Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2018-2019)/Teil II/Vorlesung 52/latex

\setcounter{section}{52}






\zwischenueberschrift{Der Zwischenwertsatz}

Eine weit verbreitete, aber \zusatzklammer {ziemlich} {} {} falsche Vorstellung besagt, dass stetige Funktionen diejenigen sind, deren Graphen man mit dem Stift ohne abzusetzen zeichnen kann. Eine allerdings richtige Schlussfolgerung aus dieser Vorstellung ist, dass wenn eine stetige Funktion sowohl negative als auch positive Werte annimmt, sie dann auch die $x$-Achse irgendwo durchstoßen muss und dass es daher eine Nullstelle geben muss. Dies ist der Inhalt des Zwischenwertsatzes.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Intermediatevaluetheorem.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Intermediatevaluetheorem.svg } {Enoch Lau} {Kpengboy} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputfaktbeweis
{Reelle Analysis/Zwischenwertsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine reelle Zahl zwischen \mathkor {} {f(a)} {und} {f(b)} {.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(c) }
{ = }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir beschränken uns auf die Situation
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a) }
{ \leq }{u }
{ \leq }{f(b) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und zeigen die Existenz von einem solchen $c$ mit Hilfe einer Intervallhalbierung. Dazu setzt man \mathkor {} {a_0 \defeq a} {und} {b_0 \defeq b} {,} betrachtet die Intervallmitte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_0 }
{ \defeq }{ { \frac{ a_0 + b_0 }{ 2 } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und berechnet
\mathdisp {f(c_0)} { . }
Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c_0 \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1 \defeq c_0 \text{ und } b_1 \defeq b_0} { }
und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c_0 \right) } }
{ > }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1 \defeq a_0 \text{ und } b_1 \defeq c_0} { . }
In jedem Fall hat das neue Intervall
\mathl{[a_1,b_1]}{} die halbe Länge des Ausgangsintervalls und liegt in diesem. Da es wieder die Voraussetzung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( a_1 \right) } }
{ \leq }{ u }
{ \leq }{ f { \left( b_1 \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt, können wir darauf das gleiche Verfahren anwenden und gelangen so rekursiv zu einer \definitionsverweis {Intervallschachtelung}{}{.} Sei $c$ die durch diese Intervallschachtelung gemäß Satz 48.2 definierte \definitionsverweis {reelle Zahl}{}{.} Für die unteren Intervallgrenzen gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( a_n \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das überträgt sich wegen der Stetigkeit nach dem Folgenkriterium auf den Grenzwert $c$, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für die oberen Intervallgrenzen gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( b_n \right) } }
{ \geq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das überträgt sich ebenfalls auf $c$, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(c) }
{ \geq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}  Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(c) }
{ = }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}


Die in diesem Beweis beschriebene Methode ist konstruktiv und kann zu einem expliziten Verfahren ausgebaut werden.





\inputfaktbeweis
{Reelle Analysis/Nullstellensatz/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit \mathkor {} {f(a) \leq 0} {und} {f(b) \geq 0} {.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \leq }{x }
{ \leq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}}
\faktzusatz {d.h. $f$ besitzt eine Nullstelle zwischen \mathkor {} {a} {und} {b} {.}}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Satz 52.1.

}





\inputverfahren{}
{

Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{} mit \mathkor {} {f(a) \leq 0} {und} {f(b) \geq 0} {.} Dann besitzt die Funktion aufgrund des Zwischenwertsatzes eine Nullstelle in diesem Intervall. Diese kann man wie im Beweis des Zwischenwertsatzes beschrieben durch eine \stichwort {Intervallhalbierung} {} finden. Dazu setzt man \mathkor {} {a_0=a} {und} {b_0=b} {} und betrachtet die Intervallmitte
\mathl{x_0=\frac{a_0 + b_0}{2}}{.} Man berechnet
\mathdisp {f(x_0)} { . }
Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f { \left( x_0 \right) } }
{ \leq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1:= x_0 \text{ und } b_1 := b_0} { }
und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f { \left( x_0 \right) } }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1:= a_0 \text{ und } b_1 := x_0} { . }
In jedem Fall hat das neue Intervall
\mathl{[a_1,b_1]}{} die halbe Länge des Ausgangsintervalls und liegt in diesem. Da es wieder die Voraussetzung erfüllt, können wir darauf das gleiche Verfahren anwenden und gelangen so rekursiv zu einer \definitionsverweis {Intervallschachtelung}{}{.} Die durch die Intervallschachtelung definierte \definitionsverweis {reelle Zahl}{}{} $x$ ist eine Nullstelle der Funktion.

}




\inputbeispiel{}
{

Wir wollen eine Nullstelle des Polynoms
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ =} {x^3-4x+2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit Hilfe von Verfahren 52.3 approximieren. Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(1) }
{ = }{-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(2) }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} es muss also nach Korollar 52.2 eine Nullstelle im Intervall
\mathl{[1,2]}{} geben. Wir berechnen den Funktionswert an der Intervallmitte
\mathl{{ \frac{ 3 }{ 2 } }}{} und erhalten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 3 }{ 2 } } \right) } }
{ =} { { \frac{ 27 }{ 8 } } - 4 \cdot { \frac{ 3 }{ 2 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 27- 48+16 }{ 8 } } }
{ =} { { \frac{ -5 }{ 8 } } }
{ <} { 0 }
} {}{}{.} Wir müssen also mit dem rechten Teilintervall
\mathl{[ { \frac{ 3 }{ 2 } } , 2]}{} weitermachen. Dessen Intervallmitte ist
\mathl{{ \frac{ 7 }{ 4 } }}{.} Der Funktionswert an dieser Stelle ist


\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 7 }{ 4 } } \right) } }
{ =} { { \left( { \frac{ 7 }{ 4 } } \right) }^3 - 4 \cdot { \frac{ 7 }{ 4 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 343 }{ 64 } } -5 }
{ =} { { \frac{ 343 - 320 }{ 64 } } }
{ =} { { \frac{ 23 }{ 64 } } }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ >} { 0 }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{.} Jetzt müssen wir mit dem linken Teilintervall
\mathl{[ { \frac{ 3 }{ 2 } } , { \frac{ 7 }{ 4 } } ]}{} weitermachen, dessen Mitte ist
\mathl{{ \frac{ 13 }{ 8 } }}{.} Der Funktionswert an dieser Stelle ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 13 }{ 8 } } \right) } }
{ =} { { \left( { \frac{ 13 }{ 8 } } \right) }^3 - 4 \cdot { \frac{ 13 }{ 8 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 2197 }{ 512 } } - { \frac{ 13 }{ 2 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 2197 -3328+1024 }{ 512 } } }
{ =} { { \frac{ -107 }{ 512 } } }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ <} { 0 }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{.} Somit wissen wir, dass es eine Nullstelle zwischen \mathkor {} {{ \frac{ 13 }{ 8 } }} {und} {{ \frac{ 7 }{ 4 } } = { \frac{ 14 }{ 8 } }} {} gibt.


}

Mit der im Beweis des Zwischenwertsatzes verwendeten Intervallhalbierungsmethode kann man insbesondere auch Quadratwurzeln \anfuehrung{ausrechnen}{,} also Folgen angeben, die gegen die Quadratwurzel konvergieren. Die Konvergenzgeschwindigkeit beim babylonischen Wurzelziehen ist aber deutlich höher.




\inputbemerkung
{}
{

Mit dem Zwischenwertsatz erhält man einen neuen Beweis für die Existenz von beliebigen Wurzeln aus nichtnegativen reellen Zahlen. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{\R_{\geq 0} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Man betrachtet die Funktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f(x) }
{ =} {x^k -c }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die nach Korollar 51.10 stetig ist. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f(0) }
{ =} {-c }
{ \leq} {0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und für $x_0$ hinreichend groß \zusatzklammer {beispielsweise für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ x_0 }
{ = }{ \operatorname{max} (c,1) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f(x_0) }
{ \geq} {0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Somit gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ [0, x_0] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f(x) }
{ =} {0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{x^k }
{ =} {c }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}




\inputbeispiel{}
{

Ein regelmäßiger quadratischer Tisch mit vier Beinen
\mathl{A,B,C,D}{} steht auf einem unebenen, aber stufenfreien Untergrund. Im Moment steht er auf den Beinen
\mathl{A,B,C}{} und das Bein $D$ ragt in die Höhe \zusatzklammer {wenn man $B,C$ in ihrer Position belässt und $D$ auf den Boden drückt, würde $A$ versinken} {} {.} Wir behaupten, dass man den Tisch durch eine \zusatzklammer {maximal Viertel} {} {-}Drehung um die eigene Achse \zusatzklammer {sagen wir gegen den Uhrzeigersinn} {} {} in eine Position bringen kann, wo er auf allen vier Beinen steht \zusatzklammer {wobei der Tisch nicht unbedingt genau horizontal stehen muss} {} {.} Dazu betrachten wir die Funktion, die einem Drehwinkel \zusatzklammer {zwischen \mathkork {} {0} {und} {90} {} Grad} {} {} die Höhe des Beines $D$ über dem Grund zuordnet, wenn die drei übrigen Beine auf dem Boden stehen \zusatzklammer {würden} {} {.} Dabei kann diese Höhe auch negativ werden \zusatzklammer {was sich bei einem sandigen Untergrund praktisch realisieren lässt; sonst denke man sich dies \anfuehrung{virtuell}{}} {} {.} Bei $0$ Grad ist die Höhe positiv. Bei
\mathl{90}{} Grad erhält man eine Situation, die symmetrisch zur Ausgangssposition ist, wobei aber nach wie vor die Beine
\mathl{A,B,C}{} auf dem Boden sein sollen. Wegen der in der Klammer formulierten Beobachtung muss die Höhe von $D$ negativ sein. Die Funktion hat also auf dem Intervall
\mathl{[0 , 90]}{} sowohl positive als auch negative Werte. Da sie wegen der Stufenfreiheit stetig ist, besitzt sie nach dem Zwischenwertsatz auch eine Nullstelle.


}




\inputbeispiel{}
{

Die Abbildung \maabbeledisp {f} {\Q} {\Q } {x} {x^2-2 } {,} ist \definitionsverweis {stetig}{}{,} sie genügt aber nicht dem Zwischenwertsatz. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(0) }
{ = }{ -2 }
{ < }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(2) }
{ = }{ 2 }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} es gibt aber kein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ \Q }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} da dafür
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^2 }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sein muss, wofür es in $\Q$ keine Lösung gibt. Der Zwischenwertsatz funktioniert also nur für reelle Zahlen.


}






\inputbemerkung
{}
{

Unter den reellen Zahlen sind manche von den ganzen oder rationalen Zahlen her besser erfassbar als andere. Die rationalen Zahlen sind als Brüche mit ganzen Zahlen als Zähler und Nenner erfassbar, und man kann sie als Lösungen von Gleichungen der Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{bx }
{ = }{a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit ganzzahligen Koeffizienten auffassen. Die Quadratwurzel
\mathl{\sqrt{2}}{} ist eine irrationale Zahl, die aber die Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^2 }
{ = }{ 2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt, welche über den ganzen Zahlen formulierbar ist. Dies gilt für alle Zahlen der Form
\mathl{\sqrt[k]{n}}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ k,n }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} sie lösen die Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^k }
{ = }{n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bzw. sie sind eine Nullstelle des ganzzahligen Polynoms
\mathl{x^k-n}{.} Auch Wurzeln aus rationalen Zahlen kann man als eine Nullstelle eines ganzzahligen \zusatzklammer {wo alle Koeffizienten zu $\Z$ gehören} {} {} Polynoms ansehen. Es ist nämlich
\mathl{\sqrt[k]{ { \frac{ a }{ b } } }}{} eine Nullstelle von
\mathl{b x^k -a}{.} Man kann nun die Teilmenge der reellen Zahlen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathbb A}_\R }
{ =} { { \left\{ x \in \R \mid \text{ Es gibt ein ganzzahliges Polynom } P \text{ mit } P(x) = 0 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} betrachten. Dazu gehören alle Wurzeln aus rationalen Zahlen, aber noch viele weitere Zahlen darüber hinaus. Sobald ein ganzzahliges Polynom sowohl negative als auch positive Werte annimmt, gibt es nach dem Zwischenwertsatz auch eine Nullstelle und diese gehört nach Definition zu ${\mathbb A}_\R$. Beispielsweise gehört die in Beispiel 52.4 approximierte Nullstelle \zusatzklammer {zwischen \mathkork {} {1} {und} {2} {}} {} {} von
\mathl{x^3-4x+2}{} zu dieser Menge. Da diese Zahlen durch ganzzahlige Polynome erfassbar sind, spricht man von \stichwort {reell-algebraischen Zahlen} {.} Diese Zahlen bilden sogar einen Körper, den Körper der reell-algebraischen Zahlen, was keineswegs selbstverständlich ist. Beispielsweise bilden die Quadratwurzeln keinen Körper, es ist
\mathl{\sqrt{2} + \sqrt{3}}{} keine Quadratwurzel einer natürlichen Zahl, wohl aber eine reell-algebraische Zahl. Aufgrund von schwierigen Sätzen sind die Eulersche Zahl $e$ und die Kreiszahl $\pi$ nicht algebraisch, man spricht von \stichwort {transzendenten Zahlen} {.}

}





\inputfaktbeweis
{Zwischenwertsatz/Bild ist Intervall/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $I$ ein reelles Intervall und \maabb {f} {I} { \R } {} eine stetige Funktion.}
\faktfolgerung {Dann ist auch das Bild
\mathl{f(I)}{} ein Intervall.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{J }
{ = }{f(I) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Aus dem Zwischenwertsatz folgt sofort, dass wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y,z }
{ \in }{J }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sind und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ \leq }{u }
{ \leq }{z }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegeben ist, auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u }
{ \in }{J }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sein muss. Nach Aufgabe 48.8 ist $J$ ein Intervall.

}






\zwischenueberschrift{Stetige bijektive Funktionen und ihre Umkehrfunktion}

Für eine bijektive stetige Funktion auf einem reellen Intervall ist die Umkehrabbildung wieder stetig. Dies ist keineswegs selbstverständlich.





\inputfaktbeweis
{Reelles abgeschlossenes Intervall/Streng wachsend/Umkehrfunktion/Stetig/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Intervall}{}{} und \maabbdisp {f} {I} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetige}{}{,} \definitionsverweis {streng wachsende}{}{} \definitionsverweis {Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist das \definitionsverweis {Bild}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ J }
{ \defeq} { f(I) }
{ =} { { \left\{ f(x) \mid x \in I \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ebenfalls ein Intervall, und die \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{} \maabbdisp {f^{-1}} {J} {I } {} ist ebenfalls stetig.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Dass das Bild wieder ein Intervall ist folgt aus Korollar 52.9.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die Funktion $f$ ist \definitionsverweis {injektiv}{}{,} da sie streng wachsend ist und damit ist die Abbildung \maabbdisp {f} {I} {J } {} auf das Bild \definitionsverweis {bijektiv}{}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die Umkehrfunktion \maabbdisp {f^{-1}} {J} {I } {} ist ebenfalls streng wachsend.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \defeq }{ f^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ \defeq }{ f(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorgegeben. \fallunterscheidungzwei {Es sei zunächst $y$ kein \definitionsverweis {Randpunkt}{}{} von $J$. Dann ist auch $x$ kein Randpunkt von $I$. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorgegeben und ohne Einschränkung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [x- \epsilon, x+ \epsilon] }
{ \subseteq }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} angenommen. Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \delta }
{ \defeq} { {\min { \left( y-f(x- \epsilon) , f(x + \epsilon)-y \right) } } }
{ >} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y' }
{ \in }{[ y- \delta, y + \delta ] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt wegen der Monotonie
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g(y') }
{ \in} { [g(y-\delta), g(y+ \delta)] }
{ \subseteq} { [x- \epsilon, x+ \epsilon] }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Also ist $g$ stetig in $y$.}
{Wenn $y$ ein Randpunkt von $J$ ist, so ist auch $x$ ein Randpunkt von $I$, sagen wir der rechte Randpunkt. Dann ist zu vorgegebenem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wieder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [x- \epsilon, x] }
{ \subseteq }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \delta }
{ \defeq }{ y-f(x- \epsilon) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt die geforderte Eigenschaft.}
}
{}

}







\zwischenueberschrift{Stetigkeit der Wurzeln}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {RacineNieme.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { RacineNieme.svg } {} {HB} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputfaktbeweis
{Reelle Zahlen/kte Wurzeln aus reellen Zahlen/Über Zwischenwertsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Für $n$ ungerade ist}
\faktfolgerung {die Potenzfunktion \maabbeledisp {} {\R} {\R } {x} {x^n } {,} \definitionsverweis {stetig}{}{,} \definitionsverweis {streng wachsend}{}{,} \definitionsverweis {bijektiv}{}{} und die \definitionsverweis {Umkehrfunktion}{}{} \maabbeledisp {} {\R} {\R } {x} { x^{1/n} } {,} ist streng wachsend und stetig.}
\faktzusatz {Für $n$ gerade ist die Potenzfunktion \maabbeledisp {} {\R_{\geq 0} } {\R_{\geq 0} } {x} {x^n } {,} stetig, streng wachsend, bijektiv und die \definitionsverweis {Umkehrfunktion}{}{} \maabbeledisp {} {\R_{\geq 0}} {\R_{\geq 0} } {x} { x^{1/n} } {,} ist streng wachsend und stetig.}
\faktzusatz {}

}
{

Die Stetigkeit ergibt sich aus Korollar 51.9. Das Wachstumsverhalten wurde für die Potenzfunktionen in Lemma 25.18 bewiesen. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^n }
{ \geq }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} woraus die Unbeschränktheit des Bildes nach oben folgt. Bei $n$ ungerade folgt ebenso die Unbeschränktheit des Bildes nach unten. Aufgrund des Zwischenwertsatzes ist das Bild daher \mathkor {} {\R} {bzw.} {\R_{\geq 0}} {.} Somit sind die angegebenen Potenzfunktionen surjektiv und die Umkehrfunktionen existieren. Das Wachstumsverhalten überträgt sich auf die Umkehrfunktionen. Die Stetigkeit der Umkehrfunktionen folgt aus Satz 52.10.

}