Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 15/latex
\setcounter{section}{15}
\zwischenueberschrift{Normale Körpererweiterungen}
Ein irreduzibles Polynom
\mathl{F \in K[X]}{} hat in dem Erweiterungskörper
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq} {L
}
{ \defeq} { K[X]/(F)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
eine Nullstelle, nämlich die Restklasse $x$ von $X$ und damit in
\mathl{L[X]}{} auch den Linearfaktor
\mathl{X-x}{.} Es besteht aber kein Grund, warum das Polynom $F$ über $L$ in Linearfaktoren zerfallen sollte. Vielmehr handelt es sich um eine erweiterungstheoretische Besonderheit, wenn mit einer Nullstelle bereits schon alle Nullstellen vollzählig vorhanden sind.
\inputdefinition
{}
{
Eine
\definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
heißt \definitionswort {normal}{,} wenn es zu jedem
\mathl{x \in L}{} ein
\definitionsverweis {Polynom}{}{}
\mathbed {F \in K[X]} {}
{F \neq 0} {}
{} {} {} {,}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gibt, das über $L$
\definitionsverweis {zerfällt}{}{.}
}
Eine normale Körpererweiterung ist insbesondere algebraisch. Wir werden gleich noch dazu äquivalente Eigenschaften kennenlernen. Einfache Eigenschaften von normalen Erweiterungen werden im folgenden Lemma zusammengefasst.
\inputfaktbeweis
{Normale Körpererweiterung/Elementare Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{Die Identität ist eine
\definitionsverweis {normale Körpererweiterung}{}{.}
}{Jede quadratische Körpererweiterung ist normal.
}{Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine normale Körpererweiterung ist und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{M
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Zwischenkörper, so ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
normal.
}{Eine Erweiterung von endlichen Körpern ist normal.
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{(1) ist trivial.}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{(2). Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x
}
{ \in }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit dem Minimalpolynom $F$, das den Grad
\mathkor {} {1} {oder} {2} {}
besitzt. In
\mathl{L[X]}{} besitzt $F$ einen Linearfaktor, der andere Faktor ist wegen der Gradbedingung konstant oder auch ein Linearfaktor.}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{(3). Zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x
}
{ \in }{ L
}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
gibt es ein Polynom
\mathbed {F \in K[X]} {}
{F \neq 0} {}
{} {} {} {,}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
das über
\mathl{L[X]}{} zerfällt. Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K[X]
}
{ \subseteq }{M[X]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gilt diese Eigenschaft auch für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{(4). Nach (3) können wir sofort eine Körpererweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Z/(p)
}
{ \subseteq }{ {\mathbb F}_{ q }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit einer Primzahl $p$ und einer Primzahlpotenz
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q
}
{ = }{ p^e
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
betrachten. Jedes Element
\mathl{x \in {\mathbb F}_{ q }}{} ist
nach dem Satz von Lagrange
eine Nullstelle des Polynoms
\mathl{X^q-X}{,} sodass dieses Polynom über ${\mathbb F}_{ q }$ zerfällt.}
{}
\inputbeispiel{}
{
Das Polynom
\mathl{X^3-3X+1 \in \Q[X]}{} ist
\definitionsverweis {irreduzibel}{}{}
nach
Aufgabe 3.17
und definiert daher eine Körpererweiterung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq} { \Q[X]/ { \left( X^3-3X+1 \right) }
}
{ \defeqr} { L
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
vom
\definitionsverweis {Grad}{}{}
$3$. Die Restklasse von $X$ in $L$ sei mit $\alpha$ bezeichnet. Nach
Aufgabe 11.7
sind auch die Elemente aus $L$
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \beta
}
{ =} { \alpha^2 -2
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \gamma
}
{ =} { - \alpha^2 - \alpha + 2
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
Nullstellen der definierenden Gleichung und daher zerfällt das Polynom bereits über $L$. Daher ist die
\definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\definitionsverweis {normal}{}{}
nach
Satz 15.4 (3).
}
\inputfaktbeweis
{Normale Körpererweiterung/Charakterisierung mit Nullstellen/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Körpererweiterung}{}{.}}
\faktuebergang {Dann sind folgende Aussagen äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{Die Körpererweiterung ist
\definitionsverweis {normal}{}{.}
}{Wenn ein
\definitionsverweis {irreduzibles Polynom}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P
}
{ \in }{ K[X]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Nullstelle in $L$ besitzt, so
\definitionsverweis {zerfällt}{}{}
es in
\mathl{L[X]}{.}
}{Es gibt ein
$K$-\definitionsverweis {Algebraerzeugendensystem}{}{}
\mathbed {x_i \in L} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,}
von $L$ und über $L$
\definitionsverweis {zerfallende}{}{}
Polynome
\mathbed {F_i \in K[X]} {}
{F_i \neq 0} {,}
{i \in I} {} {} {,}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F_i(x_i)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{Für jede Körpererweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und jeden
$K$-\definitionsverweis {Algebrahomomor\-phismus}{}{}
\maabbdisp {\varphi} {L} {M
} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(L)
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
$(1) \Rightarrow (2)$. Es sei
\mathl{P \in K[X]}{} irreduzibel und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Dann ist $P$ nach
Lemma 7.12
das
\definitionsverweis {Minimalpolynom}{}{}
zu $x$. Nach (1) gibt es ein über $L$ zerfallendes Polynom $F$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Da $F$ ein Vielfaches von $P$ ist, muss auch $P$ über $L$ zerfallen.
$(2) \Rightarrow (1)$. Zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x
}
{ \in }{ L
}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
gehört das Minimalpolynom $P$, das nach
Lemma 7.12
\definitionsverweis {irreduzibel}{}{}
ist und nach Voraussetzung (2) über $L$ in Linearfaktoren zerfällt.
$(2) \Rightarrow (3)$. Die Familie aller Elemente mit ihren Minimalpolynomen besitzt diese Eigenschaft.
$(3) \Rightarrow (4)$. Seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\maabb {\varphi} {L} {M
} {}
gegeben. Es sei
\mathl{x_i \in L}{} ein Element aus der erzeugenden Familie und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_i
}
{ \neq }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
das zugehörige zerfallende Polynom mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_i(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
das wir als irreduzibel annehmen dürfen. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ F_i (\varphi(x_i))
}
{ =} { \varphi(F_i(x_i))
}
{ =} { \varphi(0)
}
{ =} { 0
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
daher ist
\mathl{\varphi(x_i) \in M}{} eine Nullstelle des über $L$ zerfallenden Polynoms $F_i$. Das heißt aber, dass
\mathl{\varphi(x_i) \in L}{} ist. Diese Zugehörigkeit gilt dann für alle
\mathl{x \in L}{,} da sie für ein Algebraerzeugendensystem gilt.
$(4) \Rightarrow (2)$. Es sei
\mathl{P \in K[X]}{} irreduzibel und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x
}
{ \in }{ L
}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(x)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Wir können nach
Lemma 7.12
annehmen, dass $P$ das Minimalpolynom von $x$ ist. Wir setzen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x_1
}
{ = }{x
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und ergänzen dies zu einem endlichen
$K$-\definitionsverweis {Algebraerzeugendensystem}{}{}
von $L$, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{L
}
{ =} {K[x_1 , \ldots , x_n]
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Es seien
\mathl{P_1=P,P_2 , \ldots , P_n}{} die Minimalpolynome von $x_i$ über $K$. Wir betrachten das Produkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ = }{P_1 \cdots P_n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und den Zerfällungskörper $M$ von $F$ über $L$, der zugleich der Zerfällungskörper über $K$ ist. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y
}
{ \in }{ M
}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
eine Nullstelle von $P$. Wir müssen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y
}
{ \in }{ L
}
{ }{}
{ }{}
{ }{}
}
{}{}{}
zeigen. Es gibt einen
$K$-\definitionsverweis {Isomorphismus}{}{}
\maabbdisp {\varphi} {K[x] \cong K[X]/(P)} {K[y]
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(x)
}
{ = }{ y
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Der Körper $M$ ist der Zerfällungskörper von $F$ über
\mathl{K[x]}{} als auch über
\mathl{K[y]}{.} Daher gibt es nach
Satz 11.6
ein kommutatives Diagramm
\mathdisp {\begin{matrix} K[x] & \stackrel{ \varphi }{\longrightarrow} & K[y] & \\ \downarrow & & \downarrow & \\ M & \stackrel{ \tilde{\varphi} }{\longrightarrow} & M & \!\!\!\!\! \\ \end{matrix}} { }
mit einem $K$-Isomorphismus $\tilde{\varphi}$. Nach Voraussetzung ist dabei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \tilde{\varphi}(L)
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y
}
{ = }{\varphi(x)
}
{ \in }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
\inputbemerkung
{}
{
Insbesondere die zweite Eigenschaft von
Satz 15.4
zeigt, dass es sich hierbei um eine recht starke Eigenschaft handelt. Wenn man mit einem Primpolynom
\mathl{P \in K[X]}{} startet und sich den
\definitionsverweis {Restklassenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ = }{K[X]/(P)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
anschaut, so besitzt $P$ in $L$ eine Nullstelle, nämlich die Restklasse $x$ von $X$. Daher gilt in
\mathl{L[X]}{} die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ = }{(X-x) Q
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit einem Polynom
\mathl{Q \in L[X]}{.} Es gibt aber keinen allgemeinen Grund, warum $Q$ über $L$ in Linearfaktoren zerfallen sollte.
}
Wir geben ein Beispiel, das zeigt, dass die Verkettung von normalen Körpererweiterungen nicht normal sein muss.
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die Körperkette
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Q
}
{ \subseteq }{ M
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M
}
{ = }{\Q(\sqrt{3})
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L
}
{ = }{ M(\sqrt{1+ \sqrt{3} })
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist. Das sind zwei
\definitionsverweis {quadratische Körpererweiterungen}{}{,}
die beide nach
Lemma 15.2 (2)
\definitionsverweis {normal}{}{}
sind. Wir setzen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u
}
{ = }{ \sqrt{1+ \sqrt{3} }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
und dieses Element erzeugt $L$ über $\Q$. Wir können $L$ als einen Unterkörper von $\R$ auffassen, indem wir für $\sqrt{3}$ und dann für
\mathl{\sqrt{1+ \sqrt{3} }}{} die positiven reellen Wurzeln wählen. Wir haben
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{u^4-2u^2-2
}
{ =} {(u^2-1)^2-3
}
{ =} { 0
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
d.h. das Polynom
\mathl{X^4-2X^2-2}{} wird von $u$ annulliert. Dieses Polynom besitzt über $L$ die Zerlegung
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{X^4-2X^2-2
}
{ =} { { \left( X^2-1 \right) }^2-3
}
{ =} { { \left( X^2-1- \sqrt{3} \right) } { \left( X^2-1 + \sqrt{3} \right) }
}
{ =} { { \left( X^2 - u^2 \right) } { \left( X^2-1+ \sqrt{3} \right) }
}
{ =} { (X-u)(X+u) { \left( X^2-1+ \sqrt{3} \right) }
}
}
{}
{}{.}
Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L
}
{ \subseteq }{ \R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sqrt{3} -1
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist das hintere quadratische Polynom über $L$ unzerlegbar. Dieses Polynom zerfällt also über $L$ nicht in Linearfaktoren und somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Q
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
nicht normal.
}
Wir setzen weiterhin voraus, dass eine endliche Körpererweiterung vorliegt. Dann sind die normalen Körpererweiterungen genau die Zerfällungskörper von Polynomen.
\inputfaktbeweis
{Endliche Körpererweiterung/Normal und Zerfällungskörper/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Körpererweiterung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
genau dann eine
\definitionsverweis {normale Körpererweiterung}{}{,}
wenn $L$
\definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{}
eines Polynoms
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ \in }{K[X]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {normal}{}{.}
Wegen der vorausgesetzten
\definitionsverweis {Endlichkeit}{}{}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ = }{K[x_1 , \ldots , x_n]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Zu $x_i$ sei
\mathl{F_i \in K[X]}{} das
\definitionsverweis {Minimalpolynom}{}{.}
Wegen der Normalität zerfällt jedes $F_i$ in
\mathl{L[X]}{} in Linearfaktoren. Daher ist $L$ der Zerfällungs\-körper des Produktes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ = }{F_1 \cdots F_n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{Es sei nun
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ = }{Z(F)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Zerfällungskörper, und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ = }{(X- \alpha_1) \cdots (X- \alpha_n)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Faktorzerlegung zu den Nullstellen
\mathl{\alpha_i \in L}{,} die den Körper $L$ erzeugen. Wir werden das Kriterium
Satz 15.4 (4)
anwenden. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Körpererweiterung und sei
\maabbdisp {\varphi} {L} {M
} {}
ein
$K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{.}
Es ist dann
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ F( \varphi(\alpha_i) )
}
{ =} { \varphi (F (\alpha_i) )
}
{ =} { 0
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
da sich die Koeffizienten von $F$ nicht ändern
\zusatzklammer {vergleiche
Lemma 10.15} {} {,}
und somit gehört
\mathl{\varphi(\alpha_i)}{} zur Nullstellenmenge
\mathl{\{\alpha_1 , \ldots , \alpha_n \}}{} und damit insbesondere zu $L$. Daher gilt generell
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(L)
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
{}
\inputfaktbeweis
{Normale endliche Körpererweiterung/Zwischenkörper/Fortsetzungssatz für Homomorphismus/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche}{}{}
\definitionsverweis {normale Körpererweiterung}{}{} und
\mathbed {M} {}
{K \subseteq M \subseteq L} {}
{} {} {} {,}
ein Zwischenkörper. Es sei
\maabb {\varphi} {M} {L
} {}
ein
$K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann besitzt $\varphi$ eine Fortsetzung zu einem Automorphismus auf $L$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Aufgrund von
Satz 15.7
wissen wir, dass $L$ der
\definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{} eines Polynoms
\mathl{F \in K[X]}{} ist. $L$ ist auch der Zerfällungskörper von
\mathl{F \in M[X]}{.} Es sei
\mathl{M'= \varphi(M)}{} das isomorphe Bild von $M$ in $L$ unter $\varphi$. Somit ist $L$ auch der Zerfällungskörper von
\mathl{F \in M'[X]}{.} Daher gibt es nach
Satz 11.6
einen Isomorphismus
\maabb {\tilde{\varphi}} {L} {L
} {,}
der mit den Abbildungen
\maabb {} {M} {L
} {}
und
\mathl{M \stackrel{\varphi}{\rightarrow} M' \rightarrow L}{} verträglich ist.
\inputfaktbeweis
{Normale endliche Körpererweiterung/Konjugierte Elemente und Automorphismus/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche}{}{}
\definitionsverweis {normale Körpererweiterung}{}{} und es seien
\mathl{\alpha, \beta \in L}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind
\mathkor {} {\alpha} {und} {\beta} {}
genau dann
\definitionsverweis {konjugiert}{}{,}
wenn es einen
$K$-\definitionsverweis {Automorphismus}{}{}
\maabb {\varphi} {L} {L
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(\alpha)
}
{ = }{ \beta
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gibt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{Wenn es einen $K$-Automorphismus $\varphi$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(\alpha)
}
{ = }{ \beta
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gibt, so induziert dieser einen Isomorphismus
\maabb {} {K[\alpha]} { K[\beta]
} {.}
Da diese erzeugten Unterkörper jeweils durch die Minimalpolynome von
\mathkor {} {\alpha} {bzw.} {\beta} {}
festgelegt sind, müssen die Minimalpolynome übereinstimmen. Also sind
\mathkor {} {\alpha} {und} {\beta} {}
\definitionsverweis {konjugiert}{}{.}}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{Wenn umgekehrt\zusatzfussnote {Die Umkehrung folgt auch aus
Satz 14.5} {.} {} die beiden Elemente konjugiert sind, so gibt es einen $K$-Isomorphismus
\maabb {} {K[\alpha]} {K[\beta]
} {.}
Mit der Inklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K[\beta]
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
führt dies zu einem $K$-Homomorphismus
\maabbdisp {} {K[\alpha]} {L
} {,}
den man nach
Korollar 15.8
zu einem Automorphismus auf $L$ fortsetzen kann.}
{}
In der nichtnormalen Erweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
aus
Beispiel 15.6
sind
\mathkor {} {\sqrt{3}} {und} {- \sqrt{3}} {}
zueinander konjugiert
\zusatzklammer {und es gibt einen Automorphismus
\maabb {} {\Q[ \sqrt{3}]} {\Q[ \sqrt{3}] = \Q[- \sqrt{3}]
} {,}
der $\sqrt{3}$ in $- \sqrt{3}$ überführt} {} {,}
es gibt aber keinen Automorphismus
\maabb {} {L} {L
} {,}
der $\sqrt{3}$ in $- \sqrt{3}$ überführt. Aufgrund der Faktorzerlegung des Minimalpolynoms zu $u$ sind die Identität und die durch
\mathl{u \mapsto -u}{} festgelegte Abbildung die einzigen Automorphismen, und beide sind eingeschränkt auf
\mathl{\Q[ \sqrt{3}]}{} die Identität.
\inputfaktbeweis
{Normale endliche Körpererweiterung/Zwischenkörper/Charakterisierung von normal über Grundkörper durch Automorphismen/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K
}
{ \subseteq }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche}{}{}
\definitionsverweis {normale Körpererweiterung}{}{} und sei
\mathbed {M} {}
{K \subseteq M \subseteq L} {}
{} {} {} {,} ein
\definitionsverweis {Zwischenkörper}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
genau dann
\definitionsverweis {normal}{}{,}
wenn für jeden
$K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismus}{}{}
\maabbdisp {\varphi} {L} {L
} {}
die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(M)
}
{ \subseteq }{ M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gilt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
normal ist, so gilt die Homomorphismuseigenschaft aufgrund von
Satz 15.4 (4).}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{Zur Umkehrung verwenden wir das Kriterium
Satz 15.4 (2).
Es sei also
\mathl{P \in K[X]}{} ein irreduzibles
\zusatzklammer {normiertes} {} {}
Polynom, das in $M$ eine Nullstelle, sagen wir $\alpha$, besitzt. Dieses Polynom zerfällt über $L$ in Linearfaktoren, und wir müssen zeigen, dass die zugehörigen Nullstellen zu $M$ gehören. Es sei
\mathl{\beta \in L}{} eine weitere Nullstelle von $P$. Wegen der Irreduzibilität und
Lemma 7.12
ist $P$ das Minimalpolynom von $\alpha$ und auch von $\beta$, d.h. die beiden Elemente sind
\definitionsverweis {konjugiert}{}{.} Nach
Korollar 15.9
gibt es daher einen $K$-Automorphismus
\maabb {\varphi} {L} {L
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(\alpha)
}
{ = }{ \beta
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Nach Voraussetzung ist
\mathl{\beta \in M}{.}}
{}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die
\definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq} { \Q[ \sqrt[3]{7}, \sqrt{-3}]
}
{ =} { \Q[ \sqrt[3]{7}, \eta]
}
{ \defeqr} { L
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\eta
}
{ =} { { \frac{ -1 +\sqrt{3} { \mathrm i} }{ 2 } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die dritte
\definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{}
ist und wobei wir mit
\mathl{\sqrt[3]{7}}{} die reelle Zahl meinen. Dies ist eine Erweiterung vom Grad $6$, wie die Kette
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Q
}
{ \subseteq} {\Q[ \sqrt[3]{7}]
}
{ \defeqr} {M
}
{ \subseteq} { L
}
{ } {
}
}
{}{}{}
zeigt. Die Erweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist nicht
\definitionsverweis {normal}{}{,}
da die beiden anderen dritten Wurzeln der $7$, nämlich
\mathkor {} {\sqrt[3]{7} \eta} {und} {\sqrt[3]{7} \eta^2} {,}
nicht zu $M$ gehören, weil sie nicht reell sind. Sie gehören aber zu $L$ und da mit
\mathl{\sqrt{-3}}{} auch
\mathl{-\sqrt{-3}}{} zu $L$ gehört ist nach
Satz 15.4 (3)
die Gesamterweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
normal. Nach
Korollar 15.10
muss es
$\Q$-\definitionsverweis {Automorphismen}{}{}
\maabb {\varphi} {L} {L
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(M)
}
{ \neq }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
geben. In der Tat gibt es einen Automorphismus $\varphi$ auf $L$, der $\eta$ auf sich selbst und $\sqrt[3]{7}$ auf
\mathl{\sqrt[3]{7} \eta}{} abbildet. Dabei ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M'
}
{ =} { \varphi(M)
}
{ =} { \Q[ \sqrt[3]{7} \eta ]
}
{ \neq} { M
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
}