Kurs:Funktionentheorie (Osnabrück 2023-2024)/Vorlesung 2/latex

\setcounter{section}{2}






\zwischenueberschrift{Biholomorphe Funktionen}

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ {\mathbb K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} offen und \definitionsverweis {zusammenhängend}{}{} und \maabb {f} {U} { {\mathbb K} } {} eine differenzierbare Funktion. Im reellen Fall ist dann $U$ einfach ein offenes Intervall, und diese sind alle untereinander \definitionsverweis {homöomorph}{}{.} Dagegen gibt es im komplexen Fall eine Vielzahl an offenen Mengen, und es ist ein Bestreben der Funktionentheorie zu verstehen, wann diese zueinander homöomorph \zusatzklammer {bzw. diffeomorph oder biholomorph} {} {} sind. Es gibt eine erstaunliche enge Beziehung zwischen offenen Mengen in ${\mathbb C}$ und den auf ihr definierten komplex-differenzierbaren Funktionen. Dabei kann man sich stets auf den zusammenhängenden Fall zurückziehen, weshalb der folgende Begriff verwendet wird.




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis { offene Teilmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt \definitionswort {Gebiet}{.}

}




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{} \maabb {f} {U} {V } {} zwischen \definitionsverweis {offenen Mengen}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U,V }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt \definitionswort {biholomorph}{,} wenn sie \definitionsverweis {bijektiv}{}{} und ihre \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{} ebenfalls holomorph ist.

} Zwei offene Mengen heißen biholomorph, wenn es eine biholomorphe Abbildung zwischen ihnen gibt. Eine biholomorphe Abbildung von $U$ auf sich selbst nennt man auch einen \zusatzklammer {biholomorphen} {} {} \stichwort {Automorphismus} {.}




\inputbeispiel{}
{

Zu komplexen Zahlen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u,v }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die \definitionsverweis {affin-lineare Abbildung}{}{} \maabbeledisp {} { {\mathbb C} } { {\mathbb C} } {z} {uz+v } {,} \definitionsverweis {biholomorph}{}{.} Die Ableitung ist konstant gleich $u$, die Umkehrabbildung ist ebenfalls affin-linear, das gilt ja für jeden Körper.


}

Es gilt sogar, dass diese affin-linearen Abbildungen die einzigen biholomorphen Abbildungen von ${\mathbb C}$ in sich sind, siehe Satz 18.8.






\zwischenueberschrift{Gebrochen-lineare Funktionen}




\inputdefinition
{}
{

Zu komplexen Zahlen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a,b,c,d }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ ad-bc }
{ \neq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} nennt man die Abbildung \maabbeledisp {} { {\mathbb C} \setminus \{ - { \frac{ d }{ c } } \} } { {\mathbb C} } {z} { { \frac{ az+b }{ cz+d } } } {,} eine \definitionswort {gebrochen-lineare Funktion}{.}

}

Es handelt sich um eine rationale Funktion, bei der Zähler und Nenner affin-lineare Polynome sind. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist sie auf ganz ${\mathbb C}$ definiert, andernfalls ist sie im einzigen Punkt $- { \frac{ d }{ c } }$ nicht definiert. Man spricht auch von einer \stichwort {Möbius-Transformation} {,} wobei dies hauptsächlich dann verwenden wird, wenn man die Abbildung auf die riemannsche Zahlenkugel fortsetzt. Die Bedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ad-bc }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bedeutet, dass die \definitionsverweis {Determinante}{}{} der Matrix
\mathl{\begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix}}{} nicht $0$ ist, was nach Satz 16.11 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) dazu äquivalent ist, dass die Matrix \definitionsverweis {invertierbar}{}{} ist. Dies sichert, dass eine nicht konstante Funktion vorliegt. Eine solche invertierbare Matrix
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix} }
{ \in }{ \operatorname{GL}_{ 2 } \! { \left( {\mathbb C} \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert also die gebrochen-lineare Funktion
\mathl{z \mapsto { \frac{ az+b }{ cz+d } }}{.} Wir wollen die Beziehung zwischen diesen Matrizen und den zugehörigen gebrochen-linearen Funktionen verstehen. Eine Matrix der Form
\mathl{\begin{pmatrix} a & b \\ 0 & d \end{pmatrix}}{} geht dabei auf die affin-lineare Abbildung
\mathl{z \mapsto { \frac{ a }{ d } } z + { \frac{ b }{ d } }}{,} insbesondere geht eine Matrix der Form
\mathl{\begin{pmatrix} a & 0 \\ 0 & 1 \end{pmatrix}}{} auf die komplexe Multiplikation mit $a$, und eine Matrix der Form
\mathl{\begin{pmatrix} 1 & b \\ 0 & 1 \end{pmatrix}}{} auf die Verschiebung $z \mapsto z+b$, und die Matrix
\mathl{\begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix}}{} geht auf die komplexe Invertierung
\mathl{z \mapsto z^{-1}}{.}





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Gebrochen-lineare Funktion/Verknüpfungseigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Die Abbildung \maabbeledisp {} { \operatorname{GL}_{ 2 } \! { \left( {\mathbb C} \right) } } { \operatorname{Rat} ( {\mathbb C}, {\mathbb C} ) } { \begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix} } { { \left( z \mapsto { \frac{ az+b }{ cz+d } } \right) } } {,} die einer \definitionsverweis {invertierbaren Matrix}{}{} die zugehörige \definitionsverweis {gebrochen-lineare Funktion}{}{} zuordnet,}
\faktfolgerung {ist ein \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{,} dessen Bild die Gruppe der gebrochen-linearen Abbildungen ist und dessen \definitionsverweis {Kern}{}{} aus den Streckungsmatrizen
\mathl{\begin{pmatrix} s & 0 \\ 0 & s \end{pmatrix}}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besteht.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mathl{\begin{pmatrix} e & f \\ g & h \end{pmatrix}}{} eine zweite Matrix, die zugehörigen linear-gebrochen Funktionen seien $\varphi$ und $\psi$. Dann ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \psi (\varphi (z)) }
{ =} { \psi { \left( { \frac{ az+b }{ cz+d } } \right) } }
{ =} { { \frac{ e{ \frac{ az+b }{ cz+d } } + f }{ g { \frac{ az+b }{ cz+d } } +h } } }
{ =} { { \frac{ e{ \left( az+b \right) } + f { \left( cz+d \right) } }{ g { \left( az+b \right) } +h { \left( cz+d \right) } } } }
{ =} { { \frac{ { \left( ae+cf \right) } z + be + df }{ { \left( ag+ch \right) } z + bg+dh } } }
} {} {}{.} Dies ist die gebrochen-lineare Funktion, die zur Produktmatrix
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} e & f \\ g & h \end{pmatrix} \begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix} }
{ =} { \begin{pmatrix} ae+cf & be +df \\ ag +ch & bg+dh \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gehört.

Zu einer Streckungsmatrix
\mathl{\begin{pmatrix} s & 0 \\ 0 & s \end{pmatrix}}{} gehört die gebrochen-lineare Funktion
\mathl{z \mapsto { \frac{ sz }{ s } } = z}{,} also die Identität. Es sei
\mathl{\begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix}}{} eine invertierbare Matrix derart, dass die zugehörige gebrochen-lineare Funktion $\varphi$ die Identität ist. Dann ist insbesondere
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(0) }
{ =} { { \frac{ b }{ d } } }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} woraus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ b }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt. Aus
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(1) }
{ =} { { \frac{ a }{ c+d } } }
{ =} { 1 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(2) }
{ =} { { \frac{ 2a }{ 2c+d } } }
{ =} { 2 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dann auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ = }{ d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Gebrochen-lineare Funktion/Biholomorph/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Jede \definitionsverweis {gebrochen-lineare Funktion}{}{}
\mathl{z \mapsto { \frac{ az+b }{ cz+d } }}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}}
\faktfolgerung {definiert eine \definitionsverweis {biholomorphe}{}{} Funktion \maabbdisp {} { {\mathbb C} \setminus \{ - { \frac{ d }{ c } } \} } {{\mathbb C} \setminus \{ { \frac{ a }{ c } } \} } {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die inverse Matrix zu
\mathl{\begin{pmatrix} a & b \\ c & d \end{pmatrix}}{} ist
\mathl{{ \frac{ 1 }{ ad-bc } } \begin{pmatrix} d & -b \\ -c & a \end{pmatrix}}{,} nach Lemma 2.5 ist die Umkehrabbildung zur durch die Matrix gegebene gebrochen-lineare Funktion gleich der gebrochen-linearen Funktion zur inverse Matrix. Insbesondere gibt es also eine Umkehrabbildung von der gleichen Bauart, wobei die inverse Abbildung in
\mathl{{ \frac{ a }{ c } }}{} nicht definiert ist. Allerdings müssen wir noch begründen, dass dieser Punkt nicht getroffen wird, damit die beiden Abbildungen außerhalb des jeweils einen Punktes zusammenpassen. Betrachten wir also die Gleichung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ az+b }{ cz+d } } }
{ =} { { \frac{ a }{ c } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (az+b) c }
{ =} { a(cz+d) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} bzw. zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( ac -ac \right) } z }
{ =} { ad -bc }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} äquivalent ist, die keine Lösung besitzt.

}





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Gebrochen-lineare Funktion/Faktorisierungseigenschaft/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Jede \definitionsverweis {gebrochen-lineare Funktion}{}{}}
\faktfolgerung {kann man als eine Hintereinanderschaltung einer Multiplikation mit einer komplexen Zahl $\neq 0$, einer Verschiebung mit einer komplexen Zahl und der Invertierungsfunktion schreiben.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wegen Lemma 2.5 folgt dies aus der Faktorisierung einer invertierbaren Matrix in eine Matrix der Form $\begin{pmatrix} a & 0 \\ 0 & 1 \end{pmatrix}$ und in \definitionsverweis {Elementarmatrizen}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Gebrochen-lineare Funktion/Drei Punkte/In C/Explizit/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mathl{z_1,z_2,z_3}{} verschiedene komplexe Zahlen.}
\faktfolgerung {Dann bildet die durch die Matrix
\mathl{\begin{pmatrix} z_2-z_3 & -z_1(z_2-z_3) \\ z_2-z_1 & -z_3 (z_2-z_1) \end{pmatrix}}{} gegebene \definitionsverweis {gebrochen-lineare Funktion}{}{} den Punkt $z_1$ auf $0$ und den Punkt $z_2$ auf $1$ ab und ist im Punkt $z_3$ nicht definiert.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die zu
\mathl{\begin{pmatrix} z_2-z_3 & -z_1(z_2-z_3) \\ z_2-z_1 & -z_3 (z_2-z_1) \end{pmatrix}}{} zugehörige gebrochen-lineare Funktion $\varphi$ ist durch
\mathdisp {z \longmapsto { \frac{ (z_2-z_3) z - z_1 (z_2-z_3) }{ (z_2-z_1) z - z_3(z_2-z_1) } } = { \frac{ (z-z_1) (z_2-z_3) }{ (z-z_3) (z_2-z_1) } }} { }
gegeben. Dies ist offenbar im Punkt $z_3$ nicht definiert. Ferner ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(z_1) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(z_2) }
{ =} { { \frac{ (z_2-z_1) (z_2-z_3) }{ (z_2-z_3) (z_2-z_1) } } }
{ =} { 1 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}






\zwischenueberschrift{Halbebene und Kreisscheibe}




\inputdefinition
{}
{

Unter der \definitionswort {oberen Halbebene}{} in ${\mathbb C}$ versteht man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathbb H} }
{ =} { { \left\{ z \in {\mathbb C} \mid \operatorname{Im} \, { \left( z \right) } > 0 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Cayley transform in complex plane.png} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Cayley transform in complex plane.png } {} {KSmrq} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}


Die offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und Radius $r$ bezeichnen wir mit
\mathl{U { \left( P,r \right) }}{.} Speziell ist
\mathl{U { \left( 0,1 \right) }}{} die offene Einheitskreisscheibe.




\inputfaktbeweis
{Obere Halbebene/Einheitskreis/Rational isomorph/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Die \definitionsverweis {Abbildungen}{}{} \maabbeledisp {\varphi} { {\mathbb H} } { U { \left( 0,1 \right) } } { z} { { \frac{ z- { \mathrm i} }{ z + { \mathrm i} } } } {,} und \maabbeledisp {\psi} { U { \left( 0,1 \right) } } { {\mathbb H} } {w} { { \frac{ (w+1) { \mathrm i} }{ 1-w } } } {,}}
\faktfolgerung {sind zueinander inverse \definitionsverweis {biholomorphe Abbildungen}{}{} zwischen der \definitionsverweis {oberen Halbebene}{}{} ${\mathbb H}$ und der offenen Einheitskreisscheibe $U { \left( 0,1 \right) }$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

$\varphi$ ist wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ - { \mathrm i} }
{ \notin }{ {\mathbb H} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf ${\mathbb H}$ definiert. Wir zeigen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { { \frac{ z- { \mathrm i} }{ z + { \mathrm i} } } } }
{ <} {1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} was zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { z- { \mathrm i} } }
{ <} { \betrag { z + { \mathrm i} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} äquivalent ist. Mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ = }{a+b { \mathrm i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist dies äquivalent zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ a^2 +(b+1)^2 }
{ >} { a^2 +(b-1)^2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} was wiederum äquivalent zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ b^2+2b+1 }
{ >} { b^2 -2b +1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist, was wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stimmt.

Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { w } }
{ < }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist direkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{1-w }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} daher ist $\psi$ definiert. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{w }
{ = }{ c+d { \mathrm i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c^2+d^2 }
{ < }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ { \frac{ (w+1) { \mathrm i} }{ 1-w } } }
{ =} { { \frac{ (c+1+d { \mathrm i} ) { \mathrm i} }{ 1-c -d { \mathrm i} } } }
{ =} { { \frac{ -d +(c+1) { \mathrm i} }{ 1-c -d { \mathrm i} } } }
{ =} { { \frac{ -d +(c+1) { \mathrm i} }{ 1-c -d { \mathrm i} } } \cdot { \frac{ 1-c+d { \mathrm i} }{ 1-c +d { \mathrm i} } } }
{ =} { { \frac{ -d (1-c) -d(c+1) + ( (1+c)(1-c)-d^2 ) { \mathrm i} }{ (1-c)^2 +d^2 } } }
} {} {}{.} Da der Nenner eine positive reelle Zahl ist, ist der Imaginärteil dieser Zahl wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ 1-c^2-d^2 }
{ >0} { }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} positiv, also liegt das Bild von $\psi$ in ${\mathbb H}$.

Wir berechnen nun die Hintereinanderschaltungen. Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \varphi( \psi(w)) }
{ =} { \varphi \left( \frac{ (w+1) { \mathrm i} }{ 1-w } \right) }
{ =} { { \frac{ { \frac{ (w+1) { \mathrm i} }{ 1-w } } - { \mathrm i} }{ { \frac{ (w+1) { \mathrm i} }{ 1-w } } + { \mathrm i} } } }
{ =} { { \frac{ (w+1) { \mathrm i} - (1-w) { \mathrm i} }{ (w+1) { \mathrm i} + (1-w) { \mathrm i} } } }
{ =} { { \frac{ 2 w { \mathrm i} }{ 2 { \mathrm i} } } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { w }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{} und
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \psi( \varphi(z)) }
{ =} { \psi { \left( { \frac{ z- { \mathrm i} }{ z + { \mathrm i} } } \right) } }
{ =} { { \frac{ { \left( { \frac{ z- { \mathrm i} }{ z + { \mathrm i} } } +1 \right) } { \mathrm i} }{ 1- { \frac{ z- { \mathrm i} }{ z + { \mathrm i} } } } } }
{ =} { { \frac{ ( z- { \mathrm i} + z+ { \mathrm i} ) { \mathrm i} }{ z+ { \mathrm i} - (z- { \mathrm i} ) } } }
{ =} { { \frac{ 2 z { \mathrm i} }{ 2 { \mathrm i} } } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { z }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}

}


\inputfaktbeweis
{Obere Halbebene/Geschlitzte Ebene/Rational isomorph/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Die \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {\varphi} { {\mathbb H} } { {\mathbb C} \setminus { \left\{ z \in {\mathbb C} \mid \operatorname{Re} \, { \left( z \right) } \leq 0 , \, \operatorname{Im} \, { \left( z \right) } = 0 \right\} } } { z} { - z^2 } {,}}
\faktfolgerung {ist eine \definitionsverweis {biholomorphe Abbildung}{}{} zwischen der \definitionsverweis {oberen Halbebene}{}{} ${\mathbb H}$ und der längs der negativen reellen Achse geschlitzten komplexen Ebene.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 2.19. }







\zwischenueberschrift{Kreisringe}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Mezikruzi.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Mezikruzi.svg } {} {Pajs} {cs Wikipedia} {gemeinfrei} {}





\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0 }
{ \leq }{ r }
{ < }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} reelle Zahlen. Unter dem \definitionswort {offenen Kreisring}{} versteht man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ U(a,r,R) }
{ =} { U { \left( a,R \right) } \setminus B \left( a,r \right) }
{ } { }
{ } { }
{ } {}
} {}{}{.}

}

Es wird also aus einer größeren offenen Kreisscheibe eine kleinere konzentrische abgeschlossene Kreisscheibe herausgenommen. Die Offenheit beruht auf der Beschreibung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ U(a,r,R) }
{ =} { U { \left( a,R \right) } \cap { \left( {\mathbb C} \setminus B \left( a,r \right) \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Statt Kreisring sagt man auch \stichwort {Annulus} {.} Die reellen Zahlen \mathkor {} {r} {und} {R} {} heißen die Radien des Kreisringes, oft erlaubt man für den oberen Radius auch $\infty$. Der Fall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist ausdrücklich erlaubt, dann wird nur der eine Punkt $\{a\}$ herausgenommen. Häufig nimmt man $0$ als Mittelpunkt, dann schreibt man einfach $U(r,R)$.




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{}
} {}{}{} eine reelle Zahl. Unter der \definitionswort {punktierten Kreisscheibe}{} \zusatzklammer {mit Mittelpunkt $a$ und Radius $r$} {} {} versteht man die Menge
\mathdisp {U { \left( a,r \right) } \setminus \{a\}} { . }

}

Die punktierte Kreisscheibe ist ein spezieller offener Kreisring, wobei der kleinere Radius gleich $0$ ist.





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Offener Kreisring/Standardform/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Jeder \definitionsverweis {offene Kreisring}{}{}
\mathl{U(a,r,R)}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R }
{ \in }{ \R_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}}
\faktfolgerung {ist \definitionsverweis {biholomorph}{}{} zu einem Kreisring der Form
\mathl{U(0,s,1)}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ 0 }
{ \leq} { s }
{ =} { { \frac{ r }{ R } } }
{ <} { 1 }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Durch eine Verschiebung erhält man den offenen Kreisring
\mathl{U(0,r,R)}{.} Durch Multiplikation mit
\mathl{{ \frac{ 1 }{ R } }}{} geht dieser in den Kreisring
\mathl{U(0, { \frac{ r }{ R } } ,1)}{} über.

}


Der nach außen unbeschränkte Kreisring ist zur punktierten Kreisscheibe biholomorph, siehe Aufgabe 2.21.


\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Offener Kreisring/Um 0/Invertierung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $U(r,R)$ der \definitionsverweis {offene Kreisring}{}{} zu den Radien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0 }
{ < }{ r }
{ < }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} um den Nullpunkt.}
\faktfolgerung {Dann induziert die \definitionsverweis {komplexe Invertierung}{}{} eine \definitionsverweis {biholomorphe Abbildung}{}{} \maabbdisp {} {U(r,R)} { U(R^{-1},r^{-1}) } {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 2.22. }