Symmetrien/Isometrien/Würfel/Einführung/Textabschnitt


Definition  

Es sei eine Teilmenge in einem euklidischen Vektorraum. Eine eigentliche Isometrie

mit heißt eigentliche Symmetrie oder Bewegung von .

Die Menge aller Symmetrien an einem solchen geometrischen Objekt bilden mit der Hintereinanderschaltung eine Gruppe, die (eigentliche) Symmetriegruppe von . Es handelt sich um eine Untergruppe der Gruppe der (eigentlichen) Isometrien des euklidischen Vektorraumes. Wenn hinreichend kompliziert ist, so wird es neben der Identität keine weitere Symmetrie geben. In den Fällen und ist jede Isometrie eine Symmetrie. Die Menge aller Symmetrien unter Einschluss der uneigentlichen Isometrien bilden ebenfalls eine Gruppe. Die eigentlichen sind die physikalisch an einem starren Körper durchführbaren Symmetrien und zugleich die orientierungstreuen Abbildungen.

Wir besprechen als einführendes Beispiel die Symmetrien an einem Würfel.


Beispiel  

Wir betrachten einen Würfel mit der Seitenlänge und dem Nullpunkt als Mittelpunkt. Die Eckpunkte sind also

Wir fragen uns, welche Möglichkeiten es gibt, den Würfel in sich selbst zu überführen. Dabei soll der Würfel nicht in irgendeiner Form deformiert werden, es ist nur erlaubt, ihn als Ganzes zu bewegen, und zwar soll die Bewegung wirklich physikalisch durchführbar sein. Man spricht auch von einer (eigentlichen) Bewegung des Würfels. Bei einer solchen Bewegung verändert der Würfelmittelpunkt seine Lage nicht, und es werden Seiten auf Seiten, Kanten auf Kanten und Ecken auf Ecken abgebildet. Ebenso werden Seitenmittelpunkte auf Seitenmittelpunkte abgebildet, und gegenüberliegende Seitenmittelpunkte werden auf gegenüberliegende Seitenmittelpunkte abgebildet. Die Seitenmittelpunkte sind die sechs Punkte

Wenn der Punkt auf den Seitenmittelpunkt abgebildet wird, so wird auf den gegenüberliegenden Punkt, also , abgebildet. Hierbei ist jede Vorgabe von erlaubt, doch dadurch ist die Bewegung noch nicht eindeutig bestimmt. Für den Seitenmittelpunkt gibt es dann noch vier mögliche Bildpunkte (nur und sind ausgeschlossen), da man den Würfel um die durch gegebene Achse um ein Vielfaches von Grad drehen kann. Diese Drehungen entsprechen genau den Möglichkeiten, den Punkt auf einen der vier verbliebenen Seitenmittelpunkte abzubilden. Durch die Wahl des zweiten Seitenmittelpunktes ist die Bewegung dann eindeutig festgelegt. Ist das völlig klar?

Um sich das klar zu machen, sind folgende Beobachtungen sinnvoll.

  1. Bewegungen lassen sich hintereinander ausführen, d.h. wenn man zwei Würfelbewegungen und hat, so ist auch die Hintereinanderausführung , die zuerst und dann durchführt, sinnvoll definiert.
  2. Die identische Bewegung, die nichts bewegt, ist eine Bewegung. Wenn man zu einer beliebigen Bewegung die identische Bewegung davor oder danach durchführt, so ändert das die Bewegung nicht.
  3. Zu einer Bewegung gibt es die entgegengesetzte Bewegung (oder „Rückwärtsbewegung“) , die die Eigenschaft besitzt, dass die Hintereinanderausführungen und einfach die Identität sind.

Mit diesen Beobachtungen kann man sich das oben erwähnte Prinzip folgendermaßen klar machen: angenommen, es gibt zwei Bewegungen und , die beide auf und auf abbilden. Es sei die umgekehrte Bewegung zu . Dann betrachtet man die Gesamtbewegung

Diese Bewegung hat die Eigenschaft, dass auf und dass auf abgebildet wird, da ja den Punkt auf schickt und den Punkt auf zurückschickt (und entsprechend für ). hat also die Eigenschaft, dass sowohl als auch auf sich selbst abgebildet werden, d.h., es handelt sich um Fixpunkte der Bewegung. Dann ist aber bereits die gesamte -Ebene fix. Die einzige physikalisch durchführbare Bewegung des Würfels, die diese Ebene unbewegt lässt, ist aber die identische Bewegung. Daher ist und damit . Man beachte, dass die Spiegelung an der -Ebene die Punkte und vertauscht, doch ist dies eine sogenannte uneigentliche Bewegung, da sie nicht physikalisch durchführbar ist.


Damit ergibt sich, dass es für den Basisvektor sechs mögliche Bildvektoren gibt, für den zweiten Basisvektor noch jeweils vier und dass dadurch die Abbildung eindeutig festgelegt ist. Insgesamt gibt es also Transformationen des Würfels. Am einfachsten beschreibt man die Bewegungen durch eine -Matrix, wobei in den Spalten die Bildvektoren der Basisvektoren stehen. Wenn der erste Basisvektor festgehalten wird, so sind die vier möglichen Bewegungen durch die Matrizen

gegeben. Dies sieht man so: wenn eine Seitenmitte auf sich selbst abgebildet wird, so gilt das auch für die gegenüberliegende Seitenmitte und dann wird die dadurch definierte Achse nicht bewegt. Eine Bewegung, die eine solche Seitenmittelpunktachse fest hält, muss eine Drehung um diese Achse sein, und zwar eine um ein Vielfaches von Grad. Eine solche Drehung ist eine Bewegung in der Ebene (nämlich in der zur festen Achse senkrechten Ebene), und diese Beobachtung führt zu den angegebenen Matrizen.

Eine wichtige Eigenschaft dieser Bewegungen ist, dass es sich um Drehungen des Raumes um eine fixierte Achse handelt. Diese Eigenschaft zeichnet Raumbewegungen nach Fakt generell aus. Da die eben besprochenen Drehungen Vielfache einer Vierteldrehung sind, folgt, dass wenn man sie jeweils viermal hintereinander durchführt, dann wieder die Identität vorliegt. Bei der Halbdrehung führt natürlich schon die zweifache Ausführung zur Identität. Die Ordnungen dieser Bewegungen im Sinne der Gruppentheorie sind also bzw. .

Wir betrachten nun im Würfelbeispiel die Raumdiagonale , die durch und durch geht. Auch um diese Achse kann man den Würfel drehen, und zwar um Vielfache von Grad. Man mache sich hierzu klar, wie der Würfel aussieht, wenn diese Achse zu einem Punkt im Gesichtsfeld wird. Die Dritteldrehung, die auf schickt, muss auf schicken. Die beiden Dritteldrehungen um diese Raumdiagonale sind daher in Matrixdarstellung durch

gegeben (die natürlich invers zueinander sind). Als letzte Drehmöglichkeit gibt es die Halbdrehung um eine Kantenmittelpunktsachse, als eine Achse, die durch die Kantenmittelpunkte von zwei gegenüber liegenden Kanten gegeben ist.

Die Bewegungen am Würfel kann man dadurch verstehen, indem man untersucht, was eine Bewegung mit den Seitenmittelpunkten macht, wie sie also diese sechs Punkte ineinander überführt, welche sie fest lässt, etc. Eine Bewegung bestimmt dabei stets eine Bijektion dieser Punktmenge in sich selbst, also eine Permutation. Es gibt aber auch andere charakteristische Punkte bzw. allgemeiner geometrische Teilobjekte des Würfels, die bei einer Würfelbewegung ineinander überführt werden, z.B. die Menge der Eckpunkte, die Menge der Kantenmittelpunkte, die Menge der Kanten, die Menge der Seiten, die Menge aller Raumdiagonalen, etc. Jede Bewegung hat auf diesen Objekten eine für sie charakteristische (Aus-)wirkung. Die mathematische Präzisierung dieser Beobachtung führt zum Begriff der Gruppenwirkung und des Gruppenhomomorphismus. Wenn man die Bezeichnung der Ecken vom obigen Bild übernimmt, so haben die oben an zweiter Stelle angeführte Vierteldrehung und die erste Dritteldrehung folgende Wirkung auf den Eckpunkten.


Vierteldrehung um Seitenmittelachse.

Punkt
Bildpunkt


Dritteldrehung um Raumdiagonale

Punkt
Bildpunkt