Lisa Miller
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IPK im SS 14
BearbeitenName | Studiengang | vhb | Wiki | Thema | Forschungsland | Homepage | Video | abgeschlossen |
Kursleiterin Eva Sondershaus, M.A. | Eva Sondershaus | |||||||
Serap Tektas | LA HS, DaF/DaZ | Serap Tektas | ||||||
Mo zhou | BA, DaF/DaZ | Mo zhou | ||||||
Julia Seeliger | LA GS DaF/DaZ | Julia Seeliger | ||||||
Lisa Gutt | BA, DaF/DaZ | Lisa Gutt | ||||||
Sarah Arnold | BA DaZ/DaF | Sarah Arnold | ||||||
Dorothee Schmid | LA GS DaF/DaZ | Dorothee Schmid | ||||||
Verena Büchler | LA GS DaF/DaZ | Verena Büchler | ||||||
Ece Uygun | BA DaF/DaZ | Ece Uygun | ||||||
Sophia Habermehl | BA DaF/DaZ | Sophia Habermehl | ||||||
Max Wittmann | LA GS DaZ/DaF | Max Wittmann | ||||||
Carlotta Mörz | BA DaF/DaZ | Carlotta Mörz | ||||||
Stefanie Maier | LA GS DaF/DaZ | Stefanie Maier | ||||||
Guixiu Liu | BA DaF/DaZ | Guixiu liu | ||||||
Carolin Dönhuber | LA GS DaF/DaZ | Carolin Dönhuber | ||||||
Verena Dillitz | LA GS DaF/DaZ | Verena Dillitz | ||||||
Sarah Dreyer | LA GS DaF/DaZ | Sarah Dreyer | ||||||
Magdalena Spachmann | BA Iberoromanistik, DaF/DaZ | Lena Spachmann | ||||||
Aylin Sunkar | BA DaF/DaZ | Aylin Sunkar | ||||||
Heeju Lee | BA DaF/DaZ | Heeju Lee | ||||||
Wen Jian | BA DaF/DaZ | Wen Jian | ||||||
Lisa Wagner | LA GS DaF/DaZ | Lisa Wagner | ||||||
Lisa Miller | BA DaZ/DaF | Lisa Miller | ||||||
Xinyue Ma | BA DaF/DaZ | Xinyue Ma | ||||||
Zhou Yue | BA DaF/DaZ | Zhou Yue | ||||||
Mengzhu Qie | BA DaF/DaZ | Mengzhu Qie | ||||||
Zhang Xiaoyan | BA,DAF /DAZ | Zhang Xiaoyan | ||||||
Anna Olesch | LA,DaF/DaZ | Anna Olesch | ||||||
Olena Vlasiuk | BC Angelistik | Olena |
Einleitung
BearbeitenIn Anbetracht der aktuellen deutschen Rechtslage zum Lebenspartnerschaftsgesetz, welches der Ehe in fast allen Bereichen außer dem Adoptionsrecht gleichgestellt ist und in Hinblick auf die scheinbare Offenheit und Toleranz in unserer Gesellschaft könnte man davon ausgehen, dass die Erkenntnis, homo- oder bisexuell zu sein, heute weder für persönlich Betroffene noch für die sie umgebende Gesellschaft problematische Fragen aufwirft. Ein Blick in die entsprechende Fachliteratur aber lässt an der scheinbaren Gleichberechtigung zweifeln: die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten ist, wie ich erörtern werde, auch im so westlich gesinnten Deutschland noch immer gegenwärtig. Gleichzeitig ist Deutschland nach wie vor ein attraktives Ziel für Zuwanderer. Die amtliche Statistik Mikrozensus erfasst jedes Jahr die Anzahl an Migranten und hat beispielsweise für das Jahr 2013 1.186.000 Personen mit Migrationshintergrund im engeren Sinn aus der Russischen Föderation berechnet. Mir war es in dieser Arbeit ein Anliegen, dem Schnittpunkt der Themenbereiche Migration und Homo-bzw. Bisexualität, welcher nur selten Beachtung findet, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei habe ich mich auf Jugendliche beschränkt, die – in Deutschland geboren oder in ihrer Kindheit eingewandert – ihre Jugend in Deutschland verbringen und deren Eltern slawischen Ursprungs sind. Die Länder Russland, Ukraine und Kasachstan sollen hierfür als Beispiel dienen. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Identitätsentwicklung der betroffenen Jugendlichen, die sich zwischen ihrer russischen bzw. ukrainischen/kasachischen Erziehung, dem deutschen Umfeld und der Entdeckung ihrer besonderen Sexualität zurechtfinden und den Weg zu einer stabilen Identität und zu Selbstbewusstsein finden müssen. Entsprechend wird die Arbeit in folgende Themenbereiche gegliedert sein: Entwicklung der Identität im Jugendalter unter Berücksichtigung der hinzutretenden Coming-Out-Phasen bei nicht-heterosexuellen Jugendlichen, Konzeption der deutschen Umgebung, insbesondere der Gesetzeslage und Zahlen und Fakten zu gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und schließlich Akzeptanz und Abwehr von nicht normgerechtem Sexualverhalten durch die Gesellschaft unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Normen und Werte in Bezug auf Sexualität, Entstehung der sogenannten Homophobie, sowie der gesellschaftlichen Situation von Homo- und Bisexuellen in den genannten Beispielländern. Darauf folgen vier Leitfadeninterviews, durch deren Auswertung folgende Hypothese bestätigt oder widerlegt werden soll.
Hypothese
BearbeitenDie Erziehung durch ein slawisches Elternhaus behindert die Identitätsbildung in Deutschland aufwachsender homo- und bisexueller Jugendlicher.
Begriffe
BearbeitenErziehung
BearbeitenErziehung beschreibt die zielgerichtete Interaktion zwischen den (erwachsenen) Erziehenden und dem zu erziehenden (heranwachsenden) Individuum. Hierbei nutzen die Erwachsenen ihre Erfahrung, um die zu erziehende Person bewusst zu beeinflussen, sie richten ihren Erziehungsstil aber auch nach dem Wesen des Kindes; insofern ist von Interaktion zu sprechen (vgl. Niederbacher & Zimmermann).
Sozialisation
BearbeitenSozialisation beschreibt die Eingliederung eines Individuums in die es umgebende Gesellschaft. Indem ein Individuum im Kontakt mit seiner „sozialen und materiellen Umwelt“ (Niederbacher & Zimmermann 2011: 15) eine Persönlichkeit entwickelt, lernt es, sich zu integrieren und sozial zu interagieren. Dabei spielt insbesondere die Form der sozialen Ordnung eine Rolle, d.h. z.B. welches Menschenbild zugrunde liegt und welcher Wert dem Individualismus beigemessen wird (vgl. Niederbacher & Zimmermann).
Identität
BearbeitenIdentität umfasst im weiteren Sinne zunächst alle Merkmale, die einer Person zugeordnet werden können und die sie damit unverwechselbar machen. Hierzu gehören u.a. Geburtsdatum, Bildungsstand, Beruf, Name, Geschlecht. (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 12. 01.15) Der Begriff Identität im psychologischen Sinne wurde in den 40er Jahren durch Erik Homburger Erikson geprägt und wird seitdem vielfach verwendet. „Die Identitätsfrage lautet im Kern: Wer bin ich und wer möchte ich sein?“. (Hervorheb: i. O.) (Straub 2000: 279) Identitätsbildung meint somit die Selbstreflexion eines Menschen und die Bewusstwerdung über das eigene Wesen und die eigene Rolle in der Gesellschaft. (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 12. 01.15) Diese Entwicklung erfolgt vom Kindes- über das Jugendalter bis hin zur erwachsenen Identität in mehreren Schritten (vgl. Nunner-Winkler 2000), wobei hier das Jugendalter von besonderer Bedeutung sein wird. Nach Anthony Giddens (1991)(in Straub 2000) ist die fortwährende Reflexion über sich selbst eine neue ständige Herausforderung für das Individuum der Moderne, denn feste gesellschaftliche Strukturen, die lange Zeit Leben und soziales Gefüge bestimmt haben, werden heute von Dynamik untergraben. (vgl. Straub 2000) Identität muss heute in Einklang mit Vielfalt und „Fremdheit“ (Straub 2000: 280)konstruiert werden. (vgl. Straub 2000) Identität ist abhängig von der sozialen Situation, in der man sich bewegt, was nicht heißt, dass die Identität als Gesamtkonstrukt ausgetauscht werden kann, wie das soziale Umfeld. Veränderungen in Zeit und Raum können als Bestandteil der übergeordneten Sinneinheit Identität verstanden werden. Der Mensch erhält oder verliert gewisse Handlungsspielräume, wechselt aber nicht seine Identität, sondern konstruiert sie – im Gegenteil – auf Basis seiner Autobiographie. Identität wird gelenkt durch moralische Ansprüche. (vgl. Straub 2000)
Homosexualität und Bisexualität
Bearbeiten„Homosexualität benennt die sexuelle Orientierung auf einen gleichgeschlechtlichen Geschlechts- oder Liebespartner. Homosexuelle Männer werden als schwul und homosexuelle Frauen als lesbisch bezeichnet“. (Jacob & Körner 2014: 216) Timmermanns (2013) weist darauf hin, dass die Bezeichnung von Menschen als homo-, bi-, oder auch heterosexuell reine Definition ist und keiner natürlichen Teilung entspricht, da die sexuelle Identität eines Menschen vielschichtig und wandelbar ist. Bisexualität kann als Gegenbegriff zu Monosexualität (d.h. hetero- und homosexuelle Orientierung) verstanden werden. Bisexuellen steht damit die hetero- und homosexuelle Option offen. (vgl. Fiedler 2014) Laut Fiedler (2014) besteht die Möglichkeit, dass sich in der Bisexualität eine eigenständige sexuelle Orientierung ausdrückt in dem Sinne, dass Bisexuelle nicht Männer und Frauen „an sich“ anziehend finden, sondern dass erst eine bisexuelle Orientierung an den besagten Männern und Frauen deren Attraktivität ausmacht.
Identitätsentwicklung
BearbeitenSelbstreflexion in der Adoleszenz
BearbeitenDas Jugendalter gilt als besonders interessante Phase in der nie abgeschlossenen Entwicklung der Persönlichkeit (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Der Drang, Unabhängigkeit von den Eltern zu erlangen wird als Individuation bezeichnet. Der Jugendliche löst sich nun von einer Selbsteinschätzung, die in der Kindheit noch stark von den Eltern abhängig war und definiert sich nun stärker selbstbezogen, wobei eine gute Beziehung zu den Eltern ihm diesen Prozess erleichtert (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Die kindliche Selbstdefinition muss in der Adoleszenz überprüft und neu definiert werden, Jugendliche nehmen sich selbst mit deutlich höherer Aufmerksamkeit wahr (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Es wird nun wichtig, ganzheitlich und zukunftsorientiert zu denken. Die Reflexion eines Jugendlichen wird ausdifferenziert, sodass er selbstbezogene Gedanken formal kategorisieren und auf die Bewertung der eigenen Person anwenden kann: Jugendliche zeigen – im Gegensatz zu Kindern – die Fähigkeit, ihr Selbst in Abhängigkeit verschiedener sozialer Kontexte zu beschreiben. D.h. sie erkennen, dass in unterschiedlichen Personenkreisen unterschiedliche Eigenschaften auf sie zutreffen, so kann ein im gleichgeschlechtlichen Freundeskreis selbstbewusst Auftretender im Kontakt mit dem anderen Geschlecht unsicher sein (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Jugendliche sind sich außerdem der Tatsache bewusst, dass ein Unterschied zwischen der Selbsteinschätzung und der Einschätzung durch andere besteht (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Orientierung und eine besonders bedeutsame Stütze des Selbstwertgefühls bieten Gruppen gleichaltriger Peers. Enge freundschaftliche Beziehungen sind im Jugendalter unabdingbar für eine positive Bewertung der eigenen Person; umgekehrt kann die Zurückweisung durch Gleichaltrige das Selbstwertgefühl schwächen (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Ob die eigene Person positiv oder negativ bewertet wird, unterliegt zu einem wichtigen Teil auch der Ähnlichkeit des eigenen Körpers zum vorherrschenden Ideal. Unsicherheiten in Bezug auf die Selbstachtung resultieren oft aus der Abweichung des eigenen Körpers vom Idealbild, was besonders junge Frauen betrifft, aus Unstetigkeit im Hormonhaushalt , aus widersprüchlichen Ansprüchen verschiedener sozialer Gruppen, z.B. Eltern – Peers, aus dem Umstand, dass die zunehmende Entscheidungsfreiheit ständige Reflexion über die Resultate der Entscheidungen notwendig macht und diese oft nicht erfolgreich verlaufen und schließlich dadurch, dass sich Jugendliche - wie oben erwähnt - der Widersprüche von Persönlichkeitsmerkmalen in unterschiedlichen Gruppen bewusst werden, diese aber noch nicht sinnvoll ihrer ganzheitlichen Identität unterordnen können (vgl. Pinquart & Silbereisen 2000). Insgesamt beeinflussen also zahlreiche Faktoren die Selbsteinschätzung von Jugendlichen und sorgen für eine gewisse Instabilität des Selbstwertes.
Gruppenidentität und Selbstreflexion
BearbeitenDas Jugendalter ist in unserer Gesellschaft dafür vorgesehen, dass ein junger Mensch seinen Platz in der Gesellschaft findet. (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14) Diese gesellschaftliche Rolle, die er annehmen soll, wird u.a. von Gruppenidentität, Interaktionspartnern wie Peers, Eltern, Lehrern, aber auch von Erwartungen wie sozialen Normen beeinflusst. (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14; Mielke 2000; Lautmann 2013) Menschen leben im Konflikt, sich immer wieder für die Unabhängigkeit der eigenen Identität oder für die Sicherheit in einer sozialen Gruppe entscheiden zu müssen. Mielke (2000) geht davon aus, dass die Gruppenidentität von den einzelnen Mitgliedern der Gruppe verlangt, eigene Bedürfnisse zugunsten der Gruppe gelegentlich zu unterdrücken. Die Gruppenmitglieder sind bereit, dies zu leisten, weil sie sich dafür Geborgenheit und Zugehörigkeit von der Gruppe versprechen. Individuen, die sich für das eine oder das andere Extrem entscheiden, sind eher selten. Der Großteil unserer Gesellschaft pendelt zeitlebens zwischen der persönlichen und der Gruppenidentität hin und her – je nach Anlass werden eigene Bedürfnisse und die der sozialen Gruppe als wichtiger erachtet. Menschen schließen sich infolge dessen gerne Gruppen an, die ihnen erstens ermöglichen, Informationen über das eigene Selbst zu erlangen und die zweitens ein möglichst positives Bild der eigenen Person zulassen. (vgl. Mielke 2000)
Identitätsdiffusion und -konstruktion
BearbeitenWährend der Adoleszenz testen Jugendliche häufig verschiedene Rollen, um der Frage nachzugehen, wie sie sich selbst sehen und wie sie von anderen gesehen werden. Gelingt es dem Jugendlichen in dieser Zeit nicht, eine passende Rolle für sich zu finden, führt dies zu einem Konflikt, der als „Rollenverwirrtheit“(Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14) oder „Rollendiffusion“(Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14) bezeichnet wird. Das Finden einer gesellschaftlichen Rolle ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer eigenen Identität. So kann man – wenn der Jugendliche von gesellschaftlichen Erwartungen in eine Rolle gedrängt wird, die seinem Wesen nicht entspricht – auch von „Identitätsdiffusion“ (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14) sprechen. Dazu kommen für den Jugendlichen körperliche, aber auch berufliche Veränderungen, die starke Unsicherheit auslösen können, und das Gefühl, sich schnell festlegen zu müssen, damit die Zukunft geplant werden kann. Eine solche Krise wird erst gelöst, wenn es dem Jugendlichen gelingt, eine passende Selbstdefinition zu schaffen und eine eigene Identität zu entwickeln. (vgl. Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14) Wenn aber der junge Mensch sich intensiv mit der Frage nach dem eigenen Selbst auseinandersetzt und den Aufbau einer persönlichen Identität durch eigenständige Entscheidungen – zum Beispiel für bestimmte Gruppen; einen bestimmten Beruf – herbeiführt, spricht man von Identitätskonstruktion, ein Begriff den Marcia 1993 geprägt hat. Diese Identitätskonstruktion ist von der einfachen Identitätsbildung abzugrenzen, insofern die Identitätsbildung eine Zusammensetzung der Identität aus äußerlichen Merkmalen bezeichnet, welche die entsprechende Person sich nicht willentlich angeeignet hat. Laut Stangl erwerben „nur wenige […]eine Identität, die sie selbst konstruiert haben und [sic] somit auf einem Prozess von individuellen Entscheidungen basiert (=Identitätskonstruktion).“ (Stangl in arbeitsblaetter.stangl-taller.at, aufgerufen am 27.11.14)
Entwicklung der Geschlechtsidentität
BearbeitenNach Fiedler (2014) muss unterschieden werden zwischen dem biologischen Geschlecht, d.h. den rein körperlichen Gegebenheiten, der „Geschlechtsidentität“ (Fiedler 2014: 72), d.h. dem persönlichen Empfinden über das eigene Geschlecht sowie der sog. „Geschlechtsrolle“ (Fiedler 2014: 72), also dem Umgang mit dem eigenen Geschlecht als „einer öffentlich präsentierten sozialen Rolle“ (Fiedler 2014: 72), wobei Jacob & Körner (2014) diese als Teil der Geschlechtsidentität betrachen. Die Geschlechtsidentität wird subjektiv erlebt und steht manchmal im Kontrast zu einem sozial definierten akzeptablen Verhalten. Die Ausmaße dieses Kontrastes werden dann von der Gesellschaft als tolerierbare Abweichung, als befremdlich, krankhaft oder – im Extremfall – sogar juristisch als strafbares Verhalten betrachtet. (Hierzu siehe Absatz Gesellschaftliche Normen der Sexualität) Auf diese Geschlechtsidentität sowie auf die sexuelle Orientierung kann dann kaum mehr Einfluss genommen werden. (vgl. Fiedler 2014) Einerseits wirkt die Erziehung auf das Rollenverhalten, indem dieses nach kulturellen Standards vorgelebt und vom Kind erwartet wird (z.B. durch die Wahl der Kleidung und Spielsachen), andererseits konnte in Untersuchungen nach 1968, bei denen Kinder ohne das Vorleben von geschlechtsspezifischem Rollenverhalten Spielsachen frei wählen durften, beobachtet werden, dass sich das klischeehafte Rollenverhalten noch weit ausgeprägter zeigte als in gewöhnlichen Kindergärten. (vgl. Fiedler 2014) Es gibt zwischen der Homo- und Heterosexualität eine Vielzahl an sexuellen Orientierungen. Grundsätzlich muss man aber davon ausgehen, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen nicht zwangsläufig eine eindeutige ist, sondern eher als dynamisches Konstrukt betrachtet werden muss, das von vielen Faktoren abhängt. (vgl. Jacob & Körner 2014) Die tatsächliche Ursache von Homosexualität ist nicht bekannt, auch wenn einige Forscher davon ausgehen, dass sie zum Teil erblich bedingt sein könnte. Jacob & Körner (2014) fassen nach Mertens folgende drei Komponenten der Geschlechtsidentität zusammen: Die sog. Kerngeschlechtsidentität (Hervorheb. i. O.) (Jacob & Körner 2014: 216) entwickelt sich zu Beginn des Lebens. Ein Kind versteht noch vor seinem dritten Lebensjahr, welchem biologischen Geschlecht es angehört, wobei bereits in dieser Phase das subjektive Empfinden über die Geschlechtszugehörigkeit davon abweichen kann. (vgl. Jacob & Körner 2014) Auf die Geschlechtsrolle (Hervorheb. i. O.) (Jacob & Körner 2014: 216) nehmen insbesondere Erwartungen an das Verhalten von sich selbst und anderen, sowie die Sozialisation und Merkmale der Kultur und der jeweiligen Zeit, in der die Menschen leben, Einfluss. (vgl. Jacob & Körner 2014) Die Wahl des Geschlechtspartners, die Geschlechtspartner-Orientierung (Hervorheb. i. O.) (Jacob & Körner 2014: 216), baut auf den vorherigen zwei Komponenten auf und ist außerdem geprägt durch das vorbildhafte Rollenverhalten der Eltern. (vgl. Jacob & Körner)
Zu Beginn der 1980er Jahre haben Forscher in einer Interviewstudie des Kinsey Instituts für Sexualforschung (bekannt als San Francisco-Studie) herausgefunden, dass Homosexualität nicht in Zusammenhang mit bestimmten Erziehungsstilen steht und dass eine gleichgeschlechtliche Orientierung auch nicht durch solche sexuellen Kontakte entsteht, sondern dass, wie auch bei den heterosexuellen Probanden beobachtet, erste sexuelle Kontakte im Durchschnitt erst drei Jahre nach Anlegung der Orientierung stattfinden. Die einzig nennenswerte Verbindung in Bezug auf Homosexualität besteht laut San Francisco-Studie im geschlechtsrollenkonformen oder nicht konformen Verhalten während der Kindheit. (vgl. Fiedler 2014) Nach Fiedler (2014) muss unterschieden werden zwischen „quasi homosexuellem Verhalten“ (Hervorheb. i.O.) (Fiedler 2014: 75), was kurzzeitige Testphasen, Mutproben sowie reine Neugier während der Adoleszenz meint und sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen vorkommt – und der homosexuellen Orientierung, was eine andauernde Wahl gleichgeschlechtlicher Partner bzw. den Wunsch danach beschreibt. Fiedler geht davon aus, dass 5-6% der volljährigen Männer sowie 4-5% der volljährigen Frauen homosexuell bzw. bisexuell veranlagt sind.
Coming-Out
BearbeitenDer lebenslange Prozess des Coming-Out muss untergliedert werden: zu unterscheiden sind eine „innerpsychische Dimension“ (Jacob & Körner 2014: 217), welche Bewusstwerdung und Akzeptanz der eigenen Orientierung beinhaltet und eine „soziale Dimension“ (Jacob & Körner 2014: 217), in welcher dieses Wissen nach außen getragen und gelebt wird (vgl. Jacob & Körner 2014). Folgende Phasen durchläuft ein junger Mensch im Zuge seiner Identitätsfindung:
Prä-Coming-Out-Phase (Hervorheb. i.O.) (Jacob & Körner 2014: 271): „Sie umfasst die Zeit von der Geburt bis zur Wahrnehmung der sexuellen Orientierung.“ (Jacob & Körner 2014: 217) Laut Jacob & Körner (2014) sei sich das Kind in dieser Phase schon seiner Andersartigkeit bewusst.
Coming-Out (Hervorheb. i.O.) (Jacob & Körner 2014: 218): In dieser Phase ist sich der meist junge Mensch über seine sexuelle Neigung weitgehend im Klaren, wenn auch Unsicherheit vorkommen kann, und stellt sich fortan der Frage, wem er sich anvertrauen möchte – eine Frage, der er sich im Verlauf seines ganzen Lebens stellen müssen wird. Deshalb sind die typischen Herausforderungen des Jugendalters wie die Reifung der Identität, die Individuation, das Finden geeigneter peergroups und Beziehungen, sowie Entscheidungen über die Zukunft für nicht-heterosexuelle orientierte Jugendliche eine besondere Hürde (vgl. Jacob & Körner 2014).
Integrationsphase (Hervorheb. i.O.) (Jacob & Körner 2014: 219): Nun folgt die Akzeptanz der Orientierung, das Selbstkonzept und auch die Persönlichkeit innerhalb von Liebesbeziehungen werden ganzheitlicher.
Jacob & Körner definieren Outing als Offenlegen der sexuellen Orientierung durch eine andere Person, was oft nicht einvernehmlich mit dem Betroffenen geschieht. (vgl. Jacob & Körner) Die Entscheidung, im Zuge eines Coming Out, Mitmenschen die eigene ‚abweichende‘ Orientierung zu offenbaren, stellt viele Betroffene aus Angst vor Diskriminierung auch vor starke innere Konflikte (vgl. Fiedler 2014). Die Gefahr der Ansteckung mit Infektionskrankheiten durch ungeschützten Geschlechtsverkehr sei laut Fiedler erhöht und die Rate versuchten Suizids lag „noch im letzten Jahrzehnt (…) mehr als doppelt so hoch“ (Fiedler 2014: 86) wie der Anteil unter den Jugendlichen allgemein. Schwule, lesbische und bisexuelle Jugendliche müssen sich besonders in ihrer Adoleszenz also größeren Belastungen aussetzen und haben Schwierigkeiten mit der häufigen Ablehnung oder Ignoranz, mit der die Gesellschaft auf ihre Sexualität reagiert (vgl. Jacob & Körner).
Zur aktuellen Lage in Deutschland
BearbeitenZur rechtlichen Lage eingetragener Lebenspartnerschaften
BearbeitenDie rechtliche Verfolgung Homosexueller, insbesondere der Männer, hat in der Bundesrepublik Deutschland erst vor kurzem ihr Ende gefunden. Der sogenannte „Homosexuellenparagraph“ 175, der 1872 verfasst, während der NS-Zeit verschärft und ausgeweitet wurde und der noch zwischen 1950 und 1965 für etwa 45 000 Verurteilungen sorgte, hatte noch bis ins Jahr 1994 seinen Platz im StGB. (vgl. Gammerl 2010; Golz 2010) Seit dem 01.08.2001 aber gilt die Eingetragene Lebenspartnerschaft als eigenständiges Rechtsinstitut auf der Grundlage des LPartG, des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Diese ermöglicht es zwei Personen gleichen Geschlechts eine Partnerschaft einzugehen, deren Rechte und Pflichten an die herkömmliche Ehe zwischen Mann und Frau angelehnt sind, dieser aber nicht vollständig entsprechen. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft stellt keine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare dar. (vgl. Gräber-Seißinger et al. 2010) Das LPartG schließt u.a. ein, dass die Lebenspartner in zivil-, sozial und steuerrechtlichen Fragen, in der Begründung und Auflösung der Lebenspartnerschaft, in der Kranken, Pflege-,Renten- und Sozialversicherung, sowie im Staatsangehörigkeitsrecht Eheleuten gleichgestellt sind. Die Lebenspartner haben das Zeugnisverweigerungsrecht und im Mai 2013 wurde entschieden, dass die Ungleichbehandlung gegenüber Eheleuten bezüglich des Ehegattensplittings verfassungswidrig ist und rückwirkend geändert werden muss. (vgl. Stutzer & Lipinski 2013; lsvd.de, aufgerufen am 30.11.14; Gräber-Seißinger et al. 2010) Grundsätzlich sind also die Lebenspartner den Ehegatten in allen Bereichen – ausgenommen das Adoptionsrecht – gleichgestellt (vgl. lsvd.de, aufgerufen am 30.11.14). Eine gemeinsame Adoption ist bis jetzt nicht möglich. Es besteht die Möglichkeit einer Sukzessivadoption, bei der das von einem Lebenspartner allein adoptierte Kind in einer darauffolgenden Adoption vom anderen Lebenspartner angenommen werden kann. (vgl. lsvd.de, aufgerufen am 30.11.14)
Ausgewählten Zahlen zu gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften auf Basis des Mikrozensus 2014
BearbeitenFolgende Begriffe finden hier Verwendung: Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften bzw. gleichgeschlechtliche Paare meint alle homosexuellen Paare (Männer und Frauen), die, mit oder ohne Kinder, in einem Haushalt zusammenleben, unabhängig von der rechtlichen Bindung dieser Lebensgemeinschaft durch eine Eingetragene Lebenspartnerschaft. Eingetragene Lebenspartnerschaft meint die rechtskräftige, der Ehe ähnliche Partnerschaft zwischen zwei Männern oder zwei Frauen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz LPartG. Lebensgemeinschaften meint alle – gemischt- wie gleichgeschlechtliche Partnerschaften, die, mit oder ohne Kinder, in einem Haushalt zusammenleben. Lebensformen meint die folgenden durch den Mikrozensus 2014 erfassten Lebensformen in Deutschland.
Laut Tabelle: 1. Familien mit ledigen Kindern, darunter Ehepaare, gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, alleinerziehende Väter oder Mütter; 2. Paargemeinschaften ohne Kinder, darunter Ehepaare, gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, sowie 3. Alleinstehende, darunter alleinstehende Männer und Frauen sowie Alleinlebende. (Mikrozensus 2014: 69-72) Das Bundesamt für politische Bildung geht davon aus, dass 5-10% der Weltbevölkerung gleichgeschlechtlich orientiert sind. (vgl. Golz 2010)
Seit 2006 kann in der amtlichen Statistik Mikrozensus der Familienstand „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ angegeben werden. Demnach leben 2006 von insgesamt 62 000 gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften 12% in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, was einer Anzahl von knapp 12 000 Paaren entspricht.
Bis zum Jahr 2010 erfolgt beinahe eine Verdoppelung dieser Zahl hin zu rund 23 000 Eingetragenen Lebenspartnerschaften von insgesamt 63 000 gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. (vgl. destatis.de, Meldung vom 21.06.11, aufgerufen am 01.12.14; destatis.de, Meldung vom 20.03.13, aufgerufen am 01.12.14)
Der 2014 veröffentlichte Mikrozensus für das Jahr 2013 berechnet deutschlandweit rund 78 000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, von denen rund 35 000 die rechtliche Bindung durch eine Eingetragene Lebenspartnerschaft gewählt haben, was einem Gesamtanteil von 1,2 % aller Lebensgemeinschaften in Deutschland ausmacht. (vgl. Mikrozensus 2014)
8000 Paare haben ledige Kinder.
2000 Paare (ohne Kinder) sind als unter 25jährig registriert. Diese Registrierung erfolgt durch einen Bezugspartner, der in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften der ältere Partner/ die ältere Partnerin ist (vgl. Mikrozensus 2014).
14 000 Paare sind zwischen 25 und 35 Jahre alt – davon 2000 mit Kindern.
21 000 zwischen 35 und 45 Jahre – davon 3000 mit Kindern.
24 000 zwischen 45 und 55 Jahre – davon 3000 mit Kindern.
Daraus ergibt sich, dass die meisten registrierten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zwischen 35 und 55 Jahre alt sind und dass zu dieser Altersgruppe auch die meisten Paare mit Kindern (nämlich 6000 von insgesamt 8000 Paaren mit Kindern) zählen. Bei den unter 25jährigen wurden keine Paare mit Kindern registriert. Ein Grund dafür könnten die erschwerten, zeit- und geldaufwendigen Bedingungen sein, die gleichgeschlechtliche Paare auf dem Weg zu einer Adoption oder Zeugung überwinden müssen. (vgl. Stutzer & Lipinski 2013)
Insgesamt 8000 in Gemeinden unter 5000 Einwohner (davon 1000 mit Kindern)
Insgesamt 12 000 in Gemeinden zwischen 20 000-50 000 Einwohnern (2000 mit Kindern)
Insgesamt 9 000 in Städten mit 200 000-500 000 Einwohnern
Insgesamt 26. 000 in Städten mit über 500 000 Einwohnern (2000 mit Kindern)
Daraus ergibt sich, dass Paare mit Kindern ländliche Gebiete und kleine Städte eher bevorzugen als kinderlose Paare und dass gleichgeschlechtliche Paare insgesamt größere Städte bevorzugen. 3000 Paare mit Kind von 20 000 Paaren in Gemeinden bis zu 50 000 Einwohnern entspricht einem Prozentsatz von 15%; Von den Paaren in Städten mit über 500 000 Einwohnern haben dagegen nur rund 7,7% Kinder.
Bei insgesamt 4000 Paaren ist die Staatsangehörigkeit der Bezugsperson nicht deutsch. Auffällig ist der außergewöhnlich hohe Bildungsstand gleichgeschlechtlicher Paare: unter diesen geben rund 47% der Bezugspersonen an, eine Fachhochschul- bzw. Hochschulreife erlangt zu haben. Der Anteil der Bezugspersonen aller Lebensformen in Deutschland (darunter Ehen, gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, Alleinstehende und Alleinerziehende) mit dieser Ausbildung beträgt nur knapp 30%. Einen Hochschulabschluss bzw. eine Promotion haben rund 22% der Bezugspersonen aus gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, im Vergleich zu rund 11% der Bezugspersonen aller Lebensformen. (vgl. Mikrozensus 2014)
Hinweis: Die angegebenen Zahlen basieren auf Hochrechnungen der amtlichen Statistik, welche aus der jährlichen Befragung von ca. 1% der deutschen Bevölkerung erstellt werden. (vgl. Mikrozensus 2014) Die Angabe zu Lebenspartnerschaft erfolgt freiwillig. Das statistische Bundesamt geht daher davon aus, dass die Anzahl gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in Deutschland höher ist, als im Mikrozensus erfasst. (vgl. destatis.de, aufgerufen am 01.12.14)
Einwanderung aus den Beispielländern
BearbeitenDen genauen Migrationsstatus einzelner Personen zu erfassen, gestaltet sich laut Mikrozensus (2014) als äußerst schwierig, da die abgrenzenden Merkmale nicht klar und allgemein gültig sind. So könnte man auch die in Deutschland geborenen Nachkommen Zugewanderter mit dem Attribut „Migrationshintergrund“ behaften. Dann allerdings müsste geklärt werden, wie viele Generationen es erfassen soll. Mit der Bezeichnung „Migrationshintergrund im engeren Sinn“ (Mikrozensus 2014: 6) werden Personen mit einer Staatsangehörigkeit bzw. keiner Angabe über die Staatsangehörigkeit vor der deutschen erfasst. (Vgl. Mikrozensus 2014) Es wird außerdem bei in Deutschland stark vertretenen Herkunftsländern die Bezeichnung ‚detaillierter Migrationsstatus‘ (Hervorheb. i. O.) (Mikrozensus 2014: 6) verwendet, wobei hier in Deutschland geborene Nachkommen nicht berücksichtigt werden. Der Mikrozensus 2014 berechnet für das Jahr 2013 für Personen mit detailliertem Migrationsstatus aus den Beispielländern 1.186.000 Personen aus der Russischen Föderation, 247.000 Personen aus der Ukraine, sowie 903.000 aus Kasachstan
Akzeptanz und Abwehr von Homo- und Bisexualität
BearbeitenZur gesellschaftlichen Akzeptanz von Homosexualität in Deutschland, Russland, in der Ukraine und in Kasachstan
BearbeitenObwohl Homosexualität in Russland seit 1993 kein strafwürdiges Verbrechen mehr ist (vgl. nnz.ch, aufgerufen am 12.01.15), haben LGBT-Menschen (lesbian-gay-bi-trans) dort kein leichtes Leben, wie die folgende Erhebung zeigt: Die ILGA-Europe Rainbow Map hat für das Jahr 2014 die Gleichberechtigung von LGBT-Menschen in 49 europäische Länder in insgesamt 46 Punkten aus den Kategorien „Equality and non-discrimination“, „Family“, „Bias motivated speech/violence“, „legal gender recognition“, „freedom of assembly, association & expression“ uns „Asylum“ bewertet. Im Ergebnis teilt sich Deutschland mit 56% der erreichbaren Gesamtpunktzahl Platz 12 mit Kroatien. Zum Vergleich: Großbritannien führt mit 82 %. Die Ukraine erreicht nur 12% und Russland steht mit gerade einmal 6% auf dem letzten Tabellenplatz. Diese Ergebnisse werden von zahlreichen Medienberichten aus den entsprechenden Ländern unterstrichen.
Russland
BearbeitenWie die „Deutsche Welle“ berichtet, wurde im Juni 2013 in Russland ein Gesetz gegen „Homosexuellen-Propaganda“ verabschiedet: wer sich vor Nicht-Volljährigen positiv über Homosexualität äußert, muss als Privatperson ca. 100€, als Organisation oder Firma mit über 23 000€ Strafe rechnen, Ausländern droht die Ausweisung oder Arrest. Wird diese sogenannte Propaganda über Medien verbreitet, liegen die Bußen sogar zehn- bis zwanzigmal höher. Ein Mitarbeiter des „Russian LGBT Network“ beklagte, dass eben dieses Gesetz Gewalttaten gegen Homosexuelle ungestraft ließe. Homophobie werde als Tatmotiv oft heruntergespielt. Russische Schwule und Lesben hätten zudem, laut dem Leiter des „Regenbogen-Verbandes“ Andreij Obolenskij, kaum Vertrauen in die Polizei, da die Beamten oft selbst extrem anti-homosexuell eingestellt seien, aus der Bevölkerung selbst habe sich eine Bewegung erhoben, die Homosexuelle jage. Oboljenskij spricht hier von „regelrechte[n] Schlägertrupps“ (dw.de, aufgerufen am 12.01.15). Viele Schwule und Lesben verlassen seither das Land. (vgl. dw.de, aufgerufen am 12.01.15)
Ukraine
BearbeitenDie Süddeutsche.de vom 25.04.13 formuliert drastisch in Bezug auf die Ukraine: „In keinem anderen Land werden Schwule und Lesben so verfolgt wie in der Ukraine. Wer sich outet, riskiert Prügel.“ (Kahlweit in sueddeutsche.de, aufgerufen am 12.01.15). Auch hier wurden im vorletzten Jahr ähnliche Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht. Bestraft werden Menschen, die homosexuelle Beziehungen auf eine Stufe mit heterosexuellen Stellen. Wird dieser „Tatbestand“ wiederholt, drohen bis zu sechs Jahre Haft. Außerdem sollten Darstellungen von Homosexualität in Medien verboten werden. (vgl. sueddeutsche.de, aufgerufen am 12.01.15)
Kasachstan
BearbeitenLaut Deutschland Radio Kultur gibt es in Kasachstan nur ein Gesetz bezogen auf gleichgeschlechtliche Liebe: die Ehe ist verboten, sonstige Handlungen können nicht strafrechtlich verfolgt werden. Allerdings sei das Thema gesellschaftlich völlig tabu. Eine Sprecherin beklagt, dass das Thema ignoriert werde, bis hin zu der Behauptung, Homosexualität existiere in Kasachstan nicht. (vgl. deutschlandradiokultur.de , aufgerufen am 12.01.15) Dennoch werden auch hier stimmen aus der Politik laut, die Homosexualität gesetzlich verfolgen lassen wollen und es kommt zu gewaltsamen Übergriffen auf LGBT-Personen. (vgl. quarteera.de, aufgerufen am 20.01.15)
Gesellschaftliche Normen der Sexualität in Deutschland
BearbeitenNormen beschreiben das Regelwerk, nach dem die Menschen einer Gesellschaft zusammenleben. Auch im Bereich der Sexualität und sexuellen Orientierung greifen bestimmte Normen, die von der Gesellschaft als akzeptabel oder eben als inakzeptabel bis hin zu strafbar angesehen werden. Solche Normen sind aber oft nicht klar definiert und waren in der Vergangenheit heftigen Umbrüchen unterworfen (siehe hierzu Absatz Rechtliche Lage). Normen entstehen durch Gesetze und durch moralische, konventionelle oder religiöse Ansichten (vgl. Lautmann 2013). Normen, nach denen Homosexualität geächtet wird, sind weltweit anzutreffen, doch es gibt keinen Ansatz der die Differenz zwischen dem liberalen oder strengen Umgang damit in den verschiedenen Gesellschaften erklärt (vgl. Lautmann 2013). Auf unsere Gesellschaft bezogen beschreibt Lautmann (2013) eine Skala von Devianzstufen (Hervorheb. i.O.) (Lautmann 2013: 207), die eine dreifache Gliederung beinhaltet: abweichendes Sexualverhalten (Hervorheb. i.O.)(Lautmann 2013: 207) meint solches Verhalten, das von Normen strikt abgelehnt wird und wobei der Handelnde als psychisch oder krank und/oder delinquent gilt. Hierunter fallen z.B. „Vergewaltigung, Pädosexualität und Exhibitionismus“ (Lautmann 2013: 207). Mit besonderes Sexualverhalten(Hervorheb. i.O.) (Lautmann 2013: 207) sind Handlungen gemeint, von der sich die breite Masse zwar distanziert, die aber als akzeptabel und gesellschaftlich eher ungefährlich hingenommen werden. Hierunter fallen die sogenannte Sexsucht, Sadomasochismus und im Moment auch Homosexualität. Schließlich benennt Lautmann noch ein variables Sexualverhalten(Hervorheb. i.O.) (Lautmann 2013: 207), welches weit verbreitet ist – beispielsweise Pornographie und Masturbation. (vgl. Lautmann 2013) Dennoch weisen zahlreiche Quellen darauf hin, dass Homosexuelle noch lange nicht den einfachen Stand in der Gesellschaft haben, wie die Gesetzeslage vermuten lässt. Nach Jacob & Körner (2014) ist unsere Gesellschaft trotz immer größerer Vielfalt der Lebensformen extrem heteronormativ geprägt, Timmermanns (2013) spricht von der Erwartung der meisten Menschen, dass jedermann sich heterosexuell zu orientieren habe. Obwohl Homosexualität nicht mehr als psychische Störung angesehen wird, leiden viele Betroffenen unter Diskriminierung in den verschiedensten sozialen Bereichen. (vgl. Fiedler 2014)
Abwehr und Stigmatisierung von Homosexualität
BearbeitenIm Folgenden soll erörtert werden, warum Homosexualität von Teilen der Bevölkerung – insbesondere von jungen Männern- als inakzeptabel und sogar abstoßend betrachtet wird. Die heftige Abneigung scheint sich v.a. gegen Schwule zu richten, weshalb hier meist von homosexuellen Männern die Rede sein wird. Aufgrund der nun folgenden Erkenntnisse gehe ich davon aus, dass männliche Bisexuelle, besonders in gleichgeschlechtlich orientierten monosexuellen Phasen, von ähnlicher Stigmatisierung betroffen sind. Die folgende Ausführung soll v.a. den Zusammenhang von Identität und Abwehr von Homosexualität beleuchten. Weitere mögliche Faktoren wie die Zugehörigkeit zu religiösen Gruppen werden hier ausgeklammert, da sie den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Zum Begriff der Homophobie: Das Wort findet häufig Verwendung und meint im Allgemeinen antihomosexuelle Einstellungen. Die Fachliteratur weist aber mittlerweile darauf hin, dass der Begriff hierfür falsch gewählt ist, denn eine Phobie beschreibt im medizinischen Sinne die tiefsitzende Angst, mit einer bestimmten Sache in Berührung zu kommen und geht oft mit der Vermeidung und Verdrängung jener Sache einher. Als homophob bezeichnete Menschen versuchen aber nicht, den Kontakt mit Homosexuellen zu vermeiden, sondern beschäftigen sich oft intensiv mit dem Thema und suchen Betroffene– im Gegenteil – sogar oft auf, um sie zu bekämpfen. (vgl. Pohl 2005) Aus diesem Grund weist Timmermanns (2013) darauf hin, dass von Hudson und Ricketts (1980) der Begriff ‚Homonegativität‘(Hervorheb. i. O.)(Timmermanns 2013: 259) als Ersatzbegriff vorgeschlagen wurde. Weil „Homophobie“ aber im mehrheitlichen Sprachgebrauch Anwendung findet, möchte ich ihn in meiner Arbeit im gängigen Verständnis – d.h. Angst vor und abwertende Einstellung gegenüber homosexuell veranlagten Personen – belassen.
In vielen Gesellschaften – so auch der unseren – besteht nach wie vor das Prinzip der sogenannten Heteronormativität, welches den auf Heterosexualität ausgelegten Lebensstil als den besten, einzig natürlichen und erwünschten darstellt. Die Heteronormativität garantiert den meisten Menschen Sicherheit über die eigene (zumindest sexuelle) Identität und ihre Stellung in der Gesellschaft. Menschen, die dieser Norm nicht entsprechen können oder wollen, lösen häufig Verunsicherung aus und werden ausgegrenzt, verachtet oder sogar rechtlich verfolgt. (vgl. Timmermanns 2013) Dass Heterosexualität als Norm schon im frühesten Kindesalter unter Gleichaltrigen eingeübt wird beweist die Tatsache, dass ‚schwul‘ eine der häufigsten Bezeichnungen zur Ausgrenzung und Beleidigung unter Jungen jeden Alters ist. (vgl. Pohl 2005) Phoenix & Frosh (2005) haben in einer Reihe von Interviews 11-14jährige Londoner Jungen zum Thema Identität und Männlichkeit befragt. Die Jungen unterschieden in ihren Antworten unter anderem offensichtlich zwischen „ ‚richtiger‘ Männlichkeit und Homosexualität“ (Hervorheb. i.O.) (Frosh & Phoenix 2005: 31), welche als der Männlichkeit untergeordnet angesehen wurde. Heteronormativität war auch hier die angestrebte Norm; von normabweichendem Verhalten distanzierten sich die Jungen so weit wie möglich. Pohl (2005) beklagt auch in Deutschland die Gewaltbereitschaft, mit der Homosexuellen noch heute begegnet wird. Er spricht sogar von einem „dramatischen Anstieg“(Pohl 2005: 249) der Gewalt seit den 1990er Jahren und spezifiziert, dass Gewalttaten gegen Schwule hauptsächlich von Gruppen junger Männer verübt werden. Neben Kultur, Sozialisation und Familie nennt er mit besonderem Augenwerk auch den Druck des vorherrschenden Männlichkeitsideals, der auf die Entwicklung der sexuellen Identität von Jungen wirkt. Insbesondere junge Männer stehen unter dem Druck, ihren Platz in einer doppelten Hierarchie zu finden: Erstens dem Machtgefüge innerhalb der Gruppe der Männer und zweitens als den Frauen überlegenes Geschlecht. Zwischen der Ablösung von der Herkunftsfamilie, der Suche nach einer Partnerin und der aufkommenden Sexualität schwankt der Jugendliche nun „zwischen Größenphantasien und Ängsten vor Schwäche und Minderwertigkeit“. (Pohl 2005: 251) Um diese persönliche Krise zu bewältigen und die eigene Identität auch nach außen hin zu sichern, projiziert der Jugendliche seine Ängste u.a. auf männliche Homosexuelle und wendet sich radikal gegen deren Andersartigkeit. Männer fühlen sich – relativ unabhängig von sozialem Hintergrund und Zugehörigkeit zu verschiedenen peergroups – doch als eine homogene Gruppe in dem oben genannten Sinne, dass sie sich sexuell potent, den Frauen überlegen und Homosexuelle verachtend zeigen. Vertreter dieses zu verachtenden Verhaltens aber bringen jenes Selbstbild bedrohlich ins Wanken und lösen wiederum die Angst aus, als schwul zu gelten oder es unter Umständen sogar selbst zu sein. Homoerotische Erlebnisse innerhalb von Freundschaften oder Gruppen von Männern sind laut Pohl (2005) in der Adoleszenz nämlich keine Seltenheit, sondern Teil der Sexualentwicklung – auch wenn sich letztendlich nur eine Minderheit endgültig und ausschließlich gleichgeschlechtlich orientiert. Ein weiterer Erklärungsversuch zur Entstehung der sog. „Homophobie“ ist folgender: Wie erwähnt schließt das Männlichkeitsideal eine deutliche Abgrenzung zum Weiblichen ein. Indem ein Mann in den Augen Homophober die „weibliche“ Rolle einnimmt – z.B. durch Passivität bei gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen, gilt er als „Verräter“ (Hervorheb. i. O.) (Pohl 2005: 256) des eigenen Geschlechts und muss bekämpft werden (vgl. Pohl 2005). Bemerkenswert ist, dass Abwertung von, Angst vor und Hass gegen Homosexuelle hauptsächlich von Personen ausgehen, die keinerlei persönliche Kontakte zu Homo- oder Bisexuellen pflegen. (vgl. Fiedler 2014) Zusammenfassend kann man also sagen, dass Abneigung bis hin zur Gewalt gegen gleichgeschlechtlich Liebende vor allem von jungen Männern ausgeht, welche sich in ihrer Unsicherheit über die eigene (sexuelle) Identität durch homosexuelle Geschlechtsgenossen besonders bedroht fühlen. Die Tendenz zur Heteronormativität wird bereits bei Kindern deutlich, die das Wort „schwul“ – oft ohne dessen genaue Bedeutung zu kennen – häufig als Beleidigung verwenden. Hierbei meint „schwul“ oft nicht konkret homosexuelle Neigungen oder Handlungen, sondern grundsätzlich alles, was am Beleidigten als nicht männlich genug empfunden wird. (vgl. Pohl 2005)
Konflikt
BearbeitenNach den obigen Ausführungen kann man also zusammenfassend sagen, dass die Identitätsentwicklung im Jugendalter Schwierigkeiten mit sich bringt, in deren Überwindung die Aufgabe der meisten Jugendlichen liegt. Für Jugendliche mit nicht heterosexueller Orientierung kommt das Problem der Entwicklung einer von der Masse abweichenden sexuellen Entwicklung hinzu, die nicht nur innerlich in ein ganzheitliches Selbstkonzept integriert, sondern oft auch nach außen hin verborgen oder verteidigt werden muss. Die Furcht vor Ablehnung ist hierbei ein Faktor, der gerade junge Menschen, deren Selbstkonzept noch nicht gefestigt ist, zusätzlich belasten kann. Über diese innerpsychische Dimension hinausgehend, wurde erläutert in welcher Weise Homosexualität heute in den Herkunftsgesellschaften der Zielgruppe bekämpft bzw. verachtet und missachtet wird. Ob diese Verachtung sich in der Erziehung der Jugendlichen in Deutschland wiederfindet, soll mit den folgenden Leitfadeninterviews untersucht werden. Dazu kommt schließlich, dass Abweichungen von heteronormativem Verhalten auch in unserer Gesellschaft oft nicht geduldet werden und dass ihnen – in Extremfällen – sogar mit Gewaltbereitschaft begegnet wird. Insbesondere junge Männer sind hiervon betroffen. Daraus ergibt sich für homo- und bisexuelle Jugendliche, deren Eltern aus den entsprechenden Staaten stammen, folgendes Konfliktmodell:
Reguläre Schwierigkeiten der Adoleszenz
+ von der Konvention abweichende sexuelle Orientierung
+ (zu vermutende) negative Einstellung gegenüber Homosexualität im Elternhaus
+ eingeschränkte Akzeptanz dieser Orientierung vonseiten der Gesellschaft
Ob diese Schwierigkeiten einer Entwicklung, die zu stabiler Identität und Selbstbewusstsein führen soll, entgegenwirken, oder ob gerade die Überwindung derselben den Jugendlichen zu einer eigenständigen Konstruktion seiner Identität mit dem Ergebnis eines entsprechend besonders stabilen Selbstwertes führen, soll mithilfe der nun folgenden Leitfadeninterviews herausgefunden werden. Die vier Leitfadeninterviews wurden mit zwei männlichen (I1, I2), sowie zwei weiblichen (I3, I4) Teilnehmern geführt. I1 und I2 wurden mündlich mit Tonaufnahmen, I3 und I4 im Chat auf einer sozialen Plattform geführt.
Leitfadeninterviews
BearbeitenInterview 1: 17 Jahre, Eltern russischer Herkunft, männlich.
BearbeitenWie alt bist du?
a1 17.
Wurdest du in Deutschland geboren?
a2 Ja.
Wie lange sind deine Eltern schon in Deutschland?
a3 Ähm, 17 Jahre.
Ah, also seit dir. Wie alt sind sie ungefähr? Nur in welchem Jahrzehnt?
a4 Ähm, sie sind Mitte der 60er geboren.
Sie kommen aus Russland?
a5 Genau.
Haben sie dort eher ländlich, eher städtisch gewohnt?
a6 Meine Mutter ländlich, mein Vater städtisch.
Und wie ist das jetzt in Deutschland?
a7 Städtisch.
Hier in Augsburg?
a8 Genau.
Wenn ihr zuhause seid, welche Sprache sprecht ihr da?
a9 Russisch.
Nur Russisch?
a10 Ja.
Und euer Familienleben, ist das deiner Meinung nach eher russisch oder eher deutsch geprägt? Und, also, wie drückt sich das aus, also, habt ihr irgendwelche Rituale oder irgendwelche Werte?
a11 Wie haben eigentlich keine Rituale. Wir essen immer Mittag zusammen und das war’s eigentlich. Wir feiern keine Feste, wir
a12 sind sehr atheistisch geprägt. Und…ja.
Also, ist es eher die Sprache, die halt Russisch ist und sonst lebt ihr ziemlich deutsch, oder nicht sehr nach der russischen Kultur zumindest?
a13 Meine Eltern essen gern russisches Essen, mein Vater vor allem, mein Vater schaut russisches Fernsehen und meine Mutter,
a14 die…ist eher neutral da. Sie bewegt sich zwischen beidem.
Haben deine Eltern - jetzt mal bevor sie wussten, dass du schwul bist – mit dir mal über Sexualität gesprochen?
a15 Nein.
Gar nicht?
a16 Die sind viel zu prüde für sowas.
Ok. Dann deine Sexualität würdest du eher als homo- oder als bisexuell beschreiben?
a17 Homosexuell. (lacht)
Seit wann ist dir das klar?
a18 Ähm, mit zwölf hat das angefangen und mit dreizehn hatt‘ ich mein inneres Coming-Out.
Erzähl mal ein bisschen ‚drüber. Hast du viel darüber nachgedacht? Hat es dir Angst gemacht oder Probleme bereitet, irgendwas?
a19 Also, ähm, mein inneres Coming-Out, ich bin da eher drauf gestoßen, weil ich irgendwann im Internet mal gegoogelt habe,
a20 was da mit mir sein könnte und dann hab ich da ein bisschen rumgelesen und da ist mir das eigentliche klar geworden: Ok,
a21 ich bin normal, ich bin nicht der einzige, weil…man kannte das nur aus dem Fernsehen oder…sonst woher.
Wie hast du das dann für dich so festgestellt? Also, wie bist du drauf gekommen, dass du überhaupt googeln musst?
a22 Ich …fand mich…also, ich fand mich nicht so von Mädchen angezogen, sondern eher von Jungs.
Ok, ab zwölf und dann…wie lang hat es gedauert bis du dir ganz sicher warst?
a23 Ein Jahr.
Und hattest du irgendwelche Probleme damit für dich selber?
a24 Für mich selber eher nicht. Also, nein, ich bin…ich hab das mit dreizehn dann akzeptiert, dass ich schwul bin und wusste
a25 dann auch, dass ich daran nichts ändern kann (lächelt).
Zu deiner Familie: hast du dich vor der geoutet?
a26 Vor meiner Mutter ja, vor meinem Vater, nein.
Wie hat deine Mutter reagiert?
a27 Mm…ziemlich gelassen.
Schön! Also hatte sie kein Problem damit?
a28 Nein, hatte sie nicht.
Ähm, vor deinem Vater, hast du gesagt, bist du nicht geoutet. Warum nicht?
a29 Mm…er hat halt diese typisch russische Einstellung, dass man glaubt, dass Homosexualität durch etwas erzeugt wird, dass
a30 man nicht so geboren wird, im Gegensatz zu meiner Mutter und…er ist halt ein Opfer russischer Staatsmedien.
Das heißt du…hast du Angst dich vor ihm zu outen oder ist es dir einfach egal?
a31 Es ist mir eigentlich egal, aber ich mach’s aus praktischen Gründen nicht. Vor allem aus der materialistischen Sicht,
a32 weil…ich hätte eher Angst, dass…keine Ahnung, also, ich weiß nicht, wie er reagieren würde, ich könnt’s mir niemals
a33 vorstellen. Er meint ja immer ‚Ich habe nichts gegen Homosexuelle, aber blablabla…Kinder.‘ Das Typische in Russland und
a34 ich weiß nicht, wie er reagieren würde und deswegen wart‘ ich lieber ab.
Dann zu dem Coming-Out vor deiner Mama nochmal: Hast du dir da vorher Gedanken drüber gemacht? Wie ging’s dir vorher damit? Warst du nervös zum Beispiel?
a35 Ich war sehr nervös! Ich hab eine Schachtel Zigaretten weggeraucht, bevor ich’s ihr gesagt habe…vor Nervosität. Also ich
a36 hab gezittert.
Wovor hattest du da Angst?
a37 Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Ich wusste bei meiner Mum schon im Vornherein, dass sie tolerant ist,
a38 aber…es ist einfach halt dieser Augenblick, wo du’s ihr sagen willst, da überkommt dich trotzdem die Panik.
Hat sich dein Verhältnis zu deiner Familie verändert seither?
38 Nein.
Überhaupt nicht?
39 Nein. Es ist gleich geblieben mit meiner Mutter. Ich war schon immer sehr gut mit ihr, ich bin ein Mamakind.
Hast du auch Russen, oder auch Ukrainer, Kasachen in deinem Freundeskreis?
a40 Nicht im engen Freundeskreis, aber im erweiterten, also die Bekannten. Also, ich kenne schon mehrere aus der ehemaligen
a41 Sowjetunion, die homo-, bisexuell sind.
Gut, vor denen würdest du dich wahrscheinlich outen, wenn die selbst so sind, ansonsten, würdest du dich vor denen, die heterosexuell sind outen oder hast du?
a42 (Mit Nachdruck) Ich bin überallgeoutet – außer bei meiner Familie – und meiner Mutter.
Das heißt, in deinem gesamten deutschen Freundeskreis wissen alle Bescheid?
a43 Also, ich würd‘ das nicht als deutschen Freundeskreis bezeichnen. Es ist multikulti, alles zusammengewürfelt.
Und wie hat dann dein Freundeskreis so reagiert?
a44 Weiß ich nicht…ähm…(lacht). Ich muss mal überlegen. Also, ich bin ja umgezogen und…hier in Augsburg hab ich’s einfach
a45 gleich öffentlich gemacht, weil ich mir gedacht habe ‚scheiß drauf‘ und…hier kommen die Menschen einigermaßen gut zurecht,
a46 es gibt hin und wieder die paar Aussetzer. Und, ähm, da, wo ich früher gelebt habe, da hab ichs den Menschen nicht gesagt,
a47 nur meinen engen Freunden und da hatte ich keine negativen Reaktionen, sonst wären’s ja nicht meine Freunde gewesen.
Das heißt, du hast dir auch keine großen Gedanken drum gemacht, also, wenn du dich jetzt outest, dann hast du keine Angst mehr davor?
a48 Beziehungsweise ich muss mich nicht mehr outen. Vielleicht in Zukunft mal, aber das hau ich dann lieber gleich auf den
a49 Tisch.
Alles klar. Zu den ‚Aussetzern‘ nochmal kurz: Wie hat sich das ausgedrückt? Kannst du das kurz erzählen?
a50 Also, es drückt sich nicht aus, dass sie zu mir hingehen und sagen…ähm…mich beleidigen, sondern ich werk es halt. Ich merk
a51 es halt, dass sie Abstand von mir wollen und dass sie halt…etwas homophob eingestellt sind. Ich kann das auch nicht
a52 beschreiben. Ich hör’s an Gesprächen, wenn ich mal weiter weg sitze und trotzdem mit dem rechten Ohr mithöre bemerk ich
a53 das.
Ok, ähm, sind das Leute aus deiner Schule?
a54 Ähm…
Oder einfach hauptsächlich Gleichaltrige? Oder- was sind das für Leute?
a55 Ja, also, es sind hauptsächlich Leute aus meiner Schule, aber es sind auch ganz, ganz wenige.
Deutsche? Oder völlig egal?
a56 Ich muss mal überlegen…einer ist deutsch, also, aus meiner Klasse red‘ ich jetzt. Zu den anderen Klassen hab ich jetzt
a57 nicht so Kontakt. Einer ist deutsch und einer kommt aus Tadschikistan – glaub ich.
Ok, also macht es keinen großen Unterschied von der Nationalität?
a58 Nein.
Ok, weißt du was, wir sind durch. Danke!
Interview 2: 25 Jahre, Eltern ukrainischer Herkunft, männlich.
BearbeitenErst mal ganz einfach: Wie alt bist du jetzt gerade?
b1 Ich bin 25.
Wurdest du in Deutschland geboren?
b2 Ne, ich bin, äh, mit sechseinhalb Jahren ausgezogen aus meinem Heimatland – das war die Ukraine.
b3 Und, ja, dann ging’s fast gleich nach Bayern.
Zusammen mit deinen Eltern? Das heißt deine Eltern, also deine ganze Familie ist zu der Zeit gekommen?
b4 Ja, also, wir haben da in der Ukraine überhaupt keine Verwandten mehr, die sind alle nach Israel gefahren oder nach
b5 Deutschland gefahren und, ja, Tanten mütterlicherseits und väterlicherseits sind vor uns nach Deutschland gefahren, also
b6 quasi ein ganzes Familien().
Wie alt sind deine Eltern ungefähr? Also in welchem Jahrzehnt? In den 40ern, in den 50ern, sowas?
b7 Meine Mutter ist 55, das kannst du dir selber ausrechnen.
In der Ukraine, habt ihr das eher ländlich oder in einer Stadt gewohnt?
b8 Wir haben mitten in der Stadt gewohnt.
Und jetzt – hier in Deutschland?
b9 Jetzt sind wir von mitten in der Stadt zu zwei Haltestellen außerhalb von mitten in der Stadt.
Dann trotzdem eher städtisch, nicht sehr ländlich. Ok, zuhause, wenn ihr in der Familie seid, welche Sprache sprecht ihr da?
b10 Nur Russisch.
Nur Russisch. Ok. Und sonst so das Familienleben, ist das eher ukrainisch bzw. russisch geprägt oder eher deutsch?
b11 Also, deutsch gar nicht. Ob es eher russisch, jüdisch oder ukrainisch ist kann ich auch nicht beurteilen, da hab ich zu
b12 wenig Vergleiche. Aber, da wir aus dem jüdischen Raum kommen, denk ich schon, dass da ein paar Verhaltensweisen
b13 herstammen. Sofern ich Russen kennengelernt habe, seh‘ ich mich da jetzt auch nicht als sehr ähnlich.
Aber es ist jetzt auch nicht sonderlich deutsch. Beziehungsweise, habt ihr irgendwelche Rituale oder irgendwas, was einer Nationalität zugeordnet werden kann?
b14 Ja, ich hab gestern ein bisschen Chanukka-Geld von meiner Oma bekommen.
Also, wenn, dann religiös?
b15 Ja, so pseudo-religiös, also quasi ‚ok wir sind Juden‘ und ‚ah, gestern fing Chanukka an, was machen wir jetzt? Stimmt, du
b16 kriegst Geld‘.
Seht ihr euch selber dann noch als Ukrainer oder hauptsächlich als Juden oder mittlerweile als Deutsche?
b17 Ähm, ich denk mal, bei meiner Oma kann das gar nicht anders sein als dass man sich auf jeden Fall mit dem Judentum
b18 identifiziert, weil man dort vor allem wegen des Judentums öfters ausgeschlossen wurde und da einem schon immer der
b19 Stempel des Juden anhaftet.
Und auf die Ukraine bezogen?
b20 Auf die Ukraine bezogen, ähm, ich weiß nicht, wie das bei meiner Mutter ist. Sie arbeitet jetzt auch im Moment in eher
b21 russischsprachigem Umfeld und ich behaupte auf jeden Fall, deutsch fühlt sie sich überhaupt nicht.
Ok, und du? Würdest du sagen, du bist Deutscher? Durch und durch?
b22 Ich bin ein Weltmensch (grinst). Keine Ahnung, ich bin, was ich bin und die anderen sollen das dann beurteilen, also, in
b23 der Hinsicht…
Alles klar. Jetzt mal unabhängig davon, ob deine Eltern wissen, ob du schwul bist oder nicht: Habt ihr mal über Sexualität geredet, in der Familie oder mit deinen Eltern? Haben sie das mal angesprochen?
b24 Ne, das war irgendwie, ne, haben sie nicht.
Gar nie?
b25 Mein Vater hat mich nie gefragt, ob ich irgendwas mit Mädchen habe, er war jetzt auch nicht so der…ähm, ne, meine Mutter
b26 hat das auch nie so gefragt. Er fragt sie, wo ich bin und dadurch ist das dann rausgekommen, dass ich dann irgendwann mal
b27 Zeit mit meinem Freund verbracht habe. Aber ne, da gibt’s jetzt nichts wie ‚Hey, wann stellst du sie uns mal vor?‘, da
b28 wissen die, dass die Kinder eher deutsch geprägt sind und ja, in Deutschland, da findet man die Freundin vielleicht so,
b29 keine Ahnung, in so einem hohen Alter wie…man wird mit 35 Mutter oder so.
Ok, also bei euch wäre das eigentlich früher? Also, in der Herkunft, so traditionell? Oder hat das jetzt damit so gar nichts zu tun?
b30 Jedenfalls würde meine Oma eher sagen ‚ Ja, der macht das schon irgendwie‘.
Deine Sexualität würdest du als homo- oder bisexuell eher beschreiben?
b31 Ja, homo.
Seit wann ist dir das klar? Und, also, hast du da viel drüber nachgedacht? Lange drüber nachgedacht?
b32 Mh, ja, schon. Also, am Anfang war ich wohl wie einer von vielen erst mal nur bi, da hab ich mich selbst quasi verarscht.
b33 Am Anfang irgendwelche Mädchensachen zum Beispiel angesehen und äh, wir reden über Pornographie, das Ganze ist ja schön
b34 anonym, deswegen brauch ich mich nicht zu schämen (lacht) und dann ging ich auf die Jungs über und dachte mir ‚Ja man,
b35 dich hat beides angeturnt‘. Aber die Jungs waren komischerweise immer zum Schluss, da konnt‘ ich mich schön selbst
b36 verarschen.
In welchem Zeitraum ist dir das so klar geworden, dass du vielleicht nicht ganz heterosexuell bist oder in welchem Alter ungefähr?
b37 Mit 16, 15 fing das an. Ich war vorher noch geduldig und dachte erst mal nicht, dass ich schwul sein könnte, ich dacht mir
b38 eher, ok, irgendwann kommt bestimmt noch, dass ich dann auf Mädels stehe.
Aber es kam nicht.
b39 Ne, noch nicht.
Ok, und dann, also, hast du viel drüber nachgedacht – jetzt in dem Sinne, dass du es irgendwie nicht wolltest oder dass es dir Angst gemacht hat in irgendeiner Weise oder dass du es als nicht normal empfunden hast? Hattest du solche Gedanken?
b40 Ja, klar, also bevor man irgendwelche Schwulen kennenlernt, ist ja erst mal das Klischee, dem man in seinem Kopf begegnet,
b41 also einem Thema. Und, ja, so wollte ich nicht wirklich sein und dann ist es aber durch Zufall so gekommen, dass mein –
b42 damals bei Lokalisten – ein Kumpel von mir meinte ‚Ja, hey, bin jetzt‘ – als Statusnachricht ‚ich bin jetzt vergeben‘. Und
b43 ich hab ihn angeschrieben, dem geschrieben ‚und, wie heißt denn der Typ?‘ Und er so ‚Hä, woher weißt du denn das?‘ Ja, ich
b44 dachte mir cool und hab den dann auch gleich gefragt, ob er irgendwelche Plattformen oder was auch immer kennt und er hat
b45 mir dann so gezeigt, was es alles gibt. Schwulejungs.de gab’s mal, das hat er mir gezeigt, dbna hat er mir gezeigt. Ja,
b46 von mir wusste er’s auch nicht. Also, das war jetzt eher Zufall, wie ich dieser Welt mit großen Schritten näher gekommen
b47 bin.
Ok, also, waren deine Gedanken eher so auf dich bezogen: du willst nicht sein wie das Klischee, aber hattest du auch Angst vor der Reaktion, zum Beispiel von deiner Familie, deinen Freunden oder sowas?
b48 Ja, ich hab mich jetzt nie geoutet, außer als ich dann halt mit 19 oder 20 wirklich in ner Beziehung war, das war dann für
b49 mich klar, so, wenn ich keine andere Wahl habe, wenn ich einen absolut positiven Nutzen draus hab…ich brauchte einen
b50 Kontext, weil, es ist eher so, wenn man jetzt zum Beispiel sagen kann ‚ok, ich hab jetzt was‘, dann ist das nicht nur
b51 einfach ein Gedanke, den man hat und den man wegblasen kann, sondern da ist bereits was am Laufen und das heißt, man ist
b52 schon mitten drin.
Das heißt, du hast sozusagen, irgendwas, was dir den Rücken stärkt, dass man dich nicht aushebeln kann, dass die Reaktion nicht ist ‚Jaja, das bildest du dir ein‘.
b53 Ja, genau. Also, so hab ich das mir…das war auf jeden Fall so, ja, mein Weg, das Ganze ein bisschen hinauszuzögern, das
b54 war jetzt an der Stelle, glaub ich, auch das Richtige.
Also, vor deiner Familie – hast du dich da so richtig geoutet?
b55 Ähm, irgendwie hab ich’s vor meinem Bruder verpasst, jetzt ist es dann irgendwo – wow, jetzt bin ich schon 25 – irgendwann
b56 sollte man’s ihm sagen, aber irgendwie will ich auf den Kontext… ja, keine Ahnung. Der wohnt jetzt auch etwas weiter weg,
b57 deswegen denk‘ ich da jetzt nicht jeden Tag drüber nach, dass das jetzt irgendwie mein Leben beeinflusst, dass er es nicht
b58 weiß.
Ist dein Bruder älter als du oder jünger?
b59 Mein Bruder ist älter. Und ähm, ja, meiner Mutter hab ich’s damals gesagt, weil sie so ein Kontrollmensch ist, wie man das
b60 so im russischen Bilderbuch so kennt – aus den russischen Bilderbüchern. Ähm, ‚Wo warst du?‘, ja, und da hab ich halt so
b61 gesagt ‚Ich war mit dem und dem da unterwegs, die kennst du ja schon und da war ja auch mein Freund dabei und ich bin
b62 jetzt mit ihm schon eine Woche so zusammen.‘ Und, ja, aber die Frage hast du ja gar nicht gestellt, darauf kommen wir ja
b63 vielleicht später noch.
Ja, erzähl einfach mal weiter – und dein Vater?
b64 Mein Vater war nicht so ein Kontrollmensch und der war, wie gesagt, jemand, der da jetzt von keiner Seite her Druck oder
b65 Interesse gezeigt hat. Deswegen musste ich mit ihm über das Thema nicht sprechen. Ich war dann halt bei Freunden – ‚ja,
b66 ok‘.
Ok, das heißt, weiß er’s heute oder weiß er’s gar nicht?
b67 Ne, er weiß es nicht, und, ja, ihn gibt’s auch schon seit zwei Jahren nicht mehr, er ist schon tot und deswegen hat sich
b68 die Frage an der Stelle aufgelöst.
Bevor du’s deiner Mutter gesagt hast, hast du dir viele Gedanken darüber gemacht? Wie ging’s dir damit zu wissen, jetzt muss ich’s ihr irgendwann erzählen? Beziehungsweise, wie geht’s dir jetzt bei deinem Bruder dabei, wenn du’s ihm erzählen würdest?
b69 Mal eins nach dem anderen hier, ja? (lacht)Ja, bei meiner Mutter, das war auch länger her, also, natürlich nervös und so
b70 und, äh, ich wusste gar nicht, in welche Richtung ich da argumentieren sollte, wenn da die und die Frage käme. Aber ich
b71 wusste halt an der Stelle, dass es richtig ist und dass ich jemanden gefunden hab, für den es wert war, ein Risiko
b72einzugehen. Und das Risiko wär‘ aber nie so ausgefallen, dass ich da jetzt irgendwie rausgeschmissen worden wär‘. Ja…im
b73 Grunde genommen, es war erst mal so eine Situation, ich wusste nicht, was es genau sein würde, ich wusste, es wird nicht
b74 sehr, sehr schlimm werden, aber ich hatte schon Angst davor, im Sinne von, dass ich mit Gegenwehr da rechnen müsste –
b75 jetzt nicht mit Gewalt, auf keinen Fall - aber halt, dass man mir das Leben in der Hinsicht etwas schwerer machen würde.
b76 So: ‚Da gehst du jetzt nicht hin‘ oder ‚ Ne, das kannst du dir aus dem Kopf schlagen‘. War dann aber so, dass meine Mutter
b77 das eher so aufgenommen hat: ‚Ok, du bist eine Woche…‘ und irgendwann, weil ihr Sohn ist ja nicht schwul, sie kennt ja
b78 schwule Leute, sie arbeitet in nem Job, wo sie viele Leute trifft und sie, äh, hat auch schon Schwule gesehen, also wird
b79 sie wohl wissen, wie ein Schwuler so ist. Und deswegen dachte sie sich ‚Ok, der probiert das halt aus und das wird dann
b80 schon aufhören. Sodass da jetzt nichts von ihrer Seite aus kommen musste. Und das hab ich eiskalt ausgenutzt, weil, ich
b81 hab dann natürlich auch gesagt ‚Ja, klar, wenn mir mal ein Mädchen gefällt, wird ich da schon was sagen‘, aber, ja, ist ja
b82 ein bisschen klar, so, dass das nicht ganz real ist.
Warte, du hast jetzt vorhin gesagt, du hast deiner Mutter vertraut, dass jetzt nichts ganz schlimmes passiert, aber dass sie vielleicht, ähm, die was entgegensetzt. Hattest du da irgendwelche Anhaltspunkte dazu, dass sie dir früher mal was gesagt hat oder generell aus der Erziehung oder war das einfach nur so ne Überlegung?
b83 Also, Sexualität war einfach nie Thema bei uns und deswegen wusste ich auch nicht, was ihr Stand dazu ist. Bei meinem
b84 Vater hab ich, glaub ich, schon mal damals gehört: Hat ihm schon mal ganz gut gefallen, was der Westerwelle damals gesagt
b85 hat und dann erfuhr er – oh, der ist schwul, oh der hat mich ganz enttäuscht.
Ok, also, hast du’s generell als etwas erlebt, was nicht ganz willkommen ist in deiner Familie.
b86 Das war jetzt von meinem Vater, von meiner Mutter aus war da einfach nichts, aber ich wusste, dass das jetzt…ja, ich
b87 dachte mir, die haben sich damit nicht beschäftigt damals und ich dachte mir, die werden das bestimmt ablehnen.
Und bei deinem Bruder sagst du jetzt einfach, ja, du hast es irgendwie verpasst und deshalb fällt’s dir schwer?
b88 Ja, ich habe eher weniger Angst, ne, das muss ich jetzt schon mal machen, da hab ich jetzt weniger Angst, dass seine
b89 Reaktion auf die Homosexualität komisch wär, weil da hab ich sogar mitbekommen, dass er mal – wir haben mal ein
b90 Wahlbarometer gemacht – und da waren halt Fragen, diese typischen zwanzig Fragen, wofür man…welche Partei möchte man
b91 wählen aufgrund welcher Punkte und da hat er auch mal – da saßen wir zu dritt mit meiner Mutter, ich glaub, vielleicht,
b92 meine Oma war da auch noch dabei – deswegen hat der Kontext da nicht so für mich ergeben, dass ich da noch meinem Bruder
b93 und meiner Oma – meine Oma, die wollte ich jetzt nicht verwirren – ja, von der haben wir noch gar nicht gesprochen, ja,
b94 die Oma gibt’s auch noch. Und, ja, genau, also, auf jeden Fall, mein Bruder hat da auch schon gesagt ‚ja, ok, die sind für
b95 die gleichgeschlechtliche Ehe‘ Also, das ist in seinem Interesse, dass das legalisiert wird.
Ok, ähm, seit du dich bei deiner Mama geoutet hast, hat sich dann auch euer Verhältnis anscheinend nicht sehr verändert, oder?
b96 Also, das Thema war ja vorher nie präsent, deswegen wüsste ich nicht, wie sie auf das Thema reagiert hätte, wenn…also, ich
b97 wüsste nicht, wie sie wär‘, wenn ich jetzt hetero wär‘. Deswegen kann ich nur sehen, wie sie ist, wo sie einem schwulen
b98 Sohn gegenüber sitzt. Deswegen kann ich nicht sagen, ob sie sich dahingehend verändert hat.
Aber, wenn du jetzt vergleichst: Vor dem Outing – nach dem Outing.
b99 Ne, da ist nichts, also, ich denke auch, dass sie das Ganze verdrängt. Sie hat mir am Anfang, glaub ich, die ersten zwei
b100 Jahre noch lauter Fragen gestellt und, ja, sie hat inzwischen, glaub ich, auch nen schwulen Frisör und sie hat noch nie
b101 einen Freund von mir gesehen, aber im Moment, solange es jetzt nicht so vor ihr rumlungert, dieses Thema…nicht so akut
b102 ist, ist sie, ja, ganz normal, wie vorher.
Ok, hast du auch Russen, Ukrainer, Kasachen in deinem Freundeskreis?
b103 Ja, also, Kasachen nicht, aber man trifft schon sehr viele komischerweise – russischsprachige Leute. Und, ja, vor meinem
b104 besten Freund hab ich mich geoutet, ja, gar kein Problem. Irgendwann, wenn sich der Kontext dazu ergibt, mach ich das, da
b105 fahr ich jetzt nicht mit ner Regenbogenflagge rum, aber ich hab jetzt gelernt, einfach niemandem das Thema aufzusetzen,
b106 aber wenn es sich ergibt und wenn sich ein positiver Effekt dabei für mich rausschlägt, zum Beispiel, dass ich – der
b107 positive Effekt kann auch sein, dass man einfach mal ein schönes Thema hat – ich laufe jetzt nicht rum und sag, wenn ich
b108 jemanden frisch kennenlerne ‚hey, aber ich bin schwul‘, sondern, wenn die konkrete Frage kommt, dann schau ich, dass ich
b109 möglichst schnell reinen Tisch hab.
Sehr schön, ok, dabei macht’s auch wahrscheinlich keinen Unterschied, woher die Leute kommen, oder? Ob das jetzt Deutsche sind oder ob die russisch sprechen? Oder würdest du dich vor den Deutschen vielleicht schneller outen? Dir weniger Gedanken machen? Oder macht es für dich gar keinen Unterschied, wo die Leute herkommen?
b110 Es macht für mich keinen Unterschied, ne, überhaupt nicht, da ist das auch inzwischen so bei Freunden, dass ich mir denke
b111 ‚ja, mei, was ist die Freundschaft wert, also, was wäre eine neue Freundschaft wert, weil, bei alten Freunden – die
b112 wissen das. Also, wenn sie mit diesem Thema nicht umgehen können…deswegen hab ich da keine Angst, das Thema mal
b113anzusprechen.
Ja, das ist auf jeden Fall richtig! Gut, kleine Frage noch: Hattest du mal schlechte Reaktionen auf ein Outing?
b114 Irgendwie konnt‘ ich die Menschen gut genug einschätzen, um mich vor denen zu outen, bei denen es dann kein Problem war.
b115 Irgendwo hat sich mal ein Kontakt verlaufen, aber ich denke, es wäre falsch zu sagen, dass es jetzt daran liegt, sowas
b116 passiert halt auch – sowohl, wenn man hetero, als auch, wenn man schwul ist.
Gut, dann dank ich dir herzlich, das war’s schon!
Interview 3; 19 Jahre, Eltern russischer/kasachischer Herkunft, weiblich.
BearbeitenDann geht‘s los! Erst mal: Wie alt bist du jetzt?
c1 Ich bin 19 Jahre alt, aber ich werde ziemlich bald 20.
Wurdest du in Deutschland geboren?/ Wenn nicht, wie lange lebst du schon in Deutschland?
c2 Ich bin nicht in Deutschland geboren, aber meine Familie ist nach Deutschland gezogen, als ich noch keine 2 Jahre alt war,
c3 also bin ich in Deutschland aufgewachsen.
Ihr kommt aus Kasachstan, richtig?
c4 Genau. Das ist jedenfalls, wo die Familie meiner Mutter immernoch lebt und wo sie selbst aufgewachsen ist, damals also noch
c5 in der UdSSR. Ethnologisch gesehen sind wir aber Russen, und nicht Kasachen.
Und dein Vater?
c6 Die Eltern meines Vaters sind Russlanddeutsche, die kurz vor meiner Geburt nach Deutschland zurückgezogen sind, und meine
c7 Eltern sind ihnen hinterhergezogen.
Ah! Ok. Wie alt sind denn deine Eltern ungefähr (z.B. zwischen 40 und 50)?
c8 Meine Mutter wird bald 40, und mein Vater ist (glaube ich) 3 Jahre älter. Sie haben sich scheiden lassen, als ich noch ganz
c9 klein war, und ich habe ihn seitdem auch nicht gesehen, weil meine Mutter das alleinige Sorgerecht bekommen hat.
Achso, dann sprechen wir jetzt im weiteren Verlauf nur noch von deiner Mutter. Hat sie in Kasachstan eher ländlich oder in einer Stadt gewohnt?
c10 In einer mittelgroßen Stadt, etwa 300.000 Einwohner, ziemlich in der Stadtmitte.
Und wie ist das jetzt in Deutschland?
c11 Wir haben meine ganze Kindheit über in der gleichen Kleinstadt gelebt, mit etwa 15.000 Einwohnern. Sie wohnt dort
c12 immernoch.
Im Moment wohnt ihr nicht zusammen?
c13 Nein, ich bin für das Studium nach Augsburg gezogen.
Also, wenn du bei deiner Mutter zuhause bist, welche Sprache sprecht ihr da?
c14 Als meine Schwester und ich noch klein waren haben wir größtenteils russisch geredet, aber als wir beide in die Schule
c15 gekommen sind hat meine Mutter angefangen zu arbeiten, ihr Deutsch ist immer besser geworden und Russisch hat sich
c16 graduell aus dem Haushalt verabschiedet, außer wenn sie mit Verwandtschaft auf Skype telefoniert.
Ist euer Familienleben deiner Meinung nach eher russisch/kasachisch oder eher deutsch geprägt? Wie drückt sich das aus? Gibt es dazu bestimmte Rituale oder Werte?
c17 Also ich hatte immer das Gefühl, dass wir uns irgendwie in einem kulturellen Leerraum befinden. Wirklich russische Dinge
c18 haben wir nie gemacht, weil uns dafür einfach die Community gefehlt hat. Wir kannten ein, zwei andere russische Mütter und
c19 ihre Kinder aus dem Kindergarten und so, aber sobald sie gearbeitet hat meine Mutter sich eher mit ihren Kollegen
c20 angefreundet, die alle deutsch waren, und die Freundschaften mit den Kindern haben sich dann auch langsam aufgelöst als
c21 wir älter geworden sind. Aber so wirklich deutsche Sachen und deutsche Bräuche zu den Feiertagen sind dann auch irgendwie
c22 weggefallen, weil meine Mutter sie einfach nicht kannte. Das meiste von deutschem Brauchtum und Tradition haben wir in der
c23 Schule gelernt und mitgemacht, aber außerhalb davon .... nicht wirklich, glaub ich. Seit ich ausgezogen bin hat sich das
c24 ein bisschen gewandelt, weil sie dem Schützenverein beigetreten ist, einen neuen (deutschen) Lebensgefährten gefunden hat,
c25 und da hat sie eher Grund, auf traditionelle Feste zu gehen und sowas. Aber mich betrifft das ja nicht mehr, ich bin ja
c26 inzwischen selber erwachsen.
Mal unabhängig von deiner Sexualität: Hat deine Mutter mal mit dir über Sexualität gesprochen?
c27 Ich glaube nicht, nein.
Würdest du deine Sexualität eher als homo- oder bisexuell beschreiben?
c28 Bisexuell.
Seit wann ist dir das klar? Hast du viel darüber nachgedacht? Hat es dir Angst gemacht oder Probleme bereitet? In welchem Zeitraum war das?
c29 Also ich war relativ spät dran, das erste mal jemandem gegenüber geoutet hab ich mich erst auf der Uni, abseits von
c30 Familie und altem Freundeskreis aus der Schule, aber wenn ich so zurückdenke gab es wahrscheinlich schon erste Anzeichen
c31 als ich 15, 16 war. Aber ich hab das, glaube ich, nicht ganz realisiert. Angst gemacht hat es mir nicht wirklich, ich habe
c32 auf der Uni schnell relativ viele queere Freunde gefunden, und wenn man dieses Umfeld hat, in dem das normal ist, sieht
c33 man es weniger als Problem. Naja, weniger als Problem für sich selber, gesellschaftlich sieht das ja immer anders aus,
c34 aber ich hab jetzt nicht gedacht "Oh Gott, was ist mit mir los?!" oder sowas. Es schien mir eher wie ein Aha-Erlebnis. Und
c35 viel drüber nachdenken tu ich auch heute noch, weil ich eigentlich nicht gedacht hab, "Aha, ich bin bisexuell" sondern
c36 eher, ich bin nicht ganz hetero, und als ich den Gedanken erstmal hatte, hat das ein ganz neues Fass aufgemacht. Es gibt
c37 ja so viele verschiedene Orientierungen, und ich bin immer noch am ausprobieren, welches Label sich am richtigsten für
c38 mich anfühlt. Momentan ist das eben bisexuell, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das eventuell noch ändert.
Also, hab ich das richtig verstanden, wenn ich sage: auf dich persönlich und deinen Freundeskreis bezogen kommst du gut damit zurecht, aber gesamtgesellschaftlich ist noch nicht alles ausgefochten?
c39 Genau. Von meiner Familie weiß es zum Beispiel nur meine Schwester, und wenn es mal in Kursen zu Diskussionen in der
c40 Richtung kommt, halte ich mich schon meistens aus dem Gespräch raus, weil ich mich jetzt nicht unbedingt "aus Versehen"
c41 outen will. Bis jetzt hab ich mich auch größtenteils nur Leuten gegenüber geoutet, von denen ich schon wusste, dass sie
c42 auch queer sind, und wo ich sicher sein konnte, dass das gut geht.
D.h. es beeinträchtigt dich auch persönlich.
c43 Definitiv.
Wie hat denn deine Schwester reagiert, wenn ich fragen darf?
c44 Ach sie hat's ganz locker genommen, vielleicht ein bisschen überrascht, aber überhaupt nicht negativ. Aber das hatte ich
c45 auch so erwartet, ich hab mir da keine Sorgen darüber gemacht.
Das ist schön! Wenn du jetzt daran denkst, es deiner Mutter zu sagen, machst du dir bei ihr Sorgen?
c46 Wenn ich das nicht tun würde, hätte ich mich wohl schon geoutet. Vielleicht bin ich da ein bisschen paranoid, aber solange
c47 ich mir nicht sicher sein kann (oder wenigstens eine genauere Vermutung anstellen kann) wie sie reagieren würde und ich
c48 noch single bin und das nicht wirklich explizite Relevanz hat, warte ich lieber noch.
Hast du denn Anhaltspunkte, dass sie negativ reagieren könnte? Hat sie irgendwann mal etwas in die Richtung erwähnt oder eine bestimmte Grundhaltung, die dich verunsichert?
c49 Ja, sie macht schon mal unangenehme Kommentare, wenn was in Film und Fernsehen kommt, und das gleichgeschlechtliche
c50 Pärchen, das wir als Nachbarn hatten, war jetzt auch nicht unbedingt beliebt bei ihr. Also keine großen Hasstiraden oder
c51sowas, aber so eine negative Grundeinstellung kommt schon durch.
Glaubst du, das hat was mit ihrer Herkunft zu tun?
c52 Ich kann es mir vorstellen, aber ich weiß zu wenig über die Gesellschaft, in der sie aufgewachsen ist, um mir sicher zu
c53 sein. Ich weiß nur, dass unsere weitere Verwandtschaft doch für westeuropäische Verhältnisse ziemlich traditionell
c54 eingestellt ist, wo die Eltern immer Recht haben und die Tanten anfangen zu tuscheln, wenn man mit 23 noch nicht kurz vor
c55 der Ehe steht. Ich glaube nicht, dass meine Mutter diese Normen für mich und meine Schwester so streng geltend macht, aber
c56 eher deswegen weil wir hier in Deutschland sind und das halt in Deutschland anders gemacht wird, und nicht weil sie das
c57 eine oder das andere für besser hält. Ich glaube das hat eher was mit Anpassung zu tun, aber das ist auch wieder nur meine
c58 eigene Vermutung.
Noch eine kleine Ergänzung zu oben: siehst du dich selber denn als Deutsche oder steckt da noch die Russin/Kasachin in dir?
c59 Teils teils. Also ich sehe mich selber schon ziemlich als deutsch, in Russland/Kasachstan würde ich herausstechen wie
c60 jeder andere deutsche Touri auch, aber manchmal im Gespräch kommts schon mal vor, dass jemand sagt, "Das wird wohl deine
c61 russische Erziehung sein" und dann denk ich mir im Nachhinein, ja stimmt, wäre gut möglich. Also bin ich eigentlich nur
c62 Russin, wenn jemand darauf hinweist, dass ich anders denke/erzogen bin, als der Rest der Runde. Macht das Sinn?
Ja, schon. Kannst du ein Beispiel nennen, was an der russischen Erziehung anders ist?
c63 Naja, Hauptsächlich was Respekt für die Eltern und die Familie angeht, denk ich. Familie hat, soweit ich das einschätzen
c64 kann, einen ziemlich hohen Stellenwert, und wie schon gesagt, Gehorsam den Eltern gegenüber wird da vorausgesetzt. Ich
c65 halte mich schon bewusst davon zurück, Themen anzuschneiden bei denen ich weiß, dass ich anderer Meinung bin, als meine
c66 Mutter, weil ich mich dann entscheiden müsste, ob ich meinen Standpunkt jetzt verteidige, worauf ich eigentlich schon Wert
c67 lege, oder ob ich deutlich mache, dass ich doch anders geworden bin, als mich meine Mutter erzogen hat (oder wenigstens
c68 erziehen wollte), was ich eigentlich auch nicht unbedingt möchte, weil das nur zu Streit führt ohne dass es irgendwo
c69 hinführt.
c70 Wow, ich entschuldige mich für diesen Schachtelsatz, haha
Gar kein Problem, er ist sehr klar! Jetzt weiß ich auch was du meinst, das mit der Familie ist ein sehr interessanter Punkt! Dann noch zu den allerletzten Fragen: Gibt es auch Freunde, die selber hetero sind, vor denen du dich geoutet hast?
c71 Hmm, unser Freundeskreis hat sicherlich ein paar Heteros, aber dadurch, dass so viele von uns queer sind, hat sich
c72 eigentlich keiner selber hinstellen müssen, um sich zu outen, weil sich da die Norm von hetero zu queer verschoben hat.
c73 Die hetero Freunde haben sich das dann wohl selber aus den Gesprächen zusammengereimt, denk ich. Ich werd sie bei
c74 Gelegenheit mal fragen, das ist eine interessante Frage Ich hab mich noch drei Freundinnen aus der Schulzeit gegenüber
c75 geoutet, eine hat es so locker aufgenommen wie meine Schwester auch, eine war wirklich übermäßig überrascht und fand es
c76 vielleicht ein bisschen merkwürdig (sie kommt aus einem ziemlich kleinen Städtchen), aber hat jetzt nichts negatives
c77 gesagt, und eine hat viele viele Fragen gestellt und sich ein Jahr später mir gegenüber als bi geoutet.
Ich glaube, damit ist alles beantwortet! Ich habe dich ganz schön lange beansprucht und danke dir sehr für deine Geduld und deine Antworten!
Interview 4: 20 Jahre, Eltern russischer Herkunft, weiblich.
BearbeitenEs kommen jetzt ein paar kurze Fragen, die schnell zu beantworten sind. Bei den späteren würde ich mir wünschen, dass du vllt etwas weiter ausholst und ein bisschen dazu erzählst. Bereit?
d1 ja
Erst mal: Wie alt bist du jetzt?
d2 20
Wurdest du in Deutschland geboren?/ Wenn nicht, wie lange lebst du schon in Deutschland?
d3 wurde in sankt petersburg geboren und lebe seit 1999 hier
Dann sind deine Eltern auch seit 1999 hier?
d4 ja genau
Wie alt sind sie ungefähr? (Z.B. zwischen 40 und 50)
d5 vierzig
Habt ihr da direkt in Sankt Petersburg gewohnt?
d6 ja
Und lebt ihr jetzt in Deutschland auch in der Stadt oder eher ländlich?
d7 in der stadt
Wenn ihr zuhause in der Familie seid - welche Sprache sprecht ihr da?
d8 russisch
Ist euer Familienleben deiner Meinung nach eher russisch oder eher deutsch geprägt? Wie drückt sich das aus? Gibt es dazu bestimmte Rituale oder Werte?
d9 russisch. wir essen russisch, wir feiern russische feiertage. aber wir sind auch jüdisch, dass ist nochmal was anderes
Würdest du dich selber dann auch eher als Russin bezeichnet oder fühlst du dich auch deutsch?
d10 Ich weiß das ich Russin bin, aber ich fühle mich eher deutsch
d11das ist schwer zu beschreiben, also in Deutschland bin ich immer Russin, und dort wäre ich aber Deutsche
Das versteh ich ein bisschen, ich hab mal in Frankreich gewohnt. Was unterscheidet dich denn von anderen Russen? Und was von den Deutschen?
d12Ich unterscheide mich von anderen Russen, indem mein Freundeskreis kaum aus Russen besteht, und außerhalb der Familie rede
d13 ich kein russisch. Außerdem sind meine Wertvorstellungen und Ansichten über Beziehungen anders als bei vielen Russen. Also
d14 von Deutschen unterscheide ich mich eben durch die Kultur und auch durch Werte, hauptsächlich was Familie usw. betrifft
Das ist sehr interessant! Kannst du da konkrete Beispiele nennen? Vor allem zu Vorstellungen und Werten.
d15 Viele Russische Frauen haben als Traumvorstellung, einen Mann, Kinder und Haus, sie wollen nicht arbeiten und lassen sich
d16 eher vom Mann dominieren, das ist eben bei Russen "normal". so sehe ich das eben nicht. und das wäre auch kein Lebensstil
d17 für mich
d18 und bei Deutschen ist es so, dass sie meiner Meinung nach oft nicht den stärksten Familienzusammenhalt haben und das viele
d19 wenig Respekt und Achtung gegenüber Ihren Eltern/großeltern haben. sowas gibt es bei Russen eher nicht.
Sehr gut, danke! Jetzt mal unabhängig davon, ob deine Eltern wissen, ob du lesbisch oder bi bist: Haben sie mal mit dir über Sexualität gesprochen?
d20 Ja haben sie
d21 das Thema wurde offen beredet
d22 Also Sexualität an sich zumindest
Oh, da bist du die erste! Ging es da auch schon um Homosexualität?
d23 Ja ging es, aber nicht direkt . wir haben über freunde geredet welche Homosexuell sind
Und wie waren deine Eltern zu dem Thema eingestellt?
d24 Meine Mutter findet es schrecklich und kann es nicht nachvollziehen"
Hat sie das begründet?
d25 Ja, es ist gegen die Natur ist die begründung. und es passt auch optisch nicht und Liebe ist dafür da um Kinder zu machen d26 (haha)
Hm, naja...und dein Vater?
d27 Meine Eltern sind geschieden und ich habe keinen Kontakt zu ihm
Achso, tut mir leid! Dann geht es jetzt nur noch um deine Mutter. Glaubst du, sie ist aus religiösen Gründen dagegen oder ist das ihre Erziehung oder die vorherrschende Meinung in Russland?
d28 wegen der vorherrschenden Meinung in Russland auf jeden Fall.
d29 so ist sie eben aufgewachsen
Ok. Dann geht es jetzt erst mal wieder um dich. Würdest du dich als lesbisch oder als bi bezeichnen? Oder was ganz anderes?
d30 Ja schwierig zu sagen, seit ich mich in das erste Mädchen verliebt habe, gab es nur Frauen aber wer weiß dass schon zu
d31 hundert Prozent. also sagen wir bi :)+
Alles klar! - Seit wann ist dir das klar? Hast du viel darüber nachgedacht? Hat es dir Angst gemacht oder Probleme bereitet? In welchem Zeitraum war das?
d32 Seit ungefähr drei Jahren. ich habe ständig darüber nachgedacht und es hat mich wirklich verwirrt. Ich hatte davor drei
d33 Jahre lang einen Freund und aufeinmal hat alles sich verändert. ich war wirklich überfordert und wusste zunächst garnicht
d34 wie ich damit umgehen soll
d35 ich denke diese Verwirrtheit ging ungefähr ein halbes Jahr
Und dann war es ok?
d36 nein, dann habe ich es einfach hingenommen aber es war trotzdem etwas komisch, da es eben neu war und da ich aufeinmal in
d37 ganz anderen Kreisen war
Das heißt, das größte Problem war für dich eher auf deine eigene Identität bezogen? Hast du dir auch Sorgen gemacht, dass die Leute blöd reagieren könnten?
d38 Ich hatte Sorgen das meine Freunde komisch reagieren, aber als ich es ihnen sagte war es für sie selbstverständlich und
d39 ich war sehr glücklich darüber. Und bei anderen Leuten ist es mir nicht wichtig was sie von mir halten
Wenn es ok ist, würde ich auf diese Sache gerne noch genauer eingehen. Wie kam es denn, dass dir das klar wurde, obwohl du einen Freund hattest?
d40Wir haben uns getrennt weil es nicht gepasst hat, kurz darauf habe ich eine Freundin aus der Realschule wiedergetroffen die
d41 lesbisch ist, aufjedenfall haben wir viel Zeit miteinander verbracht und ich merkte schnell dass sich Gefühle
d42 entwickelten. Und diese Gefühle waren wirklich sehr intensiv
Ah, und dann hast du dich damit auseinandergesetzt. Hast du dann auch lange darüber nachgedacht, bevor du dich vor deinen Freunden geoutet hast?
d43 Nein, ich wollte ihnen gegenüber ehrlich sein und habe es gleich erzählt als sich Gefühle entwickelten. Sie waren nicht
d44mal verwundert und rieten mir auf diese Gefühle einzugehen
Das heißt, du hast einfach, ohne lange zu Zögern, das Risiko auf dich genommen?
d45 ja d46 ich dachte mir, die lieben mich sowieso, also müssen sie es akzeptieren
Das find ich cool! Weiß deine Mutter auch davon?
d47 nein
d48 also
d49 ich denke sie ahnt es aber sie will es nicht wahrhaben
Und du hast erst mal nicht vor, sie darauf anzusprechen?
d50 Nein habe ich nicht vor, ich weiß wie sie reagiert und ich weiß dass es nichts bringt mit ihr zu reden
Wie würde sie reagieren?
d51 Sie würde mich anschreien und mich rauswerfen
Das ist schon heftig. Wie kommst du jetzt damit klar? Habt ihr so eine Art stillschweigende Übereinkunft, dass alles gut ist, solange du nichts sagst? Oder lässt sie manchmal Kommentare in die Richtung?
d52 Also letztens habe ich eine Rose von einem Mädchen bekommen und sie meinte: "Mia (Name geändert) sag mal, es ist doch
d53 seltsam wenn dir eine Frau eine Rose schenkt".
d54 aber im Grunde ist es wirklich eine stillschweigende Übereinkunft
Hast du trotzdem vor, es ihr irgendwann in der Zukunft offen zu sagen?
d55 Nein habe ich nicht. Ich werde es einfach laufen lassen und irgendwann checkt sie es
Gut. Und wie machst du das mit dem Rest der Gesellschaft? Bist du da offen oder geht es niemanden was an?
d56 Ich bin offen. Ich versteck mich eigentlich nie
War das immer so?
d57 Ja von anfang an
Das freut mich wirklich! Damit sind wir auch fast durch. Letzte Frage: Würdest du sagen, das dieses Thema dich persönlich in irgendeiner Weise einschränkt (mal abgesehen von deiner Mutter), z.B. weil man immer Angst haben muss, dass die Leute schlecht reagieren?
d58 Ja, ich finde vorallem in der Arbeit ist es für mich schwierig damit gut umzugehen da man nie weiß ob die anderen einen
d59 nun ausschließen oder ähnliches
Dann machst du dir da schon manchmal Gedanken darüber, ob du dich nun outest oder nicht?
d60 Naja ich meine heteros laufen auch ned rum und sagen sie sind hetero, ich verstecke es nicht aber ich posaune es nicht
d61überall rum
d62ich arbeite in einem Heim für Jungs von 14-18. da wäre es eher unangebracht das rumzuerzählen, da ich finde dass mein
d63privat Leben da eher weniger verloren hat
Ja, das stimmt beides! Ich danke dir sehr für deine Offenheit! Ich fand dieses Interview sehr spannend und beeindruckend
d64Ich fands auch super :))
Auswertung der Leitfadeninterviews
BearbeitenDie vier Leitfadeninterviews wurden mit zwei männlichen (I1, I2), sowie zwei weiblichen (I3, I4) Teilnehmern geführt. I1 und I2 wurden mündlich mit Tonaufnahmen, I3 und I4 im Chat auf einer sozialen Plattform geführt. Folgende Kategorien sollen zur Auswertung der Ergebnisse dienen:
- Eckdaten der Personen, darunter Zeit in Deutschland, Alter der Eltern, aktuelle Wohnsituation, Herkunftsland (der Eltern).
- Kulturelles, darunter Merkmale der Kulturen im Haushalt und Selbstreflexion auf die Herkunftskultur.
- Sexualität, darunter Selbstreflexion auf die Sexualität, Reflexion zum Coming Out, Gespräch über Sexualität in der Familie, Coming Out in der Familie, Reaktion innerhalb der Familie, Abhängigkeit der Reaktion von der Herkunft, Coming Out außerhalb der Familie, Reaktion vonseiten der Gesellschaft, Abhängigkeit der Reaktion von der Herkunft, Selbstbewusstsein gegenüber der Gesellschaft.
Eckdaten | I1 männlich, 17 Jahre | I2 männlich, 25 Jahre | I3 weiblich, 19 Jahre | I4 weiblich, 20 Jahre |
---|---|---|---|---|
Leben in Deutschland | Seit der Geburt | ab sechseinhalb Jahre | Ab knapp zwei Jahre | Ab ca. sechs Jahre |
Alter der Eltern | ca. 50 Jahre | Mutter 50 Jahre | ca.40 Jahre | ca. 40 Jahre |
Herkunft | Russland | Ukraine | Kasachstan (ethnologisch Russen) | Russland |
Wohnlage im Herkunftsland | Mutter ländlich Vater städtisch | städtisch | städtisch | städtisch |
Kulturelles | ||||
Merkmale der Kulturen im Haushalt | Russisch als Familiensprache;Russisches Essen;Russisches Fernsehen beim Vater | Russisch als Familiensprache;„Also, deutsch gar nicht. Ob eher russisch, jüdisch oder ukrainisch kann ich auch nicht beurteilen[…]“ (b11) | Russische Sprache wurde im Lauf der Zeit von Deutsch abgelöst;
„Also ich hatte immer das Gefühl, dass wir uns irgendwie in einem kulturellen Leerraum befinden. Wirklich russische Dinge haben wir nie gemacht, weil uns dafür einfach die Community gefehlt hat. […]Aber so wirklich deutsche Sachen und deutsche Bräuche zu den Feiertagen sind dann auch irgendwie weggefallen, weil meine Mutter sie einfach nicht kannte.“ (c17ff.) Typisch an der russischen Erziehung ist der eingeforderte Respekt gegenüber den Eltern und der hohe Stellenwert der Familie. |
Russisch als Familiensprache;Familienleben durch russisches Essen und Feiertage insgesamt als eher russisch geprägt empfunden. |
Selbstreflexion auf die Herkunftskultur | - | „Sofern ich Russen kennengelernt habe, seh‘ ich mich da jetzt auch nicht als sehr ähnlich“ (b13) „Ich bin ein Weltmensch (grinst). Keine Ahnung, ich bin, was ich bin und die anderen sollen das dann beurteilen" (b22) | „Also ich sehe mich selber schon ziemlich als deutsch, in Russland/Kasachstan würde ich herausstechen wie jeder andere deutsche Touri auch[…]Also bin ich eigentlich nur Russin, wenn jemand darauf hinweist, dass ich anders denke/erzogen bin, als der Rest der Runde.“ (c59ff.) | „Ich weiß das ich Russin bin, aber ich fühle mich eher deutsch
das ist schwer zu beschreiben, also in Deutschland bin ich immer Russin, und dort wäre ich aber Deutsche“ (d10f.); „Ich unterscheide mich von anderen Russen, indem mein Freundeskreis kaum aus Russen besteht, und außerhalb der Familie rede ich kein russisch. Außerdem sind meine Wertvorstellungen und Ansichten über Beziehungen anders als bei vielen Russen. Also von Deutschen unterscheide ich mich eben durch die Kultur und auch durch Werte, hauptsächlich was Familie usw. betrifft“ (d12ff.) |
Sexualität | ||||
Selbstreflexion auf die Sexualität | Bewusstwerden zwischen 12 und 13 Jahre;Vollständige Akzeptanz innerhalb eines Jahres | „Also, am Anfang war ich wohl wie einer von vielen erst mal nur bi, da hab ich mich selbst quasi verarscht.“ (b32) „Mit 16, 15 fing das an. Ich war vorher noch geduldig und dachte erst mal nicht, dass ich schwul sein könnte, ich dacht mir eher, ok, irgendwann kommt bestimmt noch, dass ich dann auf Mädels stehe.“ (b37f.) „Ja, klar, also bevor man irgendwelche Schwulen kennenlernt, ist ja erst mal das Klischee, dem man in seinem Kopf begegnet, also einem Thema. Und, ja, so wollte ich nicht wirklich sein[…]“ (b40f.) | Erste Anzeichen mit 15/16 Jahren, aber noch nicht ganz realisiert;„Angst gemacht hat es mir nicht wirklich, ich habe auf der Uni schnell relativ viele queere Freunde gefunden, und wenn man dieses Umfeld hat, in dem das normal ist, sieht man es weniger als Problem.[…] Es schien mir eher wie ein Aha-Erlebnis. Und viel drüber nachdenken tu ich auch heute noch, weil ich eigentlich nicht gedacht hab, "Aha, ich bin bisexuell" sondern eher, ich bin nicht ganz hetero, und als ich den Gedanken erstmal hatte, hat das ein ganz neues Fass aufgemacht. Es gibt ja so viele verschiedene Orientierungen, und ich bin immer noch am ausprobieren, welches Label sich am richtigsten für mich anfühlt. Momentan ist das eben bisexuell, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das eventuell noch ändert.“ (c31ff.) | Bezeichnet sich als bi.Seit ungefähr drei Jahren ist es klar: „ich habe ständig darüber nachgedacht und es hat mich wirklich verwirrt. Ich hatte davor drei Jahre lang einen Freund und aufeinmal hat alles sich verändert. ich war wirklich überfordert und wusste zunächst garnicht wie ich damit umgehen soll/ich denke diese Verwirrtheit ging ungefähr ein halbes Jahr“ (d32ff.)
„dann habe ich es einfach hingenommen aber es war trotzdem etwas komisch“ (d36) |
Reflexion zum Coming Out | Nervosität vor der Mutter, trotz der Überzeugung, dass sie tolerant ist;Unsicherheit über Reaktion des Vaters | Äußeres Coming Out erst mit der festen Beziehung mit 19 oder 20.„[…]ich brauchte einen Kontext
[…]“ (b49f.) Vor der Mutter Nervosität und Angst vor Gegenwehr, aber grundsätzlich Vertrauen, dass es nicht „sehr, sehr schlimm“ (b74) werden sollte. |
Kein Outing vor der Mutter, solange Unsicherheit über deren Reaktion besteht, bzw. keine konkrete Veranlassung durch eine Beziehung besteht;Zur Einstellung der Mutter: „Also keine großen Hasstiraden oder sowas, aber so eine negative Grundeinstellung kommt schon durch.“ (c50f.) | Zur Mutter:„ich denke sie ahnt es aber sie will es nicht wahrhaben“ (d49)
„Nein habe ich nicht vor, ich weiß wie sie reagiert und ich weiß dass es nichts bringt mit ihr zu reden“ (d50) „Sie würde mich anschreien und mich rauswerfen“ (d51) |
Gespräch über Sexualität in der Familie | nein | nein | nein | Sexualität an sich wurde offen besprochen; Homosexualität nur indirekt im Gespräch über andere |
Coming Out in der Familie | Vater:Nein Mutter: Ja Geschwister: - |
Vater: - Mutter: ja Geschwister: nein |
Vater: - Mutter: nein Geschwister: ja |
Vater: - Mutter: nein Geschwister: - |
Reaktion | Mutter gelassen | Outing nicht recht ernst genommen: als Phase des Ausprobierens verstanden „ich denke auch, dass sie das Ganze verdrängt“ (b99) | Schwester gelassen | - |
Abhängigkeit der Reaktion von der Herkunft | Vermutung beim Vater: „typisch russische Einstellung, dass man glaubt, dass Homosexualität durch etwas erzeugt wird, dass man nicht so geboren wird […] er ist halt ein Opfer russischer Staatsmedien.“ (a29f.);
Mutter dagegen tolerant. |
- | Vermutung bei der Mutter:„Ich kann es mir vorstellen, aber ich weiß zu wenig über die Gesellschaft, in der sie aufgewachsen ist, um mir sicher zu sein. Ich weiß nur, dass unsere weitere Verwandtschaft doch für westeuropäische Verhältnisse ziemlich traditionell eingestellt ist.“ (c52ff.) | Mutter findet Homosexualität „schrecklich“ (d24) und „gegen die Natur“ (d25) „wegen der vorherrschenden Meinung in Russland auf jeden Fall. so ist sie eben aufgewachsen“ (d28f.) |
Coming Out außerhalb der Familie | „Ich bin überall geoutet“ (a42) | „Irgendwie konnt‘ ich die Menschen gut genug einschätzen, um mich vor denen zu outen, bei denen es dann kein Problem war.“ (b114) | Hauptsächlich im queeren Umfeld;Zurückhaltung bei Diskussionen zum Thema in anderen Kreisen | Hauptsächlich bei Freunden und grundsätzlich offen, „aber ich posaune es nicht überall rum“ (d61f.) „in der Arbeit ist es für mich schwierig damit gut umzugehen da man nie weiß ob die anderen einen nun ausschließen oder ähnliches“ (d59f.) |
Reaktionen vonseiten der Gesellschaft | „hier kommen die Menschen relativ gut zurecht, es gibt hin und wieder die paar Aussetzer[…] aber es sind auch ganz, ganz wenige.“ (a45f.) | - | Fast nur Outings in Kreisen, in denen es eher normal ist, nicht hetero zu sein;„eine war wirklich übermäßig überrascht[…], aber hat jetzt nichts negatives gesagt[…]“ (c75ff.) | - |
Abhängigkeit der Reaktion von der Herkunft | unabhängig | „Es macht für mich keinen Unterschied, ne, überhaupt nicht“ (b110) | - | - |
Selbstbewusstsein gegenüber der Gesellschaft | „Ich bin überall geoutet“ (a42);„Beziehungsweise ich muss mich nicht mehr outen. Vielleicht in Zukunft mal, aber das hau ich dann lieber gleich auf den Tisch.“ (a48f.) | „ich laufe jetzt nicht rum und sag, wenn ich jemanden frisch kennenlerne ‚hey, aber ich bin schwul‘, sondern, wenn die konkrete Frage kommt, dann schau ich, dass ich möglichst schnell reinen Tisch hab.“ (b107ff.) | Zurückhaltung, um sich nicht versehentlich zu outen; Fühlt sich dadurch persönlich eingeschränkt | Anfänglich Sorge um die Reaktion der Freunde;„Und bei anderen Leuten ist es mir nicht wichtig was sie von mir halten“ (d39) „Ich bin offen, ich versteck mich eigentlich nie“ (d57) |
Eckdaten
BearbeitenIn der Kategorie Eckdaten fällt auf, dass beinahe alle Elternteile der Probanden aus mittelgroßen bis großen Städten stammen, sodass aus dieser Perspektive keine Rückschlüsse auf den Einfluss der Wohnlage auf die Einstellung zur Homo- oder Bisexualität gezogen werden können. Auch das Alter der Eltern (bei I1 und I2 ca. 50 Jahre; bei I3 und I4 ca. 40 Jahre) scheint keinerlei Auswirkungen auf deren Ansichten zu haben.
Kulturelles
BearbeitenIn drei von vier Familien der Interviewpartner wird zuhause ausschließlich russisch gesprochen, aber lediglich I4 bezeichnet das Familienleben als tatsächlich russisch geprägt. Typisch russische Speisen werden von I1 und I4 erwähnt, die drei Interviewpartner, die nicht in Deutschland geboren wurden, stimmen überein, sich weder als ausschließlich russisch/ukrainisch/kasachisch noch ausschließlich als deutsch zu betrachten. Alle drei verweisen auf die Einschätzung ihrer Persönlichkeit durch das deutsche bzw. russische Umfeld, was auf das Bewusstsein über variierende Persönlichkeitsmerkmale in unterschiedlichen sozialen Gruppen, sowie auf das Bewusstsein der abweichenden Einschätzung der Persönlichkeit durch andere zurückzuführen ist. (Siehe hierzu Absatz „Selbstreflexion in der Adoleszenz“). I2, dessen Herkunft mehrere verschiedene kulturelle Rahmen umfasst (russisch, ukrainisch, jüdisch) sagt hierzu: „ […]ich bin, was ich bin und die andern sollen das dann beurteilen.“ (b22) I3 schreibt: „In Russland/Kasachstan würde ich herausstechen wie jeder andere deutsche Touri auch[…]“ (c59f.) und bezogen auf Deutschland: „Also, bin ich eigentlich nur Russin, wenn jemand darauf hinweist, dass ich anders denke/erzogen bin, als der Rest der Runde.“ (c61f.) I4schreibt: „Ich weiß das ich Russin bin, aber ich fühle mich eher deutsch/ das ist schwer zu beschreiben, also in Deutschland bin ich immer Russin, und dort wäre ich aber Deutsche“ (d10f.). Zu den vermittelten Werten, die als typisch russisch angesehen werden, nennen I3 und I4 den hohen Stellenwert der Familie: Typisch an der russischen Erziehung ist der eingeforderte Respekt gegenüber den Eltern und der hohe Stellenwert der Familie. (I3, c63f.) I4 präzisiert im Interview: „bei Deutschen ist es so, dass sie meiner Meinung nach oft nicht den stärksten Familienzusammenhalt haben und das viele wenig Respekt und Achtung gegenüber Ihren Eltern/großeltern haben. sowas gibt es bei Russen eher nicht.“ (d18f.) Diese Beobachtung spiegelt die Erkenntnisse aus Geert Hofstedes bekannten Kulturdimensionen wider, nach denen Russland in der Kategorie „Individualism“ mit nur 39 Punkten als eher kollektivistisch geprägt beschrieben wird, d.h. dem Gruppen-Ich wird mehr Bedeutung beigemessen, als den persönlichen Bedürfnissen (hierzu siehe Gruppenidentität und Selbstreflexion). Zum Vergleich: Deutschland ist mit 67 Punkten weit Individualistischer geprägt (vgl. geert-hofstede.com, aufgerufen am 13. 01.15).
Sexualität
BearbeitenDas Sich-Bewusstmachen der Homo- oder Bisexualität hat bei den Probanden auf sehr unterschiedliche Weise stattgefunden: I1 spricht von einer Phase des inneren Coming Outs im Alter von 12-13 Jahren, was im Vergleich zu I2, I3 und I4 sehr früh ist. Er erklärt außerdem, dass der Prozess innerhalb dieses Jahres abgeschlossen wurde und zu vollständiger Akzeptanz der eigenen Sexualität geführt hat. I2 und I3 sprechen von „ersten Anzeichen“ (I3, c30) im Alter von 15-16 Jahren und erinnern sich dabei an die anfängliche Unsicherheit. I2 beschreibt, dass er Homosexualität zunächst nicht als mögliche Lebensweise für sich in Betracht ziehen konnte, da seine Vorstellung davon noch klischeebehaftet war und sich nicht mit seinem Selbstkonzept in Verbindung bringen ließ. I3 formuliert, sie habe es „noch nicht ganz realisiert“ (I3, c31) Einig sind sich beide darüber, dass ein Coming Out vor der Mutter (beide leben heute ohne Vater) einen konkreten Anlass in Form einer festen Beziehung erfordert. Ein äußerliches Coming Out im Rahmen der Familie wird also in der von Jacob & Körner (2014) definierten „Coming-Out-Phase“ noch vermieden und in die „Integrationsphase“ (Jacob & Körner: 218) verschoben. (Siehe hierzu Coming Out unter „Identität“). Der Grund hierfür ist die Annahme, dass die Mutter zur Homo- oder Bisexualität ihres Kindes abwertend reagiert. I2, der die Integrationsphase erreicht und sich der Mutter daraufhin offenbart hat, wurde zunächst in seinem Anliegen nicht vollständig ernst genommen, indem die Mutter lediglich von einem „quasi homosexuellen Verhalten“ wie Fiedler (2014) es beschreibt ausging (siehe Entwicklung der Geschlechtsidentität), das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn hat sich aber nicht zum Negativen verändert. I3 hat die Integrationsphase noch nicht erreicht. Für I4 hat mit ca. 17 Jahren eine intensive Reflexion über die sexuelle Identität begonnen, nachdem sie zuvor drei Jahre lang in einer heterosexuellen Beziehung gelebt hat. Sie bezeichnet diese Zeit als Phase der „Verwirrtheit“ (I4). Aufgrund der Offenheit gegenüber der außerfamiliären Gesellschaft und fester Partnerschaften ist davon auszugehen, dass die Integrationsphase erreicht wurde, allerdings hat auch hier kein Coming Out vor der Mutter stattgefunden, weil Sicherheit über deren abwertende Haltung besteht. Die Mutter hat in diesem Fall verlauten lassen, dass sie Homosexualität als „schrecklich“ (I4, d24) und „gegen die Natur“(I4, d25) betrachtet und die Tochter fürchtet: „Sie würde mich anschreien und mich rauswerfen“. (d51) Bezogen auf die gesamte Gesellschaft verhalten sich I1, I2 und I4 ähnlich: Alle beschreiben sich als offen und schrecken nicht davor zurück auf konkrete Fragen zu sich zu stehen. I1 und I2 sprechen von dem Wunsch, schnell reinen Tisch zu machen. I4 beschreibt: „Ich bin offen, ich versteck mich eigentlich nie.“ (I4,d57), räumt aber ein, dass bestimmte Umfelder – in ihrem Fall der Arbeitsplatz – den Umgang mit dem Thema erschweren. I3 geht mit ihrer Sexualität eher zurückhaltend um und wählt Gruppen, die für ein Coming Out geeignet sind, sorgfältig aus. Sie bestätigt, dass sie sich gesamtgesellschaftlich gesehen beeinträchtigt fühlt und sieht sich manchmal daran gehindert, an Diskursen teilzunehmen, um sich nicht „aus Versehen“ zu outen. Insgesamt scheinen die Möglichkeiten, offen mit Homo- und Bisexualität umzugehen also einerseits vom Fortschreiten der Coming Out-Phasen, von der Persönlichkeit und andererseits von der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen abzuhängen. Die Offenheit gegenüber der Gesellschaft scheint hingegen relativ unabhängig von der Offenheit gegenüber dem Elternhaus zu sein. Bezogen auf gleichaltrige peers scheint keine Abhängigkeit zwischen der Akzeptanz von nicht-heteronormativem Verhalten und der Herkunft zu bestehen. I1 bestätigt diese Unabhängigkeit, I2 formuliert: „ Es macht für mich keinen Unterschied, ne, überhaupt nicht“ (b110). Anders im Elternhaus: I1 formuliert bezogen auf seinen Vater, er habe diese „typisch russische Einstellung, dass man glaubt, dass Homosexualität durch etwas erzeugt wird, dass man nicht so geboren wird […] er ist halt ein Opfer russischer Staatsmedien.“ (a29f.) I4 bestätigt, dass die Ablehnung ihrer Mutter gegenüber Homosexuellen in der „vorherrschenden Meinung in Russland“ (d 28) begründet liegt. I3 stellt ebenfalls die Vermutung an, dass die traditionelle Gesellschaft im Herkunftsland Kasachstan Einfluss auf die Einstellung der Mutter nimmt, räumt aber ein, dass ihr diese Gesellschaft nicht vertraut genug ist, um sicher zu sein.
Fazit
BearbeitenMeine Interviewpartner traten insgesamt sehr selbstbewusst auf und sprachen offen über ihre Sexualität und ihre kulturelle Herkunft. Dabei hat sich gezeigt, dass die meisten unter ihnen, nämlich diejenigen, die erst im Kindesalter nach Deutschland gezogen sind, sich selbst nicht eindeutig einer Nation zuordnen möchten, sondern sich darüber bewusst sind, dass ihre kulturelle Identität sich mit verschiedenen sozialen Gruppierungen wandelt: die Probanden gingen stets davon aus, dass die Gruppenidentität ihres Umfelds die eigene Identität mitbestimmt. So würde erst das deutsche Umfeld auf die russische/ukrainische/kasachische Herkunft aufmerksam machen und umgekehrt. In Bezug auf das Coming Out gaben wiederum drei von vier Personen an, zunächst eine Phase starker Unsicherheit durchlaufen zu haben. Dies geschah meist im fortgeschrittenen Jugendalter zwischen 15 und 17 Jahren. Schwierigkeiten beim Offenbaren dieser Erkenntnis traten meist nur in rational begründeten Situationen wie absoluter Ungewissheit oder Gewissheit über bevorstehende Ablehnung und gegenüber bestimmten Personen auf. Ist dies der Fall, wird der Zustand auf unbegrenzte Zeit belassen wie er ist. Bestand tiefes Vertrauen zwischen den Personen, v.a. bei Familienmitgliedern und Freunden, hatten die Probanden das Bedürfnis, sich diesen zu öffnen. Bestand Unsicherheit über die Reaktion, war es den Probanden wichtig, das Outing erst mit Erreichen eines konkreten Kontexts, in diesem Fall mit dem Hintergrund einer festen Beziehung, zu vollziehen, der gleichsam als Schutz und als Untermauerung für den Ernst der Aussage stehen sollte. Hier war die größte Sorge, mit dem Offenlegen eines für die Eltern möglicherweise befremdlichen Selbstkonzepts nicht ernst genommen zu werden. In Bezug auf die Gesellschaft außerhalb privater Beziehungen gaben drei von vier Interviewpartnern an, sich offen und selbstbewusst zu verhalten, sodass sie – spätestens auf die konkrete Frage hin- zu sich stehen und ihre Orientierung nicht verbergen würden. Hierbei ist anzunehmen, dass das Durchlaufen der oben beschriebenen Coming Out-Phasen eine zentrale Rolle spielt. Diejenigen Personen, die die Integrationsphase erreicht hatten, gaben nun an, sich keine Sorgen über eventuelle Ablehnung vonseiten der Gesellschaft zu machen. Sie haben ihre sexuelle Orientierung so fest in ein ganzheitliches Selbstkonzept integriert, dass zumindest vereinzelte negative Einflüsse von außen kaum Schaden daran hinterlassen können, wenngleich ihnen auch bewusst ist, dass die Notwendigkeit des Abwägens möglicher Reaktionen sich nie ganz verflüchtigen wird. Wo diese letzte Phase noch nicht erreicht wurde, bestehen weiterhin Unsicherheiten in Bezug auf das öffentliche Umfeld, wobei das Thema Sexualität sogar bedacht vermieden wird. Allen gemeinsam ist, dass sie sich äußerst reflektiert zeigen und von Beginn ihres Coming Outs an zum ständigen Abwägen über die Verhältnismäßigkeit von Offenheit und möglicher Reaktion genötigt waren. Aus diesem Grund war und ist es gerade für homo- und bisexuelle Jugendliche von Bedeutung, welcher peergroup sie sich anschließen. Dieser Umstand, zusammen mit dem Bewusstsein über die Verschiedenartigkeit sozialer Gruppen aufgrund der Reflexion über die Zugehörigkeit zu Herkunfts- und/oder aufnehmender Gesellschaft, könnte der wichtigste Faktor auf dem Weg zu einer konstruierten Identität sein, wie ich sie oben erläutert habe.
Aus all diesen Erkenntnissen lässt sich also die Schlussfolgerung ziehen, dass die Hypothese in der eingangs aufgestellten Form nicht bestätigt werden kann. Die Leitfadeninterviews haben gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen der Sozialisation der Eltern in ihren jeweiligen Herkunftskulturen und ihrer aktuellen Einschätzung von Homo- und Bisexualität hergestellt werden kann und dass dies für die Jugendlichen eine Hürde ist, doch unter den zahlreichen Komponenten, die zur Entwicklung der Identität im Jugendalter beitragen, sticht vor allem die der Identitätskonstruktion hervor, in deren Sinne jene Hürde gerade in ihrer Überwindung zu einem zufriedenstellenden Ergebnis in Form eines außergewöhnlich gefestigten Selbstkonzepts führen kann. Die slawische Herkunft selbst kann, da das Wissen über sie früher in Erscheinung tritt als das Coming Out, hierfür eine Hilfestellung bieten, indem sie das Bewusstsein für Gruppenidentitäten schärft und die jungen Menschen so lehrt, über die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppierungen selbst zu bestimmen.
Bibliographie
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