Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2011-2012)/Teil II/Vorlesung 55/latex

\setcounter{section}{55}






\zwischenueberschrift{Volumenberechnungen}

Ein $n$-dimensionaler \zusatzklammer {achsenparalleler} {} {} Quader
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{Q }
{ =} { [a_1,b_1] \times [a_2,b_2] \times \cdots \times [a_n,b_n] }
{ \subseteq} { \R^n }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} hat nach Definition das $n$-dimensionale Volumen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n(Q) }
{ =} { (b_1-a_1) (b_2-a_2) \cdots (b_n-a_n) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} handelt es sich um die Streckenlänge, bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} um den Flächeninhalt eines Rechtecks, bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{3 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} um das Volumen eines Quaders. Im Rahmen der Maßtheorie versucht man \anfuehrung{möglichst vielen}{} Teilmengen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein sinnvolles Volumen \zusatzklammer {ein Maß} {} {,} geschrieben
\mathdisp {\lambda^n(T)} { , }
zuzuordnen. Dies ist eine recht aufwändige Theorie, von der wir hier nur einige Prinzipien, Ergebnisse und Berechnungsansätze vorstellen können. Wir beschränken uns auf \definitionsverweis {kompakte}{}{,} also \definitionsverweis {abgeschlossene}{}{} und \definitionsverweis {beschränkte}{}{} Teilmengen des $\R^n$ \zusatzklammer {diese stellen wir uns als einen \anfuehrung{starren Körper}{} vor} {} {.} Für den Subgraphen zu einer Funktion, also die Menge \zusatzklammer {die in der Tat beschränkt und abgeschlossen ist} {} {}
\mathdisp {{ \left\{ (x,y) \mid 0 \leq y \leq f(x) , \, a \leq x \leq b \right\} }} { }
zu einer stetigen Funktion \maabbdisp {f} {[a,b]} {\R_{\geq 0} } {} haben wir schon verwendet, dass der Flächeninhalt durch das bestimmte Integral der Funktion berechnet werden kann. Integration ist das wichtigste Hilfsmittel zur numerischen Bestimmung von allgemeinen Volumina.

Wir besprechen nun einige wichtige Prinzipien von Volumina.






\zwischenueberschrift{Überpflasterungseigenschaften}

Integrierbare Funktionen hatten wir über Ober- und Untersummen eingeführt. Für eine beliebige \zusatzklammer {kompakte} {} {} Teilmenge $T$ kann man das Volumen ebenfalls über Obersummen berechnen, wobei man Überpflasterungen von $T$ mit einer Familie von \zusatzklammer {achsenparallelen} {} {} Quadern
\mathbed {Q_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} betrachtet.




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Teilmenge. Eine Familie von \zusatzklammer {achsenparallelen} {} {} \definitionsverweis {Quadern}{}{}
\mathbed {Q_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \bigcup_{i \in I} Q_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man eine \definitionswort {Quader-Überpflasterung}{} von $T$.

}

Zu einer endlichen Überpflasterung \zusatzklammer {bei der also die Indexmenge $I$ endlich ist} {} {} nennt man die Summe
\mathl{\sum_{i \in I} \lambda^n(Q_i)}{} die \stichwort {Quadersumme} {} \zusatzklammer {oder \stichwort {Quadervolumensumme} {} oder \stichwort {Gesamtvolumensumme} {}} {} {} der Überpflasterung. Eine wichtige Charakterisierung des Volumens einer kompakten Teilmenge ist, dass sie gleich dem \definitionsverweis {Infimum}{}{} über alle Quadersummen von Überpflasterungen ist.


\inputfakt{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Endliche Überpflasterung/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist das $n$-\definitionsverweis {dimensionale Volumen}{}{} von $T$ gleich dem \definitionsverweis {Infimum}{}{} über die Volumensumme aller endlichen \definitionsverweis {Quader-Überpflasterungen}{}{}
\mathbed {Q_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} von $T$, also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n(T) }
{ =} { \operatorname{inf} { \left\{ \sum_{i \in I} \lambda^n(Q_i) \mid T \subseteq \bigcup_{i \in I} Q_i \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}

Man könnte insbesondere die rechte Seite, also das Infimum über die Quadervolumensummen von Überpflasterungen, als Definition des Volumens ansetzen. Die Aussage gilt auch, wenn man mit beliebigen Quadern statt nur mit achsenparallelen Quadern arbeitet. Die Infimumseigenschaft bedeutet insbesondere, dass es zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Überpflasterung
\mathbed {Q_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\sum_{i \in I} \lambda^n(Q_i) - \epsilon }
{ \leq} {\lambda^n(T) }
{ \leq} { \sum_{i \in I} \lambda^n(Q_i) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt, das wahre Volumen wird also beliebig genau durch Quadervolumensummen approximiert. 






\inputbemerkung
{}
{

Eine \definitionsverweis {abgeschlossene}{}{,} aber nicht beschränkte Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wird nicht durch endlich viele Quader überpflastert. Diese Mengen haben aber dennoch ein sinnvolles Volumen \zusatzklammer {das unendlich sein kann} {} {} und es gilt auch eine entsprechende Aussage zu Satz 55.2, wobei man allerdings als Indexmenge die natürlichen Zahlen zulassen muss. Zu einer Überpflasterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \bigcup_{i \in \N} Q_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} muss man
\mathl{\sum_{i \in \N} \lambda^n(Q_i)}{} als \definitionsverweis {Reihe}{}{} von nichtnegativen Zahlen interpretieren. Da wir uns für das Infimum interessieren, sind hierbei nur die konvergenten Reihen relevant \zusatzklammer {wenn es keine Überpflasterung mit endlicher Volumensumme gibt, so besitzt die Teilmenge das Volumen $\infty$} {} {.} Diese Betrachtung ist beispielsweise dann nötig, wenn man \definitionsverweis {uneigentliche Integrale}{}{} als Flächeninhalt eines \zusatzklammer {unbeschränkten} {} {} Subgraphen verstehen möchte.

}

Wir erwähnen einige weitere wichtige Eigenschaften des Volumens. Diese Eigenschaften werden natürlich von einer sinnvollen Volumentheorie erwartet, ihr Nachweis kann aber im einzelnen schwierig sein.




\inputfaktbeweis
{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Monotonie und endliche Vereinigung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Für \definitionsverweis {kompakte Teilmengen}{}{} \mathkor {} {T_1} {und} {T_2} {} in $\R^n$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T_1 }
{ \subseteq }{ T_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n(T_1) }
{ \leq} { \lambda^n(T_2) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }{Für kompakte Teilmengen
\mathl{T_i}{} \zusatzklammer {$I$ endlich} {} {} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^{n} (\bigcup_{i \in I} T_i) }
{ \leq} { \sum_{i \in I} \lambda^n(T_i) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }{Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \bigcup_{i \in I} T_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit kompakten Teilmengen
\mathl{T,T_i}{} \zusatzklammer {$I$ endlich} {} {} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^{n} (T) }
{ \leq} { \sum_{i \in I} \lambda^n(T_i) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir argumentieren über die Überpflasterungseigenschaft im Sinne von Satz 55.2. Die Eigenschaft (1) ist klar, da eine \definitionsverweis {Quaderüberpflasterung}{}{} der größeren Menge insbesondere eine Überpflasterung der kleineren Menge ist.

Zum Beweis von (2) können wir uns auf zwei kompakte Teilmengen \mathkor {} {S} {und} {T} {} beschränken. Nehmen wir an, dass die Aussage nicht stimmt, sei also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n (S \cup T) }
{ >} { \lambda^n(S) + \lambda^n(T) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Differenz. Wir können das Volumen von $S$ durch eine Quaderüberpflasterung
\mathbed {Q_i} {}
{i \in I} {}
{} {} {} {,} bis auf einen Fehler $\leq { \frac{ \epsilon }{ 3 } }$ und ebenso das Volumen von $T$ durch eine Quaderüberpflasterung
\mathbed {P_j} {}
{j \in J} {}
{} {} {} {,} bis auf einen Fehler $\leq { \frac{ \epsilon }{ 3 } }$ approximieren. Die Vereinigung der beiden Quaderüberpflasterungen ist eine Quaderüberpflasterung von
\mathl{S \cup T}{} mit einem Fehler von maximal ${ \frac{ 2 \epsilon }{ 3 } }$. Das ergibt einen Widerspruch.

(3) folgt direkt aus (1) und (2).

}





\inputfaktbeweis
{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Disjunkte Vereinigung/Formel aus Überpflasterung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {T_1} {und} {T_2} {} \definitionsverweis {disjunkte}{}{} \definitionsverweis {kompakte Teilmengen}{}{} im $\R^n$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\lambda^n (T_1 \cup T_2) }
{ =} { \lambda^n(T_1) + \lambda^n (T_2) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Abschätzung $\leq$ folgt aus Lemma 55.4  (2).

Für die andere Abschätzung sei eine Überpflasterung von
\mathl{T_1 \cup T_2}{} gegeben. Aufgrund der Disjunktheit und der Kompaktheit gibt es einen positiven Abstand zwischen den beiden Mengen, d.h. es gibt ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d(P_1,P_2) }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle \mathkor {} {P_1 \in T_1} {,} {P_2 \in T_2} {,} ist. Einen Quader aus der Überpflasterung, der beide Teilmengen schneidet, kann man dann in endlich viele Quader unterteilen, sodass diese zu \zusatzklammer {mindestens} {} {} einer der beiden Mengen disjunkt sind. So erreicht man eine Verfeinerung der Überpflasterung mit der gleichen Quadervolumensumme, deren Quader jeweils nur eine Teilmenge treffen. Daher ist die Volumensumme dieser Überpflasterung gleich der Summe der Volumensumme der beiden Teilüberpflasterungen und damit mindestens so groß wie
\mathl{\lambda^n(T_1) + \lambda^n (T_2)}{.}

}





\inputfakt{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Produktmenge/Formel aus Überpflasterung/Fakt}{Lemma}{} {

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {T_1 \subseteq \R^n} {und} {T_2 \subseteq \R^m} {} \definitionsverweis {kompakte Teilmengen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für die \definitionsverweis {Produktmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T_1 \times T_2 }
{ \subseteq }{ \R^n \times \R^m }
{ = }{ \R^{n+m} }
{ }{ }
{ }{}
} {}{}{} die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^{n+m} (T_1 \times T_2) }
{ =} { \lambda^n(T_1) \cdot \lambda^m (T_2) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}

Eine typische Produktmenge ist ein \stichwort {Zylinder} {,} also das Produkt aus einer Grundmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{B }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und einer Stecke, also einem Intervall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Sein Volumen ist das Produkt aus dem Volumen der Grundmenge und der Streckenlänge.




\inputfakt{R^n/Kompakte Teilmenge/In echtem Unterraum/Null/Fakt}{Lemma}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subset }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Untervektorraum}{}{} der \definitionsverweis {Dimension}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ < }{n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \lambda^n(T) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}

Man beachte, dass dies eine Aussage über das $n$-dimensionale Volumen ist, nicht über das $k$-dimensionale Volumen als Teilmenge in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \cong }{ \R^k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Insbesondere besitzen einzelne Punkte im
\mathbed {\R^n} {}
{n\geq 1} {}
{} {} {} {,} das Volumen $0$. Da sich jede Teilmenge aus seinen Einzelpunkten zusammensetzt, kann die obige Vereinigungsregel nicht für beliebige Vereinigungen gelten, d.h. die Gleichungskette
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n (T) }
{ =} { \lambda^n { \left( \bigcup_{P \in T} \{P\} \right) } }
{ =} { \sum_{P \in T} \lambda^n (\{P\}) }
{ =} { \sum_{P \in T} 0 }
{ =} { 0 }
} {}{}{} ist falsch \zusatzklammer {andernfalls hätte jede Teilmenge das Volumen $0$} {} {.} Teilmengen, deren Volumen $0$ ist, nennt man \stichwort {Nullmenge} {.}






\zwischenueberschrift{Volumina und lineare Abbildungen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Translation illustration.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Translation illustration.svg } {} {Oleg Alexandrov} {Commons} {gemeinfrei} {}

Eine weitere wichtige Eigenschaft der Maßtheorie ist die \stichwort {Translationsinvarianz} {.} Für eine beliebige Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in einem Vektorraum $V$ und einen Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T+v }
{ =} { { \left\{ x+v \mid x \in T \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die um $v$ \stichwort {verschobene Menge} {.}

\inputfaktbeweis
{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Translationsinvarianz/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n(T+v) }
{ =} { \lambda^n(T) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{Dies folgt direkt aus der Überpflasterungseigenschaft, da beliebige Quader-Überpflasterungen mitverschoben werden können und so über die gleiche Menge das Infimum gebildet wird.}


Für lineare Abbildungen gilt die folgende Beziehung zwischen dem Volumen einer Teilmenge und dem Volumen ihres Bildes.

\inputfaktbeweis
{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Lineare Abbildung/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{} und \maabbeledisp {\varphi} {\R^n} {\R^n } {x} {\varphi(x) } {,} eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\lambda^n(\varphi(T)) }
{ =} { \betrag { \det \varphi } \cdot \lambda^n(T) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{Dies folgt u.A. aus der multiplikativen Zerlegung einer Matrix in Elementarmatrizen und eine Diagonalmatrix und aus dem Determinantenmultiplikationssatz.}


\inputfaktbeweis
{Kompakte Teilmenge/Linearer Endomorphismus/Lineare Transformationsformel/Streckung/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Bei einer \definitionsverweis {Streckung}{}{} \maabbeledisp {\varphi} {\R^n} {\R^n } {v} { av } {,} um den \definitionsverweis {Streckungsfaktor}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt für jede \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}}
\faktfolgerung {die Formel
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n( \varphi(T) ) }
{ =} { \betrag { a }^n \cdot \lambda^n(T) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{Dies ist ein Spezialfall von

Satz 55.9}





\inputbeispiel{}
{

Den Flächeninhalt des Einheitskreises haben wir in Beispiel 25.10 über ein Integral als $\pi$ bestimmt. Unter der durch die Matrix
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{ \begin{pmatrix} a & 0 \\ 0 & b \end{pmatrix} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegebenen \definitionsverweis {linearen Abbildung}{}{} wird die Einheitskreisscheibe
\mathl{{ \left\{ (x,y) \mid x^2+y^2 \leq 1 \right\} }}{} auf
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ { \left\{ (ax,by) \mid x^2+y^2 \leq 1 \right\} } }
{ =} { { \left\{ (u,v) \mid \frac{1}{a^2} u^2+ \frac{1}{b^2} v^2 \leq 1 \right\} } }
{ =} { { \left\{ (u,v) \mid b^2 u^2+ a^2 v^2 \leq a^2b^2 \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} abgebildet. Das Bild ist eine \zusatzklammer {achsenparallele} {} {} Ellipsenscheibe. Ihr Flächeninhalt ist nach Satz 55.9 gleich
\mathl{\pi ab}{.}


}






\zwischenueberschrift{Das Cavalieri-Prinzip}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Cavalieris_principle.svg} }
\end{center}
\bildtext {Das Cavalieri-Prinzip} }

\bildlizenz { Cavalieriho princip.svg } {} {Anton} {de Wikipedia} {CC-by-sa 3.0} {}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Bonaventura_Cavalieri.jpeg} }
\end{center}
\bildtext {Bonaventura Cavalieri (1598-1647)} }

\bildlizenz { Bonaventura Cavalieri.jpeg } {} {Gene.arboit} {Commons} {PD} {}

Für Berechnungen ist das \stichwort {Cavalieri-Prinzip} {} entscheidend. Mit ihm wird die Berechnung eines $n$-dimensionalen Volumens auf die Integration des
\mathl{(n-1)}{-}dimensionalen Volumens des Querschnitts des Körpers $T$ zurückgeführt. Zu einer Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq} { [a,b] \times \R^{n-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und einem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T(x) }
{ = }{ { \left( \{x\} \times \R^{n-1} \right) } \cap T }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den \stichwort {Querschnitt} {} von $T$ durch $x$. Der Querschnitt zu kompaktem $T$ ist eine kompakte Teilmenge des
\mathl{\R^{n-1}}{} und besitzt somit ein
\mathl{(n-1)}{-}dimensionales Volumen, das mit $x$ variiert.


\inputfakt{R^n/Kompakte Teilmenge/Volumen/Cavalieri/Stetige Querschnitte/Integration/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{[a,b] \times \R^{n-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {kompakte Teilmenge}{}{}}
\faktvoraussetzung {und es sei vorausgesetzt, dass die Funktion \maabbeledisp {h} {[a,b]} {\R } {x} { h(x) = \lambda^{n-1} { \left( x \times \R^{n-1} \cap T \right) } } {} \definitionsverweis {stetig}{}{} ist.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^n(T) }
{ =} { \int_{ a }^{ b } h ( x) \, d x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}




\inputbeispiel{}
{

Wir wollen das Volumen einer dreidimensionalen abgeschlossenen Kugel vom Radius $r$ berechnen, also von
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ B(r) }
{ =} { { \left\{ x \in \R^3 \mid \Vert {x} \Vert \leq r \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wegen Satz 55.9 gilt dabei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \lambda^3 (B(r)) }
{ = }{ r^3 \lambda^3 ( B(1)) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} d.h. es geht im Wesentlichen darum, das Volumen der Einheitskugel auszurechnen.

Für jedes fixierte
\mathbed {u} {}
{-1 \leq u \leq 1} {}
{} {} {} {,} kann man den Querschnitt als
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ T( u) }
{ =} { { \left\{ (x_1 ,x_2, x_3) \in B(1) \mid x_{3} = u \right\} } }
{ =} { { \left\{ (x_1 , x_{2}) \in \R^{2} \mid x_1^2 + x_{2}^2 \leq 1 -u^2 \right\} } }
{ } { }
{ } {}
} {} {}{} schreiben, d.h. als eine Kreisfläche vom Radius
\mathl{\sqrt{ 1-u^2 }}{.} Aufgrund des Cavalieri-Prinzips ist daher
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \lambda^{3} (B (1)) }
{ =} { \int_{ -1 }^{ 1 } \lambda^{2} { \left( B_{2} { \left( \sqrt{1-u^2} \right) } \right) } \, d h }
{ =} { \pi \int_{ -1 }^{ 1 } 1-u^2 \, d u }
{ =} { \pi { \left( u - { \frac{ 1 }{ 3 } } u^3 \right) } | _{ -1 } ^{ 1 } }
{ =} { \pi { \left( 1- { \frac{ 1 }{ 3 } } - { \left( -1 + { \frac{ 1 }{ 3 } } \right) } \right) } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \pi { \frac{ 4 }{ 3 } } }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}


}






\zwischenueberschrift{Rotationsmengen und Kegel}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Integral_apl_rot_objem3.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Integral apl rot objem3.svg } {} {Pajs} {cs Wikipedia} {PD} {}




\inputdefinition
{}
{

Zu einer Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{ \R \times \R_{\geq 0} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man
\mathdisp {{ \left\{ (x, y \cos \alpha, y \sin \alpha ) \in \R^3 \mid (x,y) \in T , \, \alpha \in [0, 2 \pi] \right\} }} { }
die zugehörige \definitionswort {Rotationsmenge}{} \zusatzklammer {um die $x$-Achse} {} {.}

}

Zu einer Funktion \maabbdisp {f} {[a,b]} { \R_{\geq 0} } {} nennt man die Rotationsmenge \zusatzklammer {oder Rotationskörper} {} {} zum Subgraphen zu $f$ auch den Rotationskörper zu $f$.





\inputfaktbeweis
{Subgraph/Stetig/Zugehörige Rotationsmenge/Volumen/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabbeledisp {f} {[a,b]} {\R_{\geq 0} } {t} {f(t) } {,} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{ \R^3 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der \definitionsverweis {Rotationskörper}{}{} zu $f$ um die $x$-Achse.}
\faktfolgerung {Dann besitzt $K$ das Volumen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^3(K) }
{ =} { \pi \cdot \int_{ a }^{ b } f(t)^2 \, d t }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Querschnittsfläche zu $t$ ist ein Kreis mit Radius
\mathl{f(t)}{,} dessen Flächeninhalt ist
\mathl{\pi f(t)^2}{} nach Beispiel 25.10. Somit folgt die Aussage aus dem Cavalieri-Prinzip.

}







\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Coneirr3.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Coneirr3.svg } {} {Mpfiz} {Commons} {PD} {}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{B }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ = }{ \R^n \times 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ \R^{n+1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt. Dann nennt man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K_B }
{ =} { { \left\{ P+t(Q-P) \mid Q \in B , \, t \in [0,1] \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {Kegel}{} zur Basis $B$ mit der Spitze $P$.

}





\inputfaktbeweis
{Kegel/Über kompakter Basis/Maßformel/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{B }
{ \subseteq }{ \R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {kompakt}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ \R^{n+1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und $K_B$ der zugehörige \definitionsverweis {Kegel}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h }
{ = }{ P_{n+1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die letzte Koordinate von $P$.}
\faktfolgerung {Dann ist $K_B$ ebenfalls kompakt, und es gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \lambda^{n+1} { \left( K_B \right) } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ n+1 } } \lambda^{n} (B) \cdot \betrag { h } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Der Durchschnitt von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ = }{ K_B }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit der durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x_{n+1} }
{ = }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} $u$ zwischen \mathkor {} {0} {und} {h} {,} gegebenen \definitionsverweis {Hyperebene}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K(u) }
{ =} { { \left\{ (x_1 , \ldots , x_n,u ) \mid (x_1 , \ldots , x_n, u ) \in K_B \right\} } }
{ =} { { \left\{ P+ { \frac{ (h-u) }{ h } } (Q-P) \mid Q \in B \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wegen der Translationsinvarianz und Korollar 55.10 ist dessen Volumen gleich
\mathl{\betrag { { \frac{ h-u }{ h } } }^n \lambda^n(B)}{.} Nach dem Cavalieri-Prinzip ist also \zusatzklammer {mit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{s }
{ = }{h-u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {}
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \lambda^{n+1} (K_B) }
{ =} { \int_{ 0 }^{ \betrag { h } } \lambda^n(K(s)) \, d s }
{ =} { \int_{ 0 }^{ \betrag { h } } \lambda^n(B) \cdot { \left( { \frac{ s }{ \betrag { h } } } \right) } ^n \, d s }
{ =} { \lambda^n(B) \cdot { \frac{ 1 }{ \betrag { h } ^n } } \cdot \int_{ 0 }^{ \betrag { h } } s^n \, d s }
{ =} { \lambda^n(B) \cdot { \frac{ 1 }{ \betrag { h }^n } } \cdot { \frac{ 1 }{ n+1 } } \betrag { h }^{n+1} }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \lambda^n(B) \cdot { \frac{ 1 }{ n+1 } } \cdot \betrag { h } }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}

}



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