Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Teil II/Vorlesung 49/kontrolle



Orientierungen auf reellen Vektorräumen
Jeder Punkt auf einer Geraden definiert eine Orientierung. Die beiden grünen Punkte definieren die gleiche Orientierung, der rote Punkt die andere.

Bei einem eindimensionalen reellen Vektorraum (einer Geraden) ist jeder von verschiedener Vektor ein Basisvektor. Wenn man die herausnimmt, so zerfällt die Geradein zwei Hälften (zwei Halbgeraden, zwei Strahlen). Wenn die Gerade „horizontal vor einem liegt“, so werden die beiden Hälften als „links“ bzw. „rechts“ angesprochen. Diese Begrifflichkeit ist ziemlich problematisch, wenn man die Gerade bewegt oder wenn man sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Dagegen ist es ein einfacher Tatbestand, dass es zwei Seiten gibt und es ist auch einfach zu bestimen, ob zwei Punkte der gleichen Seite oder verschiedenen Seiten angehören, auch wenn die einzelnen Seiten schwer zu benennen sind. Die Gleichseitigkeit von zwei Punkten auf der Geraden kann man dadurch ausdrücken, dass ihre Übergangsmatrix (Basiswechselmatrix), die ja nur aus einer einzigen reellen Zahl besteht, positiv ist, die Andersseitigkeit bedeutet, dass die Übergangsmatrix negativ ist.

In der Ebene gibt es ein vergleichbares Phänomen, den Drehsinn. Wenn man sich beispielsweise auf der Erdoberfläche um einen Baum bewegen möchte, so kann man das mit dem Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn tun. Der Uhrzeigersinn ist durch eine Konvention festgelegt und es wird von der Draufsicht „von oben“ ausgegangen. Für den nach oben schauenden Maulwurf im Boden ist der Drehsinn genau umgekehrt. Wenn im Raum irgendeine Ebene gegeben ist, so ist keineswegs klar, was in ihr der Uhrzeigersinn sein soll. Dennoch ist für jede Ebene klar, dass es dort zwei entgegengesetzte Drehrichtungen gibt und wann zwei Drehrichtungen übereinstimmen. Auch dieses Phänomen kann man mit Basen und ihren Übergangsmatrizen erfassen. Der Mittelpunkt der Uhr sei der Nullpunkt der Ebene, den Zeiger fassen wir zu jedem Zeitpunkt als einen Vektor auf. Zu zwei aufeinanderfolgenden Zeitpunkten und nimmt der Zeiger die beiden Vektorpositionen und ein, wobei darauf zu achten ist, dass in der Zeitdifferenz weniger als eine Halbdrehung vollzogen wird. Diese beiden Vektoren und definieren eine Basis der Ebene (nach einer Halbdrehung wäre und die beiden Vektoren wären linear abhängig). Wenn man zum Zeitpunkt den Zeiger oben sein lässt, sie wird die Zeigerbewegung im Uhrzeigersinn durch parametrisiert. Die beiden Vektoren sind dann

Wurde die Uhr von vorne oder von hinten in die schräge Ebene hineingelegt?

Die Übergangsmatrix zwischen der Standardbasis

ist

Die Determinante davon ist , und diese ist im angegebenen Winkelbereich für stets negativ, für aus ist sie positiv. Die Übergangsmatrizen zwischen den Basen

haben eine positive Determinante. In diesem Sinne legt der Uhrzeigersinn zwar keine Basis fest, aber doch eine Klasse von Basen, die untereinander eine Übergangsmatrix mit positiver Determinante haben. Wenn man gegen den Uhrzeigersinn läuft, so gelangt man zu Basen vom Typ

und diese haben zur Standardbasis und untereinander Übergangsmatrizen mit positiver Determinante.

Im Raum gibt es wieder ein vergleichbares Phänomen, wobei hier die menschliche Anatomie hilft. Die rechte und die linke Hand sind spiegelbildlich aufgebaut (die rechte Hand ist diejenige, die vom Herz weiter weg ist als die linke). Wenn man eine Hand nimmt, den Handmittelpunkt als Nullpunkt des Raumes ansetzt und den Daumen, Zeige- und Mittelfinger ausspreizt, sodass Daumen und Zeigefinger eine Pistole bilden und der Mittelfinger nach innen zeigt, so ergibt sich durch diese drei Finger in dieser Reihenfolge im Raum eine Folge von drei Vektoren, die eine Basis bilden (man kann auch die Finger einzeln vom Ansatz zur Spitze als Vektoren auffassen und auf einen gemeinsamen Ursprungspunkt verzichten, das macht keinen Unterschied). Wenn man dies mit der linken und der rechten Hand macht, so kann man zwar Daumen und Zeigefinger parallel aneinander anlegen, aber die Mittelfinger sind dann einander entgegen gesetzt. Die Übergangsmatrix zwischen den beiden Handbasen ist

ihre Determinante ist negativ. Die rechte und die linke Hand repräsentieren wieder unterschiedliche Orientierungen von Raumbasen.

Wir kommen nun zur allgemeinen Definition einer Orientierung. Im Folgenden ist es wichtig, dass man unter einer Basis nicht die Menge der Basisvektoren , sondern das geordnete Tupel der Basisvektoren versteht.


Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum. Man nennt zwei Basen und orientierungsgleich, wenn die Determinante ihrer Übergangsmatrix positiv ist.

Diese Relation zwischen Basen ist eine Äquivalenzrelation, und zwar eine, bei der es nur zwei Äquivalenzklassen (genannt Orientierungen oder Orientierungsklassen) gibt (außer beim Nullraum).


Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum. Eine Orientierung auf ist eine Äquivalenzklasse von Basen von unter der Äquivalenzrelation, orientierungsgleich zu sein.[1]

Es ist einfach, zu bestimmen, ob zwei Basen die gleiche oder die entgegengesetzte Orientierung besitzen, es macht aber keinen Sinn, die einzelnen Orientierungen zu benennen.

Viele Objekte aus Natur und Technik machen deutlich, dass es zwei verschiedene Orientierungen gibt. Es ist einfach, bei gleichartigen Objekten wie Federn die mit der gleichen und die mit der entgegengesetzten Orientierung zu erkennen.
Die Benennung der beiden Orientierungen und welchen mathematischen (durch eine Basis repräsentierten) Orientierungen sie entsprechen ist eine Frage der Konvention.

Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum. Er heißt orientiert, wenn auf ihm eine Orientierung erklärt ist.

Ein Vektorraum wird dadurch orientiert, indem man beispielsweise sagt, dass die Orientierung tragen möge, die durch die Basis repräsentiert wird. Der Standardraum trägt, wenn nichts anderes gesagt wird, die sogenannte Standardorientierung, die durch die Standardbasis repräsentiert wird. Die Standardorientierung von wird durch die und jede positive Zahl repräsentiert, die Standardorientierung des entpricht, wenn man wie üblich den ersten Standardvektor nach rechts und den zweiten Standardvektor dazu senkrecht nach oben zeichnet, der Bewegung gegen den Uhrzeigersinn. Im Raum entspricht die Standardorientierung der rechten Hand, wenn man den Raum mit der ersten Achse nach rechts, der zweiten Achse nach hinten und der dritten Achse nach oben positiv ausrichtet. Die rechte Hand liefert eine menschlich-natürliche Orientierung des Anschauungsraumes und die Standardorientierung liefert eine Orientierung auf dem , beides hat erstmal nichts miteinander zu tun, da es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, ein Koordinatensystem aufzustellen. Das eben angesprochene Koordinatensystem beruht auf einer Konvention.

Auf einem beliebigen reellen Vektorraum gibt es keine kanonische Möglichkeit, eine Orientierung auszuzeichnen. Es gibt zwar zu jedem reellen endlichdimensionalen Vektorraum eine bijektive lineare Abbildung

und dabei wird die Standardbasis auf eine Basis von abgebildet, allerdings hängen diese Bildbasen und ihre Orientierungsklasse vom gewählten ab. Es ist nicht möglich, auf jedem eine Orientierung in kanonischer Weise festzulegen.

Unter einer Orientierung auf einem reellen affinen Raum versteht man eine Orientierung auf dem zugrunde liegenden reellen Vektorraum.


Es seien und zwei endlichdimensionale orientierte reelle Vektorräume. Eine bijektive lineare Abbildung

heißt orientierungstreu, wenn für jede Basis , die die Orientierung auf repräsentiert, die Bildvektoren die Orientierung auf repräsentieren.

Es genügt, diese Eigenschaft für eine einzige, die Orientierung repräsentierende Basis nachzuweisen, siehe Aufgabe 49.11. Bei einem Automorphismus kann man direkt von orientierungstreu sprechen, ohne zuvor eine Orientierung auszuzeichen. Orientierungstreu liegt vor, wenn jede Basis zu ihrer Bildbasis orientierungsgleich ist. Dies kann man einfach mit der folgenden Beobachtung überprüfen.


Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum und eine bijektive lineare Abbildung.

Dann ist genau dann orientierungstreu, wenn die Determinante von positiv ist.

Es sei eine Basis von . Wegen der Bijektivität von bilden auch die Bilder

eine Basis von . Es sei

sodass

die beschreibende Matrix der Abbildung bezüglich der Basis ist. Diese Matrix ist auch die Basiswechselmatrix . Die Positivität der Determinante dieser Übergangsmatrix bedeutet nach Definition, dass die beiden Basen die gleiche Orientierung repräsentieren.


Wenn auf ein Skalarprodukt ausgezeichnet und eine Isometrie ist, so bedeutet positive Determinante nach Lemma 33.13 einfach, dass die Determinante gleich ist. In diesem Zusammenhang stimmt also orientierungsgleich und eigentlich überein.



Symmetrien
Eine Qualle (Nesseltier) ist ein typisches radialsymmetrisches Tier. Es gibt ein vorne und hinten (oder ein oben und unten, jedenfalls eine Schwimmrichtung), was eine Achse fixiert, und um diese Achse kann man das Tier beliebig drehen und heraus kommt das Tier selbst. Diese Drehungen sind eigentliche Symmetrien.
Ein schematisches bilaterales Tier. Es gibt nicht nur vorne (Maul) und hinten, sondern auch oben und unten, was durch die Ausprägung eines Nervenstrangs deutlich wird.
Bei einem Zweiseitentier gibt es eine Spiegelungsebene, an der gespiegelt das Tier auf sich selbst abgebildet wird. Diese Symmetrie ist uneigentlich, lässt sich also nicht real durchführen.
Eine rechtswinkende Winkerkrabbe. Evolutionsbiologisch ein ganz normales Zweiseitentier, bei dem allerdings wegen der verschiedenen Krabbenarme die Spiegelsymmetrie beeinträchtigt ist.

Die wichtigste evolutionäre Aufspaltung im Tierreich (genauer der sogenannten Gewebetiere) betrifft ihre Symmetrie. Es gibt die radialsymmetrischen Tiere wie Quallen und die sogenannten Bilateria oder Zweiseitentiere. Erstere haben nur eine strukturierende Richtung (vorne und hinten), entlang welcher sie differenziert sind. In der zu dieser Richtung oder Achse senkrechten Ebene verfügen sie über keine Ausdifferenzierung, sodass sie um diese Achse beliebig gedreht werden können. Zweitere haben eine weitere strukturierende Richtung, also neben vorne und hinten noch oben und unten, was die Entwicklung von deutlich komplexeren Lebewesen ermöglicht. Die genetische Kodierung der Raumstruktur, die eine solche komplexe Ausdifferenzierung ermöglichte, war eine wichtige Etappe in der Evolution. Eine Folge war die kambrische Explosion.


Es sei eine Teilmenge in einem euklidischen Vektorraum. Eine eigentliche Isometrie

mit heißt eigentliche Symmetrie oder Bewegung von .

Die Menge aller Symmetrien an einem solchen geometrischen Objekt bilden mit der Hintereinanderschaltung eine Gruppe, die (eigentliche) Symmetriegruppe von . Es handelt sich um eine Untergruppe der Gruppe der (eigentlichen) Isometrien des euklidischen Vektorraumes. Wenn hinreichend kompliziert ist, so wird es neben der Identität keine weitere Symmetrie geben. In den Fällen und ist jede Isometrie eine Symmetrie. Die Menge aller Symmetrien unter Einschluss der uneigentlichen Isometrien bilden ebenfalls eine Gruppe. Die eigentlichen sind die physikalisch an einem starren Körper durchführbaren Symmetrien und zugleich die orientierungstreuen Abbildungen.

Wir besprechen als einführendes Beispiel die Symmetrien an einem Würfel.


Wir betrachten einen Würfel mit der Seitenlänge und dem Nullpunkt als Mittelpunkt. Die Eckpunkte sind also

Wir fragen uns, welche Möglichkeiten es gibt, den Würfel in sich selbst zu überführen. Dabei soll der Würfel nicht in irgendeiner Form deformiert werden, es ist nur erlaubt, ihn als Ganzes zu bewegen, und zwar soll die Bewegung wirklich physikalisch durchführbar sein. Man spricht auch von einer (eigentlichen) Bewegung des Würfels. Bei einer solchen Bewegung verändert der Würfelmittelpunkt seine Lage nicht, und es werden Seiten auf Seiten, Kanten auf Kanten und Ecken auf Ecken abgebildet. Ebenso werden Seitenmittelpunkte auf Seitenmittelpunkte abgebildet, und gegenüberliegende Seitenmittelpunkte werden auf gegenüberliegende Seitenmittelpunkte abgebildet. Die Seitenmittelpunkte sind die sechs Punkte

Wenn der Punkt auf den Seitenmittelpunkt abgebildet wird, so wird auf den gegenüberliegenden Punkt, also , abgebildet. Hierbei ist jede Vorgabe von erlaubt, doch dadurch ist die Bewegung noch nicht eindeutig bestimmt. Für den Seitenmittelpunkt gibt es dann noch vier mögliche Bildpunkte (nur und sind ausgeschlossen), da man den Würfel um die durch gegebene Achse um ein Vielfaches von Grad drehen kann. Diese Drehungen entsprechen genau den Möglichkeiten, den Punkt auf einen der vier verbliebenen Seitenmittelpunkte abzubilden. Durch die Wahl des zweiten Seitenmittelpunktes ist die Bewegung dann eindeutig festgelegt. Ist das völlig klar?

Um sich das klar zu machen, sind folgende Beobachtungen sinnvoll.

  1. Bewegungen lassen sich hintereinander ausführen, d.h. wenn man zwei Würfelbewegungen und hat, so ist auch die Hintereinanderausführung , die zuerst und dann durchführt, sinnvoll definiert.
  2. Die identische Bewegung, die nichts bewegt, ist eine Bewegung. Wenn man zu einer beliebigen Bewegung die identische Bewegung davor oder danach durchführt, so ändert das die Bewegung nicht.
  3. Zu einer Bewegung gibt es die entgegengesetzte Bewegung (oder „Rückwärtsbewegung“) , die die Eigenschaft besitzt, dass die Hintereinanderausführungen und einfach die Identität sind.

Mit diesen Beobachtungen kann man sich das oben erwähnte Prinzip folgendermaßen klar machen: angenommen, es gibt zwei Bewegungen und , die beide auf und auf abbilden. Es sei die umgekehrte Bewegung zu . Dann betrachtet man die Gesamtbewegung

Diese Bewegung hat die Eigenschaft, dass auf und dass auf abgebildet wird, da ja den Punkt auf schickt und den Punkt auf zurückschickt (und entsprechend für ). hat also die Eigenschaft, dass sowohl als auch auf sich selbst abgebildet werden, d.h., es handelt sich um Fixpunkte der Bewegung. Dann ist aber bereits die gesamte -Ebene fix. Die einzige physikalisch durchführbare Bewegung des Würfels, die diese Ebene unbewegt lässt, ist aber die identische Bewegung. Daher ist und damit . Man beachte, dass die Spiegelung an der -Ebene die Punkte und vertauscht, doch ist dies eine sogenannte uneigentliche Bewegung, da sie nicht physikalisch durchführbar ist.


Damit ergibt sich, dass es für den Basisvektor sechs mögliche Bildvektoren gibt, für den zweiten Basisvektor noch jeweils vier und dass dadurch die Abbildung eindeutig festgelegt ist. Insgesamt gibt es also Transformationen des Würfels. Am einfachsten beschreibt man die Bewegungen durch eine -Matrix, wobei in den Spalten die Bildvektoren der Basisvektoren stehen. Wenn der erste Basisvektor festgehalten wird, so sind die vier möglichen Bewegungen durch die Matrizen

gegeben. Dies sieht man so: wenn eine Seitenmitte auf sich selbst abgebildet wird, so gilt das auch für die gegenüberliegende Seitenmitte und dann wird die dadurch definierte Achse nicht bewegt. Eine Bewegung, die eine solche Seitenmittelpunktachse fest hält, muss eine Drehung um diese Achse sein, und zwar eine um ein Vielfaches von Grad. Eine solche Drehung ist eine Bewegung in der Ebene (nämlich in der zur festen Achse senkrechten Ebene), und diese Beobachtung führt zu den angegebenen Matrizen.

Eine wichtige Eigenschaft dieser Bewegungen ist, dass es sich um Drehungen des Raumes um eine fixierte Achse handelt. Diese Eigenschaft zeichnet Raumbewegungen nach Satz 34.8 generell aus. Da die eben besprochenen Drehungen Vielfache einer Vierteldrehung sind, folgt, dass wenn man sie jeweils viermal hintereinander durchführt, dann wieder die Identität vorliegt. Bei der Halbdrehung führt natürlich schon die zweifache Ausführung zur Identität. Die Ordnungen dieser Bewegungen im Sinne der Gruppentheorie sind also bzw. .

Wir betrachten nun im Würfelbeispiel die Raumdiagonale , die durch und durch geht. Auch um diese Achse kann man den Würfel drehen, und zwar um Vielfache von Grad. Man mache sich hierzu klar, wie der Würfel aussieht, wenn diese Achse zu einem Punkt im Gesichtsfeld wird. Die Dritteldrehung, die auf schickt, muss auf schicken. Die beiden Dritteldrehungen um diese Raumdiagonale sind daher in Matrixdarstellung durch

gegeben (die natürlich invers zueinander sind). Als letzte Drehmöglichkeit gibt es die Halbdrehung um eine Kantenmittelpunktsachse, als eine Achse, die durch die Kantenmittelpunkte von zwei gegenüber liegenden Kanten gegeben ist.

Die Bewegungen am Würfel kann man dadurch verstehen, indem man untersucht, was eine Bewegung mit den Seitenmittelpunkten macht, wie sie also diese sechs Punkte ineinander überführt, welche sie fest lässt, etc. Eine Bewegung bestimmt dabei stets eine Bijektion dieser Punktmenge in sich selbst, also eine Permutation. Es gibt aber auch andere charakteristische Punkte bzw. allgemeiner geometrische Teilobjekte des Würfels, die bei einer Würfelbewegung ineinander überführt werden, z.B. die Menge der Eckpunkte, die Menge der Kantenmittelpunkte, die Menge der Kanten, die Menge der Seiten, die Menge aller Raumdiagonalen, etc. Jede Bewegung hat auf diesen Objekten eine für sie charakteristische (Aus-)wirkung. Die mathematische Präzisierung dieser Beobachtung führt zum Begriff der Gruppenwirkung und des Gruppenhomomorphismus. Wenn man die Bezeichnung der Ecken vom obigen Bild übernimmt, so haben die oben an zweiter Stelle angeführte Vierteldrehung und die erste Dritteldrehung folgende Wirkung auf den Eckpunkten.


Vierteldrehung um Seitenmittelachse.

Punkt
Bildpunkt


Dritteldrehung um Raumdiagonale

Punkt
Bildpunkt

Wenn man eine Drehachse für eine Raumbewegung gefunden hat, so ist die Bewegung dadurch charakterisiert, wie sie auf der zur Achse senkrechten Ebene wirkt. Von daher ist es zuerst wichtig, die Bewegungen der Ebene mit einem fixierten Punkt zu verstehen.


Wir betrachten den Einheitskreis

Dieser wird bekanntlich durch die trigonometrischen Funktionen parametrisiert. Diese ordnen einem Winkel (bezüglich der -Achse, gegen den Uhrzeigersinn) den zugehörigen Punkt

auf dem Kreisbogen zu. Eine gleichmäßige Unterteilung des Intervalls in gleichgroße Stücke, die durch die Grenzen

gegeben sind, führt zu einer gleichmäßigen Unterteilung des Kreises mit den Eckpunkten

Diese Punkte sind die Eckpunkte eines regelmäßigen -Ecks. Das regelmäßige „Zweieck“ besitzt die Ecken und , das regelmäßige (gleichseitige) Dreieck besitzt die Ecken

das regelmäßige Viereck (Quadrat) besitzt die Ecken

usw. Wir fassen ein solches reguläres -Eck als ein in sich starres Gebilde auf und interessieren uns dafür, wie man es in sich selbst überführen kann. Der Nullpunkt ist der Mittelpunkt (Schwerpunkt) des -Eckes, und bleibt bei einer Bewegung des -Eckes auf sich selbst unverändert. Da eine solche Bewegung die Längen nicht ändert, muss der Punkt auf einen der Eckpunkte abgebildet werden, da nur diese Punkte des -Eckes vom Nullpunkt den Abstand eins besitzen. Da eine Bewegung auch die Winkel nicht verändert, muss der Nachbarpunkt auf einen Nachbarpunkt des Bildpunktes von abgebildet werden. Bei einer eigentlichen (physikalisch in der Ebene!) durchführbaren Bewegung bleibt auch die Reihenfolge (die „Orientierung“) der Ecken erhalten, sodass die einzigen eigentlichen Bewegungen eines regulären -Eckes die Drehungen um ein Vielfaches von sind.

Wenn man auch noch uneigentliche Bewegungen zulässt, so gibt es noch die Spiegelungen an einer Achse, und zwar geht bei gerade die Achse durch zwei gegenüberliegende Eckpunkte oder zwei gegenüberliegende Seitenmittelpunkte, und bei ungerade durch einen Eckpunkt und einen gegenüberliegenden Seitenmittelpunkt.

Es sei fixiert, und setze und sei die Drehung des -Eckes um gegen den Uhrzeigersinn. Dann kann man jede Drehung am -Eck schreiben als mit einem eindeutig bestimmten zwischen und . Dabei ist die Nulldrehung (die identische Bewegung), bei der nichts bewegt wird. Wenn man -mal ausführt, so hat man physikalisch gesehen eine volle Umdrehung durchgeführt. Vom Ergebnis her stimmt das aber mit der Nulldrehung überein. Allgemeiner gilt, dass wenn man -mal ausführt, dass dann das Endergebnis (also die effektive Bewegung) nur vom Rest abhängt. Die inverse Bewegung zu ist , also -mal wieder zurück, oder gleichbedeutend . Alle Drehungen an einem regelmäßigen -Eck bilden eine zyklische Gruppe der Ordnung .




Fußnoten
  1. Bei einem -dimensionalen Vektorraum, also dem Nullraum, gibt es nur die leere Basis. Es ist aber dennoch sinnvoll, von zwei Orientierungen auf dem Nullraum zu sprechen, die wir durch und repräsentieren.