Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 22/latex

\setcounter{section}{22}






\zwischenueberschrift{Weil-Divisoren}

Wir nennen eine irreduzible abgeschlossene Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y }
{ \subset }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Kodimension $1$ in einem integren Schema $X$ einen \stichwort {Primdivisor} {.} Wenn $X$ \definitionsverweis {normal}{}{} und \definitionsverweis {noethersch}{}{} ist, so ist der lokale Ring ${\mathcal O}_{ X,\eta }$ am generischen Punkt $\eta$ zu $Y$ ein \definitionsverweis {diskreter Bewertungsring}{}{.} Somit besitzt jedes Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} aus dem \definitionsverweis {Funktionenkörper}{}{} $K(X)$ eine wohlbestimmte Ordnung
\mathl{\operatorname{ord} \, (f)}{} längs $Y$, die wir mit
\mathl{\operatorname{ord}_{ Y } \, (f)}{} bezeichnen. Wenn $\pi$ die \definitionsverweis {Ortsuniformisierende}{}{} im diskreten Bewertungsring ${\mathcal O}_{ X,\eta }$ bezeichnet, so kann man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{u \pi^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einer \definitionsverweis {Einheit}{}{} $u$ aus dem Ring und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{\Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben, und dieser Exponent $n$ ist die Ordnung von $f$ längs $Y$ heißt. Bei positiver Ordnung spricht man von einer Nullstelle, bei negativer Ordnung von einem Pol. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{ \operatorname{Spek} { \left( R \right) } }
{ \subseteq }{X }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene affine Teilmenge mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U \cap Y }
{ \neq }{\emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so entspricht $Y$ einem Primideal ${\mathfrak p}$ der \definitionsverweis {Höhe}{}{} $1$ in $R$ und für den lokalen Ring gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathcal O}_{ X,\eta } }
{ = }{ R_{\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ ein \definitionsverweis {normales}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres}{}{} \definitionsverweis {Schema}{}{} mit \definitionsverweis {Funktionenkörper}{}{} $K$ und sei
\mathbed {f \in K} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {.} Dann heißt die formale Summe
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ \operatorname{div} { \left( f \right) } }
{ =} {\sum_{ Y \text{ Primdivisor } } \operatorname{ord}_{ Y } \, (f) \cdot Y }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei $\operatorname{ord}_{ Y } \, (f)$ die \definitionsverweis {Ordnung}{}{} von $f$ im lokalen Ring zu $Y$ bezeichnet, der durch $f$ definierte \definitionswort {Hauptdivisor}{.}

}

Der Hauptdivisor beschreibt also das Nullstellen- und das Polverhalten der Funktion $f$. Wir zeigen zunächst, dass es sich bei einem Hauptdivisor um eine endliche Summe handelt.




\inputfaktbeweis
{Noethersches normales integres Schema/Hauptdivisor/Endlich/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ ein \definitionsverweis {normales}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres}{}{} \definitionsverweis {Schema}{}{} mit \definitionsverweis {Funktionenkörper}{}{} $K$ und sei
\mathbed {f \in K} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es nur endlich viele \definitionsverweis {Primdivisoren}{}{} $Y$ mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{ord}_{ Y } \, (f) }
{ \neq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine nichtleere offene affine Teilmenge mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ \in} {R }
{ =} { \Gamma (U, {\mathcal O}_X ) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Da der generische Punkt von $X$ zu $U$ gehört, sind die Primdivisoren, die $U$ nicht treffen, irreduzible Komponenten von $X \setminus U$. Da
\mathl{X \setminus U}{} eine abgeschlossene Teilmenge von $X$ und damit noethersch ist, gibt es dort nur endlich viele Komponenten. D.h. wir müssen nur noch diejenigen Primdivisoren betrachten, die $U$ treffen. Deren generische Punkte entsprechen dann Primidealen der \definitionsverweis {Höhe}{}{} $1$ von $R$. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{ord}_{ Y } \, (f) }
{ =} { \operatorname{ord}_{ {\mathfrak p} } \, (f) }
{ \geq} {0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und dies ist nur dann positiv, wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \in }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Die Primideale ${\mathfrak p}$ der Höhe $1$ oberhalb von $f$ sind die \definitionsverweis {minimalen Primideale}{}{} von $R/(f)$, und wegen noethersch gibt es davon nur endlich viele.

}





\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ ein normales noethersches integres Schema. Dann nennt man eine formale Summe
\mathl{\sum_Y n_Y \cdot Y}{,} wobei $Y$ die Primdivisoren von $X$ durchläuft und nur endlich viele der $n_Y$ von $0$ verschieden sind, einen \definitionswort {Weildivisor}{} auf $X$.

}

Ein Weildivisor ist eine freie Vorgabe für das \anfuehrung{theoretisch mögliche}{} Nullstellen- bzw Polverhalten einer rationalen Funktion, allerdings muss ein solche Vorgabe nicht durch eine Funktion realisiert werden können. Einen Divisor, bei dem sämtliche Zahlen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a_Y }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sind, nennt man \stichwort {effektiv} {.} Auf einer irreduziblen normalen \zusatzklammer {also glatten} {} {} Kurve $X$ ist ein Primdivisor einfach ein abgeschlossener Punkt. Ein Weildivisor ist also in diesem Fall einfach eine endliche Summe
\mathl{\sum_{P\in X} n_P \cdot P}{.}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ ein normales noethersches integres Schema. Dann nennt die Gruppe aller \definitionsverweis {Weildivisoren}{}{} mit komponentenweiser Addition die \definitionswort {Weildivisorengruppe}{} von $X$. Sie wird mit $\operatorname{Div}\, (X)$ bezeichnet.

}





\inputfaktbeweis
{Noethersches normales integres Schema/Hauptdivisor/Gruppenhomomorphismus/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ ein \definitionsverweis {normales}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres}{}{} \definitionsverweis {Schema}{}{} mit \definitionsverweis {Funktionenkörper}{}{} $K$.}
\faktfolgerung {Dann ist die Zuordnung \maabbeledisp {} { K^{\times} } { \operatorname{Div}\, (X) } {f} { \operatorname{div} { \left( f \right) } } {,} ein \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Lemma 22.2 ist der Hauptdivisor zu $f$ in der Tat ein Weildivisor. Die Homomorphieeigenschaft folgt, bezogen auf einen fixierten \definitionsverweis {Primdivisor}{}{} $Y$ mit dem zugehörigen \definitionsverweis {diskreten Bewertungsring}{}{} ${\mathcal O}_{Y}$, aus Lemma 21.7  (1).

}






\zwischenueberschrift{Die Divisorenklassengruppe}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ ein \definitionsverweis {normales}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres}{}{} \definitionsverweis {Schema}{}{} mit \definitionsverweis {Funktionenkörper}{}{} $K$. Dann nennt man die \definitionsverweis {Restklassengruppe}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\operatorname{DKG} { \left( X \right) } }
{ =} { \operatorname{Div}\, (X) / \operatorname{HDiv}\, (X) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Divisorenklassengruppe}{} von $X$.

}

Für einen noetherschen normalen Integritätsbereich $R$ nennt man entsprechend
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{DKG} { \left( R \right) } }
{ = }{ \operatorname{DKG} { \left( \operatorname{Spek} { \left( R \right) } \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \stichwort {Divisorenklassengruppe} {} des Rings $R$. Im zahlentheoretischen Kontext, wenn $R$ der Ring der ganzen Zahlen in einer endlichen Erweiterung von $\Q$ ist, spricht man auch von der \stichwort {Idealklassengruppe} {.} Divisoren, die die gleiche Divisorenklasse definieren, heißen \stichwort {linear äquivalent} {.}





\inputfaktbeweis
{Normaler noetherscher Bereich/Divisorenklassengruppe/Faktoriell/Fakt}
{Satz}
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {normaler}{}{} \definitionsverweis {noetherscher}{}{} \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{} und es bezeichne
\mathl{\operatorname{DKG} { \left( R \right) }}{} die \definitionsverweis {Divisorenklassengruppe}{}{} von $R$. Dann sind folgende Aussagen äquivalent. \aufzaehlungvier{$R$ ist \definitionsverweis {faktoriell}{}{.} }{Jedes \definitionsverweis {Primideal}{}{} der \definitionsverweis {Höhe}{}{} $1$ ist ein \definitionsverweis {Hauptideal}{}{.} }{Jeder \definitionsverweis {Divisor}{}{} ist ein \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{DKG} { \left( R \right) } }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }

}
{

Sei (1) erfüllt und ${\mathfrak p}$ ein Primideal der Höhe $1$. Es gibt ein Element
\mathbed {f \in {\mathfrak p}} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {.} Dieses hat eine Primfaktorzerlegung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{p_1 \cdots p_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und aufgrund der Primeigenschaft muss
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ p_i }
{ \in }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für ein $i$ sein. Dann ist aber wegen der Höhenbedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (p_i) }
{ = }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Sei nun jedes Primideal der Höhe $1$ Hauptideal. Dann gilt mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p} }
{ =} { (p) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die Divisorbeziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( p \right) } }
{ =} { 1 \cdot {\mathfrak p} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} da $p$ in keinem anderen Primideal der Höhe $1$ enthalten ist und da $p$ auch in $R_{\mathfrak p}$ ein Erzeuger von ${\mathfrak p}R_{\mathfrak p}$ ist. Somit sind die Gruppenerzeuger der Divisorenklasengruppe Hauptdivisoren und damit sind überhaupt alle Divisoren Hauptdivisoren. Die Äquivalenz von (3) und (4) ist klar. Es sei nun vorausgesetzt, dass jeder Divisor ein Hauptdivisor ist. Dann gibt es zu einem Primideal ${\mathfrak p}$ der Höhe $1$ ein
\mathbed {f \in Q(R)} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( f \right) } }
{ =} { 1 \cdot {\mathfrak p} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wegen der Nichtnegativität des Hauptdivisors ist nach Satz 21.12
\mathl{f \in R}{.} Somit ist $f$ nur in ${\mathfrak p}$ als einzigem Primideal der Höhe $1$ enthalten. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p} }
{ = }{ (g_1 , \ldots , g_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( g_i \right) } }
{ \geq} { \operatorname{div} { \left( f \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und somit ist
\mathl{{ \frac{ g_i }{ f } } \in R}{,} also
\mathl{g_i \in (f)}{} und damit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p} }
{ = }{ (f) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

Sei schließlich (2) erfüllt, und
\mathbed {f \in R} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {.} Es seien
\mathl{{\mathfrak p}_1 , \ldots , {\mathfrak p}_s}{} die minimalen Primoberideale von $f$. Nach dem Krullschen Hauptidealsatz besitzen diese alle die Höhe $1$. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}_i }
{ = }{ (p_i) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit \definitionsverweis {Primelementen}{}{} $p_1$. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( f \right) } }
{ =} { \sum_{i = 1}^s n_i {\mathfrak p}_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Das Element
\mathl{\prod_{i = 1}^s p_i^{n_i}}{} besitzt den gleichen Hauptdivisor. Deshalb ist der Quotient
\mathl{f/\prod_{i = 1}^s p_i^{n_i}}{} eine Einheit und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} {u \prod_{i = 1}^s p_i^{n_i} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einer Einheit $u$. Daher ist $R$ faktoriell.

}





\inputbeispiel{}
{

Wir wollen die \definitionsverweis {Weildivisoren}{}{} und die \definitionsverweis {Divisorenklassengruppe}{}{} des projektiven Raumes
\mathl{{\mathbb P}^{d}_{K}}{} über einem Körper $K$ verstehen \zusatzklammer {
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{d }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {.} Wir betrachten die disjunkte Zerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathbb P}^{d}_{K} }
{ =} { D_+(X_0) \cup V_+(X_0) }
{ =} { { {\mathbb A}_{ K }^{ d } } \cup {\mathbb P}^{d-1}_{K} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} d.h. wir fixieren die \definitionsverweis {Hyperebene}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{H }
{ =} {V_+(X_0) }
{ \cong} {{\mathbb P}^{d-1}_{K} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} im \anfuehrung{Unendlichen}{.} Ein \definitionsverweis {Primdivisor}{}{} des projektiven Raumes stimmt also entweder mit der Hyperebene rechts überein oder sie schneidet den affinen Raum links nichtleer und kann als ein Primideal der Höhe $1$ im Polynomring
\mathl{K[ { \frac{ X_1 }{ X_0 } } , \ldots , { \frac{ X_d }{ X_0 } } ]}{} aufgefasst werden. Jede Funktion $f$ des Funktionenkörpers lässt sich \zusatzklammer {bis auf Skalierung und kürzen} {} {} eindeutig als
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{ { \frac{ P }{ Q } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit Polynomen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P,Q }
{ \in }{ K[ { \frac{ X_1 }{ X_0 } } , \ldots , { \frac{ X_d }{ X_0 } } ] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben. Mit den Primfaktorzerlegungen zu \mathkor {} {P} {und} {Q} {} kann man direkt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} { \prod_{i = 1}^n c P_i^{\nu_i} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} \zusatzklammer {mit einer Konstanten
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{c }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ \nu_i }
{ \in }{\Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} schreiben und daraus den Hauptdivisor zu $f$ ablesen, sofern er such auf die Komponenten im affinen Raum bezieht. Die \zusatzklammer {\anfuehrung{unendlich ferne}{}} {} {} Ordnung von $f$ an $V_+(X_0)$ ergibt sich folgendermaßen. Der lokale Ring zu diesem Primdivisor ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ K[X_0,X_1 , \ldots , X_n]_{((X_0))} }
{ =} { { \left( K[X_0,X_1 , \ldots , X_n]_{ K[X_0,X_1 , \ldots , X_n] \setminus (X_0) \cap \text{ homogene Elemente } } \right) }_0 }
{ =} { K { \left( { \frac{ X_2 }{ X_1 } } , \ldots , { \frac{ X_d }{ X_1 } } \right) } [ { \frac{ X_0 }{ X_1 } } ]_{ { \left( { \frac{ X_0 }{ X_1 } } \right) } } }
{ } { }
{ } { }
} {} {}{.} Man schreibt $P$ \zusatzklammer {bzw. $Q$ oder $f$} {} {,} indem man überall ${ \frac{ X_i }{ X_0 } }$ durch
\mathl{{ \frac{ X_i }{ X_1 } } \cdot { \frac{ X_1 }{ X_0 } }}{} ersetzt. Dies betrachtet man als rationale Funktion über dem Körper
\mathl{K { \left( { \frac{ X_2 }{ X_1 } } , \ldots , { \frac{ X_d }{ X_1 } } \right) }}{} in der einen Variablen ${ \frac{ X_0 }{ X_1 } }$. Der \zusatzklammer {typischerweise negative} {} {} Grad bezüglich ${ \frac{ X_0 }{ X_1 } }$ ist die Ordnung.

Beispielsweise ist bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P }
{ =} { { \frac{ X_1 }{ X_0 } } + { \left( { \frac{ X_2 }{ X_0 } } \right) }^3 }
{ =} { { \frac{ X_1 }{ X_0 } } + { \left( { \frac{ X_2 }{ X_1 } } \right) }^3 { \left( { \frac{ X_1 }{ X_0 } } \right) }^3 }
{ =} { { \left( { \left( { \frac{ X_0 }{ X_1 } } \right) }^{2} + { \left( { \frac{ X_2 }{ X_1 } } \right) }^3 \right) } { \left( { \frac{ X_0 }{ X_1 } } \right) }^{-3} }
{ } { }
} {}{}{} und die Ordnung ist $-3$. Da jeder Weildivisor mit einem Hauptdivisor auf dem affinen Raum wegen der Faktorialität des Polynomringes übereinstimmt, ist jeder Weildivisor \definitionsverweis {linear äquivalent}{}{} zu einem Divisor der Form $n V_+(X_0)$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {die Klasse zu $V_+(X_0)$ nennt man auch die \stichwort {Hyperebenenklasse} {.}} {} {.} Ein solcher Divisor ist aber bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} kein Hauptdivisor, da ein solcher Hauptdivisor auf dem affinen Raum trivial ist und daher von einer Konstanten herrühren muss. Eine solche besitzt aber auch im Unendlichen die Ordnung $0$. Die Divisorenklassengruppe des projektiven Raumes ist also $\Z$, als Erzeuger kann man jede Hyperebene nehmen.


}






\zwischenueberschrift{Divisorenklassengruppe und Picardgruppe}

Wir besprechen nun den Zusammenhang zwischen Divisoren und \definitionsverweis {invertierbaren}{}{} Untergarben der Funktionenkörpergarben ${ \mathcal K }$ und zwischen der Divisorenklassengruppe und der Picardgruppe. Eine invertierbare Untergarbe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \mathcal L } }
{ \subseteq }{ { \mathcal K } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} einen freien ${\mathcal O}_{ X,x }$-\definitionsverweis {Untermodul}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \mathcal L }_x }
{ \subseteq }{ { \mathcal K }_x }
{ = }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vom Rang $1$. Wenn ${\mathcal O}_{ X,x }$ ein diskreter Bewertungsring mit Ortsuniformisierender $\pi$ ist, was bei einem normalen Schema für jeden generischen Punkt zu einem Primdivisor der Fall ist, gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal L }_x }
{ =} { \pi^n {\mathcal O}_{ X,x } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem eindeutigen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{\Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dieses $n$ bezeichnen wir mit
\mathl{\operatorname{ord}_{ Y } \, ( { \mathcal L } )}{,} wenn $Y$ den Primdivisor bezeichnet.





\inputfaktbeweis
{Lokal Faktorielles integres Schema/Invertierbare Untergarben/Weildivisoren/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ ein \definitionsverweis {lokal faktorielles}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres Schema}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann entsprechen sich die \definitionsverweis {invertierbaren}{}{} ${\mathcal O}_{ X }$-\definitionsverweis {Untermoduln}{}{} der konstanten Funktionenkörpergarbe ${ \mathcal K }$ und die \definitionsverweis {Weildivisoren}{}{} über die Korrespondenz
\mathdisp {{ \mathcal L } \longmapsto \sum_Y \operatorname{ord}_Y ( { \mathcal L } )} { }
und
\mathdisp {D = \sum_Y a_Y Y \longmapsto { \mathcal L }_D} { }
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal L }_D (U) }
{ =} { { \left\{ f \in K \mid \operatorname{ord}_Y(f) \geq D \text{ für alle } Y \in U \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für eine offene Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {Diese Zuordnungen sind mit den Gruppenstrukturen verträglich und dabei entsprechen sich triviale Untergarben und Hauptdivisoren. Invertierbare Ideale
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \mathcal L } }
{ \subseteq }{ {\mathcal O}_{ X } }
{ \subseteq }{ { \mathcal K } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} entsprechen den effektiven Divisoren.}
\faktzusatz {}

}
{

Es gibt eine endliche offene affine Überdeckung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X }
{ = }{ \bigcup_{i \in I} U_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal L } }
{ =} { (f_i) {\mathcal O}_{ X } {{|}}_{U_i} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f_i }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f_i }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Lemma 22.2 gibt es jeweils nur endlich viele irreduzible Weildivisoren in $U_i$ mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{ord}_{Y} (f_i) }
{ \neq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \sum_Y \operatorname{ord}_{Y} ( { \mathcal L } ) Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in der Tat ein Weildivisor.

Es sei umgekehrt $D$ ein Weildivisor und ${ \mathcal L }$ die zugehörige Untergarbe der konstanten Garbe zum Funktionenkörper. Es ist zu zeigen, dass diese invertierbar ist. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{U }
{ \subseteq }{X }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine affine offene Umgebung. Im lokalen Ring ${\mathcal O}_{ X,x }$, der nach Voraussetzung faktoriell ist, ist nach Satz 22.7 der Divisor $D_x$, der aus allen irreduziblen Komponenten von $D$ besteht, die durch $x$ verlaufen, ein Hauptdivisor. Indem man die Komponenten von $D$, die nicht durch $x$ verlaufen, entfernt, kann man $U$ durch eine kleinere affine Umgebung $V$ von $x$ ersetzen, auf der der Divisor ein Hauptdivisor ist. Dort gilt also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{D {{|}}_V }
{ =} { \operatorname{div} { \left( f \right) } {{|}}_V }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es ist dann
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal L }_D {{|}}_V }
{ =} { (f) {\mathcal O}_{ X } {{|}}_V }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Wir müssen nun zeigen, dass diese Zuordnungen invers zueinander sind. Wir beginnen mit einer invertierbaren Untergarbe und übernehmen die Bezeichnungen von oben. Auf $U_i$ ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D {{|}}_{U_i} }
{ = }{ \operatorname{div} { \left( f_i \right) } {{|}}_{U_i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Daher gilt für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Zugehörigkeit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g }
{ \in} { { \left\{ f \in K \mid \operatorname{ord}_Y(f) \geq D \text{ für alle } Y \in U \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} genau dann, wenn auf $U$ für die \definitionsverweis {Hauptdivisoren}{}{} die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( g \right) } }
{ \geq} { \operatorname{div} { \left( f_i \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt, was wegen Satz 21.12 wiederum zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \in }{ f \cdot \Gamma (X, {\mathcal O}_X ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} äquivalent ist.

Wenn man mit einem Weildivisor startet, so stimmt dieser lokal mit einem Hauptdivisor überein. Dann erzeugt ein Element des Funktionenkörpers, das diesen Hauptdivisor besitzt, lokal die zugehörige invertierbare Garbe, und dieses Element wird auch verwendet, um den zugehörigen Divisor auszurechnen.

}


Bei der vorstehenden Korrespondenz entsprechen die Ideale den effektiven Divisoren, das Hauptideal
\mathl{(f)}{} entspricht dem Hauptdivisor
\mathl{\operatorname{div} { \left( f \right) }}{.} Es gibt aber auch gute Gründe, die Korrespondenz abzuändern, indem man Negationen miteinarbeitet. Dann entspricht ein effektiver Divisor einem globalen Schnitt in der zugehörigen invertierbaren Garbe.





\inputfaktbeweis
{Schema/Lokal faktoriell/Picardgruppe und Divisorenklassengruppe/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ ein \definitionsverweis {lokal faktorielles}{}{} \definitionsverweis {noethersches}{}{} \definitionsverweis {integres Schema}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann stimmt die \definitionsverweis {Divisorenklassengruppe}{}{} von $X$ mit der \definitionsverweis {Picardgruppe}{}{} von $X$ überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Lemma 20.6 und Satz 22.9.

}





\inputfaktbeweis
{Glattes Schema/Picardgruppe und Divisorenklassengruppe/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ ein \definitionsverweis {glattes}{}{} \definitionsverweis {Schema}{}{} über einem \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossenen Körper}{}{} $K$.}
\faktfolgerung {Dann stimmt die \definitionsverweis {Divisorenklassengruppe}{}{} von $X$ mit der \definitionsverweis {Picardgruppe}{}{} von $X$ überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

In einem glatten Schema sind die lokalen Ringe nach Satz 18.16 \definitionsverweis {regulär}{}{} und diese sind nach Satz 25.12 (Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)) faktoriell. Daher folgt die Aussage aus Satz 22.10.

}





\inputfaktbeweis
{Projektiver Raum/Körper/Picardgruppe/Z/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Die \definitionsverweis {Picardgruppe}{}{} des \definitionsverweis {projektiven Raumes}{}{}
\mathl{{\mathbb P}^{d}_{K}}{} mit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{d }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} über einem \definitionsverweis {Körper}{}{} $K$}
\faktfolgerung {ist $\Z$. Die \definitionsverweis {invertierbaren Garben}{}{} auf dem projektiven Raum werden repräsentiert durch die \definitionsverweis {getwisteten Strukturgarben}{}{}
\mathbed {{\mathcal O}_{ {\mathbb P}^{d}_{K} } (\ell)} {}
{\ell \in \Z} {}
{} {} {} {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Satz 22.10 und Beispiel 22.8. Aufgrund der expliziten Übersetzung in Satz 22.9 entspricht die negierte Hyperebenenklasse dem tautologischen Bündel ${\mathcal O}_{ {\mathbb P}^{d}_{K} } (1)$.

}