Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 19/latex

\setcounter{section}{19}






\zwischenueberschrift{Divisoren}

Eine meromorphe Funktion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf einer riemannschen Fläche $X$ besitzt in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine wohldefinierte Ordnung, die durch eine ganze Zahl gegeben ist. In einer lokalen Beschreibung als Laurentreihe mit dem lokalen Parameter $z$ ist die Ordnung die ganze Zahl $n$ mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f (z) }
{ =} { z^n \cdot h }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einer holomorphen nullstellenfreien Funktion $h$. Bei positiven $n$ liegt in dem Punkt eine Nullstelle der Ordnung $n$ vor und im negativen Fall liegt eine Polstelle der Ordnung $-n$ vor. Dieses für die meromorphe Funktion charakteristische Null- und Polstellenverhalten fasst man in dem folgenden Konzept zusammen.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {meromorphe Funktion}{}{} auf $X$. Dann nennt man die formale Summe
\mathdisp {\sum_{x \in X} \operatorname{ord}_x(f) \cdot x} { }
den \definitionswort {Hauptdivisor}{} zu $f$. Er wird mit
\mathl{\operatorname{div} { \left( f \right) }}{} bezeichnet.

}




\inputbeispiel{}
{

Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P,Q }
{ \in }{ {\mathbb C} [T] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Polynome $\neq 0$ mit den Faktorzerlegungen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ c \prod_{a \in A} (T-a)^{r_a} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bzw.
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ = }{ d \prod_{a \in A} (T-a)^{s_a} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $A$ eine endliche Menge sei, die alle Nullstellen von $P$ und von $Q$ umfasse. Dann ist der \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{} zur \definitionsverweis {rationalen Funktion}{}{}
\mathl{P/Q}{} gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{div} { \left( P/Q \right) } }
{ =} { \sum_{a \in A} ( r_a-s_a) \cdot a }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Die Identität auf der projektiven Geraden ${\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} }$, also die \definitionsverweis {meromorphe Funktion}{}{} $z$, besitzt den \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{}
\mathl{0 - \infty}{,} wenn wir mit $z$ die Variable auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathbb C} }
{ \subset }{ {\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit $\infty$ den unendlich fernen Punkt bezüglich dieser Einbettung bezeichnen.


}

Wegen Satz 3.5 bzw. der Definition von meromorphen Funktionen ist die Menge der Punkte, in denen die Ordnung nicht $0$ ist, wo also eine Nullstelle oder ein Polstelle vorliegt, eine diskrete abgeschlossene Menge. Außerhalb dieser diskreten Menge ist die Funktion holomorph und invertierbar. Der Hauptdivisor ist also ein Divisor im Sinne der folgenden Definition.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.} Man nennt eine formale Summe
\mathdisp {\sum_{x \in X} n_x \cdot x} { }
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n_x }
{ \in }{\Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und der Eigenschaft, dass außerhalb einer diskreten Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subset }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Zahlen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n_x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sind, einen \definitionswort {Divisor}{} auf $X$.

}

Man spricht auch von einem \stichwort {Weildivisor} {.} Einen Divisor kann man also schreiben als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ D }
{ =} { \sum_{x \in T} n_x x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einer diskreten Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n_x }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{T }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Man nennt $T$ dann den \stichwort {Träger} {} des Divisors. Für einen konkreten Divisor in ${\mathbb C}$ oder einer Teilmenge davon oder in ${\mathbb P}^{1}_{{\mathbb C}}$ besteht eine Verwechslungsgefahr zwischen den ganzzahligen Vorfaktoren und den Bezeichnungen für die Punkte. Diese kann man umgehen, indem man beispielsweise
\mathl{7 \cdot \{1\} -5 \cdot \{ 4\} +3 \cdot \{ \infty \}}{} schreibt.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.} Man nennt die Menge aller \definitionsverweis {Divisoren}{}{} auf $X$ mit der punktweisen Addition die \definitionswort {Divisorengruppe}{} von $X$. Sie wird mit
\mathl{\operatorname{Div}\, (X)}{} bezeichnet.

}

Die Theorie unterscheidet sich wesentlich danach, ob die riemannsche Fläche kompakt oder nichtkompakt ist. Der Träger des Divisors ist stets eine abgeschlossene diskrete Teilmenge, im kompakten Fall bedeutet dies aber bereits, dass diese Menge endlich ist.




\inputdefinition
{}
{

Man nennt einen \definitionsverweis {Divisor}{}{}
\mathdisp {\sum_{x \in X} n_x \cdot x} { }
auf einer \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$ \definitionswort {effektiv}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n_x }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.

}


\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Meromorphe Funktion/Divisor/Holomorph und effektiv/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {meromorphe Funktion}{}{} auf einer \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$.}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ genau dann \definitionsverweis {holomorph}{}{,} wenn der \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{} $\operatorname{div} { \left( f \right) }$ \definitionsverweis {effektiv}{}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 19.1. }


\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Divisorengruppe/Gruppenhomomorphismus/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{} mit dem Körper ${ \mathcal M } { \left( X \right) }$ der \definitionsverweis {meromorphen Funktionen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die Zuordnung \maabbeledisp {} { { \mathcal M } { \left( X \right) }^{\times} } { \operatorname{Div}\, (X) } {f} { \operatorname{div} { \left( f \right) } } {,} ein \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 19.3. }


Das Bild dieses Gruppenhomomorphismus ist die Gruppe der Hauptdivisoren, sie wird mit
\mathl{\operatorname{HDiv}\, (X)}{} bezeichnet.




\inputdefinition
{}
{

Zwei \definitionsverweis {Divisoren}{}{} \mathkor {} {D_1} {und} {D_2} {} auf einer \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} heißen \definitionswort {linear äquivalent}{,} wenn ihre Differenz
\mathl{D_1-D_2}{} ein \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{} ist.

}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{} mit dem Körper ${ \mathcal M } { \left( X \right) }$ der \definitionsverweis {meromorphen Funktionen}{}{.} Man nennt die \definitionsverweis {Restklassengruppe}{}{}
\mathdisp {\operatorname{Div}\, (X) / \operatorname{HDiv}\, (X)} { }
die \definitionswort {Divisorenklassengruppe}{} von $X$. Sie wird mit
\mathl{\operatorname{DKG} { \left( X \right) }}{} bezeichnet.

}

Über die Zuordnung
\mathdisp {U \longmapsto \operatorname{Div} { \left( U \right) }} { }
ist eine \definitionsverweis {Garbe von kommutativen Gruppen}{}{} auf $X$ gegeben, die wir mit ${ \mathcal Div }_X$ bezeichnen, siehe Aufgabe 19.5.


\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Hauptdivisor/Garbentheoretische Interpretation/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann liegt eine kurze exakte Garbensequenz
\mathdisp {1 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, {\mathcal O}_{ X } ^{\times} \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, { \mathcal M }_X ^{\times} \, \stackrel{ \operatorname{div} { \left( - \right) } }{\longrightarrow} \, { \mathcal Div }_X \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
vor, wobei in der Mitte die Garbe der \definitionsverweis {meromorphen Funktionen}{}{} $\neq 0$ und rechts die Garbe der \definitionsverweis {Divisoren}{}{} steht. Insbesondere ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \mathcal M }_X ^{\times} / {\mathcal O}_{ X }^{\times} }
{ \cong} { { \mathcal Div }_X }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 19.7. }


Die Divisorenklassengruppe werden wir später als die erste Kohomologiegruppe der Einheitengarbe interpretieren.






\zwischenueberschrift{Der Rückzug von Divisoren}




\inputdefinition
{}
{

Zu einer nichtkonstanten \definitionsverweis {holomorphen Abbildung}{}{} \maabb {\varphi} {X} {Y } {} zwischen \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Flächen}{}{} \mathkor {} {X} {und} {Y} {} und einem \definitionsverweis {Divisor}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D }
{ = }{ \sum_{y \in Y} n_y \cdot y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi^*(D) }
{ =} { \sum_{x \in X} \operatorname{Verz} { \left( x {{|}} \varphi(x) \right) } n_{\varphi(x)} \cdot x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {zurückgezogenene Divisor}{} zu $D$.

}

Zu einem einzelnen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ \in }{Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} aufgefasst als Divisor, ist der zurückgezogene Divisor gleich
\mathl{\sum_{ x \in \varphi^{-1} (y) } \operatorname{Verz} { \left( x {{|}} y \right) } \cdot x}{.} Dies ist also im Wesentlichen die Faser über $y$, wobei allerdings die \stichwort {Verzweigungspunkte} {,} also Punkte, wo die Verzweigungsordnung $\geq 2$ ist, mehrfach gezählt werden. Der Rückzug ist ein Gruppenhomomorphismus \maabb {} { \operatorname{Div} { \left( Y \right) } } {\operatorname{Div} { \left( X \right) } } {,} siehe Aufgabe 19.9.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Holomorphe Abbildung/Zurückgezogener Hauptdivisor/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Zu einer nichtkonstanten \definitionsverweis {holomorphen Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {X} {Y } {} zwischen \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Flächen}{}{} und einem \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D }
{ = }{ \sum_y n_y \cdot y }
{ = }{ \operatorname{div} { \left( f \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf $Y$ zu einer \definitionsverweis {meromorphen Funktion}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf $Y$}
\faktfolgerung {stimmt der \definitionsverweis {zurückgezogene Divisor}{}{} $\varphi^* (D)$ mit dem Hauptdivisor zu
\mathl{f \circ \varphi}{} überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} fixiert und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ = }{ \varphi(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der Bildpunkt. Die Ordnung des zurückgezogenen Divisors $\varphi^*D$ in $x$ ist nach Definition gleich
\mathl{\operatorname{Verz} { \left( x {{|}} y \right) } n_{y}}{,} wobei $n_{y}$ die Ordnung von $D$ in $y$ ist, also die Ordnung $k$ der meromorphen Funktion $f$ auf $Y$ in $y$. Mit einem lokalen Parameter $z$ um $y$, mit dessen Hilfe ja die Verzweigungsordnung von $\varphi$ definiert wird, kann man in einer offenen Umgebung von $y$
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f }
{ =} { u z^k }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einer holomorphen Einheit $u$ schreiben. Dann ist die Ordnung von $f \circ \varphi$ in $x$ gleich
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \operatorname{ord}_x ( f \circ \varphi ) }
{ =} { \operatorname{ord}_x ( uz^k \circ \varphi ) }
{ =} { \operatorname{ord}_x ( (u \circ \varphi ) ( z \circ \varphi )^k) }
{ =} { \operatorname{ord}_x ( ( z \circ \varphi )^k) }
{ =} { k \operatorname{ord}_x ( z \circ \varphi ) }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { k \operatorname{Verz} { \left( x {{|}} y \right) } }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Meromorphe Funktion/Divisor/Rückzug/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Zu einer \definitionsverweis {meromorphen Funktion}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf einer \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{}}
\faktfolgerung {stimmt der \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{} $\operatorname{div} { \left( f \right) }$ mit dem \definitionsverweis {zurückgezogenen Divisor}{}{} $f^*( 0 - \infty )$ zum Divisor
\mathl{0 - \infty}{} auf der \definitionsverweis {projektiven Geraden}{}{} unter der nach Satz 18.6 zugehörigen \definitionsverweis {holomorphen Abbildung}{}{} \maabb {f} {X} { {\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } } {} überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Lemma 19.13, angewendet auf die Identität auf der projektiven Geraden. Wenn man diese als meromorphe Funktion auffasst, so ist deren Hauptdivisor gleich
\mathl{0 - \infty}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Holomorphe Abbildung/Zurückgezogener Divisor/Divisorenklassengruppe/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Eine nichtkonstante \definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {X} {Y } {} zwischen \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Flächen}{}{}}
\faktfolgerung {induziert über das \definitionsverweis {Zurückziehen von Divisoren}{}{} einen \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{} \maabbeledisp {} { \operatorname{DKG} { \left( Y \right) } } {\operatorname{DKG} { \left( X \right) } } {[D]} { [\varphi^* (D)] } {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Lemma 19.13.

}






\zwischenueberschrift{Der Grad eines Divisors}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {kompakte}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{D }
{ =} { \sum_{ x \in X} n_x \cdot x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Divisor}{}{} auf $X$. Man nennt
\mathl{\sum_{x \in X} n_x}{} den \definitionswort {Grad}{} des Divisors.

}





\inputfaktbeweis
{Kompakte riemannsche Fläche/Hauptdivisor/Grad 0/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $X$ eine \definitionsverweis {kompakte}{}{} \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist der \definitionsverweis {Grad}{}{} eines \definitionsverweis {Hauptdivisors}{}{} gleich $0$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Korollar 18.7 oder aus Korollar 19.14 in Verbindung mit Korollar 9.9.

}





\inputfaktbeweis
{Komplex-projektive Gerade/Divisorenklassengruppe/Z/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Die \definitionsverweis {Divisorenklassengruppe}{}{} der \definitionsverweis {projektiven Geraden}{}{}
\mathl{{\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} }}{}}
\faktfolgerung {ist $\Z$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir zeigen, dass jeder Divisor vom Grad $0$ ein Hauptdivisor ist. Es sei also
\mathl{\sum_{ x \in {\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } } n_x \cdot x}{} ein Divisor mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sum_{x \in {\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } } n_x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir können annehmen, dass die Ordnung am unendlich fernen Punkt $\infty$ gleich $0$ ist, sodass die relevanten Punkte sich in
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathbb C} }
{ \subset} {{\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} befinden. Wir trennen nach Nullstellen- und Polstellendivisor und schreiben
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sum_{x \in {\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} } } n_x \cdot x }
{ =} { \sum_{x \in A } r_x \cdot x -\sum_{x \in B } s_x \cdot x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit disjunkten endlichen Mengen \mathkor {} {A} {und} {B} {} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r_x,s_x }
{ \geq }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei wegen der Gradvoraussetzung die beiden Teildivisoren den gleichen Grad besitzen. Wir betrachten die \definitionsverweis {rationale Funktion}{}{}
\mathdisp {{ \frac{ \prod_{x \in A} (T-x)^{r_x} }{ \prod_{x \in B} (T-x)^{s_x } }}} { . }
Diese besitzt in den Punkten aus ${\mathbb C}$ die vorgegebenen Ordnungen. Sie kann als meromorphe Funktion auf der gesamten projektiven Geraden aufgefasst werden und hat im unendlich fernen Punkt wegen der Gleichgradigkeit von Zähler und Nenner den Wert $1$ als Limes und somit dort die Ordnung $0$.

}





\inputfaktbeweis
{Projektive Gerade/C/Meromorphe Funktion/Rational/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Auf der \definitionsverweis {projektiven Geraden}{}{} ist jede \definitionsverweis {meromorphe Funktion}{}{}}
\faktfolgerung {\definitionsverweis {rational}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei $f$ eine meromorphe Funktion $\neq 0$ auf ${\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} }$ und sei $D$ der zugehörige \definitionsverweis {Hauptdivisor}{}{} zu $f$. Nach Satz 19.17 ist sein Grad gleich $0$ und nach dem Beweis zu Satz 19.18 gibt es eine rationale Funktion $g$, die ebenfalls diesen Divisor als Hauptdivisor besitzt. Also ist ${ \frac{ f }{ g } }$ eine meromorphe Funktion, die weder Pol- noch Nullstellen besitzt und insbesondere nach Lemma 19.7 überall definiert ist, also holomorph. Nach Satz 3.7 ist sie konstant und somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ cg }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}


Der Körper der meromorphen Funktionen auf der projektiven Geraden \zusatzklammer {siehe Satz 18.3} {} {} ist also einfach gleich ${\mathbb C}(z)$, dem Körper der rationalen Funktionen in einer Variablen. Offene Teilmengen davon, beispielsweise ${\mathbb C}$ selbst, besitzen einen deutlich größeren Körper der meromorphen Funktionen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen der Theorie der riemannschen Flächen und der Theorie der algebraischen Kurven über ${\mathbb C}$, wo jede offene Menge den gleichen Funktionenkörper besitzt.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Flächen/Kompakt/Holomorphe Abbildung/Divisorrückzug/Grad/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabb {\varphi} {X} { Y } {} eine nichtkonstante \definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{} zwischen den \definitionsverweis {zusammenhängenden}{}{} \definitionsverweis {kompakten}{}{} \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} \mathkor {} {X} {und} {Y} {.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für einen \definitionsverweis {Divisor}{}{} $D$ auf $Y$ die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Grad} \, (\varphi^*(D)) }
{ =} { \operatorname{Grad} \, (\varphi) \cdot \operatorname{Grad} \, (D) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es genügt, die Aussage für einen Divisor der Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D }
{ = }{ 1 y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zu zeigen, da der Rückzug eines Divisors und ebenso der Grad eines Divisors additiv ist. Daher folgt die Aussage aus Satz 9.8.

}


Aufgrund von Satz 19.17 besitzt jeder Hauptdivisor auf einer kompakten zusammenhängenden riemannschen Fläche den Grad $0$. Dies bedeutet insbesondere, dass linear äquivalente Divisoren den gleichen Grad besitzen und dass der Grad eine Eigenschaft der Divisorklasse ist. Deshalb ist die folgende Definition sinnvoll.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $X$ eine \definitionsverweis {kompakte}{}{} \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {riemannsche Fläche}{}{.} Man nennt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{DKG}_0 { \left( X \right) } }
{ =} { \operatorname{Div}_0\, (X) / \operatorname{HDiv}\, (X) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Divisorenklassengruppe vom Grad 0}{} zu $X$.

}

Für die projektive Gerade ist nach Satz 19.18 die Divsiorenklassengruppe vom Grad $0$ trivial, siehe auch Aufgabe 19.12.