Projekt:FE Beobachtung 1/Wetterradar/Anwendungen, Systeme, Projekte


Bodengebundene Verbundsysteme

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Radarverbund des DWD

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Allgemeine Informationen zum Radarverbund[1]

Die Gewinnung zuverlässiger meteorologischer Daten ist Grundlage operationell operierender Wetterdienste auf der ganzen Welt. Seit Ende des 20. Jahrhunderts werden zusätzlich zu analogen Niederschlagsmessungen auch Methoden der Fernerkundung für die Niederschlagsmessung eingesetzt. Entsprechend seines gesetzlichen Auftrages zur Erfassung meteorologischer Daten mit Hilfe neuester Technik unterhält der Deutsche Wetterdienst (DWD) ein Netzwerk von Wetterradaranlagen, den sogenannten Radarverbund. Während Niederschlagmessungen und Niederschlagsbeobachtungen nur Punktmessungen darstellen, erlaubt das Wetterradar flächendeckende Wetterbeobachtungen im lokalen und regionalen Bereich. Das Wetterradar ist das einzige Mittel um vorhersagen zu können, wie viel Niederschlag in welcher Zeit an welchem Ort fällt. Neben Informationen über Intensität, Höhe, Entfernung und Zugrichtung der Niederschlagsereignisse, ermöglichen moderne Dopplerradargeräte auch Informationen bezüglich der Geschwindigkeit von Hydrometeoren zu gewinnen. Seit dem Jahr 2004 sind alle Geräte des Radarverbundes dopplerisiert. Der aktuelle Radarverbund des DWD umfasst 16 operationelle Radarsysteme und ein Forschungsradar am Meteorologischen Observatorium Hohenpreißenberg. Die aufgeführte Tabelle stellt dar, wo sich die Radarsysteme befinden und seit wann sie exisitieren.

Deutsche Wetterradarstandorte[1]
Jahr der Installation Standort
1987 München
1988 Frankfurt am Main
1990 Hamburg
1991 Berlin-Tempelhof
1991 Essen
1994 Hannover
1994 Emden
1994 Neuhaus
1995 Rostock
1996 Ummendorf
1997 Feldberg
1997 Eisberg
1997 Flechtdorf
1998 Neuheilenbach
1998 Türkheim
2000 Dresden

Verwendete Abtastverfahren[1]

Der DWD setzt mit Hilfe der Radarsysteme zwei verschiedene Abtastverfahren ein. Dabei wird zwischen Raumabtastung (volume scan) und Niederschlagsabtastung (precipitation scan) unterschieden. Bei der Raumabtastung durchläuft die Radarantenne alle 15 Minuten 18 verschiedene Höhenwinkel von 37,0° bis 0,5°. Die Raumabtastung besteht aus zwei Messmodi, dem sogenannten intensity mode und dem doppler mode, wobei der intensity mode die unteren Höhenwinkel von 0,5° bis 4,5° und der doppler mode die Höhenwinkel darüber abdeckt. Je nach Messmodus hat die Raumabtastung eine horizantale Reichweite von 230 km (intensity mode) oder 120 km (doppler mode). Da die untersten Postitionen für die Hydrometeorologie die bedeutendsten sind, wird die Raumabtastung alle 5 Minuten unterbrochen und durch die Niederschlagsabtastung ersetzt. Diese wird im Bereich der tiefsten Höhenwinkel von 0,5° bis 1,8° durchgeführt, um möglichst zeitnahe Niederschlagsdaten zu gewinnen. Die Niederschlagsabtastung besitzt eine horizontale Reichweite von 128 km.

Abgeleitete Produkte[1]

Mit Hilfe der benannten Verfahren erzeugt der DWD verschiedene Produkte. Dabei werden direkt am Ort des Radarsystems durch die Radarrrechner alle lokalen Bilder erzeugt. Diese werden anschließend in Echtzeit innerhalb des DWD gespeichert und verteilt. Beispiele für solche Produkte sind das DX- Produkt und KONRAD. Das DX-Produkt, welches aus der Niederschlagsabtastung resultiert, beinhaltet alle in 5-Minuten-Intervallen gemessenen Momentanwerte der aktuellen Niederschlagsechos und ermöglicht somit Kurzfristvorhersagen von Niederschlagsereignissen. Dieses Produkt ist maßgeblich für die Beurteilung von Hochwassergefahren. Ein weiteres Produkt stellt das vom DWD entwickelte Entscheidungshilfesystem KONRAD dar. Dabei steht KONRAD für KONvektionsentwicklung in RADarprodukten. Es hilft Fachleuten bei der Entscheidungsfindung und vermeidet damit eine unnötige Verlängerung der Entscheidungskette.

Nutzerkreis von Radarprodukten

Der DWD nutzt die erzeugten Produkte für eine flächendeckende Niederschlagsüberwachung, als Grundlage für kurzfristige Vorhersage von beispielsweise Starkregenereignissen und für die Überwachung der Wetterlage (in Kombination mit Sattelitendaten). Außerhalb des DWD sind die Hauptanwender von Radarprodukten hydrologische und wasserwirtschaftliche Anwender. Weiterhin finden Radardaten ebenfalls Anwendung in anderern Bereichen wie Strassenbau, Landwirtschschaft, Bundeswehr und vielen mehr. Vor allem leistet der DWD, durch die Bereitstellung von Radardaten, einen wesentlichen Beitrag für den Katastrophenschutz von Bund und Ländern.

Aus der Luft operierende Systeme

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Das ELDORA/ASTRAIA Doppler Wetter Radar [2]

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Das System

Das aus der Luft operierende Doppler-Radar-System ELDORA/ASTRAIA ist eine gemeinsame Entwicklung des NCAR in Boulder (Colorado, USA) und des CRPE in Paris (Frankreich). Dabei steht ELDORA für Electra Doppler Radar und ASTRAIA für das französische Pendant. Dieses System befindet sich noch in der Testphase und soll dem besseren Verständnis von atmosphärischen Stürmen dienen. Die Entwicklung eines solchen Systems ermöglicht höher aufgelöste Sturmbeobachtungen als es mit bodengebundenen Systemen der Fall ist. Mit einem solchen, aus der Luft operierenden System, ist es möglich, Sturmereignisse direkt anzufliegen und nicht wie bei bodengebundenen Systemen darauf zu warten, dass ein entsprechendes Ereignis in den Messbereich eintritt. Große atmosphärische Stürme sind eine wesentliche Einflussgröße des globalen Wärmehaushaltes und der makroskaligen atmosphärischen Zirkulation. Daher stehen derartige Ereignisse im Zentrum wissenschaftlichen Interesses. Um solche Stürme untersuchen zu können, bedarf es unter anderem Informationen über die kinematische Struktur, die Temperaturgradienten und die Menge des Niederschlags auf der Erdoberfläche. Um an Informationen, wie die beschriebenen zu gelangen, ist das aus der Luft operierende Doppler-Wetterradar besonders geeignet. Dieses System ist in der Lage die Radarreflektivität proportional zur Niederschlagsmenge und die Fallgeschwindigkeit des Niederschlages zu messen. Die Messung aus verschiedenen Positionen in Kombination mit Fallgeschwindigkeitsmessungen des Niederschlags und der Messung anderer meteorologischer Größen kann für die Erzeugung von kompletten 3-D Strömungsbildern genutzt werden. Diese Information in Kombination mit beobachteter kinematischer Struktur und Niederschlagsstruktur macht es möglich die Entwicklung und Struktur besser zu verstehen.

Vor- und Nachteile

Der Einsatz von luftgestützten Doppler-Wetterradarsystemen bietet verschiedene Vor- und Nachteile. Die hauptsächlichen Vorteile bestehen in der Tatsache, dass es möglich ist, dass Radarsystem direkt an den Sturm heran zufliegen und nicht, wie bei bodengebundenen Systemen, auf das Ereignis aufgrund der Immobilität zu warten. In unmittelbarer Umgebung des Sturmes ist es weiterhin möglich kleinskalige konvektive Ereignisse in optimaler Auflösung, Beobachtungswinkel und Entfernung zu erfassen, wie beispielsweise Microbursts, Tornados und andere. Weiterhin verhindert die optimale Position im Verhältnis zum Ereignis Störungen der Messung. Im Gegensatz zu bodengebundenen Systemen ist der größte Nachteil des aus der Luft operierenden Systems das begrenzte Installationsmaß der Radarantenne in ein Flugzeug. Die geringe Antennengröße verursacht eine Gradwanderung zwischen der Messung im langwelligen Bereich, die den Vorteil einer geringeren atmosphärischen Dämpfung und den Nachteil einer geringeren räumlichen Auflösung bietet, und dem kurzwelligen Bereich, der sich durch eine höhere räumliche Auflösung, aber eine größere atmosphärische Dämpfung auszeichnet. Die Wahl des Radarwellenlängenbereiches wird vor allem durch die maximale Antennengröße, die Breite der Radarkeule, die Sensitivität, die Übertragungsstärke und die atmosphärische Dämpfung begrenzt.

Abtastverfahren

 
Abb.1.2.1: Messmethode in Bug- und Heckrichtung des Flugzeugs
 
Abb.1.2.2: Flugkurs und Abtastverfahren

Das ELDORA Radar-Abtastverfahren nutzt zwei Radarsysteme, um eine kontinuierliche Abtastung mit den Radarkegeln in Flug- und Gegenflugrichtung zu gewährleisten. Die Achse dieser Kegel ist parallel der Längsachse des Flugzeuges gelegen, was die nächste Abbildung verdeutlicht.

Die Radarantenne ermöglicht Messungen in einem Höhenwinkel von 17 bis 20° in Bug- und Heckrichtung relativ zur Längsachse des Flugzeuges und rotiert dabei um die eigene Längsachse. Gemessen wird in 0,3-0,5 km- Intervallen mit einer Reichweite von 40 bis 60 km. Durch dieses Messprinzip ist es möglich auf geradem Kurs durch einen Sturm oder an ihm vorbei zu fliegen, um alle nötigen Daten zu erfassen. Durch die besondere Abtaststrategie werden Ergebnisse ähnlich wie bei Dual-Doppler Radarsystemen erzielt, mit dem Unterschied, dass dieses Radar mobil und viel flexibler anwendbar ist.


Aufbau

 
Abb.1.2.3: Aufbau des Radarsystems
 
Abb.1.2.4: Vereinfachte Installation des Systems

Das ELDORA- Radarsystem besteht im Wesentlichen aus fünf Hauptfunktionseinheiten. Es setzt sich zusammen aus Signalempfänger und Signalverstärker, der Signalverarbeitung, dem Antennensystem und seinem Rotationsbehältnis und der Radarsteuerungseinheit. Da das Radarsystem aus zwei Modulen besteht, die in Bug- und Heckrichtung des Flugzeuges messen, sind alle Komponenten bis auf den Signalverstärker und die Kontrolleinheiten doppelt installiert. Dieser Aufbau wird im folgenden Blockbild dargestellt.

Der Einbau des Radarsystems ist relativ kompliziert. Die um ihre Längsachse rotierende Radarantenne muss samt Antieb und Schutzgehäuse im Heck des Flugzeugs verbaut werden. Der vereinfachte Aufbau ist in der nächsten Abbildung zu sehen.


Anwendungen

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Die Anwendungsgebiete des Wetterradars sind vielfältig. So wird es in der Hydrologie beispielsweise für die Messung von Gebietsniederschlägen, Regenvorhersage und davon abgeleitet für die Hochwasservorhersage sowie für hydrometeorologische Studien angewandt. Weiterhin kann eine Nutzung zur Schneedetektion erfolgen. Auch das Aufspüren von Insekten, welches zum Beispiel in der Landwirtschaft zur besseren Kenntnis von Schädlingseinfällen führen kann, ist zur Zeit Forschungsthema.

Im Folgenden soll auf einige, spezifische Anwendungsbereiche eingegangen werden.

Bestimmung von Gebietsniederschlägen

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RADOLAN-OP (Radar-Online-Aneichung)[3]

Die Bestimmung der Niederschlagshöhe ist unter Verwendung von Bodenmessungen um ein vielfaches genauer als dies mit Radardaten der Fall ist. Da die Regenmessungen am Boden jedoch nur Punktmessungen darstellen, müssen zum Beispiel geostatistische Verfahren zur Übertragung in die Fläche verwendet werden. Alternativ können dazu die Daten des Niederschlagsradars verwendet werden, wobei eine Aneichung an die Bodenmesswerte erfolgen muss. Bei korrekter Kalibrierung der Werte resultiert eine sehr viel genauere Aussage über die Niederschlagsverteilung auf einem Gebiet, als die unter alleiniger Nutzung von Bodenwerten möglich ist. Vor allem die Detektion von Starkregenzellen ist damit möglich. Ein Verfahren, welches die Angleichung der Radarmessungen an die Bodenwerte umsetzt, ist das vom DWD seit 2005 angewendete RADOLAN-OP. Es liefert stündliche Niederschlagsdaten für Deutschland mit einer räumlichen Auflösung von 1km². Die Berechnung findet dabei auf Basis der Werte der Niederschlagsabtastung (precipitation scan) des Wetterradars statt. Die Daten werden zuerst aufbereitet, was u.a. eine orographische Abschattungskorrektur sowie eine Gradientenglättung einschließt. Daraufhin erfolgt die Aneichung der Werte an die Messdaten, die aus automatisch registrierenden Niederschlagsmessgeräten gewonnen wurden. Dabei wird eine gewichtete Anwendung des Faktoren- sowie Differenzenverfahrens vollzogen, um die Vorteile beider Methoden zu kombinieren und somit die bestmögliche Aneichung zu erreichen. Die Radarniederschlagsdaten weisen dadurch die Struktur der Originaldaten auf, stimmen aber bezüglich der Niederschlagshöhen mit den Bodenmessungen überein und ergeben somit eine gute Schätzung der Niederschlagsverteilung.

Hochwasservorhersage

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Im Fall von schnellreagierenden Einzugsgebieten kann es durch Niederschläge mit hohen Intensitäten zu lokalen Hochwässern kommen. Diese werden als Sturzfluten (flash flood) bezeichnet. Die Gebietscharakteristika, i.A. eine kleine Einzugsgebietsgröße (wenige 100km²), mittlere bis große Höhenunterschiede sowie nah an der Geländeoberfläche anstehendes Gestein, verursachen eine schnelle Abflussbildung und -konzentration. Die resultierende Hochwasserwelle erreicht im Einzugsgebiet befindliche Ortschaften in kurzer Zeit, wodurch die Vorwarnzeiten bei ausschließlicher Verwendung von Regenmessungen an Bodenstationen als Input für Niederschlags-Abfluss-Modelle meist zu kurz sind, um angemessen reagieren zu können. Aus diesem Grund kann in solchen Gebieten auf Niederschlagsradar zurückgegriffen werden, um die Vorwarnzeiten entsprechend zu verlängern.


RADVOR-OP (Radar-Online-Vorhersage)[3]

Ein Verfahren zur kurzfristigen Vorhersage von Starkniederschläge ist das vom DWD betriebene RADVOR-OP. Dieses behandelt die Verlagerung konvektiver und stratiformer Niederschlagsfelder. Seine räumliche Auflösung beträgt dabei 1km² und die aller 15 Minuten aktualisierte Vorhersage betrifft die nächsten zwei Stunden und ist damit speziell für die Sturzflutprognose konzipiert. In Verbindung mit einer Radardateneinspeisung in das Wettervorhersagemodell LMK kann dabei die Kurzfristniederschlagsvorhersage auf bis zu 18 Stunden erweitert werden.

Auf ein Beispiel für die Ortschaft Tübingen-Lustnau, für die durch Ehret in Rahmen einer Doktorarbeit[4] ein spezifisches Vorhersagesystem erstellt wurde, soll hier nun kurz eingegangen werden:

 
Abb.2.2.1: Schema der Hochwasservorhersage der Stadt Tübingen nach der Beschreibung in Ehret, 2003[4]

Die von der Stadt Tübingen gewünschte Vorwarnzeit für das 75 km² große Einzugsgebiet des Goldersbaches sollte 6 Stunden betragen. Da durch die vorhandene Simulation des Niederschlags-Abfluss-Prozesses mit Modellen sowie der Bewirtschaftung von Rückhalteräumen insgesamt nur ein 4 stündiger Vorhersagehorizont erreichbar war, musste zur Erreichung des angestrebten Zieles ein Niederschlagsradar eingesetzt werden. Dabei lagen Wetterradardaten für ein 128 km mal 128 km großes Gebiet, mit einer räumlichen sowie zeitlichen Auflösung von 500 m respektive 10 Minuten vor. Aus diesen wurde der Parameter Überdeckung (wetted area ratio) abgeleitet und mit Hilfe eines auf Fuzzy-Logik basierten Systems eine Klassifikation in drei Niederschlagstypen vorgenommen. Diese war nötig, da die verschiedenen Typen charakteristische Merkmale hinsichtlich Lebenszyklus und Niederschlagsintensitäten aufweisen. Die Vorhersage der Entwicklung des Regenfeldes erfolgte durch das SCM („Spectrum corrected Markov Chain“) - Modell. Die durchlaufenden Schritte sind dabei: Advektionsberechnung, Vorhersage auf Bildebene, Vorhersage auf Pixelebene, Korrektur des Spektrums und Korrektur der Parameter, wobei letztere beiden sicherstellen, dass sich einzelne Pixel nicht unabhängig von einander entwickeln. Das vorhergesagte Radarfeld dient zur Ermittlung des Gebietsniederschlages mittels „Merging“. Dabei werden auch Informationen aus Bodenmessungen einbezogen

Für die Simulation der Hochwasserentwicklung werden zwei verschiedene Niederschlags-Abfluss-Modelle (das kontinuierliche Modell HBV-IWS sowie das ereignisbasierten FGMOD/LARSIM) angewendet. Es handelt sich dabei um Blockmodelle, d.h. es wird keine horizontale Gliederung des Gebietes betrachtet. Bis zum Vorhersagezeitpunkt werden gemessene, eindeutige Niederschlagsdaten verwendet, während danach die auf der Basis einer stochastischen Betrachtung vorhergesagten Niederschlagsdaten als Eingangsgrößen dienen. Die Abflussvorhersage erfolgt dann unter Angabe der möglichen Bandbreite, d.h. es werden die maximale und die minimale Niederschlagsprognose als Mittel aller betrachteten Szeanarien simuliert. Die erhaltenen Ergebnisse aus der Vorhersage werden schrittweise mit fortlaufender Zeit korrigiert. Insgesamt lässt sich durch das Regenradar eine Erweiterung des Vorhersagehorizontes um bis zu 90 Minuten erreichen, wobei eine Limitierung durch die Größe des durch das Radar abgedeckten Gebietes gegeben ist, da sich die betrachteten Niederschlagsgebiete mit zunehmender Vorhersagezeit aus dem Gebiet bewegen und keine Information über nachrückende Wolken vorhanden ist.


Unwetterwarnung

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Ein vom Deutschen Wetterdienst und sich im operativen Betrieb befindliches System zur Entscheidungsunterstützung bei Unwettervorhersagen ist KONRAD (Konvektionsentwicklung in Radarprodukten). Dieses Programm extrahiert aus dem Bild des Niederschlagsfeldes die Gewitterzellenkerne. Durch die Betrachtung von Zugrichtung, Flächenausdehnung sowie Echostärke werden Unwetterwarnungen für Windböen, Starkniederschlagsfelder und Hagel in einem Aktualisierungsrhytmus von 5 Minuten ausgegeben und können direkt von Entscheidungsträgern zur Ableitung des weiteren Vorgehens benutzt werden [1].

Aktuelle internationale Projekte

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Weltweit gibt es eine Vielzahl von Projekten, die sich mit der ständigen Erweiterung der Nutzung von Wetterradardaten und im speziellen mit dem Aufbau von größeren Verbundsystemen beschäftigen. Zu nennen sind beispielhaft der Wetterradarverbund der Vereinigten Staaten von Amerika NEXRAD sowie das europäische Projekt OPERA, welches sich mit dem Austausch der erfassten Radardaten der meteoroligischen Dienste der einzelnen Länder beschäftigt und hier genauer vorgestellt werden sol.

OPERA - Operational Programme for the Exchange of Weather Radar Information [5]

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Historie des europäischen Wetterradardatenaustausches

Der Austausch von Niederschlagsradardaten in Europa wird schon seit geraumer Zeit praktiziert. Der Nutzen einer solchen Kooperation wurde bereits nach dem Unglück von Tschernobyl im Jahr 1986 sichtbar, als die Verwendung von europaweiten Radardaten zum Monitoring und zur Berechnung der radioaktiven Ablagerungen benutzt wurde.

Im Jahr 1992 wurde dann die GORN (engl. Group on Operational European Weather Radar Networking) gegründet, da die Wichtigkeit der Ergänzung der Wetterradardaten durch Informationen aus Nachbarländern, bei denen nur geringe oder keine Zusatzkosten entstehen, erkannt wurde. Gleichzeitig wurde das Projekt eines zentralen, europäischen Wetterradarnetzwerks (CERAD, Central European Weather Radar Network) umgesetzt, an welchem sich 10 Länder beteiligten und das erfolgreich umgesetzt wurde. Projektschwerpunkte waren u.a. die Einigung auf einheitliche Datenstandards, Standardprodukte sowie eine Verbesserung von Komprimierungstechniken. Ein Ergebnis für die nationalen meteorologischen Dienste war z.B. die bessere Abdeckung von Grenzregionen unter Einbezug der Daten der angrenzenden Nachbarstaaten.


Das Projekt OPERA

Da die GORN-Gruppe auf freiwilliger Basis arbeitete, die gesteckten Ziele wie die Verbesserung der Komprimierungsmethoden jedoch nicht ohne ein entsprechendes Budget umsetzbar waren, wurde im Januar 1999 von EUMETNET (einem Zusammenschluß von mittlerweile 24 Nationalen Wetterdiensten Europas) das Programm "OPERA" ins Leben gerufen, an dem sich zuerst 22 Nationale Wetterdienste beteiligten. Dieses sollte vor allem das Handwerkszeug für den operationellen Austausch von Wetterradardaten liefern. Wichtig ist dabei, dass für den Austausch der Daten zweier beteiligter Länder ein bilaterales Abkommen, unabhängig von OPERA, geschlossen werden muss. Die Projektgruppe trifft sich dabei zwei mal jährlich, wobei mindestens ein Vertreter der jeweiligen nationalen Wetterdienste teilnimmt.

Projekt Laufzeit Verantwortliches Mitglied
OPERA I 1999-2003 Zentralinstitut für Meteorologie und Geodynamik, Wien
OPERA II 2004-2006 Finnisches Meteorologisches Institut
OPERA III 2007-2011 Köngliches, niederländisches Institut für Meteorologie

Die wichtigsten technischen Ziele des Projektes sind im folgenden dargestellt:

  • Übereinkunft über einheitliche Standards bezüglich Hard- und Software
  • Entwicklung von Qualitätskontrollstandards
  • Verständigung über einheitliche Standards für Datenaufnahme
  • Einigung über Daten und Produkte
  • Definition von Datenformaten für einen optimalen Datenaustausch
  • Entwicklung einer plattformunabhängiger Softwarebibliothek für die Datenverarbeitung, das Ver- und Entschlüsseln von Daten mittels der BUFR-Software

Um diese Ziele zu erreichen wurden insgesamt vier Gruppen gebildet, wobei die 3. Gruppe von nur geringerer Priorität war.

  1. Produktion der Radardaten
  2. Internationaler Austausch
  3. Archivierung
  4. Management
An OPERA teilnehmende Staaten[6]
Belgien Bulgarien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland
Großbritannien Irland Italien Kroatien Lettland Luxemburg Niederlande
Norwegen Österreich Polen Portugal Rumänien Schweden Schweiz
Slowakei Slowenien Spanien Tschechische Republik Ungarn Zypern

Das ursprünglich auf 5 Jahre angelegte Programm lieferte das Regelwerk für den internationalen Datenaustausch, der dafür sorgt, dass praktisch alle teilnehmenden Staaten ihre Radarinformationen unter Aufwendung nur sehr geringer Kosten durch ihre Nachbarländer komplettieren können. Das Projekte erfreute sich einer recht großen Akzeptanz. Aus diesem Grund wurde nach dem Auslaufen von OPERA im Jahr 2003 das Aufstellen eines neuen Projektes, "OPERA II", welches auf 3 Jahre beschränkt war und die gleichen Ziele weiterfolgte, beschlossen. Mittlerweile ist dabei das Projekt "OPERA III" begonnen worden, welches nun mehr bis 2011 läuft und in welchem die in der Tabelle dargestellten 27 Mitgliedsstaaten mitarbeiten. Da die für die Projektkoordinierung verantwortlichen Mitglieder jeweils mit einem neuen Projekt verändert wurden, ist die Betreuung des Programms zur Zeit der Leitung des könglichen, niederländischen Institutes unterworfern, welches auch die offzielle Internetseite des Projektes http://www.knmi.nl/opera/ unterhält. Diese enthält unter anderem Berichte zu den einzelnen Projektergbnissen, wie beispielsweise die Abschlußberichte für OPERA I (pdf) und OPERA II (pdf) sowie die aktuelle Version der zur Datenkodierung eingesetzten Software BUFR.

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Der Radarverbund des Deutschen Wetterdienstes. Broschüre Deutscher Wetterdienst, 2004. URL: http://www.deutscher-wetterdienst.de/lexikon/download.php?file=Radarverbund.pdf PDF (20.04.2020)
  2. HILDEBRAND, P. H.; WALTHER, C.; FLUSH, C. L.; TESTUD, J. ; BAUDIN, F.: The ELDORA/ASTRAIA Airborne Doppler Weather Radar - Goals, Design and First Field-Tests. In: Proceedings of the IEEE Bd. 82, 1994, S. 1873–1890.
  3. 3,0 3,1 Weigl, E.:Analyse und Vorhersage stündlicher Niederschlagshöhen mit Radar- und Ombrometermessungen in Echtzeit für hydrometeorologische Anwendungen beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Kurzfassungen der Meteorologentagung DACH, Vol. 1, 2007. pdf
  4. 4,0 4,1 Ehret, Uwe. Rainfall and Flood Nowcasting in Small Catchments using Weather Radar. Mitteilungen Institut für Wasserbau, Universität Stuttgart, 2003.
  5. Kock, K.; Leitner, T.; Randeu, W. L.; Divjak, M.; Schreiber, K.-J.: OPERA: Operational Programme for the Exchange of Weather Radar Information. First Results and Outlook for the Future. Physics and Chemistry of the Earth Part B, v. 25, iss. 10-12, p. 1147-1151, 2000.
  6. EUMETNET OPERA PROGRAMME (2004–2006). Operational Programme for the Exchange of Weather Radar Information. Final report. 2007 pdf