Projekt:FE Auswerteverfahren 1/Oberflächentemperaturen/Strahlungstheoretische Grundlagen

Die Landoberflächentemperatur (LST) wird aus der emittierten Strahlung der Erde bestimmt. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel explizit auf die Emissivität und auf die Strahlungstemperatur eingegangen.

Emissionsvermögen

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Wird ein Körper auf über Umgebungstemperatur erwärmt, so emittiert dieser elektromagnetische Strahlung. Das Emmisionsvermögen oder die Emissivität E ist die je Fläche emittierte Strahlungsleistung in einem Strahlungsgleichgewicht. Sie ist von der Temperatur T und von der Wellenlänge   abhängig. Das Emissionsvermögen ist nicht nur eine materialspezifische Größe, sondern auch durch die Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst. E kann Werte zwischen Null (minimale Emissivität) und Eins (maximale Emissivität) annehmen: 0 < E < 1. Die Emission kann im sichtbaren Wellenlängenbereich von   = 400...800 nm bei mittleren auf der Erde vorkommenden Temperaturen nicht wahrgenommen werden, da Oberflächen unter diesen Bedingungen nur langwelligere Strahlung emittieren. Eine Ausnahme bildet das Emissionsvermögen warmer Körper, welches wir in Form von Wärme spüren. Materialunabhängig ist der Temperaturbereich, in welchem die Emissivität von Oberflächen anhand bestimmter angenommener Farben erkannt wird. Bei zirka 800 K erscheint die Oberfläche dunkelrot und ab rund 2500 K nimmt die Oberfläche eine weiße Farbe an. Die höchste Emissivität hat ein schwarzer Körper.[1] [2] [3]

Modell des schwarzen Körpers

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Modellvorstellung des schwarzen Körpers

Unter einem schwarzen Körper versteht man ein Volumen mit einer winzigen Öffnung, in welchem das einfallende Licht vollständig absorbiert wird: A = 1. Damit ist das Emissionsvermögen E für einen schwarzen Körper maximal [2]. Die Begründung liegt im Kirchhoffschen Strahlungsgesetz, welches aussagt, dass für alle Körper in einem thermischen Gleichgewicht mit einer Hohlraumstrahlung das Verhältnis von Emissionsvermögen und Absorptionsvermögen gleich der Strahlungsdichte der Hohlraumstrahlung ist [3]:

 

Da in einem schwarzen Körper das Absorptionsvermögen A = 1 ist, ergibt sich aus dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz [1] [3] [2], dass im schwarzen Körper das Emissionsvermögen der Strahlungsdichte entspricht und E somit maximal wird [3]:

 

Die Strahlungstemperatur

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Definition

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Die Strahlungstemperatur eines schwarzen Strahlers ist die Temperatur der Innenwände eines schwarzen Körpers. Für andere Strahlungsquellen (nicht perfekte schwarze Körper) ist es gerade die Temperatur des schwarzen Körpers, dessen Spektrum dem der betrachteten Strahlungsquelle am ähnlichsten ist [2]. Ähnlichkeitskriterien sind dabei die Farbkoordinaten. (CIE 1931; x,y,z- Farbraum)

Das Wiensche Verschiebungsgesetz

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Das   Wiensches Verschiebungsgesetz beschreibt die Lage des Intensitätsmaximums der Strahlung des schwarzen Körpers in Abhängigkeit von der Temperatur T der Strahlungsquelle. Es ergibt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der Intensitätsverteilung der thermischen Strahlung und der Temperatur der Strahlungsquelle [2]:

  [ ]

Beispiel:

Nimmt man an, dass die Sonne ein schwarzer Körper ist, dann kann man aus ihrem Intensitätsmaximum bei einer Wellenlänge von ungefähr 500 nm ihre Strahlungstemperatur auf 6000 K abschätzen [3].

Dieses Gesetz ergibt sich unmittelbar aus der Ableitung der Planck`schen Strahlungsformel der Wellenlänge [2]:

 

mit:

  •  ...Energiedichteverteilung der Hohlraumstrahlung
  • h...Planck`sches Wirkungsquantum,  
  • c...Lichtgeschwindigkeit,  
  • k...Boltzmann Konstante,  
  • T...Temperatur der Oberfläche [K]


 
Anwendung der Planck`schen Strahlungsformel

Aus der Abbildung wird deutlich, dass die Energiedichteverteilung abhängig von der Strahlungstemperatur der Oberfläche ist. Beispielsweise bei einer Strahlungstemperatur von 6000 K, welche der Sonne enspricht, entsteht das Maximum der Energiedichte bei zirka 480 nm, also im grünen Bereich. Eine Oberfläche mit einer Strahlungstemperatur von 2500 K hat sein Energiedichtsmaximum bei 1200 nm. Sie hat jedoch einen sichtbbaren Anteil über den gesamten sichtbaren Bereich, woraus folgt, dass diese Oberfläche weiß erscheint (vgl. Abschnitt Emissivität). Anhand der Abbildung ist ebenfalls das Wiensche Verschiebungsgesetz in Form der unterschiedlichen Lage der Energiedichtemaximas zu erkennen [2].

Diese Formel für die spektrale Energiedichteverteilung der Hohlraumstrahlung ist eine direkte Folgerung aus Planck`s berühmter Quantentheorie. Die Quantenhypothese besagt, dass ein schwarzer Strahler nicht beliebig kleine Energiebeträge aufnehmen und abgeben kann. Planck nahm an, dass nur ganzzahlige Vielfache des Produktes   als Beträge zulässig sind [2].

Das Wiensche Verschiebungsgesetz wiederum erhält man aus der Maximumsuche der Wellenlänge [2]:

 

Das PLANCKsche Strahlungsgesetz

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Dieses Gesetz (   Plancksches Strahlungsgesetz) wurde im Jahre 1900 von Max Planck entwicklet. Er erkannte, dass Licht nur in bestimmten Energieportionen ("Quanten") emittiert und absorbiert werden kann. Es beschreibt, welche Wellenlänge ein strahlender Körper aussendet und den Anteil der jeweiligen Wellenlänge an der Gesamtausstrahlung. Ein schwarzer Körper kann laut Definition Strahlung jeder Wellenlänge vollkommen absorbieren und in Abhängigkeit von der Temperatur, der Wellenlänge bzw. der Frequenz emittieren. So wird für diesen "Grenzfall Schwarzstrahler" die spektrale spezifische Ausstrahlung   mittels der Planckfunktion beschrieben:


 


Für die mathematische Darstellung des Planck - Gesetztes gibt es eine Vielzahl von Formeln. Die obrige Formel gibt eine häufig gebrauchte Formulierung wieder.

Die Planck - Funktion beschreibt eine unsymmetrische Glockenkurve, wobei die Fläche unter dieser Kurve die gesamte abgestrahlte Energie des Körpers darstellt.

Dieses Gesetz ist das wohl tiefgreifenste Strahlungsgesetz, da es andere Strahlungsgesetze (das Wiensche Verschiedungsgesetz, das Stefan - Boltzmann - Gesetz und das Rayleigh - Jeans - Gesetz) vereinigt [4].

Die thermodynamische Temperatur

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Bei der thermodynamischen Temperatur handelt es sich um die Temperatur eines Körpers der sich im thermischen Gleichgewicht befindet (siehe 2. Hauptsatz der Thermodynamik). Diese kann direkt mit einem Thermometer gemessen werden. Für einen nicht – isothermen Körper ist sie als die Temperatur eines elementaren isothermen Volumens an einer bestimmten Position (x, y, z) definiert. Die Oberflächentemperatur wird als Temperatur eines Volumens, dessen Größe gegen Null geht, und welches sich in einer Höhe von z=0 befindet, definiert. Da nicht – isotherme Körper einen starken Gradienten und lokale Störungen aufweisen, ist diese nur schwer mit dem Thermometer zu messen. [5]

Die Strahlungübertragungsgleichung

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Die Strahlungsübertragungsgleichung (SÜG) verknüpft die gemessene Strahldichte und die Oberflächentemperatur indem sie die beteiligten physikalischen Prozesse beschreibt. Sie beschreibt damit den Weg der Strahlung durch die Atmosphäre. Sie basiert auf folgenden Annahmen:

  • Atmosphäre befindet sich im lokalen thermodynamischen Gleichgewicht. Dieses ist ungefähr bis in eine Höhe von 50-70 km gültig
  • Keine Streuung. Diese Annahme wird als erfüllt betrachtet, wenn der Himmel wolkenlos und kein Nebel vorhanden ist
  • Erdoberfläche wird als Lambertscher Reflektor gesehen.

Ein Lambert - Reflektor reflektiert alle einfallende Strahlung und verteilt diese isotrop. Daher hängt die Strahlung bei diesem nicht vom Raumwinkel ab. Die Temperatur des Lambertschen Reflektors kann nur errechnet werden, wenn vorher atmosphärische Effekte separiert wurden. Unter Effekten ist die Trennung der reflektierten Gegenstrahlung von der nach oben gerichteten Strahlung zu verstehen.

 

Die am Sensor gemessene Strahlung lautet nach der SÜG [Susskind et al. (1983)]:

   

Der erste Term der SÜG gibt die von der Oberfläche emittierte Strahlung an, die auf dem Weg nach oben durch die Atmosphäre geschwächt wird. Der zweite Term beschreibt den atmosphärischen Anteil der Strahlung. Letzterer wird auf dem Weg nach oben natürlich auch geschwächt. Die in der Atmosphäre auftretende Gegenstrahlung wird durch den dritten Term der SÜG erfasst. Die Gegenstrahlung wird von der EOF reflektiert und unterliegt denselben Schwächungen auf ihrem Weg. Weil die atmosphärischen Schichten nicht wie schwarze Körper strahlen, muss der Effekt der Emissivität mit berücksichtigt werden. Diese Effekte sind in der Transmissivität enthalten und werden im zweiten Term der SÜG berücksichtigt. Um die Gleichung lösen zu können, müssen Emissivität und Transmissivität als auch die nach oben gerichtete Strahlung und die nach unten gerichtete Gegenstrahlung bekannt sein. Obwohl die beiden Größen (Emissivität, Transmissivität) von der Temperatur abhängen, kann die Variation der Emissivität mit der LST vernachlässigt werden [Becker & Li (1990)]. Zur Vereinfachung kann die nach unten gerichtete Strahlung unabhängig vom Azimut und für jeden Kanal mittels Planck wie folgt geschrieben werden:

 

 

Weitere Vereinfachungen:

 

Der erste Term gibt die Emissivität der EOF, welche generell wärmer als die Atmosphäre ist, an. Auch hier gilt: Die Strahlung wird in den atmosphärischen Fenstern am wenigsten beeinflusst. Der zweite Term ist starken Schwankungen unterworfen. Diese kommen durch die vertikale Struktur der Atmosphäre zustande und warme und feuchte Schichten verstärken diese. Der dritte Term beschreibt die Reflexion der nach unten gerichteten Strahlung. Für eine spektrale Emissivität nahe eins, wird dritte Term rund null.

Einschränkungen zur Theorie der SÜG lauten: In Wirklichkeit ist EOF eine Mischung aus Lambertschen und Spiegelreflektor. Die Atmosphäre ist nicht vollständig transparent – auch nicht im Bereich des atmosphärischen Fensters. Dies bedeutet: Die von der EOF ausgehende langwellige Strahlung wird durch die Zusammensetzung und thermische Struktur der Atmosphäre beeinflusst.[6] [7]

Der Einfluss der Atmosphäre

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Bevor die Strahlung vom Sensor aufgefangen wird, kommt es zu Wechselwirkungen zwischen ihr und den Bestandteilen (Partikeln oder Gase) der Atmosphäre. Diese Wechselwirkungen können sowohl   Absorption (Physik) als auch   Streuung (Physik) sein. Absorption bedeutet dabei Umwandlung der Strahlungsquanten in innere Energie des Gases. Dies entspricht der Aufnahme der Strahlung durch das Gas. Generell kann festgestellt werden, dass diese Schwächungen mit zunehmender Wellenlänge (abnehmender Frequenz) zurückgehen. Streuung ist die Umlenkung der Strahlungsquanten ohne Änderung der inneren Energie des Gases. Die Streuung kann in zwei verschiedne Arten unterteilt werden. Die   Mie-Streuung tritt auf, wenn die Wellenlänge der Strahlung in etwa der Größe der Partikel entspricht, an denen die Strahlung gestreut wird. Diese Wellenlängenabhängigkeit hängt von der Wellenlängencharakteristik des Flächen - Streuungskoeffizienten ab. Die   Rayleigh-Streuung tritt auf, wenn die Wellenlänge weit größer ist als die Größe der streuenden Partikel. Sind die streuenden Partikel weit größer als die Wellenlänge, kommt es zu einer nicht - selektiven Streuung. Die Absorption ist die Aufnahme von Energie durch Partikel beim Auftreffen von Strahlung. Es können für verschiedene spektrale Bereiche die Hauptkomponenten, die für die Absorption verantwortlich gemacht werden können, definiert werden.[8]

  1. a b Stroppe, 1999 - Physik für Studenten der Natur- und Technikwissenschaften
  2. a b c d e f g h i Demtröder, 2000 - Experimentalphysik 3.
  3. a b c d e Otten, 1998 - Repititorium Experimentalphysik.
  4. Häckel, 1999 - Meteorologie.
  5. Becker, 1995 - Surface Temperature and Emissivity at Various Scales: Definition, Measurement and Related Problems.
  6. Dash, 2002 - Land surface temperature and emissivity estimation from passive sensor data: theory and practice-current trends International.
  7. Becker, 1987 - The impact of spectral emissivity on the measurement of land surface temperature from a satellite.
  8. Szekielda, 1988 - Satellite Monitoring of the Earth.