Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 22/latex

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\zwischenueberschrift{Schnittverhalten von Untervarietäten}

In einem $n$-dimensionalen Vektorraum $V$ mit Untervektorräumen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U_1,U_2 }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Dimension \mathkor {} {n-k_1} {bzw.} {n-k_2} {} ist nach Korollar 9.8 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) der Durchschnitt
\mathl{U_1 \cap U_2}{} ein Untervektorraum, dessen Dimension zumindest
\mathl{n-k_1-k_2}{} ist \zusatzklammer {die Kodimension des Durchschnittes ist also höchstens die Summe der beiden Kodimensionen} {} {.} Wenn die Untervektorräume hinreichend generisch gewählt sind, so ist diese Dimension genau
\mathl{n-k_1-k_2}{.} Wir fragen uns, ob die Dimensionen sich entsprechend verhalten, wenn man nicht den Durchschnitt von Untervektorräumen, sondern den Durchschnitt von abgeschlossenen Untervarietäten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in einer Varietät $V$ betrachtet. Wenn beispielsweise $V$ zweidimensional \zusatzklammer {eine Fläche} {} {} ist, und \mathkor {} {Y} {und} {Z} {} eindimensional sind \zusatzklammer {Kurven} {} {,} so besteht der Durchschnitt
\mathl{Y \cap Z}{} aus einzelnen Punkten \zusatzklammer {er kann generell auch leer sein} {} {,} es sei denn, die beiden Kurven haben eine gemeinsame irreduzible Komponente. Für verschiedene irreduzible Kurven besteht der Durchschnitt aus einzelnen Punkten und die Dimensionen verhalten sich wie im linearen Kontext. Man braucht keine weitere Bedingung an die Fläche stellen. Im Allgemeinen hängt das Dimensionsverhalten aber von den Singularitäten der umgebenden Varietät $V$, wie das folgende Beispiel zeigt.




\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} Im \definitionsverweis {Polynomring}{}{}
\mathl{K[X,Y,W,Z]}{} betrachten wir die Primideale
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(XY-ZW) }
{ \subset }{ {\mathfrak p} = (X,Z), {\mathfrak q} = (Y,W) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Hierbei ist
\mathl{(XY-ZW)}{} ein \definitionsverweis {Primhauptideal}{}{} und hat die Höhe $1$ und \mathkor {} {(X,Z)} {und} {(Y,W)} {} sind Primideale der Höhe $2$. Die zugehörigen Varietäten \mathkor {} {V (X,Z)} {und} {V (Y,W)} {} sind affine Ebenen im ${ {\mathbb A}_{ K }^{ 4 } }$ und haben die Dimension $2$. Wir betrachten die entsprechende Situation im \definitionsverweis {Restklassenring}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R }
{ =} { K[X,Y,W,Z]/ (XY-ZW) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} der die \definitionsverweis {Dimension}{}{} $3$ besitzt. Die Dimensionen der beiden Primideale bzw. der dadurch definierten Ebenen sind nach wie vor $2$, allerdings ist ihre Höhe bzw. Kodimension jetzt $1$. Der Durchschnitt dieser beiden Ebenen ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{V ( {\mathfrak p} ) \cap V ( {\mathfrak q} ) }
{ =} { V ( {\mathfrak p} + {\mathfrak q} ) }
{ =} { V( X,Y,W,Z ) }
{ =} { V( {\mathfrak m} ) }
{ } { }
} {}{}{,} also einfach ein Punkt der Kodimension $3$. Der Ring $R$ mit den beiden Untervarietäten \mathkor {} {V ( {\mathfrak p} )} {und} {V ( {\mathfrak q} )} {} liefert also ein Beispiel, das zeigt, dass die Summe der Kodimensionen von Untervarietäten kleiner als die Kodimension ihres Schnittes sein kann. Dabei sind die Untervarietäten \definitionsverweis {glatt}{}{,} die Gesamtvarietät
\mathl{V(XY-ZW)}{} ist aber eine \definitionsverweis {isolierte}{}{} \definitionsverweis {Hyperflächensingularität}{}{.}


}

Über den reellen Zahlen gilt das erwähnte Dimensionsverhalten noch nicht einmal im $\R^3$, wie das folgende Beispiel zeigt.


\inputbeispiel{}
{

Im $\R^3$ betrachten wir die Ebene
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y }
{ = }{V(z) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das Paraboloid
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Z }
{ = }{V { \left( z-x^2-y^2 \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Der Durchschnitt besteht allein aus dem Nullpunkt. Das bedeutet, dass der Durchschnitt der beiden Flächen, die jeweils die Kodimension $1$ haben, die Kodimension $3$ besitzt. Allerdings sieht diese Berechnung anders aus, wenn man die Krulldimensionen der Ringe und nicht die \anfuehrung{sichtbaren}{} reellen Punkte betrachtet. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{Y \cap Z }
{ =} {V { \left( z,z-x^2-y^2 \right) } }
{ =} {V { \left( z,x^2+y^2 \right) } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und der zugehörige Koordinatenring des Durchschnittes ist
\mathl{K[x,y]/ { \left( x^2+y^2 \right) }}{,} der eindimensional ist.


}

Für einen glatten Punkt über einem algebraisch abgeschlossenen Körper gilt hingegen die Verallgemeinerung des erwähnten linearen Schnittverhaltens. Um dies zu zeigen bedarf es einiger Vorbereitungen. Das erste Lemma macht eine Aussage, wenn eine der beteiligten Untervarietäten geometrisch durch die minimal mögliche Anzahl von Gleichungen beschrieben wird \zusatzklammer {man spricht von einem lokal geometrisch vollständigen Durchschnitt} {} {.} Im vorstehenden Beispiel können die beiden Flächen nicht durch eine Gleichung beschrieben werden.




\inputfaktbeweis
{Untervarietät/Lokal durch Funktionen/Schnittverhalten/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} es sei $V$ eine \definitionsverweis {Varietät}{}{} über $K$ und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} affin-algebraische Teilmengen mit $Y$ \definitionsverweis {irreduzibel}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{Y \cap Z }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und ${\mathfrak p}$ das zugehörige Primideal zu $Y$ im \definitionsverweis {lokalen Ring}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ = }{{\mathcal O}_{V,P} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei $r$ die \definitionsverweis {Höhe}{}{} von ${\mathfrak p}$ und es gebe $h$ Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f_1 , \ldots , f_r }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{rad} { \left( f_1 , \ldots , f_r \right) } }
{ =} { {\mathfrak p} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann erfüllt jede Komponente $W$ des Durchschnittes
\mathl{Y \cap Z}{} die Dimensionseigenschaft
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{dim} { \left( W \right) } }
{ \geq} { \operatorname{dim} { \left( Y \right) } + \operatorname{dim} { \left( Z \right) } - \operatorname{dim} { \left( V \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Ohne Einschränkung sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Z }
{ = }{V( {\mathfrak q} ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ebenfalls irreduzibel und entspreche einem Primideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak q} }
{ \subseteq }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Höhe $s$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{W }
{ = }{V( {\mathfrak r} ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einem Primideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak r} }
{ \subseteq }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Höhe $m$, das \definitionsverweis {minimal}{}{} über
\mathl{{\mathfrak p} + {\mathfrak q}}{} ist. Wegen Korollar 19.6 ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m }
{ \leq }{ r+s }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zu zeigen. In
\mathl{R_{\mathfrak r}/{\mathfrak q}}{} ist ${\mathfrak r}$ minimal über
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak q} }
{ =} { \operatorname{rad} { \left( f_1 , \ldots , f_r \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Nach Satz 18.7 ist dort die Höhe von ${\mathfrak r}$ höchstens $r$. Zurückübersetzt nach $R_{\mathfrak r}$ bedeutet dies
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{ht} { \left( {\mathfrak r} \right) } }
{ \leq} { r+s }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Varietäten/Glatte Punkte/Produkt/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {affine Varietäten}{}{} und
\mathl{P \in V, Q \in W}{} \definitionsverweis {glatte Punkte}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mathl{(P,Q)}{} ein glatter Punkt der \definitionsverweis {Produktvarietät}{}{}
\mathl{V \times W}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ m } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wobei $V$ durch die Polynome
\mathl{f_1 , \ldots , f_r}{} auf dem affinen Raum ${ {\mathbb A}_{ K }^{ m } }$ beschrieben werde, deren Jacobimatrix im Punkt $P$ einen Rang
\mathl{\geq m-\operatorname{dim} V}{} besitze. Entsprechend sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{ W }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wobei $W$ durch die Polynome
\mathl{g_1 , \ldots , g_s}{} auf dem affinen Raum ${ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }$ beschrieben werde, deren Jacobimatrix im Punkt $Q$ einen Rang
\mathl{\geq n- \operatorname{dim} { \left( W \right) }}{} besitze. Dann beschreiben die Polynome \maabbdisp {(f,g) = (f_1 , \ldots , f_r, g_1 , \ldots , g_s)} { { {\mathbb A}_{ K }^{ m } } \times { {\mathbb A}_{ K }^{ n } }} { {\mathbb A}^{1}_{K} } {} \zusatzklammer {wobei die $f_i$ nur von den vorderen und die $g_j$ nur von den hinteren Variablen abhängen} {} {} die Produktvarietät
\mathl{V \times W}{.} Die Jacobimatrix zu
\mathl{(f,g)}{} ist eine \definitionsverweis {Blockmatrix}{}{,} deshalb ist ihr Rang gleich der Summe der Einzelränge und insbesondere
\mathl{\geq m-\operatorname{dim} { \left( V \right) } +n-\operatorname{dim} { \left( W \right) }}{.} Die Dimension von $V \times W$ ist nach Satz 20.8 gleich
\mathl{\operatorname{dim} { \left( V \right) } + \operatorname{dim} { \left( W \right) }}{,} daher erfüllen
\mathl{(f_1 , \ldots , f_r, g_1 , \ldots , g_s)}{} insgesamt die Rangbedingung und
\mathl{(P,Q)}{} ist ein glatter Punkt.

}


Unsere weitere Beweisstrategie läuft unter dem Stichwort \stichwort {Reduktion zur Diagonalen} {.} Damit ist folgendes gemeint. Zu einer beliebigen Menge $V$ nennt man die Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Delta }
{ =} { { \left\{ (P,P) \mid P \in V \right\} } }
{ \subseteq} { V \times V }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die Diagonale. Es gibt eine natürliche Bijektion \maabbeledisp {} {V} { \Delta } {P} { (P,P) } {.} Wenn $V$ ein topologischer Raum \zusatzklammer {Mannigfaltigkeit, Varietät} {} {} ist, so ist dies häufig eine \definitionsverweis {abgeschlossene Einbettung}{}{} und \mathkor {} {V} {und} {\Delta} {} haben die gleichen Eigenschaften. Zu Teilmengen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ergibt sich eine natürliche Bijektion zwischen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y \cap Z }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} einerseits und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Delta \cap { \left( Y \times Z \right) } }
{ \subseteq }{ V \times V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} andererseits. Insofern kann man Eigenschaften des Durchschnittes
\mathl{Y \cap Z}{} dadurch verstehen, dass man Eigenschaften des Durchschnittes
\mathl{\Delta \cap { \left( Y \times Z \right) }}{} versteht. Der Vorteil hierbei ist, dass die Diagonale $\Delta$ häufig schönere Eigenschaften als eine beliebige Teilmenge besitzt. Zunächst halten wir fest, dass die Diagonale isomorph zu $V$ selbst ist.

\inputfaktbeweis
{Varietät/Diagonale/Abgeschlossene Einbettung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei $V$ eine \definitionsverweis {affin-algebraische Menge}{}{} über $K$.}
\faktfolgerung {Dann ist die \definitionsverweis {Diagonale}{}{} \maabbeledisp {} {V} { V \times V } {P} { (P,P) } {,} eine \definitionsverweis {abgeschlossene Einbettung}{}{.}}
\faktzusatz {Insbesondere ist das Bild $\Delta$ der Diagonalen \definitionsverweis {homöomoph}{}{} zu $V$.}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 22.7. }


\inputfaktbeweis
{Nenneraufnahme/Idealerzeuger/Nenneraufnahme an Element/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak a} }
{ \subseteq }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Ideal}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S }
{ \subseteq }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {multiplikatives System}{}{.}}
\faktvoraussetzung {In der \definitionsverweis {Nenneraufnahme}{}{} $R_S$ gelte
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak a} R_S }
{ =} { { \left( f_1 , \ldots , f_n \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \in }{S }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a_1 , \ldots , a_n }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak a} R_g }
{ =} { { \left( a_1 , \ldots , a_n \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 22.11. }



\inputfaktbeweis
{Varietät/Glatter Punkt/Selbstprodukt/Beschreibung der Diagonalen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{} und sei $V$ eine \definitionsverweis {affine Varietät}{}{} der \definitionsverweis {Dimension}{}{} $n$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {glatter Punkt}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann wird die \definitionsverweis {Diagonale}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ \subseteq }{ V \times V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} im Punkt
\mathl{(P,P)}{} lokal durch $n$ Funktionen auf $V \times V$ beschrieben.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ = }{ K[X_1 , \ldots , X_m ]/ {\mathfrak a} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Koordinatenring von $V$ und sei ${\mathfrak m}_P$ das maximale Ideale zu $P$ in $R$. Im lokalen Ring
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{{\mathcal O}_P }
{ = }{ R_{ {\mathfrak m}_P} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt es nach Voraussetzung und Satz 21.6 eine Beschreibung der Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P }
{ = }{ { \left( f_1 , \ldots , f_n \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir können nach Lemma 22.6 $V$ verkleinern, d.h. zu einer affinen offenen Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P }
{ \in} {U }
{ =} {D(g) }
{ \subseteq} {V }
{ } { }
} {}{}{} übergehen und dann annehmen, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f_1 , \ldots , f_n }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dort bereits
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P }
{ = }{ { \left( f_1 , \ldots , f_n \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Es ist
\mathl{R \otimes_{ K } R}{} nach Lemma 20.2 und Lemma 20.4 der Koordinatenring des Produktes
\mathl{V \times V}{.} Wir betrachten die Funktionen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h_i }
{ =} { f_i \otimes 1 - 1 \otimes f_i }
{ \in} { R \otimes_{ K } R }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} diese Funktionen wirken auf $V \times V$ durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( f_i \otimes 1 - 1 \otimes f_i \right) } (Q,Q') }
{ =} { f_i(Q) - f_i(Q') }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Bezüglich der Einbettung \zusatzklammer {vergleiche Lemma 20.6} {} {} \maabbdisp {} {V \cong V \times \{P\} } { V \times V } {} erhält man durch einschränken aus den $h_i$ die $f_i$ zurück. Da die $f_i$ modulo
\mathl{{\mathfrak m}_P^2}{} linear unabhängig sind, gilt dies auch für $h_i$ modulo
\mathl{{\mathfrak m}_{(P,P)}^2}{.}


Für die Diagonale ist offenbar
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ \subseteq} { V(h_1 , \ldots , h_n) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Der Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(P,P) }
{ \in }{ \Delta }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist in
\mathl{V \times V}{} nach Lemma 22.4 ein glatter Punkt und damit ist der lokale Ring
\mathl{{\mathcal O}_{(P,P)}}{} \definitionsverweis {regulär}{}{} nach Satz 21.6. Seine Dimension ist $2n$ nach Satz 20.8. Nach Lemma 21.4 ist
\mathl{{\mathcal O}_{V \times V, (P,P)} /(h_1 , \ldots , h_n )}{} regulär der Dimension $n$. Insbesondere ist
\mathl{(h_1 , \ldots , h_n )}{} nach Satz 21.5 ein Primideal in
\mathl{{\mathcal O}_{V \times V, (P,P)}}{} der Dimension $n$ und daher muss
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ = }{ V(h_1 , \ldots , h_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gelten.

}





\inputfaktbeweis
{Varietät/Glatter Punkt/Schnittverhalten/Dimension/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{} und $V$ eine \definitionsverweis {affine Varietät}{}{} über $K$ der \definitionsverweis {Dimension}{}{} $n$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {glatter Punkt}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Untervarietäten der Dimension \mathkor {} {r} {bzw.} {s} {.}}
\faktfolgerung {Dann besitzt jede \definitionsverweis {Komponente}{}{} $W$ des Durchschnitts
\mathl{Y \cap Z}{} im Punkt $P$ eine Dimension
\mathl{\geq r+s-n}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten die Diagonaleinbettung \maabbeledisp {} {V} { V \times V } {Q} { (Q,Q) } {,} das Bild sei mit $\Delta$ bezeichnet. Es liegt dadurch nach Lemma 22.5 ein Isomorphismus \zusatzklammer {insbesondere ein \definitionsverweis {Homöomorphismus}{}{}} {} {}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \cong }{\Delta }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von Varietäten vor. Unter diesem Isomorphismus entsprechen sich die Mengen \mathkor {} {Y \cap Z} {und} {\Delta \cap (Y \times Z)} {,} wobei rechts das Produkt
\mathl{Y \times Z}{} in natürlicher Weise als abgeschlossene Untervarietät von
\mathl{V \times V}{} aufgefasst wird. Damit entsprechen sich auch die Komponenten des Schnittes
\mathl{Y \cap Z}{} im Punkt $P$ und die Komponenten des Schnittes
\mathl{\Delta \cap (Y \times Z)}{} im Punkt
\mathl{(P,P)}{.} Nach Satz 20.8 besitzt
\mathl{Y \times Z}{} die Dimension
\mathl{r+s}{.} Nach Lemma 22.7 wird $\Delta$ im Punkt
\mathl{(P,P)}{} lokal durch $n$ Funktionen beschrieben. Nach Lemma 22.3 ist daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{dim}_{(P,P)} { \left( \Delta \cap Y \times Z \right) } }
{ \geq} { r+s-n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{}

}





\inputfaktbeweis
{Affiner Raum/Schnittverhalten/Dimension/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{} und seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y,Z }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {abgeschlossene Untervarietäten}{}{} der \definitionsverweis {Dimension}{}{} \mathkor {} {r} {bzw.} {s} {.}}
\faktfolgerung {Dann besitzt jede \definitionsverweis {Komponente}{}{} $W$ des Durchschnitts
\mathl{Y \cap Z}{} eine Dimension
\mathl{\geq r+s-n}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist ein Spezialfall von Satz 22.8.

}





\inputfaktbeweis
{Dimensionstheorie/Affiner Raum/Schnitt mit linearen Unterräumen/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {abgeschlossene Untervarietät}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt der lokalen \definitionsverweis {Dimension}{}{} $r$.}
\faktfolgerung {Dann besitzt jede \definitionsverweis {irreduzible Komponente}{}{} $W$ durch $P$ des Durchschnittes von $V$ mit jedem linearen Unterraum der Dimension
\mathl{\geq n+1-r}{} eine Dimension
\mathl{\geq 1}{} \zusatzklammer {$P$ ist also kein isolierter Punkt des Durchschnittes} {} {,} und es gibt lineare Unterräume der Dimension $n-r$ durch $P$, deren Durchschnitt mit $V$ den Punkt $P$ isolieren.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die erste Aussage folgt aus Satz 22.9. Für die andere Richtung verwenden wir Induktion über $n$, wobei die Aussage bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} klar ist. Wenn $V$ der ganze Raum ist, so ist die Aussage ebenfalls wahr, da dann der Durchschnitt mit dem nulldimensionalen Raum $\{P\}$ den Punkt selbst herausschneidet. Es sei also $V$ nicht der ganze Raum und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \notin }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir können annehmen, dass jede \definitionsverweis {irreduzible Komponente}{}{} von $V$ durch den Punkt $P$ verläuft. Für eine Hyperebene $H$ durch \mathkor {} {P} {und} {Q} {} gilt, dass der Durchschnitt
\mathl{V \cap H}{} eine Dimension besitzt, die kleiner als die Dimension von $V$ ist, da dies für jede Komponente gilt. Die Induktionsvoraussetzung, angewendet auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V \cap H }
{ \subset }{ H }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} liefert die Behauptung.

}


Die vorstehende Aussage ermöglicht eine weitere Definition für die Dimension einer affinen Varietät
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq} { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} nämlich als
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ \operatorname{dim} { \left( V \right) } }
{ =} { n - \max { \left\{ c \mid \text{es gibt lineare Unterräume der Dimension } c \text{ durch } P, \text{ die den Punkt } P \text{ isolieren} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Man betrachte unter diesem Aspekt Aufgabe 5.7, Aufgabe 5.8, Aufgabe 5.9, Aufgabe 5.12 und Aufgabe 5.20.