Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 23



Die Ordnung an einem Primideal

Zu einem Zahlbereich und einem Primideal ist nach Korollar 22.18 die Lokalisierung ein diskreter Bewertungsring und somit ergibt sich insgesamt eine Abbildung


Es sei ein Zahlbereich, ein Primideal in und , . Dann heißt die Ordnung im diskreten Bewertungsring die Ordnung von am Primideal (oder an der Primstelle oder in ). Sie wird mit bezeichnet.



Es sei ein Zahlbereich und ein Primideal in . Dann hat die Ordnung an , also die Abbildung

folgende Eigenschaften.

  1. .
  2. .
  3. Es ist genau dann, wenn .

(1) und (2) folgen direkt aus Lemma 22.14. Bei (3) ist zu beachten, dass für gilt, dass genau dann gilt, wenn ist. Letzteres bedeutet nämlich, dass mit und ist, also mit . Mit dem Hauptnenner ist dann , woraus folgt. Damit folgt die Behauptung aus Lemma 22.14.



Es sei ein Zahlbereich und , . Dann heißt die Abbildung, die jedem Primideal in die Ordnung zuordnet, der durch definierte Hauptdivisor. Er wird mit bezeichnet und als formale Summe

geschrieben.

Die Ordnung an einem Primideal nennt man in diesem Zusammenhang auch die Verschwindungsordnung. Die Ordnung ist ja genau dann positiv, wenn zum Primideal gehört, und dies ist genau dann der Fall, wenn unter der Abbildung

das Element auf abgebildet wird, also an dieser Stelle verschwindet. Eine höhere Verschwindungsordnung bedeutet, dass nicht nur einfach, sondern mit einer gewissen Vielfachheit verschwindet. Der Hauptdivisor zu notiert also, mit welcher Verschwindungsordnung die Funktion an den verschiedenen Primstellen verschwindet.

Es sei ein faktorieller Zahlbereich. Dann lässt sich der Hauptdivisor zu einem Ringelement , , unmittelbar aus der Primfaktorzerlegung ablesen. Wenn

mit einer Einheit und paarweise nicht assoziierten Primelementen ist, so ist der Hauptdivisor zu gleich

Dies beruht einfach darauf, dass die Ordnung von in der Lokalisierung gleich ist.




Es sei ein Zahlbereich. Dann hat die Abbildung, die einem Ringelement den Hauptdivisor zuordnet, also

folgende Eigenschaften.

Hierbei sind die Operationen rechts punktweise definiert.

Dies folgt direkt aus Lemma 23.2 durch Betrachtung an den einzelnen Primidealen.



Es sei ein Zahlbereich und , .

Dann ist nur für endlich viele Primideale in die Ordnung von verschieden.

Das heißt, dass der Hauptdivisor eine endliche Summe ist.

Sei ein Primideal in und . Dann ist in eine Einheit. Damit ist . Da der Restklassenring nach Satz 18.14 endlich ist, folgt sofort, dass nur in endlich vielen Primidealen enthalten ist, und nur für diese ist .



Effektive Divisoren

Es sei ein Zahlbereich. Ein effektiver Divisor ist eine formale Summe

die sich über alle Primideale aus erstreckt und wobei natürliche Zahlen sind mit für fast alle .

Lemma 23.6 zeigt, dass ein Hauptdivisor zu einem Ringelement wirklich ein effektiver Divisor ist. Wir werden im Weiteren sehen, dass die Frage, welche Divisoren Hauptdivisoren sind, eng mit der Frage nach der Faktorialität von Zahlbereichen zusammenhängt. Der Zugang über Divisoren hat den Vorteil, dass er erlaubt (siehe weiter unten), eine Gruppe, die sogenannte Divisorenklassengruppe einzuführen, die die Abweichung von der Faktorialität messen kann.

Ein effektiver Divisor gibt für jede Primstelle eine Verschwindungsordnung an. Eine naheliegende Frage ist dann, ob dieses Ordnungsverhalten durch eine Funktion realisiert werden kann, also ob der Divisor ein Hauptdivisor ist.


Es sei ein Zahlbereich und ein von verschiedenes Ideal in . Dann nennt man den Divisor

mit

den Divisor zum Ideal .

Man kann den Divisor zu einem Ideal auch durch

definieren, wobei das Minimum über Divisoren komponentenweise erklärt ist. Es gibt im Allgemeinen kein Element, das an allen Primstellen simultan das Minimum annimmt. Da zu einem einzelnen Element der zugehörige Hauptdivisor nur an endlich vielen Stellen von verschieden ist, gilt das erst recht für den Divisor zu einem Ideal.

Die Ordnung kann man auch als Ordnung des Ideals im diskreten Bewertungsring ansehen. Dabei ist das Erweiterungsideal zu in . Dieses Ideal hat einen Erzeuger , wobei ein Primelement im diskreten Bewertungsring ist; die Ordnung ist dann .




Es sei ein Zahlbereich. Dann erfüllt die Zuordnung (für von verschiedene Ideale)

folgende Eigenschaften.

  1. für ein Primideal .

  2. Für ist .
  1. Für jedes Element gilt auch und daher ist . Umgekehrt besitzt der diskrete Bewertungsring ein Element , das das maximale Ideal erzeugt und die Ordnung eins hat. Man kann mit und schreiben. Dabei ist und hat in die Ordnung . Es sei nun ein weiteres Primideal . Da beide maximal sind gibt es ein Element , . Dieses hat dann in die Ordnung .
  2. Fixiere ein Primideal . Sei und schreibe mit und . Dann ist nach Lemma 23.5

    Für die Umkehrung schreiben wir und . Zu fixiertem gibt es ein und ein mit und . Dann ist und

  3. Das ist trivial.
  4. Die Abschätzung „“ folgt aus . Die Abschätzung „“ folgt aus Teil (3).



Es sei ein Zahlbereich und

ein effektiver Divisor (wobei durch die Menge der Primideale läuft). Dann nennt man

das Ideal zum Divisor . Es wird mit bezeichnet.

In der vorstehenden Definition verwenden wir die Konvention, dass in Ungleichungen der Ausdruck als zu verstehen ist. Damit gehört also zu . Es ergibt sich sofort, dass es sich in der Tat um ein Ideal handelt. Es ist auch nicht das Nullideal, da wir zu den endlich vielen Primidealen , , mit Elemente mit wählen können. Dann gehört aber das Produkt zu dem zu gehörenden Ideal.

Der folgende Satz zeigt, dass die beiden soeben eingeführten Zuordnungen zwischen den effektiven Divisoren und den von verschiedenen Idealen in einem Zahlbereich invers zueinander sind. Dies sollte man als eine einfache und übersichtliche Beschreibung für die Menge aller Ideale ansehen.



Es sei ein Zahlbereich.

Dann sind die Zuordnungen

zueinander inverse Abbildungen zwischen der Menge der von verschiedenen Ideale und der Menge der effektiven Divisoren.

Diese Bijektion übersetzt das Produkt von Idealen in die Summe von Divisoren.

Wir starten mit einem Ideal und vergleichen und . Es sei zunächst . Es ist dann für jedes Primideal , sodass natürlich gilt. Also ist . Ist hingegen , so gibt es nach Aufgabe 22.25 auch ein Primideal mit . Da ein diskreter Bewertungsring ist, gilt . Also ist und somit . Insbesondere ist die Abbildung injektiv. Die Surjektivität ergibt sich aus Lemma 23.10  (1) in Verbindung mit Lemma 23.10  (2), was auch den Zusatz ergibt.



Es sei ein Zahlbereich und seien und Ideale in .

Dann gilt genau dann, wenn es ein Ideal mit gibt.

Bei ist eindeutig bestimmt.

Die Implikation „“ gilt in beliebigen kommutativen Ringen. Die andere Implikation ist richtig, wenn ist. Wir können also annehmen, dass die beteiligten Ideale von verschieden sind. Die Bedingung impliziert nach Lemma 23.10  (3), dass ist. Somit ist

mit einem effektiven Divisor . Nach Satz 23.12 übersetzt sich dies zurück zu , sodass mit die rechte Seite erfüllt ist.


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Die folgende Aussage heißt Satz von Dedekind. Sie liefert für jeden Zahlbereich auf der Idealebene einen Ersatz für die eindeutige Primfaktorzerlegung.


Es sei ein Zahlbereich und ein Ideal in .

Dann gibt es eine Produktdarstellung

mit (bis auf die Reihenfolge) eindeutig bestimmten Primidealen aus und eindeutig bestimmten Exponenten , .

Wir benutzen Satz 23.12, also die bijektive Beziehung zwischen Idealen und effektiven Divisoren. Auf der Seite der Divisoren haben wir offenbar eine eindeutige Darstellung

mit geeigneten Primidealen . Wendet man auf diese Darstellung die Abbildung an, so erhält man links das Ideal zurück. Es genügt also zu zeigen, dass der Divisor rechts auf das Ideal abgebildet wird. Dies folgt aber direkt aus Satz 23.12.



Es sei ein Zahlbereich und , .

Dann gibt es eine Produktdarstellung für das Hauptideal

mit (bis auf die Reihenfolge) eindeutig bestimmten Primidealen aus und eindeutig bestimmten Exponenten , .

Dies folgt direkt aus Satz 23.14.


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