Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 10/latex

\setcounter{section}{10}






\zwischenueberschrift{Erzeugte Algebra und erzeugter Körper}





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Algebraisches Element/Erzeugt Körper/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {algebraisches}{}{} Element.}
\faktfolgerung {Dann ist die von $f$ erzeugte $K$-Algebra
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K[f] }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Körper}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Satz 7.11 liegt eine $K$-\definitionsverweis {Algebraisomorphie}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K[X]/(P) }
{ \cong }{ K[f] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vor, wobei $P$ das \definitionsverweis {Minimalpolynom}{}{} zu $f$ ist. Nach Lemma 7.12  (2) ist $P$ \definitionsverweis {irreduzibel}{}{,} sodass wegen Korollar 7.7 der Restklassenring
\mathl{K[f]}{} ein Körper ist.

}





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Algebraisches Element/Erzeugter Körper und Ring/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {algebraisches}{}{} Element.}
\faktfolgerung {Dann stimmen die von $f$ über $K$ \definitionsverweis {erzeugte Unteralgebra}{}{} und der von $f$ über $K$ \definitionsverweis {erzeugte Unterkörper}{}{} überein.}
\faktzusatz {Es gilt also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K[f] }
{ = }{ K(f) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Die Inklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K[f] }
{ \subseteq }{ K(f) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt immer, und nach Voraussetzung ist der Unterring
\mathl{K[f]}{} aufgrund von Satz 10.1 schon ein Körper.

}







\inputbemerkung
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {irreduzibles Polynom}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ = }{K[X]/(P) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die zugehörige \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{.} Dann kann man zu
\mathbed {z = F(x)} {}
{z \neq 0} {}
{} {} {} {,} \zusatzklammer {mit \mathlk{F \in K[X], \,x = \overline{X}}{}} {} {} auf folgende Art das Inverse $z^{-1}$ bestimmen. Es sind \mathkor {} {P} {und} {F} {} teilerfremde Polynome in
\mathl{K[X]}{} und daher gibt es nach Satz 3.15 und Lemma 3.16 eine Darstellung der $1$, die man mit Hilfe des euklidischen Algorithmus finden kann. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ RF+SP }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so ist die Restklasse von $R$, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \overline{R} }
{ = }{ R(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} das Inverse zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\overline{F} }
{ = }{z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}






\zwischenueberschrift{Charakterisierung von algebraischen Elementen}





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Algebraisches Element/Äquivalente Charakterisierung/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Element.}
\faktuebergang {Dann sind folgende Aussagen äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungfuenf{$f$ ist \definitionsverweis {algebraisch}{}{} über $K$. }{Es gibt ein \definitionsverweis {normiertes Polynom}{}{}
\mathbed {P \in K[X]} {mit}
{P(f) =0} {}
{} {} {} {.} }{Es besteht eine \definitionsverweis {lineare Abhängigkeit}{}{} zwischen den Potenzen
\mathdisp {f^0=1,f^1=f,f^2 , f^3, \ldots} { . }
}{Die von $f$ über $K$ erzeugte $K$-Algebra
\mathl{K[f]}{} hat endliche $K$-Dimension. }{$f$ liegt in einer \definitionsverweis {endlichdimensionalen}{}{} $K$-Algebra
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

$(1) \Rightarrow (2)$. Das ist trivial, da man ein von $0$ verschiedenes Polynom stets normieren kann, indem man durch den Leitkoeffizienten dividiert. $(2) \Rightarrow (3)$. Nach (2) gibt es ein Polynom
\mathbed {P \in K[X]} {}
{P\neq 0} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(f) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } X^{ i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P(f) }
{ =} { \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } f^{ i} }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen. $(3) \Rightarrow (1)$. Umgekehrt bedeutet die lineare Abhängigkeit, dass es Elemente $c_i$ gibt, die nicht alle $0$ sind mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } f^{ i} }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies ist aber die Einsetzung $P(f)$ für das Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } X^{ i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und dieses ist nicht das Nullpolynom. $(2) \Rightarrow (4)$. Sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P }
{ =} { \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } X^{ i} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ein normiertes Polynom mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(f) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} also mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{c_n }
{ =} {1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dann kann man umstellen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f^n }
{ =} { -\sum_{ i = 0 }^{ n-1 } c_{ i } f^{ i} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} D.h. $f^n$ kann man durch kleinere Potenzen ausdrücken. Durch Multiplikation dieser Gleichung mit weiteren Potenzen von $f$ ergibt sich, dass man auch die höheren Potenzen durch die Potenzen
\mathbed {f^{i}} {}
{i \leq n-1} {}
{} {} {} {,} ausdrücken kann. $(4) \Rightarrow (5)$. Das ist trivial. $(5) \Rightarrow (3)$. Wenn $f$ in einer endlichdimensionalen Algebra
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} liegt, so liegen darin auch alle Potenzen von $f$. Da es in einem endlichdimensionalen Vektorraum keine unendliche Folge von linear unabhängigen Elementen geben kann, müssen diese Potenzen linear abhängig sein.

}


Mit dieser Charakterisierung können wir noch einen zweiten Beweis von Satz 10.1 geben, der unabhängig von der Restklassenbildung ist und der zugleich zeigt, wie man aus dem Minimalpolynom eines algebraischen Elementes das inverse Element beschreiben kann.


Nach Satz 10.4 ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{K[f] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine endlichdimensionale $K$-Algebra. Wir müssen zeigen, dass $M$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} ist. Es sei dazu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein von $0$ verschiedenes Element. Damit ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K[g] }
{ \subseteq }{ M }
{ = }{ K[f] }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} sodass
\mathl{K[g]}{} wieder eine endlichdimensionale Algebra ist. Daher ist, wiederum nach Satz 10.4, das Element $g$ algebraisch über $K$ und es gibt ein Polynom
\mathbed {P\in K[X]} {}
{P \neq 0} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(g) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir ziehen aus diesem Polynom die höchste Potenz von $X$ heraus und schreiben
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{QX^k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei der konstante Term von $Q$ von $0$ verschieden sei. Die Ersetzung von $X$ durch $g$ ergibt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0 }
{ =} {P(g) }
{ =} {Q(g)g^k }
{ } {}
{ } {}
} {}{}{.} Da
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und sich alles im Körper $L$ abspielt, folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q(g) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir können durch den konstanten Term von $Q$ dividieren und erhalten die Gleichung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ 1 + c_1 g + \cdots + c_{ d } g^{ d } }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Umstellen ergibt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g { \left( - c_1 g^0 - \cdots - c_{ d } g^{ d-1 } \right) } }
{ =} { 1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Das heißt, dass das Inverse zu $g$ sich als Polynom in $g$ schreiben lässt und daher zu
\mathl{K[g]}{} und erst recht zu
\mathl{K[f]}{} gehört.







\zwischenueberschrift{Algebraischer Abschluss}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{.} Dann nennt man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ x \in L \mid x \text{ ist algebraisch über } K \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {algebraischen Abschluss}{} von $K$ in $L$.

}





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Algebraischer Abschluss/Ist Körper/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} und sei $M$ der \definitionsverweis {algebraische Abschluss}{}{} von $K$ in $L$.}
\faktfolgerung {Dann ist $M$ ein \definitionsverweis {Unterkörper}{}{} von $L$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir müssen zeigen, dass $M$ bezüglich der Addition, der Multiplikation, des Negativen und des Inversen abgeschlossen ist. Seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x,y }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir betrachten die von \mathkor {} {x} {und} {y} {} erzeugte $K$-Unteralgebra
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{K[x,y] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} die aus allen $K$-Linearkombinationen der
\mathbed {x^{i}y^{j}} {}
{i, j \in \N} {}
{} {} {} {,} besteht. Da \mathkor {sowohl} {x} {als auch} {y} {} algebraisch sind, kann man nach Satz 10.4 gewisse Potenzen \mathkor {} {x^{n}} {und} {y^{m}} {} durch kleinere Potenzen ersetzen. Daher kann man alle Linearkombinationen mit den Monomen
\mathbed {x^{i}y^{j}} {}
{i <n} {}
{j<m} {} {} {,} ausdrücken. D.h. alle Operationen spielen sich in dieser endlichdimensionalen Unteralgebra ab. Daher sind Summe, Produkt und das Negative nach Satz 10.4 wieder algebraisch. Für das Inverse sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} algebraisch. Dann ist
\mathl{K[z]}{} nach Satz 10.1 ein Körper von endlicher Dimension. Daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z^{-1} }
{ \in }{ K[z] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} selbst algebraisch.

}






\zwischenueberschrift{Algebraische Zahlen}

Die über den rationalen Zahlen $\mathbb Q$ algebraischen komplexen Zahlen erhalten einen speziellen Namen.




\inputdefinition
{}
{

Eine komplexe Zahl $z$ heißt \definitionswort {algebraisch}{} oder \definitionswort {algebraische Zahl}{,} wenn sie \definitionsverweis {algebraisch}{}{} über den rationalen Zahlen $\mathbb Q$ ist. Andernfalls heißt sie \definitionswort {transzendent}{.}

}

Die Menge der algebraischen Zahlen wird mit ${\mathbb A}$ bezeichnet.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Carl_Louis_Ferdinand_von_Lindemann.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Ferdinand von Lindemann (1852-1939)} }

\bildlizenz { Carl Louis Ferdinand von Lindemann.jpg } {unbekannt} {JdH} {Commons} {PD} {http://www.math.uha.fr/Pi/trans.html}







\inputbemerkung
{}
{

Eine komplexe Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist genau dann algebraisch, wenn es ein von $0$ verschiedenes Polynom $P$ mit rationalen Koeffizienten und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(z) }
{ = }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt. Durch Multiplikation mit einem Hauptnenner kann man für eine algebraische Zahl auch ein annullierendes Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten finden \zusatzklammer {das allerdings nicht mehr normiert ist} {} {.} Eine rationale Zahl $q$ ist trivialerweise algebraisch, da sie Nullstelle des linearen rationalen Polynoms
\mathl{X-q}{} ist. Weiterhin sind die reellen Zahlen \mathkor {} {\sqrt{q}} {und} {q^{1/n}} {} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ q }
{ \in }{ \Q }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} algebraisch. Dagegen sind die Zahlen $e$ und $\pi$ nicht algebraisch. Diese Aussagen sind keineswegs selbstverständlich, die Transzendenz von $\pi$ wurde beispielsweise von Ferdinand von Lindemann 1882 gezeigt.

}






\zwischenueberschrift{Algebraautomorphismen}

Wir beginnen nun mit der eigentlichen Galoistheorie. Die folgenden Definitionen werden wir vor allem für eine Körpererweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} anwenden.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $A$ eine \definitionsverweis {kommutative}{}{} $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{.} Ein \definitionsverweis {bijektiver}{}{} $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{} \maabbdisp {\varphi} {A} {A } {} heißt \definitionswortpraemath {K}{ Algebraautomorphismus }{.}

}


\inputfaktbeweis
{Kommutative Algebra/Automorphismen/Elementare Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $A$ eine \definitionsverweis {kommutative}{}{} $K$-Algebra.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{Die Identität ist ein $K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismus}{}{.} }{Die Verknüpfung
\mathl{\varphi \circ \psi}{} von zwei $K$-Algebraautomorphismen \mathkor {} {\varphi} {und} {\psi} {} ist wieder ein Automorphismus. }{Die \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{} $\varphi^{-1}$ zu einem $K$-Algebraautomorphismus $\varphi$ ist wieder ein Automorphismus. }{Die Menge der $K$-Algebraautomorphismen bilden mit der \definitionsverweis {Hintereinanderschaltung}{}{} als Verknüpfung eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 10.6. }





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $A$ eine \definitionsverweis {kommutative}{}{} $K$-Algebra. Die Menge der $K$-\definitionsverweis {Algebra-Automorphismen}{}{} \maabbdisp {\varphi} {A} {A } {} mit der \definitionsverweis {Hintereinanderschaltung}{}{} als Verknüpfung heißt \definitionswort {Automorphismengruppe}{} der Algebra. Sie wird mit
\mathl{\operatorname{Aut}_K \,(A)}{} bezeichnet.

}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$ in $n$ Variablen. Es sei \maabbdisp {\alpha} {K^n} {K^n } {} ein \definitionsverweis {linearer Automorphismus}{}{,} der durch eine \definitionsverweis {invertierbare Matrix}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \alpha }
{ =} { (a_{ij})_{1 \leq i,j \leq n} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gegeben ist. Wir definieren dazu direkt einen $K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismus}{}{,} nämlich den durch
\mathdisp {X_i \longmapsto a_{i1}X_1 + \cdots + a_{in}X_n} { }
definierten \definitionsverweis {Einsetzungshomomorphismus}{}{} \zusatzklammer {in mehreren Variablen} {} {,} den wir mit $\varphi_{\alpha}$ bezeichnen. Dabei handelt es sich in der Tat um einen Algebraautomorphismus: Der inverse lineare Automorphismus $\alpha^{-1}$ definiert in der gleichen Weise einen Algebrahomomorphismus
\mathl{\varphi_{\alpha^{-1} }}{,} und es gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi_{\alpha^{-1} } \circ \varphi_{\alpha} }
{ = }{ \operatorname{Id} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} da diese Hintereinanderschaltung jede Variable auf sich selbst abbildet.


}

Bei einem Polynomring in einer Variablen über einem Körper $K$ ist jeder $K$-Automorphismus ein linearer Automorphismus, also durch die Zuordnung
\mathl{X \mapsto aX}{} mit
\mathl{a \neq 0}{} gegeben. Dies ist in mehreren Variablen nicht der Fall, in der Tat ist schon die Automorphismengruppe von
\mathl{K[X,Y]}{} nicht vollständig verstanden. Ein wichtiges offenes Problem ist hierbei das Jacobiproblem.






\zwischenueberschrift{Die Galoisgruppe einer Körpererweiterung}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{.} Dann nennt man die \definitionsverweis {Automorphismengruppe}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K ) }
{ =} { \operatorname{Aut}_K \, (L) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Galoisgruppe}{} der Körpererweiterung.

}





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Festlegung auf Erzeugendensystem/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} und es sei
\mathbed {x_i \in L} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} ein \definitionsverweis {Erzeugendensystem}{}{} \zusatzklammer {als Körper} {} {} von $L$ über $K$. Es sei
\mathl{\varphi \in \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )}{}}
\faktvoraussetzung {mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(x_i) }
{ = }{ x_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mathl{i \in I}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ = }{ \operatorname{Id} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir zeigen, dass die Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ x \in L \mid \varphi(x) = x \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gleich $L$ ist. Da $\varphi$ ein $K$-Algebrahomomorphismus ist, ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und nach Voraussetzung ist
\mathl{x_i \in M}{.} Mit
\mathl{x,y \in M}{} ist wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(x+y) }
{ = }{ \varphi(x) + \varphi(y) }
{ = }{ x+y }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {und entsprechend für die Multiplikation} {} {} auch
\mathl{x+y,xy \in M}{.} Ferner ist mit
\mathbed {x \in M} {}
{x \neq 0} {}
{} {} {} {,} wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\varphi { \left( x^{-1} \right) } }
{ =} { { \left( \varphi(x) \right) }^{-1} }
{ =} { x^ {-1} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auch
\mathl{x^{-1} \in M}{.} Also ist $M$ ein Unterkörper, der $K$ und das Körpererzeugendensystem $x_i$ umfasst und daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}







\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Courbe quatrième degré 08.GIF} }
\end{center}
\bildtext {Unter einem $K$-Körperautomorphismus $\varphi$ muss ein Element $x \in L$, dass Nullstelle eines Polynoms $F$ aus $K[X]$ ist, auf eine Nullstelle dieses Polynoms abgebildet werden. Das schränkt die Möglichkeiten wesentlich ein.} }

\bildlizenz { Courbe quatrième degré 08.GIF } {} {Lydienoria} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}

Es ist eine grundlegende Frage, welche Eigenschaften eines Elementes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ L }
{ }{}
{ }{}
{ }{}
} {}{}{} unter einem $K$-Algebraautomorphismus erhalten bleiben und welche nicht.




\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Automorphismus/Algebraische Bedingung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ \in }{ \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F( \varphi(x)) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ a_0 +a_1X + \cdots + a_nX^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a_i }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F (\varphi (x)) }
{ =} { a_0 + a_1 \varphi(x) + \cdots + a_n (\varphi(x))^n }
{ =} { \varphi (F(x)) }
{ =} { \varphi(0) }
{ =} { 0 }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Endliche Körpererweiterung/Endliche Galoisgruppe/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {endliche Körpererweiterung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
\mathl{\operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )}{} \definitionsverweis {endlich}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Körpererweiterung besitzt ein endliches $K$-\definitionsverweis {Algebraerzeugen\-densystem}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{K[x_1 , \ldots , x_n] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Lemma 10.14 ist ein $K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismus}{}{} \maabbdisp {\varphi} {L} {L } {} durch
\mathbed {\varphi(x_i)} {}
{i = 1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {,} eindeutig festgelegt. Da jedes $x_i$ nach Satz 10.4 \definitionsverweis {algebraisch}{}{} ist, gibt es Polynome
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F_i }
{ \neq} {0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_i(x_i) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Lemma 10.15 ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F_i( \varphi(x_i) ) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Polynome $F_i$ besitzen aber nach Korollar 19.9 (Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)) jeweils nur endlich viele Nullstellen, sodass nur endlich viele Werte für
\mathl{\varphi(x_i)}{} in Frage kommen.

}