Kurs:Analysis (Osnabrück 2014-2016)/Teil II/Vorlesung 57/latex

\setcounter{section}{57}






\zwischenueberschrift{Zur Eindeutigkeit der Lösungen von Differentialgleichungen}





\inputfaktbeweis
{Gewöhnliche Differentialgleichung/Lokal Lipschitz/Eindeutigkeit/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} \definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Menge}{}{} und \maabbeledisp {f} {I\times U} {V } {(t,v)} {f(t,v) } {,} ein stetiges \definitionsverweis {Vektorfeld}{}{} auf $U$}
\faktvoraussetzung {das \definitionsverweis {lokal einer Lipschitz-Bedingung}{}{} genügt. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{J }
{ \subseteq }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein offenes Teilintervall und es seien \maabbdisp {v_1,v_2} {J} {V } {} \definitionsverweis {Lösungen des Anfangswertproblems}{}{}
\mathdisp {v' = f(t,v) \text{ und } v(t_0) = w} { . }
}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v_1 }
{ = }{v_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ t \in J \mid v_1(t) = v_2(t) \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t_0 }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist diese Menge nicht leer. \teilbeweis {}{}{}
{Zu jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt es nach Satz 56.2 eine offene Intervallumgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t }
{ \in }{J' }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} worauf es zu gegebener Anfangsbedingung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v(t) }
{ = }{ v_0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau eine Lösung der Differentialgleichung gibt. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v_1(t) }
{ = }{ v_2(t) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher stimmen \mathkor {} {v_1} {und} {v_2} {} in einer offenen Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t }
{ \in }{J' }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit der eindeutigen Lösung und damit untereinander überein. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ J' }
{ \subseteq }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies bedeutet, dass $M$ eine \definitionsverweis {offene}{}{} Teilmenge von $J$ ist.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Andererseits sind \mathkor {} {v_1} {und} {v_2} {} \definitionsverweis {stetig}{}{} und daher ist nach Aufgabe 34.14 die Menge $M$ auch \definitionsverweis {abgeschlossen}{}{} in $J$.}
{} Da ein Intervall nach Satz 35.9 \definitionsverweis {zusammenhängend}{}{} ist, folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{J }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}


Das folgende Beispiel zeigt, dass ohne die Lipschitz-Bedingung die Lösung eines Anfangswertproblems nicht eindeutig bestimmt ist. In diesem Beispiel ist das Vektorfeld nach $v$ ableitbar, die Ableitung ist aber nicht stetig, so dass Lemma 55.4 nicht anwendbar ist.


\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten das \definitionsverweis {Anfangswertproblem}{}{}
\mathdisp {v' = 3v^{2/3} \text{ mit } v(0) = 0} { }
zum \definitionsverweis {zeitunabhängigen Vektorfeld}{}{} \maabbeledisp {f} {\R} {\R } {v} {3 v^{2/3} = 3 \sqrt[3]{v^2} } {.} Offensichtlich gibt es die \definitionsverweis {stationäre Lösung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h(t) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} aber auch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g(t) }
{ =} { t^3 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist eine Lösung, wie man durch Nachrechnen sofort bestätigt. Aus diesen beiden Lösungen kann man sich noch weitere Lösungen basteln. Es seien dazu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ < }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} reelle Zahlen. Dann ist auch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ =} { \begin{cases} (t-a)^3 \text{ für } t < a, \\ 0 \text{ für } a \leq t \leq b , \\ (t-b)^3 \text{ für } t > b, \end{cases} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine Lösung. D.h. es gibt Lösungen, bei denen das Teilchen beliebig lange \zusatzklammer {im Zeitintervall von \mathkork {} {a} {nach} {b} {}} {} {} ruht und danach \zusatzklammer {und davor} {} {} sich bewegt. Sobald sich das Teilchen in einem Punkt $\neq 0$ befindet, ist der Bewegungsablauf lokal eindeutig bestimmt.


}






\inputbemerkung
{}
{

Zu einem stetigen Vektorfeld \maabbeledisp {f} {I\times U} {V } {(t,v)} {f(t,v) } {,} kann man sich fragen, ob es ein maximales Definitionsintervall $J$ für die Lösung eines Anfangswertproblems
\mathdisp {v'=f(t,v) \text{ und } v(t_0)=w} { }
gibt. Dies ist in der Tat der Fall, wenn das Vektorfeld lokal einer Lipschitz-Bedingung genügt! Man kann nämlich alle Teilmengen
\mathdisp {J \subseteq I \text{ offen },\, t_0 \in J, \, \text{ es gibt eine L}\ddot{o}\text{sung } v_J \text{ auf } J} { }
betrachten. Wegen Satz 57.1 stimmen zwei Lösungen \mathkor {} {v_J} {und} {v_{J'}} {} auf dem Durchschnitt
\mathl{J \cap J'}{} überein, und liefern daher eine eindeutige Lösung auf der Vereinigung
\mathl{J \cup J'}{.} Daher enthält die Menge der Teilintervalle, auf denen eine Lösung definiert ist, ein maximales Teilintervall $J$.

Dieses Teilintervall kann kleiner als $I$ sein. Die Grenzen des maximalen Teilintervalls, auf dem eine Lösung definiert ist, heißen auch
\definitionswortenp{Entweichzeiten}{.}

}

Ein Beispiel für ein solches Verhalten hatten wir schon in Analysis 1 kennengelernt, siehe Beispiel 30.7.






\zwischenueberschrift{Gradientenfelder}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Gradient_field.png} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Gradient field.png } {} {Christophe.Finot} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputdefinition
{}
{

Es sei $V$ ein \definitionsverweis {euklidischer Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und \maabbdisp {h} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{.} Dann nennt man die Abbildung \maabbeledisp {} {U} {V } {P} { \operatorname{Grad} \, h ( P ) } {,} das zugehörige \definitionswort {Gradientenfeld}{.}

} Ein Gradientenfeld ist also ein zeitunabhängiges Vektorfeld. Man spricht auch von einem \stichwort {Potentialfeld} {,} die Funktion $h$ \zusatzklammer {manchmal $-h$} {} {} heißt dann ein Potential des Vektorfeldes. Wenn $h$ zweimal stetig differenzierbar ist, so genügt nach Lemma 55.4 das zugehörige Gradientenfeld lokal einer Lipschitz-Bedingung.

Die folgende Aussage zeigt, dass die Lösungskurven der zugehörigen Differentialgleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v' }
{ = }{ \operatorname{Grad} \, h ( v ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} senkrecht auf den Fasern von $h$ liegen. Die Fasern beschreiben, wo das Potential \zusatzklammer {oder die Höhenfunktion} {} {} konstant ist, die Lösungen beschreiben nach Satz 47.8 den Weg des steilsten Anstiegs. Wenn $h$ beispielsweise die Höhenfunktion eines Gebirges ist, so gibt das Gradientenfeld in jedem Punkt den steilsten Anstieg an und die Trajektorie einer Lösungskurve beschreibt den Verlauf eines Baches \zusatzklammer {wir behaupten nicht, dass die Bewegung eines Wassermoleküls im Bach durch diese Differentialgleichung bestimmt ist, sondern lediglich, dass der zurückgelegte Weg, also das Bild der Kurve, mit dem Bild der Lösungskurve übereinstimmt} {} {.} Der Bach verläuft immer senkrecht zu den Höhenlinien.




\inputfaktbeweis
{Gradientenfeld/Lösungen der DG/Senkrecht auf Tangentialraum/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein \definitionsverweis {euklidischer Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{,} \maabbdisp {h} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{} und \maabbeledisp {} {U} {V } {P} {G(P) = \operatorname{Grad} \, h ( P ) } {,} das zugehörige \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei \maabbdisp {\varphi} {J} {U } {} eine \definitionsverweis {Lösung der Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v' }
{ =} { G(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann steht
\mathl{\varphi'(t)}{} \definitionsverweis {senkrecht}{}{} auf dem \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{}
\mathl{T_{\varphi(t)} F}{} der \definitionsverweis {Faser}{}{} $F$ von $h$ durch $\varphi(t)$ für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ t }
{ \in }{ J }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} für die $\varphi(t)$ \definitionsverweis {reguläre Punkte}{}{} von $h$ sind.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{\varphi(t) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {regulärer Punkt}{}{} von $h$ und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{ T_P F }
{ = }{ \operatorname{kern} \left(Dh\right)_{P} }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Vektor aus dem \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{.} Dann gilt direkt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left\langle v , \varphi'(t) \right\rangle }
{ =} { \left\langle v , G ( \varphi(t) ) \right\rangle }
{ =} { \left\langle v , \operatorname{Grad} \, h ( P ) \right\rangle }
{ =} { { \left( Dh \right) }_{P} { \left( v \right) } }
{ =} { 0 }
} {}{}{.}

}





\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die \stichwort {Produkt\-abbildung} {} \maabbeledisp {h} {\R^2} {\R } {(x,y)} {xy } {.} Das zugehörige \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{} ist \maabbeledisp {} {\R^2} {\R^2 } {(x,y)} {G(x,y) = (y,x) } {.} Die \definitionsverweis {Fasern}{}{} von $h$ sind das Achsenkreuz \zusatzklammer {die Faser über $0$} {} {} und die durch
\mathbed {xy=c} {}
{c \neq 0} {}
{} {} {} {,} gegebenen \definitionsverweis {Hyperbeln}{}{.} Die \definitionsverweis {Lösungen}{}{} der \definitionsverweis {linearen Differentialgleichung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} \varphi_1' \\\varphi_2' \end{pmatrix} }
{ =} { \begin{pmatrix} \varphi_2 \\\varphi_1 \end{pmatrix} }
{ =} { \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} \varphi_1 \\\varphi_2 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} sind von der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ =} { (\varphi_1(t), \varphi_2(t)) }
{ =} { ( a \cosh t + b \sinh t , a \sinh t + b \cosh t) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit beliebigen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a,b }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wie man direkt nachrechnet und was sich auch aus Lemma 42.1 bzw. Aufgabe ***** ergibt. Dabei ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(0) }
{ = }{ (a,b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{b }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist dies die \definitionsverweis {stationäre Lösung}{}{} im Nullpunkt, in dem die Produktabbildung nicht \definitionsverweis {regulär}{}{} ist. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{b }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{}
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ = }{ (e^t,e^t) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} das Bild dieser Lösung ist die obere Halbdiagonale \zusatzklammer {ohne den Nullpunkt} {} {,} bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{b }
{ = }{-1 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ = }{ (-e^t,-e^t) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} das Bild dieser Lösung ist die untere Halbdiagonale, bei \mathkor {} {a=1} {und} {b=-1} {} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ = }{ (e^{-t},-e^{-t}) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} das Bild dieser Lösung ist die untere Hälfte der Nebendiagonalen, bei \mathkor {} {a=-1} {und} {b=1} {} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(t) }
{ = }{ (-e^{-t},e^{-t}) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} das Bild dieser Lösung ist die obere Hälfte der Nebendiagonalen.

Ansonsten treffen die Lösungskurven das Achsenkreuz in einem Punkt
\mathl{\neq (0,0)}{.} Wenn man diesen Punkt als Anfangswert zum Zeitpunkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{t }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nimmt, so kann man die Lösungskurven als
\mathdisp {(a \cosh t, a \sinh t )} { }
\zusatzklammer {zum Zeitpunkt \mathlk{t=0}{} befindet sich die Lösung auf der $x-$Achse im Punkt \mathlk{(a,0)}{}} {} {,} und als
\mathdisp {(b \sinh t, b \cosh t )} { }
\zusatzklammer {zum Zeitpunkt
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ t }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} befindet sich die Lösung auf der $y-$Achse im Punkt \mathlk{(0,b)}{}} {} {} realisieren. Die Bahnen dieser Lösungen erfüllen die Gleichung \mathkor {} {x^2(t)-y^2(t)=a^2} {bzw.} {x^2(t)-y^2(t)=b^2} {,} d.h. sie sind selbst Hyperbeln.


}






\inputbemerkung
{}
{

Jedes stetige zeitunabhängige eindimensionale Vektorfeld ist ein \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{.} Ein solches Vektorfeld ist ja durch eine Funktion \maabbdisp {f} {I} { \R } {} auf einem offenen Intervall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegeben. Mit einer Stammfunktion \maabbdisp {h} {I} {\R } {} zu $f$ kann man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f (P) }
{ =} { \operatorname{Grad} \, h ( P ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} schreiben. Für einen regulären Punkt zu $h$ ist das totale Differential injektiv und daher ist der \definitionsverweis {Tangentialraum}{}{} an der \definitionsverweis {Faser}{}{} der Nullraum. In diesem Fall ist also Lemma 57.5 ohne Relevanz.

}






\zwischenueberschrift{Wegintegrale und Gradientenfelder}





\inputfaktbeweis
{Gradientenfeld/Wegintegral/Berechnung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und \maabbdisp {h} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{} mit dem zugehörigen \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ = }{ \operatorname{Grad} \, h }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei \maabb {\gamma} {[a,b]} {U } {} ein \definitionsverweis {stetig differenzierbarer Weg}{}{} in $U$.}
\faktfolgerung {Dann gilt für das \definitionsverweis {Wegintegral}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_\gamma G }
{ =} { h(\gamma(b)) - h(\gamma(a)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {D.h. das Wegintegral hängt nur vom Anfangs- und Endpunkt des Weges ab\zusatzfussnote {In einem Potentialfeld ist also die geleistete Arbeit gleich der Potentialdifferenz von Start- und Endpunkt} {.} {.}}
\faktzusatz {}

}
{

Aufgrund der Kettenregel ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{\int_\gamma G }
{ =} { \int_a^b \left\langle G(\gamma(t)) , \gamma'(t) \right\rangle dt }
{ =} {\int_a^b \sum_{i = 1}^n G_i(\gamma(t)) \cdot \gamma_i'(t) dt }
{ =} {\int_a^b \sum_{i = 1}^n { \frac{ \partial h }{ \partial x_i } }(\gamma(t)) \cdot \gamma_i'(t) dt }
{ =} {\int_a^b (h \circ \gamma )^{\prime} (t) dt }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { h(\gamma(b))- h (\gamma(a)) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Gradientenfeld/Geschlossenes Wegintegral/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und \maabbdisp {h} {U} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{} mit dem zugehörigen \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ = }{ \operatorname{Grad} \, h }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei \maabb {\gamma} {[a,b]} {U } {} ein \definitionsverweis {stetig differenzierbarer Weg}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \gamma(a) }
{ = }{ \gamma(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_\gamma G }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Lemma 57.8.

}





\inputfaktbeweis
{Teilmenge/R^n/Gradientenfeld/Charakterisierung mit Wegintegralen/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene}{}{}}
\faktvoraussetzung {\definitionsverweis {zusammenhängende Teilmenge}{}{} und \maabbdisp {G} {U} {\R^n } {} ein \definitionsverweis {stetiges}{}{} \definitionsverweis {Vektorfeld}{}{.}}
\faktuebergang {Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {$G$ ist ein \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{.} } {Für jeden \definitionsverweis {stetig differenzierbaren Weg}{}{} \maabb {\gamma} {[a,b]} {U } {} hängt das \definitionsverweis {Wegintegral}{}{}
\mathl{\int_\gamma G}{} nur vom Anfangspunkt
\mathl{\gamma(a)}{} und Endpunkt
\mathl{\gamma(b)}{} ab. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Die Implikation
\mathl{(1) \Rightarrow (2)}{} folgt aus Lemma 57.8.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Es sei umgekehrt die Eigenschaft $(2)$ erfüllt. Wir geben eine auf $U$ definierte Funktion $h$ an, die differenzierbar ist und deren \definitionsverweis {Gradientenfeld}{}{} gleich dem vorgegebenen Vektorfeld ist. Dazu sei ein Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} fixiert. Für jeden Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt es einen \definitionsverweis {stetig differenzierbaren Weg}{}{\zusatzfussnote {Aus der Existenz eines verbindenden stetigen Weges folgt die Existenz eines verbindenden stetig differenzierbaren Weges. Man könnte also auch diese Eigenschaft als Definition für zusammenhängend nehmen} {.} {}} \maabbdisp {\gamma} {[a,b]} {U } {} mit \mathkor {} {\gamma(a)=P} {und} {\gamma(b)=Q} {.} Wir setzen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h (Q) }
{ \defeq} { \int_\gamma G }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Aufgrund der vorausgesetzten Wegunabhängigkeit des Integrals ist
\mathl{h(Q)}{} wohldefiniert. Wir müssen zeigen, dass diese so definierte Funktion in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und in jede Richtung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ = }{(v_1 , \ldots , v_n) }
{ \in }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} ist und die Richtungsableitung mit
\mathl{\left\langle G(Q) , v \right\rangle}{} übereinstimmt. Dazu betrachten wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h (Q+tv) - h (Q) }
{ =} { \int_\delta G }
{ =} { \int_0^t \left\langle G(Q+sv) , v \right\rangle ds }
{ =} { \int_0^t \sum_{i = 1}^n G_i(Q+sv) \cdot v_i ds }
{ } { }
} {}{}{,} wobei $\delta$ der verbindende lineare Weg von $Q$ nach
\mathl{Q+tv}{} auf
\mathl{[0,t]}{} sei \zusatzklammer {und $t$ hinreichend klein sei, damit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ Q+tv }
{ \in }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist} {} {.} Für den \definitionsverweis {Differentialquotienten}{}{} ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ \operatorname{lim}_{ t \rightarrow 0 } \, { \frac{ h (Q+tv) - h (Q) }{ t } } }
{ =} { \sum_{i = 1}^n \operatorname{lim}_{ t \rightarrow 0 } \, { \frac{ 1 }{ t } } \int_0^t G_i(Q+sv) \cdot v_i ds }
{ =} { \sum_{i = 1}^n G_i(Q) \cdot v_i }
{ =} { \left\langle G(Q) , v \right\rangle }
{ } { }
} {} {}{.} Somit existiert die Richtungsableitung von $h$ in Richtung $v$ und hängt stetig von $Q$ ab. Diese Gleichung zeigt ferner
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( Dh \right) }_{Q} { \left( v \right) } }
{ =} { { \left( D_{v} h \right) } { \left( Q \right) } }
{ =} { \left\langle G(Q) , v \right\rangle }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} sodass $G$ das Gradientenfeld zu $h$ ist.}
{}

}