Zerfällungskörper/Existenz/Einführung/Textabschnitt
Wir wollen zu einem Polynom einen Körper konstruieren, über dem in Linearfaktoren zerfällt. Dies beruht auf einer recht einfachen Konstruktion. Zu jedem Körper kann man sogar einen Körper konstruieren, der algebraisch abgeschlossen ist, was wir aber nicht ausführen werden. Eine erste Anwendung ist die Konstruktion und die Charakterisierung von endlichen Körpern.
Es sei ein Körper und ein Polynom aus .
Dann gibt es einen Erweiterungskörper derart, dass über in Linearfaktoren zerfällt.
Es sei die Zerlegung in Primpolynome in , und sei nicht linear. Dann ist
eine Körpererweiterung von nach Fakt. Wegen in ist die Restklasse von in eine Nullstelle von . Daher gilt nach Fakt in die Faktorisierung , wobei einen kleineren Grad als hat. Das Polynom hat also über mindestens einen Linearfaktor mehr als über . Induktive Anwendung von dieser Konstruktion liefert eine Kette von Erweiterungen , die stationär wird, sobald in Linearfaktoren zerfällt.
Wenn quadratisch ist, so ist man nach einer einzigen Körpererweiterung fertig, da aus der Existenz einer Nullstelle direkt folgt, dass das Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Aber schon ab Grad ist es eher eine Ausnahme, dass über das Polynom bereits in Linearfaktoren zerfällt, und dann muss man wie im Lemma beschrieben induktiv weitermachen.
Es sei ein Körper, ein Polynom und eine Körpererweiterung, über der in Linearfaktoren zerfällt. Es seien die Nullstellen von . Dann nennt man
einen Zerfällungskörper von .[1]
Es handelt sich hierbei wirklich um einen Körper, wie wir gleich sehen werden. Häufig beschränkt man sich auf Polynome vom Grad , bei konstanten Polynomen sehen wir einfach selbst als Zerfällungskörper an. Über dem Zerfällungskörper zerfällt das gegebene Polynom in Linearfaktoren, da er ja nach Definition alle Nullstellen enthält, mit denen alle beteiligten Linearfaktoren formuliert werden können.
Es sei ein Körper, ein Polynom und der Zerfällungskörper von . Es sei ein Zwischenkörper.
Dann ist auch ein Zerfällungskörper des Polynoms .
Beweis
Es sei ein Körper, ein Polynom und der Zerfällungskörper von .
Dann ist eine endliche Körpererweiterung.
Es sei eine Körpererweiterung, über der in Linearformen zerfällt und , wobei die Nullstellen von seien. Es liegt eine Kette von -Algebren
vor. Dabei ist sukzessive algebraisch über , da ja eine Nullstelle von ist. Daher sind die Inklusionen nach Fakt endliche Körpererweiterungen und nach Fakt ist dann die Gesamtkörpererweiterung ebenfalls endlich.
Es sei ein Körper und sei ein Polynom. Es seien und zwei Zerfällungskörper von .
Dann gibt es einen -Algebraisomorphismus
Insbesondere gibt es bis auf Isomorphie nur einen Zerfällungskörper zu einem Polynom.
Wir beweisen die Aussage durch Induktion über den Grad . Wenn der Grad eins ist, so ist und das Polynom zerfällt bereits über in Linearfaktoren. Dann gehören alle Nullstellen von in einem beliebigen Erweiterungskörper zu selbst. Also ist auch . Es sei nun und die Aussage sei für kleinere Grade bewiesen. Dann zerfällt über nicht in Linearfaktoren. Daher gibt es einen irreduziblen Faktor von mit und ist nach Fakt und nach Fakt eine Körpererweiterung von vom Grad . Da als Faktor von ebenfalls über und über in Linearfaktoren zerfällt, gibt es -Algebrahomomorphismen und . Diese sind injektiv, sodass sowohl von als auch von ein Unterkörper ist. Nach Fakt sind dann und Zerfällungskörper von . Nach Fakt ist
sodass wir auf die Induktionsvoraussetzung anwenden können. Es gibt also einen -Algebraisomorphismus
Dieser ist erst recht ein -Algebraisomorphismus.
- ↑ Der Sprachgebrauch ist nicht ganz einheitlich. Manche Autoren nennen jeden Körper, über dem das gegebene Polynom in Linearfaktoren zerfällt, einen Zerfällungskörper, und bezeichnen den von den Nullstellen erzeugten Zerfällungskörper als minimalen Zerfällungskörper.