Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil II/Vorlesung 55/latex

\setcounter{section}{55}






\zwischenueberschrift{Extrema unter Nebenbedingungen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {AHippoBird2200.jpg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { AHippoBird2200.jpg } {} {PJ KAPDostie} {Commons} {CC-bysa 3.0} {}




\inputbeispiel{}
{

Ein Nilpferd hat die ganze Nacht an Land gegrast und befindet sich gerade im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ (r,s) }
{ \in }{ \R^2 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Jetzt kommt plötzlich die heiße Sonne hervor und es muss möglichst schnell zurück in seinen Teich. Es sucht also den Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{(x,y) }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} des Teichufers $M$, der seiner momentanen Position am nächsten ist, d.h. es soll die Abstandsfunktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(x,y) }
{ =} { d(P,(x,y)) }
{ =} { \sqrt{(x-r)^2 + (y-s)^2} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} minimiert werden, wobei allerdings nur die Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,y) }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} relevant sind. Es geht also um ein Minimierungsproblem, wobei die Punkte die \stichwort {Nebenbedingung} {} erfüllen müssen, zum Teichufer zu gehören. Das Teichufer werde mit Hilfe der Funktion \maabbdisp {f} {\R^2} {\R } {} als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in \R^2 \mid f(x,y)= b \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zu einem gewissen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} beschrieben, d.h., es liegt als Faser einer Funktion vor. Wenn der Teich beispielsweise eine Ellipse ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x,y) }
{ = }{ \alpha x^2 + \beta y^2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir nehmen weiter an, dass die Funktion $f$ \definitionsverweis {stetig differenzierbar}{}{} ist und jeder Punkt der Faser \definitionsverweis {regulär}{}{} ist. Kann man die Punkte des Teichufers, in denen ein lokales Extremum vorliegt, mit Mitteln der Differentialrechnung charakterisieren? Nach dem Satz über implizite Funktionen gibt es lokal eine differenzierbare Parametrisierung des Teichufers, d.h. eine Funktion \maabbdisp {\gamma} {I} {\R^2 } {} auf einem offenen Intervall $I$, deren Bild gerade ein Ausschnitt aus dem Teichufer ist. Insgesamt erhält man die zusammengesetzte Funktion \maabbdisp {h \circ \gamma} {I} {\R } {,} und genau dann besitzt $h$ in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein lokales Extremum, wenn
\mathl{h \circ \gamma}{} ein lokales Extremum in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \gamma^{-1}(a) }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt. Auf
\mathl{h \circ \gamma}{} kann man die Kriterien für lokale Extrema \zusatzklammer {also Satz 51.9 bzw. Satz 15.3} {} {} anwenden, da jetzt der Definitionsbereich \zusatzklammer {man hat die Nebenbedingung sozusagen eliminiert} {} {} eine offene Teilmenge von $\R$ ist. Wenn ein lokales Extremum vorliegt, so ist einerseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (h \circ \gamma)'( \gamma^{-1}(a) ) }
{ =} { \left(D h \right)_{ a} ( \gamma'( \gamma^{-1}(a) )) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Andererseits bestimmt
\mathl{\gamma'( \gamma^{-1}(a) )}{} den \zusatzklammer {eindimensionalen} {} {} \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{}
\mathl{T_aM}{,} und dieser ist wiederum der Kern des totalen Differentials
\mathl{\left(D f \right)_{ a}}{.} Daher müssen \mathkor {} {\left(D h \right)_{ a}} {und} {\left(D f \right)_{ a}} {} \definitionsverweis {linear abhängig}{}{} sein. Das Nilpferd muss also nach Punkten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Ausschau halten, für die es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\lambda }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D h \right)_{ a} }
{ =} { \lambda \left(D f \right)_{ a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt.


}





\inputfaktbeweis
{Extrema/Nebenbedingung/Allgemein/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und sei \maabbdisp {f} {U} {\R^m } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Abbildung}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ \geq }{ m }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{ f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} von $f$ über
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{\R^m }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei \maabbdisp {h} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {und die eingeschränkte Funktion
\mathl{h {{|}}_M}{} besitze im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {lokales Extremum}{}{} auf $M$ und $a$ sei ein \definitionsverweis {regulärer Punkt}{}{} von $f$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T_aM }
{ \subseteq} { \operatorname{kern} \left(D h \right)_{ a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} d.h. die Linearform
\mathl{\left(D h \right)_{ a}}{} verschwindet auf dem \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{} an der Faser von $f$ durch $a$.}
\faktzusatz {Die Linearform
\mathl{\left(D h \right)_{ a}}{} ist eine Linearkombination aus den Linearformen
\mathdisp {\left(D f_1 \right)_{ a} , \ldots , \left(D f_m \right)_{ a}} { . }
}
\faktzusatz {}

}
{

Wir wenden den Satz über implizite Abbildungen auf den Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} an. Es gibt also eine offene Menge
\mathbed {a \in W} {}
{W \subseteq U} {}
{} {} {} {,} eine offene Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V }
{ \subseteq }{ \R^{n-m} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine stetig differenzierbare Abbildung \maabbdisp {\psi} {V} {W } {} derart, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi(V) }
{ \subseteq }{ M \cap W }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und $\psi$ eine \definitionsverweis {Bijektion}{}{} \maabbdisp {\psi} {V} {M \cap W } {} induziert. Dabei ist $\psi$ in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {regulär}{}{} und für das \definitionsverweis {totale Differential}{}{} von $\psi$ gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(Df\right)_{ \psi(Q)} \circ \left(D\psi\right)_{Q} }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Da
\mathl{h {{|}}_M}{} in $a$ ein lokales Extremum besitzt, besitzt auch
\mathl{h \circ \psi}{} in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ = }{ \psi^{-1}(a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {also
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{a }
{ = }{ \psi(Q) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} ein lokales Extremum. Nach Satz 51.9  (2) ist daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D { \left( h \circ \psi \right) } \right)_{ Q} }
{ =} { \left(D h \right)_{ \psi( Q)} \circ \left(D\psi \right)_{ Q} }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Somit ist einerseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} \left(D\psi \right)_{ Q} }
{ \subseteq} { \operatorname{kern} \left(D h \right)_{a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und andererseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} \left(D\psi \right)_{ Q} }
{ =} { \operatorname{kern} \left(D f \right)_{ a} }
{ =} { T_aM }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Der Zusatz folgt, da
\mathl{\operatorname{kern} \left(D f \right)_{ a}}{} der Durchschnitt der
\mathl{\operatorname{kern} \left(D f_i \right)_{ a},\, i=1 , \ldots , m}{,} ist und somit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \bigcap_{i=1}^m \operatorname{kern} \left(D f_i \right)_{a} }
{ \subseteq} { \operatorname{kern} \left(D h \right)_{a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt. Nach Aufgabe 55.1 folgt daraus, dass
\mathl{\left(D h \right)_{a}}{} zu dem von
\mathl{\left(D f_1 \right)_{a} , \ldots , \left(D f_m \right)_{a}}{} \definitionsverweis {erzeugten Untervektorraum}{}{} gehört.

}


Man beachte, dass dieser Satz nur ein notwendiges Kriterium für lokale Extrema angibt, kein hinreichendes. Die auf dem Satz über implizite Abbildungen beruhende Existenz der Bijektion $\psi$ wird zwar im Beweis verwendet, sie muss aber nicht explizit bekannt sein, um die Kandidaten für lokale Extrema zu bestimmen. Eine explizite Bijektion kann aber helfen zu entscheiden, ob in den Kandidaten ein lokales Extremum vorliegt oder nicht. Wenn es nur endliche viele Kandidaten gibt, so kann man die Funktionswerte ausrechnen und auf diesem Weg zumindest die globalen Extrema finden.





\inputfaktbeweis
{Extrema/Nebenbedingung/Hyperfläche/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und seien \maabbdisp {f} {U} {\R } {} und \maabbdisp {h} {U} {\R } {} \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktionen}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} von $f$ über $b$.}
\faktvoraussetzung {Die eingeschränkte Funktion
\mathl{h {{|}}_M}{} besitze im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {lokales Extremum}{}{} auf $M$ und $a$ sei ein \definitionsverweis {regulärer Punkt}{}{} von $f$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mathl{\left(D h \right)_{ a}}{} ein Vielfaches von
\mathl{\left(D f \right)_{ a}}{,} d.h. es gibt ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\lambda }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D h \right)_{ a} }
{ =} { \lambda \left(D f \right)_{ a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt unmittelbar aus Satz 55.2.

}


Den Faktor $\lambda$ nennt man \stichwort {Lagrange-Multiplikator} {.} Diese Aussage legt folgendes Verfahren nahe, Kandidaten für lokale Extrema \zusatzklammer {unter Nebenbedingung} {} {} zu finden: Man untersucht einfach, für welche \zusatzklammer {bezüglich $f$} {} {} regulären Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine lineare Abhängigkeit zwischen
\mathl{\left(Df\right)_{a}}{} und
\mathl{\left(Dh\right)_{a}}{} vorliegt.




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die Funktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h(x,y) }
{ =} {x^3-xy^2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auf dem Einheitskreis
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in \R^2 \mid x^2+y^2 = 1 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und interessieren uns für die Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} auf denen $h$ ein lokales Extremum annehmen kann. Das \definitionsverweis {totale Differential}{}{} von $h$ ist
\mathdisp {\left( 3x^2 -y^2 , \, -2xy \right)} { }
und das totale Differential von
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x,y) }
{ =} { x^2+y^2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mathdisp {(2x,2y)} { . }
Gemäß Korollar 55.3 müssen wir die Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bestimmen, für die die beiden Differentiale linear abhängig sind. Die Determinante ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \det \begin{pmatrix} 2x & 2y \\ 3x^2-y^2 & -2xy \end{pmatrix} }
{ =} { -4x^2y - 6x^2y + 2y^3 }
{ =} { -10 x^2y + 2y^3 }
{ =} { 2 y { \left( -5x^2 +y^2 \right) } }
{ } { }
} {}{}{.} Somit liegt bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ = }{ \pm \sqrt{5} x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} lineare Abhängigkeit vor. Die Kreisbedingung führt somit auf die Punkte
\mathdisp {a_1 = \left( 1 , \, 0 \right),\, a_2 = \left( -1 , \, 0 \right),\, a_3= \left( \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } , \, \sqrt{5} \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } \right),\, a_4= \left( \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } , \, -\sqrt{5} \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } \right), \,a_5= \left( -\sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } , \, \sqrt{5} \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } \right),\, a_6= \left( -\sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } , \, -\sqrt{5} \sqrt{ { \frac{ 1 }{ 6 } } } \right)} { . }


}





\inputfaktbeweis
{Extrema/Nebenbedingung/Bedingung durch Linearform/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{,} sei \maabbdisp {f} {U } {\R } {} eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{ f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \zusatzklammer {affin-lineare} {} {} \definitionsverweis {Faser}{}{} von $f$ über
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei \maabb {h} {U } {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} auf $U$,}
\faktvoraussetzung {deren Einschränkung
\mathl{h {{|}}_M}{} auf $M$ im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein lokales Extremum besitze.}
\faktfolgerung {Dann ist $\left(D h \right)_{ a}$ ein Vielfaches von $f$, d.h. es gibt ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\lambda }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D h \right)_{ a} }
{ =} { \lambda f }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D f \right)_{ a} }
{ =} {f }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} unmittelbar aus Korollar 55.3. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {da ja $M$ nach Voraussetzung nicht leer ist} {} {} und die Aussage folgt aus Satz 51.9  (2).

}





\inputbeispiel{}
{

Wenn man ein bestimmtes Budget $b$ zur Verfügung hat und $n$ verschiedene Produkte zum fixierten Stückpreis $a_i$ kaufen möchte, wobei noch nicht feststeht, wie viel man von jedem Produkt kaufen möchte, so ergibt sich die Nebenbedingung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { a_1x_1+a_2x_2 + \cdots + a_nx_n }
{ =} { b }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{ \R_+^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Unter dieser Nebenbedingung möchte man den Nutzen optimieren. Betrachten wir eine Zielfunktion der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { x_1^{\alpha_1} x_2^{\alpha_2} \cdots x_n^{\alpha_n} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Nach Korollar 55.5 ergibt sich die Bedingung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} \alpha_1 x_1^{\alpha_1 - 1} x_2^{\alpha_2} \cdots x_n^{\alpha_n} \\ \alpha_2 x_1^{\alpha_1 } x_2^{\alpha_2 -1} \cdots x_n^{\alpha_n} \\ \vdots\\ \alpha_n x_1^{\alpha_1 - 1} x_2^{\alpha_2} \cdots x_n^{\alpha_n -1} \end{pmatrix} }
{ =} { \lambda \begin{pmatrix} a_1 \\a_2\\ \vdots\\a_n \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wir multiplizieren die $i$-te Bedingung mit $x_i$ und erhalten die Bedingungen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \alpha_i x_1^{\alpha_1 } x_2^{\alpha_2} \cdots x_n^{\alpha_n} }
{ =} { \lambda a_i x_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Mit dem Ansatz
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda }
{ =} { c x_1^{\alpha_1 } x_2^{\alpha_2} \cdots x_n^{\alpha_n} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ergibt sich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x_i }
{ =} { { \frac{ \alpha_i }{ c a_i } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei man $c$ so bestimmt, dass der Punkt auf dem affin-linearen Unterraum liegt, also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ c }
{ =} { { \frac{ \alpha_1 + \alpha_2 + \cdots + \alpha_n }{ b } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}





\inputfaktbeweis
{Extrema/Nebenbedingung/Linearform als Zielfunktion/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{,} sei \maabbdisp {f} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser}{}{} von $f$ über
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei $h$ eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} auf $\R^n$,}
\faktvoraussetzung {deren Einschränkung
\mathl{h {{|}}_M}{} auf $M$ im \zusatzklammer {zu $f$} {} {} \definitionsverweis {regulären Punkt}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {lokales Extremum}{}{} besitze.}
\faktfolgerung {Dann ist $h$ ein Vielfaches von
\mathl{\left(D f \right)_{ a}}{,} d.h. es gibt ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \lambda }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h }
{ =} { \lambda \left(D f \right)_{ a} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D h \right)_{ a} }
{ =} {h }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} unmittelbar aus Korollar 55.3.

}





\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die \definitionsverweis {Linearform}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h(x,y,z) }
{ =} {3x-2y+5z }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auf der Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ (x,y,z) \in \R^3 \mid f(x,y,z) = x^2+y^2 +z^4 = 1 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Lagrange-Bedingung wird zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} 3 \\-2\\ 5 \end{pmatrix} }
{ =} { \lambda \begin{pmatrix} 2x \\2y\\ 4z^3 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dies führt auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda }
{ =} { { \frac{ 3 }{ 2x } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Damit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{y }
{ =} {- { \frac{ 1 }{ \lambda } } }
{ =} { - { \frac{ 2x }{ 3 } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{z }
{ =} { \sqrt[3]{ { \frac{ 5 }{ 4 \lambda } } } }
{ =} { \sqrt[3]{ { \frac{ 5 }{ 6 } } x } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dies führt insgesamt zur Bedingung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{x^2 + { \frac{ 4 }{ 9 } } x^2 + { \frac{ 5 }{ 6 } } x \sqrt[3]{ { \frac{ 5 }{ 6 } } x } }
{ =} {1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die nach dem Zwischenwertsatz mindestens zwei Lösungen hat, die allerdings nicht so einfach explizit anzugeben sind.


}





\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Glatt und kompakt/Jede Hyperebene als Tangentialraum/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und sei \maabbdisp {f} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Die \definitionsverweis {Faser}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{ f^{-1}(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von $f$ zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sei \definitionsverweis {kompakt}{}{} und in jedem Punkt \definitionsverweis {regulär}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist jeder
\mathl{(n-1)}{-}dimensionale Unterraum
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subset }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für mindestens einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gleich dem \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{}
\mathl{T_aM}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Der
\mathl{(n-1)}{-}dimensionale Untervektorraum
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subset }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wird durch eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} beschrieben, sagen wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ \operatorname{kern} h }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { c_1x_1 + \cdots + c_nx_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei nicht alle $c_i$ gleich $0$ sind. Die Funktion $h$ nimmt nach Satz 36.12 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) auf der kompakten Teilmenge $M$ ihr Maximum an, d.h. es gibt einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass
\mathl{h{{|}}_M}{} in $a$ insbesondere ein lokales Extremum besitzt. Da $a$ ein regulärer Punkt ist, folgt nach Korollar 55.7, dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h }
{ =} { \left(D h \right)_{ a} }
{ =} { \lambda \left(D f \right)_{ a} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist \zusatzklammer {
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ \lambda }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} und somit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{V }
{ =} { \operatorname{kern} h }
{ =} { \operatorname{kern} \left(D f \right)_{ a} }
{ =} { T_aM }
{ } { }
} {}{}{.}

}


Ohne die Kompaktheitsvoraussetzung und ohne die Regularitätsvoraussetzung ist die vorstehende Aussage nicht richtig, wie einfache Beispiele zeigen.


\inputbeispiel{}
{

Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x,y) }
{ =} { xy }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in \R^2 \mid f(x,y)=1 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die Standardhyperbel, realisiert als Faser einer Funktion. Jeder Punkt der Hyperbel ist ein \definitionsverweis {regulärer Punkt}{}{} von $f$, die Hyperbel ist nicht \definitionsverweis {kompakt}{}{.} Die beiden Linearformen \mathkor {} {x} {bzw.} {y} {} besitzen kein lokales Extremum auf $M$ und die beiden Koordinatenrichtungen treten nicht als Tangentialräume der Hyperbel auf.


}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Astroid.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Astroid.svg } {} {Joelholdsworth} {Commons} {PD} {}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f(x,y) }
{ =} { { \left( x^2+y^2-1 \right) }^3+27 x^2y^2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und das zugehörige Nullstellengebilde, also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{Z }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in \R^2 \mid f(x,y) = 0 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dieses nennt man eine \stichwort {Astroide} {.} Dieses Nullstellengebilde liegt innerhalb der abgeschlossenen Kreisscheibe und ist daher \definitionsverweis {kompakt}{}{.} Die partiellen Ableitungen sind
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial x } } }
{ =} { 3 { \left( x^2+y^2-1 \right) }^2 \cdot 2x + 54 xy^2 }
{ =} { 6 x { \left( { \left( x^2+y^2-1 \right) }^2 + 9 y^2 \right) } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ =} { 3 { \left( x^2+y^2-1 \right) }^2 \cdot 2y + 54 x^2y }
{ =} { 6 y { \left( { \left( x^2+y^2-1 \right) }^2 + 9 x^2 \right) } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Beide partiellen Ableitungen verschwinden genau für die vier Punkte
\mathdisp {(0,1),\, (0,-1),\, (1,0),\, (-1,0)} { , }
die alle zu $Z$ gehören. Die $x$-Achse
\mathl{\R(1,0)}{} tritt nicht als Tangente von $Z$ auf. Die zweite partielle Ableitung verschwindet nämlich nur bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (x,y) }
{ = }{ (0, \pm 1) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} in diesen Fällen verschwinden aber bereits beide partielle Ableitungen.


}