Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil II/Woche 7/Rückmeldung
- Rückmeldung zur Abgabe der Woche 7
Die meisten Gruppen haben mindestens 10 Punkte erreicht.
Schwierigkeiten gab es anscheinend beim Lösen homogener linearer gewöhnlicher Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten. Und zwar dahingehend, dass anscheinend nicht klar war, was genau der Lösungsraum ist. Manchmal wurde dieser vielleicht auch vergessen anzugegeben. Das Konzept ist eigentlich genau so wie zu Beginn der Vorlesung bei einfachen gewöhnlichen Differntialgleichungen (also keine Systeme). Dort war es schon so, dass z.B. eine Lösung der einfachen homogene Differntialgleichung
gegeben ist durch . (Dieses ist übrigens ein homogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten, nur mit Zahl 3 als "-Matrix".) Das ist aber nur eine einzige Lösung von unendlich vielen. Denn wir haben dort bereits gelernt, dass auch für ein beliebiges wieder eine Lösung ist.
Damit sind auch alle möglichen Lösungen gefunden und der Lösungsraum ist eindimensional und gegeben durch , denn Korollar 43.9 sagt, dass es für dieses Gleichugssystem mit -Matrix nur einen eindimensionalen Lösungsraum gibt.
Haben wir nun ein größeres Differntialgleichungssystem sagt Korollar 43.9 eben auch, dass der Lösungsraum höher dimensional ist. Das heißt um den Lösungsraum zu beschreiben, sind entsprechend viele linear unabhängige Lösungen des Differentialgleichungssystem zu finden. In Beispiel 43.12 wird dies gemacht, wenn die Matrix des Differentialgleichungssystems obere Dreiecksgestalt hat (es wird von unten nach oben gelöst). Falls diese Matrix keine besondere Struktur hat, könnte wie in Satz 43.6 die Matrix ersteinmal auf obere Dreicksgestalt gebracht werden, um dann wie im obigen Beispiel, von unten nach oben nacheinander zu lösen. Das ist unter Umständen viel Arbeit.
Eine gute Situation ist, wenn die Matrix diagonalisierbar ist. Denn dann können die Eigenwerte und Eigenvektoren bestimmen werden und mit Korollar 43.11 ist direkt der gesamte Lösungsraum bestimmt.
Da nach konkreteren Beispielen gefragt wurde, gehen wir mal eines durch.
Wir bestimmen den Lösungsraum vom homogenen linearen gewöhnlichen Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten
Die beteiligte Matrix ist nicht Diagonalsierbar, der Korollar 43.11 damit auch gar nicht anwendbar. Deswegen versuchen wir es gar nicht erst mit den Eigenvektoren und gehen "zu Fuß". Die Matrix ist , das heißt wir erwarten einen 2 dimensionalen Lösungsraum. In der unteren Zeile des Systems müssen wir lösen. Das haben wir am Anfang dieses Kommentars schon gesehen. Die Lösungen sind für ein . Hier machen wir eine Fallunterscheidung für und . Falls ist konstant 0. Dann können wir in die erste Zeile des Systems gehen und müssen dort nur noch lösen. Kennen wir bereits, wie oben, diesmal nehmen wir die konstante , d.h. . Damit haben wir schonmal eine Lösung des Differentialgleichungssystems,
Streng genommen sind dies schon unendlich viele Lösungen, da das beliebig war. Diese sind aber direkt linear abhängig. Wir brauchen für unseren Lösungsraum eine zweite linear unabhängige. Das bringt uns oben zum zweiten Fall der Fallunterscheidung.
Dabei ist das ersteinmal fixiert. Dann müssen wir in der ersten Zeile des Differentialgleichungssystems lösen. Das ist eine inhomogene gewöhnliche Differntialgleichung, siehe Satz 32.10. Eine homogene Lösung (eine Lösung von ) ist . Der inhomogene Anteil dividiert durch diese Lösung ist und dessen Integral ist . Damit ist eine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung gegeben durch und eine weitere Lösung des Differentialgleichungssystems ist
Diese ist linear unabhängig von der anderen Lösung ( ), das lässt sich leicht überprüfen, indem es für beide Vektoren für getestet wird. Das wird im Beweis von Korollar 43.9 erklärt. Dann sind wir fertig, wir haben zwei linear unabhängige Vektoren in einem 2 dimensionalen Raum. Das reicht um den gesamten Raum aufzuspannen. Der Lösungsraum ist demnach
Dieses Beispiel ist natürlich schon durch das allgmein gehaltene Beispiel 43.12 abgedeckt. Das sollte mal verglichen werden.
Ist ein Anfangswert gegeben und das zugehörige Anfangswertproblem soll gelöst werden, ist nur eine Lösung anzugeben, ganz einfach deshalb, weil es nur eine Lösung im Lösungsraum gibt, die den Anfangswert besitzt und diese Lösung ist eindeutig. Das geht aus
Satz 43.8
hervor.
Deshalb ist es wichtig die Aufgabenstellung genau zu lesen und zu erkennen, ob die Lösung eines Anfangswertproblemes, EINE beliebige Lösung einer Differentialgleichung/eines Differtialgleichgungssystems oder sogar der gesamte Lösungsraum angegeben werden soll.