Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)/Teil I/Vorlesung 16
- Schriftliches Multiplizieren
Die Grundidee für das schriftliche Multiplizieren liegt im allgemeinen Distributivgesetz. Für zwei natürliche Zahlen der Form
ist
Hierbei ist im Allgemeinen der Vorfaktor nicht kleiner als , aus diesem Ausdruck ist also nicht unmittelbar die Ziffernentwicklung des Produktes ablesbar. In einer solchen Situation ist Bemerkung 14.5 anwendbar. Dies ist aber nicht das Verfahren zum schriftlichen Multiplizieren.
Beim schriftlichen Multiplizieren zweier natürlicher Zahlen, die im Dezimalsystem als
gegeben sind, geht man folgendermaßen vor.
- Man berechnet für jedes
einzeln die Dezimalziffern[1]
des Teilproduktes und die Überträge
(mit dem Startwert
)
sukzessive über die Gleichungen
mit
- Die zu den (bzw. ) gehörenden Ziffernfolgen schreibt man untereinander, wobei jeweils unterhalb von steht.
- Man summiert die verschiedenen verschobenen Teilprodukte im Sinne des schriftlichen Addierens.
Das Ergebnis (im Dezimalsystem) dieser Addition ist die Ausgabe des Multiplikationsalgorithmus.
Das Problem, dass bei der distributiven Multiplikation von zwei natürlichen Zahlen im Dezimalsystem die Vorfaktoren zu groß sind, tritt schon dann auf, wenn die zweite Zahl einstellig ist (sogar wenn beide Zahlen einstellig sind; dies wird durch das kleine Einmaleins erledigt). Diesen Fall betrachten wir zuerst.
Das schriftliche Multiplizieren mit einem einstelligen zweiten Faktor im Zehnersystem ist korrekt.
Die linke Faktor sei
und der rechte Faktor sei , wir haben also die schriftliche Multiplikation der Form
im Sinne von Verfahren 16.1 durchzuführen. Das Ergebnis ist die Zahl . Wir müssen zeigen, dass dies das wahre Produkt ist. Es ist, wobei wir mehrfach die definierende Gleichung verwenden,
Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf die Überträge bei der Multiplikation mit einer einstelligen Zahl.
Beim schriftlichen Multiplizieren mit einer einstelligen Zahl
sind die Überträge stets .
Beweis
Der Übertrag tritt in der Tat auf, wie die Multiplikation der mit zeigt.
Der Übertrag bei der Multiplikation mit einer einstelligen Zahl wirkt sich im Allgemeinen auf jede Ziffer des Ergebnisses aus, d.h. Überträge setzen sich fort. Daher muss man die einzelnen Ziffern von hinten nach vorne mit multiplizieren. Beispielsweise ist bei und bzw. einerseits
und andererseits
Im Gegensatz zur Multiplikation mit der ist die Multiplikation mit den beiden echten Teilern der , also mit und , besonders einfach, da hier die Überträge nicht fortgesetzt werden können. Um die -te Ziffer des Produktes einer Zahl mit der (oder der ) auszurechnen, muss man nur die -te und die -te Ziffer der Zahl kennen.
Bei der Multiplikation mit und mit vereinfacht sich das in Verfahren 16.1 beschriebene Verfahren zur Multiplikation einer Zahl
mit einer einstelligen Zahl . Gemäß diesem Verfahren sind die Berechnungen (Division mit Rest)
mit
durchzuführen, wobei dadurch die und die rekursiv mit dem Startwert festgelegt sind und wobei die die Ziffern des Ergebnisses beschreiben. Wir behaupten, dass man in den beiden Fällen stattdessen nur
berechnen muss und die Ergebnisziffern
erhält. Insbesondere hängt nur von und ab. Kurz gesagt: Die -te Ziffer eines Produktes mit (oder mit ) ergibt sich, wenn man die zweistellige Zahl mit bzw. mit multipliziert und von diesem Ergebnis die vordere Ziffer nimmt.
Zunächst sind nach Lemma 16.3 bei der Multiplikation mit einer jeden einstelligen Zahl die Überträge echt kleiner als . Bei kommen also nur die Überträge oder in Frage. Somit stimmen die ganzzahligen Anteile bei der Division mit Rest von bzw. durch überein (wenn man zu einer geraden Zahl eine addiert, ändert sich die Zehnerziffer nicht), Die Beziehung folgt direkt.
Bei kommen nur die Überträge in Frage. Somit stimmen die ganzzahligen Anteile bei der Division mit Rest von bzw. durch überein (wenn man zu einer durch teilbaren Zahl eine Zahl addiert, ändert sich die Zehnerziffer nicht). Die Beziehung folgt wieder direkt.
Als nächstes Hilfsmittel betrachten wir die extreme Situation, wo der rechte Faktor eine Zehnerpotenz ist. Das Dezimalsystem verhält sich bei einer solchen Multiplikation besonders einfach.
Die Dezimaldarstellung eines Produktes aus einer im Dezimalsystem gegebenen natürlichen Zahl
und einer Zehnerpotenz erhält man, indem man an diese Ziffernfolge Nullen anhängt.
Es ist
woraus unmittelbar die Dezimaldarstellung des Produktes ablesbar ist.
Das schriftliche Multiplizieren im Zehnersystem ist korrekt.
Die beiden Zahlen seien
Beim schriftlichen Multiplizieren berechnet man unabhängig voneinander
für und notiert das Ergebnis so, dass die Einerziffer unterhalb von steht. So entstehen Zahlen, die versetzt übereinander stehen. Diese Zahlen werden nach hinten mit Nullen aufgefüllt (wobei man dies nur gedanklich machen muss). Die Summe dieser Zahlen im Sinne des schriftlichen Addierens ist das Endergebnis
Nach Lemma 16.2 werden die im schriftlichen Multiplizieren korrekt ausgerechnet. Dadurch, dass die Einzelergebnisse unterhalb von stehen und nach hinten mit Nullen aufgefüllt werden, stehen im Algorithmus wegen Lemma 16.6 die Zahlen korrekt übereinander, sodass das schriftliche Addieren nach Satz 15.6 das korrekte Ergebnis liefert.
Eine alternative Möglichkeit, zwei im Dezimalsystem gegebene natürliche Zahlen algorithmisch zu multiplizieren, bietet das Jalousie-Verfahren (oder Rauteverfahren oder Gitterverfahren), das wir an einem Beispiel erläutern wollen. Es soll die Multiplikation durchgeführt werden. Dazu legt man ein (mehr oder weniger) rechteckiges Schema der Form
an, sodass für jedes Ziffernpaar eine Raute entsteht, die durch die vertikalen Striche in zwei Hälften unterteilt wird. Die Produkte der einstelligen Ziffern gemäß dem kleinen Einmaleins schreibt man in die zugehörige Raute, und zwar die Endziffer rechts und die Zehnerziffer links.
Dann addiert man die entstehenden Spalten aus einstelligen Zahlen zusammen, notiert die Endziffer der Summe darunter und verarbeitet den Übertrag eine Stelle weiter links. Das Gesamtergebnis steht unter der punktierten Linie. Für die Korrektheit dieses Algorithmus sei auf Aufgabe 16.18 verwiesen. Der Vorteil dieses Algorithmus ist, dass man nur das kleine Einmaleins und die Addition braucht, man muss keine Überträge „im Sinn“ haben.
- Schriftliches Subtrahieren
x-y | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
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1 | |||||||||
2 | |||||||||
3 | |||||||||
4 | |||||||||
5 | |||||||||
6 | |||||||||
7 | |||||||||
8 | |||||||||
9 | |||||||||
10 | |||||||||
11 | |||||||||
12 | |||||||||
13 | |||||||||
14 | |||||||||
15 | |||||||||
16 | |||||||||
17 | |||||||||
18 |
Das kleine Einsminuseins für . Diese Tabelle muss man auswendig kennen, um das schriftliche Subtrahieren effektiv durchführen zu können. Der Eintrag bedeutet, dass diese Operation
(wie )
in nicht durchgeführt werden kann, der Eintrag bedeutet, dass diese Operation in ausgeführt werden kann, dass sie aber auf eine Operation in der Einerstelle allein zurückgeführt werden kann
(wie bei ).
Beim schriftlichen Subtrahieren zweier natürlicher Zahlen mit
die im Dezimalsystem als
gegeben sind, geht man folgendermaßen vor. Man berechnet die Dezimalziffern des Ergebnisses und die Überträge (mit dem Startwert ) sukzessive durch
und
Die Dezimaldarstellung der Differenz ist .
Das schriftliche Subtrahieren von natürlichen Zahlen ist korrekt.
Es sei
und
Wir behaupten, dass für jedes der Ausdruck
konstant gleich ist. Für
fehlen die -, die - und die -Ausdrücke, sodass dies richtig ist. Wir betrachten den Übergang von nach , was dem -ten Rechenschritt entspricht. Im Fall
ist , und somit
Im Fall
ist , und somit
Für sind die - und die -Ausdrücke vollständig abgebaut () und es bleiben die vollständigen - und -Ausdrücke übrig. Damit ist gezeigt, dass
ist und somit ist gleich der Differenz .
- Fußnoten
- ↑ Eigentlich müsste man schreiben, da diese Ziffern auch von abhängen; für einen relativ langen Abschnitt ist aber das fest gewählt.
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