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3 Fragen 3 Antworten


Offenheit im Kontext Hochschule fOERdern? von Juliane Ressel Bearbeiten

Reflexionen über meine Forschungsreise mit und über Open Educational Resources Bearbeiten

Vor fast einem Jahr, im Rahmen des Humboldt-Projektes an der Zeppelin Universität – einem studentischen Forschungsmodul angebunden an und begleitend unterstützt von einem Lehr-stuhl – habe ich mich erstmals mit Open Educational Resources (OER) auseinandergesetzt. Aufgrund meines Studienschwerpunktes näherte ich mich dem Phänomen OER an deutschen Hochschulen aus einer (bildungs-)soziologischen Perspektive.

Aus den Ergebnissen der teilstandardisierten und narrativen Interviews, in denen ich Ak-teur*innen der OER-Debatte zu ihrem individuellen Umgang mit OER befragen durfte, konn-te eine Diskrepanz zwischen dem Wissen über und den Erfahrungen mit OER als interessanter Impuls für die gegenwärtige Debatte herausgearbeitet werden: Obwohl sich die Akteur*innen, die sich im Zuge der Forschung oder der Verwaltung professionell mit OER auseinanderset-zen, genuin besser mit dem Phänomen auskennen und ein entsprechendes Professions- bzw. wissenschaftliches Wissen vorweisen können, hat ein Drittel der Befragten noch nie OER genutzt oder erstellt. Gleiches gilt für mich und vermutlich viele andere Studierende auch: Rezeptive Mediennutzungsweisen im Hochschulkontext dominieren; etwas über OER zu wis-sen, heißt nicht automatisch auch bestehende OER zu verändern (remixen) oder gar neue zu produzieren.

Dieser Sichtweise folgend, lässt sich nicht alles bei einer Akteursgruppe problematisieren, die OER-Kompetenzen dazugewinnen muss, während die anderen diese schon haben, sondern es wird gefragt, wie jede*r individuell mit OER umgeht. Wenn fortan also nicht mehr zwischen OER-Expert*innen und Laien unterschieden wird, ist eine differenzierte Untersuchung der Potenziale von OER in der Hochschullandschaft zwingend notwendig, um ein größeres Be-wusstsein sowie Akzeptanz für OER zu schaffen und in einem weiteren Schritt Lehrende wie Lernende zur Nutzung von OER zu gewinnen: Von einem Primat der Technologie und ihrer Veränderungskraft per se auszugehen, greift hier eindeutig zu kurz. Aber in welche Richtung müsste sich die Debatte verschieben, wenn OER nichts Besonderes mehr wären, das Medium an sich also nicht mehr den Unterschied macht?

Ein solcher Perspektivenwechsel ermöglicht eine reflektierte Position in der gegenwärtigen OER-Debatte und rückt die einzelnen Akteur*innen, ihre individuellen Wahrnehmungs-, Be-wertungs- und Handlungsdispositionen ebenso in den Vordergrund wie die für die Hoch-schulpraxis konstitutiven Rahmenbedingungen. Als soziologischer Bezugsrahmen wird auf Bourdieus Habitustheorie (vgl. Bourdieu 1982[1]; 1979[2]) verwiesen, erweitert mit der im medi-enpädagogischen Diskurs etablierten Denkfigur des medialen Habitus (vgl. u.a. Kommer 2010[3]), und gefragt:

  1. Wie wirkt sich der mediale Habitus des Einzelnen auf die Erstellung und die Nutzung von OER aus?
  2. Welche strukturellen Rahmenbedingungen sind für offene Lehr- und Lernräume mit OER förderlich?

OER werden dabei explizit als Gegenstand zur Auseinandersetzung sowie als Anlass zum Überdenken oder gar zur Veränderung alltäglicher Routinen in Studium und Lehre beleuchtet. Fokussiert werden die dahinter liegenden sozialen (Handlungs-)Praktiken, um für die Bedeu-tung einer offenen Haltung – nach Wiley (2010)[4] konstituiert von den zentralen Werten “sha-ring, giving, and generosity” (S. 20) – und damit einhergehend offenen Handlungspraktiken der Kooperation und des Teilens in Lehre und Studium zu sensibilisieren. Denn: Ein Blick in die einschlägige Literatur über die förderlichen und hemmenden Faktoren der Wissensteilung zeigt Parallelen zu den derzeit diskutierten Rahmenbedingungen in der gegenwärtigen OER-Debatte auf.

Dies offenbart die eigentliche Herausforderung in der Debatte um eine offene Bildungspraxis: Eine offene Haltung der Akteurinnen und Akteure gegenüber OER und damit einhergehend zu Kollaboration und Kooperation im Kontext Hochschule. Denn der mediale Habitus der Lehrenden wirkt sich insofern auf die Erstellung und Nutzung von OER aus, als die inkorpo-rierten Dispositionssysteme individueller Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata die Handlungen der Lehrenden in Bezug auf OER anleiten und eingrenzen. Es bedarf einer Reflexion dieser Haltungen und Positionierungen, um konstruktiv mit solchen medialen Her-ausforderungen umzugehen. Zu den förderlichen Rahmenbedingungen zählen insbesondere rechtliche und organisationale Voraussetzungen. Damit nicht jeder Lehrende fortan Expert*in für Lizenzen sein muss, können Informations- und Supportangebote Lehrende hin zu einem souveränen, gestaltenden Umgang mit freien Lizenzen und offenen Bildungsangeboten füh-ren. Darüber hinaus ist eine klare Positionierung der Hochschulen zu dem Thema OER, eine adressatengerechte Unterstützung durch nichtmonetäre Anreizsysteme sowie die Ausgestal-tung sozialer Praxen durch eine Kultur des Teilens förderlich. Es gilt, physische und symboli-sche Räume zu schaffen und zu gestalten, in denen sich Lehrende und Lernende im eigenen Tun mit OER auseinandersetzen. Diese exemplarischen Ansatzpunkte können für den selbst-verständlichen Umgang mit OER sensibilisieren und offene Praktiken im universitären Kon-text erproben.

Quellen Bearbeiten

  1. Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Sonderausgabe. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  2. Bourdieu, P. (1979). Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  3. Kommer, S. (2010). Kompetenter Medienumgang? Eine qualitative Untersuchung zum medialen Habitus und zur Medienkompetenz von SchülerInnen und Lehramtsstudierenden. Opladen & Farmington Hills: Budrich UniPress Ltd.
  4. Wiley, D. (2010). Openness as Catalyst for an Educational Reformation. Educause Review, 45 (4), 14-20. URL: http://er.educause.edu/articles/2010/8/openness-as-catalyst-for-an-educational-reformation, 20.03.2019.

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