Laurent-Reihe
Einleitung
BearbeitenDie Laurent-Reihe (nach Pierre Alphonse Laurent) ist eine unendliche Reihe ähnlich einer Potenzreihe, aber zusätzlich mit negativen Exponenten. Allgemein hat eine Laurent-Reihe in mit Entwicklungspunkt diese Gestalt:
- Koeffizienten
- Entwicklungspunkt der Reihe
Hauptteil und Nebenteil
BearbeitenDie Reihe der Terme mit negativen Exponenten nennt man den Hauptteil der Laurent-Reihe, die Reihe der Terme mit nichtnegativen Exponenten nennt man den Nebenteil oder den regulären Teil.
Zusammenhang Potenzreihen
BearbeitenEine Laurent-Reihe mit verschwindendem Hauptteil ist eine Potenzreihe; hat sie außerdem nur endlich viele Terme, dann ist sie ein Polynom. Hat eine Laurent-Reihe insgesamt nur endlich viele Terme (mit negativem oder positivem Exponent), dann nennt man sie ein Laurent-Polynom.
Geschichte
BearbeitenDie Laurent-Reihe wurde 1843 von dem französischen Mathematiker Pierre Alphonse Laurent vorgestellt. Aufzeichnungen im Nachlass des deutschen Mathematikers Karl Weierstraß deuten jedoch darauf hin, dass dieser sie bereits 1841 entdeckt hatte.
Laurent-Zerlegung
BearbeitenDas Prinzip der Entwicklung einer holomorphen Funktion in eine Laurent-Reihe basiert auf der Laurent-Zerlegung. Dazu betrachte man ein Kreisringgebiet . Nun definiere man zwei holomorphe Funktionen und :
- .
Darstellung der Laurentreihe durch 2 holomorphe Funktionen
BearbeitenSeien und zwei holomorphe Funktionen mit Entwicklungspunkt
- mit
und sind holomorphe Funktionen auf , die sich um 0 in eine Potenzreihe in entwickeln lassen.
Konvergenzmenge der Laurentreihe
BearbeitenDie Funktionen und lassen sich lokal als Potenzreihe auf einer Kreisscheibe in darstellen (Holomorphiekriterium). Dann konvergiert mit auf dem Komplement einer Kreisschreibe.
Schnittmenge von Konvergenzbereichen
BearbeitenWenn bei der Hauptteil und der konvergent sein im Schnitt der Konvergenzmenge liegen. Ist ist die Konvergenzmenge leer, da zugleich auf einer Kreisscheibe von Radius und im Komplement der Kreisscheibe mit Radius liegen muss.
Konvergenzradien
BearbeitenSeien und die Konvergenzradien für die Funktionen und . Berechen Sie den Radius der Konvergenzmenge von für den alle mit konvergieren.
Geometrie der Konvergenzmenge
Bearbeitenist um den Mittelpunkt holomorph konvergent auf der Kreisscheiben mit dem Radius . Da das Argument der Funktion innerhalb des so definierten Kreisgebietes liegen muss, erkennt man schnell, dass die Funktion für Werte definiert ist. Damit ist auch die Summe der beiden Funktionen
auf dem Kreisring analytisch.
Eindeutigkeit der Zerlegung
BearbeitenEs lässt sich zeigen, dass sich jede auf einem Ringgebiet holomorphe Funktion auf diese Weise zerlegen lässt. Setzt man dazu noch voraus, so ist die Zerlegung eindeutig.
Entwickelt man diese Funktion nun in Form von Potenzreihen so ergibt sich folgende Darstellung:
- .
Dabei wurde definiert. Außerdem folgt aus der Bedingung .
Zerlegung mit Entwicklungspunkt
BearbeitenErweitert man diese Überlegungen nun auf die Entwicklung um einen Punkt , und nicht so wie eben um den Ursprung, so ergibt sich die eingangs angeführte Definition der Laurent-Reihe für eine holomorphe Funktion um den Entwicklungspunkt :
Beispiel
BearbeitenIm Folgenden bezeichnet wahlweise die reellen oder komplexen Zahlen.
- .
Die Funktion ist unendlich oft reell differenzierbar, sie ist jedoch an der Stelle nicht komplex differenzierbar und hat dort sogar eine wesentliche Singularität.
Einsetzen in Taylorreihe
BearbeitenIndem man nun in die Potenzreihenentwicklung der Exponentialfunktion einsetzt,
erhält man die Laurent-Reihe von mit Entwicklungspunkt :
Konvergenzbereich Laurentreihe
BearbeitenDer Nebenteil konvergiert auf ganz und der Hauptteil (und damit auch die Laurent-Reihe insgesamt) konvergiert für jede komplexe Zahl .
Approximation der Funktion durch Partial-Summen
BearbeitenDas Bild zeigt, wie sich die Partialsummenfolge
an die Funktion annähert.
Graphen der Partial-Summen im Vergleich zur Funktion
BearbeitenDa Graphen in Teilmengen von 4-dimensionalen -Vektoräumen sind, wird hier der Graph für Werte aus geplottet. Die Laurententwicklung lässt sich in 0 stetig fortsetzen.
Konvergenz von Laurent-Reihen
BearbeitenLaurent-Reihen sind wichtige Hilfsmittel der Funktionentheorie, vor allem zur Untersuchung von Funktionen mit isolierten Singularitäten.
Kreisringe und Kreisscheibe
BearbeitenLaurent-Reihen beschreiben komplexe Funktionen, die auf einem Kreisring holomorph sind, so wie Potenzreihen Funktionen beschreiben, die auf einer Kreisscheibe holomorph sind.
Sei
eine Laurent-Reihe in mit komplexen Koeffizienten und Entwicklungspunkt .
Konvergenzradien - Inneres vom Kreisring
BearbeitenEs gibt es zwei eindeutig bestimmte Zahlen und , so dass Folgendes gilt:
- Die Laurent-Reihe konvergiert auf dem offenen Kreisring normal, also insbesondere absolut und lokal gleichmäßig. Damit meint man, dass Haupt- und Nebenteil normal konvergieren. Lokal gleichmäßige Konvergenz impliziert gleichmäßige Konvergenz auf jeder kompakten Teilmenge von , also insbesondere auf den Bildern von Kurven in . Die Laurent-Reihe definiert auf eine holomorphe Funktion .
Außerhalb vom Kreisring
BearbeitenAußerhalb des Kreisrings divergiert die Laurent-Reihe. Das heißt, dass für jeden Punkt im Äußeren von mit
- ,
die Reihe der Terme mit positiven (Nebenteil) oder die Terme mit negativen Exponenten (Hauptteil) divergiert.
Rand von Kreisringen
BearbeitenAuf dem Rand des Kreisrings kann man keine allgemeinen Aussagen machen, außer dass es mindestens einen Punkt auf der äußeren Begrenzung und mindestens einen Punkt auf der inneren Begrenzung gibt, in die nicht holomorph fortgesetzt werden kann.
Es ist möglich, dass und ist, es kann aber auch sein, dass ist.
Konvergenzradien und Cauchy-Hadamard
BearbeitenDie beiden Radien können wie folgt mit der Formel von Cauchy-Hadamard berechnet werden:
Man setzt und in der zweiten Formel.
Auf Kreisringen definierte Funktionen
BearbeitenUmgekehrt kann man mit einem Kreisring und einer auf holomorphen Funktion beginnen. Dann existiert immer eine eindeutig bestimmte Laurent-Reihe mit Entwicklungspunkt , die (mindestens) auf konvergiert und dort mit übereinstimmt. Für die Koeffizienten gilt
für alle und ein . Wegen des Integralsatzes von Cauchy kommt es auf die Auswahl von nicht an.
Gelochte Kreisscheibe
BearbeitenDer Fall , also der einer holomorphen Funktion auf einer gelochten Kreisscheibe um , ist besonders wichtig. Der Koeffizient der Laurentreihenentwicklung von heißt Residuum von in der isolierten Singularität , er spielt eine große Rolle im Residuensatz.
Formale Laurent-Reihen
BearbeitenFormale Laurent-Reihen sind Laurent-Reihen in der Unbestimmten , die ohne Rücksicht auf Konvergenzbetrachtungen benutzt werden.
Laurent-Reihen auf kommutativen Ringen
BearbeitenDie Koeffizienten können dann aus einem beliebigen kommutativen Ring stammen. In dieser Situation ist es jedoch nur sinnvoll, Laurent-Reihen mit nur endlich vielen negativen Exponenten zu betrachten, also mit einem so genannten endlichen Hauptteil, und die Entwicklungsstelle mit wegzulassen.
Gleichheit von formalen Laurent-Reihen
BearbeitenZwei solche formale Laurent-Reihen sind per Definition genau dann gleich, wenn sie in allen Koeffizienten übereinstimmen. Zwei Laurent-Reihen werden addiert, indem ihre entsprechenden Koeffizienten addiert werden und weil sie nur endlich viele Terme mit negativem Exponenten haben, können sie durch Faltung ihrer Koeffizientenfolgen multipliziert werden, so wie es mit Potenzreihen gemacht wird. Mit diesen Verknüpfungen wird die Menge aller Laurent-Reihen über einem kommutativen Ring zu einem kommutativen Ring, der mit bezeichnet wird.
Laurent-Reihen und Itegritätsringe
BearbeitenIst ein Körper, dann bilden die formalen Potenzreihen in der Unbestimmten über einen Integritätsring, der mit bezeichnet wird. Sein Quotientenkörper ist isomorph zum Körper der Laurent-Reihen über .
Aufgaben
BearbeitenSei . Konstruieren Sie eine Laurent-Reihe, die diesen Kreisring als Konvergenzbereich hat und auf nicht konvergiert. Verwenden Sie dabei als Idee geometrische Reihen mit konvergiert für für .
Aufgaben zu Laurent-Reihen und b-adischen Zahlsystemen
Bearbeiten- Analysieren Sie den Zusammenhang zwischen Laurent-Reihen und dem p-adischen Zahlensystem (z.B. Dualsysstem, Hexaldezimalsystem)! Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede gibt es?
- Stellen Sie die Zahl als Funktionswert einer Laurent-Reihe im 4er-Zahlensystem dar, wobei gilt und berechnen Sie die Koeffizienten !
- dar
Literatur
Bearbeiten- Eberhard Freitag & Rolf Busam: Funktionentheorie 1, Springer-Verlag, Berlin, ISBN 3-540-67641-4
Siehe auch
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