Projekt:Altes Dresden/Geschichte/Napoleonzeit/Gebäude/Schloß

Neue Ansicht von Dresden 1799

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Unter den merkwürdigsten Gebäude (auf deren Erwähnung ich mich einzig einschränken kann) steht

das Schloß

des allgemeingeliebten Landesfürsten, nicht sowohl wegen seines äußern Ansehens, als weil es der Sitz des Herrschers ist, oben an. Von demjenigen, das in den ältern Zeiten weiter nach dem Taschenberge hin sich befand, ist keine Spur mehr. Herzog George fing gegenwärtiges im Jahre 1534 an, und darum heißt es auch nach seinem Namen das Georgenschloß. Die nachfolgenden Kuhrfürsten brachten allerlei Verschönerungen an, unter denen König August der Zweite das Wesentlichste thun mußte, da die Hälfte des ganzen Schlosses im Jahre 1702 durch ein ausgebrochenes Feuer in die Asche gelegt wurde. Obgleich das Aeußere dieses Gebäudes, nur dann einen interessanten Anblick giebt, wenn man es als das Werk ausgestorbener Geschlechter betrachtet, und es auch im Innern desselben durch die allmählige Vergrößerung der Archive u. s. w. nach gerade am Raume gebricht, so behilft sich dennoch der gütige Fürst damit. Durch eine weise Sparsamkeit vergütet er die Folgen der Prachtliebe seiner Vorfahren, und sein befriedigtes Herz ersezt ihm den Mangel der Gemächlichkeiten, denen er so edel entsagt. Die innre Einrichtung zeigt von dem Geschmacke dieses Fürsten und dessen Gemahlin. Das Paradezimmer enthält schöne Gemälde aus Ovids Verwandlungen von dem berühmten Silvestre. Um die Zimmer des Schlosses zu sehen, wendet man sich an einen der kuhrfürstlichen Bettmeister.

Drei ganz vorzügliche Denkwürdigkeiten, der Residenz, befinden sich in diesem Schlosse, die berühmte Gemäldegallerie, das grüne Gewölbe, und das Mengsische Kabinet von Antikenabgüssen.

Die Gemäldegallerie.

Dieser trefliche Kunstschatz fing sich unter der Regierung des Herzogs George an. Kurfürst Moriz sowohl, als Johann Georg der Zweite, vermehrte die Sammlung, welcher König August der Zweite, die gegenwärtige, berühmte Gestalt gab. Fern von hier, eine matte Schilderung der schönsten Ergüsse großer Künstlerphantasien, eben so, ein dürres Register dieser Herrlichkeiten. Man sehe selbst und genieße! Dieser Rath ist das einzige, was ich für den Leser thun kann. Korreggio's heilige Nacht muß der selbst schauen, welcher von ihr entzückt werden will. Rafaels und Guido's, und Tizians Zaubereien, können nicht durch Worte kopiert werden. Inspektor über diese Gallerie ist gegenwärtig Hr. Riedel und Hr. Pechwell sein Gehülfe; beide besorgen das Herumführen der Fremden, und sind sehr gefällige Leute. In den Zimmern unter dieser Gemäldesammlung stehen die vortrefflichen Mengsischen Gipsabgüsse, ein Kunstschatz, der ganz einzig ist. Man bekommt sie durch deren Inspektor Herrn Matthäi, zu sehen.

Das grüne Gewölbe.

Durch den innern Schloßhof gelangt man zu diesem, dessen Name von einem grün ausgemalten Gewölbe herrührt. Es enthält vieles Denkwürdige in acht Zimmern, deren Fußboden fast durchgängig mit Marmor, und deren Wände mit Spiegeln belegt sind. Statuen und Denkmäler von mannichfachen Form und Masse, finden sich hier, desgleichen allerlei künstlich geschnittne Steine. Unter andern zeigt man den Thron des Großmoguls mit dem ganzen Hofe, seinen Elephanten u. s. w. Das ganze Werk ist aus Gold, Silber und Emaille zusammengesezt. Der verstorbene Hofjuwelier Dinglinger verfertigte es mit Hülfe von 15 Personen in 10 Jahren und 8 Monaten. Auch befindet sich hier der geweihte silberne Degen und gestickte rothe Sammthut, welchen August der Zweite vom heiligen Vater erhielt. Die größten Kostbarkeiten schließt jedoch das achte Zimmer in sich. Hier sieht man unter andern ein Garnitur Brillanten, von denen ein jeder Knopf die Größe und Breite eines Fingernagels hat, so wie einen unschätzbaren Brillanten in dem Orden des goldnen Vließes, von der Größe eines Viergroschenstücks.

Wer das grüne Gewölbe zu sehen wünscht, der wendet sich an einen der kuhrfürstlichen geheimen Kämmeriers, Herrn de Poncet oder Herrn Flätschger.

Die Rüstkammer

rechnet man gemeiniglich mit zu dem Schlosse. Ihr Eingang ist auf der Schössergasse. Sie begreift eine außerordentliche Sammlung, sowohl derjenigen Dinge, deren sich der Hof selbst, bei Turnieren und andern Feierlichkeiten bediente, als andrer Gegenstände, die sonst etwas Merkwürdiges an sich tragen. In diesem einzigen Hause würde man vielleicht das vormalige Kostume der meisten fremden, ja sogar wilden Völker, studiren können. –

Aus einer Menge von Richtschwertern findet sich hier unter andern auch dasjenige, unter dem der unglückliche Kanzler Crell seinen Geist aufgab.

Es kann nicht fehlen, daß in einer so weitläuftigen Kollektion, zuweilen sehr heterogener Gegenstände, nicht auch manches vorkommen sollte, was einem kritischen Auge ein Lächeln zu erregen vermag, indeß ist es wohl ausgemacht, daß man diese zahlreichen Säle sehr verstimmt betreten müßte, wenn man sie nicht, völlig befriedigt, verlassen sollte.

Die Rüstkammer zeigt der Aufwärter, der im Hause wohnt.


Neue Ansicht von Dresden. Für Reisende von einem Reisenden. Leipzig, bey Friedrich August Leo. 1799.