Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 12/latex
\setcounter{section}{12}
\zwischenueberschrift{Exaktheit}
Es seien
\mathl{F,G,H}{}
\definitionsverweis {kommutative Gruppen}{}{}
und seien
\mathdisp {F \stackrel{\alpha}{\longrightarrow} G \stackrel{\beta}{\longrightarrow} H} { }
\definitionsverweis {Gruppenhomomorphismen}{}{.}
Man sagt, dass ein Komplex vorliegt, wenn
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} \alpha
}
{ \subseteq} { \operatorname{kern} \beta
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gilt, was zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \beta \circ \alpha
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
äquivalent ist. Man sagt, dass der Komplex exakt ist, wenn
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} \alpha
}
{ =} { \operatorname{kern} \beta
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gilt. Dieses Konzept überträgt man auf Garben von kommutativen Gruppen auf einem topologischen Raum $X$, indem man die Bedingungen halmweise interpretiert
\zusatzklammer {siehe
Lemma 10.16} {} {.}
Man sagt also, dass die Garbenhomomorphismen
\mathdisp {{ \mathcal F } \stackrel{\alpha}{\longrightarrow} { \mathcal G } \stackrel{\beta}{\longrightarrow} { \mathcal H }} { }
einen Komplex bilden, wenn für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P
}
{ \in }{ X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Halmabbildungen
\mathdisp {{ \mathcal F }_P \stackrel{\alpha}{\longrightarrow} { \mathcal G }_P \stackrel{\beta}{\longrightarrow} { \mathcal H }_P} { }
einen Komplex von Gruppen bilden, und man nennt den Garbenkomplex exakt, wenn der Halmkomplex für jeden Punkt exakt ist.
\inputdefinition
{}
{
Ein
\definitionsverweis {exakter}{}{}
\definitionsverweis {Komplex}{}{}
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, { \mathcal F } \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, { \mathcal G } \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, { \mathcal H } \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
von
\definitionsverweis {Garben von kommutativen Gruppen}{}{}
auf einem
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$ heißt
\definitionswort {kurze exakte Sequenz}{.}
}
Hierbei ist insbesondere die vordere Abbildung injektiv und die hintere Abbildung
\zusatzklammer {Garben} {} {-}surjektiv. Es ist ${ \mathcal F }$ der
\definitionsverweis {Kern}{}{}
des Garbenhomomorphismus
\maabb {} { { \mathcal G }} { { \mathcal H }
} {}
und ${ \mathcal H }$ ist die
\definitionsverweis {Quotientengarbe}{}{}
zur Untergarbe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \mathcal F }
}
{ \subseteq }{ { \mathcal G }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
{Topologische Gruppen/Kommutativ/Kurze exakte Sequenz/Lokal stetiger Schnitt/Garbensequenz/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, F \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, G \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, H \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
eine
\definitionsverweis {kurze exakte Sequenz}{}{}
von kommutativen
\definitionsverweis {topologischen Gruppen}{}{}
\zusatzklammer {mit stetigen Gruppenhomomorphismen} {} {.}}
\faktvoraussetzung {Es trage $F$ die
\definitionsverweis {induzierte Topologie}{}{}
von $G$ und die Surjektion
\maabb {p} {G} {H
} {}
habe die Eigenschaft, dass es zu jedem Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ \in }{H
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine offene Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ \in }{W
}
{ \subseteq }{H
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und einen
\definitionsverweis {stetigen Schnitt}{}{}
zu $p$ gibt.}
\faktfolgerung {Dann ist für jeden
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$ die zugehörige Sequenz der Garben der stetigen Abbildungen in diese Gruppen, also
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-,F) \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, C^0(-,G) \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-,H) \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { , }
ebenfalls
\definitionsverweis {exakt}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
{ Siehe Aufgabe 12.6. }
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die kurze exakte \stichwort {Exponentialsequenz} {}
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, 2 \pi { \mathrm i}\Z \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, {\mathbb C} \, \stackrel{ \operatorname{exp} }{\longrightarrow} \, {\mathbb C}^{\times} \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
von
\definitionsverweis {topologischen Gruppen}{}{.}
Die Exaktheit in der Mitte beruht auf
Satz 21.5 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) (2),
die Homomorphieeigenschaft beruht auf
der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion
und die
\definitionsverweis {komplexe Exponentialfunktion}{}{}
bildet nach
Satz 21.6 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))
surjektiv auf ${\mathbb C} \setminus \{0\}$ ab
\zusatzklammer {sie ist eine
\definitionsverweis {Überlagerung}{}{,}
siehe
Beispiel 6.3} {} {.}
Da es lokal einen Logarithmus gibt, sind die Voraussetzungen von
Lemma 12.2
erfüllt. Somit gibt es zu jedem topologischen Raum $X$ eine
\definitionsverweis {kurze exakte Garbensequenz}{}{}
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-, \Z) \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, C^0(-, {\mathbb C} ) \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-, {\mathbb C} ^{\times} ) \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { , }
die die
\zusatzklammer {stetige komplexe} {} {}
\stichwort {Exponentialsequenz} {} heißt. Links steht die lokal konstante Garbe mit Werten in $\Z$, in der Mitte die Garbe der komplexwertigen stetigen Funktionen und rechts die Garbe der nullstellenfreien komplexwertigen stetigen Funktionen. Wenn man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X
}
{ = }{ {\mathbb C} ^{\times}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
setzt, so ist die globale Auswertung der hinteren Abbildung nicht surjektiv, da die Identität nicht im Bild liegt.
}
Für die holomorphe Version der vorstehenden Aussage siehe Beispiel 11.14.
\inputbeispiel{}
{
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n
}
{ \in }{ \N_+
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
fixiert, wir betrachten die
\definitionsverweis {kurze exakte Sequenz}{}{}
\mathdisp {1 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, E_n \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, {\mathbb C} ^{\times} \, \stackrel{ z^n }{\longrightarrow} \, {\mathbb C} ^{\times} \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 1} { , }
wobei rechts die $n$-te komplexe Potenzierung steht und $E_n$ die Gruppe der $n$-ten
\definitionsverweis {Einheitswurzeln}{}{}
bezeichnet, die zur
\definitionsverweis {zyklischen Gruppe}{}{}
\mathl{\Z/(n)}{}
\definitionsverweis {isomorph}{}{}
ist. Es liegt die Situation aus
Lemma 12.2
vor, d.h. auf jedem
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$ erhält man eine
\definitionsverweis {kurze exakte Garbensequenz}{}{}
\mathdisp {1 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-,E_n) \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, C^0(-, {\mathbb C} ^{\times}) \, \stackrel{ z^n }{\longrightarrow} \, C^0(-,{\mathbb C}^{\times} ) \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 1} { . }
Da ferner das Potenzieren holomorph ist, erhält man auf einer riemannschen Fläche eine kurze exakte Garbensequenz
\mathdisp {1 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, C^0(-,E_n) \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, {\mathcal O}_{ X }^\times \, \stackrel{ z^n }{\longrightarrow} \, {\mathcal O}_{ X }^\times \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 1} { , }
wobei vorne die lokal konstanten stetigen oder holomorphen Funktionen mit Werten in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ E_n
}
{ \cong }{ \Z/(n)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
steht.
}
\inputfaktbeweis
{Garbe/Kommutative Gruppen/Komplex/Globale Auswertung/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $X$ ein
\definitionsverweis {topologischer Raum}{}{}}
\faktvoraussetzung {und sei
\mathdisp {{ \mathcal F } \stackrel{d}{\longrightarrow } { \mathcal G } \stackrel{d'}{\longrightarrow} { \mathcal H }} { }
ein
\definitionsverweis {Komplex}{}{}
von
\definitionsverweis {Garbenhomomorphismen}{}{}
von
\definitionsverweis {Garben}{}{}
von
\definitionsverweis {kommutativen Gruppen}{}{}
auf $X$.}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mathdisp {\Gamma { \left( X, { \mathcal F } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal G } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal H } \right) }} { }
ein Komplex.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die Voraussetzung bedeutet einfach, dass
\mathl{d' \circ d}{} die Nullabbildung ist. Dann ist insbesondere die globale Auswertung die Nullabbildung.
\inputfaktbeweis
{Garbe/Kommutative Gruppen/Linksexakt/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $X$ ein
\definitionsverweis {topologischer Raum}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mathdisp {0 \longrightarrow { \mathcal F } \stackrel{d}{ \longrightarrow } { \mathcal G } \stackrel{d'}{\longrightarrow } { \mathcal H }} { }
ein exakter Komplex von
\definitionsverweis {Garbenhomomorphismen}{}{}
von
\definitionsverweis {Garben}{}{}
von
\definitionsverweis {kommutativen Gruppen}{}{}
auf $X$.}
\faktfolgerung {Dann ist auch der Komplex
\mathdisp {0 \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal F } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal G } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal H } \right) }} { }
exakt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Dass ein Komplex vorliegt ist klar nach
Lemma 12.5.
Die Exaktheit bedeutet, dass für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
der Komplex
\mathdisp {0 \longrightarrow { \mathcal F }_P \longrightarrow { \mathcal G }_P \longrightarrow { \mathcal H }_P} { }
der Halme exakt ist. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{ \Gamma { \left( X, { \mathcal F } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d(s)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in
\mathl{\Gamma { \left( X, { \mathcal G } \right) }}{.} Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d(s)_P
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in jedem Punkt und somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_P
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für jeden Punkt. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
nach
Lemma 11.4
und die linke Abbildung ist injektiv. Es sei nun
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ t
}
{ \in }{ \Gamma { \left( X, { \mathcal G } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d'(t)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in
\mathl{\Gamma { \left( X, { \mathcal H } \right) }}{.} Die Exaktheit in den Halmen bedeutet, dass für jeden Punkt $P$ der Keim $t_P$ zu
\mathl{{ \mathcal F }_P}{} gehört. Daraus folgt mit
Aufgabe 11.10,
dass $t$ selbst zu ${ \mathcal F }$ gehört.
Auch bei einer kurzen exakten Garbensequenz
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, { \mathcal F } \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, { \mathcal G } \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, { \mathcal H } \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { , }
ist im zugehörigen globalen Komplex
\mathdisp {0 \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal F } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal G } \right) } \longrightarrow \Gamma { \left( X, { \mathcal H } \right) }} { }
die hintere Abbildung im Allgemeinen nicht surjektiv. Dieses Phänomen wird im Rahmen der Kohomologie verstanden und produktiv verwertet.
\zwischenueberschrift{Der Ausbreitungsraum}
Es sei $X$ eine
\definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.}
Die Zuordnung, die jeder offenen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
den Ring
\mathl{\Gamma (U, {\mathcal O}_X )}{} der auf $U$ definierten
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{}
zuordnet, ist eine
\definitionsverweis {Garbe}{}{}
von kommutativen Ringen. Die entsprechenden Eigenschaften wurden in
Lemma 3.9
nachgewiesen.
Die Halme der Garbe der holomorphen Funktionen ${\mathcal O}_{X,x}$ sind für alle Punkte isomorph, und zwar isomorph zum Ring des Halmes der holomorphen Funktionen ${\mathcal O}_{ {\mathbb C} ,0}$. Dies ist der Ring der konvergenten Potenzreihen in einer komplexen Variablen, wobei sich Konvergenz auf einen positiven Konvergenzradius bezieht, der von der Potenzreihe abhängt, siehe Lemma 10.12. Ein Element eines solchen Halmes nennt man einen \stichwort {holomorphen Funktionskeim} {.} Wir wollen in den folgenden Vorlesungen verstehen, inwiefern solche holomorphen Funktionskeime in natürlicher Weise miteinander in Beziehung stehen. Dazu ist der sogenannte Ausbreitungsraum ein wichtiges Hilfsmittel.
\inputdefinition
{}
{
Es sei ${ \mathcal G }$ eine
\definitionsverweis {Prägarbe}{}{}
auf einem
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$. Unter dem
\definitionswort {Ausbreitungsraum}{}
zu ${ \mathcal G }$ versteht man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal G }^{\operatorname{et} }
}
{ \defeq} { \biguplus_{x \in X} { \mathcal G }_x
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
zusammen mit der Projektion
\maabbdisp {p} {{ \mathcal G }^{\operatorname{et} } } {X
} {,}
die einem jeden
\definitionsverweis {Keim}{}{}
\mathl{(x,t)}{} seinen Basispunkt $x$ zuordnet, versehen mit der Topologie, die durch die
\definitionsverweis {Basis}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (U,s)
}
{ =} { { \left\{ (x,s_x) \mid x \in U \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
zu offenen Mengen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und Schnitten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{ \Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
definiert wird.
}
Statt Ausbreitungsraum sagt man auch etaler Raum. Ein Element in diesem Ausbreitungsraum schreibt man als
\mathl{(x,t)}{,} wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t
}
{ \in }{ { \mathcal G }_x
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Keim der Garbe im Punkt $x$ ist. Die Zugehörigkeit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,t)
}
{ \in }{ (U,s)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bedeutet, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und der Schnitt $s$ auf den Keim $t$ einschränkt.
\inputbeispiel{}
{
Zur
\definitionsverweis {Garbe}{}{}
der
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{}
auf ${\mathbb C}$ besteht der
\definitionsverweis {Ausbreitungsraum}{}{}
aus allen Tupeln
\mathl{(a,g)}{,} wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a
}
{ \in }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine komplexe Zahl und $g$ eine
\definitionsverweis {konvergente Potenzreihe}{}{}
mit Entwicklungspunkt $a$ ist. Zu einer
\definitionsverweis {offenen Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und einer holomorphen Funktion
\maabb {f} {U} {{\mathbb C}
} {}
besteht die offene Menge
\mathl{(U,f)}{} des Ausbreitungsraumes aus allen Tupeln
\mathl{(a,f_a)}{} zu Punkten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a
}
{ \in }{ U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und wobei $f_a$ die Potenzreihenentwicklung von $f$ in $a$ ist.
}
\inputfaktbeweis
{Topologischer Raum/Prägarbe/Ausbreitungsraum/Lokaler Homöomorphismus/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Der
\definitionsverweis {Ausbreitungsraum}{}{}
${ \mathcal G }^{\operatorname{et} }$ zu einer
\definitionsverweis {Prägarbe}{}{}
${ \mathcal G }$ auf einem
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$}
\faktfolgerung {ist ein topologischer Raum und die Projektion
\maabbdisp {p} { { \mathcal G }^{\operatorname{et} } } { X
} {}
ist ein
\definitionsverweis {lokaler Homöomorphismus}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir zeigen zunächst, dass in der Tat durch die Mengen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{(U,s)
}
{ =} { { \left\{ (x,s_x) \mid x \in U \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
eine Basis der Topologie vorliegt. Dazu ist zu zeigen, dass der Durchschnitt von zwei solchen Mengen eine Vereinigung von solchen Mengen ist. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (x,r)
}
{ \in }{ (U,s) \cap (V, t)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r
}
{ \in }{ { \mathcal G }_x
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{{ \mathcal G } { \left( U \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bzw.
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t
}
{ \in }{{ \mathcal G } { \left( V \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Hierbei gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{ U \cap V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Da
\mathkor {} {s} {und} {t} {}
beide auf $r$ einschränken, gibt es eine offene Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{W
}
{ \subseteq }{ U \cap V
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
auf der
\mathkor {} {s} {und} {t} {}
gleich werden. Deshalb gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{(x,r)
}
{ \in} { (W,s)
}
{ \subseteq} { (U,s) \cap (V,t)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Die Projektion $p$ ist stetig, da das Urbild von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
offen gleich
\mathl{\bigcup_{s \in \Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) } } (U,s)}{} ist. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,r)
}
{ \in }{{ \mathcal G }^{\operatorname{et} }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Punkt des Ausbreitungsraumes. Der Keim wird repräsentiert durch einen Schnitt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{ \Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und somit gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,r)
}
{ \in }{(U,s)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Wir behaupten, dass
\maabb {p} {(U,s)} {U
} {}
ein Homöomorphismus ist. Die Surjektivität ergibt sich aus
\mathl{(x,s_x) \mapsto x}{.} Wenn
\mathkor {} {(x,r)} {und} {(x',r')} {}
zu
\mathl{(U,s)}{} gehören und beide auf den gleichen Punkt unter $p$ abbilden, so ist zunächst
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ = }{x'
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und dann auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r
}
{ = }{r'
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
da ja beide Keime die Einschränkung von $s$ sind. Die Stetigkeit der Umkehrabbildung ergibt sich daraus, dass die offenen Teilmengen von
\mathl{(U,s)}{} die Form
\mathl{(U',s {{|}}_{U'})}{} mit offenen Teilmengen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U'
}
{ \subseteq }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
besitzen und deren Bild gleich $U'$ ist.
\inputfaktbeweis
{Topologischer Raum/Garbe/Ausbreitungsraum/Schnitt/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\maabb {p} { { \mathcal G }^{ \operatorname{et} }} {X
} {}
der
\definitionsverweis {Ausbreitungsraum}{}{}
zu einer
\definitionsverweis {Garbe}{}{}
${ \mathcal G }$ auf einem
\definitionsverweis {topologischen Raum}{}{}
$X$.}
\faktfolgerung {Dann stimmt zu einer offenen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U
}
{ \subseteq }{X
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Menge der
\definitionsverweis {stetigen Schnitte}{}{}
von $U$ in
\mathl{p^{-1}(U)}{} in natürlicher Weise mit
\mathl{\Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) }}{} überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir betrachten die natürliche Abbildung
\maabbdisp {} { \Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) } } { { \left\{ h: U \rightarrow p^{-1}(U) \text{ stetig} \mid p \circ h =
\operatorname{Id}_{ U } \right\} }
} {,}
die einem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{ \Gamma { \left( U, { \mathcal G } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Abbildung
\maabbeledisp {h} {U} { p^{-1}(U)
} {x} {(x,s_x)
} {,}
zuordnet. Die Abbildung $h$ ist stetig, es liegt eine Homöomorphie zu $(U,s)$ vor. Die Injektivität der Gesamtabbildung folgt aus
Lemma 11.4.
Zum Nachweis der Surjektivität sei ein stetiges $h$ gegeben. Es wird also jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h(x)
}
{ \in }{ { \mathcal G }_x
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in stetiger Weise zugeordnet. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{V
}
{ \subseteq }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine offene Umgebung, auf der $h(x)$ durch den Schnitt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ \in }{ \Gamma { \left( V, { \mathcal G } \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
repräsentiert werde. Dann ist
\mathl{(V,s)}{} eine offene Umgebung von
\mathl{(x,h(x))}{} in ${ \mathcal G }^{\operatorname{et} }$. Wegen der Stetigkeit von $h$ ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{U_x
}
{ \defeq} { h^{-1}(V,s)
}
{ =} { { \left\{ y \in U \mid h(y) \in V , \, s_y = h(y) \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
offen in $X$. D.h. dass auf der offenen Umgebung $U_x$ von $x$ die Abbildung durch einen Schnitt der Garbe über $U_x$ gegeben ist. Die Abbildung $h$ wird also lokal um jeden Punkt durch einen Garbenschnitt repräsentiert und diese sind zueinander verträglich, da sie ja punktweise durch $h$ gegeben sind. Aufgrund der Definition einer Garbe rühren diese lokalen Schnitte von einem globalen Garbenschnitt über $U$ her.
Wenn man in der vorstehenden Situation mit einer Prägarbe startet, so erhält man über die stetigen Schnitte im Ausbreitungsraum eine zugehörige Garbe, die sogenannte Vergarbung der Prägarbe.
\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Ausbreitungsraum/Hausdorff/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Der
\definitionsverweis {Ausbreitungsraum}{}{}
zur
\definitionsverweis {Garbe}{}{}
der
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{}
auf einer
\definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{}}
\faktfolgerung {ist ein
\definitionsverweis {Hausdorffraum}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei $X$ die riemannsche Fläche und
\maabb {p} {E} {X
} {}
der Ausbreitungsraum zur Strukturgarbe. Seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,f), (y,g)
}
{ \in }{E
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
verschiedene Punkte. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \neq }{y
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
kann man direkt die Urbilder von trennenden offenen Mengen von $X$ nehmen. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ = }{y
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und seien also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f,g
}
{ \in }{ {\mathcal O}_{X,x}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
verschiedene Keime. Diese seien repräsentiert durch verschiedene holomorphe Funktionen
\maabbdisp {f,g} {U} { {\mathbb C}
} {}
auf einer offenen zusammenhängenden Umgebung von $x$. Dann sind nach dem Identitätssatz in der Form
Lemma 3.9 (3)
auch die Keime von
\mathkor {} {f} {und} {g} {}
in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
verschieden. Daher sind
\mathkor {} {(U,f)} {und} {(U,g)} {}
trennende offene Umgebungen.
Auf dem Ausbreitungsraum $E$ zu einer riemannschen Fläche $X$ gibt es eine natürliche global definierte Funktion
\maabbdisp {} {E} { {\mathbb C}
} {,}
die einem holomorphen Funktionskeim
\mathl{(x,f)}{} den wohldefinierten Wert $f(x)$ zuordnet.
\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Ausbreitungsraum/Riemannsche Fläche/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Der
\definitionsverweis {Ausbreitungsraum}{}{}
zur
\definitionsverweis {Garbe}{}{}
der
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{}
auf einer
\definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{}}
\faktfolgerung {ist in eindeutiger Weise eine riemannsche Fläche derart, dass
\maabb {p} {E} {X
} {}
eine
\definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{}
und ein
\definitionsverweis {lokaler Homöomorphismus}{}{}
ist.
Die Auswertungsabbildung
\maabbeledisp {} {E} { {\mathbb C}
} {(x,f) } { f(x)
} {,}
ist eine
\definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{}
auf $E$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Ein lokaler Homöomorphismus liegt nach
Lemma 12.9
vor, deshalb gibt es eine eindeutige komplexe Struktur auf $E$ derart, dass $p$ holomorph wird. Die Hausdorffeigenschaft ist wegen
Lemma 12.11
erfüllt. Die Auswertung entspricht auf der zu $U$ homöomorphen offenen Menge
\mathl{(U,f)}{} der holomorphen Funktion $f$ und ist damit selbst holomorph.