Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 30/latex
\setcounter{section}{30}
\zwischenueberschrift{Einfache Singularitäten in höherer Dimension}
Wir möchten die Klassifikation der einfachen Singularitäten vom Kurvenfall auf höhere Dimensionen verallgemeinern.
\inputfakt{Homogenes Polynom/Zumindest drei Variablen/Grad 3/Nicht einfach/Fakt}{Lemma}{}
{
\faktsituation {Es sei $f$ ein
\definitionsverweis {homogenes Polynom}{}{}
vom Grad $3$ in zumindest $3$ Variablen, das eine
\definitionsverweis {isolierte Singularität}{}{}
definiere.}
\faktfolgerung {Dann liegt keine
\definitionsverweis {einfache Singularität}{}{}
vor.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktion/Isolierte Singularität/Einfach/Rangbedingung/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\maabb {f} {U} { {\mathbb C}
} {,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{0
}
{ \in }{U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^n
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {offen}{}{,}
eine
\definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit einer
\definitionsverweis {einfachen}{}{}
\definitionsverweis {isolierten Singularität}{}{}
im Nullpunkt.}
\faktfolgerung {Dann ist der Rang der
\definitionsverweis {Hesse-Matrix}{}{}
zu $f$ zumindest $n-2$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei $k$ der Rang der Hesse-Matrix von $f$ und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k
}
{ \leq }{n-3
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
angenommen. Dann ist $f$ nach
Satz 28.6
\definitionsverweis {rechtsäquivalent}{}{}
zu
\mathl{x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h(x_{k+1} , \ldots , x_n)}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ \in }{ {\mathfrak m}^3
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und wobei $h$ von zumindest drei Variablen abhängt und das ebenfalls eine isolierte Singularität besitzt. Dieses ist nach
Lemma 30.1
nicht einfach. Aus
Satz 28.7
folgt, dass dann auch
\mathl{x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h(x_{k+1} , \ldots , x_n)}{} nicht einfach ist.
Die Klassifikation der einfachen Singularitäten in höheren Dimension ergibt sich aus dem ebenen Fall also aus
Satz 29.2,
indem man die dortigen Funktionen um Summe von Quadraten ergänzt.
\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktion/Singularitäten/Einfachheit/Klassifikation/ADE/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\maabb {f} { U} { {\mathbb C}
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{0
}
{ \in }{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^n
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {offen}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n
}
{ \geq }{2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
eine
\definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit einer
\definitionsverweis {einfachen Singularität}{}{}
im Nullpunkt.}
\faktfolgerung {Dann ist $f$
\definitionsverweis {rechtsäquivalent}{}{}
zu einer der folgenden Funktionen.
\aufzaehlungfuenf{
\mathdisp {x^{k+1} +y^2 + z_1^2 + \cdots + z_{n-2}^2 \text{ mit } \, k \geq 1 ,\, \text{ Typ } A_k} { . }
}{
\mathdisp {x^2y +y^{k-1} + z_1^2 + \cdots + z_{n-2}^2 \text{ mit } \, k \geq 4 ,\, \text{ Typ } D_k} { . }
}{
\mathdisp {x^{3} +y^4 + z_1^2 + \cdots + z_{n-2}^2 ,\, \text{ Typ } E_6} { . }
}{
\mathdisp {x^{3} +xy^3 + z_1^2 + \cdots + z_{n-2}^2 ,\, \text{ Typ } E_7} { . }
}{
\mathdisp {x^{3} +y^5+ z_1^2 + \cdots + z_{n-2}^2 ,\, \text{ Typ } E_8} { . }
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Da es sich um eine einfache isolierte Singularität im Nullpunkt handeln soll, verschwinden alle partiellen Ableitungen von $f$ im Nullpunkt. Der Rang $k$ der Hesse-Matrix ist nach
Lemma 30.2
zumindest
\mathl{n-2}{.} Nach
Satz 28.6
ist $f$ rechtsäquivalent zu einer Funktion der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g
}
{ =} {x_1^2 + \cdots + x_k^2 +h
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ \in }{ {\mathfrak m}^3
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und wobei $h$ nur von den Variablen
\mathl{x_{n-1}, x_n}{} abhängt. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{}
{ n-1,n }{}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
hängt $h$ sogar von weniger Variablen ab. In jedem Fall kann man $h$ in den beiden letzten Variablen und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ \in }{ {\mathfrak m}^2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
schreiben. Jede
\definitionsverweis {Entfaltung}{}{}
$h_t$ von $h$ ergibt unmittelbar eine Entfaltung von $g$. Die dabei entstehenden
\zusatzklammer {deformierten} {} {}
Funktionen haben die Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\tilde{E} (-,t)
}
{ = }{ x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h_t(x_{n-1}, x_n)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Wegen der Einfachheit von $g$ treten dabei nur endlich viele Singularitätsklassen
\zusatzklammer {im Sinne der Rechtsäquivalenz} {} {}
auf, sagen wir
\mathbed {x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h_i(x_{n-1}, x_n)} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,}
mit einer endlichen Indexmenge $I$. Für jedes $h_t(x_{n-1}, x_n)$ gibt es somit ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass
\mathkor {} {x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h_t(x_{n-1}, x_n)} {und} {x_1^2 + \cdots + x_k^2 + h_i(x_{n-1}, x_n)} {}
zueinander rechtsäquivalent sind. Nach
Satz 28.7
sind dann
\mathkor {} {h_t(x_{n-1}, x_n)} {und} {h_i(x_{n-1}, x_n)} {}
zueinander rechtsäquivalent. Dies bedeutet, dass
\mathl{h(x_{n-1}, x_n)}{} ein einfacher Funktionskeim in zwei Variablen ist. Deren Rechtsäquivalenzklassen wurden in
Satz 29.2
klassifiziert.
Wir müssen noch zeigen, dass die angegebenen Möglichkeiten wirklich einfach sind.
Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n
}
{ \geq }{3
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
handelt es sich dabei um irreduzible normale Singularitäten
\zusatzklammer {bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{n
}
{ = }{2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
sind $A_k$ für $k$ ungerade, $D_k$ und $E_7$ reduzibel} {} {.}
{ADE-Singularität/Zweidimensional/Einfach und spezielle Quotientensingularität/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{0
}
{ \in }{V(f)
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^3
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine}
\faktvoraussetzung {zweidimensionale isolierte Hyperflächensingularität.}
\faktfolgerung {Dann ist die Singularität genau dann
\definitionsverweis {einfach}{}{,}
wenn es sich um eine
\definitionsverweis {spezielle Quotientensingularität}{}{}
handelt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}