Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2015-2016)/Zorn und Hamel/Textabschnitt



Das Lemma von Zorn

Jeder Vektorraum besitzt eine Basis. Diese Existenzaussagen beruht auf stärkeren mengentheoretischen Konzepten, nämlich auf dem Auswahlaxiom und dem Lemma von Zorn.


Es sei eine Menge und , , eine Familie von nichtleeren Mengen . Dann gibt es eine Abbildung

mit für alle .

Das Auswahlaxiom ist intuitiv einleuchtend, da es lediglich die Existenz eines Tupels garantiert, wobei es für jedes im Allgemeinen viele Kandidaten gibt. Da jedes nicht leer ist, gibt es zu einem festen mindestens ein . Der Inhalt des Auswahlaxiomes ist, dass man diese Elemente als Werte einer Abbildung realisieren kann. Die Abbildung wählt also in jeder der Mengen ein Element aus. Das Auswahlaxiom ist ein starkes Axiom mit teilweise überraschenden (und manchmal kontraintuitiven?) Konsequenzen.

Das Lemma von Zorn wird für geordnete Mengen formuliert. Wir erinnern an die relevanten Definitionen.


Eine Relation auf einer Menge heißt Ordnungsrelation oder Ordnung, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind.

  1. Es ist für alle .
  2. Aus und folgt stets .
  3. Aus und folgt .

Eine Menge mit einer fixierten Ordnung heißt geordnete Menge. Eine Ordnung heißt total, wenn oder für je zwei Elemente gilt. Die reellen Zahlen sind mit der üblichen Ordnung total geordnet, die Potenzmenge zu einer Menge ist mit der Inklusion eine nicht total geordnete Menge.


Es sei eine geordnete Menge. Ein Element heißt größtes Element von , wenn für jedes gilt.


Es sei eine geordnete Menge. Ein Element heißt maximal (in ) oder ein maximales Element (von ), wenn es kein Element , , mit gibt.

Bei einer total geordneten Menge fallen diese beiden Begriffe zusammen. Ein größtes Element ist, wenn es existiert, eindeutig bestimmt.


Es sei eine geordnete Menge und eine Teilmenge. Ein Element heißt obere Schranke für , wenn für jedes gilt.

Die folgende Aussage heißt Lemma von Zorn.


Es sei eine geordnete Menge mit der Eigenschaft, dass jede total geordnete Teilmenge eine obere Schranke in besitzt.

Dann gibt es in maximale Elemente.

Beweis

Diese Aussage kann man aus dem Auswahlaxiom herleiten; der Beweis ist aber ziemlich kompliziert und wenig erhellend, so dass wir auf ihn verzichten.


Da die leere Menge total geordnet ist, kann insbesondere die Menge nicht leer sein. Dies wird manchmal in Formlierungen des Lemmas extra mitaufgeführt. Häufig nennt man die total geordneten Teilmengen auch Ketten. Das Lemma von Zorn ist ein grundlegender mengentheoretischer Sachverhalt, der zum Auswahlaxiom äquivalent ist.



Der folgende Satz heißt Satz von Hamel.



Jeder Vektorraum

besitzt eine Basis.

Es sei ein Vektorraum über einem Körper . Es sei

Die leere Menge gehört zu , also ist nicht leer. Es sei eine total geordnete Teilmenge. Wir behaupten, dass

ebenfalls linear unabhängig ist und daher eine obere Schranke von in bildet. Andernfalls gäbe es nämlich eine endliche Teilmenge , deren Elemente linear abhängig sind, und es gäbe auch ein , das umfasst und daher selbst linear abhängig wäre. Nach dem Lemma von Zorn besitzt also maximale Elemente, d.h. es gibt eine Teilmenge , die linear unabhängig ist und derart, dass es keine echt größere linear unabhängige Teilmenge von gibt. Wir behaupten, dass auch ein Erzeugendensystem von ist. Es sei dazu . Bei sind wir fertig. Bei ist linear abhängig, d.h. es gibt eine Linearkombination

mit Elementen und Koeffizienten , die nicht alle sind. Dabei kann nicht sein, da sonst eine lineare Abhängigkeit zwischen Elementen aus vorliegen würde. Also kann man als Linearkombination der ausdrücken.