Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2016-2017)/Teil II/Vorlesung 35/latex

\setcounter{section}{35}


\epigraph { Man gibt seine Kinder auf die Schule, daß sie still werden, auf die Hochschule, daß sie laut werden. } { Jean Paul (1763-1825) }






\zwischenueberschrift{Lineare Abbildungen}

Eine \definitionsverweis {lineare Funktion}{}{} über einem Körper $K$ ist einfach eine Abbildung der Form \maabbeledisp {} {K} {K } {x} {cx } {,} mit einer Konstanten $c$ \zusatzklammer {einem Proportionalitätsfaktor} {} {,} die bei einem angeordneten Körper den Anstieg des Graphen beschreibt. Ein einzelnes Element $c$ kann man als eine $1 \times 1$-\definitionsverweis {Matrix}{}{} auffassen. Wir dehnen das lineare Konzept auf Abbildungen zwischen Standardräumen aus und wir werden sehen, dass diese durch Matrizen beschrieben werden können.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein Körper und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m,n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {K^n} { K^m } {} heißt \definitionswort {lineare Abbildung}{,} wenn die beiden folgenden Eigenschaften erfüllt sind. \aufzaehlungzwei {
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(u+v) }
{ = }{ \varphi(u) + \varphi(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u,v }
{ \in }{K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} } {
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi( s v) }
{ = }{ s \varphi(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle \mathkor {} {s \in K} {und} {v \in K^n} {.} }

}




\inputbeispiel{}
{

Es stehen $n$ verschiedene Produkte zum Verkauf, wobei das $i$-te Produkt \zusatzklammer {pro Einheit} {} {} $a_i$ kostet. Ein Einkauf wird durch das $n$-Tupel
\mathdisp {\left( x_1 , \, x_2 , \, \ldots , \, x_n \right)} { }
repräsentiert, wobei $x_i$ die vom $i$-ten Produkt gekaufte Menge angibt. Der Preis des Einkaufs wird dann durch
\mathl{\sum_{i=1}^n a_ix_i}{} beschrieben. Die Preisabbildung \maabbeledisp {\varphi} {\Q^n} {\Q } { \left( x_1 , \, x_2 , \, \ldots , \, x_n \right) } { \sum_{i = 1}^n a_ix_i } {.} ist \definitionsverweis {linear}{}{.} Dies beruht auf
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\varphi(x+y) }
{ =} { \sum_{i = 1}^n a_i (x_i +y_i) }
{ =} { \sum_{i = 1}^n a_i x_i + \sum_{i = 1}^n a_i y_i }
{ =} {\varphi(x) + \varphi (y) }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\varphi(sx) }
{ =} { \sum_{i = 1}^n a_i sx_i }
{ =} {s \sum_{i = 1}^n a_i x_i }
{ =} { s \varphi(x) }
{ } { }
} {}{}{.} Inhaltlich bedeutet dies beispielsweise, dass wenn man zuerst den Einkauf
\mathl{\left( x_1 , \, x_2 , \, \ldots , \, x_n \right)}{} tätigt und eine Woche später den Einkauf
\mathl{\left( y_1 , \, y_2 , \, \ldots , \, y_n \right)}{,} dass dann der Preis der beiden Einkäufe zusammen dem Preis entspricht, den man bezahlt hätte, wenn man auf einen Schlag
\mathl{\left( x_1+y_1 , \, x_2+y_2 , \, \ldots , \, x_n+y_n \right)}{} gekauft hätte.


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei $K^n$ der $n$-\definitionsverweis {dimensionale}{}{} \definitionsverweis {Standardraum}{}{.} Dann ist die $i$-te \stichwort {Projektion} {,} also die \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {} {K^n} {K } { \left( x_1 , \, \ldots , \, x_{i-1} , \, x_i , \, x_{i+1} , \, \ldots , \, x_n \right) } {x_i } {,} eine $K$-\definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{.} Dies folgt unmittelbar aus der komponentenweisen Addition und Skalarmultiplikation auf dem Standardraum. Die $i$-te Projektion heißt auch die $i$-te \stichwort {Koordinatenfunktion} {.}


}

Die beiden folgenden Beispiele entstammen der elementaren Geometrie.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Simetria_axial.png} }
\end{center}
\bildtext {Eine \stichwort {Achsenspiegelung} {} an einer Achse.} }

\bildlizenz { Simetria axial.png } {} {Rovnet} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}




\inputbeispiel{}
{

Die Abbildung \maabbeledisp {} {K^2} {K^2 } {(x,y)} { (-x,y) } {,} ist \definitionsverweis {linear}{}{} und beschreibt die \stichwort {Achsenspiegelung} {} an der $y$-Achse.


}




\inputbeispiel{}
{

Die Abbildung \maabbeledisp {} {K^2} {K^2 } {(x,y)} { (-x,-y) } {,} ist \definitionsverweis {linear}{}{} und beschreibt die \stichwort {Punktspiegelung} {} am Nullpunkt.


}


\inputfaktbeweis
{Lineare Abbildung/Zahlenraum/Grundlegende Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei \maabb {\varphi} {K^n} {K^m } {} eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} } {Für jede Linearkombination
\mathl{\sum_{i = 1}^k s_i v_i}{} in $K^n$ gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi { \left( \sum_{i = 1}^ks_i v_i \right) } }
{ =} { \sum_{i = 1}^k s_i \varphi { \left( v_i \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 35.7. }


\inputfaktbeweis
{Lineare Abbildung/Zahlenraum/Grundlegende kategorielle Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und seien \maabb {\psi} {K^p} {K^n } {} und \maabb {\varphi} {K^n} {K^m } {} \definitionsverweis {lineare Abbildungen}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Die \definitionsverweis {Hintereinanderschaltung}{}{} \maabbdisp {\varphi \circ \psi} {K^p} {K^m } {} ist ebenfalls linear. } {Wenn $\varphi$ \definitionsverweis {bijektiv}{}{} ist, so ist auch die \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi^{-1}} {K^m} {K^n } {} linear. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 35.8. }


Nach Lemma 35.6 wird unter einer linearen Abbildung die $0$ auf die $0$ abgebildet. Die Menge aller Vektoren, die unter einer linearen Abbildung auf $0$ abgebildet werden, ist für die Abbildung charakteristisch und bekommt einen eigenen Namen.


\inputdefinition
{}
{

Zu einer \definitionsverweis {linearen Abbildung}{}{} \maabb {\varphi} {K^n} {K^m } {} heißt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{kern} \varphi }
{ =} { { \left\{ x \in K^n \mid \varphi(x) = 0 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} der \definitionswort {Kern}{} von $\varphi$.

}

Der Kern ist einfach das Urbild des Nullvektors und wird auch mit
\mathl{\varphi^{-1} (0)}{} bezeichnet. Er ist ein Untervektorraum des $K^n$, siehe Aufgabe 35.24.





\inputfaktbeweis
{Lineare Abbildung/Kern/Injektivität/Zahlenraum/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei \maabbdisp {\varphi} {K^n} {K^m } {} eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $\varphi$ genau dann \definitionsverweis {injektiv}{}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{kern} \varphi }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Wenn die Abbildung injektiv ist, so kann es neben
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0 }
{ \in }{ K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} keinen anderen Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(v) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} geben. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi^{-1}(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Es sei umgekehrt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{kern} \varphi }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v_1,v_2 }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegeben mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(v_1) }
{ = }{ \varphi(v_2) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist wegen der Linearität
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\varphi(v_1 - v_2) }
{ =} {\varphi(v_1) - \varphi(v_2) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v_1-v_2 }
{ \in }{ \operatorname{kern} \varphi }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und damit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v_1 }
{ = }{v_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
{}

}


So, wie eine lineare Funktion \maabb {\varphi} {K} {K } {} durch den Wert an einer einzigen Stelle $\neq 0$ festgelegt ist, was die Grundlage für Dreisatzaufgaben ist, sind lineare Abbildungen \maabb {\varphi} {K^n} {K^m } {} durch die Werte auf einer Basis des $K^n$ festgelegt. Der folgende Satz beweist dies für die Standardbasis, siehe Aufgabe ***** für den allgemeinen Fall. Für entsprechende \anfuehrung{Mehrsatzaufgaben}{} siehe u. A. Aufgabe 35.1, Aufgabe 35.3 und Aufgabe 35.23.




\inputfaktbeweis
{Lineare Abbildung/Festlegung auf Standardbasis/Zahlenraum/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein Körper und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m,n }
{ \in }{\N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es seien
\mathbed {w_i} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {,} Elemente in $K^m$.}
\faktfolgerung {Dann gibt es genau eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {K^n} {K^m } {} mit
\mathdisp {\varphi(e_i) = w_i \text { für alle } i = 1 , \ldots , n} { , }
wobei $e_i$ den $i$-ten Standardvektor bezeichnet.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Da
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi (e_i) }
{ = }{w_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sein soll und eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{} nach Lemma 35.6  (2) für jede \definitionsverweis {Linearkombination}{}{} die Eigenschaft
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi { \left( \sum_{i = 1}^n s_i e_i \right) } }
{ =} { \sum_{i = 1}^n s_i \varphi { \left( e_i \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} erfüllt, und jeder Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{ K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sich als eine solche Linearkombination schreiben lässt, kann es maximal nur eine solche lineare Abbildung geben.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Wir definieren nun umgekehrt eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {K^n} {K^m } {,} indem wir jeden Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{ K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit der gegebenen Standardbasis als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v }
{ =} {\sum_{i = 1}^n s_i e_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} schreiben und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi (v) }
{ \defeq} { \sum_{i = 1}^n s_i w_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ansetzen. Da die Darstellung von $v$ als eine solche \definitionsverweis {Linearkombination}{}{} eindeutig ist, ist diese Abbildung wohldefiniert.}
{} \teilbeweis {Zur Linearität.\leerzeichen{}}{}{}
{Für zwei Vektoren \mathkor {} {u= \sum_{i = 1}^n s_i e_i} {und} {v= \sum_{i = 1}^n t_i e_i} {} gilt
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \varphi { \left( u+v \right) } }
{ =} { \varphi { \left( { \left( \sum_{i = 1}^n s_ie_i \right) } + { \left( \sum_{i = 1}^n t_i e_i \right) } \right) } }
{ =} { \varphi { \left( \sum_{i = 1}^n { \left( s_i + t_i \right) } e_i \right) } }
{ =} { \sum_{i = 1}^n (s_i + t_i) \varphi { \left( e_i \right) } }
{ =} { \sum_{i = 1}^n s_i \varphi { \left( e_i \right) } + \sum_{i = 1}^n t_i \varphi (e_i) }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \varphi { \left( \sum_{i = 1}^n s_i e_i \right) } + \varphi { \left( \sum_{i = 1}^nt_i e_i \right) } }
{ =} { \varphi (u) + \varphi (v) }
{ } {}
{ } {}
} {}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die Verträglichkeit mit der skalaren Multiplikation ergibt sich ähnlich, siehe Aufgabe 35.15.}
{}

}






\zwischenueberschrift{Lineare Abbildungen und Matrizen}




\inputbeispiel{}
{






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Fruit_salad_(1).jpg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Fruit_salad_(1).jpg } {} {Fæ} {Commons} {gemeinfrei} {}

Ein gesundes Frühstück beginnt mit einem Obstsalat. Die folgende Tabelle zeigt, wie viel Vitamin C, Calcium und Magnesium \zusatzklammer {jeweils in Milligramm} {} {} unterschiedliche Früchte \zusatzklammer {pro 100 Gramm} {} {} besitzen.

\tabellefuenfvier {\zeileundvier {Frucht} {Vitamin C} {Calcium} {Magnesium} }
{\zeileundvier {Apfel} {12} {7} {6} }
{\zeileundvier {Orange} {53} {40} {10} }
{\zeileundvier {Traube} {4} {12} {8} }
{\zeileundvier {Banane} {9} {5} {27} }

Dies führt zu einer Abbildung, die einem $4$-Tupel
\mathl{\begin{pmatrix} x_1 \\x_2\\ x_3\\x_4 \end{pmatrix}}{,} das die verarbeiteten \zusatzklammer {oder verzehrten} {} {} Früchte beschreibt, den Gesamtgehalt des Obstsalats an Vitamin C, Calcium und Magnesium in Form eines $3$-Tupels
\mathl{\begin{pmatrix} y_1 \\y_2\\ y_3 \end{pmatrix}}{} zuordnet. Diese Abbildung kann mit der Matrix
\mathdisp {\begin{pmatrix} 12 & 53 & 4 & 9 \\ 7 & 40 & 12 & 5 \\ 6 & 10 & 8 & 27 \end{pmatrix}} { }
unter Verwendung der Matrixmultiplikation als Zuordnung
\mathdisp {\begin{pmatrix} x_1 \\x_2\\ x_3\\x_4 \end{pmatrix} \longmapsto \begin{pmatrix} 12 & 53 & 4 & 9 \\ 7 & 40 & 12 & 5 \\ 6 & 10 & 8 & 27 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} x_1 \\x_2\\ x_3\\x_4 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 12x_1 +53x_2 +4x_3+9 x_4 \\7x_1 +40x_2 +12x_3+ 5 x_4\\ 6 x_1 + 10 x_2 + 8x_3+ 27 x_4 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} y_1 \\y_2\\ y_3 \end{pmatrix}} { }
beschrieben werden.


}




\inputbeispiel{}
{

Zu jedem Geburtstag von Mustafa Müller backt seine Oma eine gewisse Anzahl \zusatzklammer {abhängig von den Wünschen der Gäste} {} {} an Himbeerkuchen, Käsekuchen und Apfelkuchen. Ein Himbeerkuchen benötigt $500$ Gramm Mehl, $200$ Gramm Zucker, $100$ Gramm Butter, $250$ Gramm Milch und
\mathl{300}{} Gramm Himbeeren. Ein Käsekuchen benötigt $300$ Gramm Mehl, $230$ Gramm Zucker, $100$ Gramm Butter, $100$ Gramm Milch und $450$ Gramm Quark. Ein Apfelkuchen benötigt $400$ Gramm Mehl, $250$ Gramm Zucker, $150$ Gramm Butter, $200$ Gramm Milch,
\mathl{500}{} Gramm Äpfel und $100$ Gramm Haselnüsse. Die Oma möchte aus der Anzahl der zu backenden Kuchen, repräsentiert durch ein Dreiertupel
\mathl{(x,y,z)}{,} die insgesamt benötigten Zutaten schematisch berechnen. Für das benötigte Mehl \zusatzklammer {in Kilogramm} {} {} gilt beispielsweise die Formel
\mathdisp {0{,}5 x + 0{,}3y + 0{,}4 z} { . }
Insgesamt wird der benötigte Einkauf durch die folgende lineare Abbildung \zusatzklammer {bzw. die Matrix} {} {} beschrieben \zusatzklammer {wobei die Angaben in Kilogramm und die Zutatenreihenfolge Mehl, Zucker, Butter, Milch, Himbeeren, Quark, Äpfel und Haselnüsse sind} {} {.} \maabbeledisp {} {\Q^3} { \Q^8 } { \begin{pmatrix} x \\y\\ z \end{pmatrix} } { \begin{pmatrix} 0{,}5 & 0{,}3 & 0{,}4 \\ 0{,}2 & 0{,}23 & 0{,}25 \\ 0{,}1 & 0{,}1 & 0{,}15 \\ 0{,}25 & 0{,}1 & 0{,}2 \\ 0{,}3 & 0 & 0 \\ 0 & 0{,}45 & 0 \\ 0 & 0 & 0{,}5 \\ 0 & 0 & 0{,}1 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} x \\y\\ z \end{pmatrix} } {.}


}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{m,n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Zu einer \definitionsverweis {linearen Abbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi} {K^n} {K^m } {} heißt die $m \times n$-\definitionsverweis {Matrix}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { (a_{ij})_{ij} }
{ } { }
{ } { }
{ } {}
} {}{}{,} wobei
\mathl{a_{ij}}{} die $i$-te \definitionsverweis {Koordinate}{}{} von
\mathl{\varphi(e_j )}{} bezüglich der Standardbasis $e_i$ des $K^m$ ist, die \definitionswort {beschreibende Matrix zu}{} $\varphi$ \zusatzklammer {bezüglich der Standardbasen} {} {.}

Zu einer Matrix
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{(a_{ij})_{ij} }
{ \in }{ \operatorname{Mat}_{ m \times n } (K) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt die durch
\mathdisp {e_j \longmapsto \sum_{ i = 1 }^{ m } a_{ij} e_i} { }
gemäß Satz 35.10 definierte lineare Abbildung die \definitionswort {durch}{} $M$ \definitionswort {festgelegte lineare Abbildung}{.}

}

Die zu einer
\mathl{m \times n}{-}Matrix $M$ gehörende lineare Abbildung ist unmittelbar durch das Matrizenprodukt der Matrix mit den $n$-Spaltentupeln gegeben, also gleich \maabbeledisp {} {K^n} {K^m } { \begin{pmatrix} x_1 \\\vdots\\ x_n \end{pmatrix} } { M \begin{pmatrix} x_1 \\\vdots\\ x_n \end{pmatrix} } {.} Die $i$-te Komponente des Ergebnisses ist ja einfach gleich
\mathl{\sum_{j = 1}^n a_{ij} x_j}{.}





\inputfaktbeweisnichtvorgefuehrt
{Lineare Abbildung/Zahlenraum/Matrix zu Standardbasis und umgekehrt/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m,n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind die in Definition 35.13 festgelegten Abbildungen zwischen \definitionsverweis {linearen Abbildungen}{}{} und \definitionsverweis {Matrizen}{}{} \definitionsverweis {invers}{}{} zueinander.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir bezeichnen die Matrix zu einer linearen Abbildung $\varphi$ mit
\mathl{M(\varphi)}{} und die lineare Abbildung zu einer Matrix mit
\mathl{\varphi(M)}{.} Wir zeigen, dass beide Hintereinanderschaltungen die Identität sind. \teilbeweis {}{}{}
{Wir starten mit einer Matrix
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left( a_{ij} \right) }_{ij} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und betrachten die Matrix
\mathdisp {M( \varphi (M) )} { . }
Zwei Matrizen sind gleich, wenn für jedes Indexpaar
\mathl{(i,j)}{} die Einträge übereinstimmen. Es ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{( M( \varphi (M) ) )_{ij} }
{ =} { i-\text{te Koordinate von } ( \varphi (M)) (e_j) }
{ =} { i-\text{te Koordinate von } \sum_{k = 1}^m a_{kj} e_k }
{ =} { a_{ij} }
{ } { }
} {} {}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Es sei nun $\varphi$ eine lineare Abbildung, und betrachten wir
\mathdisp {\varphi ( M (\varphi) )} { . }
Zwei lineare Abbildungen stimmen nach Satz 35.10 überein, wenn man zeigen kann, dass sie auf der Standardbasis übereinstimmen. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (\varphi ( M (\varphi) ) ) (e_j) }
{ =} { \sum_{ i = 1 }^{ m } (M (\varphi)_{ij}) \, e_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dabei ist nach Definition von
\mathl{M(\varphi)}{} der Koeffizient
\mathl{(M (\varphi ))_{ij}}{} die $i$-te Koordinate von
\mathl{\varphi(e_j)}{} bezüglich der Standardbasis des $K^m$. Damit ist diese Summe gleich
\mathl{\varphi(e_j)}{.}}
{}

}


Die folgende Aussage erklärt, warum das Matrizenprodukt so wichtig ist.




\inputfaktbeweis
{Matrizenmultiplikation/Hintereinanderschaltung/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $B$ eine $n \times p$-\definitionsverweis {Matrix}{}{} und $A$ eine $m\times n$-Matrix und es seien
\mathdisp {K^p \stackrel{B}{\longrightarrow} K^n \stackrel{A}{\longrightarrow} K^m} { }
die zugehörigen \definitionsverweis {linearen Abbildungen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann beschreibt das \definitionsverweis {Matrixprodukt}{}{}
\mathl{A \circ B}{} die \definitionsverweis {Hintereinanderschaltung}{}{} der beiden linearen Abbildungen.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Gleichheit von linearen Abbildungen kann man auf der \definitionsverweis {Standardbasis}{}{}
\mathl{e_1 , \ldots , e_p}{} des $K^p$ nachweisen. Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ { \left( A \circ B \right) } { \left( e_k \right) } }
{ =} { A(B(e_k)) }
{ =} {A { \left( \sum_{ j = 1 }^{ n } b_{jk} e_j \right) } }
{ =} { \sum_{ j = 1 }^{ n } b_{jk} { \left( \sum_{ i = 1 }^{ m } a_{ij} e_i \right) } }
{ =} { \sum_{ i = 1 }^{ m } { \left( \sum_{ j = 1 }^{ n } a_{ij} b_{jk} \right) } e_i }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \sum_{ i = 1 }^{ m } c_{ik} e_i }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.} Dabei sind die Koeffizienten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ c_{ik} }
{ =} { \sum_{ j = 1 }^{ n } a_{ij} b_{jk} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gerade die Einträge in der \definitionsverweis {Produktmatrix}{}{}
\mathl{A \circ B}{.}

}


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