Kurs:Vorkurs Mathematik (Osnabrück 2009)/Vorlesung 4
- Abbildungen
Es seien und Mengen. Eine Abbildung von nach ist dadurch gegeben, dass jedem Element der Menge genau ein Element der Menge zugeordnet wird. Das zu eindeutig bestimmte Element wird mit bezeichnet. Die Abbildung drückt man als Ganzes häufig durch
aus.
Bei einer Abbildung heißt die Definitionsmenge (oder Definitionsbereich) der Abbildung und die Wertemenge (oder Wertevorrat oder Zielbereich) der Abbildung. Zu einem Element heißt das Element
der Wert von an der Stelle . Statt Stelle sagt man auch häufig Argument.
Zwei Abbildungen
sind gleich, wenn sie die gleiche Definitionsmenge und die gleiche Wertemenge besitzen und wenn für alle die Gleichheit in gilt. Die Gleichheit von Abbildungen wird also zurückgeführt auf die Gleichheit von Elementen in einer Menge.
Eine Abbildung kann man auch sehen als eine spezielle Relation , nämlich als eine Relation mit der Eigenschaft, dass es zu jedem genau ein gibt mit . Abbildungen werden häufig auch Funktionen genannt. Wir werden den Begriff Funktion für solche Abbildungen reservieren, deren Wertemenge ein Zahlbereich wie die reellen Zahlen ist.
Zu jeder Menge nennt man die Abbildung
also die Abbildung, die jedes Element auf sich selbst schickt, die Identität (auf ). Sie wird mit bezeichnet.
- Darstellungsmöglichkeiten von Abbildungen
Für eine Abbildung gibt es mehrere Darstellungsmöglichkeiten, z.B. Wertetabelle, Balkendiagramm, Kuchendiagramm, Pfeildiagramm, den Graphen der Abbildung. Dabei sind die Übergänge zwischen der formalen Definition einer Abbildung und den visuellen Realisierungen fließend. In der Mathematik wird eine Abbildung zumeist durch eine Abbildungsvorschrift beschrieben, die es erlaubt, die Werte der Abbildung zu berechnen.
- Injektive und surjektive Abbildungen
Es seien und Mengen und es sei
eine Abbildung. Dann heißt
- injektiv, wenn für je zwei verschiedene Elemente
- surjektiv, wenn es für jedes mindestens ein Element mit
- bijektiv, wenn sowohl injektiv als auch surjektiv ist.
Diese Begriffe sind fundamental! Die Frage, ob eine Abbildung diese Eigenschaften besitzt, kann man anhand der Gleichung
(in den beiden Variablen und ) erläutern. Die Surjektivität bedeutet, dass es zu jedem mindestens eine Lösung für diese Gleichung gibt, die Injektivität bedeutet, dass es zu jedem maximal eine Lösung für diese Gleichung gibt, und die Bijektivität bedeutet, dass es zu jedem genau eine Lösung für diese Gleichung gibt. Die Surjektivität entspricht also der Existenz von Lösungen, die Injektivität der Eindeutigkeit von Lösungen. Beide Fragestellungen durchziehen die Mathematik und können selbst wiederum häufig als die Surjektivität oder die Injektivität einer geeigneten Abbildung interpretiert werden.
Beim Nachweis der Injektivität einer Abbildung geht man häufig so vor, dass man zu zwei gegebenen Elementen und aus der Voraussetzung erschließt, dass ist. Dies ist oft einfacher zu zeigen, als aus auf zu schließen.
Es sei eine bijektive Abbildung. Dann heißt die Abbildung
die jedes Element auf das eindeutig bestimmte Element mit abbildet, die Umkehrabbildung zu .
- Graph, Bild und Urbild einer Abbildung
Abbildungen und ihre Graphen sind im wesentlichen äquivalente Objekte. Formal kann man auch Abbildungen als Graphen (spezielle Relationen) einführen. Man muss den Graph von seiner visuellen Realisierung unterscheiden, eine solche ist nicht immer möglich und hängt davon ab, ob man die Produktmenge aus Definitionsmenge und Wertemenge gut visualisieren kann.
Es seien und Mengen und es sei
eine Abbildung. Zu einer Teilmenge heißt
das Bild von unter . Für heißt
das Bild der Abbildung.
Es seien und Mengen und es sei
eine Abbildung. Zu einer Teilmenge heißt
das Urbild von unter . Für eine einelementige Teilmenge heißt
das Urbild von .
- Hintereinanderschaltung von Abbildungen
Es seien und Mengen und
und
Abbildungen. Dann heißt die Abbildung
die Hintereinanderschaltung der Abbildungen und .
Es gilt also
wobei die linke Seite durch die rechte Seite definiert wird. Wenn die beiden Abbildungen durch funktionale Ausdrücke gegeben sind, so wird die Hintereinanderschaltung dadurch realisiert, dass man den ersten Ausdruck anstelle der Variablen in den zweiten Ausdruck einsetzt (und nach Möglichkeit vereinfacht).
Zwei Abbildungen sind genau dann gleich, wenn für jedes die Gleichheit gilt. Es sei also . Dann ist
(1) (2). Es sei also bijektiv und wir müssen eine Abbildung mit den angegebenen Eigenschaften finden. Wir behaupten, dass die Umkehrabbildung diese Eigenschaften erfüllt. Für jedes ist . Das Element wird auf abgebildet und es ist das einzige Element aus mit dieser Eigenschaft. Daher ist nach Definition der Umkehrabbildung . Also ist .
Für jedes ist . Nach der Definition von ist dasjenige Element aus , dass von auf abgebildet wird. Also ist und damit ist
(2) (3) ist trivial, da das aus (2) sowohl die Eigenschaft von aus (3) als auch die Eigenschaft von aus (3) erfüllt.
(3) (1). Es gebe nun die Abbildungen und mit den beschriebenen Eigenschaften. Wir möchten zeigen, dass dann bijektiv ist, also sowohl injektiv als auch surjektiv ist. Zum Nachweis der Injektivität seien
Wir wenden darauf die Abbildung an und erhalten
Da
ist, folgt direkt .
Zum Nachweis der Surjektivität sei beliebig vorgegeben. Wir behaupten, dass durch auf abgebildet wird. Dies folgt direkt aus