Komplettierung/Einführung/Textabschnitt


Das Polynom

besitzt im ein Nullstellengebilde, das sich selbst transversal (also nicht tangential) überkreuzt. Die dabei entstehende Singularität sieht also mikroskopisch betrachtet aus wie der Kreuzungspunkt des Achsenkreuzes im , das ja die Nullstelle des Polynoms ist. Es gibt aber einen erheblichen Unterschied: Der zugehörige Ring ( ein beliebiger Körper) ist kein Integritätsbereich (es ist ja , aber ),

während ein Integritätsbereich ist. Letzteres beruht im Wesentlichen darauf, dass

keine Quadratwurzel in besitzt. Problematisch ist der Faktor . Die (Nicht)-Integrität bleibt auch erhalten, wenn man zur Lokalisierung am maximalen Ideal übergeht. Wenn man hingegen die Situation reell oder komplex in einer kleinen -Umgebung des Nullpunktes ansieht, so besitzt eine wohldefinierte Quadratwurzel, nämlich . Reell bei ist dies nicht definiert, für betragsmäßig kleine ist dies aber unproblematisch. Mit einer solchen Wurzel ist dann

und das beschreibende Polynom zerfällt in zwei Faktoren, die den beiden sich schneidenden Komponenten entsprechen.

Es wäre wünschenswert, über eine algebraische Konstruktion zu verfügen, in der die verschiedenen Komponenten ebenfalls sichtbar werden. Dies leistet die Komplettierung, die eine besonders nahe/feine Beschreibung der Singularität bereitstellt.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal. Dazu gehören die Idealpotenzen , , die die Inklusionen

erfüllen. Somit gibt es surjektive Ringhomomorphismen

und kommutative Diagramme

Allgemeiner gibt es zu surjektive Ringhomomorphismen

und kommutative Diagramme

Jedes Element definiert für jeden Index eine Restklasse

Dabei ist insbesondere (und , was häufig ignoriert wird). Diese Restklassen sind eng miteinander verbunden, es ist nämlich

Wenn bekannt ist, so kann man die mit kleinerem Index direkt rekonstruieren. Eine wichtige begleitende Vorstellung ist, dass die zunehmende bessere Approximationen des wahren Elements sind. Diese Vorstellung passt besonders gut für den Fall, dass ein lokaler Ring vorliegt und als Ideal das maximale Ideal genommen wird. Dann ist ein Element im Restekörper , was man als konstante Approximation ansehen kann, ist die „lineare Approximation“, ist die „quadratische Approximation“, u.s.w.. Diese Sprechweisen passen besonders gut, wenn die Lokalisierung eines Polynomrings am zentralen maximalen Ideal ist.

Wir fragen uns, ob es neben den Folgen , die von einem Element herrühren, weitere Folgen gibt, die diese Kompatibilitätsbedingung erfüllen, und was ihre Signifikanz für den Ring und das gegebene Ideal ist. Wir halten zuerst diese Kompatibilitätsbedingung fest.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal. Dann nennt man eine Folge kompatibel, wenn

für alle gilt, wobei , den kanonischen Restklassenhomomorphismus bezeichnet.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal. Dann heißt

die Komplettierung von bezüglich .


Es sei ein Primzahl. Die Idealkette

liefert die Restklassenhomomorphismen

und somit die Komplettierung . Jede ganze Zahl liefert darin eine Folge

wobei die Restklasse von in bezeichnet. Wenn man jeweils mit dem kanonischen Vertreter von , also dem zwischen und arbeitet, so sieht die Folge typischerweise so aus

da ja iregendwann

ist und somit der kanonische Vertreter selbst ist. Die ganzen Zahlen finden sich also in der Komplettierung in einer ziemlich banalen Weise wieder. Ein wichtiger Punkt ist aber, dass in der Komplettierung zusätzliche Elemente auftreten, die zu diesen banalen Elementen in einer neuen nichttrivialen Beziehung stehen. Es sei beispielsweise . Die Zahl ist in keine Einheit. Dagegen ist sie für jeden Exponenten in eine Einheit, da ja und teilerfremd sind. Es sei nun das (eindeutig bestimmte) inverse Element zur in , also

(in diesem Beispiel gibt es eine einfache Formel). Da unter den Projektionen inverse Elemente auf inverse Elemente abgebildet werden, ist diese Folge kompatibel und definiert somit ein Element in der Komplettierung. Dabei ist

da dies unter jeder Projektion gilt.




Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal.

Dann ist die Komplettierung ein kommutativer Ring und die natürliche Abbildung

ist ein Ringhomomorphismus.

Der Produktring ist mit der komponentenweisen Addition und Multiplikation versehen. Da die Summe und das Produkt von kompatiblen Elementen wieder kompatibel sind, bildet die Komplettierung einen Unterring. Zu ist kompatibel, und diese Zuordnung ist ein Ringhomomorphismus, da jeder Restklassenhomomorphismus ein Ringhomomorphismus ist.



Es sei ein kommutativer Ring und ein maximales Ideal in mit der Lokalisierung .

Dann stimmt die Komplettierung von bezüglich mit der Komplettierung von bezüglich in kanonischer Weise überein.

Unter dem zusammengesetzten Ringhomomorphismus

wird auf abgebildet, wobei die letzte Gleichung auf Aufgabe beruht. Daher gibt es einen kanonischen Ringhomomorphismus

Die Restklassenabbildung

bildet nach Aufgabe jedes Element aus auf eine Einheit ab. Daher gibt es nach Fakt einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus

Darunter wird auf abgebildet und so erhält man

Diese beiden Ringhomomorphismen sind invers zueinander und man hat kanonische Isomorphien

Da die Familie dieser Restklassenringe jeweils die Komplettierung festlegen, stimmen sie überein.





Es sei ein noetherscher lokaler Ring und ein Ideal.

Dann ist die kanonische Abbildung

injektiv.

Der Kern der Abbildung ist offenbar . Dies ist unter den gegebenen Voraussetzungen nach dem Krullschen Durchschnittsatz gleich .



Ein lokaler Ring heißt vollständig, wenn die kanonische Abbildung bijektiv ist.