Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 11
- Die Ordnung an einem Primideal
Zu einem Dedekindbereich und einem Primideal ist nach Korollar 10.18 die Lokalisierung ein diskreter Bewertungsring und somit ergibt sich insgesamt eine Abbildung
Es sei ein Dedekindbereich, ein Primideal in und , . Dann heißt die Ordnung im diskreten Bewertungsring die Ordnung von am Primideal (oder an der Primstelle oder in ). Sie wird mit bezeichnet.
Es sei ein Dedekindbereich und ein Primideal in . Dann hat die Ordnung an , also die Abbildung
folgende Eigenschaften.
- .
- .
- Es ist genau dann, wenn .
(1) und (2) folgen direkt aus Lemma 10.15. Bei (3) ist zu beachten, dass für gilt, dass genau dann gilt, wenn ist. Letzteres bedeutet nämlich, dass mit und ist, also mit . Mit dem Hauptnenner ist dann , woraus folgt. Damit folgt die Behauptung aus Lemma 10.15.
Es sei ein Dedekindbereich und , . Dann heißt die Abbildung, die jedem Primideal in die Ordnung zuordnet, der durch definierte Hauptdivisor. Er wird mit bezeichnet und als formale Summe
geschrieben.
Die Ordnung an einem Primideal nennt man in diesem Zusammenhang auch die Verschwindungsordnung. Die Ordnung ist ja genau dann positiv, wenn zum Primideal gehört, und dies ist genau dann der Fall, wenn unter der Abbildung
das Element auf abgebildet wird, also an dieser Stelle verschwindet. Eine höhere Verschwindungsordnung bedeutet, dass nicht nur einfach, sondern mit einer gewissen Vielfachheit verschwindet. Der Hauptdivisor zu notiert also, mit welcher Verschwindungsordnung die Funktion an den verschiedenen Primstellen verschwindet.
Es sei ein faktorieller Dedekindbereich. Dann lässt sich der Hauptdivisor zu einem Ringelement , , unmittelbar aus der Primfaktorzerlegung ablesen. Wenn
mit einer Einheit und paarweise nicht assoziierten Primelementen ist, so ist der Hauptdivisor zu gleich
Dies beruht einfach darauf, dass die Ordnung von in der Lokalisierung gleich ist.
Es sei ein Dedekindbereich. Dann hat die Abbildung, die einem Ringelement den Hauptdivisor zuordnet, also
folgende Eigenschaften.
-
- Es ist genau dann eine Einheit, wenn ist.
Dies folgt direkt aus Lemma 11.2 durch Betrachtung an den einzelnen Primidealen.
Es sei ein Dedekindbereich und , .
Dann ist nur für endlich viele Primideale in die Ordnung von verschieden.
Das heißt, dass der Hauptdivisor eine endliche Summe ist.
Es ist nulldimensional, deshalb folgt die Aussage aus [[Krulldimension/Noethersch/Charakterisierung von nulldimensional/Fakt|Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Krulldimension/Noethersch/Charakterisierung von nulldimensional/Fakt/Beweis/Aufgabe/Faktreferenznummer ]].
Im zahlentheoretischen Kontext folgt die letzte Aussage auch direkt aus der Endlichkeit der Restklassenringe.
Wir betrachten im quadratischen Zahlbereich zu , also , das Ideal
Nach Beispiel 10.7 ist dies kein Hauptideal. Wir wollen die Hauptdivisoren zu den beiden Idealerzeugern und berechnen. Der erste Schritt ist dabei, die Primideale oberhalb des Elementes zu bestimmen, was am einfachsten durch eine Restklassenbetrachtung geschieht. Der Restklassenring modulo ist
Dies ist ein nichtreduzierter Ring mit nur einem maximalen Ideal. In der Lokalisierung gilt
was zeigt, dass dort ein Erzeuger des maximalen Ideals ist und dass die Ordnung von dort gleich ist. Deshalb gilt
Wegen
ist auch noch im Primideal enthalten und besitzt dort ebenfalls die Ordnung . Daher ist
- Effektive Divisoren
Es sei ein Dedekindbereich. Ein effektiver Divisor ist eine formale Summe
die sich über alle Primideale aus erstreckt und wobei natürliche Zahlen sind mit für fast alle .
Lemma 11.6 zeigt, dass ein Hauptdivisor zu einem Ringelement wirklich ein effektiver Divisor ist. Ein effektiver Divisor gibt für jede Primstelle eine „Verschwindungsordnung“ an. Eine naheliegende Frage ist dann, ob dieses Ordnungsverhalten durch eine Funktion realisiert werden kann, also ob der Divisor ein Hauptdivisor ist. Wir werden im Weiteren sehen, dass die Frage, welche Divisoren Hauptdivisoren sind, eng mit der Frage nach der Faktorialität von Dedekindbereichen zusammenhängt. Der Zugang über Divisoren hat den Vorteil, dass er erlaubt (siehe weiter unten), eine Gruppe, die sogenannte Divisorenklassengruppe einzuführen, die die Abweichung von der Faktorialität messen kann. Die Menge der effektiven Divisoren wird mit bezeichnet, es handelt sich um ein kommutatives additives Monoid, das als Monoid von den Primdivisoren erzeugt wird.
Es sei ein Dedekindbereich und ein von verschiedenes Ideal in . Dann nennt man den Divisor
mit
den Divisor zum Ideal .
Man kann den Divisor zu einem Ideal auch durch
definieren, wobei das Minimum über Divisoren komponentenweise erklärt ist. Es gibt im Allgemeinen kein Element, das an allen Primstellen simultan das Minimum annimmt. Da zu einem einzelnen Element der zugehörige Hauptdivisor nur an endlich vielen Stellen von verschieden ist, gilt das erst recht für den Divisor zu einem Ideal.
Die Ordnung kann man auch als Ordnung des Ideals im diskreten Bewertungsring ansehen. Dabei ist das Erweiterungsideal zu in . Dieses Ideal hat einen Erzeuger , wobei ein Primelement im diskreten Bewertungsring ist; die Ordnung ist dann .
Es sei ein Dedekindbereich. Dann erfüllt die Zuordnung (für von verschiedene Ideale)
folgende Eigenschaften.
-
für ein Primideal .
- Für ist .
- Für jedes Element gilt auch und daher ist . Umgekehrt besitzt der diskrete Bewertungsring ein Element , das das maximale Ideal erzeugt und die Ordnung hat. Man kann mit und schreiben. Dabei ist und hat in die Ordnung . Es sei nun ein weiteres Primideal . Da beide Ideale maximal sind gibt es ein Element , . Dieses hat dann in die Ordnung .
- Fixiere ein Primideal . Sei
und schreibe
mit
und
.
Dann ist nach
Lemma 11.5
Für die Umkehrung schreiben wir und . Zu fixiertem gibt es ein und ein mit und . Dann ist und
- Das ist trivial.
- Die Abschätzung „“ folgt aus . Die Abschätzung „“ folgt aus Teil (3).
Es sei ein Dedekindbereich und
ein effektiver Divisor (wobei durch die Menge der Primideale läuft). Dann nennt man
das Ideal zum Divisor . Es wird mit bezeichnet.
In der vorstehenden Definition verwenden wir die Konvention, dass in Ungleichungen der Ausdruck als zu verstehen ist. Damit gehört also zu . Es ergibt sich sofort, dass es sich in der Tat um ein Ideal handelt. Es ist auch nicht das Nullideal, da wir zu den endlich vielen Primidealen , , mit Elemente mit wählen können. Dann gehört aber das Produkt zu dem zu gehörenden Ideal.
Der folgende Satz zeigt, dass die beiden soeben eingeführten Zuordnungen zwischen den effektiven Divisoren und den von verschiedenen Idealen in einem Dedekindbereich invers zueinander sind. Dies sollte man als eine einfache und übersichtliche Beschreibung für die Menge aller Ideale ansehen.
Es sei ein Dedekindbereich.
Dann sind die Zuordnungen
zueinander inverse Abbildungen zwischen der Menge der von verschiedenen Ideale und der Menge der effektiven Divisoren.
Diese Bijektion übersetzt das Produkt von Idealen in die Summe von Divisoren.
Wir starten mit einem Ideal und vergleichen und . Es sei zunächst . Es ist dann für jedes Primideal , sodass natürlich gilt. Also ist . Ist hingegen , so gibt es nach Aufgabe 4.19 auch ein Primideal mit . Da ein diskreter Bewertungsring ist, gilt . Also ist und somit . Insbesondere ist die Abbildung injektiv. Die Surjektivität ergibt sich aus Lemma 11.11 (1) in Verbindung mit Lemma 11.11 (2), was auch den Zusatz ergibt.
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