Eigentheorie/2/Einführung/Textabschnitt
Unter einer Achsenspiegelung in der Ebene verhalten sich gewisse Vektoren besonders einfach. Die Vektoren auf der Spiegelungsachse werden auf sich selbst abgebildet, und die dazu senkrechten Vektoren werden auf ihr Negatives abgebildet. Für all diese Vektoren liegt das Bild unter der linearen Abbildung in dem von diesem Vektor aufgespannten eindimensionalen Unterraum. In der Theorie der Eigenwerte und Eigenvektoren untersucht man, ob es zu einer linearen Abbildung Geraden (also eindimensionale Unterräume) gibt, die unter der Abbildung auf sich selbst abgebildet werden. Eine Zielsetzung ist dabei, zu einer gegebenen linearen Abbildung eine Basis zu finden, bezüglich der die beschreibende Matrix möglichst einfach ist.
Ein Eigenvektor ist also ein Vektor , der zu linear abhängig ist.
Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und
eine lineare Abbildung. Dann heißt ein Element , , ein Eigenvektor von (zum Eigenwert ), wenn
mit einem gilt.
Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und
eine lineare Abbildung. Dann heißt ein Element ein Eigenwert zu , wenn es einen von verschiedenen Vektor mit
gibt.
Die Menge aller Eigenwerte zu nennt man, vor allem im funktionalanalytischen Kontext, das Spektrum von .
Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und
eine lineare Abbildung. Zu nennt man
den Eigenraum von zum Wert .
Wir erlauben also beliebige Werte (nicht nur Eigenwerte) in der Definition der Eigenräume. Wir werden in Fakt sehen, dass es sich dabei um Untervektorräume handelt. Insbesondere gehört die zu jedem Eigenraum, obwohl sie kein Eigenvektor ist. Einen eindimensionalen Eigenraum nennen wir auch Eigengerade. Für die meisten (nämlich alle bis auf endlich viele, wenn der Vektorraum endlichdimensional ist) ist der Eigenraum einfach der Nullraum.
Bei einer Streckung mit dem Streckungsfaktor ist jeder Vektor ein Eigenvektor zum Eigenwert . Der Eigenraum zum Eigenwert ist der Gesamtraum. Umgekehrt kann man einen Endomorphismus auf einen Eigenraum (vorne und hinten) einschränken, nämlich die Abbildung
betrachten. Diese Abbildung ist einfach die Streckung mit dem Faktor .
Für Matrizen verwenden wir die entsprechenden Begriffe, die von der zugehörigen linearen Abbildung auf dem nahegelegt werden. Ein -Tupel heißt Eigenvektor zur -Matrix , wenn
gilt, und heißt dann Eigenwert der Matrix.
Wir betrachten die durch eine Diagonalmatrix
gegebene lineare Abbildung
Die Diagonaleinträge sind Eigenwerte von , und zwar ist der -te Standardvektor ein zugehöriger Eigenvektor. Die Eigenräume sind
Diese Räume sind genau dann von verschieden, wenn mit einem Diagonaleintrag übereinstimmt. Die Dimension der Eigenräume ist durch die Anzahl gegeben, wie oft der Wert in der Diagonalen vorkommt. Die Summe dieser Dimensionen ergibt .
Wir betrachten die durch die Matrix
definierte lineare Abbildung
Die Frage, ob diese Abbildung Eigenwerte besitzt, führt zur Frage, ob es derart gibt, dass die Gleichung
eine nichttriviale Lösung besitzt. Bei gegebenem kann dies auf ein lineares Problem zurückgeführt werden, das mit dem Eliminationsalgorithmus einfach gelöst werden kann. Die Frage aber, ob es Eigenwerte überhaupt gibt, führt wegen des variablen „Eigenwertparameters“ zu einem nichtlinearen Problem. Das obige Gleichungssystem bedeutet ausgeschrieben
Bei ist auch , der Nullvektor ist aber kein Eigenvektor. Es sei also . Aus den beiden Gleichungen erhält man die Bedingung
woraus folgt. Da in die Zahl keine Quadratwurzel besitzt, gibt es keine Lösung und das bedeutet, dass keine Eigenwerte und damit auch keine Eigenvektoren besitzt.
Wir fassen nun die Matrix als eine reelle Matrix auf und untersuchen die zugehörige Abbildung
Die gleichen Rechnungen führen auf die notwendige Lösungsbedingung , die jetzt von den beiden reellen Zahlen
erfüllt wird. Für diese beiden Werte kann man unabhängig voneinander nach Eigenvektoren suchen. Wir betrachten zuerst den Fall , was zum linearen Gleichungssystem
führt. Dies schreibt man als
bzw. als lineares Gleichungssystem
Dieses ist einfach lösbar, der Lösungsraum ist eindimensional und
ist eine Basislösung.
Für führen dieselben Umformungen zu einem weiteren linearen Gleichungssystem, für das der Vektor
eine Basislösung ist. Über sind also und Eigenwerte und die zugehörigen Eigenräume sind
Es sei ein Körper, ein -Vektorraum
eine lineare Abbildung und . Dann gelten folgende Aussagen.
- Der
Eigenraum
ist ein Untervektorraum von .
- ist genau dann ein Eigenwert zu , wenn der Eigenraum nicht der Nullraum ist.
- Ein Vektor , ist genau dann ein Eigenvektor zu , wenn ist.
(1). Es seien und sei . Dann ist
(2) und (3) folgen direkt aus den Definitionen.