Projekt:OERlabs Openbook/Lessons lOERned (OER-Seminare)
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Universität zu Köln
BearbeitenSensibilisierung und Kontextualisierung
BearbeitenDie OERlabs-Seminare richten sich an der UzK an zwei Zielgruppen – Lehramtsstudierende bzw. Studierende mit mediendidaktischem Interesse (siehe Field Notes). Durch diese Zusammensetzung kann man von einer Affinität zu sämtlichen für das Projekt relevanten Themen ausgehen: Lehren und Lernen mit digitalen Medien, digitale Arbeitsprozesse im Schulalltag u.v.m. Dies heißt jedoch nicht, dass wir bei der Planung der OERlabs-Seminare an der UzK „automatisch“ davon ausgehen konnten, dass die Studierenden den Umgang mit Medien beherrschen oder bereits erste Schritte im Bereich OER gemacht haben, im Gegenteil: Die OER-Thematik liegt nicht für alle auf der Hand, wenn es um den Kontext Schule sowie Lehren und Lernen geht. Dementsprechend standen die OERlabs-Seminare vor einem langen Prozess, der sowohl die Einführung und Sensibilisieren in offene Arbeits- und Denkprozesse einschloss als auch die Kontextualisierung der OER-Debatte innerhalb der mediendidaktischen Diskussion.
Studierende besuchen Seminare grundsätzlich mit unterschiedlichen Voraussetzungen in Hinblick auf ihr Wissen und ihr Handeln. Die Seminare ähneln sich deshalb dahingehend, dass sich die Entwicklungsarbeit der Studierenden meist über ein gesamtes Semester, wenn nicht sogar über mehrere Studienjahre erstrecken kann. Durch die Laufzeit des Projektes waren wir somit von Beginn an mit diesen Herausforderungen beschäftigt. Durch den gesamten MSD-Prozess, inkl. den OpenLabs, zeigte sich durchgehend, dass sämtliche Bestrebungen auf Veränderung von Haltungen eines langwierigen und intensiven Prozesses bedürfen.
Der Vergleich zu ‚normalen’ Seminaren, die in der Regel auch auf Kommunikation und Interaktion angelegt sind, drängt sich auf: Speziell zu Beginn der ersten Seminare haben wir uns als Projektteam des Öfteren die Frage gestellt, inwiefern ein anderes Seminar mit den zuvor erwähnten Situation umgeht. Wie werden dort Prozesse der persönlichen Kompetenzentwicklung in Gang gesetzt? Und wie werden eigene Einstellungen oder Haltungen z.B. zu Medien thematisiert? Auch wenn es das „normale“ Seminar an einer Universität nicht gibt. Die Frage in unserem Fall sollte sich eher daran richten, wie sich die Herangehensweise der Studierenden bei der Lösung eines mehr oder minder spezifischen Problems ändert, wenn im Seminar eine Art Projekt durchgeführt wird, dieses aber im gesellschaftlichen Zusammenhang steht und sich mit neueren Entwicklungen wie OER auseinandersetzt?
Projektlernen von und mit OER
BearbeitenDer erste und vermutlich wichtigste Anker für den Erfolg der OERlabs-Seminare war durch ihre Platzierung in curricularen Lehrangeboten gesetzt. Die BFP-Seminare sind an einem ganz bestimmten Punkt der Lehrer*innenbildungskette angesetzt, an dem die Studierenden die Schnittstelle zwischen digitalem Arbeiten und schulpraktischen Fragestellungen kennenlernen. Das bildungswissenschaftliche OERlabs-Seminar fand seinen Platz an einer ebenso wichtigen Stelle, nämlich an dem Brennpunkt zwischen Forschung bzw. Wissenschaft und Lehr- und Lernpraxis. Didaktisch wurden diese Unterschiede durch Projektlernen bewältigt.
Es stellte sich früh im Arbeitsprozess der Seminare heraus, dass dem Projektlernen einige OER-Prinzipien immanent sind. Es wurde zwar in sämtlichen Seminaren eine grundsätzliche thematische Einleitung gegeben, jedoch wurden die Studierenden mit der Notwendigkeit einer offenen Haltung konfrontiert. Da sich Studierende in den meisten Fällen vorher nicht kannten, war bereits die Themensuche für die Projekte von einem offenen Prozess durchdrungen. Zur Unterstützung der Studierenden wurden Themenübersichten bzw. -vorschläge zunächst alleine eruiert und dann interessengeleitet in Gruppen diskutiert, ehe sich die Studierenden anhand ihrer Interessen für eine Gruppenarbeit entschieden haben (Schritt 1). Damit einher geht, dass sie sich nicht ihre Gruppenmitglieder direkt auswählen konnten (sofern sie ihren Interessen tatsächlich nachgegangen sind und soziale Aspekte wie Sympathie oder persönliche Bekanntschaft nicht übergeordnet haben). Nach der Gruppenbildung mussten sich die Studierenden also mit ihren neuen Projektpartner*innen auf ein gemeinsames Projektthema einigen. Es ging darum, dass sich die Gruppenmitglieder innerhalb einer Gruppe und eines Themas neu orientieren, um in weiterer Folge ein spezifisches Unterthema, das weiterhin für alle von Interesse ist, selbstorganisiert zu vertiefen (Schritt 2).
Beide Schritte der Gruppen- und Themenfindung stellten bereits die Grundlage einer offenen Praktik dar: Themen wurden frei von den Studierenden vorgeschlagen, die Gruppenzusammensetzungen basierten themengeleitet und die Wahl des Projektschwerpunkts wurde gemeinsam diskutiert. Die hierbei entstehenden Dynamiken stellen interessante Parallelen zur vernetzten Arbeit im Internet sowie zur Zusammenarbeit in Schulen dar, waren die Studierenden gezwungen sich auf andere, ihnen zuvor unbekannte Menschen einzulassen, Vertrauen aufzubauen und sich einander thematisch anzunähern.
Im Projektlernen sind Erfahrungen wie diese eingeschrieben, gewissermaßen vorprogrammiert, wenn man die Aufnahme und Durchdringung eines eigenen Projekts als persönlichen und gruppenbezogenen Lernprozess mit Höhen und Tiefen begreift. Die Nähe zum beruflichen Alltag, sei es als Lehrerin oder Lehrer in der Schule oder in anderen Berufszusammenhängen, ist durch die Art der Kooperation und Kollaboration ebenfalls gegeben. So sollte das Kollegium einer Schule keine Scheu zeigen, sich mit Kolleg*innen intensiv zu vernetzen, selbst wenn die gemeinsamen Interessen bzw. eine Thematik nur oberflächlich Verbindungen aufweisen. In den OERlabs-Seminaren hatten Studierende somit die Möglichkeit von Beginn an Praktiken kennenzulernen, die sie nicht nur in einer digital vernetzten Unterrichtswelt einsetzen können, sondern ebenso in ihrer täglichen Arbeit mit Kolleg*innen an Schulen. Denn durch die digitale Welt sind derartige Praktiken scheinbar „natürlich“, z.B. durch die Kommunikation über soziale Medien oder die Zusammenarbeit auf E-Learning Plattformen (z.B. ILIAS). In der Lehrpraxis stellt es sich aber als herausfordernd dar, medienbezogene Haltungen zu adressieren, aufzubrechen oder in einen späteren (beruflichen) Alltag zu transferieren (vgl. Beitrag Lehrer*innenbildung).
Die Projektarbeit nach der grundlegenden Themenfindung setzte voraus, dass sich die Studierenden untereinander (online und offline) vernetzen und offen über ihre individuellen Fortschritte austauschen. Eine ständige Reflexion über den Projektfortschritt stellte ebenso eine Herausforderung dar, da die Seminare nicht einer bestimmten Regelmäßigkeit (z.B. wöchentlich) folgten, sondern zum Teil als Block- und Blended-Learning-Seminare (siehe Übersicht der OER-Seminare an der UzK) durchgeführten wurden. Dies zeigte ebenso Parallelen zur zukünftigen Arbeit auf, denn Projekte laufen in vielen Fällen über ein Semester bzw. Schuljahr ab, stellen aber nicht exklusiv die einzige Beschäftigung einer Lehrperson dar. Hier wurden Studierende also ebenso mit einem offenen Arbeitsprozess konfrontiert, innerhalb dessen Kommunikationsstrategien erst einmal verhandelt werden.
Bei der Bearbeitung des jeweiligen Themas sowie bei Präsentation der Projektergebnisse spiegelten sich die Anforderungen des modernen Teamteachings in der Schule. Zum Teil wurde innerhalb der Gruppen die Verteilung der Aufgaben anhand der Studienschwerpunkte (Schwerpunkt Medien/Medienproduktion, Schwerpunkt Bildungswissenschaften/Allgemeine Didaktik/Mediendidaktik) organisiert, zum Teil setzten sich Gruppen einseitig (z.B. gleiche Fächerkombination) zusammen. Ob und inwieweit dies als Stärke der Gruppenkonstellation genutzt werden konnte, liegt an den Gruppen selbst. Auch hier zeigte sich die Verbindung zur OER-Thematik: Zum einen wurden Kräfte gebündelt, zum anderen unterschiedliche Kompetenzen genutzt, um teilweise neue Ideen und Konzepte zu erschaffen. Dabei war allerdings immer das Schaffen von Vertrauen und Kommunikation über den individuellen Arbeitsprozess von großer Bedeutung.
Die Haltung zu OER-Prinzipien
BearbeitenEiner der Vorteile derartiger Projektarbeiten ist, dass implizit viele erwünschte Handlungen und Diskussionen aufgegriffen bzw. forciert werden können. Die Studierenden haben durch die Projektarbeit einen konkreten Bezug zu ihrer zukünftigen Arbeitsstätte (insbesondere BFP-Seminare) und bekommen ebenso einen praktischen Bezug zu Lehren und Lernen aus einer Forschungsperspektive (insbesondere das bildungswissenschaftliche OERlabs-Seminar) Durch den vorgegeben Rahmen und die Notwendigkeit eines offenen Arbeitsprozesses stellen sich Studierende zunächst gar nicht die Frage, ob sie überhaupt mit anderen kooperieren und kollaborieren sollten. Ebenso steht durch die Form des Projektlernens eine offene Kommunikation, sei es online oder offline, im Vordergrund.
Die Systematik der jeweiligen Studienabläufe kann ein weiterer Vorteil sein, wenn Studierende diese Seminare besuchen wollen. D.h. der Besuch dieser Seminare deckt sich mit den Zielsetzungen bzw. den thematischen Interessen der Studierenden. Dies sagt zwar nichts über den tatsächlichen (Arbeits-)Einsatz der Studierenden innerhalb der jeweiligen Projekte aus, aber die Annahme ist grundsätzlich vorhanden, dass einerseits die Schulpraxis und andererseits eine Forschungsperspektive auf die Schulpraxis für diese Studierende bedeutsam ist.
Diese Tatsachen benötigen dennoch einer kritischen Reflexion unsererseits, denn diese können durchaus als Nachteile einer derartigen Seminarstruktur angesehen werden: Alleinig eine Teilnahme und Mitarbeit bei Seminaren deutet nicht auf eine tiefgründige Auseinandersetzung und (kognitive) Verarbeitung sowie das tiefe Verständnis der Grundprinzipien von OER hin. Diese Relativierung der Seminar-Erfahrungen ist aus unserer Sicht wichtig, da ein Seminar allein feste und bestehende (medienbezogene) Haltungen von Studierenden kaum ändern wird. Vielmehr sensibilisieren Lehrveranstaltungen wie diese für die Bedeutung spezifischer Themen für zukünftige, berufs- und nicht zuletzt gesellschaftsbezogene Handlungen jeder/jedes Einzelnen.
Was nehmen wir mit?
BearbeitenDie Grundfrage, die uns nach den OER-Seminaren beschäftigt, ist einfach zu formulieren: Sollen OER als Material identifiziert und betrachtet werden oder sind OEReher Teil eines didaktischen Prinzips?
Aus dieser Grundfrage, die das Spektrum der Diskussion gewissermaßen zwischen 0 und 1 aufmacht, ergeben sich weitere Fragen zur OER-Praxis, wo man OER einbauen und einsetzen kann:
- Zur Frage der Verwendung von OER durch Lehrende
In den OERlabs-Seminaren wurde stets offen lizenziertes Material verwendet, somit war jeder die Vorbildfunktion durch die Lehrenden gegeben. Zum Teil wurde OER-Material von Lehrenden selbst ge-remixed bzw. verwendet, jedoch war zumindest in allen Fällen von tatsächlich selbst erstelltem Material die Lizenz kenntlich gemacht, sowie den Studierenden online zu Verfügung gestellt.
- Zur Erstellung von Lernmaterial durch Studierende und zum Prinzip der "richtigen" Lizenzierung
Auch das Prinzip der eigenen Erstellung von Lernmaterialien wurde in den OERlabs-Seminaren ausprobiert. Dies soll bedeuten, dass mit den Studierenden nicht explizit darüber diskutiert wurde, welchen Sinn Lizenzen besitzen. Demgegenüber wurde das Versehen der selbst erstellten Materialien mit richtigen Lizenzen fokussiert. Dabei wurde umfassend und wiederholt darüber diskutiert, welche Unterschiede zwischen den Creative-Commons-Lizenzen bestehen, und welche Lizenzen nicht als OER gelten. Allerdings wurde die Diskussion hierbei nicht über die moralische Perspektive (z.B. Public Domain vs. No-Derivatives) geführt, sondern auf praktischer Ebene ihrer konkreten Handhabung. Die Studierenden haben sich auf diese Weise eher nebenbei mit der sonst in vielen Fällen in den Vordergrund gestellten Frage nach der „richtigen“ Lizenz beschäftigt. Lerntheoretisch kann durch diese Vorgehensweise von einer vertieften Verarbeitung ausgegangen werden.
- Zum Remix-Potenzial der Lernmaterialien
Eine interessante Perspektive stellte die Diskussion und Vorgabe des Remixens für neue Studierendenprodukte dar. Der Fokus der Studierenden war durch diese Feinjustierung der Seminarkonzeption darauf gerichtet, ihre zu bewältigenden Seminar-Projekte anhand bereits vorhandener Materialien und Inhalte zu erstellen. Dies zog die andere Auseinandersetzung mit sich, nicht nur OER-Material zu finden, sondern diesen in ihren eigenen Planungs- und Gedankenprozesses zu integrieren. Als stärkster Widerspruch wurde von den Studierenden erlebt, dass sie eine neue Idee haben und weitestgehend umsetzen, gleichzeitig aber auf vorhandenes, bereits von anderen erstelltes Material zurückgreifen sollen.
- Zur Notwendigkeit einer offenen Haltung gegenüber dem Teilen von Material
Mehrfach thematisiert haben wir, dass auch in den Lehrveranstaltungen eine offene Haltung – von Studierenden wie auch von Lehrenden – gegenüber dem Gegenstand, aber auch gegenüber alternativen didaktischen Formen und Formaten von Bedeutung ist. Deswegen erweist sich die Diskussion über eine ‚offene Haltung’ als intensivste und schwierigste: Sie spiegelt die Hauptaufgabe des gesamten OERlabs-Projekts, da eine offene Haltung zwar von persönlichen Faktoren abhängt, aber nicht unwesentlich durch andere (Kommiliton*innen, Kolleg*innen etc.) beeinflusst und durch spezifische Rahmenbedingungen der Organisation bestimmt wird. Dass dieser Prozess nur über einen langen Zeitraum in Gang gebracht werden kann und sowohl die Vernetzung unterschiedlicher Stakeholder (inkl. deren Meinungen, Perspektiven und Ideen) benötigt als auch die Vorbildrolle der Themengeber (die OERlabs) und das Darstellen und Erleben der tatsächlichen Handlungsprozesse (MSD- bzw. OpenLab-Arbeit), konnten die OERlabs zeigen. Die bloße Thematisierung der Erstellung von OER-Material erreicht diese (hoch-)schulkulturellen und strukturellen Grenzen nicht. Wie bereits zuvor erwähnt, bedeutet beispielsweise die studentische Seminarteilnahme und Mitarbeit nicht zwingend die Reflexion der eigenen Einstellung bzw. Haltung. Zudem werden die Grenzen der Projektarbeit im curricularen Rahmen u.a. durch Notengebung, Bewertung und weitere (zeitliche) Limitationen sichtbar. Ein Lösungsansatz könnte sein, die Studierenden von Beginn an damit zu konfrontieren, dass ihre Produkte für andere Personen verfügbar gemacht werden (z.B. durch entsprechende universitäre Repositories, reale Schulkooperationen).
Was geben wir weiter?
BearbeitenWer ein Projekt wie die OERlabs selbst umsetzen möchte, sollte sich vorab eine grundlegende Frage stellen: Diskutiert man über Lizenzen und deren Fallstricke oder diskutiert man über Didaktik und den richtigen Einsatz von Material (unabhängig von Format und Medium)? Ein weiterer Tipp ist sicherlich, in jeglichen Projekten nicht die Stakeholder-Gruppe der Studierenden zu vergessen, denn: Nicht nur die Arbeit der Studierenden in Seminaren ist von großer Bedeutung, sondern auch die Einbindung von Studierenden in sämtliche Entwicklungsvorhaben und Veranstaltungen (z.B. MSD, OpenLab) ist für die spätere Akzeptanz der Maßnahmen in der Studierendenschaft wesentlich. Dies bedeutet aber ebenso, dass derartige Entwicklungsvorhaben auf jeder Ebene einer Universität einsetzen müssen. Es geht also um Lehrende und Studierende sowie um kulturelle und strukturelle Gegebenheiten, um Bewegungen zu initiieren und längerfristig anzustoßen.
Technische Universität Kaiserslautern
BearbeitenStudierende für unbekannte Themen begeistern
BearbeitenWir sind gut vorbereitet zwischen Schule und Hochschule gestartet und mussten direkt einen Dämpfer hinnehmen: Zu wenige Masterstudierende hatten sich für eine Lehrveranstaltung mit Medienschwerpunkt entschieden, die die ersten OERlabs begründen sollte. Lag es am Arbeitsaufwand? Oder an der Seminarzeit an einem Freitag, an dem Studierende der TUK tendenziell nach Hause fahren? Oder möglicherweise doch daran, dass das Thema OER zu unbekannt war oder es OER selbst zu erstellen, zu teilen und zu remixen gilt? Hat Studierende die ungewohnte Anforderung, etwas selbst zu produzieren, entmutigt? Es ist ein bereits aufgedeckter Trugschluss, dass sich Motivationsprobleme von Studierenden mit dem bloßen Einsatz und der Thematisierung digitaler Medien lösen ließen (vgl. Schiefner-Rohs & Hofhues 2015). Im Gegenteil ist es mehr denn je wichtig, Studierenden Anlässe, Unterstützung und Beratung beim Umgang mit und Produzieren von digitalen Medien zu bieten, wenn (Medien)Handlungspraktiken nachhaltig verändert werden sollen. Denn oftmals sind es Mut und Experimentierlust, die Studierenden dazu fehlen und die so gefördert werden können. Auf diese muss man sich aber erst einmal einlassen.
Die OERlabs-Seminare der TUK haben dann einen zweiten Anlauf genommen und die Lehrveranstaltung dann in die Veranstaltungen im Bachelorstudium integriert. Hier war die Anmeldung besser. Man mag es kritisch sehen, dass die Lab-Idee so in eine Seminarstruktur mit Wahlpflichtcharakter gepresst wird. Zum Start hat dies aber viele Vorteile: Mit dem Wandel von Schule unter der Digitalisierung beschäftigen sich so nicht nur die Firmsten der Studentenschaft, die bereits eine hohe Affinität zum Thema aufweisen. Zudem ist mit der Verlegung der OERlab-Seminare in die Studieneingangsphase mit der berechtigten Hoffnung verbunden, mit Interessierten weit über die Seminarphase hinaus im Projekt arbeiten und OER erstellen zu können. Und zu guter Letzt profitieren Studierende so noch möglichst lange von den entstehenden Kollaborationsstrukturen mit und innerhalb der beteiligten Institutionen.
Seminarinhalt OER als Prozess und Produkt
BearbeitenDie OERlabs wurden in die Seminare integriert, die eine Affinität zum Thema digitale Medien in der Schule aufwiesen. Hier ließen sie sich am ehesten modulhandbuchkonform umsetzen. Allerdings hatte ein solches Vorgehen auch Nachteile: Es fand quasi automatisch eine Fokussierung auf das Thema digitale Medien statt, auch wenn im ersten Seminar die Studierenden ein OER Material zum Thema Medienpädagogik entwickeln sollten (https://www.unispectrum.de/lehr-und-lernmaterialien-im-digitalen-wandel).
Besondere Herausforderung stellte für die Studierenden zum einen die offenen Arbeitsaufträge dar, zum anderen aber auch das potenziell öffentliche handeln. Um OER nicht nur als Produkt (als Material) zu adressieren, sondern auch den Entstehungsprozess und die damit verbundene kooperative Handlungspraxis zu verdeutlichen, wurden zum einen die Seminarunterlagen öffentlich geführt, zum anderen aber auch die studentischen Ergebnisse öffentlich sichtbar gemacht. Dies führte dazu, dass es immer wieder Diskussionen (nicht nur im Seminar) darüber gab, ob man studentische Ergebnisse veröffentlichen dürfe. Denn der ‚Super-Gau‘ passierte, als sich – dank dem Review Fall unserer Kooperationspartnerin aus der Hochschulbibliothek – herausstellte, dass ein Film dem Urheberrecht nicht entsprach – aber von den Studierenden schon im Netz veröffentlicht wurde. An diesem Beispiel wurde die gesamte Problematik von OER in der Lehre deutlich: Möchte man OER nicht nur auf Produkterstellung reduzieren, gilt es, den gesamten Prozess abzubilden, mit all seinen Höhen und Tiefen. Und hierbei ist zumindest die Option des Scheiterns (vgl. Schiefner-Rohs, i.Dr.) dem Seminarkonzept inhärent und bietet den Studierenden Anregung zu Reflexion eigener Handlungspraxis.
Vernetzung zwischen Schule und Hochschule
BearbeitenStudierende hatten die Aufgabe, eine eigene Labeinheit zu einem Thema ihrer Wahl vorzubereiten und zusammen mit den Anwesenden eigenes Material zu erstellen. Unterstützt wurden sie sowohl von Universitätsmitarbeitenden wie auch von medienaffinen Lehrpersonen. Diese Kooperation wurde unterschiedlich umgesetzt: Einmal als klassisches Team-Teaching mit zwei Lehrpersonen (Gast, Schildkamp& van der Veen, 2017[1]), in anderen Semester übernahm die medienaffine Lehrerin die Kommentierung und Beratung der entstandenen OER-Materialien. Über das Semester hinweg erhielten die Studierenden mit dieser Veranstaltungsform somit immer den Blick aus Wissenschaft und Schule, so dass das Seminar auch dazu beitrug, Handlungs- und Wissenschaftswissen miteinander in Bezug zu setzen (Wildt, 2000[2]). In beiden Fällen wurde der Blick der Schulpraxis durch die Studierenden geschätzt, wenn es auch an der ein oder anderen Stelle nicht immer konfliktfrei war.
Ebenfalls wurden die Open Labs mit den Seminaren verbunden und den Studierenden als zusätzliche Anlaufstelle angeboten. Im Sommersemester 2018 mussten die Studierenden dann im Rahmen des OERSeminars eine Sitzung in den OpenLabs gestalten. Interessant wurde es, als zu diesem Seminar auch zwei Lehrkräfte aus ortsansässigen Schulen kamen und sich so das Publikum zwischen OERlabs Seminar und Open Lab mischte.
Produkt- bzw. Problemorientierung in den Seminaren
BearbeitenDoch nicht nur die Erstellung von Materialien zahlt für uns auf die Handlungs- und Problemorientierung ein, sondern auch die Gestaltung von Weiterbildungen zum Thema OER. So hatten die Studierenden nicht nur die Aufgabe, in den OERlab-Seminaren Materialien zu erstellen, sondern sie sollten auch Verantwortung dafür übernehmen, in die Rolle der Lehrenden zu schlüpfen. So war es Aufgabe, einen Input im Rahmen der iMedia zu konzipieren oder die inhaltliche Gestaltung eines OpenLabs zu übernehmen. Gemäß dem Motto ‚Lernen durch Lehren‘ (Renkl, 1997[3]) erhofften wir uns hier, dass die Studierenden das Thema OER nicht nur unter Perspektive von Medienproduktion wahrnehmen, sondern durch das gegenseitige Erklären und das Einnehmen einer Expertenrolle schnell(er) selbstwirksam werden (Shin, Jonassen & McGee, 2003[4]; Jerusalem & Hopf, 2002[5]).
Teilnahme von Lehrer*innen
BearbeitenZwei der durch die Studierenden der OERSeminare gestalteten OpenLab Termine waren von je einer Lehrkraft besucht. Die Lehrkräfte brachten sich bei der Materialerstellung und in den Diskussionen. Dadurch konnten alle Teilnehmer*innen von Beiträgen aus der Unterrichtspraxis profitieren und die beiden Lehrkräfte konnten Anregungen für ihren Unterricht mitnehmen. Aus dieser Konstellation aus dem Veranstaltungsformat, Studierenden und Lehrkraft entstand eine Erfolgsgeschichte. Eine Studierendengruppe ließ das in den OpenLabs entstandene wOERking memory[6] durch die Teilnehmer*innen remixen. Die Teilnehmer*innen sollten das zu Grunde liegende Spielprinzip beibehalten, aber sinnvolle Fragen zu konkreten Themen des Schulunterrichts erstellen. Dabei entstanden Spielfelder und Fragenkataloge für die Fächer Biologie[7], Physik[8] und Latein[9]. Die anwesende Lateinlehrerin verwendet die Lateinversion des Spiels seitdem in Wiederholungsstunden außerhalb des regulären Unterrichts. Nähere Informationen dazu sind in der entsprechenden Podcastfolge[10] zum Nachhören aufgezeichnet. In diesem Podcast wird angesprochen, dass Schüler*innen weitere Fragen[11] entwickelt haben, welche ebenfalls abrufbar sind.
Quellen
Bearbeiten- ↑ Gast, I., Schildkamp, K., & van der Veen, J. T. (2017). Team-Based Professional Development Interventions in Higher Education: A Systematic Review. Review of Educational Research, 87(4), 736-767.
- ↑ Wildt, J. (2000). Reflexives Lernen - wissenschaftliches Wissen und Handlungswissen in einer reformierten Lehrerbildung. Sow-online. https://www.sowi-online.de/journal/2000_0/wildt_reflexives_lernen.html
- ↑ Renkl, A. (1997). Lernen durch Lehren: Zentrale Wirkmechanismen beim kooperativen Lernen. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag.
- ↑ Shin, N., Jonassen, D.H. & McGee, S. (2003). Predictors of Well-Structued and Ill- Structured Problem Solving in an Astronomy Simulation. Journal of Research in Science Teaching, 40(1), S. 6-33
- ↑ Jerusalem, M. & Hopf, D. (2002). Selbstwirksamkeit und Motivationsprozesse in Bildungsinstitutionen. Weinheim u.a. : Beltz.
- ↑ Link: https://oerlabs.de/wp-content/uploads/2018/04/wOERking_memory.zip
- ↑ Link: https://oerlabs.de/wp-content/uploads/2018/04/wOERking_memory_Biologie.zip
- ↑ Link: https://oerlabs.de/wp-content/uploads/2018/04/wOERking_memory_Physik.zip
- ↑ Link: https://oerlabs.de/wp-content/uploads/2018/04/wOERking_memory_Latain.zip
- ↑ Link: https://oerlabs.de/episode-21-oerlabs-zu-besuch-beim-hohenstaufen-gymnasium/
- ↑ Link: https://oerlabs.de/wp-content/uploads/2018/09/Inhalt_Latein_Lek.5.pdf
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