Lasst 200 Gehirne interagieren!

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Lernen durch Lehren (LdL) in der Hochschule

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Ort und Zeit

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Fr., 10.2., 9-17 Uhr und Sa, 11.2., 9-17 Uhr

Berliner Zentrum für Hochschullehre, R. 7529, 7. OG, Aufgang A., Franklinstraße 28/29, 10587 Berlin

Vorbereitung

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Materialien und Links...

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Außerdem: Folien zur Aktionsforschung und eine (etwas ausführlichere) Vortragsaufzeichnung

Empfehlung: Zur Notenvergabe (Prozessnoten) durch die Studierenden selbst siehe Seminare von Walzik im BZHL - kann ich sehr empfehlen

Diskussion nach dem Workhsop

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Öffentliche Wissenschaft und LdL

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  • Lieber Herr Spannagel, es rattert und rattert weiter...ein konkreter Ertrag sind erstmal schonmal einige weitere Twitter-Follows (sogar einige Follower) und mir scheint, dass sich das Twitter-Netzwerk gerade für didaktische Fragen, E-Learning und Social-Media-/Web 2.0-Einsatz sehr gut eignet. Mein eigenes Fachgebiet (Nordeuropäische Geschichte) ist so klein und es wäre immer die Frage, in welcher Sprache twittert man dann, weil die deutsche Szene dazu ja sehr klein ist. OK, ich kann mir jetzt einfach sagen, ich bin der Pionier, der einzige, der auf Deutsch zu dem Thema bloggt und twittert. Aber die geringe Anzahl von Kommentaren auf meinem eigenen fachwissenschaftlichen Blog lässt für mich noch Fragezeichen offen, ob es das jetzt ist. Aber das muss ja noch wachsen. Nächstes Semester werde ich einen Kurs zum Thema "Nordeuropäische Geschichte im Zeitalter von WWW und Web 2.0" abhalten, der wird jetzt nach ersten prinzipiellen Überlegungen in einer unreflektierten LdL-Richtung nun stark nach LdL-Manier ablaufen, habe ich mir vorgenommen. Vielleicht kann das auch die Frage der öffentlichen Wissenschaft und LdL nochmal voranbringen.
    • Ich frage mich nach wie vor, ob ich für solche Zwecke dann zumindest die Arbeitsformen vorgeben soll, also den Blog zur Verpflichtung zu machen; dass das problematisch ist, darauf haben ja Petra Grell @ GML² 2011 und auch Gabi Reinmann bereits hingewiesen. Wir haben ja festgestellt, dass wir auch die Wahl der Methoden usw. an die Studis abgeben sollen/können. Ich frage mich, ob ich dann einfach einkalkulieren sollte, OK, ein Blog wird von den Studis nicht selbst vorgeschlagen, und wenn der Vorschlag nicht kommt, sollte ich also nicht frustriert sein, sondern mir sagen "das ist das, was die Studis wollen"? Wie entdecken sie dann jemals diese Arbeitsformen? Muss man sich sagen, es gibt solche und solche Kurse? Also, was ich meine: wie kommen die ohne mich auf Tools wie etherpad, Blog usw.? Allzumal wir den geringen Nutzungsgrad dieser Tools unter den Studis diskutiert haben...
      • Ich veranstalte seit mehreren Semestern einen Kurs im Grundstudium, in dem ich die Studis zu Blogs "zwinge"—als Alternative (allerdings ohne Wahl) zur Hausarbeit—Beispiele gibt es hier. Das hier gibt mir jetzt zu denken, was passieren würde, wenn ich denen die Wahl der Arbeitsformen (auch einschließlich bewerteter Arbeitsformen) überließe. Der Druck ginge dann sicherlich weg, den ich zumindest anfangs immer habe, meinen Vorschlag verteidigen zu müssen. Zumal ich nicht wirklich weiß, was für die Studenten "am Besten" ist. Das ist vielleicht die wichtigste Einsicht hier! Blogs werden zwar letzthin immer angenommen von der Mehrheit, aber mir fällt natürlich auch auf, dass ca 20% nicht so richtig warm werden damit. Mittlerweile haben wir so viele Möglichkeiten, dass die Wahl schwerfällt. In meinem Fach (Wirtschaftsinformatik) habe ich den Vorteil, dass die Beschäftigung mit den Werkzeugen selbst auch schon Lerngegenstand ist...--Birkenkrahe 06:48, 13. Feb. 2012 (CET)
        • Ich habe gerade heute einen Kurs mit aggressiver Blog-Ablehnung abgeschlossen, aber es war nicht das einzige Tool und daher muss ich selbstkritisch sagen, ich habe es auch übertrieben. Im dem Kurs im Sommersemester wäre für mich die Frage: das Tool "Blog" vorgeben und sonst alles frei lassen (Themenwahl, Strukturierung usw.)? Oder ist das auch Quatsch?--Heckerstampehl 18:02, 13. Feb. 2012 (CET)
        • Wenn man Studierende "zwingt", Blogs zu verwenden, dann versaut man ihnen die Freude am Bloggen - diese Erfahrung hab ich gemacht. Daher bin ich dazu übergegangen, Studierende nicht zu "zwingen", sondern eine Lernumgebung derart zu gestalten, dass sie dazu angeregt werden, selbstbestimmt zu bloggen. Das Ganze hab ich hier aufgeschrieben. --Cspannagel 00:12, 14. Feb. 2012 (CET)
    • öffentliche Wissenschaft und Didaktik / Lehrplanung - was kann ich mir da vorstellen? Generell würde ich mich noch über weitere Hinweise zur public science-Idee freuen, mich aber auch fragen, welche Implikationen das nochmal für meine Lehre hat. Geht es da nicht eher ums forschungsnetzwerken? --Heckerstampehl 20:22, 12. Feb. 2012 (CET)

Ich habe einen Link zur Öffentlichen Wissenschaft oben eingestellt - einfach ein bisschen stöbern! Und: Meine Erfahrung ist, dass sich Forschung und Lehre hier überhaupt nicht trennen lässt... forschendes Lernen... forschender Blick auf die eigene Lehre... usw. --Cspannagel 22:06, 12. Feb. 2012 (CET)

Menschenbild-Diskussion

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  • Auf der Seite von Jeanpol gehts weiter mit der Menschenbild-Diskussion. --Cspannagel 22:06, 12. Feb. 2012 (CET)

LdL, Menschenbild und Neuronenmetapher (NM)

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  • Ich möchte versuchen, meine Vorbehalte gegen die Neuronenmetapher – zumindest gegen ihre Verwendung im LdL-Kontext, in Bezug auf „offline“ interagierende Lern(er)gruppen – noch einmal zu begründen. Meine Skepsis hat drei miteinander verflochtene Gründe: strategische, „(sprach-) ökonomische“ und „ideologische“. 1. Die strategischen Gründe sind noch relativ banal: Viele an Hochschulen Lehrende – v.a. aus den Geistes- und Sozialwissenschaften – dürften nur eine ungefähre Vorstellung davon haben, was Neuronen eigentlich sind (oder schließe ich hier nur von mir auf andere?). Für diesen Personenkreis ist die Metapher daher nicht transparent, nicht selbsterklärend und wenig anschaulich, sie „springt“ einen nicht unmittelbar an und bringt daher das Risiko mit sich, von der Auseinandersetzung mit dem LdL-Konzept eher abzuschrecken. 2. „Ökonomisch“ soll heißen: Wir brauchen diese Metapher m.E. nicht. Dort, wo sie präskriptiv gemeint ist, können wir die entsprechenden Punkte auch so formulieren, d.h. als Verhaltensregeln, die z.T. schlicht mit Höflichkeit im zwischenmenschlichen Verkehr zu tun haben. Regel 4 z.B. könnte auch lauten: ‚Reagiere zügig, wenn jemand Kontakt mit dir aufnehmen will!’ (oder, in unseren Kontext übersetzt: ‚Beantworte E-Mails deiner Studierenden möglichst zeitnah!’). 3. Aus „ideologischen“ Gründen schließlich würde ich auf die Metapher lieber verzichten, weil sie – aufgrund des ‚generativen Charakters’ (Altrichter/Posch) jeder Metapher –automatisch bestimmte Konnotationen und Implikationen aus ihrem Herkunftsbereich mitbringt. Hier liegt der Kern meines Problems mit der NM: Das Menschenbild des LdL-Konzepts, wie ich es verstehe, ist doch emanzipatorisch, „aufklärerisch“ – Lernende werden zu Subjekten ihres eigenen Lernens („Leben-Lernen“ hat Marcus Birkenkrahe es so schön genannt). Ich erinnere auch an unser erstes Tafelbild: der autonome, aber auch der sozial verantwortlich handelnde Mensch.
  • Zu diesem Menschenbild scheint mir die NM nicht zu passen, denn sie reduziert den Menschen (= das Neuron!) auf seine kognitiven Funktionen – noch pointierter gesagt: auf den Nutzen, den er für die ‚kollektive Hervorbringung von Denken’ bzw. Wissen erbringen kann. Neuronen sind nur Teil eines größeren Ganzen, sie nehmen sich als Person nicht wichtig, haben keine Angst vor Fehlern, Blamage oder Penetranz, ‚feuern schnell ab’ und sind nicht beleidigt – für Menschen gilt dies alles nicht. (Ich lese die Metapher jetzt so, wie sie vielleicht nicht gemeint, aber nun einmal formuliert ist, nämlich deskriptiv.) Die Studierenden, mit denen wir zu tun haben, begeben sich nicht nur in unsere Veranstaltungen, um Wissen emergieren zu lassen. Sie bringen ihre Biografie, ihre Erfahrungen und Emotionen – auch ihre Ängste! – mit, sie wollen nicht nur als Lernende, sondern auch als Personen wahrgenommen werden. Als „Lehrende“ erfahren wir doch täglich, wie wichtig diese emotionale und Beziehungsebene ist und dass alle diese Faktoren berücksichtigt werden müssen. - In diesem Zusammenhang fand ich im Nachhinein die Antwort, die Jeanpol Martin in unserem Skype-Interview auf die Frage nach dem ‚Drittel Schweiger mit Null-Bock-Haltung’ gegeben hat, sehr bedenklich. Sie lautete sinngemäß: Der Schweiger hat per se erst einmal kein Recht auf meine Aufmerksamkeit, weil er nichts zur Vermehrung des Wissens in der Gruppe beiträgt. Diese Antwort greift m.E. zu kurz, und ich möchte hier weiterfragen: Warum schweigt denn der Schweiger, wie habe ich sein Schweigen zu deuten? Hat er wirklich „Null Bock“? Oder ist er nur etwas schüchtern – oder hat vielleicht doch Angst vor Fehlern und Blamage? Dann wäre es meine Aufgabe (egal ob als „Lehrer-Lehrer“ oder als „Lerner-Lehrer“), dafür zu sorgen, dass er diese Angst allmählich verliert. Vielleicht ist der Schweiger auch nur etwas langsamer als die anderen und braucht mehr Denk-Zeit? Auf jeden Fall sollte ich Hypothesen zu den Gründen seines Schweigens entwickeln und Strategien ausprobieren, um es zu überwinden – eben weil der Schweiger mich auch als Mensch interessiert und ich ihn nicht als tote Gehirnzelle links liegen lassen will. Dieses Hypothesen-Testen und Ausprobieren (Aktionsforschung!) würde dann vielleicht auch dazu führen, die Frage nach geeigneten Methoden, Arbeits- und „Sozialformen“ neu zu stellen. (Wie steht das LdL-Konzept z.B. zur Einzelarbeit – als individuelle Denk-Zeit, s.o. – vor Beginn eines „aktiven Plenums“?)
  • In das LdL-Konzept als Ganzes trägt die NM also wegen ihres reduktionistischen und tendenziell reifizierenden Charakters ein Element der Inkohärenz hinein. Daher wäre ich dafür, zumindest in pädagogisch-didaktischen Diskursen auf sie zu verzichten, und freue mich auf die Diskussion. -- Jan Conrad 10:23, 24. Feb. 2012 (CET)
Ich verstehe durchaus Ihre Einwände. Die Metapher hat immerhin den Vorteil, dass sie den Aspekt der Spontaneität sehr anschaulich in de Fokus rückt. Dass sie ansonsten sehr reduktionistisch ist, stimmt voll und ganz. Man kann also die Hauptbotschaft wahrnehmen: "Verhalte dich spontan, explorativ und ungehemmt" und für die anderen, weniger überzeugenden Aspekte, ein Auge zudrücken. Die Metapher sehe ich persönlich eher spielerisch. Und was die Schweiger angeht, so bin ich voll und ganz ihrer Meinung. Der Kontext der Frage war nur, ob ich mich besonders mit den Schweigern befasse, wobei in diesem Fall das Schweigen als "Boykott" gedacht war (so habe ich es verstanden). Und ich wollte sagen, dass ich mich von "destruktiv Schweigenden" nicht provoziert fühle. Ich lasse sie in Ruhe, bis sie von sich aus anfangen, zu partizipieren.--Jeanpol (Diskussion) 11:03, 24. Feb. 2012 (CET)
Ja, damit bin ich einverstanden. Es gibt zweifellos ganz viele verschiedene Formen des Schweigens, und vielleicht will uns jeder Schweiger etwas mitteilen (i.S.v. Watzlawick: "Man kann nicht nicht kommunizieren")? Ein Weg, auch destruktives Schweigen zu "knacken", ist vielleicht, es auf der Meta-Ebene zu thematisieren? - Spontaneität und exploratives Verhalten als ("erzieherische"?) Ziele kann ich voll und ganz unterschreiben - das ist wohl eine der didaktischen Schlüsselfragen überhaupt, wie man Lernprozesse ermöglicht, die auch diese "Kompetenzen" hervorbringen. Jan Conrad 11:38, 24. Feb. 2012 (CET)
Schön! Dann sind wir d'accord!--Jeanpol (Diskussion) 15:07, 24. Feb. 2012 (CET)

LdL und Aktionsforschung

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  • Schade, dass wir auf dem Workshop nicht mehr zu diesem Thema gekommen sind, aber es gab einfach so viele andere interessante Punkte - und schließlich haben wir ja noch dieses Wiki. Zum Thema LdL und Aktionsforschung (AF) einstweilen nur ein erster banaler Gedanke: Beide passen deshalb so gut zusammen, weil 1.) sie sich zueinander komplementär verhalten: So wie in LdL die Lernenden des Lernens willen in die Rolle von Lehrenden versetzt werden, so begibt sich bei AF der Lehrende des immer besseren Lehrens willen in die Rolle eines Lernenden; 2.) LdL dem Lehrenden den Freiraum schafft, Unterrichtsbeobachtung zu betreiben und Unterricht zu reflektieren - ihn also geradezu dazu drängt, in den "reflective cycle" einzutreten. -- Conrad 20:15, 14. Feb. 2012 (CET)
    • Toll formuliert! So treffend hätte ich es nicht sagen können! --Cspannagel 23:35, 15. Feb. 2012 (CET)

Leiden als Motivation

Einen Vorteil von Aktionsforschung sehe ich in dem Umstand, dass das Leiden im Feld (z.B. als Lehrer Probleme mit der Disziplin) eine existentielle Motivation liefert, um Problemlösungen zu finden. So kam ich beispielsweise auf LdL. In diesem Zusammenhang ist der kritische Freund eher ein Ärgernis, denn er positioniert sich in die bequeme Situation des Beobachters, der andere (Leidende) zu Objekten seiner Forschung macht.--Jeanpol 10:16, 17. Feb. 2012 (CET)

Was sind deine Argumente gegen die Gefahr der hohen Subjektivität? --Cspannagel 12:00, 17. Feb. 2012 (CET)
Man kann Forschung (wahrscheinlich) unterschiedlich definieren. Wenn der Schwerpunkt von Forschung auf der Problemlösung liegt, ist die absolut perfekt saubere Aufdeckung von Kausalitäten zwar wichtig, aber nicht so wie die Problemlösung selbst. Nehmen wir LdL als Beispiel: ich kann nicht mit absoluter Sicherheit nachweisen, dass LdL zur Optimierung von Lernprozessen führt. Ich kann zwar nach empirischen Belegen suchen (was ich auch in meiner Habilschrift sowohl quantitativ als auch qualitativ getan habe) aber wirklich sauber und wissenschaftlich nicht anfechtbar wird es nicht sein. Wichtig für mich ist, dass der Forschungsprozess selbst zum Fortschritt in der Praxis geführt hat. Es bleibt ein Rest von "Unsauberkeit", weil ich sowohl Subjekt als auch Objekt meiner Forschung war, aber dafür war die Innovation von ihrer Wirkung her viel besser, als wenn ich mich ganz auf die wissenschaftliche Sauberkeit konzentriert und den Prozess als "kritischer Freund" beobachtet hätte. Als leidendes Subjekt bin ich gezwungen, meine ganze Kräfte zu mobilisieren, um eine Problemlösung zu finden.--Jeanpol 14:30, 17. Feb. 2012 (CET)
Okay, das Argument ist also: Das Ziel ist nicht die Formulierung allgemeingültiger Gesetzmäßigkeiten, sondern das Lösen konkreter Probleme in konkreten Situationen (mit wissenschaftlichen Methoden). --Cspannagel 00:19, 19. Feb. 2012 (CET)
Wobei die Problemlösung zur einer Reformulierung der Theorie führt und zur Bildung neuer Hypothesen, die empirisch geprüft werden müssen usw... (Popper).--Jeanpol 08:18, 19. Feb. 2012 (CET)
"Leiden als Motivation" ist ein wichtiger Gedanke - z.B. Leiden an schlechtem Unterricht - dem eigenen oder im weiterem Kontext, in dem man agiert. "Leiden" erinnert mich an den Begriff "Angst zweiter Ordnung" bei Altrichter/Posch: Angst vor dem, was geschieht, wenn sich nichts verändert. --Conrad 10:43, 24. Feb. 2012 (CET)
Man kann es noch krasser formulieren: Angst davor, dass die Schüler Unsinn machen und stören (Disziplinschwierigkeiten).--Jeanpol (Diskussion) 11:04, 24. Feb. 2012 (CET)
Ja, aber es geht nicht nur um Disziplinprobleme. Sondern z.B. um die "Schweiger" oder um geringe Lernfortschritte. --Conrad 11:25, 24. Feb. 2012 (CET)