Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 14/latex
\setcounter{section}{14}
\zwischenueberschrift{Das Jacobiideal und die Milnorzahl}
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\mathl{F \in K[X_1 , \ldots , X_n ]}{} ein Polynom $\neq 0$. Man nennt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{J_F
}
{ \defeq} { { \left( \partial_1 F , \ldots , \partial_n F \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
das
\definitionswort {Jacobiideal}{}
von $F$.
}
Das Jacobiideal ist ein Ideal im Polynomring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n ]}{.} Für einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ = }{ \left( a_1 , \, \ldots , \, a_n \right)
}
{ \in }{ V
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
betrachtet man das Jacobiideal auch in der Lokalisierung
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n ]_{ { \left( X_1-a_1 , \ldots , X_n-a_n \right) } }}{.} Da wir an lokalen Eigenschaften interessiert sind, ist diese Interpretation wichtiger.
\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Jacobiideal/Einheitsideal/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mathl{F \in K[X_1 , \ldots , X_n ]}{} ein Polynom $\neq 0$ und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V
}
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die zugehörige
\definitionsverweis {Hyperfläche}{}{}
und
\mathl{P \in V}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist das
\definitionsverweis {Jacobiideal}{}{}
$J_F$ im lokalen Ring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n ]_{ {\mathfrak m}_P }}{} genau dann das
\definitionsverweis {Einheitsideal}{}{,}
wenn $P$ ein
\definitionsverweis {glatter Punkt}{}{}
der Hyperfläche ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die Glattheit bedeutet im Fall eines Polynoms nach der Definition einfach, dass die partiellen Ableitungen im Punkt $P$ insgesamt eine surjektive Abbildung
\maabbdisp {\left( (\partial_1F)(P) , \, \ldots , \, (\partial_1F)(P) \right)} { K^n} {K
} {}
definieren. Dies ist genau dann der Fall, wenn mindestens ein Eintrag $\neq 0$ ist. Im lokalen Ring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_{ {\mathfrak m}_P}}{} bedeutet dies, dass nicht alle partiellen Ableitungen im maximalen Ideal
\mathl{{\mathfrak m}_P}{} enthalten sind, was genau dann der Fall ist, wenn sie das Einheitsideal erzeugen.
\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {John Milnor.jpg} }
\end{center}
\bildtext {John Milnor} }
\bildlizenz { John Milnor.jpg } {Gert-Martin Greuel} {} {Commons} {CC-by-sa 2.0} {}
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\mathl{F \in K[X_1 , \ldots , X_n ]}{} ein Polynom $\neq 0$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V
}
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die zugehörige
\definitionsverweis {Hyperfläche}{}{}
und
\mathl{P \in V}{} ein Punkt. Man nennt die
$K$-\definitionsverweis {Dimension}{}{}
des
\definitionsverweis {Restklassenringes}{}{}
\mathl{K[ X_1 , \ldots , X_n ]_{ {\mathfrak m}_P }/J_{F,P}}{} die
\definitionswort {Milnorzahl}{}
im Punkt $P$.
}
Aufgrund von Lemma 14.2 ist $P$ genau dann ein glatter Punkt der Hyperfläche, wenn seine Milnorzahl gleich $0$ ist. Insofern ist die Milnorzahl ein sinnvolles Singularitätsmaß.
Häufig kann man die Milnorzahl auch direkt als Dimension der Restklassenalgebra des Polynomrings ausrechnen und muss nicht in der Lokalisierung arbeiten. Dies beruht auf dem folgenden algemeinen Resultat.
\inputfaktbeweis
{Kommutativer Ring/Ideal/Maximales Ideal/Radikal/Restklassenring/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Ideal}{}{,}
das als
\definitionsverweis {Radikal}{}{}
mit dem
\definitionsverweis {maximalen Ideal}{}{}
${\mathfrak m}$ übereinstimmt.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R/I
}
{ \cong} { R_{\mathfrak m}/IR_{\mathfrak m}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir haben ein kommutatives Diagramm
\mathdisp {\begin{matrix} R & \stackrel{ }{\longrightarrow} & R_{\mathfrak m} & \\ \downarrow & & \downarrow & \\ R/I & \stackrel{ }{\longrightarrow} & R_{\mathfrak m}/IR_{\mathfrak m} & \!\!\!\!\! \\ \end{matrix}} { }
von
$R$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismen}{}{.}
Ein Element
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f
}
{ \notin} { {\mathfrak m}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
ist ein
\definitionsverweis {Einheit}{}{}
in
\mathl{R/I}{.} Es gibt nämlich oberhalb von
\mathl{I+(f)}{} kein maximales Ideal, da es oberhalb von $I$ nur ${\mathfrak m}$ gibt, und somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I+(f)
}
{ = }{R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Daher gibt es
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b
}
{ \in }{R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a+bf
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
was wiederum
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{bf
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in $R/I$ bedeutet. Somit gibt es
nach Lemma Anhang 1.5
auch einen natürlichen $R$-Algebrahomomorphismus
\maabbdisp {} { R_{\mathfrak m} } { R/I
} {.}
Daraus ergibt sich auch ein Algebrahomomorphismus
\maabbdisp {} { R_{\mathfrak m}/I R_{\mathfrak m} } { R/I
} {.}
Die Hintereinanderschaltungen müssen dabei Isomorphismen sein.
\inputfaktbeweis
{Polynomring/Global isolierte Singularität/Globale und lokale Milnoralgebra/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n ]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass $F$ nur einen
\definitionsverweis {kritischen Punkt}{}{}
$P$ besitzt.}
\faktfolgerung {Dann ist die
\definitionsverweis {Milnorzahl}{}{}
gleich der
$K$-\definitionsverweis {Vektorraumdimension}{}{}
von
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n ] /J_F}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Nach Voraussetzung ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ J_F
}
{ \defeq} { { \left( \partial_1 F , \ldots , \partial_n F \right) }
}
{ \subseteq} { {\mathfrak m}_P
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit einem einzigen maximalen Ideal
\mathl{{\mathfrak m}_P}{} zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{K^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Nach
Lemma 14.4
gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R/J_F
}
{ =} { R_{ {\mathfrak m}_P}/ J_F R_{ {\mathfrak m}_P}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und somit stimmt auch die
$K$-\definitionsverweis {Dimension}{}{}
überein.
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die durch ein Polynom der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F
}
{ =} { X^a +Y^b+Z^c
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gegebene Hyperfläche im Nullpunkt
\zusatzklammer {mit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{a,b,c
}
{ \geq }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}} {} {.}
Der Körper sei so, dass die Exponenten in $K$ von $0$ verschieden seien. Das
\definitionsverweis {Jacobiideal}{}{}
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( aX^{a-1}, bY^{b-1}, cZ^{c-1} \right) }
}
{ =} { { \left( X^{a-1}, Y^{b-1}, Z^{c-1} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Im Restklassenring
\zusatzklammer {vergleiche
Lemma 14.5} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K[X,Y,Z]_{(0,0,0)} / { \left( X^{a-1}, Y^{b-1}, Z^{c-1} \right) }
}
{ =} { K[X,Y,Z] / { \left( X^{a-1}, Y^{b-1}, Z^{c-1} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
bilden die Monome
\mathbed {X^iY^jZ^k} {mit}
{0 \leq i \leq a-1,\, 0 \leq j \leq b-1,\, 0 \leq k \leq c-1,\,} {}
{} {} {} {}
eine
$K$-\definitionsverweis {Basis}{}{}
und somit ist die
\definitionsverweis {Milnorzahl}{}{}
dieser Hyperfläche gleich
\mathl{(a-1)(b-1)(c-1)}{.}
}
Die Milnorzahl kann unendlich sein.
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die durch ein Polynom der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F
}
{ =} { X_1 \cdots X_n
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gegebene Hyperfläche im Nullpunkt. Das
\definitionsverweis {Jacobiideal}{}{}
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{J_F
}
{ =} { { \left( X_2 \cdots X_n , X_1 X_3 \cdots X_n , \ldots , X_1 \cdots X_{n-1} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Wir betrachten den Restklassenring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_{(0, \ldots , 0)} / J_F}{.} Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n
}
{ = }{2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist dieser eindimensional und die Milnorzahl ist $1$. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n
}
{ \geq }{3
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
hingegen sind die Monome
\mathdisp {X_1^n,\, n \in \N} { , }
linear unabhängig und daher besitzt der Restklassenring die
$K$-\definitionsverweis {Dimension}{}{}
unendlich. Die
\definitionsverweis {Milnorzahl}{}{}
dieser Hyperfläche ist also unendlich.
}
\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Isolierte Singularität/Milnorzahl/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,}
\mathl{F \in K[X_1 , \ldots , X_n ]}{} ein Polynom $\neq 0$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V
}
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die zugehörige
\definitionsverweis {Hyperfläche}{}{}
und
\mathl{P \in V}{} ein Punkt.}
\faktfolgerung {Dann ist die
\definitionsverweis {Milnorzahl}{}{}
im Punkt $P$ genau dann endlich, wenn $P$ eine
\zusatzklammer {allenfalls} {} {}
isolierte Singularität ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir können direkt annehmen, dass $P$ ein singulärer Punkt der Hyperfläche ist. Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{J_F
}
{ \subseteq} { {\mathfrak m}_P
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
im lokalen Ring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n ]_{ {\mathfrak m}_P }}{.} Wenn $P$ eine isolierte Singularität, so gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g
}
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n ]/(F)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g
}
{ \notin }{ {\mathfrak m}_P
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
in diesem Hyperflächenring derart, dass $P$ der einzige singuläre Punkt in
\mathl{D(g)}{.} ist. Dies bedeutet nach
Lemma 14.2,
dass das Jacobiideal
\mathl{J_F}{} im Ring
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_g}{} nur in dem einzigen maximalen Ideal ${\mathfrak m}_P$ enthalten ist. Dies bedeutet nach
dem Hilbertschen Nullstellensatz,
dass das Radikal des Jacobiideals gleich ${\mathfrak m}_P$ ist. Somit gibt es ein
\mathl{r \in \N}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P^r
}
{ \subseteq} { J_f
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
in
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_g}{.} Dann gibt es einen surjektiven
\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{}
\maabbdisp {} { K[X_1 , \ldots , X_n]_g / {\mathfrak m}_P^r } { K[X_1 , \ldots , X_n]_g / J_F
} {}
und die Endlichkeit links impliziert die Endlichkeit rechts.
Es sei umgekehrt
\mathdisp {K[X_1 , \ldots , X_n]_{ {\mathfrak m}_P } / J_F} { }
endlich als $K$-Vektorraum. Dann hat
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_{ {\mathfrak m}_P } / J_F}{} die
\definitionsverweis {Krulldimension}{}{}
$0$ und in diesem lokalen Ring haben
\mathl{J_F}{} und
\mathl{{\mathfrak m}_P}{} das gleiche Radikal, d.h. es gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P^r
}
{ \subseteq} { J_F
}
{ \subseteq} { {\mathfrak m}_P
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit einem gewissen $r$. Diese Beziehung kann man durch endlich viele Gleichungen ausdrücken, und damit gelten sie auch in
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_g}{} für ein geeignetes $g$, das eine offene Umgebung von $P$ beschreibt. Dies bedeutet wiederum, dass auf
\mathl{D(g)}{} der Punkt $P$ der einzige singuläre Punkt ist.
\inputfaktbeweis
{Polynomring/Lineare Abbildung/Jacobiideal/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {Körper}{}{,}
\maabb {L} {K^n} {K^m
} {}
eine
\definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{}
und
\maabbdisp {L} {K[Y_1 , \ldots ,Y_m ] } { K[X_1 , \ldots , X_n ]
} {}
der zugehörige
$K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{}
der
\definitionsverweis {Polynomringe}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für das
\definitionsverweis {Jacobiideal}{}{}
zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ \in }{ K[Y_1 , \ldots , Y_m ]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ J_{F \circ L}
}
{ =} { L { \left( J_F \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei
\mathl{L { \left( J_F \right) }}{} das
\definitionsverweis {Erweiterungsideal}{}{}
ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die
Kettenregel,
angewendet auf
\mathdisp {K^n \stackrel{L}{\longrightarrow} K^m \stackrel{F}{\longrightarrow} K} { , }
liefert
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left( { \frac{ \partial { \left( F \circ L \right) } }{ \partial X_1 } } , \, \ldots , \, { \frac{ \partial { \left( F \circ L \right) } }{ \partial X_n } } \right)
}
{ =} { \left( { \frac{ \partial F }{ \partial Y_1 } } , \, \ldots , \, { \frac{ \partial F }{ \partial Y_m } } \right) \circ L
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Somit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial { \left( F \circ L \right) } }{ \partial X_i } }
}
{ \in} { { \left( { \frac{ \partial F }{ \partial Y_1 } } \circ L , \ldots , { \frac{ \partial F }{ \partial Y_m } } \circ L \right) }
}
{ =} {L(J_F)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ J_{F \circ L}
}
{ \subseteq} {L(J_F)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
\zwischenueberschrift{Die Hesse-Matrix}
Wir erinnern an die Hesse-Matrix. Deren Definitheitseigenschaften sind im reellen Fall entscheidend, ob in einem kritischen Punkt ein lokales Extrema der Funktion vorliegt oder nicht, siehe Satz 50.2 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)).
\inputdefinition
{}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {Vektorraum}{}{}
über ${\mathbb K}$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G
}
{ \subseteq }{ V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbdisp {f} {G} { {\mathbb K}
} {}
eine zweimal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{.} Es sei eine
\definitionsverweis {Basis}{}{}
\mathbed {v_i} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {,}
von $V$ gegeben mit den zugehörigen
\definitionsverweis {Richtungsableitungen}{}{}
\mathbed {D_i \defeq D_{v_i}} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {.}
Zu
\mathl{P \in G}{} heißt dann die
\definitionsverweis {Matrix}{}{}
\mathdisp {\begin{pmatrix} D_1D_1 f (P) & \cdots & D_1D_{ n } f (P) \\ \vdots & \ddots & \vdots \\ D_{ n } D_1 f (P) & \cdots & D_{ n }D_{ n } f (P) \end{pmatrix}} { }
die \definitionswort {Hesse-Matrix}{} zu $f$ im Punkt $P$ bezüglich der gegebenen Basis.
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {Vektorraum}{}{}
über ${\mathbb K}$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G
}
{ \subseteq }{ V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene Menge}{}{}
und
\maabbdisp {f} {G} { {\mathbb K}
} {}
eine zweimal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare Funktion}{}{.} Es sei eine
\definitionsverweis {Basis}{}{}
\mathbed {v_i} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {,}
von $V$ gegeben mit den zugehörigen
\definitionsverweis {Richtungsableitungen}{}{}
\mathbed {D_i \defeq D_{v_i}} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {.}
Ein
\definitionsverweis {kritischer Punkt}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{ G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
heißt
\definitionswort {nichtausgeartet}{,}
wenn die
\definitionsverweis {Determinante}{}{}
der
\definitionsverweis {Hesse-Matrix}{}{}
\mathdisp {\begin{pmatrix} D_1D_1 f (P) & \cdots & D_1D_{ n } f (P) \\ \vdots & \ddots & \vdots \\ D_{ n } D_1 f (P) & \cdots & D_{ n }D_{ n } f (P) \end{pmatrix}} { }
nicht $0$ ist.
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F
}
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Polynom und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{K^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {kritischer Punkt}{}{}
von $F$. Dann heißt $P$
\definitionswort {nichtausgeartet}{,}
wenn die
\definitionsverweis {Determinante}{}{}
der Matrix
\mathdisp {{ \left( { \frac{ \partial }{ \partial X_i } } { \frac{ \partial F }{ \partial X_j } } (P) \right) }_{1 \leq i,j \leq n}} { }
ungleich $0$ ist.
}
Die folgende Aussage brauchen wir, um Milnorzahl $1$ charakterisieren zu können.
\inputfaktbeweis
{Polynomring/n Polynome/Ableitungen/Differentialmodul/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {Körper}{}{}
und seien
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g_1 , \ldots , g_n
}
{ \in} { { \left( X_1 , \ldots , X_n \right) }
}
{ \subseteq} { K[X_1 , \ldots , X_n ]
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {Polynome}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die
\definitionsverweis {Matrix}{}{}
\mathdisp {{ \left( { \frac{ \partial g_j }{ \partial X_i } } \right) }_{1 \leq i,j \leq n}} { }
genau dann im Nullpunkt
\definitionsverweis {invertierbar}{}{,}
wenn die Idealgleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( g_1 , \ldots , g_n \right) }
}
{ =} { { \left( X_1 , \ldots , X_n \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
in der
\definitionsverweis {Lokalisierung}{}{}
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_{ { \left( X_1 , \ldots , X_n \right) } }}{} gilt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir setzen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R
}
{ = }{K[X_1 , \ldots , X_n]_{ { \left( X_1 , \ldots , X_n \right) } }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}
}
{ = }{ { \left( X_1 , \ldots , X_n \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in $R$. Die Abbildung
\maabbeledisp {} {R} { {\mathfrak m}/{\mathfrak m}^2
} {g} { (g-g(0))
} {}
entspricht über die Identifizierung
\zusatzklammer {siehe
Lemma 13.5} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}/{\mathfrak m}^2
}
{ =} { \Omega_{ R {{|}} K } \otimes_{ R } R/{\mathfrak m}
}
{ \cong} { K^n
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
der Ableitung, die wiederum in den Komponenten wegen
Lemma 12.5
den partiellen Ableitungen von $g$ entsprechen. Somit ist die von
\maabbeledisp {\varphi} {R^n} { {\mathfrak m}
} {e_j} {g_j
} {,}
induzierte Abbildung
\mathdisp {R^n \longrightarrow {\mathfrak m} \longrightarrow {\mathfrak m}/{\mathfrak m}^2 \cong K^n} { }
durch
\mathl{e_j \mapsto \left( { \frac{ \partial g_j }{ \partial X_1 } } (0) , \, \ldots , \, { \frac{ \partial g_j }{ \partial X_1 } } (0) \right)}{} gegeben.
Wenn die Determinante der Matrix ungleich $0$ ist, so ist diese Abbildung surjektiv. Wegen dem Lemma von Nakayama ist dann bereits $\varphi$ surjektiv. Wenn die Determinante gleich $0$ ist, so ist die Gesamtabbildung nicht surjektiv und dann ist auch die vordere Abbildung nicht surjektiv.
\inputfaktbeweis
{Algebraische Hyperfläche/Isolierte Singularität/Hesse-Matrix/Nichtausgeartet/Milnorzahl 1/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $K$ ein
\definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f
}
{ \in }{ K[X_1 , \ldots , X_n]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Polynom und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{K^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {kritischer Punkt}{}{}
von $f$.}
\faktfolgerung {Dann ist $P$ genau dann ein
\definitionsverweis {nichtausgearteter}{}{}
kritischer Punkt, wenn die
\definitionsverweis {partiellen Ableitungen}{}{}
\mathl{\partial_i f}{} in der
\definitionsverweis {Lokalisierung}{}{}
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]_{ {\mathfrak m}_P}}{} das
\definitionsverweis {maximale Ideal}{}{}
erzeugen, wenn also das
\definitionsverweis {Jacobiideal}{}{}
im Punkt $P$ mit dem maximalen Ideal übereinstimmt, und dies ist genau dann der Fall, wenn die
\definitionsverweis {Milnorzahl}{}{}
von $f$ in $P$ gleich $1$ ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wende
Lemma 14.13
auf
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g_j
}
{ \defeq} { { \frac{ \partial f }{ \partial x_j } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
an.