Kurs:Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)/Vorlesung 2/latex

\setcounter{section}{2}






\zwischenueberschrift{Rotationsflächen}

Wir besprechen eine weitere Klasse von Flächen im Raum, die Rotationsflächen.






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Integral apl rot obsah1.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Integral apl rot obsah1.svg } {} {Pajs} {Tschechische Wikipedia} {gemeinfrei} {}

Es sei eine \definitionsverweis {differenzierbare Kurve}{}{} \maabbeledisp {\gamma} {]a,b[} {\R^2 } {t} {(x(t),y(t)) } {,} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y(t) }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegeben. Wir interessieren uns für die zugehörige \definitionsverweis {Rotationsfläche}{}{,} also die Teilmenge
\mathdisp {{ \left\{ (x(t), y(t) \cos \alpha , y(t) \sin \alpha) \mid t \in [a,b] , \, \alpha \in [0,2\pi] \right\} }} { }
des
\mathl{\R^3}{,} die entsteht, wenn man die Trajektorie der Kurve um die $x$-Achse dreht. Wir setzen zusätzlich voraus, dass $\gamma$ einen Homöomorphismus auf sein Bild
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{ \gamma { \left( ]a,b[ \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bewirkt. Insbesondere betrachten wir den Fall, wo \maabb {f} {]a,b[} { \R_+ } {} eine differenzierbare Funktion ist und es um die Rotationsfläche des Graphen geht.





\inputfaktbeweis
{Rotationsfläche/Differenzierbare positive Kurve/Graph/Tangentialraum/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $I$ ein \definitionsverweis {offenes Intervall}{}{} und \maabb {f} {I} { \R_+ } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktuebergang {Dann besitzt die \definitionsverweis {Rotationsfläche}{}{} $Y$ \zusatzklammer {um die $x$-Achse} {} {} zum \definitionsverweis {Graphen}{}{} von $f$ folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Es ist $Y$ die Nullstellenmenge zu \maabbeledisp {h} {I \times \R \times \R} {\R } { \left( x , \, y , \, z \right) } { y^2+z^2-f(x)^2 } {.} }{Die beschreibende Funktion $h$ ist in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{.} }{Der \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{} von $Y$ in einem Punkt
\mathl{\left( x , \, y , \, z \right)}{} ist \zusatzklammer {bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ z }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T_PY }
{ =} { \R \begin{pmatrix} 0 \\z\\ -y \end{pmatrix} + \R\begin{pmatrix} z \\0\\ f(x)f'(x) \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

(1) ist klar. Die \definitionsverweis {Jacobimatrix}{}{} von $h$ ist
\mathl{2 \left( -f(x)f'(x) , \, y , \, z \right)}{.} Wegen der Positivität von $f$ kann
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y }
{ = }{ z }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nicht sein, daher ist $h$ auf $Y$ regulär. Die angegebenen Vektoren sind bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {linear unabhängig}{}{} und gehören zum \definitionsverweis {Kern}{}{} der Jacobimatrix.

}





\inputfaktbeweis
{Rotationsfläche/Differenzierbare positive Kurve/Graph/Geodätische/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $I$ ein \definitionsverweis {offenes Intervall}{}{} und \maabb {f} {I} { \R_+ } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{} und es sei $Y$ die \definitionsverweis {Rotationsfläche}{}{} \zusatzklammer {um die $x$-Achse} {} {} zum \definitionsverweis {Graphen}{}{} von $f$. Es sei \maabbeledisp {\gamma} {J} {I } {t} { \gamma(t) } {,} eine bijektive differenzierbare Funktion derart, dass
\mathl{\left( \gamma(t) , \, f(\gamma(t)) \right)}{} ein Parametrisierung des Graphen zu $f$ mit konstanter Norm der Geschwindigkeit ist.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Zu jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \left( x , \, y , \, z \right) }
{ = }{\left( x , \, f(x) \cos \alpha , \, f(x) \sin \alpha \right) }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist \maabbeledisp {\theta} {J} {Y } {t} { \left( \gamma(t) , \, f( \gamma(t) ) \cos \alpha , \, f( \gamma(t) ) \sin \alpha \right) } {,} eine \definitionsverweis {Geodätische}{}{.} } {Eine Kreiskurve \maabbeledisp {\theta} {\R} {I \times \R^2 } {\alpha} { \left( x , \, f( x ) \cos \alpha , \, f(x ) \sin \alpha \right) } {,} ist genau dann eine Geodätische, wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\aufzaehlungzwei {Die Kurve $\theta$ bewegt sich in der Ebene
\mathl{\R \begin{pmatrix} 1 \\0\\ 0 \end{pmatrix} + \R \begin{pmatrix} 0 \\ \cos \alpha \\ \sin \alpha \end{pmatrix}}{.} Nach einer Drehung können wir ohne Einschränkung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \alpha }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} annehmen, die Kurve durchläuft also direkt den Graphen von $f$. Wegen der Bogenparametrisierung steht
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \theta'(t) }
{ =} { \begin{pmatrix} \gamma'(t) \\f'(\gamma(t)) \gamma'(t) \\ 0 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} nach Aufgabe 2.3 senkrecht auf
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \theta^{\prime \prime} (t) }
{ =} { \begin{pmatrix} \gamma^{\prime \prime} (t) \\f'(\gamma(t)) \gamma^{\prime \prime} (t) +f^{\prime \prime}(\gamma(t)) { \left( \gamma^{\prime } (t) \right) }^2 \\ 0 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dies bedeutet, dass die Beschleunigung senkrecht auf dem Tangentialraum \zusatzklammer {der neben der Kurvenableitung von $\begin{pmatrix} 0 \\0\\ 1 \end{pmatrix}$ erzeugt wird} {} {} steht und daher die tangentiale Beschleunigung gleich $0$ ist. Also liegt eine Geodätische vor. } {Die Kreisbewegung spielt sich auf der durch das fixierte $x$ gegebenen Ebene ab, die Ableitung \zusatzklammer {nach $\alpha$} {} {} der gegebenen Kurve ist $f(x) \begin{pmatrix} 0 \\ - \sin \alpha \\ \cos \alpha \end{pmatrix}$ und die Beschleunigung der gegebenen Kurve ist gleich $- f(x) \begin{pmatrix} 0 \\ \cos \alpha \\ \sin \alpha \end{pmatrix}$. Die Beschleunigung ist damit innerhalb der Ebene senkrecht zur Geschwindigkeit der Kurve, die einen Tangentialvektor der Rotationsfläche bildet. Ein dazu linear unabhängiger Tangentialvektor ist durch $\begin{pmatrix} 1 \\f'(x)\\ 0 \end{pmatrix}$ gegeben. Dieser steht aber nur bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stets senkrecht auf der Beschleunigung. }

}






\zwischenueberschrift{Das Normalenfeld}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei. Ein auf einer offenen Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ \subseteq }{ U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiertes \definitionsverweis {stetiges}{}{} \definitionsverweis {Vektorfeld}{}{} \maabb {F} {U} {\R^n } {} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ F(P) }
{ \in} { N_PY }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt \definitionswort {Normalenfeld}{} auf $Y$.

}

Wenn dabei zusätzlich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Vert {N(P)} \Vert }
{ =} { 1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt, so spricht man von einem \stichwort {Einheitsnormalenfeld} {.} Da die Normalengerade im betrachtenten Hyperflächenfall eindimensional ist, gibt es für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nur zwei mögliche Werte für ein Einheitsnormalenfeld an diesem Punkt, die zueinander negativ sind. Dabei interessiert man sich hauptsächlich nur für die Werte des Feldes auf $Y$, man betrachtet also zwei Normalenfelder zu $Y$ als identisch, wenn sie auf $Y$ übereinstimmen. Die offene Umgebung ist nur nötig, um von differenzierbar sprechen zu können.





\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Glatt/Normalenfeld/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mathl{{ \frac{ \operatorname{Grad} \, h }{ \Vert { \operatorname{Grad} \, h } \Vert } }}{} ein \definitionsverweis {Einheitsnormalenfeld}{}{} auf $Y$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Voraussetzung ist das \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{} $\operatorname{Grad} \, h$ nullstellenfrei auf $Y$ und daher wegen der vorausgesetzten Stetigkeit auch nullstellenfrei in einer offenen Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ \subseteq }{ U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Das angegebene Vektorfeld ist also in einer offenen Umgebung von $Y$ definiert. Die Orthogonalität zu den Tangentialräumen an die Faser und die Normiertheit sind klar.

}





\inputbeispiel{}
{






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Hyperboloid1.png} }
\end{center}
\bildtext {Ein \stichwort {einschaliges Hyperboloid} {.}} }

\bildlizenz { Hyperboloid1.png } {} {RokerHRO} {Commons} {gemeinfrei} {}

Wir betrachten die Funktion \maabbele {h} {\R^3} {\R } {(x,y,z)} {x^2+y^2-z^2-1 } {} und dazu die Faser über $0$, also das \stichwort {einschalige Hyperboloid} {} $Y$. Der \definitionsverweis {Gradient}{}{} zu $h$ in einem Punkt
\mathl{(x,y,z)}{} ist durch
\mathl{\begin{pmatrix} 2x \\2y\\ -2z \end{pmatrix}}{} und das \definitionsverweis {totale Differential}{}{} ist entsprechend durch
\mathl{\left( 2x , \, 2y , \, -2z \right)}{} gegeben, daher ist $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{.} Der \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{} in einem Punkt ist der Kern des totalen Differentials, eine Basis ist
\mathl{\begin{pmatrix} y \\-x\\ 0 \end{pmatrix} , \begin{pmatrix} z \\0\\ x \end{pmatrix}}{} \zusatzklammer {bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} muss man den zweiten Vektor durch $\begin{pmatrix} 0 \\z\\ y \end{pmatrix}$ ersetzen} {} {.} Das \definitionsverweis {Einheitsnormalenfeld}{}{} ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ N( \begin{pmatrix} x \\y\\ z \end{pmatrix} ) }
{ =} { { \frac{ \operatorname{Grad} \, h(x,y,z) }{ \Vert { \operatorname{Grad} \, h(x,y,z)} \Vert } } }
{ =} { { \left( x^2+y^2+z^2 \right) }^{ - { \frac{ 1 }{ 2 } } } \begin{pmatrix} x \\y\\ -z \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
} {} {}{.}


}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei. Dann nennt man die Fixierung eines \definitionsverweis {Einheitsnormalenfeldes}{}{} auf $Y$ eine \definitionswort {Orientierung}{} von $Y$.

}

Zu einer Orientierung gibt es stets die negative oder die entgegengesetzte Orientierung. Wenn eine beschreibende Funktion $h$ für $Y$ fixiert ist, so erhält man mit Lemma 2.4 direkt die Orientierung
\mathl{{ \frac{ \operatorname{Grad} \, h }{ \Vert { \operatorname{Grad} \, h} \Vert } }}{.} Allerdings gehört zu $-h$ die entgegengesetzte Orientierung, und es gibt keine kanonische Möglichkeit, eine davon auszuwählen. Bei einem nullstellenfreien Normalenfeld kann man stets zum zugehörigen Einheitsnormalenfeld übergehen und erhält somit eine Orientierung.





\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Glatt/Zusammenhängend/Orientierung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei. Es sei $Y$ \definitionsverweis {zusammenhängend}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es genau zwei \definitionsverweis {Orientierungen}{}{} auf $Y$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Lemma 2.4 gibt es ein Einheitsnormalenfeld, das eine Orientierung repräsentiert, und die Negation davon liefert eine weitere Orientierung. Diese nennen wir $G$ bzw. $-G$. Es sei nun \maabbdisp {N} {Y} { \R^n } {} ein beliebiges stetiges Einheitsnormalenfeld. Wir betrachten die Übereinstimmungsorte
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ Y_1 }
{ =} { { \left\{ P \in Y \mid N(P) = G(P) \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ Y_2 }
{ =} { { \left\{ P \in Y \mid N(P) = - G(P) \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Da es für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nur die beiden möglichen Werte
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ N(P) }
{ =} { \pm G(P) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt, ist $Y$ die disjunkte Vereinigung von \mathkor {} {Y_1} {und} {Y_2} {.} Als Übereinstimmungsort von stetigen Funktionen sind \mathkor {} {Y_1} {und} {Y_2} {} \definitionsverweis {abgeschlossen}{}{} \zusatzklammer {und damit auch \definitionsverweis {offen}{}{} in $Y$} {} {.} Aufgrund des Zusammenhangs ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ Y_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ Y_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}






\zwischenueberschrift{Die Gauß-Abbildung}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei. Es sei eine \definitionsverweis {Orientierung}{}{} auf $Y$ fixiert. Dann heißt die Abbildung \maabbdisp {} {Y} { S^{n-1} } {,} die jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf seinen durch die Orientierung fixierten Einheitsnormalenvektor abbildet, die \definitionswort {Gauß-Abbildung}{} zu $Y$.

}

Im Allgemeinen denken wir uns Tangentialvektoren und Normalenvektoren an den Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} angeheftet, hier ist es aber wichtig, den Normalenvektor als einen Punkt auf der \anfuehrung{neutralen}{} $n-1$- dimensionalen Sphäre zu betrachten. Die Gauß-Abbildung eröffnet eine Möglichkeit, eine beliebige glatte Hyperfläche mit der besonders einfachen Hyperfläche, nämlich der Kugeloberfläche, in Beziehung zu setzen.





\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Glatt/Gauß-Abbildung/Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabb {h} {W} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $h$ in jedem Punkt von $Y$ \definitionsverweis {regulär}{}{} sei. Es sei eine \definitionsverweis {Orientierung}{}{} auf $Y$ fixiert.}
\faktuebergang {Dann gelten für die \definitionsverweis {Gauß-Abbildung}{}{} folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{Die Gauß-Abbildung ist \definitionsverweis {stetig}{}{.} }{Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ S^{n-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die Gauß-Abbildung \zusatzklammer {wenn die Orientierung nach außen zeigt} {} {} die Identität oder die antipodale Abbildung. }{Wenn $Y$ \definitionsverweis {zusammenhängend}{}{} ist, so sind die Gauß-Abbildungen zu den beiden Orientierungen antipodal zueinander. }{Sei $Y$ zusammenhängend. Dann ist die Gauß-Abbildung genau dann konstant, wenn $Y$ ein offener Ausschnitt aus einem \definitionsverweis {affin-linearen Unterraum}{}{} der Dimension $n-1$ ist. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\aufzaehlungvier{Dies folgt aus Lemma 2.4. }{Klar. }{Klar. }{Die Rückrichtung ist klar. Zum Beweis der Hinrichtung sei der Einheitsnormalenvektor konstant gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v }
{ =} { \begin{pmatrix} a_1 \\\vdots\\ a_n \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Grad} \, h ( P ) }
{ =} { g(P) v }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einer stetigen nullstellenfreien Funktion \maabb {g} {Y} {\R } {.} Wir können $h$ durch
\mathl{{ \frac{ h }{ \Vert {h} \Vert } }}{} ersetzen ohne $Y$ zu verändern. Dann ist nach Lemma 2.7
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Grad} \, h ( P ) }
{ =} { \pm v }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { \pm \sum_{ i = 1}^n a_ix_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Faser zu $h$ auf ganz $\R^n$ ist ein affin-linearer Untervektorraum.}

}

Wir erinnern an den folgenden Satz.


\inputfakt{Hyperfläche/Glatt und kompakt/Jede Hyperebene als Tangentialraum/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und sei \maabbdisp {f} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Die \definitionsverweis {Faser}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{ f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von $f$ zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sei \definitionsverweis {kompakt}{}{} und in jedem Punkt \definitionsverweis {regulär}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist jeder
\mathl{(n-1)}{-}dimensionale Unterraum
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subset }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für mindestens einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gleich dem \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{}
\mathl{T_aM}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}




\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Glatt und kompakt/Gauß-Abbildung surjektiv/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und sei \maabbdisp {h} {W} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Die \definitionsverweis {Faser}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Y }
{ = }{ h^{-1}(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von $h$ zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sei \definitionsverweis {kompakt}{}{} und in jedem Punkt \definitionsverweis {regulär}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die \definitionsverweis {Gauß-Abbildung}{}{} \maabbdisp {} {Y} { S^{n-1} } {} surjektiv.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Ein Einheitsnormalenvektor beschreibt über die Orthogonalitätsrelation eine Hyperebene, also einen $n-1$-dimensionalen Untervektorraum, wobei auch der negierte Einheitsnormalenvektor die gleiche Hyperebene beschreibt. Satz 2.10 zeigt, dass jede Hyperebene als ein Tangentialraum von $Y$ auftritt. Der Beweis von Satz 2.10 zeigt aber ferner \zusatzklammer {wenn man dort neben dem Maximum auch das Minimum betrachtet} {} {,} dass beide Normaleneinheitsvektoren auftreten.

}