Es sei die Menge der natürlichen Zahlen und
die
Produktmenge
mit der komponentenweisen Addition. Wir erklären auf eine
Relation
durch
-
Es wird hier also über Kreuz addiert, um diese Relation zu erhalten. Diese Relation ist bei
genau dann erfüllt, wenn es ein
(nämlich die natürliche Zahl )
mit
-
gibt und bei
genau dann erfüllt, wenn es ein
(nämlich
)
mit
-
gibt. So oder so kann man sagen, dass die Paare
und
zueinander äquivalent sind, wenn sie sich um ein Diagonalelement, also um ein Paar, wo beide Komponenten übereinstimmen, unterscheiden. Diese Relation ist eine Äquivalenzrelation auf . Das ist von der soeben etablierten Interpretation als „gleichdiagonalig“ her klar, kann aber auch direkt gezeigt werden:
- Wegen
ist
,
die Relation ist also reflexiv.
- Die Symmetrie folgt daraus, dass aus
sofort
folgt.
- Zum Nachweis der Transitivität sei
und ,
also
und
.
Dann ist
-
Aufgrund
der Abziehregel
ist dann
-
und dies bedeutet
.
Passende Interpretationen für die Paare mit dieser Äquivalenzrelation sind beispielsweise:
- Das Paar repräsentiert das Ergebnis eines Fußballspieles, wobei die Toranzahl der Heimmannschaft und die Toranzahl der Gastmannschaft repräsentiert. Zwei Spiele gelten dann als äquivalent, wenn die „gerichtete Differenz“ gleich ist. Ein wird als äquivalent zu einem betrachtet, wenn beide Mannschaften ein weiteres Tor schießen, ändert sich zwar das Paar, aber nicht die Äquivalenzklasse. Die Äquivalenzklassen kann man charakterisieren als Unentschieden, mit einem Tor Vorsprung gewonnen, mit zwei Toren Vorsprung gewonnen, mit drei Toren Vorsprung gewonnen, ... , mit einem Tor Unterschied verloren, mit zwei Toren Unterschied verloren, mit drei Toren Unterschied verloren, ....
- Das Paar repräsentiert das Alter eines menschlichen Paares, wobei für das Alter der Frau und für das Alter des Mannes steht. Die Äquivalenzklasse ist durch den gerichteten Altersunterschied (also den Altersunterschied mit der zusätzlichen Information, wer älter ist)
festgelegt. Diese Beziehung ändert sich im Laufe des Lebens nicht, da beide gleichermaßen älter werden.
- Das Paar kann die Einnahmen und Ausgaben eines Haushaltes in einem Monat beschreiben, wobei die erste Stelle die Einnahmen und die zweite Stelle die Ausgaben repräsentieren möge. Zwei Haushalte
(oder Monate)
sind dann äquivalent, wenn sie den gleichen Überschuss oder das gleiche Defizit erwirtschaftet haben. Wenn Einnahmen und Ausgaben gleichermaßen steigen oder fallen, ändert sich an dieser Gesamtbewertung nichts.
- Man kann das Paar als eine Schrittfolge aus Schritten nach rechts und Schritten nach links ansehen. Im Paar selbst wird die Anzahl der Schritte in die beiden Richtungen notiert, für die Äquivalenzrelation schaut man nur das Endergebnis des Bewegungsvorganges an.
Wenn man als ein quadratisches Gitter anordnet
(das ist ein „diskretes Koordinatensystem“),
so sind die Äquivalenzklassen durch die Punkte auf einer zur Diagonalen parallelen „diskreten Geraden“ gegeben. Die Punkte mit
sind äquivalent zu , sie haben also einen Repräsentanten, bei dem die zweite Komponente ist. Die Punkte mit
sind äquivalent zu , sie haben also einen Repräsentanten, bei dem die erste Komponente ist. Die Punkte sind zu äquivalent. Den Repräsentanten einer Äquivalenzklasse, bei dem mindestens eine Komponente ist, nennen wir den Standardvertreter dieser Äquivalenzklasse. Die Standardvertreter sind die diskreten Punkte des begrenzenden Viertelkreuzes; zu einem Punkt ergibt sich der Standardvertreter, indem man parallel zur Diagonalen in Richtung der Halbachsen wandert, bis man auf einer der Halbachsen landet. Zwei Punkte sind genau dann äquivalent, wenn sie den gleichen Standardvertreter besitzen.
Wir bezeichnen nun die
Quotientenmenge,
also die Menge der Äquivalenzklassen unter dieser Äquivalenzrelation, als Menge der ganzen Zahlen und bezeichnen sie mit . Wir sprechen vom Äquivalenzklassenmodell oder Paarmodell für die ganzen Zahlen. Diese Quotientenmenge ist die Menge der zur Diagonalen parallelen diskreten Geraden, bei der kanonischen Projektion wird jedes Paar auf die Gerade abgebildet, auf der es liegt. Jede ganze Zahl hat genau einen Standardvertreter der Form
mit , der Form
oder der Form
mit . Eine natürliche Zahl fassen wir in diesem Modell als die ganze Zahl auf, und negative Zahlen werden als spezielle Äquivalenzklassen eingeführt.
Wir wollen nun zwei ganze Zahlen, also zwei solche Äquivalenzklassen
und ,
miteinander „addieren“, also eine Verknüpfung auf einführen. Ein Ansatz, der sich durch den Zugang über Äquivalenzklassen eröffnet, ist es, auf der Menge der Paare die Addition zu nehmen und zu versuchen, diese Addition auf die Äquivalenzklassen zu übertragen. Die komponentenweise Addition auf , also die Verknüpfung
-
ist recht einfach und insbesondere ist diese Verknüpfung kommutativ, assoziativ und ist das neutrale Element. Diese Addition hat in den oben angegebenen Beispielen eine sinnvolle Interpretation, wie wenn man die Ergebnisse von zwei Fußballspielen miteinander addiert
(Hin- und Rückspiel, allerdings muss man die Reihenfolge beibehalten)
oder das Haushaltsgeschehen von mehreren Monaten addiert.
Durch die Festlegung
-
erhält man auf
(dem Äquivalenzklassenmodell von)
eine Verknüpfung, die kommutativ und assoziativ ist und die als neutrales Element besitzt. Darüber hinaus besitzt jedes Element ein inverses Element, und zwar sind
und
invers zueinander.
Wir müssen zuerst die Wohldefiniertheit überprüfen, da die Verknüpfung unter Bezug auf Repräsentanten erklärt wird und daher nicht von vornherein klar ist, dass unterschiedliche Repräsentanten zum gleichen Ergebnis
(zur gleichen Äquivalenzklasse)
führen. Zu
und
muss man überprüfen, dass
-
und damit
gilt. Die beiden Voraussetzungen bedeuten ausgeschrieben
und
.
Damit ist durch Addition der beiden Gleichungen
-
was die Äquivalenz bedeutet. Die kanonische Abbildung
-
verträgt sich nach Konstruktion mit der Addition auf der Produktmenge und der soeben etablierten Addition auf , es ist also
-
für alle . In einer solchen Situation übertragen sich wegen der Surjektivität der kanonischen Abbildung Rechengesetze von direkt auf die Quotientenmenge. Für das Assoziativgesetz beispielsweise betrachten wir Elemente . Es gibt mit
,
,
.
Somit ist
Der Nachweis der Kommutativität und dass das
neutrale Element
der Verknüpfung ist, verläuft ähnlich einfach. Wegen
-
ist in der Tat das inverse Element zu .
Durch die Festlegung
-
erhält man auf
(dem
Äquivalenzklassenmodell
von)
eine
Verknüpfung,
die
kommutativ
und
assoziativ
ist und die als
neutrales Element
besitzt.
Beweis
Siehe
Aufgabe.
Das Äquivalenzklassenmodell von ist mit der Addition
-
der Multiplikation
-
dem Nullelement und dem Einselement
ein
kommutativer Ring.
Aufgrund von
Fakt
und
Fakt
müssen wir nur noch das Distributivgesetz überprüfen. Dieses ist wegen
erfüllt.
Durch die Festlegung
-
falls
-
erhält man auf
(dem Äquivalenzklassenmodell von)
eine
totale Ordnung.
Beweis
Siehe
Aufgabe.
Das Äquivalenzklassenmodell von ist mit der Addition
-
der Multiplikation
-
dem Nullelement , dem Einselement und der durch
-
falls
-
definierten Ordnung
ein
angeordneter Ring.
Nach
Fakt
ist ein kommutativer Ring und nach
Fakt
ist eine totale Ordnung. Wir müssen also lediglich noch die Verträglichkeit der Ordnung mit der Addition und der Multiplikation überprüfen. Sei
-
also
,
und beliebig. Dann ist auch
-
also
-
Wenn
und
ist, so ist
und
.
Mit
Aufgabe
ergibt sich
-
was
-
bedeutet.
Die natürlichen Zahlen sind über die Zuordnung
-
in den ganzen Zahlen enthalten. Diese Zuordnung ist mit der Addition, der Multiplikation und der Ordnung verträglich, siehe
Aufgabe.
Statt schreibt man einfach . Die ganzen Zahlen, die durch mit repräsentiert werden, heißen negative Zahlen. Statt schreibt man einfach .