Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Vorlesung 13/latex
\setcounter{section}{13}
\zwischenueberschrift{Ringhomomorphismen}
\inputdefinition
{}
{
Es seien
\mathkor {} {R} {und} {S} {}
\definitionsverweis {Ringe}{}{.}
Eine Abbildung
\maabbdisp {\varphi} {R} {S
} {}
heißt \definitionswort {Ringhomomorphismus}{,} wenn folgende Eigenschaften gelten:
\aufzaehlungdrei{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(a+b)
}
{ = }{\varphi(a) + \varphi(b)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(1)
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(a \cdot b)
}
{ = }{\varphi(a) \cdot \varphi(b)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
}
Ein Ringhomomorphismus ist also zugleich ein Gruppenhomomorphismus für die additive Struktur und ein Monoidhomomorphismus für die multiplikative Struktur. Einen bijektiven Ringhomomorphismus nennt man einen
\definitionswortenp{Ringisomorphismus}{,} und zwei Ringe heißen
\definitionswortenp{isomorph}{,} wenn es einen Ringisomorphismus zwischen ihnen gibt. Ein Ringisomorphismus eines Ringes auf sich selbst heißt \stichwort {Ringautomorphismus} {.} Wenn
\mathkor {} {R} {und} {S} {}
Körper sind, so spricht man manchmal auch von einem Körperhomomorphismus statt von einem Ringhomomorphismus. Dieser hat aber keine zusätzlichen Eigenschaften.
Die konstante Abbildung
\maabb {} {R} {0
} {}
in den Nullring ist stets ein Ringhomomorphismus, dagegen ist die umgekehrte Abbildung, also
\maabb {} {0} {R
} {,}
nur bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Ringhomomorphismus.
{Ringhomomorphismus/Kategorielle Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es seien
\mathl{R,S,T}{}
\definitionsverweis {Ringe}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
\aufzaehlungdrei{Die Identität
\maabb {\operatorname{Id}} {R} {R
} {}
ist ein
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{.}
}{Sind
\mathkor {} {\varphi:R \rightarrow S} {und} {\psi: S \rightarrow T} {}
Ringhomomorphismen, so ist auch die Hintereinanderschaltung
\maabbdisp {\psi \circ \varphi} {R} {T
} {}
ein Ringhomomorphismus.
}{Ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R
}
{ \subseteq }{ S
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Unterring, so ist die Inklusion
\mathl{R \hookrightarrow S}{} ein Ringhomomorphismus.
}
{ Siehe Aufgabe 13.3. }
\inputfaktbeweis
{Ringhomomorphismus/Z nach R/Kanonisch/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {Ring}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen eindeutig bestimmten
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{}
\maabbdisp {} {\Z} {R
} {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Ein Ringhomomorphismus muss die $1$ auf die $1_R$ abbilden. Deshalb gibt es nach
Lemma 10.7
genau einen
\definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{}
\maabbeledisp {} {\Z} {(R,+,0)
} {n} {n 1_R
} {.}
Wir müssen zeigen, dass diese Abbildung auch die Multiplikation respektiert, d.h. dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (mn)1_R
}
{ = }{ (m 1_R) *(n 1_R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
ist, wobei $*$ hier die Multiplikation in $R$ bezeichnet. Dies folgt aber aus
dem allgemeinen Distributivgesetz.
Den in dieser Aussage konstruierten und eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus nennt man auch den \stichwort {kanonischen Ringhomomorphismus} {}
\zusatzklammer {oder den \stichwort {charakteristischen Ringhomomorphismus} {}} {} {}
von $\Z$ nach $R$.
\inputdefinition
{}
{
Die \definitionswort {Charakteristik}{} eines
\definitionsverweis {kommutativen Ringes}{}{}
$R$ ist die kleinste positive natürliche Zahl $n$ mit der Eigenschaft
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n \cdot 1_R
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Die Charakteristik ist $0$, falls keine solche Zahl existiert.
}
Die Charakteristik beschreibt genau den Kern des obigen kanonischen \zusatzklammer {charakteristischen} {} {} Ringhomomorphismus.
\inputfaktbeweis
{Integritätsbereich/Charakteristik ist Primzahl/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die
\definitionsverweis {Charakteristik}{}{} von $R$ null oder eine Primzahl.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die Charakteristik sei
\mathl{n >0}{}
und es sei angenommen, dass $n$ keine Primzahl ist, also eine Zerlegung
\mathl{n=ab}{} mit kleineren Zahlen
\mathl{0 < a,b <n}{} besitzt. Nach Definition der Charakteristik ist
\mathl{n_R=0}{} in $R$ und $n$ ist die kleinste positive Zahl mit dieser Eigenschaft. Aufgrund von
Satz 13.3
ist
\mathl{a_R b_R =n_R=0}{,} sodass, weil $R$ ein Integritätsbereich ist, einer der Faktoren null sein muss, im Widerspruch zur Minimalität von $n$.
{Ringhomomorphismus/Einheit auf Einheit/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es seien
\mathkor {} {R} {und} {S} {}
\definitionsverweis {Ringe}{}{}
und sei
\maabbdisp {\varphi} {R} {S
} {}
ein
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u
}
{ \in }{ R^{\times}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {Einheit}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mathl{\varphi(u)}{} eine Einheit.}
\faktzusatz {Mit anderen Worten: Ein Ringhomomorphismus induziert einen Gruppenhomomorphismus
\maabbdisp {} { R^{\times}} { S^{\times}
} {.}}
\faktzusatz {}
}
\zwischenueberschrift{Der Einsetzungshomomorphismus}
\inputfaktbeweis
{Polynomring/Eine Variable/Einsetzungshomomorphismus/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{}
und sei
\mathl{R[X]}{} der
\definitionsverweis {Polynomring}{}{}
über $R$. Es sei $A$ ein weiterer
\definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{}
und es sei
\maabb {\varphi} {R} {A
} {}
ein
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a
}
{ \in }{ A
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Element.}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus
\maabbdisp {\psi} {R[X]} {A
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi(X)
}
{ = }{ a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi \circ i
}
{ = }{\varphi
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
wobei
\maabb {i} {R} {R[X]
} {}
die kanonische Einbettung ist.}
\faktzusatz {Dabei geht das Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P
}
{ = }{ \sum_{ j = 0 }^{ n } c_{ j } X^{ j }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
auf
\mathl{\sum_{j=0}^{n} \varphi(c_j)a^{j}}{.}}
\faktzusatz {}
}
{
Bei einem Ringhomomorphismus
\maabbdisp {\psi} {R[X]} {A
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi \circ i
}
{ = }{\varphi
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
müssen die Konstanten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c
}
{ \in }{ R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
auf
\mathl{\varphi(c)}{} und $X$ auf $a$ gehen. Daher muss $X^{j}$ auf $a^{j}$ gehen. Da Summen respektiert werden, kann es nur einen Ringhomorphismus geben, der die im Zusatz angegebene Gestalt haben muss. Es ist also zu zeigen, dass durch diese Vorschrift wirklich ein Ringhomomorphismus definiert ist. Dies folgt aber direkt aus dem Distributivgesetz.
Den in diesem Satz konstruierten Ringhomomorphismus nennt man den \stichwort {Einsetzungshomomorphismus} {.}
\inputfaktbeweis
{Polynomring/Eine Variable/Einsetzungshomomorphismus/Grundring/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{}
und sei
\mathl{R[X]}{} der
\definitionsverweis {Polynomring}{}{}
über $R$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r
}
{ \in }{R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Element.}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen eindeutig bestimmten
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{}
\maabbdisp {\psi} {R[X]} {R
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi(X)
}
{ = }{ r
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi \circ i
}
{ = }{ \varphi
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
wobei
\maabb {i} {R} {R[X]
} {}
die kanonische Einbettung ist.}
\faktzusatz {Dabei geht das Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P
}
{ = }{ \sum_{ j = 0 }^{ n } c_{ j } X^{ j }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
auf
\mathl{\sum_{j=0}^{n} \varphi(c_j)r^{j}}{.}}
\faktzusatz {}
}
{
Dies folgt unmittelbar aus Satz 13.7.
\inputfaktbeweis
{Polynomring/Eine Variable/Variablenwechsel/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{}
und sei
\mathl{R[X]}{} der
\definitionsverweis {Polynomring}{}{}
über $R$. Es sei
\mathl{Y=aX+b}{,} wobei $a$ eine
\definitionsverweis {Einheit}{}{} in $R$ sei.}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen
\definitionsverweis {Ringisomorphismus}{}{}
\maabbeledisp {} {R[X]} {R[X]
} {X} {aX+b
} {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die Einsetzungshomomorphismen zu
\mathkor {} {X\mapsto aX+b} {und} {X \mapsto a^{-1}X-a^{-1}b} {}
definieren aufgrund von
Satz 13.7
jeweils einen Ringhomomorphismus
\mathkor {} {\psi} {und} {\varphi} {}
von $R[X]$ nach $R[X]$, die
wir hintereinander schalten:
\mathdisp {R[X] \stackrel{\psi}{ \longrightarrow} R[X] \stackrel{\varphi}{ \longrightarrow}R[X]} { . }
Bei diesem Ringhomomorphismus bleiben die Elemente aus $R$ unverändert, und die Variable $X$ wird insgesamt auf
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a(a^{-1}X-a^{-1}b) +b
}
{ =} {aa^{-1}X-aa^{-1}b +b
}
{ =} {X
}
{ } {}
{ } {}
}
{}{}{}
geschickt. Daher muss die Verknüpfung aufgrund der Eindeutigkeit in
Satz 13.7
die Identität sein. Dies gilt auch für die Hintereinanderschaltung in umgekehrter Reihenfolge, sodass ein Isomorphismus vorliegt.
\zwischenueberschrift{Ideale unter einem Ringhomomorphismus}
Der Zusammenhang zwischen \definitionsverweis {Ringhomomorphismen}{}{} und \definitionsverweis {Idealen}{}{} wird durch folgenden Satz hergestellt.
\inputfaktbeweis
{Kommutative Ringtheorie/Ringhomomorphismus/Kern ist Ideal/Fakt}
{Satz}
{}
{
Es seien $R$ und $S$
\definitionsverweis {kommutative Ringe}{}{}
und sei
\maabbdisp {\varphi} {R} {S
} {}
ein
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{.}
Dann ist der
\definitionsverweis {Kern}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{kern} \varphi
}
{ =} { { \left\{ f \in R \mid \varphi(f) = 0 \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Ideal}{}{}
in $R$.
}
{
Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{I
}
{ \defeq} {\varphi^{-1}(0)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(0)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0
}
{ \in }{ I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a,b
}
{ \in }{ I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Das bedeutet
\mathkor {} {\varphi(a)=0} {und} {\varphi(b)=0} {.}
Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(a+b)
}
{ =} {\varphi(a) + \varphi(b)
}
{ =} { 0+0
}
{ =} { 0
}
{ } {}
}
{}{}{}
und daher
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a+b
}
{ \in }{ I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Es sei nun
\mathkor {} {a \in I} {und} {r \in R} {}
beliebig. Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(ra)
}
{ =} { \varphi(r) \varphi(a)
}
{ =} { \varphi(r) \cdot 0
}
{ =} { 0
}
{ } {}
}
{}{}{,}
also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ra
}
{ \in }{ I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Da ein Ringhomomorphismus insbesondere ein Gruppenhomomorphismus der zugrunde liegenden additiven Gruppe ist, gilt wieder das
Kernkriterium
für die
\definitionsverweis {Injektivität}{}{.}
Eine Anwendung davon ist das folgende Korollar.
\inputfaktbeweis
{Ringhomomorphismus/Körper nach Ring nicht null/Injektiv/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {Körper}{}{} und $S$ ein vom
\definitionsverweis {Nullring}{}{}
verschiedener
\definitionsverweis {Ring}{}{.}
Es sei
\maabbdisp {\varphi} {K} {S
} {}
ein
\definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $\varphi$ injektiv.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es genügt nach
Lemma 10.13
zu zeigen, dass der Kern der Abbildung gleich $0$ ist. Nach
Satz 13.10
ist der Kern ein Ideal. Da die $1$ auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 1
}
{ \neq }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
geht, ist der Kern nicht ganz $K$. Da es nach
Lemma 7.5
in einem Körper überhaupt nur zwei Ideale gibt, muss der Kern das Nullideal sein.