Sitzung, S. 12 ~Vernehmung Richter, S. 9; Vernehmung Schaper, S. 75 467Vemehmung Schaper, S. 68/69 Vernehmung Notheis, S. 57 ~Bvemehmung Notheis, S. 54/55 ~9ebenda, S. 55 85 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Es handelt sich also hierbei um diejenigen Andeutungen und Mutmaßungen, die bereits Eingang in das von dem Zeugen Vogel verfaßte "Rauls-Papier gefunden hatten. Und in dem Gespräch nun zwischen den Zeugen Schaper und Notheis stellte sich heraus, daß Nothais- umgekehrt - der Quelle "Aktie" nur das gesagt hatte, was er, Notheis, von dem Zeugen Vogel erfahren hatte. Mit anderen Worten: Die von der Quelle "Aktie" der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde übermittelten Informationen stammten vom Magdeburger Bürgerkomitee. 470 Auch über dieses Gespräch verfaßte der Zeuge Schaper unter dem 7. Oktober 1991 einen Aktenvermerk: "Betr.: Angebliche Verstrickung des Herrn Umweltministers Rauls Bezug: Weisung Staatssekretär Dr. Mahn Am 02.10.1991 hatte ich Gelegenheit, Herrn Notheiß, Hinweisgeber gegenüber der von Mdl Niedersachsen geführten Quelle AKTIE, zum Thema "RAULS" zu befragen. Das Gespräch wurde so geführt, daß Notheiß nicht bemerkte, daß das Thema RAULS Schwerpunkt des Gesprächs war. Notheiß erklärte, die Informationen zu RAULS von seinem Freund aus dem Bürgerkomitee, Herrn Jürgen Vogel, erhalten zu haben. Weitere Informationen lägen ihm nicht vor. ""71 Dr. Mahn wurde von dieser Unterredung unterrichtet und erhielt auch - wie der Zeuge Schnellecke- den schriftlichen Aktenvermerk Schapers.472 Dem Zeugen Schnellecke war nunmehr klar, daß alle Gerüchte und Mutmaßungen zu Minister Rauls vom Magdeburger Bürgerkomitee stammten und sich diese Verdächtigungen als haltlos erwiesen hatten. Damit war für ihn die Sache erledigt. 473 Das gleiche galt für den Zeugen Dr. Mahn, der den Innenminister entsprechend unterrichtete und ihm auch den Aktenvermerk Schapers vom 7. Oktober vorlegte. 474 Soweit in seinem Aktenvermerk vom 07.10.1991 Bezug genommen wird auf eine 'Weisung Staatssekretär Dr. Mahn", hat der Zeuge Schaper auf entsprechende Vorhaltungen betont, eine Weisung im rechtlichen Sinne habe ihm gar nicht erteilt werden können. Es habe sich lediglich um eine Anregung des Staatssekretärs gehandelt, die bei der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde am 23.09.1991 erlangten Erkenntnisse näher zu prüfen. Nachdem sein Vermerk dem Innenministerium wie der Staatskanzlei vorgelegen habe, sei von dort die Verwendung des Begriffs "Weisung" nicht beanstandet worden. 475 Weitere Aktivitäten in der Angelegenheit des Ministers Rauls wurden bis zum 12. November 1991 nicht mehr entfaltet. 470 Vernehmung Notheis, S. 57 471 Anlage 8 472 Vernehmung Mahn, 27. Sitzung, S. 7; Vernehmung Schnellecke, S. 47 473 Vernehmung Schnellecke, S. 28, 46 474 Vernehmung Mahn, S. 58 475 Vernehmung Schaper, S. 76, 77 86 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 An diesem Tage führte der Zeuge Schaper bei der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde in Hannover ein Gespräch mit dem dort als Sicherheitsbeauftragten des Landes tätigen Zeugen Boinowitz. Zum Anlaß dieses Zusammentreffens, insbesondere aber zum Inhalt dieser Unterredung gehen die Schilderungen der Zeugen Seheper und Beinewitz gravierend auseinander. Nach der Darstellung des Zeugen Schaper habe er sich wieder einmal dienstlich bei der Verfassungschutzbehörde in Hannover befunden und sei dort mehr oder weniger zufällig mit dem Zeugen Beinewitz zusammengetroffen. Es habe sich um ein privates Treffen gehandelt, weil er Beinewitz als früheren Kollegen kannte.476 Demgegenüber hat der Zeuge Beinewitz hervorgehoben, der Besuch Sehepers sei von dem Chef der Spionageabwehr beim Niedersächsischen Verfassungsschutz, dem Zeugen Richter, avisiert worden mit der Erklärung, Schaper wolle ihn [also Boinewitz] zu einigen Punkten befragen. Damit habe er sich einverstanden erklärt, woraufhin zwischen den Zeugen Richter und Seheper ein entsprechender Termin abgestimmt worden sei, zu dem Seheper dann am 12.11.1991 in Hannover erschienen sei.4n Unvereinbar miteinander sind die Darstellungen der Zeugen Seheper und Beinewitz auch zu dem Verlauf bzw. dem Inhalt dieser Unterredung: Der Zeuge Seheper hat das Gespräch in einem Aktenvermerk vom 12.11.1991 festgehalten und dazu vor dem Untersuchungsausschuß beteuert, die Unterredung sei in der Tat so verlaufen, wie er es in seinem Vermerk niedergelegt habe. 478 Danach habe der Zeuge Beinewitz - der in dem Aktenvermerk als "Quelle" bezeichnet wird - mitgeteilt, daß er sich schon lange mit dem Gedanken trage, dem damaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Münch Hinweise auf zwei noch im Amt befindliche Minister seines Kabinetts zu geben, von denen er wissen, daß sie für das MfS gearbeitet hätten. Seine [also Schapers) Frage, ob Minister Rauls einer der Betroffenen sei, habe Beinewitz bejaht. Dieser Sachverhalt- so habe Beinewitz erklärt- sei auch Klaus-Dieter Matschke bekannt. Allerdings habe Beinewitz Matschke so eingeschätzt, daß dieser keine das Land Sachsen-Anhalt belastenden Informationen weitergeben werde, wenn seine finanziellen Forderungen gegen das Land - ggf. vergleichsweise - in angemessener Weise befriedigt würden. Er, Schaper, habe Beinewitz ermutigt, sein Wissen preiszugeben, und darauf hingewiesen, daß für derartige Angelegenheiten in der Staatskanzlei Ministerialdirigent Schnellecke zuständig sei. Beinewitz habe sich bereiterklärt, mit dem Zeugen Schnellecke zu sprechen. Weitere Einzelheiten habe Beinewitz nicht angegeben, habe aber um ein baldiges Gespräch mit Schnellecke gebeten. Vor dem Untersuchungsausschuß hat der Zeuge Seheper ergänzend bekundet, er habe zunächst allgemein die Sprache darauf gebracht, daß in Magdeburg "im Augenblick eine Menge los sei", weil zwei Landesminister als frühere inoffizielle Mitar476ebenda, S. 52 4nvemehmung Boinowitz, S. 160 47BVemehmung Schaper, S. 79, 83 87 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 beiter des MfS enttarnt worden seien.479 Darüber habe man sich unterhalten. Und in diesem Zusammenhang habe der Zeuge Boinowitz dann erklärt, nach seinen Informationen seien in dieser Hinsicht noch zwei weitere Landesminister in Sachsen-Anhalt belastet.480 Und auf die Rückfrage Schapers, ob einer von ihnen der Minister Rauls sei, habe Boinowitz dies bejaht, sich aber geweigert, die Quelle seiner Informationen zu nennen.481 ln diesem Zusammenhang sei über Matschke noch gar nicht gesprochen worden, und er, Schaper, habe auch überhaupt keinen Grund gehabt, Boinowitz auf Matschke anzusprechen.482 Daß hinter den ihm von Boinowitz erteilten Informationen Matschke stehe, sei ihm von Boinowitz erst später eröffnet worden. 483 Auch der Zeuge Boinowitz hat seine Erinnerung an diese Unterredung in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.09.1992 niedergelegt, nachdem ihm der Aktenvermerk des Zeugen Schaper vom 12.11.1991 - wie auch der nachfolgende Vermerk vom 19.11.1991 - zur Kenntnis gebracht wurde. Danach habe Schaper gleich zu Beginn des Gesprächs auf seine Kontakte zu Matschke hingewiesen und erklärt, da er, Boinowitz, Matschke doch gut kenne, könne er vielleicht auch in dem Rechtsstreit zwischen Matschke und dem Land Sachsen-Anhalt vermitteln; man könne doch einen für beide Seiten vernünftigen Vergleich anstreben. Als er, Boinowitz, angeregt habe, es sei doch am einfachsten, wenn Schaper selbst sogleich Matschke anrufe, habe Schaper gezögert und ihm, Boinowitz, ein Gespräch mit dem Zeugen Schnellecke aus der Staatskanzlei angeboten; mit ihm könnten die Ansprüche Matschkes gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt erörtert werden. Es sei frei erfunden, daß er dem Zeugen Schaper mitgeteilt habe, er, Boinowitz, trage sich schon lange mit dem Gedanken, dem damaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Münch Hinweise auf zwei noch im Amt befindliche Minister des Landes SachsenAnhalt über deren frühere Tätigkeit für das MfS zu geben. Auch habe ihn Schaper keineswegs ermuntert, sein Wissen preiszugeben. ln diesem Zusammenhang habe Schaper auch nicht auf Ministerialdirigent Schnellecke hingewiesen. Vielmehr sei es Schaper gewesen, der danach gefragt hätte, ob er, Boinowitz, schon gehört habe, daß Minister Rauls MfS-Kontakte unterhalten habe. Dieses habe er, Boinowitz, bejaht und hinzugefügt, seines Wissens hätten alle Funktionäre der Blockparteien solche Kontakte unterhalten. Alsdann habe Schaper sich danach erkundigt, ob er, Boinowitz, noch von einem weiteren Minister oder Staatssekretär im Landeskabinett Sachsen-Anhalts mit MfS-Kontakten gehört habe. Dies habe er verneint. Er habe Schaper noch berichtet, daß auch Matschke von dem angeblichen MfSKontakten des Ministers Rauls wisse. Matschke habe dies von dem Magdeburger Bürgerkomitee, nämlich dem Zeugen Vogel, erfahren. Dies könne er, Schaper, sich von Matschke selbst schildern lassen. Darüber schließlich, daß Matschke das Land Sachsen-Anhalt belastende Informationen nicht weitergeben werde, wenn seine finanziellen Forderungen gegen das 479ebenda, s. 52 480ebenda, S. 53, 56 481 ebenda, s. 56 482ebenda, s. 79/80 483 ebenda, s. 56 88 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Land in befriedigender Weise erfüllt würden, habe er, Boinowitz, mit Schaper nicht gesprochen. Der Zeuge Beinewitz hat vor dem Ausschuß betont, der Inhalt seiner dienstlichen Stellungnahme entspreche der Wahrheit484, während der Zeuge Schaper zu dieser ihm bekannten dienstlichen Stellungnahme bekundete: "und ich muß ganz ehrlich sagen: So ist es nicht gewesen".485 Der Zeuge Beinewitz hat vor dem Untersuchungsausschuß ergänzend erkläf1486: Vor der Unterredung mit dem Zeugen Schaper habe er gewußt, daß eine Quelle "Aktie" Hinweise auf eine Stasi-Verstrickung des Ministers Rauls gegeben habe. Auch habe er vor diesem Gespräch von Matschke telefonisch erfahren, daß dieser sich mit Minister Rauls in Frankfurt getroffen und auch auf diese Weise von den besagten Verdächtigungen erfahren habe.487 Schaper - so hat der Zeuge Beinewitz weiter bekundet - habe versucht, ihn auszufragen.488 Schaper habe das Gespräch von sich aus auf Matschke und dessen Rechtsstreit mit dem Land Sachsen-Anhalt gebracht und ihn gefragt, ob er nicht vermittelnd tätig werden könne.489 Und von sich aus habe Schaper nach einem zweiten Minister im Landeskabinett von Sachsen-Anhalt gefragt, der evtl. MfS-Kontakte unterhalten habe.490 Im übrigen hat der Zeuge Beinewitz bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuß die Wahrheit seiner dienstlichen Stellungnahme vom 02.09.1992 bekräftigt.491 Er äußerte sich empört darüber, von dem Zeugen Schaper in dessen Vermerken als "Quelle" bezeichnet worden zu sein. Dafür habe es überhaupt keinen Grund gegeben, so daß von der Vermutung auszugehen sei, Schaper habe sich selbst bzw. den von ihm niedergelegten Sachverhalt wichtig machen" wollen.492 Von diesem Gespräch mit dem Zeugen Beinewitz unterrichtete der Zeuge Schaper den Zeugen Dr. Mahn 493 und erklärte, nach seinem Eindruck verfüge Matschke doch über erhebliche Kenntnisse zu Stasi-Kontakten und Stasi-Belastungen von Mitgliedern der Landesregierung. Er halte es deshalb für geboten, darüber mit Matschke zu sprechen. Dem stimmte der Zeuge Dr. Mahn ausdrücklich zu494, wies aber darauf hin, daß hierfür nicht das Innenministerium, sondern die Staatskanzlei - dort der Zeuge Schnellecke - zuständig sei. Darin war er sich mit dem damaligen lnnenminister, dem Zeugen Perschau, einig.495 484Vemehmung Boinowitz, S. 164, 165, 167, 169, 170, 171 485Vemehmung Schaper, S. 79 486Vemehmung Boinowitz, S. 119, 120, 169 487Vemehmung Boinowitz, S. 167 bis 170, 172, 173 488 ebenda, S. 159 489 ebenda, s. 160 490ebenda, S. 161 491ebenda,S. 160,161,164,167,170 492ebenda, S. 162, 163 493Vemehmung Werthebach, S. 13; Vernehmung Schaper, S. 81; Vernehmung Mahn, S. 97, 98 494Vemehmung Mahn, S. 97 495ebenda, S. 97, 98, 100 89 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Der Zeuge Dr. Mahn beriet sich über ein möglicherweise zu führendes Gespräch telefonisch sowohl mit dem Zeugen Schnellecke, der sich seiner Auffassung anschloß, als auch mit dem Chef der Staatskanzlei, dem Zeugen Link, der sich dazu skeptisch äußerte.-496 Als dann der Aktenvenneri< Schapers vom 12. 11 . 1991 - und später auch de~enige vom 19.11.1991 - im Innenministerium bei dem Zeugen Dr. Mahn eintraf, ist dort nichts mehr veranlaßt worden. Es gab auch keine Gespräche mehr zwischen den Zeugen Dr. Mahn und Schaper:4e7 Entsprechend dem Hinweis des Zeugen Dr. Mahn hielt der Zeuge Schaper nunmehr nur noch Verbindung mit der Staatskanzlei. Dem Zeugen Schnellecke übergab Schaper seinen Aktenvennerk vom 13. November 1991.498 Der Zeuge Schnellecke war sich unschlüssig, wie auf den von Schaper übermittelten Gesprächswunsch des Zeugen Boinowitz reagiert werden sollte.499 Er neigte zunächst dazu, diesem Wunsch zu entsprechen, wollte dazu aber noch den Chef der Staatskanzlei, den Zeugen Link, befragen.soo Vorsorglich hielt er für ein Gespräch mit dem Zeugen Boinowitz einen Tenn in frei für den 19. November 1991, den er dem Zeugen Schaper nannte. 501 Am 15. November 1991 erörterte der Zeuge Schnellecke diese Frage mit dem Zeugen Link502 und übergab ihm den Aktenvennerk Schapers vom 12. November.503 Der Zeuge Link entschied sich gegen ein Gespräch mit Boinowitz504, weil er dazu auf der Grundlage des von dem Zeugen Vogel verfaßten "Rauls-Papiers" und des "nachschwappenden" Vennerks des Zeugen Schaper, der mangelnden Solidität dieser Hinweise, keine Veranlassung sah.505 Der Zeuge Schnellecke setzte sich daraufhin mit dem Zeugen Schaper in Verbindung. Er sagte ein Gespräch mit dem Zeugen Boinowitz definitiv ab und wies noch darauf hin, daß er nun aus den Diensten der Staatskanzlei ausscheide, so daß Schaper sich ggf. an den Chef der Staatskanzlei wenden müsse.506 Am 18. November 1991 hatte der Zeuge Schaper abermals den Zeugen Boinowitz in Hannover aufgesucht507, um mit ihm die Modalitäten des Gesprächs in Magdeburg abzustimmen. Der Zeuge Boinowitz hatte sich bereiterklärt, am 19. November nach Magdeburg zu kommen. Dazu kam es aber nicht, weil einerseits der Zeuge Schnellecke - wie dargestellt - das Gespräch abgesagt hatte, andererseits dem Zeugen Boinowitz von dessen Abteilungsleiter - nach Rücksprache mit dem Staatssekretär beim Niedersächsischen Innenministerium - erklärt wurde, er solle die Reise nach Magdeburg nicht antreten.506 496ebenda, S. 99, 100 497 ebenda, s. 98 498Vemehmung Schnellecke, S. 62 499 ebenda, S. 28 500ebenda,S.29,63,64 501 ebenda, S. 29, 65; Vernehmung Link, S. 114 502Vemehmung Schnellecke, S. 29, 63 503ebenda, S. 65; Vernehmung Link, S. 104 504Vemehmung Schnellecke, S. 29, 64, 65 505Vemehmung Link, S. 114,115,116 506Vemehmung Schnellecke, S. 64, 65, 66 507Vemehmung Schaper, S. 85 506Vemehmung Boinowitz, S. 172 90 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 Bei diesem Gespräch nun soll der Zeuge Beinewitz weitere umfängliche Hinweise des Zeugen Matschke dem Zeugen Schaper übermittelt haben. So u. a. darüber, daß bei dem Hinweis auf zwei weitere angeblich Stasi-belastete Landesminister ein Irrtum vorliegen könne; jedenfalls handele es sich mit Sicherheit aber um Minister Rauls, bei der zweiten Person könne es sich auch um einen Staatssekretär handeln. Er soll ferner gesagt haben, daß der Zeuge Matschke mehr darüber wisse und man an ihn herantreten müsse. Desweiteren, daß bei der Polizei und den Bezirksregierungen noch heute belastete Personen in leitender Funktion tätig seien. Auch sei wieder der Verwaltungsrechtsstreit zwischen Matschke und dem Land Sachsen-Anhalt und ein anzustrebender Vergleich zur Sprache gekommen. Der Zeuge Schaper hat auch über diese Unterredung mit dem Zeugen Beinewitz unter dem 19. November 1991 einen Aktenvermerk gefertigt. Der Richtigkeit auch dieses Vermerks ist der Zeuge Beinewitz mit seiner bereits erwähnten dienstlichen Stellungnahme vom 02.09.1992 nachdrücklich entgegengetreten.509 Der Zeuge Schaper übermittelte auch diesen Aktenvermerk der Staatskanzlei510 wie auch dem Zeugen Dr. Mahn.511 Der Vermerk enthielt am Schluß die Empfehlung Schapers, er sehe keine Möglichkeit, weitere Informationen über die angeblich belasteten Personen zu erlangen, als ein Gespräch mit Matschke zu führen. Die "Quelle" [also Boinowitz) sei bereit, nach einem Vorgespräch mit kompetenten Vertretern aus der Staatskanzlei, den Kontakt zu Matschke zu vermitteln. Der Zeuge Link unterrichtete den Ministerpräsidenten mit dem Ergebnis, daß - wie schon bei dem Aktenvermerk Schapers vom 12. November 1991 -nichts veranlaßt und der Vermerk unter Verschluß genommen werde.512 Er teilte Schaper mit, bei den in Rede stehenden Informationen handele es sich nach Auffassung der Landesregierung lediglich um Intrigen und die Landesregierung sei an weiteren Informationen nicht interessiert. 513 Damit fanden die Recherchen des Zeugen Schaper zu einer angeblichen Stasi-Verstrickung des Ministers Rauls ihr Ende. Über seine Aktivitäten hatte der Zeuge Schaper seinen Vorgesetzten, nämlich den Präsidenten oder den Vizepräsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln, nicht unterrichtet. 514 Er hat dem Bundesamt das ihm von dem Zeugen Vogel übergebene "Rauls-Papier" nicht zugeleitet.515 Das gleiche gilt für seine vier Aktenvermerke vom 24. September, 7. Oktober, 12. und 19. November 1991.516 Diese Vermerke Schapers, die bei der 509dienstliche Stellungnahme Boinowitz vom 02.09.1992; Vernehmung Boinowitz, S. 169 51DVemehmung Link, S. 104, 115 511 Vernehmung Mahn, S. 98 512Vemehmung Link, 5.117 513Vemehmung Schaper, S. 57, 58, 86 514Vemehmung Werthebach, S. 10, 14 515ebenda, S. 8, 11 516ebenda, S. 10, 11; Vernehmung Schaper, S. 87 91 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Auflösung der Außenstelle in Magdeburg zusammen mit allen anderen Unterlagen dort vernichtet wurden517, sind dem Bundesamt in Köln erst im August 1992 bzw. Juli 1993 vom Innenministerium bzw. von der Staatskanzlei Sachsen-Anhalts zur Verfügung gestellt worden.s1a Diese Übermittlungsform hat der Zeuge Dr. Werthebach als "sicherlich ungewöhnlich" bezeichnet.519 Daß der Zeuge Schaper von seinen Vermerken dem Bundesamt keine Ablichtung übermittelt habe, entspreche gewiß nicht dem üblichen bürokratischen Verlauf.520 Und der Zeuge Dr. Werthebach hat hervorgehoben, daß dem Zeugen Schaper für seine Recherchen vom Bundesamt für Verfassungsschutz kein Auftrag erteilt wurde. 521 Der Zeuge Schaper selbst hat zu seinen Bemühungen gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine dienstliche Erklärung abgegeben.522 Danach habe er die Gespräche mit dem Zeugen Boinowitz zu dem Zweck geführt, den Behörden in Sachsen-Anhalt ggf. weitere Wissensträger bzw. Hinweisgeber zu einer angeblichen IM-Tätigkeit des stellvertretenden Ministerpräsidenten Rauls vermitteln zu können. Weder der Staatssekretär Dr. Mahn noch irgendein anderer Funktionsträger des Landes Sachsen-Anhalt hätten ihn ersucht, Ermittlungen gegen Minister Rauls durchzuführen.s23 Der Zeuge Schaper hat vor dem Untersuchungsausschuß bekundet, es sei für ihn von Vorteil gewesen, auf den Zeugen Dr. Mahn mit seinen Erfahrungen als ehemaliger Abteilungsleiter des Niedersächsischen Verfassungsschutzes zurückgreifen zu können. Es habe sich dabei aber nur um Empfehlungen des Zeugen Dr. Mahn gehandelt, die Entscheidung sei ihm selbst überlassen geblieben. 524 Im Ergebnis ist festzustellen, daß der damalige Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg zu der angeblichen MfS-Verstrickung von Minister Rauls recherchiert hat. Er hat hierbei sowohl auf Informationen des Bürgerkomitees als auch des Niedersächsischen Verfassungsschutzes , und hierbei insbesondere auch die des Zeugen Boinowitz, zurückgegriffen. Von diesen Recherchen waren die Zeugen Münch, Perschau und Link teilweise, die Zeugen Schnellecke und Mahn umfassend unterrichtet. Die Zeugen Schnellecke und Mahn haben zum Teil nach Absprache mit dem Ministerpräsidenten Münch resp. dem Innenminister Perschau den Zeugen Schaper zu weiteren Recherchen aufgefordert. Das Verhalten der Zeugen Schnellecke und Mahn wurde von dem Zeugen Schaper als Billigung seiner Recherchen, die außerhalb des Auftrages des Verfassungsschutzes liegen, verstanden. Wenn auch nicht nachgewiesen werden konnte, daß der Ministerpräsident den Zeugen Schaper zu derartigen Recherchen aufgefordert hat, so hat er es doch unterlassen, dessen Tun zu beenden. Daß dieses - unabhängig von den rechtlichen Bestimmungen - in der Macht der Landesregierung stand, zeigte sich, als der Chef der Staatskanzlei den Zeugen Schaper im November 1991 endlich darauf hinwies, daß die Landesregierung an derartigen Informationen nicht weiter interessiert sei. Dem Bundesamt in Köln ist der Vorwurf zu machen, den Zeugen Schaper nicht hinreichend kontrolliert zu haben, der Landesregierung, diesen erst im November 1991 von weiterem Tun abgehalten zu haben, obwohl ihr die Gesetzwidrigkeit seines Handeins bekannt sein mußte. 517Vemehmung Schaper, S. 69 51BVemehmung Werthebach, S. 11 519ebenda, S. 18 520ebenda, s. 20 521 Vernehmung Werthebach, S. 14 522ebenda, S. 10 523ebenda, s. 14 524Vemehmung Schaper, S. 54, 66, 67 92 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3 766 3. Information von Minister Rauls durch die Landesregierung Einer der im Rahmen der sogenannten "Ausspähaffäre" erhobenen Vorwürfe gegen die Regierung Münch betraf die Art und Weise der Unterrichtung von Minister Rauls durch den Ministerpräsidenten.525 Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses ist der Zeuge Rauls zum Teil zu spät, zum Teil nur unvollständig unterrichtet worden. Zwar wurde der Zeuge Rauls unmittelbar nach dem Anfang August von dem Bürgerkomitee erhobenen Vorwurf, er sei der "IM Günther" und jahrelang für das MfS tätig gewesen, sowie den Widerruf dieser Behauptung sofort unterrichtet526, nicht jedoch über die erneuten Verdächtigungen des Zeugen Vogel, die dieser am 2. 9. 1991 gegenüber dem Zeugen Münch äußerte. Auch über das von dem Zeugen Vogel angefertigte Papier "Rauls - Versuch einer Darstellung" wurde der Zeuge Rauls lediglich mündlich unterrichtet, zur Verfügung gestellt wurde es ihm jedoch nicht. 527 Zwar wurde der Zeuge Rauls über das mit dem Zeugen Dr. Werthebach am 23. 9. 1991 geführte Gespräch am 1. 10. 1991 informiert, die Vermerke des Zeugen Schaper vom 24. 9. und 7. 10. 1991 wurden ihm aber nicht gegeben. Infolgedessen konnte der Zeuge Rauls nur mutmaßen, daß Ursprung aller Gerüchte das Bürgerkomitee sei. Der Zeuge wußte aber nicht, wer sich hinter der sogenannten "Quelle Aktie" verbirgt.528 Der Zeuge wurde auch unpräzise über die Vermerke des Zeugen Schaper vom November 1991 informiert. Daß es sich um zwei Vermerke handelt, erfuhr der Zeuge Rauls erst aus der Veröffentlichung des SPIEGEL 1992, die ihm dann auch erstmals überhaupt gegeben wurden.529 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die von dem Zeugen Münch behauptete laufende und vollständige Unterrichtung des Zeugen Rauls530 nicht stattgefunden hat. 525 s. h. Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 2. 8. 92; Pressemitteilung des Vorsit2enden der F.D.P.-Fraktion vom 12. und 17. 8. 1992 526 Vernehmung Rauls, S. 19 f.; Vernehmung Münch, S. 71 527 Vernehmung Rauls, S. 29 f., S. 32; Vernehmung Schnellecke, S. 71; Vernehmung Link, S. 120 f. 528 Vernehmung Rauls, S. 51 f. 529 Vernehmung Rauls, S. 55 ff. 530 Vernehmung Münch, S. 85, 93 93 Landtag von Sachsen-AnhaH, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 V. Der Ausschuß soll klllren, "ob jetzige oder frühere Mitglieder der Landesregierung, jetzige oder frühere Mitarbeiter der Landesregierung im Rahmen ihrer Tlltigkeit oder inoffiziell zu Informationen gelangt sind, Informationsmaterial gesammelt oder Informationsmaterial in ihren Besitz gebracht haben, das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung vetWendet werr:len kann. Der Ausschuß soll in diesem Zusammenhang Insbesondere das Zusammenwirken zwischen Verfassungsschutzbehörden, der Gauck-Behörr:le und der Landesregierung, ihren Beauftragten oder ihren Beamten aufklllren." Die Beweiserhebung zu diesem Punkt des Untersuchungsauftrages konzentrierte sich auf die Frage, ob der Zeuge Matschke Informationen über den Zeugen Rauls gesammelt oder erlangt hat, die gegen diesen verwendet werden könnten. Soweit andere Mitarbeiter oder Mitglieder der Landesregierung derartige Informationen erlangt haben, ist dieses bereits oben dargestellt worden. Sämtliche dieser Informationen stehen nämlich im Zusammenhang mit den Tätigkeiten verschiedener Verfassungsschutzbehörden oder dem Bürgerkomitee. Anhaltspunkte dafür, daß darüber hinaus jetzige oder ehemalige Mitarbeiter oder Mitglieder der Landesregierung Informationen erlangt haben, die gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden können, lagen nicht vor. Der Untersuchungsausschuß konnte trotz Zweifel letztlich nicht klären, ob der Zeuge Matschke in Besitz von Informationen ist, die gegen Minister Rauls verwendet werden können. Das erste Treffen fand Ende September 1991 statt. Der Zeuge Rauls, der sich anläßlich des Kinderumweltgipfels in Frankfurt am Main aufhielt, traf sich nach dieser Veranstaltung mit dem Zeugen in einem italienischen Restaurant.531 Dieses Treffen war durch Vermittlung des Zeugen Weidemann telefonisch vereinbart worden. Der Zeuge Weidemann war bis 1989 Chef der K1 in Magdeburg gewesen, weshalb ihm zum 31. 12. 1990 gekündigt worden war. Im Oktober/November 1990 erwog der Zeuge, sich erneut für den Polizeidienst zu bewerben. Bei der Abgabe seiner Bewerbungsunterlagen sprach er mit den Zeugen Klapa und Niemann, die ihn an den Zeugen Matschke weiterverwiesen, da dieser als "Sicherheitsbeauftragter" für die Überprüfung politisch belasteter Personen zuständig sei. 532 Der Zeuge Weidemann wurde auch zunächst wieder in den Dienst des Landes eingestellt, aus dem er dann endgültig im März 1991 ausschied.533 Bei der Suche nach einer für ihn geeigneten Stelle wandte er sich im Mai/Juni 1991 an den Zeugen Matschke und erbat von diesem Rat.534 Anläßlich eines solchen Gesprächs im August 1991535 fragte ihn der Zeuge Matschke, ob er nicht jemanden in der Landesregierung kenne, da er zwei "bedeutsame Informationen für die Landesregierung" habe. Der Zeuge Matschke gab an, es handele sich zum einen darum, daß ein Ausbilder von RAF-Mitgliedern bei der Polizei in Sachsen-Anhalt tätig sei. Über die zweite Information wollte der Zeuge Matschke keine Angaben machen. Der Zeuge Weidemann erwiderte ihm, daß er den Zeugen Rauls kenne, da er mit diesem ungefähr 1 0 Jahre in einem Haus 531 Vernehmung Rauls, 5. 35/36, 59 532 Vernehmung Weidemann, 5. 15/16 533 ebenda, 5. 16/17 534 ebenda, 5. 17/1 B 535 ebenda, 5. 23 94 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 gewohnt habe.536 Er bot an, dem Zeugen Rauls den Gesprächswunsch zu übermitteln. Zurückgekehrt nach Magdeburg rief er den Zeugen Rauls an und teilte ihm den Wunsch des Zeugen Matschke nach einem Gespräch und die hierzu angegebenen Begründungen mit. Hierüber informierte er anschließend den Zeugen Matschke, dem er auch die private Telefonnummer des Zeugen Rauls gab.537 Der Zeuge Matschke rief mehrfach privat bei dem Zeugen Rauls an und erklärte diesem gegenüber, "daß er über Informationen verfüge, die für mich [das ist Wolfgang Rauls) persönlich wie auch für die Landesregierung sehr bedeutsam wären. Es handele sich um Informationen über die Tätigkeit von teils hochrangigen Mitarbeitern der Landesregierung für Dienststellen der Staatssicherheit bzw. des sowjetischen Geheimdienstes KGB. "538 Über diesen Gesprächswunsch des Zeugen Matschke waren der Ministerpräsident, der Minister des Inneren und der Minister der Justiz sowie die Zeugen Schnellecke und Link unterrichtet worden, die dem Zeugen Rauls von einem Gespräch abrieten.S39 Der Zeuge Rauls hat nach seinen Angaben das Gespräch gleichwohl geführt, da er als stellvertretender Ministerpräsident angesichts der damaligen politischen Lage naturgemäß für Dinge von erheblicher politischer Brisanz ein offenes Ohr haben mußte; im übrigen hätten ihn die im Sommer 1991 aufgekommenen Gerüchte zu seiner Vergangenheit selbstverständlich auch zu einem derartigen Treffen motiviert.S40 Das erste Treffen zwischen den Zeugen Matschke und Rauls fand in einem italienischen Lokal in Frankfurt statt. Der Zeuge Matschke erschien zu diesem Treffen mit vier weiteren Personen, die er noch vor dem Eintreffen des Zeugen Rauls an Nebentischen im Restaurant plazierte und die er dem Zeugen Rauls auch nicht vorstellte. Der Zeuge Rauls konnte daher nicht wissen, daß Matschke in Begleitung erschienen war. Der Zeuge Matschke gab hierzu einmal an, er habe dieses zu seinem eigenen Schutz getan, dann aber auch, er habe dieses auch zum Schutz des Zeugen Rauls getan. Auf die Frage, was er denn für sich befürchtet habe, verwies er allgemein auf seine Erfahrungen mit dem Land Sachsen-Anhalt sowie mit dem Zeugen Levy Ende Januar 1991, der ihn bedroht habe.541 Auch über den Inhalt des geführten Gesprächs gibt es teilweise abweichende Darstellungen. Der Zeuge Matschke gab an, er habe dem Zeugen Rauls mitgeteilt, daß Norbert Wetzel, der zu DDR-Zeiten RAF-Mitglieder ausgebildet habe, mit Wissen des Staatssekretärs Dr. Mahn nach wie vor bei der Polizei in Sachsen-Anhalt beschäftigt sei. Er habe den Zeugen Rauls ferner gebeten, in seinem Rechtsstreit mit dem Land Sachsen-Anhalt zu vermitteln.542 Der Zeuge Rauls gab an, von Matschke über den "Fall Wetzel" informiert worden zu sein. Darüber hinaus hätte ihm der Zeuge Matschke weitere belastete Angehörige der Polizei genannt, deren Namen er gleichfalls an den Innenminister weitergegeben habe. Der Zeuge Matschke habe ihm auch erzählt, er sei von dem Zeugen Vogel über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe unterrichtet worden. 536 ebenda, S. 18 537 Vernehmung Weidemann, S. 24/25 538 Wolfgang Rauls, Zuarbeit zum Bericht der Landesregierung an den Zwe~en Parlamentarischen Untersuchungsausschuß vom 23.11.92, S. 2 539 Vernehmung Rauls, S. 41 540 ebenda, S. 40 541 Vernehmung Matschke am 18. 2. 93, S. 82, 85, 93 542 ebenda, S. 68 ff. 95 Landlag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Der Zeuge Matschke habe ihn ferner um die Vermittlung eines Gesprächs mit dem Ministerpräsidenten oder dem Minister des lnnern gebeten.S43 Der Zeuge Rauls traf sich etwa einen Monat später, anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, erneut mit dem Zeugen Matschke in dessen Büro in Frankfurt am Main. Er gab an, mit dem Zeugen erneut über das Thema "Wetzel" gesprochen zu haben sowie diesem übermittelt zu haben, daß weder der Ministerpräsident noch der Innenminister bereit seien, sich mit ihm zu einem Gespräch zu treffen. Darüber hinaus habe der Zeuge Matschke ihm mitgeteilt, daß er von den Recherchen des Verfassungsschutzes zu seiner Vergangenheit Kenntnis habe.544 Zu einem dritten Treffen zwischen den Zeugen kam es dann anläßlich einer Sitzung des Bundesfachausschusses Umwelt der F.D.P. in Bonn im März 1992. Hier sei der Zeuge Matschke beim Frühstück im Hotel auf ihn zugekommen, ohne daß dieses vorher verabredet gewesen sei. Vom Zeugen Rauls hatte Matschke dessen Aufenthaltsort in Bonn nicht erfahren. Der Zeuge Rauls erklärte, er habe dem Zeugen auch hier wiederholt mitgeteilt, daß weder der Ministerpräsident noch der Innenminister ein Gespräch mit ihm zu führen wünschten.545 Zu den zwischen den Zeugen geführten Gesprächen hat der Zeuge Boinowitz in seinem Vermerk vom 2. 9. 1992 erklärt: "Ergänzend erzählte ich Henn Seheper noch, daß auch Herr Matschke von den MfS-Kontakten des Minister Rauls wisse. Dies hätte Matschke von dem "Bürgerrechtler" Jürgen Vogel erfahren, aber auch von Rauls selbst, mit dem er sich in Frankfurt getroffen habe . ..s46 Zwar hat der Zeuge in seiner Vernehmung auf mehrfachen Vorhalt erklärt, der Vermerk sei korrekt, doch ist dieser auch in sich widersprüchlich. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Zeuge Rauls und der Zeuge Matschke sich insgesamt dreimal persönlich getroffen haben und der Zeuge Matschke zumindest gehofft hat, über den Zeugen Rauls Einfluß auf den von ihm angestrengten Rechtsstreit gegen das Land nehmen zu können. Der Zeuge Matschke war dabei über die gegen den Zeugen Rauls erhobenen Vorwürfe jeweils gut unterrichtet, und zwar sowohl was den Inhalt der Vorwürfe betraf, als auch über die von den Mitgliedern der Landesregierung und des Bundesamtes für Verfassungsschutz unternommenen Schritte.547 Ob er diese Informationen ausschließlich aufgrund "seiner guten Beziehungen und Bekannten .... [zum Verfassungsschutz Niedersachsen]" erhalten hat, wie er gegenüber dem Zeugen Rauls angab548, konnte nicht weiter aufgeklärt werden. 543 Vernehmung Rauls, S. 41, 48 ff., 52!53 544 ebenda, S. 48 ff. 545 Vernehmung Rauls, S. 21 548 Josef Boinowitz, Stellungnahme zu den Aktenvennerken des Regierungsdirektors Schaper vom 12. und 19.11.1991, S. 2 547 Vernehmung Rauls, S. 50 f. 548 Vernehmung Rauls, S. 50 96 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 1/3766 V/_ Gesamtzusammenfassung Klaus-Dieter Matschke wurde von dem ersten Innenminister des Landes SachsenAnhalt, Wolfgang Braun, eingestellt. Die ihm zugedachte Tätigkeit läßt sich dabei nicht in herkömmliche Kategorien einordnen, sondern wurde mit dem nicht näher konkretisierbaren Begriff "Sicherheitsbeauftragter" umschrieben. Klaus-Dieter Matschke selbst war es darum gegangen, einen nicht kontrollierbaren und gut dotierten Posten in Sachsen-Anhalt zu erhalten. Sowohl er selbst als auch Wolfgang Braun und der damalige Ministerpräsident Dr. Gerd Gies dachten auch daran, ihn zum Leiter der Verfassungsschutzbehörde von Sachsen-Anhalt zu machen. Die Unterstützung, die Klaus-Dieter Matschke durch den Ministerpräsidenten Dr. Gies erfuhr, war u.a. dadurch motiviert, daß er ihm bei der Überprüfung der CDUAbgeordneten auf eine eventuelle MfS-Belastung Dienste geleistet hatte. Klaus-Dieter Matschke hat mit Billigung von Dr. Gerd Gies mindestens über den Abgeordneten Renger belastende Informationen gesammelt, und zwar im Zusammenwirken mit Ralf Geisthardt. Er hat darüber hinaus über weitere CDU-Abgeordnete mögliches belastendes Material gesammelt. Ob dieses bereits den sogenannten "Anhörungen" der CDU-Abgeordneten zugrunde lag, die der Ministerpräsident Dr. Gies am 27. 10. 1990 gemeinsam mit dem damaligen Fraktionsvorsitzenden Joachim Auer durchführte und zum Mandatsverzicht von zunächst zwei Abgeordneten führte, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden. Jedenfalls aber basierten diese Anhörungen auf lnformationsmaterial, das nicht offiziell von der Gauck-Behörde erteilt worden war, was Ralf Geisthardt wußte, der mit der Beschaffung dieser Auskünfte von der CDU-Fraktion beauftragt worden war. Klaus-Dieter Matschke hat seine Tätigkeit in Sachsen-Anhalt, über die er nur dem damaligen Innenminister Braun und dem damaligen Ministerpräsidenten Dr. Gies Rechenschaft abgelegt hat, überwiegend mit dem Sammeln von Informationen verbracht. Er hatte Zugang zu allen Archiven und Registraturen sowie zu allen aktuellen Informationen der Polizei. Er bemühte sich ferner, über persönliche Kontakte an MfS-Unterlagen zu gelangen. Er nahm aber auch alle ihm sonst zugetragenen Informationen auf. Informationen aller möglichen Art, wie bspw. Entwürfe von Schreiben des Staatssekretärs Dr. Mahn oder Protokolle über Gesprächsverläufe mit ehemaligen MfS-Angehörigen aus Sachsen-Anhalt, erlangte und sammelte er auch noch, nachdem er im Dezember 1990 Sachsen-Anhalt verlassen hatte. Ob es ihm gelungen ist, sich Informationen zu verschaffen, die es ihm erlauben, Mitglieder der früheren oder jetzigen Landesregierung zu erpressen, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden. Hierfür spricht jedenfalls, daß sich Minister Rauls dreimal mit ihm getroffen hat, ohne daß hierfür plausible Erklärungen gegeben wurden. Belastende Informationen über Minister Rauls suchten aber auch das Bürgerkomitee Magdeburg und der Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg zu erlangen. Das Bürgerkernittee war hierin im Sommer/Herbst 1991 besonders aktiv und streute nach verschiedenen Seiten wiederholt die unbewiesene Behauptung, Minister Rauls sei MfS-belastet. Es arbeitete auch mit dem Resident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Magdeburg, Jürgen Schaper, zusammen, der diese Behauptung gleichfalls aufgriff und ihr nachging. Über seine Bemühungen, eine mögliche MfS-Verstrickung von Minister Rauls aufzudecken, informierte Jürgen Schaper laufend den Staatssekretär Dr. Mahn und den in der Staatskanzlei mit Sonderaufgaben beauftragten Rolf Schnellecke. Informiert waren aber auch der damali97 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 ge Ministerpräsident Prof. Dr. Münch, Innenminister Perschau und seit Ende September 1991 der Chef der Staatskanzlei Walter Link. Die Aktivitäten von Jürgen Schaper, von denen er seinen Vorgesetzten in Köln nicht unterrichtete, kulminierten in zwei Vermerken vom 12. und 19. 11. 1991. ln diesen wurden Informationen eines Mitarbeiters der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde, Josef Boinowitz, über eine mögliche MfS-Belastung von Minister Rauls niedergelegt, die auch auf Informationen von Klaus-Dieter Matschke beruhen sollten. Zwischen Klaus-Dieter Matschke und dem mit ihm gut bekannten Josef Boinowitz fand ein reger Austausch von Informationen statt, die auch dem Ziel dienten, den Rechtsstreit, den KlausDieter Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt angestrengt hat, zu befördern. Nachdem sich nun auf diese Weise der Kreis geschlossen hatte und die Frage anstand, ob die Staatskanzlei mit Klaus-Dieter Matschke ein Gespräch führen würde, unterband der Chef der Staatskanzlei Link jegliche weitere Aktivitäten von Jürgen Schaper. Dem ehemaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Münch ist der Vorwurf zu machen, daß er diese vom Verfassungsschutzgesetz nicht gedeckten Handlungen Schapers, von denen er Kenntnis hatte, nicht bereits früher unterbunden hat. Dem Schutz von Minister Rauls dienten sie nicht. Diesem hätte nur eine erneute offizielle Anfrage bei der Gauck-Behörde über den entsprechenden Sonderausschuß des Landtages gedient, nicht aber derartig unkontrollierte Recherchen eines Verfassungsschützers, die sich zudem zunehmend verselbständigten. 98 Landtag von Sachsen-Anhalt, Erste Wahlperiode Drucksache 113766 Abkürzungsverzeichnis a. a. 0. am angegebenen Ort AfNS Amt für Nationale Sicherheit Az Aktenzeichen Bd. Band BGH Bundesgerichtshof BI. Blatt i. f. im folgenden i. V. m. in Verbindung mit IM informeller Mitarbeiter LKA Landeskriminalamt LT Landtag MfS Ministerium für Staatssicherheit MI Ministerium des lnnem OibE Offizier im besonderen Einsatz s. siehe s. a. siehe auch S. h. siehe hierzu s. h. a. siehe hierzu auch s. h. oben siehe hierzu oben s. h. u. siehe hierzu unter s. nur siehe nur vgl. vergleiche 99 BEZIRKSDEifÖRDE


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fllermi t ~drd HAGDEBURG


Der Chef

8 E R U F U N G S U R K U N 0 E ---------------- flerr Klaus-Dieter Matschke Frankfurt am Main Anlage 1 im Oi~nstrang eines Oberrates als Berater der BezirksbehHrde der Deutschen Volkspolizei ~agdeburg berufen. Oi~ B~ratertätigkeit erfolgt unentgelclich und umfaOt den Zeitraum vom 20. August 1990 bis 20. November 1990. H~rr Jberra t l~a tsc:1:.:e unterstützt die BezirksbehHrde im B~r~lcl1 der Technik und berät die Polizeidienststellen im Ra/1men der Bildung des Landes Sachsen-Anhalt zur schrittw~isen Angleichung an das Niveau der Bundesländer der BRO. lf~r: '!':~c-,;;t l!;;tschke ist für den Zeitraum seiner Beratertätl~k~it un~ittelbar Herrn Oberrat Schwarzkap zugeordnet. Haadeburg, den 20. August 1990 S tepl an Volkspolizei-Direktor BEZIRKSBEHORDE DER DEUTSCHEN VOLKSPOLIZEI MAGCEBURG Hiermit wird - Cer Chef - BERUFUNGSURKUNDE


Herr Klaus-Cieter Matschke Frank!urt am Hain Anlage 2 im Oienstrang eines Oberrates als Berater der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Magdeburg beru!en. Oie Beratertätigkeit er!olgt unentgeldlich und um!aßt den Zeitrau• vo• 20. August 1990 bis 20. Nove•ber 1990. Herr Oberrat Matschke unterstützt die Bezirksbehörde im Bereich Technik und berät die Polizeidienststellen im Rahmen der Bildung des Landes Sachsen-Anhalt zur schrittweisen Angleichung an das Niveau der Bundesländer der BRO. In Abstimmung mit dem Regierungsbevollmächtigten des Bezirkes Magdeburg, Herrn Wol!gang Braun, gibt Herr Klaus-Oieter Matschke Anleitung und Unterstützung zum Au!bau des Personen- und Objektschutzes !Ur das kün!tige Land Sachsen-Anhalt .. ·Herr Oberrat Matschke ist !Ur den Zeitraum seiner Becatertätigkeit unmittelbar Herrn Oberrat Klapa bzw. Herrn Oberrat Schwarz1990 Anlage~ IIBZiltKSVEH. \VAL11JN? SBEH ÖR 0 E MAGbEB UR G ·· dc::r Rcgtcrung dc::r DDR -DER REG!ERUNGSBE\'OLLMÄCHTIGTEBERUFUNGSURKUNDE IIP.rr Klaus-Dieter r-1atschke Frankfurt am Hain August - Schanz - Straße 82 Ohf'ftt~rr• 5r•. llt rcr ! P.ht:<lrhoull: ~'" der Bezir~sbeh6rde der Deutschen Volkspolizei 41• Beratertätigkeit erfolg~~entgeldlich und erfaßt zunächst "ii.tn hitraum vom 20. August 199D bis ZO. Dli:tober 199D und kann 1~ belderseitigen Einvernehmen verlängert werden. ,,~:06 Herr n~t~ch~e erhält von mir den Auftrag, im Interesse des ··zublnr~i:J"" L.,no~s Sacl1sen-.!.nhalt, di: Führungskräf~e der 8ezirks- bth~r·f~ d~r D~utsch~n Volks~olizei - bei• a.,r~~u P.in~s =Methodios (Diskussion)k:iven Personenschutzes für das L3nd; -bei d~r Pl~nung •Jnd ~usrüstung der öffentlichen Ämter, Hini~t~rien und Uiens:scellen des Landes mit einem ~lrks~~en ObjP.ktschu~z; ·-··bfll t!Pr "5-.t:J~tung dP.r Polizei mit der notwendigen Technik, ent'II'~"Ch'!"d ·t~:o ~l:.v~~u der Bundesländer; auf r"ch~-. .. ~~:Jtl!:hl!~ Grundlage zu beraten und zu unterstützen . . Dazu i'lt 11'!:-r I·I:J:s~h<e berechtigt im Einvernehmen mitdem leit~r d~r 8'!zir~~b~h6rje der Deutschen Volkspolizei Magdeburg ont!!pr,.r:hl!.,dl! IJ~rh:JnrJlungen und Gespräche. zu führen, 1\nalyse.n zu er'lr~•i:'!n uno m:.~ jen Leitern der Dienststellen und -zweige ZU b!lr,tnn, DeriHlP:- h;:1:'lu:; <ann iler:: r-latschke zu 1•eiteren Planungen über die Struktur und Arbeitsweisen des zukünftigen Innenministeriums del lendP.s Sachs~n-1\nhalt durch mich, meine Stellvertreter oder den Leiter der Bezi::ksbehörde der Deutschen Volkspolizei beratend hinzugezogP.n werden. _// Eigens eh a f t als Sela te.r >fede r ze i t t t / . - re en. /f . " " )':4fJtJ· i ~"•JaHgang Braun mit Anlage 4 ·'T)r c 1).( /;1 :ll9t!/fV. - lü~ I "8: .S IOi. 1)9 -1 bitGO 5 I . ' 0?. 11, ,, 9C 'über~ llersonal·entacheidnnc,el1 Nr. ;.,( Anlage 5 1\i:t:f der Ül'lllltU~~;ze clcc Da:lllltenl';llcnon:::est!·~:c.c.c vum 27, i•'ellruol' 1 ;J85 (JlG :nl, I, i'.lcHe 4G2) \1Sl'tlel1 nncW:vl ;euclc Iicr:t-ell nls L•ff:Lziere ·der L'olil!ici .des L:.:mcles Sc.chaen-.AnhoJ.t el'l1!UUlt Lmcl ilmen llollci:i..ts- . I'echt;ti"Ohe:~':ee:fugnisse als Vollzugsbecm1ie Ubertr~•gen:.:- ·- --· .. lCricl:i..ncJ.-Olle:rro.t Mc.tächlce, JQ.nuo-.!JJ.eter Krimin!"J.-Ilauptkommissar ~gluoalk, t:iohamme c1 • . ., dca Innern Sachsen-.'\nll.a.l t Anlage6 Fraltti.on FDP J.. Dr. B r • i. t • n b o r n, '/CzlnriUI, Alll SenJoB 8, ,_".":t,_f!Od-, " :s'l'OO ~· ;f. ;r. ~ 2. Prr::~'f. Dr. Dr.B r u n n ., r, 6flrrf1 S..blr,.,.r Str. 58, IM!l~,. 4050 t]- "id>, "", "· -'rt Jl 3. S u c h o l z, ~ol'fgang, ~-~1/tow-Str. J.J, "-ed•burg, ~33 :I ~· ol"..l, .... 4. Prr::~'f. Dr. F r i c k, Rol'f, Block :S:SJ./OJ, Halle ,_u.t•dt~ 4090 :1 ~· -rss. ~

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Fraktion BündnLs pO I Gran. . ·---- -- 1. E n e • J ~ UJ r:ich-Karl, E. Ttv.l-nn-Str. 33, Bl•nk~, 3'TZO ~ . *'· ' . ;!f~ ~- s c h • f f • ., Hei.drun, Ni.•ndorl•r St.r."'J, ".Qd•bc.lrcr";IJ :IIOZ:S ~· "'· ;r:, ~"' J, Uf:.rt, Spi.eQ~~J•bflrQII"_fl 26, ,_lN~tadtj~ :J6DO 2. H e i. d • c k ~· ,,4'· ·~ 4. S c h u l z e , KarJ•, Ambrosi~pJetz ~- T • c h i. c h e, Han•-Jocnen, Brei.t• Str. Anlage 7 SV-Außens:elle Mag~ebu~g Mag~e~urg, cen 2C.CS.91 I. A~:enve:-r.:erk Ac 10.09.:1 suchte ~ich Herr ~u~~en ~OG~L vo~ Sür~e~kc~i:ee i~ Me~debu~~ auf ur.: übergab mir ar.liesencer. Verme~~ ~i~ de~ The~z "RAULS- Versuch eine~ Derstellun~·· Herr VOGEL erklärte mir gegenüber, er hebe entsprec~encen Vermerk auch dem Herrn Miniseerpräsidenten und ~em Herrn Innenminister persenlieh übergeben und cie Angelegenhei: mi: bei~en besprochen. :eh betrachtete daher die Anr.ele~enheit sls e=le~ig:, zumal Herr VOGEL cegenOber vom MP-und-~i e~kl§:~ wo~d~n war, mi: ~AULS spre:hen zu wollen. Fer~~= sa~ l . .,..." ·~ ,.:Em "'--c-Jc '~c:·ir'!l.:l"';.. v-~e At"'i ... .ctu:..••n""="" '::!!!1."..-·····-... a ... ""; o -: . .,. ol W ":' a ~.: • ... • 0.. -.: ... • o I C.:: /"'.,I 1.0 .., '- W , ~ -I o t 0 100 • 1,, i.,1 ,_. - : • ~ -I I unc S~ekule~i:nen, c~ne ta3 ~~nk=et~ An~al~s~unk:s ;~­ schwe!ge oe~n !~weise fOr 5ine- "pclitigc~s ~6rcan~s~~e~t" bei he::n RAUL~ vorls~sn. Am 23.05.93 hatte i:~ in encerer ~ache ~&irn :nnenminis:~=i~~ in hanncva: (Ve~fassun2ss:Mutz) zu :un. Oe=~ e~fuhr ic~ von e.O-c.- ='.:-.O,..!-.r -l·nc- ·-·c~ c·c--•""'en ,, __ .: __ 1'!··-,..c:-,.l..,,-- ,... ... .:j~:,-~=r. ..;.IO..,• ---~-: • ..,. : • -• Y lol ;,.0..-~- ::: ... .-.:.;...;,..11:.-:"·w••w•L ;,.C ... w• :. ..... • C~s~l~ "A~:!e", ce5 tas e~enfells ~e~ EGr~er~cmit9& ir - . •• ... 1":--'~•·"'P'"~ --,..,~·-:: ___ ..,e e:....eo--- "'"'r··--- ~,., .......... - ....... ; ---- 'ui•-- ~ .. 0 J•t ':: •':: \oo ~- W'"" ;.,. 0 I I~- lt .... - ; 't \.. ,_11 ' Cl C " i'. oJ ~ ~ . 1-' - I.,. t,.j,;,. . , = ""-1.. I I; • I .,..; :, \ool ... - e~:-e~lic~E St!si~s=:~nGanhei~ :ss Harr~ ~~U~~ Ge~s=~~ ~a:. 0Mne konkra~s Ani1a::spunk:e dar:ul~;en und ohne jeedn aeweis fGr ~ie Tatsacne ei~s: sal:hen Vergangenheit an:utOhren, he~ ~as Enepaar gsgenübs: dar Quelle aui Frage, ~as denn rnit RAULS sei, e~klärt, "es sei schlimmer, els ma~ Obsrnau:t ver:r.ueet heb.:n. Füh:~.:r.~sc~:izisr oes He=:n ~AULS soll ~aw!sen sein. ein Os:le! ., ll. .. ,-,.._

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An~cr~un;: ~lr. Q!:le! KÖN!~ is: !n ter vo:hcn~enan ~fS-L~s:s nich: verme~k:. E3 ~!bt vie= ~!S- • nf"\a"""__,. ,.e n~~ .. ns "'"r•-"' ,..;~- =-· ·•a--'e"'u .. g Jo'& :i-••w-•;: IQIO..., t\.;.J '""~ - ..,\' o•t ~lo. i..t .., • Oies! :n~or~!:ion is: a~ 2c.c;.s: ~e~ s~~ zu~ Xsnn:~i!

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Betr.: Angebliche Verstrickungen des Herrn Umweltministers RAULS Bezug: Weisung Staatssekretär Dr. Hahn Am 02. 10. 1991 hatte ich Gelegenheit, · Herrn Hinweisgeber gegenüber der von Mdi Niedersachsen AKTIE,zum Thema "RAULS" zu befragen. Not heiß, geführten Quelle Das Gespräch wurde so geführt, daß Notheiß nicht bemerkte, daß das Thema RAULS Schwerpunkt des Gesprächs war. Notheiß erklärte, die Informationen zu RAULS von seinem Freund aus dem Bürgerlcommitee, Herrn Jürgen Vogel, erhalten zu haben. Weitere Informationen lägen ihm nicht vor. ,, fl f v\..· Jrl Sch&per 1. Herrn Minister über Herrn Staatssekretär 2. 1 OS für Mindir. Schnellecke Sondervotum der CDU-Mitglieder im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß Inhaltsübersicht Seite Vorgeschichte und Einsetzungsbeschluß 1 FeststeUungen des Untersuchungsausschusses I. Erster Komplex (Ausspäh-Affäre; I und ll des Einsetzungsbeschlusses) I. "Haupt"ergebnis: Keine Aufttagserteilung durch Landesregierung 4 2. Weitere Einzelergebnisse 11 ll.Zweiter Komplex (Matscllke, m und IV des Einsetzungsbeschlusses) 1. Ausgangslage 14 a) Einstellung von Matschlee 17 b) Überprüfung von Abgeordnetenlisten 19 c) Bestellung als Sicherheitsbeaufttagter 24 d) Aufbau des Verfassungsschutzes und eines Landeskriminalamtes 26 e) Treffen von Matschlee mit dem früheren Stasi-General 27 Müller und Mitnahme von Akten f) Kontakte Matschke/Rauls 30 g) Besuch Matschlees im Stasi-Archiv 31 h) Kontakte Matschkes zu Personen in Sachsen-Anhalt nach 32 seinem Weggang i) Verwaltungsgerichtliche Klage 33 2. Weitere Einzelergebnisse 34 Zusammenfassung 36 Würdigung 37 Vorgeschichte Im Sommer (August) 1992 gab es zahlreiche Presseveröffentlichungen, die von einer angeblichen Bespitzelung von Umweltminister Rauls durch den Verfassungsschutz berichteten. In diesem Zusammenhang wurde der Vorwurf erhoben, die Landesregierung sei in die Angelegenheit verstrickt. Insbesondere wurde der Verdacht geäußert, der damalige Ministerpräsident Prof. Dr. Münch könnte den Auftrag erteilt haben, eine mögliche frühere Verbindung von Minister Rauls und Staatssicherheit zu erforschen. Ferner beschäftigten sich die Medien in ihren Berichten ausfuhrlieh mit den Aktivitäten des Frankfurter Detektivs Klaus-Dieter Matschke. Die Person des Frankfurter Privatdetektivs Matschke, der mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz zusammenarbeitete, war bereits in einer aktuellen Debatte des Landtages am 31.1.1991 und in der Sitzung am 21.2.1991 erwähnt worden. In einem Bericht des Innenausschusses des Landtages vom 26.2.1991 wurde die Tätigkeit von Matschke in der Polizei in Sachsen-Anhalt im Jahre 1990 behandelt (dies ging auf einen Artikel im "Spiegel" zurück). Der Ausschußbericht ist am 21.3.1991 im Landtagsplenum debattiert worden. Ungefähr zur gleichen Zeit äußerte sich die niedersächsische Landesregierung in der am 21.2.1991 stattgefundenen Landtagssitzung in Hannover zu einer dringlichen Anfrage der niedersächsischen F.D.P.-Landtagsfraktion (Drs. 12/916), die thematisch die Aktivitäten des niedersächsischen Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt zum Inhalt hatte. Das gleiche Thema wurde noch einmal in einer Großen Anfrage der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Grüne (Drs. 11289) behandelt, die von der Landesregierung am 23. Mai 1991 (Drs. 11471) beantwortet wurde. In dieser Antwort hat die Landesregierung (wie auch vor dem Innenausschuß im Februar) die Tätigkeit Matschkes in Sachsen-Anhalt, die aufgrund einer Entscheidung des neugebildeten In- -2- nenministeriums Anfang Dezember 1990 beendet war, dargestellt. Eine Aussprache über diese Anfrage nach § 39 Abs. 4 der Geschäftsordnung ist seiner Zeit von den Fragestellern nicht beantragt worden. Am 18.9.1992 setzte der Landtag aufgrund eines Antrages von mehreren Abgeordneten der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Grüne einen Untersuchungsausschuß ein, der folgende Sachverhalte aufklären sollte: I. Der Ausschuß soll klären, ob und auf welche Weise Behörden des Verfassungsschutzes Informationen über angebliche Kontakte von Minister Wolfgang Rauls zum ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR erhalten bzw. gesammelt haben, wer den Verfassungsschutz veranlaßt hat, tätig zu werden, ob derartige Informationen vom Verfassungsschutz oder von Dritten an Mitglieder der Landesregierung bzw. Beamte des Landes SachsenAnhalt weitergeleitet worden sind, wie mit diesen Informationen umgegangen worden ist und was die Landesregierung daraufhin unternommen hat. TI. Der Ausschuß soll klären, ob jetzige oder frühere Mitglieder der Landesregierung, jetzige oder frühere Mitarbeiter der Landesregierung im Rahmen ihrer Tätigkeit oder inoffiziell zu Informationen gelangt sind, Informationsmaterial gesammelt oder Informationsmaterial in ihren Besitz gebracht haben, das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden kann. Der Ausschuß soll in diesem Zusammenhang insbesondere das Zusammenwirken zwischen Verfassungsschutzbehörden, der Gauck-Behörde und der Landesregierung, ihren Beauftragten oder ihren Beamten aufklären. ill. Der Ausschuß soll klären, ob es Kontakte des Klaus-Dieter Matschke bzw. Beauftragter von ihm mit Mitgliedern der Landesregierung, ihren Vertretern oder Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst des Landes Sachsen-Anhalt gab bzw. gibt und welcher Art diese Kontakte waren bzw. sind, ferner, was der Gegenstand dieser Kontakte war bzw. ist und welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Informationen, die sie, ihre Ver- -3- treter oder ihre Beamte direkt oder indirekt von Klaus-Dieter Matschlee erhielten, gezogen haben? IV. Der Untersuchungsausschuß soll ferner klären, welches die Gründe fur die Einstellung Klaus-Dieter Matschlees in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt waren, unter welchen Umständen seine Einstellung erfolgte, welche Befugnisse, Rechte und Pflichten KlausDieter Matschlee hatte, insbesondere, zu welchen lnfomationen er offiziell Zugang hatte. Ferner, wie die Landesregierung mit diesen Informationen sowie auf anderen Wegen von Klaus-Dieter Matschlee erlangten Informationen, die der Landesregierung zur Kenntnis gegeben wurden, umgegangen ist und welche Konsequenzen sie hieraus gezogen hat. Der Ausschuß soll des weiteren klären, was der Gegenstand des Gerichtsverfahrens Matschlee gegen das Land Sachsen-Anhalt ist und wie der Stand des Verfahrens ist, ob KlausDieter Matschlee über die gerichtlich geltend gemachten Forderungen hinaus weitere Forderungen erhoben hat und wie sich gegebenenfalls die Landesregierung hierzu verhalten hat bzw. verhält. Der Untersuchungsausschuß nahm mit seiner konstituierenden Sitzung am 23 .I 0.1992 die Arbeit auf -4- FeststeUungen des Untenucbungsausscbusses L Enter Komplex (Ausspäb-AtTäre; I und II des Einsetzungsbescblusses). 1. "Haupt"ergebnis: Keine Auftragserteiluns durch Landesregierung Der Vorsitzende des Bürgerkomitees Magdeburg, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Mißbrauch der Macht u. a. durch das MfS aufzudecken, erhielt am 8. August 1991 einen Anruf des Journalisten Wolfgang Büchner vom "Expreß" in Halle. Büchner teilte darin dem Vorsitzenden Vogel mit, Minister Rauls sei IM "Günther". Vogel hielt diese Mitteilung fur so wichtig, daß er sie sofort telefonisch an Minister Perschau weitergab, da er den Ministerpräsidenten nicht erreichen konnte (Vogel, BI. 123). Am Morgen des folgenden Tages, dem 9. August, rief Vogel beim "Expreß" in Halle an, um wegen der Bedeutung der Information noch einmal mit Büchner zu sprechen. Büchner erklärte ihm wörtlich: "Gut, daß Sie anrufen, es liegt ein Irrtum des "Expreß" vor, bei IM "Günther" handelt es sich nicht um Henn Rauls, sondern um Dr. Hammer" (Vogel, BI. 126). Daraufhin teilte Vogel Minister Perschau sofort den neuen Sachverhalt mit. Weitere Personen wurden zu diesem Zeitpunkt nicht informiert (Vogel, BI. 126). Am 9. August 1991 fiihrte Vogel auf Wunsch von Minister Rauls mit diesem ein klarstellendes Gespräch (Vogel, BI. 125, 136). Am 2. September 1991 machte das Bürgerkomitee einen Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Prof. Dr. Münch. Vom Bürgerkomitee waren weiter die Herren Notheis und Wemowsk.y anwesend, vonseitender Landesregierung Herr Schnellecke. Neben der Erörterung allgemeiner Fragen wurde am Schluß des Gesprächs auch über die Angelegenheit Rauls gesprochen (Vogel, BI. 125, 126). Es konnte nicht geklärt werden, wer das Gespräch auf die Angelegenheit Rauls gebracht hat. -5- Ministerpräsident Münch hat als Zeuge bekundet, nach seiner Erinnerung sei von Vogel am Schluß des Gesprächs im Zusammenhang mit der Darstellung der Arbeit des Bürgerkomitees das Gespräch auf Minister Rauls gebracht worden (Münch, BI. 72). Der Zeuge Schnellecke hat erklärt, ihm sei nicht mehr erinnerlich, von wem das Thema Rauls angesprochen worden sei (Sehne/lecke, BI. 26). Demgegenüber hat der Zeuge Vogel ausgesagt, gegen Ende des Gesprächs habe der Ministerpräsident ihn sinngemäß gefragt, ob er Informationen zur fiiiheren Tätigkeit von Minister Rauls habe (Vogel BI. 126). Diese Aussage wird so nicht von dem Zeugen Notheis bestätigt. Notheis hat nämlich bekundet, er habe das Gespräch auf die früheren Minister Mintus und Brunner gebracht und Professor Münch habe gefragt, ob noch andere Erkenntnisse da seien (Notheis, BI. 46). Der Zeuge Wemowsky hat erklärt, es sei ganz natürlich gewesen, daß nach der Entlassung der Minister Mintus und Brunner wegen früherer Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit die Frage erörtert worden sei, ob es noch ähnliche Fälle geben könne (Wemowsky, BI. 1 3}. Letztlich kommt es aber nicht darauf an, wer das Gespräch auf die Angelegenheit Rauls gebracht hat, weil sich daraus keine besonderen Schlußfolgerungen fur die Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes ergäben. Das Ergebnis des Gesprächs zu diesem Punkt ist nämlich unstreitig. Vogel erklärte sich auf eine Bitte des Ministerpräsidenten hin bereit, das, was er an Kenntnissen in der Angelegenheit Rauls erhalte, mitzuteilen (Vogel, BI. 126). An diese Bitte des Ministerpräsidenten erinnerte Schnellecke Vogel nach Beendigung des Gesprächs (Vogel, BI. 142). Fest steht auch, daß der Ministerpräsident weder Vogel noch sonst jemanden vom Bürgerkomitee beauftragt oder veranlaßt hat, in der Angelegenheit Rauls zu ermitteln oder Nachforschungen anzustellen. Dies haben alle Teilnehmer des Gesprächs beim Ministerpräsidenten ausgesagt. -6- Vogel hat erklärt, "Nachforschungen des Bürgerkomitees zu vermuteten Stasikontakten des Herrn Rauls habe weder der Ministerpräsident noch ein Vertreter der Landesregierung veranlaßt Der Ministerpräsident bat lediglich um die Übermittlung unseres Kenntnisstandes" (Vogel, BI. 128). Dies haben die beiden anderen Gesprächteilnehmer vom Bürgerkomitee, Notheis (Notheis, BI. 46, 47) und Wernowsky (Wemowsky, BI. 33), bestätigt. Auch Herr Schnellecke hat die Aussage des Ministerpräsidenten (Münch, BI. 69, 7 6), keinen Auftrag erteilt zu haben, bestätigt und ausgefiihrt, es sei um vorhandene Kenntnisse gegangen (Schnelleclre, BI. 26). Dafiir, daß die Initiative beim Bürgerkomitee gelegen hat, spricht auch ein Volfall aus dem Jahre 1992. Bei einem Besuch der Dokumentationsstelle im Stasi-Untersuchungsgefangnis in Magdeburg am 21. September 1992 traf Ministerpräsident Münch den Vorsitzenden des Bürgerkomitees Vogel. Vogel bot dem Ministerpräsidenten auf einer Visitenkarte eine Dokumentation zum Fall Matschke/Rauls an, worauf der Ministerpräsident nicht einging (Münch, BI. 77). Veranlassung zur Anfertigung der Dokumentation "Rauls - Versuch einer Darstellung" vom 8. September 1991 durch Vogel war dann ein Gespräch Vogels mit Levy. Hierzu kam es auf Grund einer Information des Magdeburger Journalisten Schulke gegenüber Vogel und Notheis am 6. September 1991 (Vogel, BI. 127, 133), wonach Levy gegenüber dem Journalisten Schulke geäußert haben sollte, Dr. Gies und Braun hätten alle Akten der Parlamentarier auf dem Tisch gehabt. [Levy war ab Mitte Juni 1990 Stellvertreter des Regierungsbevollmächtigten fur den Bezirk Magdeburg, Braun, nach der Gründung des Landes Sachsen-Anhalt mit den Aufgaben eines Abteilungsleiters im Innenministerium und etwa ab März 1991 mit dem Aufbau der Landesentwicklungsgesellschaft fur SachsenAnhalt (SALEG) betraut.] Vogel suchte darauthin Levy am 8. September 1991 zu einem Gespräch auf (Vogel, BI. 127). Dieses Gespräch ist dann Anlaß fur das Dokument "RaulsVersuch einer Darstellung" vom 8. September 1991 geworden, das vom Bürgerkomitee in einem versiegelten Umschlag in der Staatskanzlei um den 11. September abgegeben wurde -7- (Vogel, BI. 133}. Dieser zweieinhalbseitige Vermerk enthält bezüglich Minister Rauls richtige und falsche Aussagen, aber nichts Belastendes bezüglich einer IM-Tätigkeit. Dennoch gibt es gegensätzliche Aussagen darüber, ob dieser Vennerk von Vogel auf den Angaben von Levy in dem Gespräch arn 8. September 1991 beruht. Der Zeuge Vogel behauptet dies (Vogel, BI. 128); der Zeuge Levy (Levy, BI. 68) bestreitet, die Angaben bezüglich Minister Rauls so gernacht zu haben. Da der inhaltlich nicht nachvollziehbare Vermerk zur Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes im Ergebnis nichts beiträgt, kann offen bleiben, aufwen die Angaben in dem Vennerk vom 8. September zurückgehen. Zum 24. September 1991 wurde Levy von Schnellecke ins Gästehaus der Landesregierung gebeten. Schnellecke, der den Vermerk "Rauls - Versuch einer Darstellung" Mitte September vom persönlichen Büro des Ministerpräsidenten erhalten hatte, wollte wissen, was es mit dem Vermerk auf sich habe (Schnellec/ce, BI. 27). Als Levy den Vermerk gelesen hatte, war er empört, weil seine Aussagen nach seiner Meinung völlig verfälscht waren (Sehne/lecke, BI. 27; Levy, BI. 66, 71). Er übergab dann Herrn Busse im Innenministerium eine Gegendarstellung zu diesem Vermerk {Levy, BL 76). Busse war damals mit dem Aufbau des Verfassungsschutzes befaßt. Der Vermerk Vogels vom 8. September 1991 lag auch dem damaligen Leiter der Außenstelle des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz in Magdeburg, Regierungsdirektor Schaper, vor. Er hatte ihn nach seiner Aussage arn 9. oder 10. September 1991 von Vogel bekommen (Schaper, BI. 51, 63). Der Zeuge Vogel hat hierzu zwar ausgesagt, er habe Schaper nur den Inhalt seines Vermerks mitgeteilt (Vogel, BI. 132). Jedenfalls steht aber fest, daß Schaper den Vennerk Mitte September hatte. Dies ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen Schnellecke (Sehne/lecke, BI. 26). Schnellecke war seit 1990 in der Staatskanzlei in Magdeburg tätig und hatte neben seinen anderen Aufgaben im August 1991 den Auftrag, die Überprüfung der Minister und Staatssekretäre bei der Gauck-Behörde zu veranlassen (Sehne/lecke, BI. 26). Diese -8- Aufgabe war bald erledigt (Sehne/lecke, BI. 31). Aus dem Gespräch des Bürgerkomitees mit dem Ministerpräsidenten am 2. September 1991 und dem späteren Vermerk von Herrn Vogel "Rauls - Versuch einer Darstellung" ergab sich jedoch, daß Schnellecke mit der Angelegenheit Rauls befaßt wurde. Nachdem Schnellecke den Vermerk Vogels vom 8. September 1991 Mitte September erhalten hatte, fiihrte er auf seine Initiative in seinem Dienstzimmer ein Gespräch mit Schaper, dem Leiter der Außenstelle des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz, weil er nicht wußte, was er mit den "Mutmaßungen, Behauptungen und Unterstellungen" in dem Vermerk machen sollte (Sehne/lecke, BI. 26}. Weder Schaper noch Schnellecke sahen Veranlassung, etwas Konkretes zu unternehmen. Sie kamen überein, sich gegenseitig auf dem laufenden zu halten (Sehne/lecke, BI. 27}. Am 23. September 1991 nahm Schnellecke an einem Gespräch beim Ministerpräsidenten teil, in dem dieser darüber berichtete, daß er am selben Tage vom Präsidenten des Bundesamtes fiir Verfassungsscrutz in Köln, Dr. Werthebach, über eine angebliche Stasibelastung von Minister Rauls unterrichtet worden sei (Sehne/lecke, BI. 2 7). Das Bundesamt fiir Verfassungsschutz hatte vom Verfassungsschutz Niedersachsen am 17. September den Hinweis über eine angebliche IM-Tätigkeit Minister Rauls erhalten. Dem Hinweis waren Vermerke vom 9. und 16. September 1991 beigefugt (Werthebach, BI. 6; Richter, BI. 23). Das Gespräch fiihrte zu dem Ergebnis, daß der Ministerpräsident ein Gespräch mit Bundesinnenminister Dr. Schäuble fuhren wollte. Dieses Gespräch ist am 26. September 1991 in Bonn gefiihrt worden. In der Sache gab es nichts Neues. Der Staatssekretär im Bundesinnenministeriurn, Dr. Neusel, bemerkte, es handele sich um die alte Quelle, Bürgerkomitee Magdeburg (Münch, BI. 90). Am 24. September unterrichtete Schnellecke Schaper über die Information von Dr. Werthebach und über sein Gespräch mit Levy (Schnellecke, BI. 28). Umgekehrt unterrichtete Schaper Schnellecke darüber, daß -9- Grundlage fiir den Hinweis von Werthebach eine Infonnation aus Niedersachsen gewesen sei. Von Schaper erfuhr Schnellecke weiter, daß Dr. Frisch, Vizepräsident des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz, an diesem Tage, dem 24. September, in Magdeburg sei. Nach Rücksprache mit dem Ministerpräsidenten traf sich Schnellecke kurz mit Dr. Frisch im Landtag. Neue Erkenntnisse in der Angelegenheit Rauls ergaben sich dabei nicht (Schnellec/ce, BI. 28). Dieser Sachverhalt ist auf Grund der Zeugenaussagen unstreitig. Auf Grund der Beweisaufnahme hat sich auch ergeben, daß Minister Rauls mehrfach mündlich über die wesentlichen Inhalte der Andeutungen und angeblichen Belastungen unterrichtet worden ist (Münch, BI. 69; Sehne/lecke, BI. 28). So hat Minister Rauls bestätigt, daß er erstmals im August 1991 von Ministerpräsident Münch über Verdächtigungen informiert worden sei (Rauls, BI. 27), danach über dessen Gespräche mit Dr. Werthebach und Bundesinnenminister Dr. Schäuble {Rau/s, BI. 34). Staatssekretär Link habe ihm gesagt, daß ein Vermerk von Vogel vom 8. September 1991, Rauls- Versuch einer Darstellung", existiere, ohne daß er ihm gezeigt worden sei (Rauls, BI. 29130). Im übrigen habe es höchstens "ein- oder zweimal" besondere Besprechungen in dieser Angelegenheit u. a. mit Ministerpräsident Münch gegeben (Rauls, BI. 35). Für Schnellecke war die Angelegenheit Ende September/Anfang Oktober erledigt (Sehne/lecke, BI. 28). Für ihn stand fest, daß alle Gerüchte und Mutmaßungen auf verschiedenen Wegen vom Bürgerkomitee in die Welt gelangt waren und sich die gesamten Vorwürfe und Behauptungen im Ergebnis als haltlos erwiesen hatten. Am 13. November ist es dann zu einem letzten Gespräch von Herrn Schnellecke mit Schaper gekommen. Schaper unterrichtete Schnellecke über ein Gespräch mit dem Verfassungsschutz in Hannover, wo er nach der Belrundung des Zeugen Richter in den Jahren 1991 und 1992 häufig als Mitarbeiter des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz vorgesprochen hatte (Richter, BI. 35). Hiernach gab es dort Informationen, wonach zwei Minister des Kabinetts in Magdeburg belastet sein sollten. Der Informant, Boinowitz, - 10- erbäte ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten oder Schnellecke (Sehne/lecke, BI. 28). Zu einem Gespräch mit dem Informanten und Mitarbeiter im niedersächsischen Verfassungsschutz Boinowitz, der sogenannten Quelle, kam es jedoch nicht. Schnellecke, der sich inzwischen nicht mehr zuständig fuhlte, leitete diesen Wunsch am 15. November an Staatssekretär Link weiter. Das Ergebnis war, daß auf den Gesprächswunsch nicht eingegangen werden sollte {Sehne/lecke, Bl 29; Link. BI. 115 ). Fest steht auch, daß Schnellecke gegenüber Schaper keinen Auftrag erteilt hat, in der Sache Rauls nachzuforschen oder zu ermitteln. Nach seiner Auffassung konnte Schaper auch nicht aufgrund der gesamten Umstände den Eindruck haben, er sei beauftragt, tätig zu werden (Sehne/lecke, BI. 59). Nach seinem Verständnis sei jeder fiir sich im Rahmen seiner Zuständigkeit tätig geworden. Man habe lediglich vereinbart, sich gegenseitig über neue Dinge auf dem laufenden zu halten (Sehne/lecke, BI. 2 7). Schaper hat diese Aussage inhaltlich bestätigt. Er hat als Zeuge unter anderem bekundet, er habe in der Angelegenheit Rauls keine Ermittlungen gefiihrt und sei im übrigen im Rahmen seines allgemeinen Auftrages tätig geworden (Schaper, Bl 54, 66; Werthebach, BI. 17). Schnellecke habe ihm ohnehin nichts sagen können, da er in Fragen des Verfassungsschutzes nicht bewandert gewesen sei (Schaper, BI. 66}. Demgegenüber habe Staatssekretär Dr. Mahn wegen seiner früheren Tätigkeit in Niedersachsen Erfahrung auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes gehabt. Da er völlig auf sich allein gestellt gewesen sei, habe er sich gern mit ihm unterhalten, wenn er neue Informationen erhalten habe (Schaper, BI. 55, 66). Dr. Mahn habe ihn aber nie beeintlußt, etwas Bestimmtes zu tun; er habe immer selbst entschieden (Schaper, BI. 66). Im übrigen sei es falsch, wenn er in seinem Vermerk vom 7. Oktober 1991 eine Weisung von Staatssekretär Dr. Mahn in Bezug genommen habe. Es hätte Empfehlung oder ähnlich heißen müssen, weil er von Dr. Mahn nie einen Auftrag bekommen habe und eine Weisung auch aus Rechtsgründen nicht möglich gewesen sei (Schaper, BI. 76, 77). - 11- An der Richtigkeit der Aussagen der beiden Zeugen Schnellecke und Schaper zu zweifeln, fehlt jeglicher Grund. Es gibt keinen Zeugen, der auch nur andeutungsweise erklärt hätte, Schnellecke oder Dr. Mahn hätten einen entsprechenden Auftrag erteilt. Was die beiden Zeugen ausgesagt haben ist in sich schlüssig und glaubhaft. Der Zeuge Schaper hat unter Eid ausgesagt. Damit steht fest, daß in der Angelegenheit Rauls weder der Ministerpräsident noch ein Minister noch ein Mitarbeiter der Landesregierung Veranlassung zu Nachforschungen gegeben hat, weder gegenüber Schaper und Vogel noch gegenüber sonst jemandem. Schaper ist von sich aus im Rahmen seines allgemeinen Auftrages tätig geworden. 2. Weitere Einzelergebnisse a) Ob und gegebenenfalls aufwelche Weise haben Behörden des Verfassungsschutzes Informationen über angebliche Kontakte von Minister Rauls zum ehemaligen Staatssicherheitsdienst der DDR erhalten und haben sie diese Informationen gesammelt? Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß die Information des Vorsitzenden des Bürgerkomitees Magdeburg, Voge~ Minister Rauls sei IM "Günther" gewesen, am 8. August 1991 der Innenminister erhalten hat, der dann den Ministerpräsidenten untenichtete. Den Vermerk Vogels vom 8. Septemer 1991, "Rauls- Versuch einer Darstellung", haben die Staatskanzlei, das Innenministerium und der Leiter der Außenstelle des Bundesamtes fur Verfassungsschutz in Magdeburg, Schaper, erhalten. Wie sich aus der glaubwürdigen Bekundung des Zeugen Richter vom niedersächsischen Verfassungsschutz sowie den Vermerken des niedersächsischen Verfassungsschutzes vom 9. und 16. September 1991 ergibt, ist der niedersächsische Verfassungsschutz von der sogenannten Quelle "Aktie", die nicht näher identifiziert wurde, über die angebliche IMTätigkeit von Minister Rauls untenichtet worden (Richter, BI. 5). Es handelte sich um - 12- eine Randerkenntnis im Zusammenhang mit anderen Infonnationen (Richter, BI. 6). Sie ist deshalb auch nicht weiter durch den niedersächsischen Verfassungsschutz bewertet worden (Richter, BI. 5). Der niedersächsische Verfassungsschutz hat das Bundesamt fur Verfassungsschutz in Köln sowie den Leiter der Außenstelle des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz in Magdeburg, Schaper, über die Infonnationen der Quelle "Aktie" unterrichtet. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt wurde vom niedersächsischen Verfassungsschutz nicht informiert (Richter, BI. 24125). b) Sind Infonnationen vom Verfassungschutz oder von Dritten an Mitglieder der Landesregierung bzw. Beamte des Landes Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden, wie wurde mit diesen Infonnationen umgegangen und was hat die Landesregierung daraufbin unternommen? Auf die unter I. 1. getroffenen Feststellungen wird Bezug genommen. c) Haben jetzige oder frühere Mitglieder der Landesregierung oder jetzige oder frühere Mitarbeiter der Landesregierung im Rahmen ihrer Tätigkeit oder inoffiziell Informationen erhalten, gesammelt oder Infonnationsmaterial in ihren Besitz gebracht, das jetzt gegen Mitglieder der Landesregierung verwendet werden kann? Auf die Feststellung unter I. 1. wird Bezug genommen. Soweit es um die Tätigkeit von Matschke geht, wird hieraufunter ll. eingegangen. d) Wie hat sich das Zusammenwirken zwischen Verfassungsschutzbehörden, der Gauck-Behörde und der Landesregierung, ihren Beauftragten oder Beamten vollzogen? -13- Als Vertreter der Landesregierung hat SehneDecke die Überprüfung der Minister und Staatssekretäre bei der Gauck-Behörde veranlaßt Häufigere Kontakte hat es zwischen der AußensteUe des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz in Magdeburg und dem Innenministerium in Magdeburg sowie mit dem niedersächsischen Verfassungschutz gegeben (Richter, BI. 35 ). Im übrigen wird auf die FeststeUung unter I. 1. verwiesen. - 14- TI. Zweiter Komplex (Matschke; m und IV des Einsetzungsbeschlusses) 1. Ausgangslage Der Kaufinann Klaus-Dieter Matschlee aus Frankfurt kam im Mai/Juni 1990 nach Magdeburg und traf dort den Chef der Volkspolizei im Bezirk Magdeburg, Stephan. V ermittelt hatte dieses Treffen der fiiihere Leiter der Abteilung Inneres beim Rat des Bezirkes Magdeburg, Reiher. Reiher hatte sich bei Matschlee in Frankfurt beworben, weil er aus dem Polizeidienst in Magdeburg ausscheiden mußte (Stephan, BI. 1 00). Stephan war - nach seiner glaubwürdigen Aussage - davon überzeugt, daß Matschke fiir den Neuaufbau der Polizei eine wertvolle Hilfe sein könnte (Stephan, BI. 94), insbesondere wegen seiner Kenntnisse auf den Gebieten der organisierten Kriminalität und der nachrichtendienstliehen Tätigkeit (Stephan, BI. 95). Seine, Stephans, bisherigen Kontakte zum Innenministerium in Hannover und zur Polizeidirektion Braunschweig hatten gezeigt, daß es ohne einen Berater vor Ort nicht gehen würde. Nicht zutreffen dürfte allerdings die Aussage Stephans, er habe nach einem Besuch in Frankfurt/Main, bei dem Matschke Sicherheits- und Observationstechnik vorgefiihrt und bei dem er u. a. Gespräche mit Boinowitz und Vogt vom niedersächsischen Verfassungsschutz gefiihrt habe, seine Entscheidung getroffen, Matschke einzustellen (Stephan, BI. 95). Der Zeuge Stennei, Erster Kriminalhauptkommissar beim Polizeipräsidium Frankfurt, hat nämlich unter Eid glaubwürdig bekundet, daß dieses Treffen, an dem er auch teilgenommen habe, am 29. August 1990 gewesen sei (Stennei, BI. 40). Wenn die beiden Berufungsschreiben" Matschkes wirklich am 20. August ergangen sind, wofur wiederum die Aussage Stenoeis spricht, Matschke habe ihm am 21. August seine Ernennung zum Polizeioberrat mit Schreiben belegt, dann muß Stephan seine Entscheidung zumindest vor diesem Treffen in Frankfurt getroffen haben (Stennei, BI. 39). Daran aber, daß Stephan Matschke als Berater einstellen wollte, wann immer er die Entscheidung getroffen hat, besteht kein Anlaß zu zweifeln. Der Zeuge Stephan ist nicht etwa deshalb unglaubwürdig, weil er sich in einem - ISPunkte geirrt hat. Auch die schriftliche Erklärung vom I S .12.1991 zur Ernennung von Matschke zum Kriminaloberrat, die dem Schriftsatz Matschkes vom 13.2.1992 an das Kreisgericht Magdeburg beigefugt war, spricht nicht gegen seine Glaubwürdigkeit. Die Erklärung war ganz offensichtlich unter dem Einfluß von Matschke zustandegekommen. Stephan hat auf Fragen nach dem Zustanndekommen dieser Erklärung ausgesagt: "Im einZelnen kann ich es wirklich nicht sagen, wiewiel ich jemals wo unterschrieben habe. Das möge man entschuldigen. Aber wenn es um Matschke geht, war bestimmt Herr Matschke bei mir und hat mich gebeten, irgend etwas zu erklären, aus welchen Gründen auch immer" (Stephan, BI. 161). Bei der Zeugenvernehmung hat Stephan aber den Eindruck vermittelt, unbeeinfl.ußt nach seiner Erinnerung nach bestem Wissen und Gewissen und seiner Erinnerung auszusagen. Mit seiner schriftlichen Erklärung vom 1 S .12.1991, einem sogenannten Gedächtnisprotokoll, wollte er nichts mehr zu tun haben. Zutreffend ist wohl Stephans Aussage, Matschke habe sich nach einer persönlichen Vorstellung beim damaligen Regierungsbevollmächtigten des Bezirks und späterem Innenminister, Braun, bereit erklärt, unentgeltlich bis zu einer späteren Klärung tätig zu werden, um beim Aufbau der neuen Polizei und später beim Verfassungsschutz zu helfen (Stephan, BI. 95). Braun hat als Zeuge ausgesagt, ihm sei Matschke durch den damaligen Leiter der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei, nämlich Stephan, vorgestellt worden, und zwar Ende August/Anfang September (Braun, BI. 6). Die Deutsche Volkspolizei habe aber nicht ihm als Regierungsbevollmächtigten unterstanden, sondern dem Minister des Innern der DDR in Berlin (Braun, BI. 5). Nach Empfehlung durch Reiher und den Leiter Nachrichten, Schwarzkopf (Matschke I, BI. 24), und auf der Grundlage verschiedener Dokumente, die der seinerzeit fur die Bearbeitung von Personalangelegenheiten zuständige Zeuge Ernst näher als "Unterlagen, Berichte über seine (Matschkes) Tätigkeit als Privatdetektiv, von seiner Firma" bezeichnet hat, aber ohne Bewerbungsschreiben (Ernst, BI. 91), wurde Matschke von Stephan als Berater der Bezirksbehörde "im Dienstgrad eines Oberrates" berufen. Das entsprechende - 16- Schreiben, unterzeichnet von Stephan, datiert vom 20. August 1990. Die Beratertätigkeit sollte unentgeltlich bis zum 20. November 1990 erfolgen (Stephan, BI. 96). Weshalb es ein weiteres Schreiben vom 20. August 1990 gibt, das sich von dem anderen dadurch unterscheidet, daß der Hinweis auf die Abstimmung mit dem Regierungsbevollmächtigten Braun fehlt und Matschke nur Oberrat Schwarzkopf und nicht auch Oberrat Klapa zugeordnet wurde, konnte nicht geklärt werden (Stephan, BI. 98). In einem weiteren undatierten Schreiben, das nach Aussage des damaligen Regierungsbevollmächtigten Braun nach dem 20. August 1990 mit seiner Unterschrift an Matschke ergangen ist, wird der Zeitraum der unentgeltlichen Beratertätigkeit vom 20. November aufden 20. Oktober, also auf2 Monate, verkürzt, weil der nach den Wahlen zu bildenden Regierung nicht vorgegriffen werden sollte (Braun, BI. 6). In diesem Schreiben wird Matschke nicht als Oberrat bezeichnet. Im übrigen werden die Aufgaben Matschkes näher konkretisiert. Er sollte die Führungskräfte der Polizei beim Aufbau eines Personenschutzes, bei der Ausrüstung der Behörden mit Objektschutz und bei der Ausstattung der Polizei mit der notwendigen Technik beraten und unterstützen. Im Einvernehmen mit dem Leiter der Bezirksbehörde der Polizei sollte er Verhandlungen und Gespräche fuhren, Analysen erarbeiten und die Leiter der Dienststellen beraten. Mit dem sogenannten Befehl Nr. 1 vom 5.11.1990, der vom Minister des Innern, Braun, unterzeichnet ist, ist Matschke zum Kriminaloberrat ernannt worden, Mughrabi zum Kriminalhauptkommissar (Matsch/ce /, BI. 18). Die Urkunde ist Matschke nach seiner Darstellung am 6.11.1990 überreicht worden, wobei offen geblieben ist, ob der damalige Minister Braun die Urkunde ausgehändigt hat. Matschke ist bis zum 4. Dezember 1990 in Magdeburg tätig gewesen. Er hat sich dann nach seiner Darstellung auf Anraten von Minister Braun nach Frankfurt zurückgezogen, weil die Presse sich fiir ihn interessiert habe (Matsch/ce 1, BI. 21). An anderer Stelle sagt Matschke, daß er, nachdem er seine Ermittlungen in der Sache Renger abgeschlossen - 17- gehabt habe, "gefeuert" worden sei (Matschke I, BI. 41). Dr. Renger wurde arn 1. November von dem damaligen Ministerpräsidenten Dr. Gies im Beisein von Matschke seine Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit vorgehalten. Was Matschke bis zum 4. Dezember 1990 tatsächlich in Magdeburg gemacht hat, ist kaum aufzuklären. In den beiden sogenannten Berufungsschreiben und dem undatierten Schreiben des Regierungsbevollmächtigten Braun gibt es jedenfalls eine Beschreibung dessen, was Matschke bis zum 20. Oktober tun sollte. Nach diesem Zeitpunkt gab es den sogenannten Befehl Nr. 1 vom 5. November 1990, mit dem Matschke zum Kriminaloberrat ernannt wurde, der aber keine Aufgabenübertragung und -beschreibung enthält (Bericht Ministerium des Jnnem, BI. 8). Für den Monat November hat z. B. die Vorzimmerkraft von Matschke, Frau Post, ausgesagt, sie habe als Schreibkraft praktisch nichts zu tun gehabt und in dieser Zeit einen Vermerk geschrieben. Matschke habe viel telefoniert und sei häufig unterwegs gewesen. Auf ihre Frage hin, was seine Aufgaben als Sicherheitsbeauftragter seien, Matschke habe sich so genannt und ein Schild mit dieser Aufschrift sei an seiner Tür angebracht gewesen, habe sie keine Antwort bekommen (Post, BI. 59). Es erscheint wenig sinnvoll, auf Grund der Zeugenaussagen allen Hinweisen zur Tätigkeit und zum Verhalten insbesondere Matschkes und anderer Personen nachzugehen, da vieles unwichtig, nebensächlich und auch kaum feststellbar ist. Es sollen deshalb vor allem die Punkte erörtert werden, die zu den Untersuchungsgegenständen in m und IV des Einsetzungsbeschlusses gehören oder sich unmittelbar darauf beziehen. a) Einstellung von Matschke Die Einstellung Matschkes ist dokumentiert durch die sogenannten Berufungsschreiben und später - mittelbar - durch den Befehl Nr. 1 vom 5. November 1990. Die näheren - 18- Umstände sind in Einzelheiten nicht feststellbar. Bewerbungsunterlagen gibt es nicht. Man kann aber dem Chef der Polizei, Stephan, abnehmen, daß er Matschke fi.ir einen Fachmann hielt und seine Dienste in Anspruch nehmen wollte. Man kann auch davon ausgehen, daß Matschke im Zusammenhang mit seiner Berufung dem damaligen Regierungsbevollmächtigten Braun vorgestellt wurde. Matschke seinerseits hat bei der Vernehmung ausgesagt, er sei aus wirtschaftlichen Gründen nach Magdeburg gekommen (Matschke, I, BI. 53}, er habe Technik verkaufen wollen. Unklar ist geblieben, ob vom niedersächsischen Verfassungsschutz die Einstellung Matschkes gefordert oder gar lanciert worden ist. Der Zeuge Stephan hat ausgesagt, er habe vor der Einstellung Matschkes die Herren Boinowitz und Vogt vom Verfassungsschutz Niedersachsen konsultiert (Stephan, BI. 95). Der Zeuge Boinowitz hat hingegen energisch bestritten, auf die Einstellung Matschkes Einfluß genommen zu haben (Boinowitz, BI. 125). Fest steht aber auch, daß Matschke vom 16. November 1987 bis zum 6. September 1990 fur den niedersächsischen Verfassungsschutz gearbeitet hat, er seine letzte Zahlung am 10. Oktober 1990 von dort erhielt und Matschke und Boinowitz sich gut kannten. Nach Aussage des vereidigten Zeugen Stennei hat Matschke ihm gegenüber erklärt, im Auftrage unter anderem von Boinowitz gehandelt zu haben (Stennei, BI. 48). Matschke selbst hat bei seiner Vernehmung erklärt, er wisse nicht, ob er über den niedersächsischen Verfassungsschutz empfohlen worden sei (Matsch/ce, I, BI. 49); es gebe kein Empfehlungsschreiben. Die Frage, ob Dritte, insbesondere der niedersächsische Verfassungsschutz bestimmenden und verdeckten Einfluß auf die Einstellung von Matschke genommen haben, muß deshalb offen bleiben. - 19- b) Überprüfung von Abgeordnetenlisten Die Beweisaufuahme hat ergeben, daß Matschlee an der Aufklärung des Falles Dr. Renger in irgendeiner Weise mitgewirkt hat. Er hat jedenfalls an dem Gespräch, das Ministerpräsident Dr. Gies am 1. November 1990 mit Dr. Renger gefiihrt und infolgedessen Renger sein Landtagsmandat niedergelegt hat, teilgenommen (Gies, BI. 19). Frau Post, damals Vorzimmerkraft von Matschke, hat ausgesagt, sie habe ein Protokoll fur Herrn Matschlee über die Vernehmung eines inoffiziellen Mitarbeiters durch Matschlee in der Angelegenheit Dr. Renger geschrieben (Post, BI. 55). Nicht geklärt werden konnte hingegen, ob und gegebenenfalls m wessen Auftrag Matschke in der Sache Renger tätig wurde. Matschke hat gesagt, eine Woche vor der Landtagswahl am 14. Oktober 1990 habe er eine Liste mit den Kandidaten der CDU von dem späteren Landtagsabgeordneten Geisthardt erhalten. Geisthardt habe gesagt, unter den Kandidaten seien auch inoffizielle Mitarbeiter, die sofort enttarnt werden müßten. Bei einem späteren Gespräch mit Dr. Gies und Braun sei er beauftragt worden, in einem ersten Falle Ermittlungen anzustellen (Matschke, 1, BI. 16, 17). Er habe dann Renger gewählt, weil hier ein Deckname vorhanden gewesen und der Fall ihm deshalb als leicht erschienen sei. (Matschke, I. BI. 38). An dieser Darstellung Matschlees stimmt einiges nachweisbar nicht, anderes bleibt offen. Die Liste, die Matschke dem Untersuchungsausschuß überreicht hat, kann er nicht eine Woche vor der Wahl von Geisthardt bekommen haben. Sie enthält offensichtlich nicht die Wahlkreis-Kandidaten, sondern die gewählten Abgeordneten der CDU. Auf der Liste fehlt nämlich der Kandidat, der in der Wahl am 14. Oktober im Wahlkreis unterlegen ist. Die Liste enthält auch bei dem Namen Renger keinen Decknamen. Frau Edel, die seit dem 2. Oktober 1990 in der Gauck-Behörde in Magdeburg arbeitete und dort M:fS-Unterlagen verwaltet, hat ausgesagt, sie habe die Liste als Hilfsmittel fiir ihre Arbeit in der Behörde in -20- Magdeburg angefertigt, und zwar zwischen der Landtagswahl (14. Oktober) und der konstituierenden Sitzung des Landtages (Edel, BI. 22, 23, 28). Im übrigen hat Geisthardt bestritten, Matschke die Liste gegeben zu haben (Geisthardt, BI. 10). Dr. Gies hat ausgesagt, er kenne die Liste nicht, habe Matschke keinen Auftrag erteilt und nie zusammen mit Braun ein Gespräch mit Matschke gefiihrt (Gies, BI. 9). Auch der Zeuge Braun bestreitet einen solchen Auftrag (Braun, BI. 6). Die Zeugen Braun, Geisthardt, Dr. Gies und Matschke sind auf ihre Aussagen vereidigt worden. Es bleibt also offen, ob Matschke überhaupt einen Auftrag erhalten und woher er die Liste bekommen hat. Es steht Aussage gegen Aussage. Zwar spricht viel gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Matschke. Seine Aussage im Zusammenhang mit dem Auftrag zur Überprüfung der CDU-Abgeordneten ist hinsichtlich des Zeitpunktes des angeblichen Erhalts dieser Liste und des Decknamens bei Renger objektiv falsch. Weil diese beiden Aussageelemente, Zeitpunkt und Deckname, wichtiger Bestandteil des angeblich von Dr. Gies und Braun erhaltenen Überprüfungsauftrages sind, wird man nicht sagen können, daß der Zeuge Matschke sich möglicherweise versehen oder die Aussage in diesem Punkte nicht so wichtig genommen habe. Es gibt aber auch sonst verschiedene Anhaltspunkte, die generell gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Matschke sprechen. Es spricht viel dafilr, daß Matschke seine Handlungen und Aussagen seinem Ziel untergeordnet hat, Beamter des Landes Sachsen-Anhalt zu werden, wenigstens aber einen geldlichen Anspruch gegen das Land durchzusetzen. Deshalb klagt er ja auch gegen das Land, worauf später noch einzugehen ist. Es ist auffallend, daß Matschke fiinf frühere Polizeibeamte, nämlich Elze, Ernst, Klingberg, Stephan und Ziegler, mit denen er früher in Magdeburg einige Monate zusammengearbeitet hatte, zu schriftlichen Erklärungen veranlaßt hat, um damit seine Klage wegen Zahlung noch ausstehenden Gehalts aus einem angeblichen Beamtenverhältnis zum Lande Sachsen-Anhalt zu stützen. Wie oben bereits dargelegt, hat der Zeuge Stephan bekundet, daß Matschke auf seine schriftliche Erklärung Einfluß genommen habe und man kann sich kaum vorstellen, daß er dies bei den anderen schriftlichen Erklärungen nicht -21 - getan hat. Noch schwerwiegender ist allerdings der Einfluß, den Matschke nachweislich auf den Zeugen Levy genommen hat. Levy hatte bei seiner ersten Vernehmung am 19. März 1993 ausgesagt, er sei Anfang 1991 ohne Auftrag in Frankfurt gewesen und habe sich dort mit Matschke getroffen, um von ihm Dokumente aus dem Innenministerium zurückzuholen. Bei seiner zweiten Vernehmung am 24. Februar 1994 hat er bekundet, er habe in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 1994 eine handgeschriebene Erklärung verfaßt, in der er seinen Rücktritt als Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Magdeburg erklärt und an Eides Statt versichert habe, daß er im Auftrage von Dr. Mahn nach Frankfurt gefahren sei. Diese Erklärungen seien bei ständigem telefonischen Kontakt mit Matschke, der ununterbrochen von Frau Ledermann gehalten worden sei, zustandegekommen (Levy, BI. 8}. Über das Zustandekommen dieser Erklärung hat Levy nach einigen Tagen den Direktor des Landeskriminalamtes in Magdeburg, Limburg, und dann den Vorsitzenden dieses Untersuchungsausschusses, Dr. Püchel, unterrichtet. Bei seiner Vernehmung am 24. Februar hat Levy als Zeuge bekundet, er sei von Matschke am 22./23.1.1994 unter Druck gesetzt worden. Vorausgegangen sei ein Artikel in der israelischen Zeitung "Jedioth Aharonot", in dem er als Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Magdeburg angegriffen worden sei, weil er angeblich kein Jude sei. Unter Bezugnahme auf diesen Artikel habe Matschke am 22./23.1.1994 von ihm verlangt, als Vorsitzender der Gemeinde zurückzutreten und Aussagen zu machen, die fur ihn - Matschke - 1m Untersuchungsausschuß hilfreich seien. "Unter dieser Bedingung würde er mir garantieren, daß keine Veröffentlichungen über mich erscheinen würden" (Levy, ll BI. 8). Bei seiner Vernehmung am 24. Februar 1994 hat Levy seine schriftlichen Erklärungen vom 23. Januar 1994 mit folgenden Worten zurückgezogen: "Die in dieser Nacht von mir unter Druck geschriebene Rücktrittserklärung und die sogenannte eidesstattliche Versicherung ziehe ich hiermit zurück. Ich war in diesen Stunden nicht mehr in der Lage, die Situation psychisch zu verkraften" (Levy, Il. BI. 8). Weiter hat der Zeuge bekundet, Matschke habe -22- sich ein oder zwei Tage nach dem Gespräch am 22./23.1. noch einmal gemeldet und gesagt, "es wollten oder möchten sich noch mehrere Personen mit mir (Levy) unterhalten". Er habe ihm darauf gesagt, "er könne jetzt veröffentlichen was er wolle, ich hätte genug davon, ich ließe mich nicht mehr erpressen" (Levy, 11. BI. 20). Hierzu ist zunächst festzuhalten, daß es keine Veranlassung gibt, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Levy zu zweifeln. Es ist auch kaum anzunehmen, daß Levy einige Tage nach der Abgabe seiner Erklärungen zum Leiter des Landeskriminalamtes gegangen wäre, wenn er seine Erklärungen aus freien Stücken abgegeben gehabt hätte. Auch der Artikel in der israelischen Zeitung, der offensichtlich von Matschke wenigstens beeinflußt worden ist, spricht fiir die Darstellung Levys. Wie das Verhalten Matschkes strafrechtlich zu bewerten ist, kann hier dahinstehen. Hier ist nur festzustellen, daß Matschke ganz offensichtlich zur Erreichung seiner Ziele Methoden anwandte, die sich jedenfalls in der Nähe der Nötigung bewegten. Hier kann nur die weitere Schlußfolgerung gezogen werden, daß nämlich große Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Matschke bestehen. Dies muß nicht bedeuten, daß alle seine Aussagen falsch wären. Aber immer dann, wenn Behauptungen Matschkes seinen eigenen persönlichen Interessen dienen, sind große Zweifel an der Richtigkeit der Aussage angebracht. Wie sehr persönliche Interessen Matschkes seine Erklärungen beeinflussen, zeigt der oben bereits angesprochene Artikel in der israelischen Zeitung "Jedioth Aharonot". Dort wird ausgefiihrt, daß die ganze Geschichte mit Levy, daß er nämlich kein Jude sei, von Matschke aufgedeckt worden sei. Zur Person Matschkes heißt es: "Matschke diente jahrelang als Beamter beim deutschen Verfassungsschutz. 1990 wurde er gebeten nach Sachsen-Anhalt zu fahren, um die dortigen Institutionen von Kommunisten oder StasiLeuten zu säubern". Wer immer diesen Artikel geschrieben hat, so wäre es lebensfremd anzunehmen, daß die Angaben zur Person Matschke nicht von ihm selbst gekommen sind. -23- Eine dieser Angaben ist objektiv falsch. Matschke ist nie Beamter des Verfassungsschutzes gewesen, auch nicht des niedersächsischen Verfassungsschutzes, wenn er auch jahrelang fiir diesen tätig war. Die andere Aussage steht im Gegensatz zu der Matschk:es im Untersuchungsausschuß. Dort hat Matschke erklärt, er sei aus wirtschaftlichen Gründen nach Magdeburg gekommen und habe Technik verkaufen wollen. Er wisse nicht, ob der niedersächsische Verfassungsschutz auf seine Einstellung Einfluß genommen habe. Einen Auftrag hat er geleugnet. In der "Jedioth Aharonot" heißt es nun, Matschke wurde 1990 gebeten, nach Sachsen-Anhalt zu fahren, um die dortigen Institutionen von Kommunisten oder Stasi-Leuten zu säubern. Von wem der Auftrag erteilt worden sein soll, bleibt offen. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß große Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen Matschke dann angebracht sind, wenn durch die Aussage seine eigenen Interessen tangiert werden. Matschke will dann Ende 1990 (Dezember) Anfang 1991 (Januar) einen weiteren Auftrag von Dr. Gies bekommen haben, nämlich bei Gelegenheit alle Landtagsabgeordneten anband einer übergebenen Liste zu überprüfen (Matschke I, BI. 98; IL BI. 102). Der Zeuge Dr. Gies hat die Übergabe einer solchen Liste bestritten. Auch die damalige Sekretärin von Dr. Gies, Frau Dreier, die nach der Aussage von Matschke bei der Übergabe der Liste anwesend war, hat unter Eid bekundet, von einer Übergabe der Liste nichts zu wissen (Dreier, Bl 40). Der Zeuge Dr. Gies hat auch den von Matschke behaupteten Auftrag bestritten (Gies, BI. 30). Es ist auch ganz unwahrscheinlich, daß ein solcher Auftrag erteilt worden ist, denn zu diesem Zeitpunkt bestand bereits die Absicht des Landtages, selbst alle Abgeordneten zu überprüfen. Im übrigen hielt sich Matschke auch nicht mehr in Magdeburg auf. Nach seiner eigenen Aussage war er nach Erledigung der Sache Renger "gefeuert" worden (Matschke L BI. 41) und die Presse habe sich fur ihn interessiert (Matschke I, BI. 21). Die Behauptung, in dieser Situation "bei Gelegenheit" von Frankfurt aus alle Abgeordneten zu überprüfen, ist einfach unglaubhaft. -24- c) Bestellung als Sicherheitsbeauftragter Eine wichtige Rolle hat fiir Matschlee die Behauptung gespielt, er sei Sicherheitsbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt. Dabei ist nicht immer ganz klar, ob damit die Aufgaben des Objektschutzes oder des Staatsschutzes gemeint sind. Immerhin spricht manches dafiir, daß Matschlee darin den Vorläufer fiir die Position des Leiters eines künftigen Verfassungsschutzes gesehen hat, den Matschlee und Boinowitz in SachsenAnhalt aufbauen wollten (Mahn, BI. 54). Ganz unverkennbar strebte Matschlee die Leitung dieses Verfassungsschutzes an. Fest steht nun, daß Matschlee Sicherheitsbeauftragter werden wollte und er sich selbst auch so nannte, sei es im Schriftverkehr, sei es gegenüber Gesprächsteilnehmern oder sei es auch auf dem Schild vor seinem Dienstzimmer. Fest steht aber auch, daß Matschlee niemals zum Sicherheitsbeauftragten formlieh ernannt oder berufen worden ist. Dr. Mahn, Staatssekretär des Innenministeriums, hat als Zeuge ausgesagt, er sei am 15. November von seinem damaligen Minister Braun angerufen worden. Braun habe ihm gesagt, Ministerpräsident Dr. Gies habe ihn darum gebeten, Matschlee zum Sicherheitsbeauftragten der Landesregierung zu bestellen (Mahn, BI. 54). Dies wird allerdings von Dr. Gies bestritten. Er hat ausgesagt, seinerzeit nur darum gebeten zu haben zu prüfen, ob eine solche Funktion bei der vorhandenen Struktur überhaupt möglich sei. (Gies, BI. 23, 24). Mahn und Levy haben Braun davon abgeraten, Matschlee zum Sicherheitsbeauftragten zu bestellen. Braun hat schließlich Matschlee am 19. November 1990 eröffnet, daß er nicht Sicherheitsbeauftragter werden könne (Mahn, BI. 56). Ein vorbereitetes Bestellungsschreiben wurde nicht ausgehändigt. Dafiir, daß Matschlee bis zum 19. November mündlich zum Sicherheitsbeauftragten ernannt worden ist, hat die Beweisaufuabme keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben. Auch die sogenannte eidesstattliche Versicherung des Zeugen Auer vom 4.12.1993 und seme Aussage vor dem Untersuchungsausschuß am 24.2.1994, wonach ihm als -25- Fraktionsvorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion der damalige Ministerpräsident Dr. Gies und der damalige Innenminister Braun getrennt gesagt hätten, Matschlee sei Sicherheitsbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt, sind keine sicheren Grundlagen fur die Annahme einer mündlichen Bestellung. Die unbeeidete Aussage des Zeugen Auer kann die beeideten Aussagen der Zeugen Dr. Gies und Braun nicht erschüttern. Zunächst flillt der Zeitpunkt der sogenannten eidesstattlichen Versicherung auf. Matschlee hat seine Aussage im Januar und Februar 1993 gemacht, zu einer Zeit, zu der der Zeuge Auer noch Mitglied des Untersuchungsausschusses war. Es hätte nahe gelegen, sich bald danach als Zeuge zur Verfugung zu stellen, wenn er die Aussage Matschlees wenigstens mittelbar bestätigen zu können glaubte. Weshalb der Zeuge Auer dann nach bald einem Jahr eine schriftliche Erklärung, die er als eidesstattliche Versicherung bezeichnet, zu Hause abgefaßt hat (Auer, BI. 46), ist wenig plausibel. Der Zeuge Auer hat dies damit erklärt, daß er mehrmals über Pressevertreter - vergeblich - versucht habe, zu signalisieren, daß er als Zeuge gehört werden wolle (Auer, BI. 44). Daß der fiilhere Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete, früher selbst Mitglied des Untersuchungsausschusses, keine Möglichkeit gesehen hat, dem Untersuchungsausschuß unmittelbar klar zu machen, er wolle als Zeuge gehört werden, ist nicht nachvollziehbar. Die Tatsache, daß die sogenannte eidesstattliche Versicherung Auers dem Untersuchungsausschuß zusammen mit den eidesstattlichen Versicherungen von Levy, Ledermann und Geue von Matschlee Ende Januar 1994 vorgelegt worden ist, spricht fiir ein die Glaubwürdigkeit Auers einschränkendes abgestimmtes Verhalten Auers mit Matschke. Danach muß es offenbleiben, ob Matschlee bis zum 19.11.1990 mündlich die Aufgaben eines Sicherheitsbeauftragten übertragen worden sind. Fest steht hingegen, daß er über den 19. 11. 1990 hinaus keine Aufgaben als Sicherheitsbeauftragter gehabt hat. -26- d) Aufbau des Verfassungsschutzes und eines Landeskriminalamtes Der Zeuge Matschke hat ausgesagt, Braun habe ihm den Auftrag erteilt, einen Verfassungsschutz aufZubauen (Matsch/ce I, BI. 76177). Deshalb habe er Kontakt zum niedersächsischen Verfassungsschutz aufgenommen. Zum Aufbau eines Landeskriminalamtes hätten ihn im Januar 1991 der damalige Ministerpräsident Dr. Gies und der damalige Innenminister Braun telefonisch beauftragt (Matsch/ce I, BI. 80). Demgegenüber hat Braun als Zeuge bekundet, er habe Matschke keinen Auftrag zum Aufbau einer Abteilung Verfassungsschutz erteilt (Braun, BI. 11, 31). Matschke habe zwar ihm gegenüber einmal geäußert, daß er das gern machen würde (Braun, BI. 12), er, Braun, habe aber an den Aufbau eines Verfassungsschutzes "in keinster Weise" gedacht (Braun, BI. 31). Es spricht viel dafiir, daß Braun so kurz nach der Wende keine konkreten Absichten hatte, einen Verfassungschutz aufzubauen, auch wenn er ihn zu einem späteren Zeitpunkt fur notwendig hielt. Seine Einlassung ist jedenfalls nicht zu widerlegen. Auch die Aussage des Zeugen Auer gibt keine Veranlassung, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Für die Aussage Auers gilt hier auch das, was dazu oben im Zusammenhang mit der angeblichen Bestellung Matschkes zum Sicherheitsbeauftragten dargelegt ist. Im übrigen ist auch nicht auszuschließen, daß Matschke das, was er mit dem Chef der Volkspolizei Stephan im Zusammenhang mit seiner Einstellung oder danach besprach, auf Braun "übertragen" hat. Der Zeuge Stephan hat nämlich ausgesagt, es sei seine Idee gewesen, daß man einen Verfassungsschutz brauche. Auch Boinowitz und Vogt vom niedersächsischen Verfassungsschutz hätten ihn in diesem Sinne beraten (Stephan, BI. 102). Hieraus ergibt sich, daß, wenn überhaupt, Initiativen von Stephan ausgegangen sind. Dies wird durch die weitere Aussage Stephans, Braun habe gewußt, daß der Verfassungsschutz irgendwann kommen würde, noch unterstützt (Stephan, BI. 110). Jedenfalls wäre aus einer gedachten Vorstellung des damaligen Ministers Braun, -27- irgendwBIUI sei ein Verfassungsschutz erforderlich, ein Auftrag zum Aufbau eben dieses Verfassungssschutzes in der zweiten Hälfte 1990 nicht herzuleiten. Auch die weitere Aussage Matschlees, Dr. Gies und Braun hätten ihn im Januar 1991 telefonisch beauftragt, ein Landeskriminalamt aufmbauen, ist kaum glaubhaft (Matschke, I, BI. 80). Matschlee hatte Sachsen-Anhalt bereits am 4. Dezember 1990 verlassen und seine Arbeit praktisch eingestellt. So wie Matschlee die Beauftragung behauptet, ergibt sie keinen Sinn. Im übrigen hat Braun als Zeuge hierzu erklärt, er hätte es gern gesehen, wenn Matschlee sich bei einem Aufbau eines Landeskriminalamtes engagiert hätte. Er habe aber nicht die Befugnis gehabt, einen entsprechenden Auftrag zu erteilen (Braun, BI. 12). Matschlee hätte beim Aufbau eines Landeskriminalamtes beratend mitwirken sollen. Eine solche Verwendung Matschlees sei allerdings nicht im Januar 1991, sondern fiüher vorgesehen gewesen (Braun, BI. 68). Der Zeuge Dr. Gies ist zu der angeblichen Beauftragung nicht befragt worden. Es spricht viel dafur, daß Matschlee von Braun nicht zum Aufbau emes Verfassungsschutzes beauftragt wurde und daß er auch nicht im Januar 1991 von Braun den Auftrag erhielt, ein Landeskriminalamt aufzubauen. Zutreffend könnte dagegen die Aussage Matschlees sein, daß er in einem Landeskriminalamt im Zusammenhang mit dem Bereich Organisierte Kriminalität tätig werden sollte (Matsch/ce, I, BI. 83). Dies kBIUI hier aber offen bleiben. e) Treffen von Matschlee mit dem fiüheren Stasi-General Müller und Mitnahme von Akten Die Frage, ob Matschlee von dem fiüheren Stasi-General Müller Stasi-Unterlagen erhalten hat, konnte nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden. Matschlee hat als Zeuge ausgesagt, daß er sich sehr oft, etwa 10 bis 15 mal, mit Müller getroffen habe (Matsch/ce 11, BI. 55). Dies sei erforderlich gewesen, um in den -28- Angelegenheiten weiter zu kommen, in denen er beauftragt gewesen sei (Matschke I, BI. 53), so z. B. in der Sache Renger (Matsch/ce I, BI. 86). Es bleibt unklar, was die wirklichen Gründe fiir die Treffen Matschkes mit Müller waren. Matscbke hat, von der Sache Renger abgesehen, keine weiteren konkreten Griinde erwähnt. Der Fall Renger war aber in der kurzen Zeit zwischen der Landtagswahl arn 14. Oktober 1990 und dem 1. November 1990 erledigt. Wenig überzeugend ist auch die Erklärung von Matschke dazu, was er nach den Treffen mit Müller mitgebracht hat. Hierzu hat der Zeuge Mugbrabi, der damals Matschkes Fahrer war, unter Eid ausgesagt, daß er Matschke häufig zu dem früheren Stasi-General Müller gefahren habe. Mehrmals hätten sie von Müller Kartons mit Papieren im Kofferraum oder auf dem Rücksitz des Wagens mitgenommen. Über die Kartons seien dann Uniformteile gelegt worden (Mughrabi, BI. 128, 129, 141, 142). Die Kartons seien dann aufdem Wege nach Frankfurt bei Boinowitz in der Nähe von Hannover ausgeladen worden. Die Uniformteile und vielleicht zweimal Karteikarten seien mit nach Frankfurt oder Roßbach gegangen (Mughrabi, BI. 141). Um was fiir Papiere es sich gehandelt habe, könne er nicht sagen (Mughrabi, BI. 129). Matschke hat bestritten, irgendwelche Kartons mit schriftlichen Unterlagen und Karteikarten von Müller abgeholt zu haben. Dies sei "Unsinn" (Matsch/ce II, BI. 59). In den Kartons seien Uniformteile gewesen (Matsch/ce lL BI. 60). Boinowitz hat als Zeuge ausgesagt, Matschke, mit dem er sich arn 25. Oktober 1990 in Hannover bei sich zu Hause getroffen habe, habe ihm an "diesem Tage" keine einzige Akte gegeben, auch Mugbrabi nicht (Boinowitz, BI. 113). Vielmehr habe er Matscbke zwei Kartons mit Broschüren über den Verfassungsschutz, u. a. "Was jeder vom Verfassungsschutz wissen sollte", mitgegeben (Boinowitz, BI. 110). Die Aussage Matscbkes ist schon deshalb wenig glaubwürdig, weil es ungewöhnlich wäre, bei jedem Besuch Müllers Uniformteile mitzunehmen, ob in Kartons oder Plastiktüten (Matschke II, BI. 61). Umgekehrt spricht fiir die Glaubwürdigkeit des Zeugen Mugbrabi -29- die Tatsache, daß er seine Beobachtungen, die er 1990 machte, damals Stennei mitteilte (Mughrabi BI. 114, 166). SteMei, Erster Kriminalhauptkommissar beim Polizeipräsidium Frankfurt, hat ausgesagt, Mughrabi habe ihn 1990/91 mehrmals über seine Beobachtungen in Sachsen-Anhalt bezüglich Matschke unterrichtet (Stennei, BI. 36). So habe Mughrabi ihm unter anderem gesagt, daß er fur Matschke "Papiere" aus dem Haus des ehemaligen Stasi-Generals Müller "verdeckt unter Uniformteilen", herausgetragen habe. Der Kofferraum des Fahrzeuges von Matschke oder der Rücksitz seien voll bepackt worden und auch kleine Karteikarten seien dabeigewesen (Mughrabi, BI. 44). Spricht schon allein die Tatsache, daß Mughrabi 1991 gegenüber Stennei im Kern dasselbe wie 1993 vor dem Untersuchungsausschuß gesagt hat, fur die Richtigkeit dieser Aussage, so spricht vor allem aber auch die Aussage von Matschke selbst gegenüber Stennei im Jahre 1991 fiir die Darstellung Mughrabis. SteMei hat nämlich unter Eid ausgesagt, Matschke habe ihm gegenüber im Januar 1991 in Frankfurt erklärt, "er habe von den StasiGeneralen Müller, Magdeburg, und Schmidt, Halle, Unmengen von Unterlagen erhalten", ohne sie näher zu bezeichnen (Stennei, BI. 48). Weiter habe er erklärt, er könne "die Regierung in Niedersachsen zu Fall bringen, deM er habe im Auftrag von den Herren Boinowitz, Vogt und Strehlen gehandelt" (Stennei, BI. 48). Die Aussage von Boinowitz, er habe am 25. Oktober keine einzige Akte von Matschke bekommen, widerspricht der Aussage Mughrabis allenfalls fur eben den 25. Oktober. Mughrabi hat sich allerdings auf dieses Datum nicht ausdrücklich bezogen. Da gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen SteMei und Mughrabi keine Bedenken bestehen, wird man die Aussage von Matschke als widerlegt ansehen können, von Müller nur Uniformteile mitgenommen zu haben. Sie widerspräche auch der Aussage des StasiGenerals Müller. Der hat nämlich als Zeuge bekundet, Matschke habe von ihm verschiedene Bücher bekommen und mitgenommen {Müller, BI. 36, 50). Steht danach fest, daß Matschke nicht nur Uniformteile vom früheren Stasi-General Müller mitgenommen hat, so muß doch offen bleiben, welcher Art die Unterlagen waren, -30- die Matschke von Müller erhalten und wahrscheinlich entweder bei Boinowitz abgegeben oder mit nach Frankfurt genommen hat. f) Kontakte Matschke/Rauls Die Beweisaufuahme hat ergeben, daß Matschke Rauls in den Monaten von Sommer 1990 bis Dezember des Jahres möglicherweise in der Bezirksverwaltungsbehörde Magdeburg begegnet ist. Rauls war dort mit der Vorbereitung neuer Strukturen fiir die Landesregierung Sachsen-Anhalt seit etwa dem 20. August 1990 beschäftigt {Rauls, BI. 19). Matschlee war dort ebenfalls als Berater tätig. Beide Zeugen haben ausgesagt, daß sie sich gegenseitig nicht bewußt wahrgenommen hätten. Es gibt keine Zeugenaussagen, die dem widersprechen. Im August/September 1991 lernte Minister Rauls Matschke zunächst telefonisch kennen. Mehrmals riefMatschke Rauls an und erklärte ihm, daß er Informationen habe, die fiir die Landesregierung von besonderem Interesse seien. Minister Rauls unterrichtete darüber den Ministerpräsidenten und andere Kabinettsmitglieder. Als Rauls Mitte September dienstlich in FrankfurtJMain zu tun hatte, vereinbarte er mit Matschke, der erneut angerufen hatte, einen Termin, obgleich der Ministerpräsident ihm geraten hatte, sich nicht mit Matschlee zu treffen {Rauls, BI. 41). Er wollte wissen, welche Bedeutung die angeblichen Informationen besaßen {Rauls, BI. 20). Bei dem ersten Gespräch in Frankfurt ging es einmal um die Mitteilung Matschlees, daß ein ehemaliger Ausbilder von RAF-Mitgliedem in der DDR, Wetzel, mit Wissen des Staatssekretärs Dr. Mahn im Innenministerium in der Polizei in Magdeburg tätig sei. Zum anderen wollte er ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten oder dem Innenminister wegen der mit seiner fiüheren Tätigkeit in Sachsen-Anhalt zusammenhängenden finanziellen Fragen durch Minister Rauls vermittelt haben (Rauls, BI. 21). Der Ministerpräsident und die übrigen Kabinettsmitglieder wurden darüber von Rauls unterrichtet. -31 - Wenige Wochen später fand ein weiteres Gespräch in Frankfurt/Main statt, wo Rauls sich wieder aus dienstlichem Anlaß aufhielt. Matschke legte nach Aussage von Rauls bei diesem Gespräch noch mehr Wert auf die Vermittlung eines Gesprächstermins. Rauls teilte Matschke mit, daß weder der Ministerpräsident noch der Innenminister bereit seien, mit ihm über seine Forderungen zu sprechen. Das dritte Gespräch fand in Bonn in einem Hotel statt. Ohne vorherige Verabredung oder Ankündigung sprach Matschke Minister Rauls während des Frühstücks an. Es ging dabei wieder um einen Gesprächstermin wegen seiner Geldforderung gegen das Land SachsenAnhalt (Rauls, BI. 21). Daß diese Treffen so stattgefunden haben, ist unzweifelhaft. Soweit dazu weitere Zeugen vernommen worden sind, haben sie allerdings zum Inhalt des Gesprächs nichts aussagen können. Matschke hatte sie zu seinem Schutz mitgenommen und so plaziert, daß sie von den Gesprächsinhalten nichts mitbekamen. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Gespräche, die auf Wunsch Matschkes zustandegekommen sind (Matschke 11, BI. 70}, den oben wiedergegebenen Inhalt gehabt haben. g) Besuch Matschkes im Stasi-Archiv Matschke hat als Zeuge ausgesagt, er sei nur ein einziges Mal in der Außenstelle des Bundesbeauftragten fiir die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums fur MfS und AfNS (Gauck-Behörde) in Magdeburg gewesen, um die Akte Stephan in dessen Auftrag einzusehen. Polizeidirektor Stephan sei Anfang September 1990 wegen IM-Tätigkeit aus dem Polizeidienst entlassen worden (Matschke /, BI. 16). Nachdem er von Stephan Vollmacht erhalten habe, sei ein Termin mit der Leiterin der Gauck-Behörde Mageburg, -32- Frau Edel, vereinbart worden. In Anwesenheit von Frau Edel habe er dann die Akte Stephan eingesehen. Andere Akten habe er nicht gesehen und er sei auch nicht wieder in dem Archiv gewesen (Matschke 1, BI. 16, 36; 11, BI. 43). In dem Archiv in Halle sei er nie gewesen (Matschke II, BI. 44). Matschke hat es aufNachfrage offengelassen, ob er Ende September oder Anfang Oktober 1990 in dem Archiv war (Matschke Il, BI. 41). Frau Edel hat bestätigt, daß Matschke nur in dem einen Fall (Stephan) Einsicht in eine IM-Akte gehabt habe (Edel, BI. 17). Nicht belegt werden konnte die Aussage Mughrabis, Matschke habe zusammen mit Frau Edel, Herrn Niemann und einem weiteren Polizeibeamten unter der Erde gelagerte Akten besichtigt (Mughrabi, BI. 1231125). Matschke, Frau Edel und Niemann haben dies verneint und Mughrabi konnte nur aussagen, daß die genannten Personen die Absicht hatten, die Aktenbestände zu besichtigen. Mughrabi war auch nicht als Fahrer dabei. Auch der Zeuge Elze hat nur sagen können, daß Matschke, Frau Edel, Niemann und Klapa einmal zusammen eine Fahrt gemacht hätten; wohin könne er nicht sagen (Eize, BI. 158). Mit letzter Sicherheit konnte auch nicht geklärt werden, ob Matschke zu den bei der Polizei gefiihrten Archiven und Registraturen Zugang hatte. Der Zeuge Stephan hat dies bejaht (Stephan, BI. 152), der Zeuge Klapa hat dies verneint (Kiapa, BI. 68). Es ist aber eher wahrscheinlich, daß Matschke, der auch einen Dienstausweis hatte, zu allen polizeilichen Einrichtungen Zugang hatte. Mit Sicherheit läßt sich dieses aber nicht feststellen. h) Kontakte Matschkes zu Personen in Sachsen-Anhalt nach seinem Weggang Matschke hat seine Tätigkeit in Sachsen-Anhalt am 4.12.1990 beendet. Nach seinen eigenen Angaben hat er sich am 25. Januar 1991 noch einmal mit dem damaligen Ministerpräsidenten Dr. Gies in Magdeburg in der CDU-Geschäftsstelle getroffen. Bei dieser Gelegenheit hat Matschke einen Krankenschein übergeben (Matschke L BI. 88, 89) und nach der Aussage von Dr. Gies seine Forderung auf Bezahlung fiir seine Tätigkeit vorgebracht und behauptet, er sei Beamter des Landes Sachsen-Anhalt auf Lebenszeit -33- (Gies, BI. 28). Matscbke hatte über den Gesprächsinhalt nichts Konkretes gesagt (Matsch/ce I, BI. 89). Ob es ein Telefongespräch zwischen Matschke und dem damaligen Minister Braun Anfang 1991 (vor dem Spiegel-Artikel am 8.3.1991) gegeben bat, in dem es um die Rückgabe des Ausweises ging, wie Mughrabi ausgesagt bat (Mughrabi, BI. 115, 158), ist offen geblieben. Braun kann sich an ein solches Gespräch nicht erinnern (Braun, BI. 50). Auf die Treffen Matscbkes mit Minister Rauls ist oben unter f) eingegangen worden. Es bat dann weiter ein Treffen von Matscbke mit Levy Ende Januar 1991 in Frankfurt gegeben (Matsch/ce 11, BI. 93; Stennei, BI. 50}, wobei offen ist, ob dieses Treffen auf Initiative von Levy oder im Auftrag von Braun zustandegekommen ist. Weiterhin hat es ein Treffen von Matscbke mit dem Polizeibeamten Spieeher (Matschke II, BI. 48) gegeben, der damals GdP-Vorsitzender war (Matschke ll, BI. 48). Mit dem Landtagsabgeordneten Dr. Höppner ist nach Angaben Matschkes ein vereinbartes Gespräch nicht zustandegekommen, weil Herr Dr. Höppner wegen eines Unfalles absagen mußte (Matschke IL BI. 92). Im übrigen hat Matscbke mit verschiedenen früheren und auch noch aktiven Polizeibeamten Kontakt gehabt. Dies ergibt sich einmal aus der Tatsache, daß Matscbke nach der Einreichung der verwaltungsgerichtlichen Klage mit Schriftsatz vom 18.6.1991 schriftliche Erklärungen und sogenannte eidesstattliche Versicherungen von Stephan, Klingberg, Elze, Ziegler und Ernst beigebracht hat. Aber auch zu Klapa, (Klapa, BI. 92, 96) oder Niemann (Niemann, BI. 200) bat Matscbke Kontakt gehabt. i) Verwaltungsgerichtliche Klage Matscbke hat mit Schriftsatz vom 18. Juni 1991 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben. Er macht Gehaltsrückstände aus einem Beamtenverhältnis seit dem 1.11.1990 geltend. -34- Dieser Rechtsstreit ist noch nicht· entschieden. Das Land Sachsen-Anhalt wird durch das hmenministerium vertreten. 2. Weitere Einzelergebnisse AufGrund der Beweisaufuahme ergibt sich zu den Untersuclrungsgegenständen in ID und IV des Einsetzungsbeschlusses ferner folgendes: zum Matschke hat nach seinem Weggang aus Magdeburg am 4.12.1990 am 25.1.1991 ein Gespräch mit dem damaligen Ministerpräsidenten Dr. Gies, in dem es nach der Aussage von Dr. Gies um Ansprüche Matschkes gegen das Land Sachsen-Anhalt ging, gefiihrt. Ferner hat es ab Mitte September 1991 drei Treffen Matschkes mit Minister Rauls gegeben, in denen es um die Tätigkeit von Wetze! in Sachsen-Anhalt und um die Forderungen von Matschke gegen das Land Sachsen-Anhalt ging. Bei dem Treffen von Matschke und Levy Ende Januar 1991 in Frankfurt ging es um die Rückgabe von aus der Sicht Levys wichtigen Unterlagen des hmenministeriums, wie zum Beispiel den Befehl Nr. 1. Offen geblieben ist, ob Levy im Auftrage des damaligen Ministers Braun (Stennei, BI. 51) oder aus eigenem Antrieb in Frankfurt war (Levy I!, BI. 14). Die Treffen Matschkes mit verschiedenen Polizeibeamten hatten zum Teil die Begründung seiner verwaltungsgerichtlichen Klage zum Gegenstand, zum Teil waren sie rein persönlicher Natur. zu IV Absatz 1 -35- Es wird auf die oben getroffenen Feststellungen verwiesen. Absatz2 Matschlee macht einen Anspruch auf Zahlung des Gehalts seit dem 1.11.1990 geltend, weil er der Auffassung ist, Beamter des Landes Sachsen-Anhalt zu sein. -36- Zusammenfassung 1. Zu dem Anlaß und Hauptgegenstand des Untersuchungsausschusses (I und II des Einssetzungsbeschlusses) hat die Beweisaufnahme ergeben, daß weder Ministerpräsident Prof. Dr. Münch noch ein Minister noch sonst ein Mitarbeiter der Landesregierung Nachforschungen in der Angelegenheit Rauls veranlaßt hat. 2. Zum zweiten Teil des Untersuchungsauftrages (III und IV des Einsetzungsbeschlusses), den angeblichen Skandalgeschichten um den Frankfurter Detektiv Matschlee, hat die Beweisaufnahme folgendes ergeben: Matschlee hat sich ganz offensichtlich in seine verschiedenen Positionen hineingedrängt. Er hatte einmal wirtschaftliche Interessen. Er wollte in Sachsen-Anhalt sicherheitstechnische Geräte verkaufen. Zum anderen hatte er das Ziel, Leiter eines dort noch aufzubauenden Verfassungsschutzes zu werden, wobei er nicht die notwendigen Voraussetzungen mitbrachte. An diesen Zielen hat er sein Handeln und in vielen Punkten auch seine Aussagen ausgerichtet. Die Aussagen aber einer so schillemden Figur wie Matschlee reichen allein als Grundlage fiir Feststellungen nicht aus. Demzufolge sind viele Fragen offengeblieben. -37- Würdigung 1. Nach seinen Ergebnissen zu urteilen, war der Untersuchungsausschuß nicht erforderlich. Bezüglich des Hauptgegenstandes, der angeblichen Ausspähafflire (I und II des Einsetzungsbeschlusses ), hat sich bald herausgestellt, daß weder der frühere Ministerpräsident Prof. Dr. Münch noch ein Minister oder Mitarbeiter der Landesregierung Veranlassung gegeben haben, in der Angelegenheit Rauls tätig zu werden, insbesondere Nachforschungen anzustellen. Es gab auch von Anfang an keine wirklichen Hinweise, die den Verdacht einer Ausspähung durch die Landesregierung hätten begründen oder nahelegen können. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der fiir die Fraktion der SPD den Einsetzungsantrag begründet hat, hat hierzu in der Landtagssitzung am 18.9. 1992 ausgefiihrt, daß im Herbst 1991 der Beauftragte des Bundesamtes fiir Verfassungsschutz in SachsenAnhalt, Schaper, Nachforschungen über Minister Rauls angestellt habe und wörtlich ausgefiihrt: "Der Ministerpräsident, der Innenminister, der Staatssekretär im Innenministerium erhielten von ihm darüber geheime Aktenvermerke, die sie abzeichneten. Da das Bundesamt zu dieser Zeit im Einvernehmen mit dem Innenministerium in SachsenAnhalt tätig war, muß man fragen, warum niemand die Aktivitäten von Schaper sofort gestoppt hat". In Wirklichkeit gab es also eine einzige Frage, die auch leicht bezüglich der Landesregierung zu beantworten gewesen wäre. Auch wenn es zugetroffen hätte, daß Schaper über eine angebliche Stasi-Tätigkeit von Minister Rauls Nachforschungen anstellte, hätte der Bundesbeamte Schaper nicht von der Landesregierung "gestoppt" werden können. Bezüglich der sogenannten Skandalgeschichten um den Frankfurter Detektiv Matschke, des zweiten Teils des Einsetzungsbeschlusses (ill und IV), hat der Untersuchungsausschuß zusätzlich zu dem, was ohnehin in den Medien behandelt wurde -38- und was der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Begründung des Einsetzungsantrages vorgebracht hat, kaum etwas Neues hervorgebracht. Matschke, der der "Kronzeuge" fiir alles sein sollte, hat sich während der Untersuchung (wie erwartet) als schillernde und unglaubwürdige Person dargestellt, die alles ihren persönlichen Interessen unterordnet. Gewichtige neue Feststellungen konnten deshalb nicht getroffen werden. Aussagen zu interessanten Punkten beziehen sich fast ausschließlich auf VierAugen-Gespräche und sind wegen der großen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Matschke :fiir Feststellungen nicht verwertbar. Selbst wenn man die "Skandalgeschiclten" :fiir untersuchungswürdig hielt, war es abzusehen, daß die Untersuchungen neue Erkenntnisse kaum erbringen würden. Abgerundet hat sich allenfalls das Bild von Matschke und über die Zeit des Umbruchs im Sommer 1990. Wenn es Matschke mit seinen Mitteln gelungen ist, ohne jegliche Voraussetzungen eine beamtenrechtliche Scheinposition zu erhalten, dann ist dies nur damit zu erklären, daß Matschke in der Umbruchzeit die Unerfahrenheit und Verunsicherung der handelnden Personen auszunutzen verstand. Vier Wochen, nachdem das Innenministerium errichtet war, wurde die Tätigkeit Matschkes in Magdeburg durch dieses Ministerium beendet. Bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sollte nicht die Überlegung im Vordergrund stehen, aus einer Sache Vorteile zum Nachteil des politischen Gegners zu ziehen. Es sollte auch bedacht werden, daß durch die ausgedehnten Untersuchungen, die häufig über den Untersuchungsauftrag hinausgegangen sind, die Persönlichkeitssphäre der Beteiligten beeinträchtigt werden kann. Auch die schließlich vom Land zu tragenden Kosten, die nicht genng sind, sollte man bei der Einsetzung emes Untersuchungsausschusses im Auge haben. -39- 2. Kritikwürdig ist auch die Reihenfolge der Untersuchung. Es war ein Fehler, nicht mit der sogenannten Ausspäh-Affäre, dem 1. Teil des Einsetzungsbeschlusses, zu beginnen. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hat hierzu in der Landtagssitzung am 18.9.1992 ausgefiihrt: "Um so mehr müssen wir uns anstrengen, die Vorgänge um eine angebliche Bespitzelung von Minister Rauls durch den V erfassungsscbutz zu beleuchten. Das muß gründlich und schnell geschehen, damit bei unseren Bürgern nicht der Eindruck entstehen kann, die Bespitzelung, von der wir uns durch die Wende befreien wollten, würde unter anderen Vorzeichen weitergehen". Wenn so verfahren worden wäre, wenn mit dem Hauptgegenstand der Untersuchung also nicht erst nach 10 Monaten sondern sofort begonnen worden wäre, hätte dieser Teil der Untersuchung nach 2 Monaten erledigt sein können. Abgesehen von den unnützen Kosten und der Bindung der Arbeitskraft der Abgeordneten im Untersuchungsausschuß, wäre dieses V erfahren auch mit Rücksicht auf die Personen, die ohne Grund in solche Verfahren bineingezogen werden, richtig und angemessen gewesen. 3. Die Untersuchungen haben ergeben, daß die Landesregierung keine Veranlassung zur Ausspähung von Minister Rauls gegeben hat, wodurch allen Mutmaßungen der Boden entzogen ist. Insofern hat der Untersuchungsausschuß jedenfalls ein konkretes und klares Ergebnis gebracht. Beim Komplex Matschke bleibt, abgesehen von manchen nebensächlichen Fragen, vieles offen, weil die Aussagen des Zeugen Matschke in wichtigen Punkten unrichtig sind, in anderen Punkten ganz unwahrscheinlich erscheinen, oder auch unbestätigt geblieben sind. Die Aussagen Matschkes sind deshalb nicht geeignet, irgendwelche Verfehlungen handelnder Personen im Zusammenhang mit Fragen des Untersuchungsauftrages festzustellen. -40- 4. Der Untersuchungsausschuß hat sich eingehend mit Fragen befaßt, die nicht Gegenstand des Einsetzungsbeschlusses sind. Sie haben deshalb in dem Bericht auch keinen Niederschlag gefunden. In einigen Punkten haben die Feststellungen aber fiir die Darstellung der Zeit des Umbruchs und deren Verständnis geschichtlichen Wert. Dies gilt vor allem fiir die Auflösung der Staatssicherheit, fiir die Verwaltung und Verwahrung der Stasi-Unterlagen sowie deren Bewachung. Eine Aufarbeitung sollte unabhängig von diesem Bericht erfolgen; sie war Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses.