Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 13



Mersenne-Primzahlen



Eine Primzahl der Form heißt Mersennesche Primzahl.

Generell nennt man die Zahl die -te Mersenne-Zahl. Mit dieser Bezeichnung sind die Mersenne-Primzahlen genau diejenigen Mersenne-Zahlen, die Primzahlen sind. Eine Mersenne-Zahl besitzt im Zweiersystem die Ziffernentwicklung . Das ist auch die Anzahl der Spiele in einem im K.-o.-System ausgetragenen Pokalwettbewerb mit Mannschaften.



Ist eine Primzahl, so ist auch eine Primzahl.

Es sei eine Darstellung mit natürlichen Zahlen gegeben. Wir setzen in der polynomialen Identität

und ein und erhalten, dass . Da als prim vorausgesetzt wurde, folgt oder , also oder .


Die Mersenne-Zahl hat im Dualsystem eine Entwicklung, die aus genau Einsen besteht. Die ersten Mersenne-Primzahlen sind

Die Zahl ist die erste Mersenne-Zahl, wo der Exponent zwar prim ist, die aber selbst keine Mersenne-Primzahl ist. Dies wurde 1536 von Hudalrichus Regius (Walter Hermann Ryff) gezeigt. Der nächste Kandidat, nämlich , ist wieder prim. Bis ca. 1950 war bekannt, dass für die Exponenten

Mersenne-Primzahlen vorliegen, und keine weiteren unterhalb des Exponenten . Von verschiedenen Leuten, unter anderem von Cataldi und Mersenne selbst, wurden falsche Behauptungen aufgestellt. Ab ca. 1950 kamen Computer zum Bestimmen von Mersenne-Primzahlen zum Einsatz, und es wurden bisher insgesamt Mersenne-Primzahlen gefunden. Die größte ist

Es ist unbekannt, ob es unendlich viele Mersenne-Primzahlen gibt.

Alle größten bekannten Primzahlen sind Mersenne-Zahlen. Das liegt daran, dass es für diese Zahlen einen vergleichsweise einfachen Primzahltest gibt, nämlich den Lucas-Lehmer-Test. Mit diesem Test wird etwa alle zwei Jahre eine neue größte Primzahl gefunden. Für eine Rekordliste siehe Mersenne-Primzahlen.


Mersenne-Zahlen stehen in direktem Verhältnis zu den vollkommenen Zahlen.



Vollkommene Zahlen

Eine natürliche Zahl heißt vollkommen, wenn sie mit der Summe all ihrer von verschiedenen Teiler übereinstimmt.

Bereits Euklid stellte fest, dass die ersten vier vollkommenen Zahlen sich als

darstellen lassen:

    • Für :
    • Für :
    • Für :
    • Für : .

    Euklid bewies, dass immer dann eine vollkommene Zahl ist, wenn eine Primzahl, also eine Mersenne-Primzahl ist. Euler bewies, dass auf diese Weise alle geraden vollkommenen Zahlen erzeugt werden können. Bevor wir diesen Satz von Euklid-Euler beweisen, brauchen wir eine kleine Vorüberlegung.


    Zu einer natürlichen Zahl bezeichnet man die Summe aller natürlichen Teiler von als , also

    Eine vollkommene Zahl kann man also dadurch charakterisieren, dass ist.



    Zu zwei natürlichen teilerfremden Zahlen und gilt

    Bei zwei teilerfremden Zahlen und hat jeder positive Teiler des Produkts die eindeutige Form , wobei ein Teiler von und ein Teiler von ist. Also gilt


    Damit können wir beweisen.


    Eine gerade Zahl ist genau dann vollkommen, wenn ist mit prim.

    Es sei zunächst mit prim. Dann sind die von verschiedenen Teiler von durch

    gegeben. Daher ist ihre Summe gleich

    also ist vollkommen. Es sei umgekehrt vollkommen. Wir setzen (in Anlehnung an das Ziel) an

    mit ungerade und , da ja gerade ist. Für teilerfremde Zahlen ist nach Lemma 13.6 die Teilersumme gleich dem Produkt der beiden Teilersummen. Daher ist einerseits

    und andererseits wegen der Vollkommenheit . Insgesamt ergibt sich also . Da ungerade ist, gilt

    Die Annahme führt schnell zum Widerspruch, da es dann zumindest die drei verschiedenen Teiler von gibt, was zu

    führt. Also ist und somit . Die Teilersumme einer Zahl ist aber gleich nur dann, wenn eine Primzahl vorliegt.


    Es ist unbekannt, ob es unendlich viele vollkommene Zahlen gibt, da es ja auch unbekannt ist, ob es unendlich viele Mersenne-Primzahlen gibt. Es ist unbekannt, ob es überhaupt auch ungerade vollkommene Zahlen gibt.



    Befreundete Zahlen

    Zwei verschiedene natürliche Zahlen und heißen befreundet, wenn gleich der Summe der echten Teiler von ist und umgekehrt.

    Das klassische Beispiel für ein befreundetes Zahlenpaar ist und . Die Summe der echten Teiler von ist

    und die Summe der echten Teiler von ist

    Zwei verschiedene Zahlen sind genau dann befreundet, wenn

    ist. Der folgende Satz erlaubt es, einige weitere befreundete Zahlenpaare zu finden, aber keineswegs alle. Man spricht von der Regel von Thabit.



    Es sei eine natürliche Zahl und seien , und allesamt Primzahlen. Dann sind

    befreundet.

    Wir berechnen , und . Es ist

    Weiter ist

    Schließlich ist


    Das Paar und ist befreundet, aber nicht über die Regel von Thabit erhältlich.



    Zahlentheoretische Funktionen

    Eine Funktion

    nennt man zahlentheoretische Funktion.

    Eine zahlentheoretische Funktion ist also einfach eine komplexwertige Folge. Im zahlentheoretischen Kontext sind die beiden folgenden Definitionen wichtig.


    Eine zahlentheoretische Funktion

    heißt multiplikativ, wenn für teilerfremde Zahlen stets

    gilt.

    An multiplikativen zahlentheoretischen Funktionen haben wir bisher die eulersche -Funktion, die Teileranzahlfunktion und oben die Teilersummenfunktion kennengelernt.


    Zu zahlentheoretischen Funktionen heißt die durch

    definierte Funktion die Faltung von und .

    Diese Summe kann man auch in der Form

    schreiben. Summiert wird nur über die positiven Teilerpaare, was bei dieser Schreibweise übersehen werden könnte.



    Zu multiplikativen zahlentheoretischen Funktionen

    ist auch die Faltung multiplikativ.

    Es seien multiplikativ und es seien teilerfremde natürliche Zahlen. Zu einer Faktorzerlegung

    gibt es aufgrund der Teilerfremdheit eine eindeutige Aufspaltung und mit und teilerfremd und mit und . Daher ist

    also ist auch multiplikativ.



    Die zahlentheoretische Funktion , die für den Wert und sonst überall den Wert besitzt, wird mit bezeichnet. Sie heißt die Faltungseinheit.


    Die zahlentheoretische Funktion , die überall den Wert besitzt, wird mit bezeichnet.


    Die zahlentheoretische Funktion , die durch

    gegeben ist, heißt Möbius-Funktion.



    Für die Faltung von zahlentheoretischen Funktionen gelten die folgenden Aussagen.

    1. Die Faltung ist eine kommutative und assoziative Verknüpfung.
    2. Die Faltungseinheit ist das neutrale Element der Verküpfung.
    3. Es ist

    Beweis

    Siehe Aufgabe 13.9.


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